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Zeitschrift für Luftfahrt - Jahrgang 1905

Die Zeitschrift „Luftfahrt“, ursprünglich „Illustrierte Aeronautische Mitteilungen“, danach „Deutsche Zeitschrift für Luftschiffahrt“ und schließlich „Deutsche Luftfahrer-Zeitschrift“ genannt, war nicht nur das Amtsblatt des Deutschen Luftschiffer-Verbandes bzw. des späteren Deutschen Luftfahrt-Verbandes, sondern auch eine der beliebtesten Publikumszeitschriften der deutschen Luftfahrt- und Luftsportvereine. Das hier vorgestellte digitale Buch vereint alle einzelnen Hefte aus dem Jahr 1905 in einem kompletten Jahrgang.

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Zeitschrift Luftfahrt 1905: Kompletter Jahrgang

Zeitschrift Luftfahrt 1905: Kompletter Jahrgang
Digital River GmbH: PDF Dokument, 415 Seiten
Preis: 19,75 Euro

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Illustrierte Aeronautische Mitteilungen.

Deutsche Zeitschrift für Luftschiffahrt.

Organ des Deutschen Luftschiffer-Verbands und des Wiener Flugtechnischen Vereins.

Monatshefte

für

alle Interessen der Flugtechnik mit ihren Hilfswissenschaften, für aeronautische Industrie und Unternehmungen.

Redigiert von Dr. A. de Quervain,

Privatdozent an der Universität Straßburg.

Neunter Jahrgang 1905

Mit drei Lichtdrucktafeln.

Strasburg i. E.

Kommissionsverlag von Karl J. Trübner.

illustrierte aeronautische Jtätteilungen.

IX. Jahrgang. *f Januar 1905. s* 1. Heft.

t+r- »ik 'niN<i>itiiiiii ^-«e--Jt*

Aöronautik.

Die Luftschiffahrt auf der Weltausstellung zu St. Louis 1904.

Nachstehender Bericht unseres geschätzten New-Yorker Mitarbeiters enthält zwar einzelne Angaben, die auch im Bericht des Berliner Vereins für Luftschiffahrt vom 21. November erwähnt sind, doch dürften beide Artikel, weil nicht vom gleichen Standpunkt aus bearbeitet, sich gegenseitig günstig ergänzen. Gleiches gilt für die in Aussicht gestellte Fortsetzung. Die Redaktion.

1.

Bereits über zwei .Jahre ist es her, seit es bekannt wurde, daß die Verwaltung der jüngsten und umfangreichsten aller Weltausstellungen beschlossen hatte, aeronautische Unternehmungen, nicht nur wie bisher zur bloßen Befriedigung der Schaulust der Menge, sondern auch um zu folgenschweren praktischen und wissenschaftlichen Resultaten zu gelangen, auf noch nie dagewesene Weise zu ermutigen. Als dann die genauere Prüfung der mit den glänzenden Preisangeboten verknüpften Bedingungen es klar machte, daß Fachleute, die auf der Höhe ihrer Zeit stehen, dabei die Hand im Spiele hatten, wurde es begreiflich, warum bei so vielen (besonders solchen, die selber «up to date» waren) die Ansicht Wurzel faßte, daß die Ausstellung zu St. Louis einen Wendepunkt in der Geschichte der Luftschiffahrt bezeichnen würde. Doch leider vergißt es sich leicht, daß nicht alles Gold ist, was glänzt, besonders wenn unvertraute Verhältnisse und Riesenentfernungen ihre Rolle spielen ....

Die Ausstellung hat soeben ihre Tore geschlossen. Über ihren aeronautischen Teil genügt es zu sagen, daß, außer einigen unbedeutenden für Drachenaufstiege, überhaupt keine Preise zuerkannt wurden. Wenn nun aber auch die Idee dieses aeronautischen Wettbewerbs sich praktisch als viel zu ausgedehnt und großartig für eine nur einigermaßen entsprechende Verwirklichung im Detail mit den vorhandenen Mitteln erwies, so besteht dennoch eine gewisse Veranlassung, auf ihre Urheber jenes Wort aus Faust II anzuwenden: «Den lieb' ich, der unmögliches begehrt». Sie hat trotz alledem Früchte getragen, eben weil sie an sich so schön war. Es war eben so neu wie lehrreich, die Werke verschiedener Erfinder an dem gleichen Ort versammelt zu sehen, und stände das wirklich Geleistete nicht so außer allem Verhältnis zu dem Erwarteten und träte man ganz unbefangen an diese Ergebnisse heran, so müßte man sie sicherlich als eine ebenso interessante wie bedeutsame Erscheinung auf dem Gebiete der Flugtechnik bezeichnen, besonders im Zusammenhang mit dem gleichzeitigen internationalen aeronautischen Kon-

greß und mit mancherlei, was dank den weiten Wellenkreisen, die der Anstoß der Preisausschreiben um sich zog, hinter den Kulissen der aeronautischen Welt vor sich ging. St. Louis mit all seinem Mangel an Organisation und Planmäßigkeit, seinen wunderlichen Begebenheiten usw. und — seiner Bedeutsamkeit bildet ein hervorragendes Kapitel in der «Sturm- und Drangperiode» der Flugtechnik. Seine Anfangsgeschichte wird durch die seltsame Beschädigung des Ballons von Santos Dnmont markiert. Von den vielen unverbürgten Gerüchten, welche diese in Umlauf brachte, ließe sich nur vielleicht das eine berühren, daß die Kosten für Santos Dumont hoch, die Bedingungen unbequem und die Aussicht auf tatsächliche finanzielle Entschädigung auch bei Zusprechung des <grand prix» so unsicher gewesen seien, daß die Enttäuschung des Aeronauten, der allerdings tatsächlich kein leidenschaftliches Reparaturbedürfnis an den Tag legte und sein Material möglichst schnell nach Kuropa in Sicherheit brachte, sich ertragen ließ.

Amerikanische Flugschifferfinder hatten sich in Menge angemeldet. Hier wäre zu erwähnen, daß eine Kombination von Gründen Leo Stevens, der seinerseits fachmännische Befähigung in hervorragendem Grad besitzt, von dem Bewerb fernhielten: der Verlust seiner Halle, unbefriedigendes Funktionieren seines kostspieligen Pariser Motors und pessimistische Ansichten über die Realität der angebotenen Preise, .lene Halle wurde damals von einem Gönner für ihn erbaut und ihm kostenlos zur Verfügung gestellt; das Grundstück, auf dem sie steht, hat aber seitdem den Besitzer gewechselt, da es für andere Zwecke benötigt wurde.

Der starke und leichte Motor leidet an solch heftiger Vibration, daß er noch nicht befriedigend montiert werden konnte. Stevens setzt indessen seine Versuche, ihn besser zu adjustieren, fort. — Als der Schreiber dieser Zeilen, einer Einladung zum fünften internationalen aeronautischen Kongreß folgend, nach St. Louis kam, fand er im «airshipbuilding» der Ausstellung vier Motorballons und eine Gleitmaschine. Dieses Gebäude besieht aus zwei hohen und geräumigen aneinanderstoßenden Hallen; die Wände sind zumeist aus gestreiftem Tuch, das über hölzernes Fach werk (Fig. 1) gespannt ist. Es liegt in der Mitte der «aeronautischen enclosure», einem großen Platz, der auf eigenartige Weise umzäunt ist. Zuerst kommen ungefähr zehn Fuß Bretterwand und darüber erhebt sich eine weitere Art von Lattenzaun, 15—20 Fuß hoch, dem die Eigenschaft zugeschrieben wird, die Gewalt des Windes, besser als eine solide Wand, zu brechen (windbreak). Der Nutzen dieser Einrichtung für irgend ein Objekt, das sich mehr nach der Mitte des riesigen Areals zu befindet, scheint problematisch. Er erstreckte sich jedenfalls nicht auf den Hut des Verfassers. Für eine stärkere Beteiligung am Bewerb hätten auch die Hallen, die von den vorhandenen Apparaten (einschließlich zweier kleiner Kaptivballons) ziemlich ausgefüllt wurden, kaum ausgereicht. An einer Stelle des Saums der * enclosure» liegt der Gaserzeuger, welcher durch unterirdische Röhren mit den Hallen in Verbindung steht. Es ist dies ein aus England bezogener großer moderner Apparat, in welchem durch Zer-

setzung erhitzten Wasserdampfs der WasserstolT wohlfeil in großer Quantität erzeugt — cwerden könnte». Es hat aber trotzdem öfter an Gas gefehlt. Bei der Aufstellung einer solchen Maschine zugleich unter allen Umständen für entsprechende Bedienung zu sorgen, gehört eben auch zu den zahllosen praktischen Details eines solchen Wettbewerbs, deren Berücksichtigung einen im vorliegenden Fall unerschwinglichen Arbeits- und Kostenaufwand erfordern würde. — Flugbereit sah Verfasser nur den interessanten Schaufelradballon von Benbow. Derselbe krankte indessen zu jener Zeit stark am Motor (10 P. S., zwei Paar luftgekühlte Zylinder), welcher absolut nicht die volle Kraft entwickeln wollte und bald, stundenlangem Arbeiten zum Trotz, obstinat versagte.

Die Konstruktion der Schaufelräder ist tüchtig und praktisch. Jede der vier Schaufeln besteht aus einer zwischen zwei dirigierenden Armen ausgespannten Tuchflüche. Um eine Schaufel wirkungslos zu machen, ist da weiter nichts erforderlich, als daß die beiden Arme sich dicht aneinander legen und aus der quer gestellten Flüche eine lose flatternde Fahne machen, senkrecht zur vorherigen Flächenebene. Die Einfachheit dieses mechanischen Prozesses gestattet es, den Exzenter, welcher ihn hervorbringt, momentan nach Belieben so zu verstellen, daß die Wirkungssphäre der Schaufeln auf irgend eine gewünschte Stelle des Radumkreises verlegt werden kann. Das heißt, aus diesem verstellbaren Schaufelrad kann in schnellster Folge ein hebender, treibender, hemmender oder senkender Propeller gemacht werden. Die Versteifungen etc. des Rades scheinen gleichfalls einfach und wirkungsvoll. Dabei ist sein Bau sehr leicht Dieses sind alles Eigenschaften, welche auch dieser problematischen Propellerform ausnahmsweise Freunde zu gewinnen geeignet wären. Wie aus der Illustra-

tion iKigr. 2) ersichtlich ist, hat aber ihr Erfinder einen charakteristischen Fehlgriff begangen: Als ob seine Maschine ein Raddampfer wäre, hat er die Treibwirkung seiner Schaufeln nach unten, also so weit wie möglich vom Widerstandszentrum des Ballons weg, verlegt, während der Angriffspunkt der Schaufeln oben bei entgegengesetzter Drehung so viel günstiger für die Stabilität wäre. So wirkt die Macht des (Jewohnten! Leider hat Benbow nie einen freien Flug gewagt. Kr zeigte nur einige Male seinen Ballon innerhalb der «enelosure» mit laufenden Bädern am Schlepptau geführt. Sein Kollege Baldwin ließ sich dagegen nicht durch das gleichfalls gefürchtete Versagen des Motors (das denn auch wirklich eintrati vom freien, fröhlichen Fliegen abhalten. Sein kleiner Ballon ist einfach eine Kopie Santos Dumonts, nur mit der Schraube am Vorderende. Das Traggestell ist ziemlich

Fig. — Benbow 3 Schaufelradbsllon.

schwer und massiv, die Schraube ebenso und klein. Sein Motor bleibt ein gutes Stück unter den gerade noch «schicklichen» 10 I*. S. So entwickelte sein Ballon bei den unter der Führung des jüngeren Mr. Knabenshuc mit schätzenswerter Fngeniertheit unternommenen Flügen eine gelinde Fahrradgeschwindigkeit und rettete so immerhin einigermaßen das Ansehen der VVeltausstellungsaeronautik beim Publikum. Die üblichen kleinen Unfälle, mehrfaches Versagen des Motors, sogar variiert durch Durchgehen der ganzen unbemannten Maschine, traten pünktlich ein. Im Käuzen ging aber alles gut. — Schade ist es, daß ein dritter amerikanischer Motorballon nicht zum Flug gelangte. Dieser hatte nur zwei oder drei F. S., die sein Erfinder für genügend zu halten schien, weil die neuartige Ballonform die Luft so leicht durchschneiden sollte. Er hatte einfach einen gewöhnlichen Kujrelballon so zusammengedrückt, daß er sich einer Ilachen Scheibe mit scharfer Kante

ringsum in der Form näherte. Ein längerer Mast aus Messingrohr, der auch die wie eine Windmühle um ihn drehbare Schraube trug, stellte die Verbindung mit der Gondel her. Alles Steuern sollte so durch Wenden der Schraube geschehen, weil eine Wendung des von jeder Seite gleichen Ballonkörpers dazu nicht erforderlich war. Selbst eine so exzentrische Konstruktion hat indessen ihren instruktiven Wert, wenn man sie mit andern daneben vergleichen kann. Denn auch ihre praktische Ausführung bedingt immerhin die Lösung vieler nicht leichter Detailprobleme, die an anderer Stelle vielleicht mit dankbarerem Effekt benutzt werden kann. — Das Ansehen des ganzen Wettbewerbs hätte aber völlig rehabilitiert und vielleicht sogar der «grand [»rix» zugesprochen werden können, wenn das Flugschiff von Hyppolite Francois (membre fondateur des Aeroklub) (Fig. 3) zur Fahrt

l'ie. 3. — Ballon Francis In Fahrt.

gekommen wäre. Das war wirklich ein Bewerber von der Sorte, von welcher einige 6 oder 7 dem Bewerb einen glänzenden Erfolg gesichert hätten. Da war zunächst die Seele der Maschine, der Motor, von wirklich wohltuender Zuverlässigkeit. Mit der sicheren Wasserkühlung durch Radiatoren und guter Montierung schnurrte er im vollsten Lauf so ruhig wie ein Spinnrad und machte weder Lärm noch Vibration. Die scheinbar so nebensächlichen und wirklich so ausschlaggebenden Probleme der Transmission, Montierung der Schrauben etc., waren aufs beste gelöst. Mochte sich das Gerüst des Schiffes noch so sehr deformieren, das konnte die über Scheiben mit seitlichen Führungsflanschen laufenden und durch besondere Spanner stets straff gehaltenen Treibriemen kaum beeinflussen. (Fig. 4).

Es gab vier zweiflügelige Schrauben, je zwei hintereinander und gekreuzt an einer Welle, eine erfreulich gro!5e Gesamtpropellerfläche, die beim

Laufen denn auch eine frische Brise erzeugte und der immerhin etwas knapp bemessenen Motorenkraft (25 P. S.) besonders bei der etwas stumpfen Ballonform sehr zugute kam. Der Gondel hätte Verfasser allerdings eine etwas einfachere Ausführung gewünscht, diese ausgedehnten Massen von offenem Gitterwerk schleppen die Luft zu sehr mit sich, analog der Wirkung des oben beschriebenen «windbreaks*. Das innere Arrangement der Gondel mit dein Motor in der Mitte unter dem Boden war wiederum zweckmäßig und bequem. Als Führer hatte der Ballon einen sehr erfahrenen Aeronauten, einen tüchtigen Mechaniker als Maschinisten, und so war für alles gesorgt Und doch hatte gerade er besondern Unstern. Auf dem Transport wurde

I i; \ . — Francoll' Gondel, Rückseite.

die Hülle naß und klebte vom Firnis aneinander, das gab eine langwierige Reparatur. Dann, nach der Füllung, erwiesen sich (sie!) die Tore der Hallen als zu niedrig. Um den recht großen Ballon ins Freie zu transportieren, mußte eine Ausgrabung unter dem einen Tor gemacht werden. Das gab natürlich wieder eine provisorische hastige Geschichte, der Graben füllte sich mit Wasser und eines Tages gab es einen Erdrutsch und das Gondelgerüst wurde getroffen und zerbrochen. Reparatur schien sich dann, so kurz vor Torschluß, nicht mehr zu lohnen. Die für den Wettbewerb ursprünglich gesetzte Frist war schon längst abgelaufen, als, nach spezieller Verlängerung, durch Knabenshue der erste Flugversuch gemacht wurde. — Im Regierungsgebäude der Vereinigten Staaten waren die beiden erfolgreichen

* »* ^ IF #

Modellflugmaschinen Professor Langleys, jene von 30 Pfd. Gewicht mit Dampfmaschine von 1896 und die nahezu doppelt so schwere und dreimal so starke, aber nicht viel größere mit Benzinmotor von 1902, aufgehängt. Verfasser sah auf der Rückreise von St. Louis in Washington in der Smith-sonian Institution, dank dem sehr freundlichen Entgegenkommen von Mr. C. M. Manly, Prof. Langleys tüchtigem Ingenieur, so viel Photographien beider Maschinen auf verschiedenen Stellen ihrer Flugbahnen, daß dies einem persönlich gesehenen Flug fast gleich kommt. Warum sie nicht für den Be-werb um den Modellpreis angemeldet wurde, darüber kann man wiederum nur raten. Der wirklich wunderbare Manlysche Motor des großen Aerodroms, den alle FlugschiITerfinder mit neidischen Blicken betrachten müßten (er wiegt nur 31 a Pfund per Pferd und lief unter Entwicklung von 50 wohlgemessenen P. S. mit prachtvoller Ruhe und Gleichmäßigheit ohne alle Vibration im Beisein des Verfassers), wurde allerdings für den Bewerb um den Motorpreis angemeldet. Das Resultat war, daß zunächst auf wiederholte offizielle Briefe monatelang keine Antwort erfolgte. Als sie endlich eintraf und dank der Geduld Mr. Manlys und auch entsprechend dem dringenden Anraten des Verfassers, diese Gelegenheit, den weitesten Kreisen die großartige Entwicklung des Flugmotors auf das nachdrücklichste zu Bewußtsein zu bringen, nicht unbenutzt zu lassen, es bei einigen Fig. s. - chanuta's aititnitger.

nun nötig gewordenen Änderungen der Bedingungen zu einer Einigung gekommen war, und als die Verpackung etc. der Maschine bereits Umstände und Kosten verursacht hatte, da traf im letzten Moment ein Telegramm ein: «Es findet kein Motor-bewerb statt». — So wäre die Aviatik in St. Louis überhaupt nicht zu finden gewesen, wenn nicht Mr. 0. Chanute sich in die Bresche geworfen hätte. (Für die Gebrüder Wright steht gegenwärtig noch zu viel auf dem Spiel, als daß sie es hätten wagen können, ihre Maschine in St. Louis forschenden Blicken auszusetzen. Die Beteiligung Herrings ward, da er auf keine Verlängerung des Termins rechnete, durch ein Mißgeschick bei dem Bau seines Motors — ein Zylinder wurde verdorben — ausgeschlossen. Das Geheimnis des Erfolgs ließe sich bei seiner Maschine, soweit sie dem Verfasser bekannt ist, allerdings nicht leicht durch bloßes Anschauen entdecken.)

Mr. Chanute halte also Mr. Aresy, seinen einstigen Assistenten von Dune Park, zur Stelle, mit einer Gleitmaschine, die genau gleich der Zweideckermaschine von 1896 war, mit der einzigen Ausnahme, daß der Querschnitt der Trageflächen wie auf Fig. f> ersichtlich, vorn sehr steil anstieg, um dann nach hinten ganz sanft zu verlaufen, und «laß die Pfosten, welche die beiden Flächen verbinden, auf eigentümliche Art zugeschärft sind. Ihr Querschnitt ist annähernd wie der einer dicken zweischneidigen Klinge.

Beide Änderungen sind augenscheinlich auf eigentlichen Segelflug berechnet, den Chanute bekanntlich aus dem anscheinend analogen Flügelprofil der segelnden Vögel erklärt.

in Ermanglung von Hügeln mußte die Maschine als Drache in die Höhe gebracht werden. Ein Stück sehmalspurigen Geleises wurde auf dem großen «Studian (Turn- und Spielplatz) im Ausstellungsgelände in der Windrichtung niedergelegt, eine kleine Plattform auf Hollen darauf gesetzt, auf diese stellte sich Aresy mit der flugbereiten Maschine, ein dünnes Drahtkabel ging von der Maschine nach einer auf einem Wagen montierten elektrischen Winde, auf ein Zeichen fängt diese an langsam und dann schneller zu laufen, das Kabel wickelt sich auf, zieht Maschine, Mann und Plattform nach sich, im rechten Augenblick ändert der Mann den Neigungswinkel der Tragflächen, macht einen kleinen Sprung und ist in der Luft. Bei den vom Verfasser gesehenen Flügen war erstens der Wind sehr gering, zweitens die Schnelligkeit, mit welcher die Maschine vorwärts gezogen wurde, so unbedeutend, daß man bequem nebenher hätte laufen können. Trotzdem trug jene Flügelwölbung ihren Mann, bei den ersten Flügen allerdings unter einem ziemlich steilen Drachenwinkel, bei jenen vom Tage drauf dagegen auch bei flachern Flugwinkel.

Jn der Luft wurde das Kabel detachiert, Verfasser sah an den ersten beiden Versuchstagen jedoch kein gutes Gleiten zustande kommen, es fehlte an Schwung und lebendiger Kraft und es machte den Eindruck, als würde, wie damals bei Herrings Kuppeltragefläche, die vorzügliche Tragwirkung jenes Flächenprolils bei langsamem Gleiten mit einem zu großen -Drift- erkauft. Bei den ersten Versuchen vermochte Aresy garnicht aus dem steilen Drachen — in einen flachen Gleitwinkel zu gelangen und kam fast unmittelbar nach Detachierung des Kabels wie mit einem Fallschirm nicht allzu sanft, fast senkrecht herunter. Wie später verlautete, verletzte er sich, noch ehe er mit der neuen Maschine und der neuen Operationsmethode genügend vertraut geworden war, auf dem harten Boden am Knöchel und der notgedrungene Aufschub seiner Experimente wurde bei der vorgerückten Zeit leider zu einem *Aufhub». — Verfasser erhielt von dem Trageflächenprofil als ersten Eindruck jenen einer gewissen Gewaltsamkeit und es scheint, daß die Handhabnng einer solchen Fläche und die Ausnutzung ihrer Vorteile keine einfache Sache ist. Der Bau der Maschine war von der elegantesten sorgsamsten Art. Die Trageflächen hatten nur die übliche Größe.

<Ft»rtsi'tzuntt folgt.)

Aeronautische Meteorologie und Physik der Atmosphäre. Über die Abbildung von Gewässern in Wolkendecken.

Von K. v. Bushhs.

Die Abbildung von Gewässern in Wolkendecken als Wolkenläler und Wolkenlücken ist gewiß schon oft von Luflschiffern beobachtet worden: Veröffentlichungen über diese interessante Erscheinung sind mir jedoch nur zwei bekannt, nämlich eine Arbeit des Direktors der k. b. meteorologischen Zentralstation München Prof. Dr. Erk in «Illustrierte aeronautische Mitteilungen> 1897/2-3 und eine Notiz ebenda 1903/8, während ich in «Wissenschaftliche Luftfahrten» III und «Ergebnisse der Arbeiten am aeronautischen Observatorium (zu Herlin)* 1900—02 über diesen Gegenstand nichts finden konnte.

Bei einer wissenschaftlichen Ballonfahrt, welche am l. Oktober des heurigen Jahres von München aus stattfand, ist es mir nun gelungen, die Abbildung mehrerer Gewässer in der Wolkendecke photographiseh festzuhalten, und möchte ich aus diesem Anlaß nunmehr meine diesbezüglichen, mehrere Jahre zurückweichenden Beobachtungen veröffentlichen.

Die bisherigen Beobachtungen über die Abbildung von Gewässern in Wolkendecken lassen sich in zwei Gruppen zerlegen, in direkte und indirekte. Was unter den letzteren zu verstehen ist, wird später gesagt werden.

1. Direkte Beobachtungen. An solchen liegen außer den eingangs angeführten leider nur meine eigenen Beobachtungen vor, die hier folgen und in welche die erwähnten, von anderer Seite gemachten Beobachtungen der Vollständigkeit halber eingefügt sind. Die meteorologischen Daten zu den Fahrten Nr. 1, 2, 3, ö, 7 und 10 sind in den unter Klammern angegebenen Veröffentlichungen zu linden.

1. 31. Oktober 189Ö (Erk, Illustrierte aeronautische Mitteilungen 1897/2-3), München—Neukirchen nördlich Augsburg. Von der Glonn bis zur Landung über geschlossener Cu-Decke, von 10—220 in rel. reichend. Landung bei Windstille. Bodentemperatur -f- 5°. Inversion über der Wolkendecke. Abbildungen von Glonn, Ecknach, Paar, Lech.

2. 11. November 1896 (Erk, Illustrierte aeronautische Mitteilungen 1897/2-3), München—Lungitz südlich Budweis. Ganze Fahrt über geschlossener Wolkendecke, von löO—<5(»0 m rel. reichend. Landung bei schwachem Wind. Bodentemperatur -f- 2°. Inversion über der Wolkendecke. Abbildungen von Inn und Salzach.

3. 10. Juni 1899 (Finsterwalder und Bassus, Jahresbericht des Münchener Vereins für Luftschiffahrt 1899>, München—Mitterndorf in Steiermark. Über lückenhafter Cu-Decke, von ca. 1000—IHK) m. rel. reichend. Landung bei böigem, starkem Wind. Bodentemperatur -f- 10°. Keine Inversion. Keine Abbildungen festgestellt.

4. 28. September 1901, München—Schwendi in Württemberg. Von München bis zum Lech über geschlossener Str-Cu-Dccke, von ca. 100—700 in

M»e> 10 444«

rel. reichend. Landung bei ca. 6 m.'sec. Bodenwind. Bodentemperatur -|- 18 °. Keine Inversion über der Wolkendecke. Keine Abbildungen.

5. 13. November 1902, Augsburg—ZusamzelL Ganze Fahrt über geschlossener Str-Cu-Decke, vom Boden bis ca. 1100 m rel. reichend. Abfahrt und Landung bei Windstille. Bodentemperatur -f- 2 °. Inversion über der Wolkendecke. Abbildungen von Schmutter und Laugna. Über der Zusam schon in der Wolkendecke.

6. 15. November 1902 (N. N., Illustrierte aeronautische Mitteilungen 1903 3), Berlin—Klötze i. Altmark. Nebel vom Boden bis ca. 120 m rel. Wind am Boden 1—2 m/sec. Bodentemperatur — 2°. Abbildung der Elbe-Havel-Mündung.

7. 6. Dezember 1902 (Veröffentlichungen der internationalen Kommission für wissenschaftliche Luftschiffahrt, Dezember 1902), München—Isny in Württemberg. Vorn Lech bis zur Landung über geschlossener Str-Decke, bei der Landung vom Boden bis ca. 900 m rel. reichend. Landung bei ca. 5 mlsec. Bodenwind. Bodentemperatur — 14°. Inversion überder Wolkendecke. Nur Iiier bei Kempten (Überlallwehr?) schwach abgebildet.

8. 27. September 1901, München—Kaufbeuren. Über lückenhafter Cu-Decke. von ca. 300—600 m rel. reichend. Landung bei ca. 4 m/sec. Bodenwind. Bodentemperatur -f- 13°. Keine Inversion. Decke zu lückenhaft, um Abbildungen zu zeigen: über dem Ammersee jedoch N-S-Richtung der Luftwogenachsen, sonst E-W-Richtung derselben.

9. 1. Oktober 1904, München—Donauwörth. Von Altomünster bis zur Landung über lockerer, über einigen Flußläufen schwach durchsichtiger Gu-Deeke, von ca. 000—700 m rel. reichend. Landung bei ca. 3 m/sec. Bodenwind. Bodentemperatur -|~ 12°. Inversion über der Wolkendecke. Abbildungen von Ecknach, Paar, Weilach, Glonn, Ilm, Gerols-bach, Kl.Paar, Schönefelder Moos, Donaumoos, Donau, Lech, Wörnitz (siehe die Bilder).

10. 3. November 1904 (Veröffentlichungen der internationalen Kommission für wissenschaftliche Luftschiffahrt, November 1904), München— Pullach. Ganze Fahrt über dichter Wolkendecke, deren unterer Teil (360 bis 700 m rel.) aus Cu, deren oberer Teil (700—900 m rel.) aus dichten Sir besteht. Landung bei ca. 2 m/sec. Bodenwind. Bodentemperatur -|- 4°. Inversion über der Wolkendecke. Schwache Abbildungen der Weiher bei Ludwigsfeld, der Würm, der Isar und des Über fall wehrs des Elektrizitätswerks Pullach.

11. Indirekte Beobachtungen. Unter indirekten Beobachtungen der Abbildungen von Gewässern in Wolkendecken sind gelegentlich bemannter Fahrten festgestellte Auflösungen und Lückenbildungen der Wolkendecke verstanden, die der Beobachter selbst nicht als die Abbildung bezw. den Einfluß von Gewässern bezeichnet hat, die aber mit großer Wahrscheinlichkeit auf den Einfluß von Gewässern zurückzuführen sind. Derartige Beobachtungen finden sich zahlreich in den Fahrtbeschreibungen des zweiten

Bandes der <Wissenschaftliche Luftfahrten», der bisher veröffentlichten «Ergebnisse der Arbeiten am aeronautischen Observatorium (zuBerlin)» und zum Teil auch in meinen eigenen Aufzeichnungen über frühere Ballonfahrten. Einige derselben führe ich kurz an und bitte diejenigen meiner geehrten Leser, welche die Behauptung, es seien dies indirekte Beobachtungen des Einflusses von Gewässern auf Wolkendecken, für unwahrscheinlich halten, die diesbezüglichen ausführlichen Fahrtenberichte aufmerksam nachzulesen.

1. 19. Oktober 1893 (Wissenschaftliche Luftfahrten II. S. 183—184): Die Fahrt geht über eine geschlossene Wolkendecke. «Um 12 Uhr erblickten wir durch eine Lücke in den WTolken eine Stadt, in der wir Senftenberg (an der Elster) erkannten.»

2. 9. Juni 1894 (Wissenschaftliche Luftfahrten II. S. 316): Die Fahrt geht sechs Stunden lang ohne Orientierung über eine geschlossene Wolkendecke. «Nachdem durch eine Wolkenlücke eine größere Stadt — Liegnitz am Zusammenfluß von Deichsel und Katzbach — gesichtet worden.....»

3. 12. Oktober 1894 (Wissenschaftliche Luftfahrten II. S. 403): «Die ganze siebenstündige Fahrt fand hierauf über dem geschlossenen Wolkenmeer statt; gegen 11 und 12 Uhr wurden jedoch kleine Stückchen der Erde durch Lücken sichtbar und das erste Mal mit einiger Wahrscheinlichkeit Stadt und See von Teltow rekognosziert*.

4. 21. Mai 1898: Die Fahrt ging über eine lückenhafte Cu-Decke, die nur vereinzelte Ausblicke auf die Erde bot. Wolkenfrei waren nur die Lech-Donau-Mündung und das Altmühltal.

5. 22. Dezember 1900 (Ergebnisse der Arbeiten am aeronautischen Observatorium 1900—Ol S. 142): «Hinter der Küstrin-Reppener Bahn schloß sich jedoch die Wolkenmasse unter uns völlig zusammen und von hier bis in die Nähe der russischen Grenze hinter Posen gewahrten wir die Erde

nur zweimal auf kurze Zeit.......nämlich bei Dürlettel (an der

Obra) und an der Warthe südlich der Stadt Posen.»

6. 9. bis 10. Januar 1902 (Ergebnisse der Arbeiten am aeronautischen Observatorium 1901—02 S. 55): «Das letzte, was wir noch bei Tageslicht durch eine vorübergehend sich in den Wolken bildende Lücke von der Erde gewahrten, war gegen V, 5 Uhr der breite Weichselstrom mit langgestreckten Auen in der Gegend von Wloclawec und Nieszawa».

7. 22. März 1902: Die Fahrt ging über eine lückenhafte Cu-Decke. Wolkenfrei, sodaß orientiert werden konnte, war nur das Donautal von Kelheim bis Donaustauf und das Regen- und Naabtal bis in die Höhe von Burglengenfeld.

8. 3. Juli 1902 (Ergebnisse der Arbeiten am aeronautischen Observatorium 1901—02 S. 108): 'Die Orientierung war schon längst verloren

gegangen.....der Ballon war einer großen Wolkenlücke nahegekommen,

ich sah Königgrätz (Elbe-Adler-Mündung)-.

u. s. w. u. s. w.

Ersten Hill; Abbildung der Paar, Ecknach und Glonn In dor Wolkendecke.

Wie in der Einleitung erwähnt, konnte ich bei einer Freifahrt des heurigen Jahres die Abbildung von Gewässern in einer Wolkendecke achtmal erfolgreich {»holographieren. Zwei dieser Aufnahmen sind hier reproduziert, darunter sind die betreffenden Ausschnitte aus den Karten wiedergegeben, in die auch die Ballonorte eingetragen sind, von denen aus photographiert wurde. Der Ballonort für das erste Bild konnte dadurch ziemlich genau bestimmt werden, daß wir kurz vor dieser Aufnahme eine Orientierung unserer Bahn noch hatten machen können, der Ballonort für das zweite Bild ist durch zeitliche Interpolation annähernd ermittelt worden. Die Zahlen auf den Photographien und

Karlen bezeichnen identische Punkte der Photographien, d. i. der Abbildung der Gewässer in der Wolkendecke, und der Karten, d. i. der Gewässer

r

Zweite* 1:1 M Abbildung der Kleinen Paar und de« Schönefelder Mooses In der Wolkendecke.

selbst, und kann der Leser ohne Mühe noch zahlreiche andere Punkte zwischen den Abbildungen und den dieselben verursachenden Gewässern identifizieren, wobei aber zu beachten ist, daß die Bilder infolge eines Aufnahmewinkels von etwa 70° zur Lotrichtung gegen die Karle perspektivisch stark verzerrt sind. —

Im folgenden soll nun erörtert werden, was auf Grund der bisherigen direkten Beobachtungen, die allerdings hier nur auszugsweise wiedergegeben werden konnten, über die Umstände gesagt werden kann, unter denen sich Gewässer in Wolkendecken abbilden, bei absichtlicher Vermeidung jeglicher Hypothese.

Die Vorbedingung für die Abbildung der Gewässer in der Wolkendecke ist das Vorhandensein einer geeigneten Wolkendecke. Als 'geeignetste Wolkendecke» erscheint eine ruhig liegende, lockere, von Luftwogen durchzogene, nicht regnende Cu-Decke, die nach oben scharf,

»♦►&> 14 4M««

nach unlen beliebig abgegrenzt ist, wie sie auf den beiden Bildern deutlich zum Ausdruck kommt. Je weniger Struktur dieselbe aufweist, je dichter sie ist, je größere Geschwindigkeit sie gegen die Erde hat, desto schwächer sind die Abbildungen. Inwieweit ihre Dicke und Höhe in Betracht kommt, kann noch nicht gesagt werden.

Die meteorologischen Verhältnisse über dieser Wolkendecke scheinen keinen direkten Einfluß auf die Abbildungen zu haben. Allerdings wurde bei den meisten der angeführten Ballonfahrten über der Wolkendecke Sonnenschein bezw. nur leichte Bewölkung und geringe Windgeschwindigkeiten, also ruhige Wetterlage angetroffen, aber diese Umstände scheinen nur zur Ausbildung der «geeigneten Wolkendecke» beizutragen, sonst ohne Einfluß zu sein. Ebenso dürfte es sich mit den vorgefundenen Temperatur-Inversionen verhalten, die bei derartigen Wetterlagen ja wohl stets vorhanden sind, oft freilich nur in einer wenige Meter hohen Schicht, die gewöhnlich der Wolkendecke dicht aufgelagert ist.

Über den Einfluß der meteorologischen Verhältnisse unter der Wolkendecke steht nur fest, daß die dort herrschende Windstärke von Bedeutung ist: bei Windstille bilden sich auch die kleinsten Gewässer deutlich ab, bei starkem Wind nur größere Flüsse. Über einen eventuellen Einfluß der dort vorhandenen Temperatur- und Feuchtigkeitsverhältnisse kann noch nichts, über die Bolle, welche der Wassertemperatur zukommt, nur so viel bemerkt werden, daß Abbildungen auch dann beobachtet wurden, wenn das abbildende Gewässer wärmer als die Luft auf der Erdoberfläche oder ungefähr ebenso warm wie diese war (I. 2, 5, 6, 7, 10).

Uber die meteorologischen Verhältnisse in den Abbildungen selbst und zwischen diesen und den abbildenden Gewässern ist vorerst noch gar nichts bekannt.

In einer ■ geeigneten Wolkendecke» bilden sich nach meinen Erfahrungen bei Windstille so ziemlich alle überhaupt vorhandenen Gewässer ab, vom kleinsten Bächlein bis zum Strom, vom Tümpel bis zum ausgedehnten Moos, und zwar scheint das Vorhandensein von Abbildungen in diesem Fall die Regel zu bilden. Nur über die Abbildung von größeren Seen vermag ich nichts anzugeben, da keine meiner Fahrten, bei denen eine «geeignete Wolkendecke >> vorhanden war, nahe genug an einem solchen vorbeiführte.

Weht zwischen der Erde und Wolkendecke stärkerer Wind, so bilden sich, wie schon erwähnt, von den fließenden Gewässern nur die größeren ab. Die gleiche hemmende Einwirkung wie dem Winde kommt derStr-Bildung zu.

Den Charakter der Abbildungen in der ' geeignetsten Wolkendecke > geben die beiden Bilder an: Kleine Bäche — Ecknach auf dem ersten, Kl. l'aar auf dem zweiten Bild — sehen wie Furchen in der Wolkendecke aus, die dem Lufschiffer dadurch aullällen, daß sie die ebenfalls als Furchen erscheinenden Luftwogen (siehe besonders die rechte Seite des zweiten Bildes), jeder, auch der kleinsten Bachkrümmung getreu folgend, kreuzen.

Da, wo der Lauf des Büchleins ungefähr parallel zu den Luftwogen geht (erstes Bild 6—8), und beim Zusammenfluß von zwei Bächen (erstes Bild VI) ist die Furche tiefer, da, wo er die Luftwogen kreuzt (erstes Bild I—5), seichter, oft kaum erkennbar. Die Abbildungen größerer Bäche und Flüsse — Paar auf dem ersten Bilde I bis V — erwecken den Eindruck eines Wolkentales, in welchem die Bewölkung aus feinem Dunst besteht, der oft so dünn ist, daß die Erde durchschimmert. Besonders auffallend werden diese Täler bei schrägem Sonnenstand, wo, wie das erste Bild zeigt, der eine Talhang im Schatten liegt. Auch diese Täler geben jede Flußkrümmung deutlich wieder (erstes Bild z. B. bei III); beim Zusammenfluß größerer Gewässer bilden sich oft vollständige Wolkenlücken. Wassertümpel erscheinen als trichterförmige Löcher, Moose (zweites Bild) als dunkle, mit feinem Dunst ausgefüllte Flächen, die genau den Konturen des erzeugenden Objekts entsprechend begrenzt sind (zweites Bild bei 6, 7, 8).

Je dichter die Wolkendecke ist und je mehr sie sich zu einer Str-Decke ausgebildet hat, desto schwächer sind die Abbildungen: kleine Gewässer

sind dann überhaupt nicht zu___

erkennen und auch die großen Flüsse zeichnen sieh nur als

seichte Furchen ab. Diese ^TT"'""

Erscheinung konnte ich bei der Fahrt I. 10 deutlich beobachten. Da die Mitnahme eines umfangreichen Instrumentariums für andere wissenschaftliche Untersuchun-

... i. n ■ i i Jiar.WWkcnlal in «ni>r Slr.[>erk4>,niil Abbildung dr« DhfjttMn Ptillnch.

gen notig war, ließ ich den

Photographenapparat zu Haus, was ich nachträglich sehr bedauert habe: denn es wurde bei dieser Fahrt noch eine andere höchst interessante Gewässerabbildung beobachtet: Unsere Fahrt, die über 4000 m Höhe geführt hatte, näherte sich ihrem Ende und es fiel der Ballon bereits gegen die von 400 —900 m rel. reichende, dichte und von der Mittagssonne grell beleuchtete Str-Gu-Decke mit ziemlicher Geschwindigkeit, als ich in derselben die Abbildung eines Flußlaufs als seichte Furche erkannte. Auf dieser Wolkenfurche lag ein Cu-Ballen, ähnlich einem großen Pilze. (Die Erscheinung ist hier schematisch wiederzugeben versucht worden.) Wenige Minuten darauf erfolgte bei Windslille die Landung am Nordrande von Pullach dicht an der Isar, wo sich ein Elektrizitätswerk mit einem etwa zehn Meter breiten Überfall wehr befindet, über welches das Wasser als rauschender Wasserfall herabfloß, und es besteht daher kein Zweifel, daß die Wolkenfurche von der Isar und der pilzartige Cu-Ballen von dem Wasserfall herrührte.

Endlich ist festzustellen, daß bei raschem Zug einer nicht zu dichten Wolkendecke gegen die Erde ebenfalls nur große Flüsse und diese gewöhnlich

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nur als Wolkenlückcn abgebildet werden, Gestalt und Richtung des Flußlaufes nur annähernd wiedergebend und in der Windrichtung verschoben.

Es ist zu erwarten, daß, wenn auch die untere Fläche einer «geeigneten Wolkendecke • scharf abgegrenzt ist, Abbildungen wie die der Paar (erstes Bild) auch von der Erdoberfläche aus zu beobachten sind. Dies ist auch talsächlich der Fall. Am 15. November d. J. vormittags war ich in Rieden bürg a. Altmühl. Den Himmel bedeckte eine dichte Str-Decke bei fast völliger Windstille. Über dem Allmühltal erschien die Wolkendecke heller und von ausgeprägter Cu-Struktur und besehrieb diese Erscheinung deutlich einen Bogen, der der großen Altmühlschleife zwischen Riedenburg und Eggersberg entsprach. Am 18. November nachmittags fuhr ich mit der Eisenbahn von München nach Lochhausen. Eine lockere Cu-Decke ließ das Himmelsblau zwischen den einzelnen, wogenförmig gruppierten Cu-Ballen überall hindurchscheinen; in dieser Wolkendecke war deutlich eine die Luftwogen kreuzende Furche zu sehen, die bei Pasing vom Zenit aus nördlich, dann in scharfer Biegung nordöstlich, und nach einer weiteren Biegung südöstlich führend in einer Wolkenlücke endigte. Es muß dies die Abbildung der Würm und ihrer Fortsetzung, des Würmkanals, mit seinen Biegungen bei Allach und Schleißheini gewesen sein. Nördlich dieser Wolkenfurche, nach ihrer ersten Biegung, erschien die Wolkendecke strukturlos; es ist mehr als wahrscheinlich, daß diese Änderung auf das Schleißheimer Moos zurückzuführen war. Fleißige Himmelsbeobachler werden derartige Fälle gewiß oft verzeichnen können.

Es war mein Bestreben, die Verhältnisse, welche die Abbildungen von Gewässern in Wolkendecken hervorbringen, nur auf Grund der bisher einwandfrei beobachteten Umstände aufzustellen. Daß hierbei so wenig festgestellt werden konnte, rührt daher, daß zu diesen Feststellungen eigene Ballonfahrten unerläßlich sind, die bis heute fehlen. Wenn der Ballonführer die Abbildung eines Baches entdeckt hat, muß er, womöglich mit einem Thermo-Hygrograph ausgerüstet, Höhe und Dauer seiner Fahrt opfernd, in eine derartige Abbildung einzutauchen und zwischen diese und den Bach selbst bis in die nächste Nähe des Erdbodens zu gelangen suchen, wobei er, wenn möglich, den Ballon am Schleppseil von Leuten mehreremal über den Bach in verschiedenen Höhen hin- und herziehen lassen soll: denn die Abbildungen sind in der Regel nicht viel breiter als der Bach selbst. Außerdem muß er die Temperatur des Wassers und die meteorologischen Verhältnisse rieben dieser vertikalen Luftzonc vom Erdboden bis zur oberen Grenze der Wolkendecke bestimmen.

Derartige Untersuchungen werden selten vollständig gelingen und wäre es daher wünschenswert, wenn schon jetzt eine berufene Feder sich fände, welche die Ursachen dieser höchst merkwürdigen Erscheinungen auf Grund des verfügbaren Materiales theoretisch erörtern würde.

Herr Dir. Erk bezeichnet als Ursache der Abbildungen von Gewässern in der Wolkendecke in der eingangs angeführten Veröffentlichung eine durch das Fließen des Wassers der darüber befindlichen Luft mitgeteilte Horizontalbewegung: «Das iließende Wasser veranlaßt in der darüber befindlichen Luft eine Strömung, welche sich im gleichen Sinne bewegt wie das Gewässer.» Wenn auch über größeren Flüssen eine derartige Horizontalbewegung als möglich bezeichnet werden muß, so dürfte dieselbe über einem kaum einen halben Meter breiten Bächlein, wie z. B. den Seitenbächen der Ecknach und Kl. Paar, recht unwahrscheinlich, über Tümpeln und Moosen (zweites Bild) aber sicher nicht vorhanden sein. —

Der Einfluß von Gewässern auf Wolkendecken ist mit den geschilderten Erscheinungen nicht erledigt. Vielmehr liegen auch Beobachtungen vor, die jenen Erscheinungen direkt widersprechen. So haben andere Luftschiffer und ich oft bei sonst wolkenfreiem Himmel über Flußläufen zusammenhängende Cu-Ketten, über Sümpfen und Moosen Wolkeninseln gesehen. Auch die Ursachen dieser Erscheinungen sind noch nicht gefunden, indem direkte Messungen für dieselben nicht ausreichend gegeben sind.

Es wäre zu wünschen, daß die vorliegende Arbeit die Anregung zu exakten Untersuchungen aller einschlägigen Erscheinungen geben würde, die, wie erwähnt, bei günstigen Vorbedingungen nicht ausnahmsweise, sondern regelmäßig aufzutreten pflegen.

München, November 1904.

Kleinere Mitteilungen.

Spelteriuis Ballonfahrt Uber die Berner Alpen wurde schon in Heft 11 (1904) Seite 360 kurz besprochen; doch gestattet ein Artikel der « Neuen Zürcher Zeitung»'), noch einige Ergänzungen hierzu zu geben. Der von mancher Seite als zu spät gewählt bezeichnete Zeilpunkt des beabsichtigten Aufstieges um Mitte September, von welchem ab erst noch günstige Windrichtung abgewartet werden mußte, war durch besondere Verhältnisse der Schweizer Bergbahnen bedingt, da das Ballonmaterial, das Füllgas etc. mit der Wengernalpbahn und von Scheidegg aus mit der elektrisch betriebenen Jungfraubahn nach dem Füll- und Aufstiegsplatz zu befordern war. Dieser liegt auf dem westlichen Ausläufer des Botstock nahe den Wohnhäusern der Tunnelarbeiter. Er war durch die Betriebsleiter der Jungfraubahn in sehr praktischer Weise für den Sonderzweck hergerichtet worden. Auf dem Berghange war eine Bcihe von Zuschauerbänken angebracht, von denen aus ein durch Aufschüttungen erweitertes Plateau überblickt werden konnte, auf dem die Hülle des 1600 cbm fassenden Ballons «Stella» auf Decken ausgebreitet lag, während noch weiter abwärts die WasserstofT-Stahlflaschen, 200 an Zahl in drei parallelen Beihen aufeinander geschichtet lagen. Auf dem 2330 m über Meereshohe gelegenen Füllplatz waren nur 1400 cbm Wasserstoff zur Füllung erforderlich. Je zehn Gasllaschen waren mittels Gummischläuchen mit einem eisernen Bohr verbunden und bildeten eine Balteric. Je drei solcher Batterien wurden mit den Enden ihrer Eisenrohre an Schläuche angeschlossen, die in einen Schlauch von größerem Durchmesser mündeten, der das Gas in den Füllansatz des Ballons führte. Die ununterbrochene

') Von Kap. Sp«lt«rini der Red. Ob«rs#ndet. Illufutr. Afronaut. Mitteil. IX. Jahr?.

Füllung wurde dadurch erreicht, daß durch richtig bemessene Umschaltung die drei zusammengefaßten Ratterten eines Anschlußrohres derart nacli einander in Tätigkeit traten, daß immer zwei derselben arbeiteten, während die dritte bereits geleerte ausgewechselt wurde. Während Spelterini mit Überwachung der Füllung und Ausrüstung des Korbes mit Apparaten. Proviant etc. beschäftigt war, wurden wiederholt Versuchsballons zum Steigen gebracht, welche alle, buch oben von Ostwind erfaßt, längs der Jungfraukette gegen das Schildhorn zogen. Der Himmel fing gegen Mittag an, sich mit Wolken vom Lauberhorn her zu umziehen, war oben und über der Jungfraugruppe am längsten frei, trug jedoch zur Zeit der Auffahrt 12 Uhr 50 auch hier eine Wolkenschicht, in welcher der Ballon schon nach kaum 2 Minuten verschwand. Über die Fahrt äußert sich Spelterini wie folgt: Unmittelbar nach ihrem Aufstiege hatte die «Stella» ein etwa 800 m dickes Nebelmeer zu überwinden; oben lag heller Sonnenglanz. Das Auswerfen von etwas Ballast brachte den Ballon um weitere K(K)—IKK) m höher, hinauf bis über die Eigerspitze; dann tlog er vor dem Ostwinde den ganzen Grat der Jungfraukette entlang hoch über das Tal zwischen der Jungfraunordwand und den Silberhörnern hinweg nach Westen über Breithorn, Bliimlisalp-Wildslrubel ins Wallis hinein. Hundert«' von Hochgipfeln, Tauscndc von Oletschern grüßten zu den Luftschiffern hinauf, bis weithin nach dem fernen Süden lag die herrliche Welt klar vor ihnen und unter ihnen und ein unendliches Gleißen und Glänzen blendete ihre Augen, die «von dem goldenen Überfluß der Well» tranken, «was die Wimper hält». Von der westlichen Ftugrichtung lenkte die «Stella» plötzlich nach Süden ab, dem deutlich erkennbaren Montblanc zu. Während die Nebelmassen dichter wurden und höher kamen, schlug der Wind wieder um und trieb den Ballon nordwärts. Ein Aufsteigen bis 6000 m brachte ihn in keine andere Strömung und so ging es über den Wildstrubel wieder in das Horner Gebiet. Die Wolkendecke war geschlossen, so daß bei der Zwecklosigkeit weiterer Fahrt der Abstieg beschlossen wurde. Nach Durchdringung der Wolkenschicht zeigte sich im Felsgewirr kein passender Landungsplatz, sodaß nochmals Ballast ausgegeben wurde. Ein zweiter Versuch war ohne Ergebnis und erst beim dritten, als nur noch 4 Säcke Ballast vorhanden waren, wurde die grüne Fläche bei der Gilbi Alp bei Adelboden erblickt, erwählt und erreicht. Hilfe war rasch ausreichend zur Hand. Der durch Kälte (—ftO C. Minimal-Temp.), Feuchtigkeit und Gasausgabc ein wenig zusammengeschrumpfte Ballon hatte sich kopfüber die steile Halde hinabgelegt, sodaß das Ventil nicht geöffnet werden konnte und die Entleerung durch einen SO cm langen Schnitt in den Ballon bewirkt wurde. Um 8 Uhr war das Entleeren, um 10 Uhr das Verpacken erledigt, und um 11 L'hr kamen Spelterini und sein Begleiter Ingenieur Stoeffler nach Adelboden herab. Sie nahmen die Instrumente und die photograpbischen Apparate mit sich, während der über Nacht bewachte Ballon am nächsten Morgen auf Schlitten zu Tal kam. Trotz der sehr ungünstigen Verhältnisse ist es doch gelungen, eine Reihe unvergleichlich schöner Gebirgsaufnahmen zu gewinnen, von denen wir eine, auch in der «Leipziger lllustr. Zeitung» erschienene, unsern Lesern mit diesem Hefte vorführen. Diese und die Beobachtungsergebnisse, welchen nach Lage der Fahrt wissenschaftlicher Wert zukommen muß, mögen darüber trösten, daß das eigentliche Ziel, die Fahrt nach Süden, unerreicht blieb. K. N.

Die Ausstellung In LUttich 190« wird mit großem Eifer vorbereitet. M. F. Jacobs, der Präsident des belgischen Aeroklubs, hat sich mit den hervorragenden Persönlichkeiten auf dem Gebiet der Luftfahrtbestrebungen in Verbindung gesetzt, deren Zahl ja nicht gering ist. «La conquete de Fair» gibt einige vorläufige Mitteilungen, welche die Notiz der «I. A. M.» 1904, S. 29 ergänzen. Die Bewerbung für Luftfahrzeuge soll 15. Mai bis 15. Oktober 1905 offen sein. Als Abgangspunkt ist die Biegung der Maas, wo die Ourthe einmündet (Parc AeYostatiquc de Cointe), in Aussicht genommen, von wo aus die Fahrzeuge, ohne die Erde zu berühren und nur mit Bordmitleln zweimal in unmittelbarer Folge ihre Bahn derart zu beschreiben haben, daß der Glockenturm von Spa und

der Turm des Observatoriums von Cointe innerhalb der Bahnlinie liegen. Der Landungsplatz darf beliebig gewählt werden, nachdem der Turm von Gointe zum zweitenmal passiert ist. Diese Fahrt ist dreimal in drei Auffahrten an verschiedenen, übrigens frei zu wählenden Tagen, auszuführen. Die Entfernung der beiden genannten Türme beträgt ca. 26 km» Es können sich am Wettbewerb nur Fahrzeuge beteiligen, die nicht in ihrem Bau schon ersichtliche defahren bergen. Anmeldungen zum Wettbewerb sind an den Präsidenten des Aero-Club de Belgique, place Boyale 5 ä Bruxelles, zu richten und soll der Briefumschlag die Bezeichnung tragen: «Concoursde locomotion aerienne de Liege». Bewerbern, welche vor 1. Januar 1905 sich eingezeichnet haben und nachweisen konnten, daß sie bis zu jenem Zeitpunkt mit ihrem Apparat eine Luftfahrt von mindestens 10km geleistet haben, wird unentgeltlicher Unterbringungsraum in den auf dem Plateau von Gointe errichteten Bauten angeboten. Der Wettbewerb ist Erfindern aller Länder offen. Von Interesse dürfte sein, daß Lebaudy und Santos Dumont schon ihre Beteiligung in Aussicht gestellt haben.

Zur Ausstellung soll unter anderen großen Lenkbaren, die über dem Tal der Maas und dem benachbarten Gelände ihre Kreise ziehen werden (?), auch ein auf 6 m Länge verkleinerter auftreten, erbaut von Ingenieur Leclere Mary von Louvain. Den Langballon durchzieht eine röhronartige Höhlung von vorn bis hinten, also von einem Ende zum andern, wodurch nach des Erfinders Anschauung große Stetigkeit in der Längsbewegung erzielt werden soll.

Auf der Ausstellung bildet Klasse 31 des Programms «Navigation» aerienne». Diese Programmklasse umfaßt - Bau von Ballons: Stoff. Firnis, Gondeln, Ventile, Netze. Tauwerk, Haltevorrichtungen, Anker, Zacken. Wasserstofferzeugung und leichte Gase, Fesselballons, dann — Luftreisen : Anwendung des Ballons zur Erforschung der Atmosphäre: Luftströmungen, Wolken. Temperatur hoher Schichten, optische Erscheinungen, Zeichnungen. Karten, Diagramme, Photographien. — Militär-Luftschiffahrt: Militär-Fesselballons mit Zubehör, Aufstiegwinden, Transportwagen, Falleinrichlungen. — Luftschiffahrt : Lenkbare Ballons und Flugvorrichtungen, Apparate zum Kunsttlug, Schraubenllioger, Flächcnllieger, Fallschirme. K. X.

Eine Gas-Zentennrfeler haben in Paris die verschiedenen mit Gasanwendung in Beziehung stehenden Industriebetriebe am 1. Dezember 1. Js. veranstaltet. Die Wahl des Zeitpunktes hängt damit zusammen, daß der Chemiker Lebon, der Vater des Gedankens der Gasbereitung aus Kohle, 1NO-1 (genauer am 2. Dezember) durch Mörderhand fiel. Das Patent für Gasbereitung hatte er 1799 erworben, während die gewerbsmäßige Ausnutzung zunächst in England durch einen Deutschen. Winsor. erfolgte. Französische Blätter knüpfen Betrachtungen an den l'mstand. daß der Todestag Lebons auch der Tag war, an dem Napoleon I. in theatralischem Aufzug mit seiner Gattin Josephine sich zur Kirche begab, um vom Papste gesalbt zu werden. Sie ziehen Vergleiche auf Grund der Frage, welchem der beiden Männer die Welt gelegentlich dieses Zentenariums aufrichtigere Gefühle des Dankes weihe. Die Luftschiffahrt neigt sich natürlich zunächst Lebon zu und am 2. Dezember veranlaßt« der Aeroklub die Ausgabe von Postkarten mit dem Bilde seines von x\. M. Pechine hergestellten Monuments. Das Ersuchen um kostenlose Gasabgabe zu Festaufstiegen hatte guten Erfolg und die im «Aerophilc* (Novemberhefti enthielten ziemlich ausgedehnte Anordnungen: 3 Preise, dann eine bronzene Erinnerungsmedaille für alle beteiligten Ballonführer. Bedingungen: Keine durch die Bewerber vorbei bestimmte Landung. Preisel teilung an jene Bewerber, welche zunächst an einem von ihnen bestimmten Punkt landen, Zurücklegung von mindestens 20 km. Flugweg etc., Verweilen von mindestens 1 Stunde in der Luft, keine Zwischenlandung pp., dann Verteilung der Aufstiegsplätze: die beim Aeroclub de France angemeldeten von dessen Park, Coteaux de St. Gloud. jene der Academie aeronaulique de France von der Gasanstalt von Nanterre, jene des Acronaulique-Cluh de France von der Gasanstalt Bueil. jene der Societe francaise de Navigation von der Gasanstalt von

Landy. Die Zahl der Bewerber war nur beschränkt durch die lokal gegebenen Füllungsmöglichkeiten, wofür jede Gesellschaft Bestimmungen zu treffen hatte. Den Gesellschaften war kostenlose Füllung verfügbar und zwar dem Aeroclub 625 cbm, in der Anstalt Nanterre, in Reuil und in Landy je 600 ccm. Die Kommissäre bestimmten durch Los jene Bewerber, welche hiervon profitieren durften, die übrigen hatten die Füllung zu bezahlen. Eine Jury aus drei Mitgliedern das ASroclub und je ein Mitglied der andern Gesellschaften hatte die im allgemeinen Reglement vorgesehenen Funktionen auszuühen.

Es waren z. Z. vom Aeronatique-Club zwei sportliche Veranstaltungen vorgesehen: Zielfahrt, zwei Ballons mit der Aufgabe, zunächst eines von den Bewerbern angegebenen Punktes zu landen, dann eine Ballonverfolgung durch Automobile und Fahrräder, außerdem Aufstieg des (>50 cbm-Ballons «Radium», Führer Schatzmeister de la Vaulx des belgischen Klubs, wobei dem ersten, unter den reglementären Bestimmungen, den gelandeten Ballon erreichenden Verfolger ein Bronze-Kunstwerk als Preis winkte (gestiftet vom Journal «La Conquete de Fair»). Auch hier waren, ähnlich wie im Septemberheft beschrieben, Fallschirme, die nach 10—15 km Fahrt abzulassen waren, für die Radfahrer als Vcrfolgungsziel eingeschaltet. K. N.

Der Ballon sonde des Aero-KIub de Beige, so meldet «La conquete de l'Air», welcher am (>. Oktober liMM vom Park des Klubs, chaussec de Waterloo ä Bruxelles, aufgestiegen ist. war nach dem Biedingerschen Mustor gefertigt, hielt 2 cbm, halle 1,5 m Durchmesser, wog 1300 g und hatte, mit WasserstofTgas gefüllt. 523 g Auftrieb. Kräftiger Südwest faßte ihn und in geringer Höhe schien er wieder fallen zu wollen, erhob sich dann aber stetig und verschwand. Erst Sonntag den Oktober kam Nachricht, daß ihn zwei Waldaufsehcr beim Rundgang in Elpersheim, nahe Markolsheim in Württemberg gefunden hatten. Der Ballon trug einen Mousselinfallschirm von 50 g Gewicht, so daß er mit den WO g wiegenden Instrumenten noch einen Auftrieb von Hl g behielt. Der Barothermograph war von M. F. Hooremann vom Observatoire royal konstruiert. Die Aufzeichnungen der Temperatur geschehen durch Übertragung der Bewegungen eines Metalllhermometers auf einen Zylinder; doch soll die Drehung des Zylinders durch Übertragung ohne l'hrwerk mittels Excenterscheibe und Bügel vom Aneroid aus erfolgen, so daß also ein Stift beide Aufzeichnungen macht. Die Zylinderfläche ist mit lichtempfindlichem Papier überzogen, das eine Rußschichte trägt, so daß die hlofigelegten Striche sich selbst photographieren. Das Ganze wiegt, aus Aluminium hergestellt, 320 g. Wenn die erwähnten gleichzeitigen Aufzeichnungen auch während des Steigens wegen Drehung des Zylinders in einem Sinne gewiß einleuchtend sind, so wird beim Sinken wohl eine Unklarheit entstehen können. Auch ist das Moment der Zeitangabe ausgeschaltet. K. N.

Aeronautische Vereine und Begebenheiten.

Berliner Verein für Luftschiffahrt.

In der 241. Versammlung des «Berliner Vereins für Luftschiffahrt» am 21. November wanden 8 neu angemeldete Mitglieder aufgenommen, und durch den Vorsitzenden des Fahrtenausschusses, Hauptmann v. Kehler, über fünf Ballonfahrten berichtet, die seit dem 25. Oktober stattgefunden haben. Die erste, an welcher teilnahmen die Herren Hauptmann v. Ahercron, Goltschalk und Oberleutnant Schiemann begegnete am 25. Oktober strömendem Regen, der nach einer Stunde schon zum Abstieg in der Nähe von Fürstenwalde nötigte. Bei der Schleppfahrt blieb das Seil hängen: es dauerte wohl eine '/'« Stunde, bis der Ballon wieder loskam. Bei den Bemühungen, ihn flott zu machen, wurde das Gas herausgedrückt, sodaß die Landung zur Notwendigkeit wurde.

Gleichfalls bei trübem Himmel erfolgte am 29. Oktober eine Auffahrt mit dem fiOO cbm-Wasscrstoffballon vom l'bungsplatz des Luftsehifferbataillons aus. Es nahmen außer dem Kührer, Hauptmann v. Kehler. daran teil Geheim rat Husley und Hauptmann Klotz. Die Wolkendecke erwies sich als so dicht, daß nicht darüber hinauszukommen war. Um die Erde wieder zu sehen, mußte bis auf 150 m hinabgegangen werden. Die Landung geschah auf dem Schießplatz bei Alten Grabow. Ein am 3. November aufgestiegener Ballon, mit den Herren Oberleutnant Ribbentrop, Dr. Freitag, Ramdohr und Peters an Bord, flog bei gutem Winde über die russische Grenze. Die Bergung und Verladung des Ballons ging nicht ohne Schwierigkeiten vor sich. Am 8. November stieg ein Ballon unter Führung von Oberleutnant Schoof, dem sich Hauptmann Engel und Miß Rypinski angeschlossen hatten, bis 800 m in dichten Wolken. Erst bei dieser Höhe wurde die obere Wolkengrenze erreicht. Leider war der Ballon sehr naß geworden, sodaß, nach Überfliegen von Bernau, bei Angermünde gelandet werden mußte. Eine flotte Fahrt über die russische Grenze machte ein am 10. November mit den drei Herren Graf Zech, Graf

Dil deutsche Ausstellung In 8t. Louis.

Koenigsmark und v. Riedel, unter Führung des Herrn Dunst, aufgestiegener Ballon. Die Fahrt endete bei Kaiisch. Bergung und Rücksendung des Ballons begegneten keinerlei Schwierigkeiten. Die Balloninsassen wurden in Kaiisch vom Gouverneur zum Frühstück geladen und erfreuten sich später noch der Gastfreundschaft des in Kaiisch stehenden Kavallerieregimentes, sodaß sie erst am späten Abend die Bückreise antreten konnten. Noch konnte mitgeteilt werden, daß die Einrichtung für Füllung von Ballons mit Wasserstoff in Bitterfeld nunmehr fertiggestellt sei. Meldungen sind an den Vorsitzenden des Fahrtenausschusses zu richten.

Den Vortrag des Abends hielt Hauptmann v. Tschudi, seit kurzem aus den Vereinigten Staaten zurückgekehrt, über «Die Luftschiffart auf der Weltausstellung zu St. Louis». Nach den von dem Vortragenden gewonnenen Eindrücken befindet sich in Amerika die Luftschiffahrt keineswegs in einem vorgeschritteneren Stadium als in Kuropa.

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Nur auf dem Gebiet der Flugtechnik ist von einem Yorsprung zu reden. Die deutsche Ausstellung, der Ballon-Jubilar «Berson», der 79 Fahrten hinter sich hatte, und der Korb des Ballons * Preußen >, worin die Herren Berson und Süring den Rekord von 10000 tu Höhe erreicht, imponierten den sachkundigen Beschauern, ersterer. der dauernd aufgeblasen erhalten wurde, wohl auch allgemein durch seine stattliche Erscheinung. Er gehörte ohne Zweifel zu den populärsten Objekten der deutschen Ausstellung. Die von München, Augsburg, Nürnberg etc. gesandten Pläne und die kartographischen Aufnahmen von Professor Finsterwalder waren anfangs ungünstig ausgestellt. Hauptmann v. Tschudi holte, sie heraus und brachte sie so an, daß sie fortan gesehen wurden. An zwei Obelisken fanden die Pläne und photographischen Aufnahmen des Herrn v. Bassus einen guten Platz. Von den mit hinübergesandten Büchern hatte leider schon manches Liebhaber gefunden, es fehlte das Moedebeck'sche Handbuch und die diesseitige Führer-Instruktion. Soweit es möglich, wurde dies Material wieder ergänzt. Von Auszeichnungen erhielten der Berliner Verein. Major Moedcbeck und Professor Finsterwalder die silberne, Herr v. Bassus die bronzene Medaille. Von anderen Ausstellungen sei des lenkbaren Ballons von Deutsch de la Meurthe, dann zweier Flug-apparalmodi'lle von Langley, deren einer Motor bei 10 Pfund Gewicht 31/» PS. leistet, und des Drachens mit dreieckigen Zellen gedacht, der im Okioberheft unserer Zeitschrift abgebildet ist. (Erwähnt sei hier sogleich, daß der ausgeschriebene Drachenwcttbcwetb erst nach der Abreise des Berichterstatters stattfand.) Über den Fesselballon der Ausstellung und die erstaunliche Unvorsichtigkeit, seinen Füllansatz zugebunden zu halten, die auch zu den vorauszusehenden Folgen führte, ist früher bereits an dieser Stelle berichtet worden. Der Vortragende hatte später zu beobachten Gelegenheit, daß Ausstellungsbesucher ohne Führer aufstiegen, einmal sah er sogar zwei junge Damen sich allein in die Luft erheben. Daß in den letzten Monaten kein Unfall mehr vorgekommen, ist wesentlich dem herrlichen Wetter zuzuschreiben, das unausgesetzt der Ausstellung lachte; auch konnte man unfreiwillig aus dem Korbe nicht herausfallen. Bemerkenswert war die ausgezeichnete Dichtigkeit der Ballonhülle; es wurde nur nachgefüllt.

Von den zum Wettbewerb angemeldeten lenkbaren Ballons sah Hauptmann von Tschudi drei zum Aufstieg ziemlich fertige in der Halle. Der Ballon von Benbow-Montana, öOO cbm fassend, benutzte Schaufelräder, deren Flügel zur Beseitigung des prinzipiellen Fehlers solcher Antriebsvorrichtung, daß sie an den um 180° von einander entfernten Punkten entgegengesetzt wirkt, mit einer Einrichtung versehen waren, die sie im Moment, wo die Wagerechte überschritten wurde, zusammenklappte. Die Propeller konnten auch für Auftrieb und Abtrieb eingestellt werden. Da sich dieser Ballon, aus der Halle gebracht, als zu schwer erwies, wurden von den vier Schaufelrädern zwei abgenommen. Der vier Pferdekräfte effektuierende Motor lag in der Mitte, Ein zweiter Ballon von Baldwin — San Francisco — hatte die lächerliche Größe von nur 265 ehm. Seine Einrichtung erschien nicht mustergültig. Es befanden sich unter dem Ballon nach Art der von Santos Dumont getroffenen Einrichtung lange Träger von dreieckigem Querschnitt, die Korb oder Gondel ersetzten, und auf denen zu kriechen war, um an den Motor heranzukommen. Bei einem ersten Aufllug blieb der Motor in der Luft stehen und kam nicht mehr in Gang. Wesentlich interessanter war der dritte Ballon, von 1800 cbm Inhalt, in seinem Gerippe gleich dem von Baldwin ganz aus Holz gearbeitet. Sein Konstrukteur, der Franzose Franeois. hatte nur den Motor erheblich zu schwach gewählt. Er sah das selbst ein und teilte Hauptmann von Tschudi mit, daß er in Frankreich einen wesentlich stärkeren Motor von 100 PS. in Arbeit gegeben habe und beabsichtige, damit nach Berlin zu kommen (wo seit dem verunglückten Schwarzachen kein »lenkbares» Luftschiff mehr gesehen worden ist). Der Francois'sche Ballon besitzt kein Netz, trägt vielmehr seine Last an einem (Juri, der um den zigarrenförmigen 7—7'/t m im Durchmesser langen Ballon herumgeht. Franrois halte in der Person von Mouchanaud «•inen Luftschiffer mitgebracht, der als Angestellter Godards im fiegcnsalz zu Amerika, wo bisher wenige Aufstiege lenkbarer Luftschiffe stattgefunden, Erfahrungen darin besitzt.

Ob diese drei Luftschiffe einem ernsthaften Wettbewerb sich gewachsen zeigen werden, erschien fraglich.

Der erste Versuchsflug mit gewöhnlichen Freiballons hatte ein klägliches Schicksal. Es war ein ganz windstiller Tag, und die für den Wettbewerb gestellte Bedingung, möglichste Annäherung an die Bundeshauptstadt Washington, fand die halbwegs komische Erfüllung, daß sich nach 12 Stunden alle Ballons noch ganz in der Nähe von St. Louis befanden. Es war natürlich ohne Interesse, festzustellen, welcher von ihnen Washington am nächsten gekommen sein mochte. In den Zeitungen stand damals, der «Deutsche Kriegsballon» sei am weitesten in der Richtung geflogen. Gemeint war unser «Berson», der aber seinen Platz in der Ausstellung nicht verlassen hat und nicht verließ, so dringend auch wiederholt die Aufforderung erging, ihn an den Wettfahrten teilnehmen zu lassen. Zu einer weiteren Konkurrenz von Freiballons war mit Ausnahme einiger Berufsluftschiffer, die aber die Anzahlung nicht geleistet hatten, keine Anmeldung eingegangen.

Unter allen im Voranstehenden erörterten Umständen wurde schließlich durch einen aus den anwesenden Sachverständigen gebildeten «Kriegsrat» beschlossen, die angesagten Wettbewerbe für Freiballons überhaupt aufzugeben. Man hatte über vieles noch nicht gehörig nachgedacht, z. B. über die bei ernsthaftem Bewerb um Geldpreise beizubringenden Beweise der wirklichen, aul einer Dauerfahrt verwandten Zeit usw. Es gingen aber die unglaublichsten Vorschläge zahlreicher Berufsluftschiffer ein. So wollte eine Dame auf einer Kugel sitzend aufsteigen, und ein Herr versprach, sich in einem Kanonenrohr Inkaufnehmen zu lassen. In großer Höhe sollte dann das Kanonenrohr, an einem Fallschirm hängend, vom Ballon losgelöst werden, worauf der Herr sich selbst aus dem Kanonenrohr herausschießen, und an einem besonderen Fallschirm hängend, zur Erde gelangen wollte.

Recht interessant war der Anfang September stattfindende Kongreß. Unter den Vortragenden seien erwähnt Professor Woodward von der St. Louis-Universität, Professor Zahn von der katholischen Universität in Washington und Fabrikbesitzer Ried aus England, welcher über das für uns kein Interesse mehr bietende Thema des Firnissens der Ballonhüllen sprach. Andern von Frankreich herübergekommenen, oben erwähnten Francois-schen Ballon waren mit Leinöllirnis schlechte Erfahrungen gemacht worden ; denn beim Auspacken erwies sich der Ballonstoff, vermutlich infolge des langen Eisenbahntransportes, anscheinend in offener Lowry, teilweise zerstört, in der Kiste stand das Wasser. Um den Ballon wieder tauglich herzustellen, mußte der alle Firnis herausgewaschen und neu gefirnißt werden. Professor Nipher führte ein interessantes, von ihm erfundenes Instrument zum Messen des Winddruckes vor. Die Messung erfolgt mit Zuverlässigkeit durch das Instrument, sobald es vor eine vom Winde getroffene Fläche gebracht wird, dagegen mißt das Instrument in freiströmender Luft, z. B. neben einem fahrenden Zuge, keinerlei Druck. Über den Flug der Vögel und Insekten wurde viel gesprochen. Oberst flapper, Kommandeur der englischen Luftschiffer, berichtete über die neuesten englischen Versuche. Major Baden-Powell machte Mitteilungen über Luflschraubenversuche, u. a. über die günstigen mit einer Schraube, die nur einen einzigen Flügel trägt, gemachten Erfahrungen.

Der Vortragende berichtete hierauf noch über eine Reihe interessanter Beobachtungen und Erfahrungen auf seiner Amerikareise und während seines Aufenthaltes in St. Louis. Erstaunlich erschien auch ihm das für Wetterberichte sich kundgebende öffentliche Interesse. Die Prognose wird stets für das begrenzte Gebiet eines Staates oder eines noch engeren Bezirkes gegeben und erweist sich fast immer als richtig. — Für die Europäer neu ist die Anwendung der Drachen zu Reklamezwecken, über der Ausstellung sah man beständig eine Anzahl Drachen in solcher Höhe schweben, daß man die auf ihren geschickt angebrachten, fast immer horizontal liegenden Flaggen befindlichen Inschriften bequem lesen konnte. Der hierfür benutzte Drachen ist ineist der Eddydrachcn. — Über den für Anfang November angesagten Wettbewerb von Drachen hofft Hauptmann von Tschudi noch auf Grund ihm versprochener Nachrichten später berichten

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zu können. — Auch zu dein Wettbewerb zwischen Flugmaschinen waren nur ganz wenige A~ 'eldungcn eingegangen und Anfang September erst einer dieser Apparate, der von f'ha z, der Besichtigung zugänglich. Demselben wird auf einem ansteigenden Schienengi eise durch ein Kupferseil, das ihn zieht, die Geschwindigkeit eines galoppierenden Pferdes gegeben. Dicht vor dem Ende des Schienengleises stößt sich der Fliegende ab. Nach Erreichung von Haushohe wird die Verbindung mit dem Kabel gelöst, worauf der Apparat eine Strecke weil fliegt und schwebend langsam zu Boden sinkt, stets ohne bei der Rückkehr zur mütterlichen Erde Schaden zu nehmen. Es ist geplant, den Apparat mit einem Motor auszurüsten. Für Flugmaschinenmotoren war auch ein Wettbewerb ausgeschrieben. Dazu hatten Professor Langley, Major Baden-Powell (der auch beim Draehenwetlbewerb mit einem Drachen hervorgetreten sein dürfte) und einige Ander« Apparate angemeldet. Leider war ein von Langley angesagter öOpferdiger Motor, der nur 200 Pfund wiegen sollte, also 4 Pfund pro Pferdekraft, Anfang September noch nicht zur Stelle. Mit einem Motor, der bei einer Leistung von 2 PS nur 12 Pfund wog, will Baden-Powell sich am Wettbewerb beteiligen. Einen minimalen Motor sah der Vortragende auf seiner Bückkehr bei dem Ingenieur Herring in New-York, mit dem er durch den deutschen Berichterstatter Dienstbach bekannt gemacht worden war. Es handelt sich bei der Erfindung dieses ausgezeichneten Flugtechnikers um einen Benzinmotor, der bei einem Gewicht von nur 2 Pfund die Arbeit von Vi PS leistet. Seines leichten Gewichtes halber kann der Motor in der Tasche milge-führt werden. Herring geht hiermit ebenso wie Prof. Langley und die Gebrüder Wright in Ohio in bewußter Weise auf den Einzelllug aus. Es wird auf dem Gebiet in Amerika viel gearbeitet, und es werden bedeutende Hoffnungen auf diese Versuche gesetzt. Herring will mit seinem kleinen Motor schon unbemannte Flüge von einer englischen Meile ausgeführt haben.

Eine interessante Beobachtung machte Hauptmann von Tschudi an den bei der südlichen Lage von St. Louis dort häutig vorkommenden Kolibris, die er anfänglich in ihrem zitternden Schwebellug von Blume zu Blume nicht für Vögel, sondern für Schmetterlinge hielt. Mit dem Flug der Schwärmer hat dieses Naschen an dem Blütenhonig im Fluge in der Tat auffallende Ähnlichkeit. Das Merkwürdigste aher liegt in der hierbei gezeigten Fähigkeit des Kolibris, rückwärts zu fliegen, eine Eigenschaft, die allen andern Vögeln abgehen soll. Auch an einer Art großer Schmetterlinge beobachtete der Vortragende eigentümliche Flugfähigkeiten, die sie vor andern Insekten auszeichnen, nämlich ohne eigenen Flügelschlag unter Benutzung der Windströmung in der Luft zu schweben. Die Winkelstellung der Flügel beträgt dabei etwa 120°. — An den mit größtem Beifall aufgenommenen Vortrag reihte sich die Vorführung einer großen Zahl besonders anschaulicher Bilder von der St. Louis-Ausstellung. In der sich anschließenden Diskussion nahm Hauptmann von Tschudi noch Anlaß, sich der großen Förderurig dankend zu erinnern, welche die Ausstellung der deutschen Luftschiffahrt durch den Herrn Ausstellungskommissar, Geheimen Oberregierungsrat Lewald, erfahren hat. A V.

Münchener Verein für Luftschiffahrt.

In der letzten Sitzung dieses Jahres, am Dienstag den l."L Dezember l'.KW, hielt Herr Professor Dr. C. O. Harz einen interessanten Vortrag «über die bisherigen Ergebnisse der bakteriologischen Untersuchung der freien Atmosphäre». Der Vortragende besprach zuerst kurz die wichtige Rolle der Spaltpilze in der Natur, indem er besonders hervorhob ihre Mitwirkung beim Abbau hochmolekularer Substanzen (z. B. der EiwcißstoflV); hierher gehören die allgemein bekannten Vorgänge der Fäulnis, Vermoderung und Gärung. Auch die Wichtigkeit der Bakterien für die Selbstreinigung der Flüsse wurde betont. Nach Angabe einiger Zahlen, die zeigten, in welch großen Mengen die Bakterien an der Erdoberfläche in Luft- und Wasserproben gefunden wurden, wies der Redner darauf hin, daß die Spaltpilze wegen ihrer glatten Formen nicht he-

sonders geeignet sind zum Sehweben in der Luft. Sie finden aber in den ebenfalls massenhaft vorhandenen feinen Staubteilchen, die ziemlich von der gleicl Größenordnung sind, geeignete Träger, an denen haftend die Keime nun auch . höhere Schichten der Atmosphäre empordringen können.

Zum Fang und zur Zahlbestimmung der Bakterien in der freien Atmosphäre schlug der Vortragende folgenden Weg ein: Ein bestimmtes Volumen der zu untersuchenden Luft wird durch eine bei 170* sterilisierte Glasröhre gesaugt, in der sich als Filter eine Schicht gepulverten trockenen Natriumsulfates befindet, welche die in der durchgesaugten Luftmenge enthaltenen Bakterien zurückhält. Dieser Fangapparat hängt ziemlich tief unter der Gondel an einem etwa 15 m langen Gummischlauch, der gleichzeitig zur Verbindung der Glasröhre mit der Luftpumpe dient. Nach der Fahrt wurde dann das die Bakterien enthaltende Natriumsulfat in sterilem Wasser gelöst und bestimmte Bruchteile dieses Wassers, in dem sich nun die cingefangenen Spaltpilze befanden, mit sterilisierter Nährgelatine angesetzt. Es konnte dann die Zahl der anschießenden Kulturen makroskopisch bestimmt und daraus die Zahl der in der untersuchten Luftprobe vorhanden gewesenen Keime berechnet werden. Herr Prof. Harz hat bisher vier zu Bakterienmessungen dienende Ballonfahrten ausgeführt, davon zwei im Frühjahr und zwei im Herbst. Von den dabei erzielten Besultaten soll hier nur das Wesentlichste mitgeteilt werden, da der Vortragende demnächst einen eingehenden Aufsatz über das Thema in dieser Zeitschrift veröffentlichen will.

Bei der ersten Fahrt (24. März 1903, Führer K. v. Bassus) wurden noch in Höhen von 1500—2000 m erhebliche Mengen von Spaltpilzen gefunden; zu bemerken ist, daß zur Zeit dieser Fahrt eine Periode trockener Witterung herrschte. Bei den folgenden drei Fahrten (22. März 1904, Führer Prof. Heinke; 1. Oktober und 3. November 1904. Führer K. v. Bassus) wurden dagegen bedeutend weniger Bakterien beobachtet. Der Satz, daß die Zahl der Bakterien mit der Höhe abnimmt, läßt sich in der strikten Form danach kaum mehr aufrecht erhalten. Es scheint vielmehr, daß je nach Art ihrer Herkunft bakterienbeladene und bakterienfreie Luftmassen in der Atmosphäre verteilt sind, entsprechend den herrschenden Gleichgewichtsverhältnissen. An den Vortrag schloß sich eine Diskussion, in der namentlich Herr Prof. Finsterwalder nachdrücklich auf die Bedeutung der Bakterienmessungen in der Atmosphäre hinwies und den Verein zur Forlsetzung dieser wichtigen Untersuchungen aufforderte. Denselben Wunsch sprach auch Herr Privatdozent Dr. Emden aus, der an der Hand von Berechnungen zeigte, wie die bisher zur Charakterisierung verschiedener Luftmassen dienenden Konstanten, nämlich potentielle Temperatur und absolute Feuchtigkeit, zum Teil eine auffallende Bestätigung und Erweiterung erfahren durch den Gehalt der betreffenden Luflmassen an Spaltpilzen. Also auch in meteorologischer Beziehung isl diese bakteriologische Untersuchung der freien Atmosphäre von Wichtigkeit.

Darauf schloß der Vorsitzende, Herr Generalmajor Neureuther. diese letzte und interessante Sitzung des Jahres 190L Dr. Otto Babe.

Augsburger Verein für Luftschiffahrt.

Der Augsburger Verein für Luftschiffahrt hat vom 1. Dezember 1904 ab eine «Abteilung München» seines Vereins gebildet. Der Verein halte früher bereits die Abteilungen Begensburg und Kempten gegründet; doch handelt es sich diesen gegenüber hier nur um eine Veranstaltung, welche für die in München wohnenden Mitglieder des Augsburger Vereins Vereinfachung durch Zusammenfassen für einzelne geschäftliche Zwecke schaffen soll. Der Obmann der neuen «Abteilung* hat diese Erklärung gegeben.

Ostdeutscher Verein für Luftschiffahrt.

Die 6. Vereinsversammlung fand am Mittwoch den 23. November 8 Uhr abends

llluslr. Atironaut. Mitteil. IX. Jahrg. 1

im Saale des Hotels «Königlicher Hof» statt. Der Vorsitzende teilte mit. daß sich 8 Herren und eine Dame zum Eintritt in den Verein gemeldet hätten und daß ferner der eigene Ballon des Vereins von der Firma Biedinger in Augsburg am 22. November in Graudenz eingetroffen sei. Der Ballon habe 1400 cbm Inhalt und könne 4. unter Umständen 5 Personen tragen.

Darauf erhielt Hauptmann Wehrle das Wort zu seinem Vortrage «Das Freiballonfahren und die dabei gewonnenen Eindrücke, vorgeführt an zahlreichen Lichtbildern». Der Vortragende schilderte in beredten, launigen Worten die Herzbeklemmungen, die mancher vor der ersten Fahrt habe und ging über auf die angenehmen Enttäuschungen, welche die herrlichen Eindrücke einer Freifahrt hervorrufen. Letztere wurden durch eine wohlgelungene Reihe schöner Wolken- und Geländeaufnahmen illustriert. Der Vortrag wurde mit wohlverdientem Beifall reichlich belohnt.

Der Vorsitzende teilte sodann mit. daß die Absicht bestände, den neuen Ballon demnächst mit flüssiger Luft zu taufen. Er solle, weil hauptsächlich die Opferwilligkeil der Graudenzer Bürger seine Anschaffung ermöglicht hätte, den Namen «Graudenz» erhalten in der Hoffnung, daß andere Slädte Ostdeutschlands diesem Beispiele folgen und das Ballonmaterial des Vereins vermehren. Die Taufe mit flüssiger Luft gehe in der Weise von statten, daß eine Üewar-Flasche, die doppelwandig ist, mit '/» Liter Luft gefüllt an den kleinen Gänsefüßen mittels einer langen Schnur angehängt werde, derart, daß sie in Höhe der Mitte des Korbes hänge. Diese Flasche werde mittels einer zweiten Schnur abseits gezogen und losgelassen, worauf sie gegen den Korb pendelt, bricht und ihren Inhalt auf. die Erde ergießt, von wo die Luft, große Wolken bildend, aufsteigt.

Die eingangs zum Eintritt in den Verein angemeldeten Herren: Se. Exzellenz Generalleutnant Kohlhoff, Rittergutspächter Temme, Frau Moedebeck, Leutnant Neumann, Leutnant Rohde, Leutnant Goebel, Leutnant Westphal. Major Schwierz und Kreisarzt Dr. med. Koßmann wurden als neue Mitglieder aufgenommen. Die Zahl der Vereinsmitglieder beträgt demnach 107 Personen. #

Die städtische Gasdirektion hat in dankenswerter Weise den Hof neben den Gasometern von Bäumen und Gartenzäunen frei gemacht, sodaß ein Ballonaufsticg von dort aus gefahrloser als bisher erfolgen kann. Immerhin hielt der Vorstand des Vereins es für dringend nötig, sicher zu gehen, und er suchte und fand einen geeigneteren Füllplatz in der Nähe der Gasanstalt auf dem Gelände der GUterstadtbahn A. G., deren Direktion in sehr entgegenkommender Weise die Erlaubnis gab, daß das Gasrohr dahin verlegt und Aufstiege von dort stattfinden dürften.

Der Vereinsvorstand stellte darauf einen Antrag an die Stadt Graudenz, worin er um die Leitungslegung bat. Die Stadt hat die Rohre von 120 mm nach einem Beschluß der Gaskommission dem Verein leihweise zur Verfügung gestellt. Die Rohrlegungs-arbeiten von 140 m Länge hat sich der Verein bereit erklärt zu erstatten. Der eigene Vereinsballon von 1400 cbm Größe war Ende Oktober irrtümlicherweise nach Posen anstatt nach Graudenz gesandt worden. Erst auf mehrfache Reklamationen bei der Firma gelang es, diesen Irrtum festzustellen und eine Weiterbeförderung zu veranlassen. So verzögerte sich das Eintreffen des Ballons bis in die letzte Hälfte des November und konnte erst Anfang Dezember daran gedacht werden, die erste Ballonfahrt zu veranstalten.

Bei der Bedeutung, welche der Sitz der Zentrale des Ostdeutschen Vereins für Luftschiffahrt für eine Mittelstadt von nur 33 000 Einwohnern wie Graudenz hat, lag es auf der Hand, diese Auffahrt mit einer gewissen Feierlickkeit von statten gehen zu lassen. Ursprünglich war es geplant, den Ballon mit flüssiger Luft zu laufen. Da aber die Markt- und I.ufthallengesellschaft in Berlin, an die der Vereinsvorstand sich wegen flüssiger Luft gewandt hatte, das Verlangen stellte, daß ihm die Versandgefäße zu einem sehr hohen Preise abgekauft werden müßten, wurde von diesem zeitgemäßen Experiment aus Sparsamkeitsrücksiehten Abstand genommen und der Taufakt mil Ghampagner vollzogen.

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Als Tauftag wurde der 11. Dezember bestimmt. Die Vorbereitung zur Fahrt und die Leitung der Füllung hatten Herr Hauptmann Wehrle und Herr Leutnant Stelling übernommen. Der Füllplatz hat für den Verein die Annehmlichkeit, vollkommen abgeschlossen zu sein. Nur die Vereinsmitglieder und Eingeladenen hatten freien Eintritt. Eingeladen waren der Kommandant von Graudenz, Herr Generalmajor Frhr. v. Falkenstein, sowie der Magistrat und die Stadlverordneten von Graudenz.

An den Fenstern der den Gülerstadtbahnhof einfassenden Häuser, auf den Mauern und Zäunen desselben hatte sich ein zahlreiches Zuschauerpublikum zusammengefunden. Auf dem Gelände selbst, beim Ballon, waren etwa 300—tOO Personen versammelt. Eine Militärmusik konzertierte. Als der Ballon gefüllt war und bei dem ruhig -sonnigen Morgen in seiner ganzen Formenschönheit mit großen Lettern den Namen < Graudenz » allen Eingeladenen plötzlich zukehrte, trat der Vereinsvorsitzende, Major Moedebeck, an das Fahrzeug heran und sprach folgende Worte:

„Hochverehrte Anwesende! Ein bedeutungsvoller und daher denkwürdiger Tag für unseren Ostdeutschen Verein für Luftschiffahrt und für Graudenz hat uns heute hier versammelt! Unser junger Verein hat die Freude, heute, nach einem Bestehen von 6 Monaten, hier seinen schönen eigenen Ballon vor sich zu sehen. Das ist eine Leistung, die uns bisher kein anderer Luftschiffervercin vorgemacht hat. Wir verdanken sie nicht allein der Hingabe und Opferwilligkeit unserer Vereinsmitglieder, sondern auch dem wahrhaft wohlwollenden Entgegenkommen, welches unser Verein bei den militärischen und städtischen Behörden jederzeit gefunden hat.

Für die Stadt Graudenz ist unsere heutige Feier ein Ereignis! Graudenz wird damit eingereiht in die Knotenpunkte des aeronautischen Netzes, welches über Deutschland ausgespannt ist. Unsere Stadt hier stellt sich heute bescheiden, aber würdig an die Seite von Berlin, München, Augsburg, Straßburg i. Eis., Barmen-Elberfeld und Posen.

Unser Luftsport ist zwar in erster Linie ein friedlicher und ein wissenschaftlicher, aber wir dürfen trotzdem nicht vergessen, daß Graudenz auch eine Festung ist. Wenn ich daran erinnere, von welchem Wert die Luftballons ehemals für das belagerte Paris gewesen sind, so tue ich das, um die Bedeutung hervorzuheben, welche eine solche Pflanzstätte aeronautischen Wissens und Könnens, wie unser Verein sie bildet, in ernsten Zeiten dereinst für Graudenz erlangen kann. Unser Verein ist daher auch ein patriotischer Verein, und Sic werden mir zustimmen, daß wir unser heuliges Fest nicht passender, schöner und würdiger einleiten können, als daß wir dabei zu allererst unseres erhabenen Herrschers gedenken, in dessen Allerhöchster Person wir alle Gefühle der Ergebenheit und Liebe für unser deutsches Vaterland vereinigen.'* Nach einem kräftigen rauschenden < Hurrah» auf S. Majestät den Kaiser forderte der Vorsitzende darauf die erste Dame, die den Mut gehabt hatte, dem Verein als Mitglied beizutreten, Frau Rittmeister Wolf-Graudenz, auf, den Taufakt zu vollziehen. Frau Wolf sagte .

„Im Namen des «Ostdeutschen Vereins für Luftschiffahrt» taufe ich Dich «Graudenz». Ich wünsche Dir allezeit und immerdar: Frei Luft, viel Sand, gut Land."

Hell klang das Brechen der an der Gondel zerschellten Ghampagnerllasche. Während nunmehr Herr Hauptmann Wehrle mit Herrn Bankdirektor Strohmann und den Herren Leutnants Dyes und Hanse den Korb bestieg und alles zur Abfahrt fertig gemacht wurde, trug Herr Thilo Kieser folgende an den Ballon gerichtete Ode laut vor: Stolz schwimmt auf dem Strom, Doch Dich trägt die Luft,

Auf dem schimmernden Meer Dich trägt der Wind

Manch Biese und Gnom Über Berg und Kluft

Von Schiffen einher: Wie ein Pfeil geschwind.

So hebe Dich frei Wie Adlersflug, Schweb' wie der Weih Überm Vogclszug.

Aus der Städte Qualm. Aus der Nebel Flor Wie mit klingendem Psalm Trag' sie empor,

Und die sich kühn Dir anvertraun: Relohne ihre Mühn. Malte fern das Graun.

Dorthin, wo jäh

Es dunkelt und flammt.

In der Sonne Näh,

Der die Seele entstammt.

Aus der Wolken Schoß Weit führe sie, weit. Wo hehr und groß Thront Erhabenheit.

Nach frohem Verlauf Steig' wieder herab — — Jetzt kling' es; «Glück auf!» Dann kling' es: «Glück ab!»

Ein lebhaftes Bravorufen lohnte den Dichter. Kurz darauf stieg der Ballon «Graudenz» zum erstenmal majestätisch langsam in die Lüfte. Ein brausendes Hurrah der Zuschauer begleitete ihn.

Die Fahrt ging ruhig und glatt vonstatlen. Die Luftschiffer erreichten eine Durch-»chnittshöhe von 900 Metern. Da die Flugrichtung direkt auf das Frische Haff führte, wurde in der Nähe von Elbing die Landung beschlossen, welche auch etwa + km vom HatT entfernt bei dem Dorfe Ellerswalde in stark coupiertem Terrain um 12 20 mittags vorgenommen wurde. Das außerordentlich klare Wetter hatte den LuftschifTern eine vorzügliche Fernsicht ermöglicht.

Am 19. Dezember, abends 8 Uhr. fand die 7. Vereinsversammlung im «Königlichen Hofe» zu Graudenz statt. Der Saal war voll besetzt. Zunächst lagen 1K Neuanmeldungen zum Eintritt in den Verein vor. während andererseits 1 Herren wegen Versetzung um ihren Austritt gebeten hatten. Bankdirektor Strohmann fesselte sodann die Anwesenden durch die frisch und interessant vorgetragenen Eindrücke seiner ersten Ballonfahrt von Graudenz nach Ellerswalde am 11. Dezember d. Js. Er hob hervor, welchen wunderbaren Einblick man in die Kultur- und Verwaltungsverhällnisse der Heimat gewänne: er betonte, wie mancher viel Geld ausgäbe, um nach mühseligem Klettern im Gebirge eine einzige schöne Aussicht zu sehen, während der Ballonsport ohne Mühe und Anstrengung ein forldauernd wechselndes, vielseitiges und großartiges Panorama biete. Die Fahrt endete im Nogatdelta nicht weit vom frischen Haff. Die Bauern der Gegend waren sehr hilfsbereit und bescheiden.

Bei der anschließenden öffentlichen Verlosung zu 2 Freifahrten wurden folgende Herren gezogen: Herr Hauptmann Baila. Herr Hauptmann Feldt, Herr Leutnant Bächer. Herr Leutnant v. Alten, Herr Oberlehrer Riebold, Herr Leutnant Schulemann. Herr I. Bürgermeister Kühnast.

Herr Kieser schenkte dem Verein die von ihm gerlichtete Ballon-Ode in geschmackvoller Umrahmung. Herr v. Symonowicz schenkte 1 Bilder, die er von der Taufe des Vereinsballons aufgenommen hatte. Beiden Herren sprach der Vorsitzende, Major Moedebeck, den Dank des Vereins aus. Im geschäftlichen Teil stellte Herr Strohmann den Antrag, bei der Stadt Graudenz, die an dem Aufblühen und Gedeihen ein besonderes Interesse haben müsse, um eine Subvention in Höhe von 1000 Mark einzukommen. Der Vorschlag wurde angenommen. Der Vorsitzende berichtete über den im Reichsgesetzblatt Nr. öO verordneten Zusatz zur Militäreisenhahnordnung und teilte mit, daß der Vorstand mit Erfolg Schritte getan habe, um die daraus für den Verein sich ergebenden Prärogative auszunutzen. Es sei dies der erste Vorteil, der dem Verein aus seiner Zugehörigkeit zum Deutschen Luftscluffervcrbande erwachse. Sodann besprach der Vorsitzende die in Leipzig am 1. Dezember stattgefundene Beratung des Vorstandes des Deutschen Luftschifferverbandes. Die Beschaffung von löO Exemplaren des Jahrbuches wurde einstimmig jlfiH'limi^i

Als neue Mitglieder wurden aufgenommen: Frau Hauptmann Bcnsig, Herr Ober-

leulnant Böniseh, Herr Schroedcr, Direktor der Danzigcr Privataktien-Bank, Herr Kaufmann Gericke, Herr Stabsarzt Dr. Härtel, Frl. Prusse, Herr Leutnant Zundaris, Herr Administrator Neumann in Sarnau, Herr Direktor Sterz, Herr Gutsbesitzer Duckstein-Nitzwalde, Herr Leutnant FliegeI (Ernst). Herr Leutnant Konrad, Herr Leutnant KUhns, Herr Bechtsanwalt Bosenkranz in Mewe, Herr Fabrikbesitzer Falk, Herr Leutnant Bibbentrop, Frl. Benkhoff, Herr Kaufmann Liebert (Gotthilf.} #

Wiener Flugtechnischer Verein.

Im Wiener Flofteehnisehen Verein wurde die Bildung eines «Wissenschaftlichen Studienkomitees» beschlossen und in der letzten Generalversammlung widmete der Verein einen Beitrag von 500 Kronen, welche zunächst als talsächliche Anerkennung der Bestrebungen des Komitees moralische Wirkung äußern sollen. Als ersten Punkt seines Programms beschloß das Komitee, die Schaffung einer Versuchsanstalt für Drachen in ihrer Anwendung für wissenschaftliche und praktische Zwecke ins Auge zu fassen. Neben diesen Drachenforschungen soll auch an den Bau und die Erprobung von rein flugtechnischen Apparaten gegangen werden. Bis jetzt soll sich in den Fachkreisen schon reges Interesse für die Bestrebungen des Studienkomitees gezeigt haben und darf dieses wie jede auf praktische Erprobungen gerichtete Tätigkeit auf flugtechnischem Gebiet gewiß aufs wärmste begrüßt werden.

Isl durch diese Schöpfung Gelegenheit geboten, die verschiedenen, allerorts auftauchenden einschlägigen Ideen und Projekte auf ihren Wert zu prüfen, was ja meist an dem Fehlen materieller Mittel und nicht zum geringsten Teil auch an dem Mangel wissenschaftlich-technischer Vorbildung der Erlinder und ihres nächsten Verkehrskreises zu scheitern pflegt, so ist damit schon bedeutendes erreicht. Das nachstehende Programm bewegt sich in dieser Bichtung.

Programm des wissenschaftlichen Studienkomitees. Der Ausschuß des Wiener Flugtechnischen Vereines hat gemäß § 3 al. r der Statuten ein wissenschaftliches Studicn-komilee eingesetzt, dessen Zweck die Durchführung von grundlegenden flugtechnischen Forschungsarbeiten ist.

Das Komitee stellt sich zunächst die Aufgabe, durch möglichst eingehende und sorgfältige experimentelle Prüfung von geeigneten Entwürfen eine sichere Basis zu schaffen für die rationelle Wertung der Leistungsfähigkeit verschiedener dynamischer Flugschiffe. .

Ganz unabhängig davon, ob eine der geprüften speziellen Konstruktionen sich sofort als völlig flugfähig erweisen sollte oder nicht, werden die erhaltenen quantitativen Daten dennoch einen außerordentlich hohen Wert besitzen, falls die Flugfähigkeit (wie dies stets geschehen soll; als Funktion der charakteristischen Dimensionen des Apparates (Gesamtgewicht; Größe, Gewicht, Form und Beschaffenheit der Tragfläche; Leistungsfähigkeit, Betriebsdauer und Gewicht des Motors; Stirnwiderstand der Tragflächen und des Bumpfes; Wirkungsgrad des Propellers usw.) angegeben wird; denn man gewinnt dadurch eben einen rationellen Maßstab für die Vergleichung der Leistungsfähigkeit verschiedener Fliegertypen.

Die Prüfung der durchgeführten Entwürfe soll sich jedoch nicht bloß auf die Bestimmung der Flugfähigkeit erstrecken, sondern auch auf die Untersuchung der Stabilität in longitudinaler und transversaler Bichtung und der entsprechenden Steuervorrichtungen, und zwar sowohl in ruhiger wie auch in bewegter Luft; ferner sollen die Gewichtsund Festigkeitsverhältnissc der einzelnen Konstruktionselemente jedes Entwurfes eingehend untersucht werden, ebenso die Eigenschaften des in Verwendung kommenden Motors.

Neben der Prüfung von vollständigen dynamischen Apparaten, welche die gefahrlose und zielsichere Fortbewegung wenigstens eines Menschen durch die Luft ermöglichen sollen, fallen in das Arbeitsprogramm des wissenschaftlichen Studienkomitees auch alle Detailuntersuchungen über den Wirkungsgrad verschiedener Tragllächenkonstruklionen

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(Druckrichtung und Druckgröße bei ebenen und gewölbten Flächen), den Nutzeffekt von Propellern, die Leistungsfähigkeit verschiedener dynamischer Auflriebsapparate und Motore; ferner experimentelle Studien über das Gleitvermögen, die Stabiiitätsverhältnisse und Steuervorrichtungen konkreter Gleitapparate und den Wirkungsgrad verschiedener Drachentypen in ihrer Anwendung für praktische und wissenschaftliche Zwecke.

Auch bei diesen Untersuchungen soll es sich in erster Linie stets darum handeln, möglichst zuverlässige quantitative Daten zu erhalten, welche eine sichere Grundlage für weitere theoretische und praktische Forschungen bilden können.

Behufs Realisierung der gestellten Aufgabe ist das Komitee bestrebt, einen Experimentierfond zu beschaffen. Für denselben ist zunächst eine Summe von K. 20000 in Aussicht genommen.

Zur Aufbringung dieses Betrages soll ein entsprechender Aufruf ergehen, der sich zunächst an die intimeren Freunde der Luftschiffahrt richtet, dann aber auch an alle Schätzer der Wissenschaft und des Fortschrittes.

Abgesehen von der Frage nach der praktischen Verwertbarkeit müßte ja die endliche Realisierung des dynamischen Fluges den größten Triumphen des Menschengeistes zugezählt werden. Wie bei anderen wissenschaftlichen Problemen sollte man deshalb auch bei dem Problem des Fluges mittels eines dynamischen Flugschiffcs eigentlich in erster Linie gar nicht nach dem praktischen Erfindungswert fragen, da es sich doch vor allen um den ideellen Wert handelt, den die Schaffung eines Flugschiffes in Hinsicht auf die kulturelle Entwicklung der Menschheil besitzen würde. Dieser Kullurwert des Flugproblems ist nun ohne Zweifel ein außerordentlich hoher; denn die praktische Lösung der Flugfrage bedeutet ja doch die endliche völlige Eroberung unseres Planeten.

Die Gründung des wissenschaftlichen Sludienkomitees soll den Wiener Flugtechnischen Verein, der seit seiner Gründung sich stets in hervorragender Weise gerade mit der dynamischen Luftschiffahrt befaßt und darin auch viel Wertvolles bereits geschaffen hat, in die Lage versetzen, sich in Zukunft in noch höherem Maße, als dies bisher der Fall sein konnte, auch an der experimentellen Weiterentwicklung der Flugtechnik aktiv zu beteiligen.

Ein Lebenszeichen hat das Komitee bereits durch Herausgabe einer kleinen Schrift über Schaffung eines aeronautischen Observatoriums gegeben is. Bibliographie}.

Aeronautique-Club de France.

/('ommitiiii/ui: nfficiel.)

Le Comite de üirection de I'« Aeronautique-Club de France» s'cst reuni le 7 novembre soir au siege nie .1.-J.Rousseau ä Paris sous la presidenee de M. Sauniere. II a prononce les admissions de Madame Sauniere et de Maoame Surcouf, presentees par M. Cailletet membre de rinstitut et M. le commandant Renard, coinnie rnembres associees, et le Comite adresse ses respectueuses f6licitations ä ccs dames, qui sont les premicres ä profiter de la decision prise par la dernicre assemblee generale, il espere que leur exemple sera suivi et que bientöt r«Aeronautique-Club de France» groupera toutes les gracieuses ferventes de racroslation. Sont aussi aeceplees les admissions comme rnembres associes de M. Garanger et de M. Jacques Balsan, presentees par M. le commandant Hirschauer et M. Surcouf.

Des remerciements sont adresses ä la Compagnie du Gaz de Rueil qui ofTre au Club 500 metres de gaz pour la feie du gaz fixee au 4 decembre, ü celte occasion le Club organisera plusieurs deparls de ballons avec rallie cycliste et automobile.

Le president communique le programme du concours organise par l'Acro-Club 1«; 4 decembre et Foffre faite par cette societö de 500 metres de gaz. Les 500 metres aecor-des par la C'" de Rueil sont donnes ;i TAero-Club pour l'organisation de son concours.

Le programme des canscries pour 1905 est arrete et des remerciements sont adresses aux professeurs.

Le Comite de Direction a constitue ainsi son bureau:

President: M. Sauniere: Vice-prdsidents: MM. Bacon, Pielri, Lacbambre;

Secretaire general: M. Sellier; Secretaire adjoint: M. Ribeyre; Tresorier

general: M. Gritte: Tresorier adjoint: M. Cormier; Membres: MM. Maison

Mottart, Brett.

Les eleves de l'Ecole preparatoire aux ae>ostiers militaire fond6e par Y* Aeronautique-Club de France», dont les noms suivent, ont ete affectes au Rataillon d'aerostiers ä Versailles: MM, Dieu, Venard, Sacerdote, Cruppi, Fourreau, Levindrey, Drouelle, Humbert. Guillard, Picot M., Pinon, Lemoine, Masson, Perrot, Farge de la Section de Paria et Tonni, Manent, Carre et Theolier de la Section de Lyon.

Le 21 octobre dernier a eu lieu ä la mairie du Xe arrondissement Fasse mblee generale de l'A.-C. F. sous la presidence de M. le commandant P. Renard.

Les soixante-quatorze admissions de l'annee ont ete ratiliees: leur grand nombre indique suffisammenl le succes obtenu pendant l'annee ecoulee.

Sur proposition du Comite, l'assemblee a adopte un article additionnel aux Statuts admettant les dames ä tous les titres de membres du club. C'est la premiere fois en France qu'une societe aerunaulique aeeepte les dames; leur presence encouragera cerlainement les hesitants et servira considerablement les interöts de Faerostalion au point de vue de la vulgarisation de ce sport.

M. Grille, tresorier. a donne lecture de son rapport qui lui a valu les felicitations de l'assemblee. Les chiffres indiques ont constate la progression constante des recettes et la Situation prospere de la caisse, en effet les recettes qui etaient de 0000 fr. en 1903 ont ete de 8600 fr. en 1904.

M. Sauniere a ensuite presente les progres du club pendant l'annee ecoulee. Iis concernent notamment:

L Organisation du siege social; la creation d'une bibliotlieque avec salles de lecture, les diners trimestriels; le perfectionnement de Fenseignement aeronautique: le choix des professeurs; Paugmentation du nombre d'ascensions auxquelles tous les membres sont admis ä prendre part gratuitement; Facbat d'un nouveau materiel mis ä la disposition des membres et la reduetion a 0 fr. 12 du prix du gaz; la creation d'un parc, etc.

Le president a ensuite remis les medaillcs aecordees par le Comite ä Foccasion du rallie-ballon et du concours de photographies.

M. le commandant Renard prenant alors la parole, a rappele combien l'aerostation devenait de plus en plus scientilique et a felicile la societe des efforts qu'elle tentait en ce sens. II a termine en assurant qu'il se proposait de prendre une part active aux travaux du club.

M. Sauniere, pr6sidcnt de l'A.-C. F., a remcrci6 M. le commandant Renard de sa bienveillante sollicitude que la societe s'efforcera de m^riter.

Apres election de MM. V. Lacbambre, Ribey, Sellier. Mottart et Rrett comme membres du Comite, la seance est levee a onze heures.

Der »Aeronautique-Club de France», Societe de vulgarisation scientifique, fondee en 1897, hat sein «Programm des causeries» für 1905 herausgegeben. Vom 7. Dezember 1904 ab bis 21. Juni 1905 folgen an 9 Abenden (stets Mittwoch 8'/t Uhr) gemeinschaftliche Vortrüge und Besprechungen über den Ballon: technische Ausdrücke, Auftrieb, Vertikalbewegung, Aufhebung des Gleichgewichts. Ballastverwendung, Ballonet-wirkung — Luftschiffahrt — Ballonbau, Füllung, Aufstieg und Landung — Militär-Luftschiffahrt in Frankreich und auswärts — Gase, die in der Luftschiffahrt angewendet werden — Ballonphntographie — Allgemeine und in der Luftschiffahrt angewendete Meteorologie. — Hieran schließen sich im Juli bis September noch 3 Abende für verschiedenes.

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Zu diesen Belehrungsveranslaltungen haben nur Klubmitglieder Zutritt. Für die Schüler der Vorbereitungsanstalt, welche der Klub gegründet hat, ist ein besonderer Kurs eingerichtet. Außerdem ist noch für Unterweisung in Handfertigkeit (Knüpfungen im Tauwerk), Anwohnong bei Füllungen, gesorgt.

Die Lehrkräfte sind Ingenieure Surcouf, Renard, Pi6tri, Espitallier, Boulade, Dau-bert, lauter praktisch erprobte Kräfte.

Durch einen Zusatz zu den Satzungen des Klubs wird den mit Klubmitgliedcrn verwandten Damen gleiches Becht und gleiche Obliegenheit mit diesen zugesprochen. Dem Vorstand können sie jedoch nicht angehören. Sie reihen sich in die Aufstiegsliste wie andere Mitglieder ein, dürfen aber nur in Begleitung eines der vorgeschlagenen Mitglieder fahren. Ihre Beihenfolge wird nach vor- oder rückwärts so versetzt, daß dieser Bedingung entsprochen ist.

Interessant ist die Mitteilung, daß der Leuchtgaspreis für Füllungen im Luftschifferpark zu Bueil auf 0,12 fr. gesetzt ist, unter der Bedingung, daß die Ballons nur Mitglieder tragen, welche mindestens ein Jahr dem Klub angehören und von einem geprüften Führer des Klubs geleitel werden. Zwei Tage vor der Fahrt meldet der Führer den Inhalt des zu benutzenden Ballons und die Namen der Mitfahrer beim Präsidenten an, zahlt im Park 0,15 fr. per metre. Die Differenz von 0.03 fr. wird durch den Schatzmeister ihm gegen Vorweis der Gas-Kompagnie, gezeichnet durch das Komilee, rückvergütet. K. N.

An unsere Leser und Leserinnen.

Zu meinem großen Bedauern hat sich mit der Zeit ergeben, daß die Handhabung der Leitung der «Illustr. Aer. Mitteilungen * gegenwärtig Anforderungen an den Chef-Redakteur stellt, wie sie sich meiner persönlichen Veranlagung nach nicht mit der Pflege meiner Gesundheit in Einklang bringen lassen. Nachdem es gelungen ist, in Herrn Dr. A. de Quervain, Sekretär der Internat. Kommission für wissenschaftliche Luftschiffahrt in Straßburg i. E., einen Ersatz zu finden, wodurch eine elastische jüngere Kraft die Leitung der Zeitschrift antritt, so glaube ich, daß auch für fernerhin das Blühen und Gedeihen der Illustr. Aer. Mitteilungen, wie ich es von Herzen wünsche, nach Möglichkeit und menschlichem Ermessen auf sichern Boden gestellt ist. Indem ich allen Mitarbeitern, ständigen wie gelegentlich tätigen im Namen der Redaktion für ihre sachgemäße Unterstützung bestens danke, trete ich selbst wieder in ihre Reihen ein und verabschiede mich nur in meiner Eigenschaft als Chef-Redakteur von ihnen wie auch von den geehrten Lesern und Leserinnen mit beslem Segenswunsch für das neu angebrochene Jahr und für die folgenden Zeiten. K. Neureuther.

Die Redaktion hall sich nicht für verantwortlich für den wissenschaftlichen Inhalt der mit Namen versehenen Artikel.

Alle Rechte vorbehalten; teilweise Auszüge nur mit Quellenangabe gestattet.

Die Redaktion.

Dllustrierte aeronautische Mitteilungen.

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IX. Jahrgang.

** Februar 1905. im- 2. Heft.

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An die Leser.

Mit dieser Monatsnummer geht die Chefredaktion der «Illustrierten Aeronautischen Mitteilungen», die bisher in so umfassender und erfolgreicher Weise von Herrn Generalmajor K. Neureuther versehen worden ist, an den Unterzeichneten über. Erfreulicherweise verbleibt der bisherige Chefredakteur auch fernerhin in der weiteren Redaktion. Es geschieht gewiß im Namen aller Leser, wenn ich ihm für seine großen Bemühungen um das Gedeihen der Zeitschrift hier den besten Dank ausspreche.

Mit dem Wechsel in der Chefredaktion ist keinerlei Änderung prinzipieller Art verbunden. Die Redaktion wird es sich nach wie vor angelegen sein lassen, den verschiedenartigen Aufgaben der Zeitschrift zur Befriedigung der Leser gerecht zu werden. Ich spreche die zuversichtliche Erwartung aus, mich hierin von alten und neuen, ständigen oder gelegentlichen Mitarbeitern kräftig unterstützt zu sehen.

Straßburg i. E., Januar 1905.

A. de Quervain.

Aeronautik.

Die Luftschiffahrt auf der Weltausstellung in St. Louis 1904.

Ii.

Das wichtigste aeronautische Ereignis der Ausstellung war unter den vorher geschilderten Umständen der fünfte internationale aeronautische Kongreß. Zwar liel derselbe gleichfalls sehr verschieden aus von der zeitweilig erhofften triumphierenden wissenschaftlichen Ausbeutung glänzender praktischer Wettbewerberesultate: doch indem er einigen Forschern ersten Ranges Gelegenheit bot, mit den Resultaten neuartiger Arbeiten gerade jetzt an die weitere Öffentlichkeit zu treten, wurde er zu einem Ereignis von historischer Bedeutung. Als gewissermaßen erster Vertreter der ausschließlich wissenschaftlichen aeronautischen Forschung erschien Professor Dr. Albert Francis Zahm von der physikalischen Fakultät der katholischen Universität der Vereinigten Staaten zu Washington mit einer epochemachenden Entdeckung. Günstige Umstände setzten ihn vor Jahren in den Besitz eines speziell für ihn erbauten und mit allem Nötigen aufs beste versehenen aeronautischen Laboratoriums. Schon als Student hatte er sich der Er-

»»»» 34 ♦€««*

Professor Dr. A F. Zahm.

forschung des Luftwiderstandes zugewandt, zunächst in bezug auf einen praktischen Zweck: zur Bestimmung der Hemmung abgeschossener Projektile.

Mit ungewöhnlicher geistiger Schärfe hatte er eine Methode ersonnen, die auf photographischem Wege eine früher un-^« erreichte Genauigkeit der Messung ge-

stattete. Diese Untersuchungen wurden seine «Doktorarbeit». Nun geschah es, daß ein energischer Erlinder mit großen e,' Plänen eine kapitalkräftige Gesellschaft

^L. ^ zusammen brachte, um eine Riesenflug-

<flH maschine, die auf eine uran/. unerhörte

<S Geschwindigkeit berechnet war, zu bauen.

^^^^ Dieselbe war mit fast völliger Vermei-

dung des Stirnwiderstands» so entworfen, daß den Tragflächen eine gewisse Dicke erteilt wurde, die es gestattete, nicht nur die meisten stützenden und versteifenden Konstruktionsteile, sondern auch einen guten Teil des Mechanismus in ihnen selber unterzubringen. Die Pfosten, welche die übereinander geordneten Riesentragflächen verbinden sollten, waren äußerst schmal und scharf, aber von einer reichliche Festigkeit sichernden Tiefenausdehnung geplant. Äußerst originell waren die Propeller, keine Schrauben, sondern horizontale Schaufelräder, die einfach einen kreisförmigen drehbaren Abschnitt der Tragfläche selber vorstellten, der auf seinem ganzen Umfang mit senkrecht stehenden Schaufelflächen besetzt war. Die Schaufeln wurden durch im Innern des erwähnten Kreises befindliche Maschinerie abwechselnd umgelegt und wieder aufgestellt und so kam die Pro|>ellerwirkun^ zustande. Verfasser sah in Professor Zahms Laboratorium Modelle von dieser Anordnung, bei denen auch die eigenartige, au» einem engen Gitterwerk dünnster Holzleistchen bestehende innere Struktur der Trayfliichen gut zu erkennen war. Mit dem Plan dieser Maschine im Kopf und einer Einführung von Ingenieur 0. Chanute in der Hand kam dieser Krlinder, Mr. Hugo Mattulath, zu Professor Zahm. Nun wurde baldigst mit den fast unbegrenzten Mitteln der Gesellschaft ein Laboratorium gebaut und Professor Zahm stellte sein Geschick und seinen Scharfsinn in den Dienst der eingehendsten Untersuchungen über die Richtigkeit der Mattulathschen Berechnungen. Bei diesem war die Beseitigung des Stirnwiderstands (die, wie auch seine Neutralisierung durch Anwendung zweckmäßig gewölbter Flächen, Verfasser schon lange als das eigentliche «Geheimnis des Erfolges» in der Flugtechnik bezeichnete) mit einem enormen Betrag an Luftreibung bezahlt worden, weil Mattulath, wie bisher alle Flugtechniker ohne jede Ausnahme, glaubte, der Effekt der Luftreibung sei zu

gering, um in Betracht zu kommen. Professor Zahm fand es immerhin von Wert, zunächst einmal einige wirkliche Experimente über die Größe dieses Effekts anzustellen. Im Laboratorium erbaute er einen «Windtunnel», einen langen viereckigen Korridor, in welchem ein Mann aufrecht stehen kann, und versah ihn am einen Ende mit einem großen Schraubenventilator, kräftigem Elektromotor und der delikatesten Meß- und Kontrollvorrichtung für dessen Leistungen. Sodann entwarf er einen neuen Meßapparat für die Windgeschwindigkeit und den Winddruck, verwandte die besten bekannten Anemometer zum Vergleich und prüfte deren Angaben wiederum an der Geschwindigkeit, mit welcher ein Kinderballon vor dem vom Ventilator

Laboratorium von Professor Zahm.

eingesaugten Luftstrom durch den Tunnel geführt wurde. Das eigentümliche Geschick Professor Zahms (welcher den Verfasser in vieler Hinsicht an Mr. A. M. Herring erinnert) wird gut durch die Art charakterisiert, auf welche er diese letztere Methode einwandfrei machte: Er warf diesen Kinderballon mit der Hand mit aller Gewalt gegen ruhige Luft und maß die Entfernung, in welcher deren Widerstand denselben zu völliger Ruhe gebracht hatte. Dann begann er seine Messung im Windtunnel erst von dem Punkte an, wo der Wind den Ballon schon um die gleiche Strecke mit sich geführt hatte, und es mehr als anzunehmen war, daß er von da ab die genaue Windgeschwindigkeit angenommen habe. Als alle Apparate fertiggestellt und wohlerprobt waren, wurden größere Flächen dem Luftstrom im Tunnel in der Weise ausgesetzt, daß nur die Luftreibung parallel zu ihrer Ebene auf dieselben wirken konnte. Und siehe da — es stellte sich heraus, daß selbst bei der denkbar glattesten Fläche die Wirkung dieser Reibung außer allem Verhältnis größer war, als man je geahnt hatte. Umgekehrt war eine sehr merkliche Rauheit erforderlich, um ihn meßbar zu

vergrößern, woraus hervorgeht, daß die Reibung nicht sowohl zwischen Fläche und Luft, als zwischen Luft und Luft statt hat, nämlich zwischen der freien Luft und jener, die an der Fläche bei ihrer Bewegung mehr oder weniger hängen bleibt und mitgenommen wird. Also selbst bei der Reibung kommt eine gewisse Wirkung in die Ferne» in Betracht. (Vergl. Herrings Schraubentheorie.)

Wie gewöhnlich in solchen Fällen muß man sich angesichts der bewiesenen Tatsache nur wundern, warum die nur allzu merkliche Reibung von Gasen an den Wänden von Leitungsröhren nicht schon längst solche Untersuchungen veranlaßt hat. Verfasser hörte seitdem eine beherzigenswerte Ansicht eines geschickten Experimentators. Mr. A.M. Herring stellte vor zwei Jahren seinerseits nochmals Privatunfcrsuohungen über Luftwiderstand an. Deren originelle feine Art zu beschreiben, würde hier zu weit führen und gut den Gegenstand eines besonderen Artikels bilden. Herring erklärte jedoch, es sei ihm nach Professor Zahms Mitteilungen klar geworden, daß das dabei beobachtete Zurückfallen der Richtung des Luftwiderstands hinter die Nonnale bei ebenen Flächen von Reibung herrühre. (Vergl. Lilienthal.) Kr gestattete sich dann eine unbedeutende Kritik von Zahms Methode: Infolge des Einsaugens der Luft sei diese im Windtunnel um ein sehr geringes verdünnt. Auf die Reibung habe dies insofern einen merklichen Einfluß, als die Dichtigkeit der Luft in erster Linie deren 'Zähigkeit» beeinflusst und von jener Zähigkeit das Mali der Reibung ganz besonders abhänge. St) wachse im natürlichen Wind die Reibung wahrscheinlich nicht, wie Zahm fand, im Verhältnis von v,H"\ sondern von v-, während der eigentliche Flächenwiderstand dann schneller wachse als mit v- (v — Geschwindigkeit), was sich daraus erkläre, daß der Wind seine Geschwindigkeit so rastlos ändere, daß das Mittel aus dein Effekt der einzelnen Geschwindigkeiten beträchtlich größer ausfalle, als der Effekt des Mittels der Geschwindigkeiten. — Es ist hier nicht möglich, auf alle die feinen Abtönungen der Methode einzugehen, mit welchen Professor Zahm bestrebt war, alle erdenklichen Fehlerquellen zu beseitigen, zum Beispiel auf die geschickte Art, auf welche die Flächen nahezu mathematisch eben erhalten wurden etc. Er fand auch, daß mit der zunehmenden Länge der reibenden Flächen die Reibung auf dem einzelnen Flächenelement abnehme.

Die Formel für die Reibung (für deren Ableitung es hier an Raum fehlt) lautete schließlich:

R ~ 0,fMK)OlöH l-o°" v'*-\

R = Mittel der Reibung auf je einen (Juadratfuß Oberfläche in Pfund. 1 = Länge der Oberfläche in der Windrichtung in Fuß. v = Geschwindigkeit in Meilen per Stunde.

(Alles amerikanische Maße.) Ist die Fläche von variabler Länge, so kann sie, sagt Professor Zahm, in Längsstreifen zerlegt werden, wo dann der Reibungseffekt auf einen jeden Streifen gleich ist dem Produkt aus der Oberfläche des Streifens mit dem

Reibungsmittel seiner individuellen Länge multipliziert. — Es ist leicht zu verstehen, daß bei entsprechender Berücksichtigung der Reibung alle bisherigen Widerstandsdefinitionen eine Korrektion erfordern, weil sie in Wirklichkeit ja keinen einheitlichen Vorgang ausdrücken, sondern die Kombination von zwei Vorgängen, von denen ein jeder seinen eignen Gesetzen folgt.

Das überraschendste praktische Resultat der Zahm sehen Forschungen ist schließlich die Erklärung, warum fischformige Körjwr, wie damals der erste lenkbare Ballon «La France», günstigere Luftwiderstandsverhällnisse aufweisen, als symmetrische: weil beim selben Querschnitt und Reduktions-koeflizienten soviel Reibung wegfallt. Professor Zahm hat im Windtunnel den Widerstand von vielerlei auto-ballonförmigen, aus Holz gearbeiteten Spindeln direkt gemessen, desgleichen jenen von Flugmaschinenteilen von verschiedenen Querschnitten.

Prof. Zahms fesselnder Vortrag über alle diese Forschungen und Resultate war da freilich die Sensation des aeronautischen Kongresses. Er wirkte umsomehr, als er durch einen andern Vortrag von Professor Francis E. Nipher von St. Louis aufs glücklichste ergänzt wurde.

Dieser letztere drehte sich allerdings hauptsächlich nur um einen Winddruckmesser, aber um einen Winddruckmesser von erstaunlichen Konsequenzen. Im Prinzip ist dieser so einfach wie denkbar: eine offene Röhre nimmt an irgend einem gewünschten Punkt den infolge des Windanpralls dort herrschenden Luftdruck auf und leitet ihn zu einem sensitiven Manometer. Jedoch durch eine sehr geschickte Methode, durch Münden dieser Röhre in den Spalt zwischen zwei dicht beisammen befindlichen parallelen kreisrunden, dünnen Scheiben mit scharfer Schneide, der wiederum durch verschiedene gleichfalls kreisrunde Lagen von Drahtgewehe, die noch über die Scheiben hinausreichen, völlig ausgefüllt ist, jede Art von dynamischer Windwirkung völlig zu eliminieren und lediglich dem resultierenden statischen Druck den Eintritt zu gestatten, wird dieser Apparat geeignet, die Druckverteilung auf den Rumpf eines Autoballons oder einer Tragefläche bezw. den auf jedem einzelnen Punkt der Oberfläche herrschenden Druck genau zu messen. Wenn einst diese Methode auf eine Langleysche oder v. Lösslsche Versuchsfläche angewandt und zugleich der mit der Druekverteilung wechselnde Reibungseffekt genau bestimmt und definiert wurde, dann dürfen wir endlich sagen: die Aerodynamik ist eine exakte Wissenschaft. Professor Nipher fand bisher durch seinen Apparat, daß der Winddruek auf irgend eine Oberfläche alles andere als gleichmäßig verteilt ist. Bei normal exponierter Fläche nimmt derselbe sehr merklich nach den Rändern zu ab, in geringerem Grad aber auch gerade im Mittelpunkt.

Auf der Rückseite herrscht der größte Druck jedoch im Mittelpunkt, was alles in interessanter Beziehung zu der Ahlbornschen Sichtbarmachung der Stromlinien (auf deren Bedeutung Verfasser bei dem Kongreß Gelegenheit hatte, hinzuweisen) zu stehen scheint. Professor Nipher machte seine

Untersuchungen für bautechnische Zwecke. Kr fand unter anderem, daü ein sciiiefes Dach (vergl. die Analogie einer gewölbten Tragefläche) durch den Wind, statt nach unten gedrückt zu werden, nach oben abgehoben zu werden strebt. Im Hohlraum unter dem Dach sammelt sich der Maximaldruck des ankommenden Windes, wie er sich auf das ihm zunächst liegende untere Dachende allerdings stark bemerklich macht. Gegen die First zu nimmt aber nach den von Samuel söhn so nachdrücklich betonten Regeln der Druckverteilung dieser Dunk rapide ab und über der First herrscht eine intensive Saugwirkung, die, mit dem starken Sammeldruck im Hohlraum

verbunden, schon manches Dach im Sturm glatt weggetragen hat. Man wird hier an die eingangs erwähnte Chanutesche neueste Trageflächenform erinnert.

Alles, was sonst auf dem Kongrell vorging, kann in aller Kürze berührt werden. Colone] Capper, vom englischen Ballonkorps, Major Baden-Powell, Präsident der Aeronautical Society, und Hauptmann v. Tschudi erzählten je in interessanter Weise über aeronautische Vorgänge in England und Deutschland. Mr. Willard Smith gab von seinem (als Präsident des Wettbewerbes begreiflicherweise parteiischen (Standpunkt einen Überblick der enttäuschenden Schicksale dieses Unternehmens und versprach besseres in der nächsten Zukunft. Ingenieur 0. Chanute führte seine in den Aeronautical Annuals von 189(i und 1897 enthaltenen Abhandlungen über den Segelflug der Vögel weiter aus. Ein Mr. Reid aus England hielt einen sorgfältig vorbereiteten und wertvollen Vortrag über die verschiedenen Methoden, Ballons zu firnissen oder anderweitig zu dichten, von dem sehr bedauert werden muH, dall er nicht veröffentlicht ist. Es wurde eine Abhandlung über den Vorzug gewölbter Flächen verlesen. Verfasser war in der Lage, eine der Ahlbornschen Photographien, jene, welche zeigt, wie sich zwei übereinander geordnete gewölbte Flächen gegenseitig beeinflussen, als frappierendes Beispiel für den Nutzen der Flächenwölbung zu bezeichnen, was jedenfalls die Aufmerksamkeit sehr auf diese Photographien, die in Zirkulation gesetzt wurden, hinlenkte.

Hauptmann

w. Tschudi.

Korrespondent der „III. A. ■." K. Dienstbach.

»•>» 39 «444

Dies wären im ganzen die wichtigsten aeronautischen Vorgänge in St. Louis.

Es erübrigt sich noch, einiges nachzuholen. Eine Beschreibung der sehr ins Auge fallenden und fraglos Deutschland als erstes Luftschifferland der Welt hinstellenden Ausstellung unserer Vereine im Transportationsgebäude wurde schon von anderer Seite gegeben; so braucht Verfasser nur auf die treffende photographische Aufnahme hinzuweisen, die es ihm gelang, noch in letzter Stunde, als leider der «Zahn der Zeit» bereits z. B. an Professor Finster walders hübschen Ballonmodellen zu nagen begann, zu erhalten. Von Professor C. M. Wood ward von St. Louis, den er kürzlich auf den Kongreß der «American Association fer the advancement of science» zu Philadelphia (einer freundlichen Einladung, vor dessen Ingenicursektion einen Vortrag über «the lines of progress in Aeronautics» zu halten, folgend) traf (wobei die an anderer Stelle unserer Zeitschrift folgenden Nachrichten über -das erste Lebensjahr der Flugmaschine- freudiges Aufsehen erregten, sowie Mitteilungen über unsere Vereine und unsere Zeitschrift sehr interessierten), sowie auch von anderer Seite erhielt dann Verfasser noch einige ergänzende Nachrichten über die letzten Schicksale des «Wettbewerbs (Professor Woodward hatte dem Kongreß in St. Louis in ebenso gewinnender wie tüchtiger Weise präsidiert.) Danach wagte Benber doch zuletzt einen freien Flug, ward jedoch vom Wind fortgetrieben, weil nach kurzer Zeit sein Motor völlig versagte. Der Wirkungsgrad seiner Schaufelräder läßt sich unter diesen Umständen nicht feststellen. Interessanter sind die Details über Francois. Dessen Traggerüst wurde durch die Suspension so deformiert, daß die Schrauben anstreiften und es stark beschädigten. Daß sie unter solchen Umständen überhaupt laufen konnten, spricht sehr gut für den allgemeinen Entwurf. Nach verschiedenen Beschädigungen endlich hinreichend repariert, zeigte sich der Ballon, ob wohl geschwind, doch unlenkbar: Steuern durch die Schraube versagte ganz und ein zugefügtes Steuerruder erwies sich als viel zu klein. Beim Bestreben, sich innerhalb der «aero-nautical enclosure» zu halten, trieb der Wind den Ballon gegen die hohe Umzäunung und beschädigte ihn wiederum beträchlich. «The last straw* ward indessen durch einen tragikouüschen Unfall zugefügt. Als der Ballon zum letztenmal seinen' unbequemen Einzug durch das zu niedrige Tor in die Halle hielt, fing sich die Hülle oben an einem Nagel oder dergleichen so unglücklich, daß sich eine reguläre «Reißbahn» entwickelte — jedenfalls «verduftete* das Gas mit unheimlicher Schnelligkeit und hat sich der Ballon seitdem nicht mehr sehen lassen. Und welch schöne Leistungen hätte er bei richtiger, umsichtiger Leitung aufweisen können! — So ist die Geschichte der Luftschiffahrt zu St. Louis im Jahre 1904 jedenfalls eine solche mit einer Moral. Das nächste Mal machen wirs besser? Hoffentlich!

Dienstb ach.

40 444«

Aeronautische Meteorologie und Physik der Atmosphäre.

Die Tätigkeit des aeronautischen Observatoriums des Kgl. meteorologischen Instituts im Jahre 1904.

Wie bereits im Vorjahre war auch im Jahre 1904 die Hauptarbeit des aeronautischen Observatoriums der Fortführung der kontinuierlichen Beobachtungsreihe aus den höheren Luftschichten gewidmet, die weiter in der Wetterkarte der Secwarle und in verschiedenen Tageszeiten veröffentlicht wurde. Die Resultate sind durchaus befriedigend, insofern nämlich, als die mittleren Höhen der Aufstiege gegen das Vorjahr bedeutend gewachsen sind. Während die Drachenaufstiege 1903 in 6 Monaten im Mittel unter 2000 m blieben, ist 1901 kein Monat unter 2100 m, das niedrigste Mittel hat der Februar mit 217K rn. Im .luli ergab sich sogar ein Mittelwert von 3044 m. Ebenso sind die Höhen des Drachcnballons im allgemeinen etwas größer geworden, was in der Verwendung eines Kugelballons von 20 cbm, der als Hilfsballon am Kabel angebracht wurde, seine Erklärung findet. Bei der folgenden Tabelle ist von den an einem Tage ausgeführten Aufstiegen nur der höchste zur Mittelberechnung herangezogen worden.

Aufstiege am aeronautischen Observatorium 11)04.

 

Jassir

Febr. Man April

Mai

Jini

Juli

Aug.

Sept.

Okt. | Sit.

   

laichen

 

InaW der Tig* Müller* Hübe GrülHe ft-ht

21 2184 3210

23 2178 :*jOu

Ii»

2303 5080

22 2028 3520

10

2497 ■Mit.)

17 0 2003 3041 4100 3880

14

2510 3250

17

2715 3830

22 22441 37'JO

21 24

2258 20-10

3W50 4900

i

222 2 542 5080

Drathin-üaltunJ

Aiukl der Tage 10 Mittlere Utk« jlOöft

0 1307

12

1205

8 1274

15 1410

13

1395

25 14:57

17 13 1313 1457

9 1554

9 [ ISO

7

1327

i 14 1373

Mittel überhaupt 1820

2020

1917 22001072

! i

2i IN) 1743

:

1H52

2172 2040

2020 2373

2021

Die Höhe von 2O0O m wurde erreicht oder überschritten an 171 (122) Tagen (Vorjahr in Klammern), von 3000 an 57 (32), 4000 an 5 (4), 5000 an 1 (0) Tag, der die am Observatorium überhaupt bisher erreichte Maximalhöhe von 5080 m darstellt. Interessant ist die bedeutende Zunahme der Aufstiege über 3000 m, wogegen die Aufstiege über 4000 in sich nur um 1 vermehr! haben. Das erstere hat darin seinen Grund, daß einerseits leichtere Drachen und dünnere, aber festere Drähte verwendet wurden, andererseits aber das Personal immer geübter wurde und sowohl Wetterlagen wie Material besser auszunützen verstand, das zweite läßt sich unschwer aus der Verkürzung der Zeit erklären, die für den Aufstieg zur Verfügung steht. Während nämlich im Vorjahre die Mitteilung an die Seewarle und das Berliner Wetterbureau erst um 1 M* Uhr erfolgen brauchte, muß jetzt wegen früherer Ausgabe der Wetterkarten dies schon um 12'/s geschehen, sodaß

41 <«4H

die ohnehin knappe Zeit noch um eine volle Stunde, also um Vs, im Winter sogar um Vi verkürzt wird.

Die mittleren Höhen aller Aufstiege bieten weniger Interesse, im wesentlichen sind sie in den Monaten, wo sehr viel mit Drachenballons gearbeitet wurde, niedriger als an den anderen, wie ja zu erwarten ist. Der Drachenballon steht eben an Brauchbarkeit dem Drachen bedeutend nach, seine Verwendung ist jedoch bei einer festen Station zur Vermeidung von Unterbrechungen unbedingt nötig.

Weniger Gewicht wurde in diesem Jabre auf die Erreichung großer Höhen im Freiballon gelegt. Wie mehrfache Vergleichungen zeigen, bieten die Registrierungen der Ballons-sondes in großen Höhen fast dieselbe Sicherheit wie der bemannte Ballon, sodaß wir von der teueren W7assersto(Tüllung verschiedentlich Abstand nahmen und nur mit Louchtgas fuhren. Dagegen wurde das Beobachtungsprogramm der Freifahrten durch luftelektrische Messungen, sowie durch Bestimmung der Vertikal-Komponente des Windes vermehrt. Die höchste Fahrt mit 7044- m fand am 2. September statt.

Die Ballons-sondes wurden im vorliegenden Jahre von einem merkwürdigen Mißgeschick heimgesucht. Von den lß Aufstiegen versagte 5 mal die Registrierung. Die mittlere Höhe der übrigen war 9246 m, wobei berücksichtigt werden muß, daß mehrfach die Ballons mit Ventilen versehen waren, die sich bei einem gewissen Druck öflhetcn und den Ballon zum Fallen vcranlaßten. Diese Anordnung wurde getroffen, um ein Platzen oder sogar ein übermäßiges Ausdehnen des Gummis zu verhindern, sodaß der Ballon mehrfach gebraucht werden konnte. Die Versuche hiermit sind jedoch noch nicht abgeschlossen. E.

Flugtechnik und Aeronautische Maschinen. Segel- und Ruderflug-Apparat.

Von Clement* Opitz, Dresden.

Schon vor Otto Lilienlhals Gleitflugversuchen und durch diese wieder angeregt, ließ ich nach eigenen Ideen und Angaben eine Reihe sowohl dem Segel- als auch Ruderfluge dienende Apparate bauen. Die mit diesen Flugapparaten zuerst in der Nähe von Eger, dann bei Pillnitz lange Zeit hindurch gemachten Vorsuche und besonders jene mit dem zuletzt gebauten entsprachen allen an sie gestellten Erwartungen. Leider erkrankte ich aber schwer, verlor dabei die zu solchen Versuchen unentbehrliche Rüstigkeit und da ich andere für meine Bestrebungen nicht zu interessieren versucht hatte, so verstockten und verfielen die Apparate, die Baubude wurde abgetragen, für mich war damit das, was mich viele Jahre beschäftigte und gerade da, wo ich gegründete Hoffnung hatte, zum Ziele zu kommen, abgetan.

Nun las ich neulich, daß gelehrte und unternehmende Männer jenseits

Illustr. Aöronaut. Mitteil. IX. Julir«.

<des großen Teiches, das, was unser Lilienthal soviel verheißend begonnen, mit bekannter Energie fortzusetzen und Früchte wieder einmal zu ernten beginnen, welche im alten Europa gesäet wurden. Ich halte es daher für meine Pflicht, das nachzuholen, was ich seinerzeit versäumt habe, und will im folgenden nähere Mitteilungen machen über den letzten von mir erbauten Segel- und Ruderflug-Apparat. Vielleicht findet sich der eine oder andere Flugtechniker bewogen, an der Hand dieser Beschreibung einen solchen Apparat nachbauen zu lassen, zumal die Kosten nicht sehr beträchtlich und die Bauschwierigkeiten sehr gering sind. Mit Bat und Tat bin ich, soweit meine Kräfte und Mittel ausreichen, jederzeit gern bereit, beizuspringen.

Figur I läßt den Aufbau des Rumpfskeletts seitlich von vorn gesehen erkennen: a a' und b b', sind zwei 0,035 m starke, 2,5 m lange Bambusstangen, welche 0,5 m von oben gemessen überkreuz zusammengeschnürt an ihren unteren Enden a. b. 3 in auseinanderstehen. An diese beiden Stangen festgebunden sitzt 0,4 m von den Enden a b aufwärts ein 0,015 in starker Bambusstab p p'.

Von der Mitte dieses Stabes p p' und an diesen geschnürt führen lotrecht nach oben in einem Abslande von 0,5 m zwei gleichfalls 0,015 m starke Stäbe c Ii' und c' a', erreichen bei b' a' die Enden der beiden Diagonalstangen aa' und b b' und werden ebenfalls fest angeschnürt. Annähernd 0,1m unter dem Kreuzungspunkte genannter Diagonalstangen ist ein 0,04 in im Durchmesser starkes, 0,(1 m langes Stück Holz d d' an erstere sowohl als auch an die Stäbe c b' und & a' festgebunden. Die Enden dieses Holzes laufen in je 0,05 m lange Zapfen aus. Zwischen dem Holze d d' und dem Kreuzungspunkte der Diagonalsfangen wird nun eine 0,05 m starke, 3 m lange Bambusstange r r' bis zur Hälfte ihrer Länge so durchgesteckt, daß sie zu den Diagonalen stumpfwinklig etwa 105°, zu dem Holze d d' aber rechtwinklig zu liegen kommt. In dieser Lage wird sie sowohl an d d' als auch an die Diagonalen möglichst festgeschnürt. Weiter führen an c c' festgebunden zwei 0,02 m starke Stäbe an dem hinteren Ende r r' 0,25 in von r aufwärts gerechnet sich dort kreuzend und daselbst festgebunden vorüber und noch 0,5 in über r r', das wir Rückgrat nennen wollen, hinaus. Die Enden aller dieser genannten Stangen und Stäbe werden nun, um ihre

Lage zu einander unverrückbar zu machen, wechselseitig mit entsprechend starken Klaviersaitendrähten verbunden und zwar r r' sowohl über b' a' als auch über a b und r mit c c'.J) Auf diese Weise ist zunächst ein im Druck und Zug sehr widerstandsfähiges und doch sehr leichtes (7 kg) Gestell (Rumpfskelett) entstanden, an welches sich Flügel und Steuer in mannigfaltiger und zwanglosester Art anbringen lassen. Wenn nötig, läßt sich dasselbe, ohne es wesentlich zu belasten, durch Einziehen von Drähten noch mehr versteifen. An den Zapfen des Querholzes d d' sitzen die Flügelarme «1 f und d' f', zwei Bambusstangen von 0,05 m Durchmesser und 3,50 m Länge, getragen und gehalten durch Drähte a' m und b' m von oben, durch r f und r f von vorn, durch r' f und r' P von rückwärts und von unten durch a f und b f. An diesen Flügelarmen sitzen in gleichen Zwischenräumen nach rückwärts und in geschlossenen Gelenken die noch eingehender zu beschreibenden Flügelrippen n 1 — n 4 und n' 1—n' 4. Wie schon erwähnt, gehen die Stäbe c e' und c'e noch 0,5 m über das Rückgrat r r' hinaus, sie sind die Träger des Steuers: Ein an ihren oberen Enden querüber liegender 0,02 m starker, 2 m langer Rambusstab, an dessen Mitte und rechtwinklig zu ihm stehend im Scharnier beweglich eine 3 m lange spitz auslaufende Bambusstange angebracht ist, dient ihm als Hauptstütze (Steuerslab). Am Drehpunkte dieser Stange und rechtwinklig nach oben an ihr festgebunden sitzt schließlich noch ein 0,5 m langes, 0,015 m starkes Stäbchen, dessen oberes Ende durch Draht an die Steuerstange bei m versteift und durch zwei weitere Drähte von a' b' her Richtung und Halt erhält. Weiter gehen von diesem Stabende Versteifungsdrähte nach s s', den Endpunkten des Steuerquerstabes.

Während die Flügelarme unbeweglich und etwas nach rückwärts festgelegt sind, lassen die Flügelrippen sich bewegen. Der Bewegungsmechanismus und Vorgang ist, wie die Figur zur Anschauung bringt, folgender: Bei t und t' der Stäbe c e' und c' e sind an Scharnieren zwei Hebelarme v und v', Rohrstangen von 0,03 m Durchmesser und 1,20 m Länge. Diese Arme gehen 0,2 m über die rechtwinklig vorliegenden Stäbe b' c und a' c' hinaus und werden dort von an ihnen und dem Rückgrate festsitzenden Spiralfedern w und w' nach oben gezogen und festgehalten. Von da, wo diese Spiralen an die Hebelarme befestigt sind, laufen Schnüre über die bei c und c', dann bei a und b angebrachten Wirbel. An diese Schnüre sind hinter den letzten Wirbeln je drei Drähte eingehängt, welche ihrerseits je an eine Flügelrippe, und zwar an den äußeren näher nach den Flugarmen zu als an den inneren festgehängt sind. Die beiden dem Rückgrate zunächstliegenden Rippen werden von p p' aus durch Spiralen und Drähte festgehalten. Die Spiralen w und w' sowie bei p und p' haben eine solche Stärke, daß sie erst dann, wenn der Luftdruck auf die untere Seite der Segel oder Tragflächen gleich dem Gewichte des gesamten Flugkörpers ist, zu spielen beginnen. Beim Fliegen genügt dann der geringste Druck auf die Hebel-

i) Alle Versponnrnifsdrähtf Find in der Fipor wcfgclasecn, um diese nicht zu überladen. I). Ued.

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arme, den Apparat, je nachdem er auf der einen oder anderen Seite oder auf beide Hebel zugleich erfolgt, in horizontaler oder vertikaler Richtung zu steuern. Da bei den äußeren Rippen die Führungsdrähte näher an deren Drehpunkt als bei den inneren sitzen, werden auch die äußeren Segelflächen merklicher als die inneren gehoben und damit auch die Tragkraft dieser Flächen von außen nach innen, je nach der Stärke des Druckes, stufenweise verringert. Durch diese einfache Vorrichtung kann der Flieger jedem noch so heftigen Windstoß begegnen, ein Druck auf die Hebelarme genügt, die

mit langer Schnauze. Von dem oberen Drittel der Tragstange aus laufen zwei breite Traggurten h Ii' bis zur Schnauze des Sattels, an welchen sie mittels Ring und Haken eingehängt werden. Etwas unter der Mitte werden diese Traggurte von dem Gurte m, der gleichfalls an der Tragstange einen Halt findet, in der Weise umfaßt, daß die beiden Traggurten nach rückwärts scharf angezogen werden können. Schließlich werden diese Traggurten oberhalb des Gurtes m von einem anderen Gurt n umfaßt und durch diesen mehr oder weniger aneinander gezogen.

Der Flieger besitzt zwei Mittel, das Fahrzeug in vertikaler Richtung zu steuern. Verlegung seines Schwerpunktes durch Druck in horizontaler Richtung auf die Hebelarme und Ausschalten einer bestimmten Partie der Tragflächen durch vertikalen Druck auf die Hebel. Die seitliche Steuerung erfolgt durch vertikalen Druck auf den einen oder anderen Hebelarm und die durch diesen Druck an der betreffenden Seite bewirkte Ausschaltung der äußeren Flügelpartien. Da der auf die Hebelarme in horizontaler Richtung auszuübende Druck ein dauernder und bedeutender ist, so würden die Arme sehr bald ermüden und die Gefühle sich darin abstumpfen, wenn ihnen nicht die zwischen der Tragstange 1 1 und dem Rückgrate eingeschaltete Spiralfeder z einen Teil der Last abnehmen würde. Durch den wagerechten Druck auf die Hebel und diese Feder z ist die Lage des

Tragflächen bis auf ein Minimum dem Winddrucke zu entziehen. Die ausgeschalteten Partien der Segelflächen werden nicht flatternd nachgeschleppt, sondern liegen, eine Folge ihrer Wölbung, immer noch unter einem geringen Drucke auf der Luft, erzeugen wohl in dieser Lage einen Stromwiderstand in der Richtung des Fluges, doch ohne diesen wesentlich zu hemmen. Wenn diese Ausschaltungsweise auch keine ideale, wie jene des Vogelflügels, so ist sie doch eine brauchbare, und da letztere schwerlich nachzubilden, ein guter Ersatz. Die Trag- und Sitzvorrichtung des Fliegers stellt Figur 2 dar. An dem Querholz d d' hängt in geschlossenem Haken die 0,04 m im Durchmesser starke, l m lange Tragstange 1. Das untere Ende derselben trägt an einem Gurt befestigt einen Fahrradsattel

Fliegers keine aufrecht stehende mehr, sondern eine nach vorn geneigte (Fig. 3). Wird hierdurch sein Stirnwidersland gegen die Luft ein vorteilhafter, so wird dieser noch mehr abgemindert durch ein an der Rückgratspitze und den Flügelansatzstellen eingehängtes dreieckiges Segel, das in der Mitte durch einen Spanndraht, welcher gleichfalls von der Rückgratspitze ausgeht, sich danti gabelt und bei c c' (Fig. 1) endet, nach unten versteift wird. Der Winddruck wirkt dann mehr hebend wie hemmend und der Flieger ist hinter diesem Segel wenigstens in seiner oberen Hälfte vor jedem Winde geschützt. Auch dieses Segel muß dort, wo es an Flügelansätzen festliegt, an Spiralfedern hängen. Das Steuer kann je nach seiner Richtung zu dem Rückgrate tragend oder niederdrückend wirken. In unserem Falle soll es nur

dazu dienen, dem Apparat das Inikippen nach vorn und ein unbeabsichtigtes seitliches Abschwenken von der Flugrichtung unmöglich zu machen. Es ist daher nach oben und in einem sehr stumpfen Winkel zu dem Rückgrate festgelegt, während es von unten von dem Rückgralende nur durch die Spiralfeder z gehalten wird. Beim Abspringen und beim Landen gibt letztere nach, sodaß das sonst aufschlagende Steuer nicht hindert und beschädigt wird. Beim Fliegen baucht sich das Steuersegel nach unten beiderseitig aus, die Steuerstange wirkt dann ähnlich wie der Kiel des Schiffes und verhindert, da sie weit hinter den Tragflächenmittelpunkt zu liegen kommt, daß der Apparat bei einseitigem Winddruck auf die Peripherie der Flügel aus dem Striche kommt. Ein anderer Vorteil dieser Anordnung des Steuers ist die federnde Elastizität seines Endes nach allen Seiten hin und die durch seine steile Lage zu den Flügelsegelllächen hervorgerufene niederdrückende Wirkung auf die Rückkanle der letzteren, wodurch die vortreibende Federkraft dieser gestärkt wird. Wie schon bemerkt, sind die die Flügel-

Wölbung bildenden Rippen von ausschlaggebender Bedeutung. Die Flügelrippen sind sämtlich parabelähnlich gewölbt, ihre größte Wölbungshöhe liegt im ersten Drittel ihrer Länge, den Flügelarmdurchmesser mit eingeschlossen, und soll Vio der Sehnenlänge nicht überschreiten. Um der Wölbung Stand zu verleihen, sind die ersten zwei Drittel der Rippen mit Spanndrähten zusammengezogen, das letzte freigelassene konisch verlaufende Rippende hat nun die Funktion, sich bei Druck zu strecken und bei Überdruck in seinem letzten Teile nach oben auszubiegen. Als Stoff zu den Segeln genügt im Schusse und Kette dichter Ferkal, sogenannter Ballonperkal, er ist außerordentlich haltbar und sehr leicht. Der Stolf wurde für jeden einzelnen Flügel zugeschnitten, an besonders dem Zuge ausgesetzten Stellen doppelt genommen, auf das Flügelskelett gelegt und dort an die Rippen unter beiderseitigem Aus- und Einstich und jedesmaliger Umschlingung des Fadens um die Rippen angenäht. Vorteilhaft waren auch besondere für die Rippen an den Stolf genähte Taschen, nur mußten dann die Spanndrähte der Rippen erst nachträglich eingezogen werden. Die Befestigung des Stolfes an den Flügelarmen wurde bewerkstelligt, nachdem er über diese gezogen war, durch in der Nähe der Rippen an ihn genähte Bänder, welche ihrerseits um die Rippenhaken geschlungen, dort fest angezogen und gebunden wurden. Die beiden Flügelsegel werden schließlich in der Nähe des Rückgrates entweder an dieses oder über dieses hinweg unter sich durch Schnurnaht scharf angezogen. Den Segelsloff luftdicht und glatt zu machen, ohne sein Gewicht wesentlich zu erhöhen, ist mir nicht gelungen. Kollodium, welches ich hierzu benutzte, hat sich nicht bewährt, auch Firnis eignete sich der Schwere und der Klebrigkeit halber nicht dazu. Die von mir gebauten Flugapparate wogen im Durchschnitt 2t kg: der hier beschriebene nach Abzug der Tragvorrichtung kaum 19 kg, die Tragvorrichtung noch nicht ganz 4 kg, zusammen mit meinem Körpergewicht 79 kg. Die Gewichtsverhältnisse der Flügel zum Körper waren daher so wie bei den großen Segelfliegern annähernd wie 1 : i. Rechnet man noch das Gewicht aller der Teile ab, die unter den Tragflächen zu liegen kommen, so bleibt für die eigentlichen Flügel alles in allem kaum 10 kg an Gewicht. Bei aller dieser Leichtigkeit hat der Apparat eine genügende Festigkeit. Ich habe ihn lotrecht gegen den Wind eingestellt und einem Druck ausgesetzt, der das Vierfache meines Körpergewichtes betrug, ohne daß der Bruch irgend eines Teiles desselben erfolgte. Ein Zerreißen der Drähte ist nur durch allzuscharfes Zusammendrehen, also bei den Befestigungsstellen zu befürchten, es sind daher dort besondere Vorrichtungen zu treffen.

Irish's aerial sailing craft.

White Major Baden-Powell, President of the Aeronautical Society of Great Britain. was reeently engaged in carrying out experiments on aeroplanc machines in London, Mr. W. E. Irisli, an eleelrkal and mechanical engineer, was similatly engaged on the slope of Little Mountain, near Cleveland. Ohio.

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\l,

In a paper recenlly read before Ihc British Association in London on «The Development of the Aeroplane», Major Maden-Powell, the author, said: — «The day is undoubtedly drawing near when we sball utilize the highway nf the air for travel». The soundness of Major Powell'« views has been established by the experiment» of Mr. Irish, which although far from complete and made under very unfavourable comlitions, clearly demonstrated. among other tbings. (hat the simple expedient of shifting the centre of gravity of his aerial sailing craft, by the body movement of the Operator, allered the angle of the wing surfares and so changed the lateral and vertically inclined course accordingly, Ilms practically solving the problem of automatic equilibrium and control.

It was found that with little practice the requisite movements to maintain equilibrium would bc made by the Operator as promptly as those of a cyclist, and that DO valuable time need be lost in acting or thinking bow to acl as all the movements necessary, to meel the constanlly varying conditions and maintain control, are made as instinctively and as naturally as thoie of a trirk skater. The craft is automatically balanced and othcrwise controlled by the weight, intelligent will power and animal instinct of the Operator, who, as an integral part of the craft, and its ballast, simply moves bis body to atlain his object.

Mr. Irish has for many years been engaged in the study of mechanical llight, during which time he has constructed and experimented with numberless models, based on the lines of Nature's most practica!

Ilying machines, the birds. Starting with

models cmploying two wing feathers he has

gradually and systeimatically progrcssed

until his experimental models. with natural

and artificial wings, developed into practical

machines and finally into onc of two men

capacity, which has already given very

encouraging results. A wing feather is a

perfect aero-curve and a pair taken Irom

the same position in a rigbt and left wing

of a good flyer, will, if propcrly anangcd

and operated, sail on the air as the living bird.

Experimenters, particularly those of limited means, would do well to make IIns

their starting point and while carefully stndying natural laws follow closely her best

examples.

One of the primary objects in the tirst series of experiments with the practical aerial sailing craft of two men capacity, illustratcd and described bclow. was to compare bebaviour with the smaller ones previously experimented with and further to enable the experimenler to safely and practically test it while he acquired the necessary skill and conlidenee to control it in free llight. In these trials the operator's body, as the animated centre of gravity, moved about as neecssity required to obtain the desired results and maintain stability.

The experiments were made while the machine hung supported from a wheel-carriage which ran on a 700 ft. span of wire cable, stretched and inclined from a lofty tree on a hill to a low derrick in the Valley below. By means of a cord the Operator, while on the craft, could release the grip when the machine would travel down the inclined cable and obtain impetus to lift it on the atmosphere, or it could be arrested

m

Seitanansicht des Fahrzeugs.

and hcld at any point of its course. The craft had a total sustaining surface of over 500 sq. ft. divided among 26 pairs of wings which contained 7,000 large, long and carefully selected, right and left wing feathers. properly arran^ed and fitted to overlap and well cemented in elliptically shaped white pine slats, ineasuring 10 fl. long, 1 '/* in. wide and •/» in. thick, which formed the wings which were 15 in. deep.

These wings, at dihedral angles, were arranged in pairs, on a diamond shaped frame, in step-like Order, receding from the centre and front where they were 1 ft. apart, behind, as well as above and below each other and while all had a normal angle of incidence the tips of the upper series inclined downward and inward whereas the tips (if the lower series of win-rs inclined upward and inward so thal all the wing tips on each side were brought to within six inches of each other, while their centres were 1 ft apart. Thus the greatest supporl was at the centre of gravity which was low down near the vertical axis of the syslem.

The wings, which were a sort of coiupromise hetween those of soaring and sailingbirds, presented their thin cutting and stiff front edges so as to cleave and utilize a Stratum o air for lift, support and progressive motion. without dislurbing the air required by the other wings.

The machine which is very light, strong and somewhat llcxible proved to be an ideal parachute.

weighing complcte on wheels as shown in the lijiures (55 lbs., measured at its axis 22 ft. spread, H ft. from stein to stern and 11 ft. high.

The boal previously used was, for the sake of economy, replaced by a Kite-shaped railed in platorm, which was rapported, from the central, elhptical, pine wood frame spars, by four *l* in steel lubes. the whole being counter-stayed in every directum with steel wire. On this 2 ft. platform the Operator could sit or stand and freely move within its limited hnundary. bat he could not, by design or accident. seriously afTect the ef|iiipoise of the craft. or cause it when free to fall, otherwise than down a long sloping course to the earth on which it wouhl smoothly alight and run forward until arrested by its own tractive resislance. The Operator could, however, as the animated ballast and intelligent centre of gravity, move instinctively or with intent and effeetively control the craft by changing the inclination of the wings, forc and aft or laterally, and so nse the force of the wind for lift, the force of gravity for descent and advancement, the upward pressure of the air for sustaintnent and the accumulated force of gravity, the components of the forces, and the reaction of the compressed air, as it escapes from under the wings and acts lipon the lurned up feather tips. for horizontal forward motion.

On shifting Ihe centre of gravity fore and aft the machine tacked vertically forward across the horizon and swept to the right or left when the centre of gravity was mnved sideways. and when the angle of incidence was changed at the end of a fall to lift, the momentum carried the machine forward on the upward tack. With the accelerated force of gravity and an angle of incidence above the horizon the craft will

Vorderansicht.

»»»» 49 «f4)«M

rise against the wind to a greater elevation than that from which it previously feil and it will rise and ölten advancc against a wind of 15 miles an hour.

It is well to note that before the air can give under the pressure the wings travel on to other columns of air which furnish additional support, therefor as the velocity increases so with the support and as the angle decreases with the velocity so will the horizontal resistance decrease and the area of supporting surface and the vertical rcsistance against the force of gravity, increase. The wind which strikes under the wings to impart lift and forward motion, act» as it wonld on the sails of a boat but vertically instead of horizontally. The sail boat however has to sail in two vastly unequal mcdiums, one being 800 limes more dense than the other, and therefor requires a rudder to kccp her course, but this aerial sailing craft, which will travel at vastly greater speed in one and the lighter element requires no rudder as it is always under the perfect control of its intelligent bailast, its Operator.

A 10 ft. wing. taken from the craft, held horizontally at its inward end with slight upward inclination and made to describe a circle around the experimenter's body, will be lifted on the air with considerable force and in a strong wind it becomes too powerful for the Operator to control wilhout altering the angle of lift. At no angle it appears to he relieved of its weight and all horizontal resistance.

It may be well to repeat that the hovering and sailing flight of man is not dependent on mechanical power, and also to point out that Nature offers the required forces free, and makes thein everywhere available and always ready to act on the properly built contrivances of man so that he may travel the air as a bird, in spite of the power and direction of the wind.

The intelligent centre of gravity to maintain its own equilibrium nalurally shifts so as always to be in corrcct relation with the component forces and the centre of support, therefore the stahihty of the machinc is never seriously endangered.

The only power that need be expended in individual sailing flight is that required to alter the position of the centre of gravity, but for direct horizontal and very rapid flight, and for larger machines starting from level ground, mechanical power is required, and to meet this needMr. Irish is now engaged in building a novel, gradual combustion^ constant pressure, reactive hydro-carbon motor of 10 II. 1'. which he Claims will weigh only 5 lbs. per H. 1*. With this motor he expects to drive at grcat velocity het new aerial craft he has just commenced for war purposes.

The photographs from which the illustrations are made were not developed unlil after the machine was taken to pieces and shipped from the testing ground, so that others could not be taken to replace these very bad ones; however it is hoped thay will be found distinct cnough to make the machine understood. W. E. Irish.

Kleinere Mitteilungen.

Santo«! Dnmoiit hat auf der Generalversammlung des «A6ro-Club de France» angekündigt, daß der von ihm gestiftete Preis von 4000 frcs. für die eiste 48stündige Freifahrt im Ballon oder einem anderen Luftfahrzeug bestimmt sei. Der Preis kann nur von einem Mitglied des Clubs gewonnen werden, dessen Aufstieg durch zwei Klubmitglieder überwacht wird. K. N.

Die Keißbnhn wird in Frankreich zuweilen dem Beispiel deutscher Luftschiffer folgend benutzt, doch nicht immer mit dem gewünschten Erfolg, was sich in einfacher Weise erklärt: Das Kautschukklebemittel, mit dem in Deutschland die Kautschukbahn mit ca. 12 cm breitem Band aufgeklebt wird, hält gut auf Kautschuksloff. Wird aber der Kautschukstoff der Bahn auf gefirnißten Stoff aufgeklebt, so ist es erforderlich, an

llluülr. Acronaut. Mitteil. IX. Jahrg. 7

den Handern des geklebten Handstreifens noch eine leichte Stichnaht anzubringen, um ein Selbstloslüsen zu verhüten. K. N.

Photographie der LultM-hlflersoiine. Herr Victor Mollart, Ballonführer im L'Aero-nautique Club de France, war so freundlich, uns seine interessante Aufnahme der Aureole vom Ballon aus zur Ansicht vorzulegen. Die Aufnahme ist recht geschickt gemacht und gut gelungen. Herr Moltart hat als Vordergrund zusammengerolltes Ankertau auf dem Korbrande genommen. Hechts davon erkennt man auf einer weißen Wolkenwand ein ziemlich scharfes Schattenbild des Ballons, umgeben von einem lichten Kreise, dessen Mittelpunkt der Gondelschatten ist. Der Aureolenkreis wird durch den Ballonschatten oben unterbrochen. Nach Angabe von Herrn Mottarl ist er in Frankreich der erste Luflschiffer, dem es gelungen ist. dieses optische Phänomen zu photographieren. ♦ L*Aeronaute» (November 1901) bestätigt diese Angabe im Sitzungsbericht vom 27. Oktober 1901 der Societe francaisc de navigation acrienne. tjr

Die Montgrolflcren. Schon seit längerer Zeit macht sich in den Luftschifferkreisen, die ihr Augenmerk auf praktische Betätigung richten, eine Bewegung bemerklich, welche sich mit einem Zurückgreifen auf die Monlgolticren beschäftigt. M. Louis Godard. welcher diese Idee auch schon in der Fachpresse vertreten hat, soll den Bau eines 1200 cbm großen Ballons planen, für dessen Krprobung der Park des belgischen Aeroklubs in Aussicht genommen ist. Der wesentliche Vorteil der Heißluftballons, die l'nabhängigkeit von Gaserzeugung, bezw. -Transport würde sich besonders für militärische Verwendung fühlbar machen. Die früher hindernde Feuersgefahr zu beseitigen, hat die jetzige Technik Mittel genug, wie auch die hier anwendbaren Heizapparate, z. B. Pelroleum-Höhren-brenner, große Vervollkommnung erfahren haben. Dauerfahrten würden besonders gegenüber jenen mit Gasballons günstigen Umständen begegnen. In « l'Aeronautique» (Revue technique) beschäftigt sich M. de Grafligny mit der Sache, den Arbeiten von L. Godard und Sebillot folgend: Im Innern einer Ballonhülle kann eine um 80° höhere Temperatur als jene der Außenluft unter schwachem Strahlungsverlusl erhalten werden. Diese Differenz entspricht einem Auftrieb von 300" pro Kubikmeter. Ein Ballon von 1300 cbm Inhalt würde 28 Kilo Petroleum (das rund 9000 Kalorien pro Kilo liefert) bedürfen, um die Temperatur im Innenraum um 80° zu erhöhen, und die Erhaltung des Temperaturunterschiedes gegen außen würde 3 Kilo pro Stunde erfordern. Das Gewicht der Hülle ist beim Ileißluftballon. weil Firnis etc. entbehrlich wird, geringer und kann zu HO—SO gr pro Quadratmeter angesetzt werden statt 300—3öO gr, wodurch ein Teil der Auflricbs-diflerenz gegenüber dem Gasballon sich ausgleicht. Da naturgemäß nicht Hochfahrlen, sondern der sportmäßige Weilfahrbetrieb zunächst als Ziel vorschwebt, so kann die Absicht der Begründung einer < Association sportive des Chauffeurs d'aerostats» immerhin als sachdienlich begrüßl werden, *) K. N.

Die Firma Riedinger in Augsburg hat auf der Weltausstellung in St. Louis 1904 für das ausgestellte Modell des Diachenballons Parseval-Sigsfeld die goldene Medaille erhalten. Zu dieser wohlverdienten Ausreichung darf die Firma der teilnehmenden Freude aller deutschen Luftschiffer versichert sein. W

Der Bau des Stuhlbiilloiis von «Stubenrhig > in Wien wurde eingestellt und soll an anderem Ort weitergeführt werden. Wo, ist noch nicht bekannt. K. X.

Briefe vom mandschurischen Kriegsschauplatz. Der Hedaktion des «Warsch. I)n sind Auszüge aus Briefen zugegangen, die Hauptmann Estifjejew erhalten hat, und zwar von Unteroffizieren der sibirischen l.uftschiffcrkompagnie. Ihre Mitteilung wird eines gewissen Interesses auch jetzt nicht ermangeln :

•j Wir liehullcn uns vor, etwa» eingeheiidor auf «iie Sache zurückzukommen. D. It.

«Ii. August. Ganz gehorsamst danke ich Ew. Hochw., daß Sie uns auch hier nicht vergessen haben. Ich melde, daß wir noch bei Liaojang stehen, daß wir am 12.8. den Apparat fertig machten und die Füllung ausführen wollten, aber der Regen verhinderte es, und wir blieben. Zuerst war befohlen, daß wir auf 2 Stationen arbeiten sollten, doch auch dieses wurde abgeändert, und der Kampf ist im Gange von Ost und Süd, etwa 30 Werst von Liaojang entfernt. Von Morgen bis Abend ist Geschützfeuer zu hören. In Liaojang waren verwundete japanische Offiziere und Soldaten. Sie beginnen sich zurückzuziehen.

1». August. Heute füllten wir den Ballon, und morgen gehen wir in Stellung, wo wir jedenfalls ins Gefecht geraten, denn die Japaner sind gegenwärtig seitwärts bis auf 12, ostwärts bis auf 15 Werst heran. Morgen oder übermorgen erwartet man sie bei Liaojang. Die letzten 3 Tage gab's erbitterten Kampf. Von allen Seiten kommen Verwundete in großer Menge. Man will uns eine Kompagnie Infanterie geben und mit 2 Ballons arbeiten.

16. August. Heute gingen wir in eine Stellung südwärts Liaojang, etwa 8 Werst, wir kamen an und machten Auffahrten, darauf gingen wir weiter vor, bis in die Artilleriestellung selbst.

Um 2 Uhr begann der Artilleriekampf, die Geschosse kreuzten in verschiedenen Richtungen die Luft, einige schlugen in auch unserer Nähe ein, aber es war keine Gefahr dabei. Wir erhielten Befehl, noch näher in den Bereich des Artilleriefeuers zu gehen. Die Stimmung ist gegenwärtig bei uns sehr gut.

23. August. Ich melde Kw. Hochwohlgeboren, daß wir am 18. August in eine ganz nahegelegene Stellung gingen Der Ballon wurde aufgelassen; im Korbe waren Stabskapitän Poguljai und Oberleutnant Metz. Sie waren 250 m hoch; man sagte uns, daß in geringer Entfernung eine japanische Kavalleriepatrouille gesehen sei, und wir machten uns fertig, ihr zu begegnen. Plötzlich wurden wir mit einer Shrapnellsalve Überschüttet, aber es wurde kein Schaden verursacht, denn die Geschosse platzten unter dem Ballon und gingen zu weit. Wir zogen uns zurück. (Feldwebel Denissow).» de Q.

GrUndung einer amerikanischen Aktiengesellschaft ftlr Luftschiffbau. Wir erhallen von unserrn New-Yorker Korrespondenten folgende Nachricht: Eben sind die Inkorporationspapiere der ßaldwin Airship Co. bei dem Staatssekretär deponiert worden. Die Gesellschaft ist ein Xew-Yorker Unternehmen mit Aktienkapital von 3 Millionen Dollars und Anteilpapieren zu 5 Dollars. Es heißt, daß die Fabrik nahe Elizabet (New-Yersey) erbaut werden wird Die lnkorporaloren sind J. Ii. Garpenter und Arthur English von New-York und S. L. Fairbanks von Augusta, welcher der Kassierer ist. Als Zweck der Gesellschaft wird angegeben: to manufacture, equip and operate airships, balloons, Aying machines and all other machines or devices for aerial navigation or transportation and to carry or aerial navigation business. (Luftschiffe, Ballons, Flugmnschincn herzustellen, auszurüsten und in Betrieb zu stellen wie auch alle anderen Maschinen oder Vorrichtungen für Luftschiffahrt oder Lufttransport zu fabrizieren und aus der Luftschiffahrt «ein Geschäft zu machen».) Ein vielversprechendes Geschäftsprogramm! Oui vivra. verra. de 0\

Aeronautische Vereine und Begebenheiten.

Der Luftschiffertag in Leipzig am 4. Dezember 1904.

Auf Einladung des Herrn Geh. Begierungsrats Busley ist am L Dezember lftOt im Hotel Hauffc der Vorstand des Deutsrhen Luftschiffcr-Verbandes zu einer Beratung zusammcngelreten. Es hatte sich im Verlauf der Zeit als notwendig herausgestellt, daß

die Vereinsvorstände sich über verschiedene Fragen, die das Wohl und Wehe unserer Luftschiffervereine betreffen, sowohl Wünsche wie dringende Lebensbedürfnisse für die Weiterentwickelung unseres Sportes einmal mündlich verständigen.

Die von verschiedenen Stellen dein Verbandsvorsitzenden zugegangenen Anregungen sind vom Vorsitzenden im Umdruck in nachfolgender Tagesordnung an die verschiedenen Vorstände versandt worden :

TAGESORDNUNG. I. Angeregt vom Vor stände:

1. Änderung von 8 3 des Grundgesetzes, an dessen Schluß hinzuzufügen wäre: «und mindestens 2 Beisitzer».

2. Das Jahrbuch des Verbandes.

a) Feststellung des Zeitpunktes seines Erscheinens,

b) Bestimmung über die Verteilung der Kosten.

3. Die Verbreitung unseres Verbandsorgans (Illustrierte Aeronautische Mitteilungen).

4. Frachtermäßigung für das Ballonmaterial auf den Eisenbahnen.

5. Yerwallungsangelegenheiten.

6. Antrag Hünlein betr. Bau eines lenkbaren Luftschiffes.

II. Angeregt vom Bosen er Verein:

7. Erleichterung der Zollformalititten für im Auslande gelandete Ballons.

III. Angeregt vom Oberrheinischen Verein:

8. Festsetzung eines noch in die Universitätsferien fallenden Termincs für die späteren Luftschiffertage.

IV. Angeregt vom Niederrheinischen Verein:

9. Stellungnahme zu dem Vorschlage des Grafen de la Vaulx betr. Internationale Vereinigung der Luftschiffervereine.

V. Angeregt vom 0 s t d e u t s c h e n Verein.

10. Kostenlose Prüfung unserer Instrumente durch die nächstgelegenen aeronautischen Observatorien.

11. Zweckmäßigkeit einer gemeinsamen Unfallversicherung,

12. Veranstaltung von Sport-Lufschiffahrten nach französischem Muster.

13. Kartell mit den Automobilklubs.

14. Gemeinsames Verbandsabzeichen.

15. Verbandsmedaille für hervorragende Leistungen.

Der Vorstand des Verbandes war bis auf den entschuldigten Herrn Major v. Par-seval, für den als Stellvertreter Herr Heinz Ziegler gekommen war, vollzählig erschienen. Aus Graudenz war außerdem aus persönlichem Interesse an der Sache der Oberbürgermeister Kühnast der freundlichen Einladung gefolgt. Die Versammlung begann 11 '/» Uhr vormittags.

Als Vertreter waren anwesend:

Vom Berliner V. f. L. Herr Geh. Regierungsrat Prof. Busley. » > > » Graden witz.

» » > > Hptin. v. Kehler.

> Münchener » » General Neurcuther.

> Oberrheinischen » » Univers.-Prof. Dr. Hcrgesell. » Augsburger » » Ziegler.

» Niederrheinischen » » Dr. 1$amler.

> Posener > » Hptin. Harck.

» Graudenzer » » Major Moedcheck.

Es wurde zunächst die Stimmenzahl der einzelnen Vereine festgestellt: Darnach hatte der Berliner Verein 7 Stimmen, der Münchener Verein 4 Stimmen,

» Oberrhein. » 2 » » Augsburger » 2 »

> Niederrheinische » 3 > > Posener » 1 »

> Ostdeutsche » 1 >

Im ganzen 20 Stimmen, jedoch mußte nach den Satzungen 1 Stimme dem Berliner Vereine gestrichen werden.

Geh. Heg.-Uat Busley verlas zunächst den Jahresbericht für das Jahrbuch 1904. Derselbe wurde genehmigt.

Die Beratung von Nr. 1 der Tagesordnung wurde fallen gelassen, weil die Satzungen mit den neuen Verhältnissen durch den Hinzutritt des Ostdeutschen Vereins für Luftschiffahrt durchaus in Einklang zu bringen waren. Die Zahl der Beisitzer bleibt besser eine unbeschränkte gemäß dem wünschenswerten weiteren Zuwachs zum Deutschen Luft-schifier-Verbande. Herr Prof. Hergesell bat sodann, ihn von seinem Amt als Schriftführer zu entbinden und ihn zu den Beisitzern zu überführen. Gleichzeitig schlug er vor, den Major Moedebeck als Schriftführer zu wählen, was durch Akklamation geschah. Der Vorsitzende dankte Herrn Prof. Hergesell für seinen entgegenkommenden Vorschlag.

Zu Punkt 2 a wurde das Erscheinen des Jahrbuches auf den 27. Januar 1905 angesetzt und Herr Major Moedebeck als Redakteur gewählt. Herr Major Moedebeck bat darum, daß ihm das Manuskript rechtzeitig zugesandt werde, und bat sich die Vollmacht aus, zu spät kommende Korrekturen nicht mehr berücksichtigen zu brauchen. Fernerhin sollte er nach eingezogenen Offerten über die Druckerei endgültig entscheiden, welcher der Druck in Auftrag gegeben werden sollte.

Cm die Auflage des Jahrbuches zu bestimmen, wurden die Vertreter um Angabe der Zahl der Exemplare ersucht, die sie bestellen.

Da der Preis hierbei eine große Rolle spielt, wurden folgende 2 Bestellisten aufgestellt:

 

ib-stellte hxemplare bei einem

Vereine.

frei» von 4t

Preis von 0 1.00

 

pro F.xemnlnr

pro Exemplar

Berliner Verein für Luftschiff.

1000

1000

Münchener » Oberrheinischer > Augsburger »

5 5 f!20

3*'t Vorbehalt i 320

Niederrheinischer

70

«00

Posener »

5u

100

Ostdeutscher »

20

150

Summa. . .

1 170

2380

Es würde demnach eine Auflage von 1500 bezw. 2400 Exemplaren nötig werden. Herr Major Moedebeck versprach, dahin wirken zu wollen, daß der billige Herstellungspreis erreicht werde, damit das Jahrbuch im Luftschifferverbande möglichste Verbreitung fände.

Zu 2b wurde beschlossen, daß dem Verein, welcher die wissenschaftliche Beilage liefere, keine besonderen Kosten daraus entstehen sollten.

Zu 3 wurde die Berechtigung dem Redakteur des Verbandsorgans zuerkannt, die Vereinsberichte über Vereinsversammlungen zu kürzen bezw. zu redigieren.

Zu 1. Betreffs der Verhandlungen über die Beförderung des gesamten Luftschiffergeräts der Verbandsvereine halte der Herr Vorsitzende am 17. Mai 1901 eine Audienz beim preußischen Kriegsminister gehabt. Einer der Audienz folgenden Eingabe vom 20. Mai wurde am 5. Juli der Bescheid, daß seitens des Kriegsministeriums beim Ministerium der öffentlichen Arbeiten die erforderlichen Schritte getan seien.

Daraufhin ist die Militär-Eisenbahn-Fahrordnung nach Zustimmung des Bundesrats durch S. M. den Kaiser (s. Reichsgesetzblatt Nr. 50) am 21. Nov. UHU in nachfolgender Weise ergänzt worden:

»»fr» F)l «84««

8 50 a.

J. Als « Militiirluflballons im Sinne dieser Vorschriften gelten Luftballons mit Zubehör, die der Militärverwaltung gehören oder ihr nach einer Bescheinigung der Militärbehörde (Kommando des I.uftschiffer-Bataillons) für den Mobilmachungsfall vom Deutschen Luflschiffer-Yerbande zur Verfügung gestellt sind.

Militärluftballons, die von Militärbehörden oder von Vereinen des Deutschen Luftscbiffer-Verbandes als Eilstückgut aufgegeben werden, sind, soweit nicht besondere Gründe oder Betriebsrücksichten den Ausschluß einzelner bestimmter Personenzüge bedingen, mit Personenzügen oder mit Eilgüterzügen, wenn durch solche eine gleich günstige Bcförderungsgelegenheit gegeben wird, zu befördern.

2. Die Frachtbriefe sind mit dem Stempel der Militärbehörde oder mit dem des Deutschen Luftscbiffer-Verbandes zu versehen. Bei Aufgabe von Luftballons, die nicht der Militärverwaltung gehören, .ist die unter 1 erwähnte, von der Militärbehörde ausgestellte Bescheinigung vorzulegen.

A. Die Beförderung hat in einem bedeckten Wagen zu erfolgen. Auf den Luftballon dürfen andere Gegenstände nicht geladen werden. Nötigenfalls ist ein besonderer gedeckt gebauter Wagen einzustellen.

Im Militärlarif für Eisenbahnen ist ferner durch Beschluß des Bundesrats folgende Tarifnummer aufgenommen worden:

20 a.

Militärluftballons sind bei Aufgabe gemäß $ 50a der M. Tr. 0. zu den Sätzen der allgemeinen Stückgutklasse des gewöhnlichen Verkehrs zu befördern.

Zu 5 wurde der Vorschlag von Herrn Gradenwitz, daß jeder Verein zur Begleichung der allgemeinen Unkosten des Verbandsvorstandes pro Stimme jährlich 2 Ji zusteuern soll, einstimmig angenommen.

Zu 0 wurde beschlossen, Herrn Hanlein, der sich anerkanntermaßen um das lenkbare Luftschiff sehr verdient gemacht hat, zu schreiben, daß der Verband seinem Vorschlage sehr sympathisch gegenüberstände, zur Zeit aber nicht die Mittel besäße, seine Bestrebungen zu unterstützen, da noch nicht einmal alle Vereine des Verbandes einen eigenen Ballon besäßen.

Zu 7 gingen die Erfahrungen der Vereine dahin, daß bei Grenzüberschreitungen bei Ballonfahrten bisher keine großen Schwierigkeiten seitens der Zollbehörden entstanden sind. Es wurde deshalb davon abgesehen, Schritte in der Sache zu tun ohne dringlichen Vorwand.

Zu 8 wurde beschlossen, spätere Luftschiffertage in die Zeit gegen den 15. Oktober zu legen.

Zu 0. Der internationalen Vereinigung der anerkannten Luftschiffervereine zu einem großen internationalen Klub standen die Vertreter im Prinzip wohlwollend gegenüber. Bevor jedoch in der Sache weitere Schritte gemacht werden könnten, müssen erst Unterlagen dafür von dem Anreger dieses Vorschlages, dem Grafen de La Vaulx in Paris, und von Dr. Heibig in Horn dem Verbände zugestellt und in den einzelnen Vereinen beraten werden.

Zu 10 sprach sich Herr Prof. Dr. Hergesell dahin aus, daß es ihm sehr erwünscht sei, wenn alle Vereine ihn an den internationalen Auffahrlstagen unterstützen möchten. Das Instrumentarium der Vereine soll von den wissenschaftlichen Instituten kostenlos geprüft werden. Zugleich bat er, daß die Beobachter sich an bestimmte Vorschriften bezüglich des Abiesens der Instrumente halten möchten. Besonders müssen Barometerdrucke und nicht Höhenangaben notiert werden.

Prof. Hergesell wurde gebeten, eine diesbezügliche Instruktion auszuarbeiten, und es wurde beschlossen, letztere im Verbandsjahrbuche aufzunehmen.

Der Punkt 11 führte zu einer längeren Auseinandersetzung, besonders da in einem .jüngst geschlossenen Karlellverbande die Unfall- und Haftpllicht-Versicherungs-Gesell-schaften Selbstfahrer mit in ihre Versicherungen aufgenommen, Luftschiffer dahin-

gegen vollständig ausgeschlossen haben. Es wurde beschlossen, daß die Vereine diese wichtigen Kragen mit Hilfe ihrer Juristen weiter verfolgen möchten.

Es soll ferner in den Vereinen eine Statistik über sämtliche vorgekommenen Unfälle aufgestellt werden und es soll auch das Luftschiffer-Bataillon in Herlin und die Luftschifler-Abteilung in München um Herausgabe bezüglichen Materials, wenn angängig, gebeten werden.

Das gesamte Material soll Herrn Geh. Regierungsrat Prof. Busley eingesandt werden, der beim Deutschen Versieherungs-Verbande betreffs seines die Luftschiffahrt ausschließenden Beschlusses vorstellig werden wird.

Gleichzeitig wurde Herr Gradenwitz gebeten, sich nach der englischen Gesellschaft, die den Grafen Zeppelin und seine Mitfahrer versichert hatte, Hr. Dr. Bamler, sich nach einer französischen Gesellschaft, die LuftschifTer versichert, zu erkundigen und das Resultat dem Verbandsvorsitzenden mitzuteilen.

Zu 12 stimmten alle Vertreter dem Vorschlage zu. dahin zu wirken, daß beim 25 jährigen Stiftungsfest des Berliner Vereins f. L. eine allgemeine Sportfahrt von Rerlin aus veranstaltet werde, wozu sie ihr Material dorthin schaffen wollten.

Zu 13. Ein Kartell mit Automobilklubs wird im Auge behalten bleiben, soll aber zunächst den einzelnen Vereinen überlassen werden.

Zu Ii. Ein Verbandsabzeichen für den Verband einzuführen, wird vorläufig noch nicht für tunlich gehalten. Es soll vorerst den einzelnen Vereinen überlassen werden, sich ein solches zu beschaffen. Das gemeinsame Zeichen soll später im Verein mit den fhmkten unter 9 und 12 beraten werden.

Zu 15. Eine Verbandsmtdaille soll gleichfalls im Zusammenhang mit Nr. 9 und 12 später zur Beratung gelangen.

Als nächste Zusammenkunft wurde das 25jährige Stiftungsfest des Berliner Vereins im Oktober 190f> in Berlin bestimmt.

Moedebeck, Schriftführer des Verbandsvorstandes.

Berliner Verein für Luftschiffahrt.

In der 242. Versammlung des Berliner Vereins für Luftschiffahrt am 19. Dezember wurden 20 neu angemeldete Mitglieder aufgenommen. Über im Dezember ausgeführte zwei Freifahrten berichtete Hauptmann v. Kehler. Die erste fand am 12. Dezember unter Leitung von Oberleutnant Boisseree stall. Seine Begleiter waren zwei Reserveoffiziere der Feld-Artillerie, Herr Dr. Vering und Herr Dr. Jerschke. Der um 3/410 Uhr aufgestiegene Ballon landete nach 0 Stunden bei Grossen. Das Wetter war wunderschön, der Wind nur so schwach, daß die Fahrt sehr langsam vor sich ging. Die Mitfahrenden erklärten sich sehr befriedigt. Weniger von klarer Luft begünstigt war die am 17. Dezember unter Leitung von Hauptmann v. Kehler von der Charlottenburger Gasanstalt aas unternommene Ballonfahrt, aber in ihrem Verlauf sehr zufriedenstellend. Als Begleiter waren 2 Herren aus Shanghai an Bord, Herr Dr. Vorwerck und Herr Krieg, die sich besonders vorgesetzt hatten, in Berlin an einer Ballonfahrt teilzunehmen. Im Beginn der Fahrt hielt sich der Ballon in 5—600 ra nach Osten treibend unterhalb der Wolkendecke und kreuzte bei Lebus die Oder. Oberhalb Schwiebus wurde beschlossen, die Wolkendecke zu durchbrechen, die sich indessen mächtiger erwies, als man gerechnet, sodaß 7 Sack Ballast geopfert werden mußten, um die 300 m mächtige Schicht bei 1050 m zu passieren. Oberhalb hatte man sich bis zu erreichten 2050 m aller Reize des von der Sonne beleuchteten Wolkeninceres einschließlich der Erscheinung des Brockengespensles zu erfreuen. Nachdem der Ballon 1 •> Stunden in dieser Höhe geblieben, wurde um */«3 Uhr durch die Wolkendecke abwärts zu gehen beschlossen. Bekanntlich geht ein Ballon auch ungern abwärts durch die Wolken, sodaß es vier kräftiger Züge am Ventil bedurfte, um bei 1300 in die Erde wiederzusehen. Anfangs war

es schwierig, sich zu orientieren; doch wurde bald ein großer Strom, den man erblickte, als die Oder bei Glogau erkannt. Der Ballon war also in der erreichten Höhe über den Wolken slark nach rechts abgetrieben worden. Nach einer kurzen Schleppfahrt wurde vor Sonnenuntergang bei Dombrowka nahe Hawitsch gelandet und zwar so glücklich mitten in eine die Fasanenjagd soeben beendende fröhliche Jagdgesellschaft hinein, daß eine Einladung des Jagdherrn, an dem bevorstehenden Schüssellreiben teilzunehmen, nicht abgeschlagen werden konnte und auch gern angenommen wurde, nachdem der Ballon verpackt und zur Eisenbahn auf den Weg gebracht war. Die beiden Herren aus Shanghai waren über diesen angenehmen Schluß der überaus glücklich verlaufenen Fahrt natürlich ganz besonders erfreut, die Jagdgesellschaft nicht minder über die vom Himmel gefallenen interessanten Gast«'.

Eine Mitteilung von Belang für die Finanzen des Vereins konnte der Vorsitzende Geheimrat Busley machen: Die preußische Staalseiscnbahnverwaltung hat auf Antrag des Vereins demselben für die Beförderung seines Ballongerätes den gleichen ermäßigten Tarifsatz gewährt, den die Militärverwaltung genießt. Die Tarifermäßigung ist wesentlich der Befürwortung des Kriegsministers zuzuschreiben, an den der Vorstand ein Dankschreiben gerichtet hat.

Der g 11 der Vereinssatzungen soll nach Erwägung und auf Empfehlung des Vorstandes eine Änderung in dem Sinne erfahren, daß an Stelle eines stellvertretenden Schriftführers bezw. Schatzmeisters künftig zwei Beisitzer gewählt werden. Die Versammlung erklärt sich ohne Widerspruch damit einverstanden, daß satzungsgemäß diese Statutenänderung behufs endgültiger Annahme auf die Tagesordnung der nächsten Sitzung gc-stellt wen!»'.

Der von vielen Fahrten in seiner oberen Hälfte bereits stark mitgenommene Ballon «Süring» soll, da seine untere Hälfte noch allen Ansprüchen an Festigkeit und Dichtigkeit genügt, der Firma Biedingcr in Augsburg für den Preis von 50° o eines neuen Ballons zur Beparatur durch Erneuerung der oberen Ballonhälfte übergehen werden. Es darf gehofft werden, daß der so verjüngte Ballon noch HO—40 Fahrten wird machen können. — Als Bechnungspriifer werden die Herren Dielitz und Gumpretht erwählt. — Die im neuen Jahre etatsmäßig anzuschaffenden bezw. schon beschafften 3 Ballons sollen, der 1100 cbm haltende den Namen «Heimholte», der 800 cbm große Wasserstoffballon den Namen «Assmann» und ein erst noch zu bestellender 1-HiO cbm-Ballon den Namen «Bezold» erhalten, — Herr Bentier Müller, mehrfach als Donalor dankenswert betätigt, soll in die Reihe der stiftenden Mitglieder aufgenommen werden. — Der Etat für die Ausstellung des Vereins in St. Louis hat aus den mehrfach erörterten Gründen überschritten werden müssen. Die Mehrkosten werden zwischen 800—1000 Mark betragen. Der Vorstand beantragt, diese Überschreitung zu genehmigen; die Versammlung stimmt bei.

Hierauf erhielt Hauptmann von Tschudi das Wort, um seinen in letzter Sitzung erstatteten Bericht über die Luftschiffahrt auf der Wellausstellung in St. Louis, der nur selbst Gesehenes und Beobachtetes enthielt, durch die ersl nach seiner Abreise von St. i/ouis zum Abschluß gelangten Versuche mit lenkbaren Ballons auf Grund von aus St. Louis eingegangenen Mitteilungen zu ergänzen. Danach hat von den 3 Ballons, die anfangs September zum Aufstieg bereit und teilweise gefüllt waren, keiner ernslhaft bei der Bewerbung um den 1U0000 Doll.-Preis in Frage kommen können, obgleich der Termin für den Wettbewerb bis zum 1. Dezember verlängert worden war. zumal die Gaserzeugungsanlage mehrfach versagt hatte. Von den früher beschriebenen 3 Ballons hat der kleine Baldwinschc Ballon von nur 2öo cbm, abgesehen von kleineren Havarien, schließlich noch das Beste geleistet. Man sah ihn wiederholt über die Ausstellung, auch über die Stadt hinweg fliegen und stets landete er ganz sanft und geschickt. Er entflog nach seiner letzten Fahrt, wo den gelandeten Ballon zwei Automobile ins Schlepptau nahmen, beim Überschreiten einer elektrischen Drahtleitung. Der Ballon <Benbow-Montana», welcher anfangs September fertig war, aber von der Last zweier Flügelräder befreit werden mußte, war Ende Oktober endlich bereit; doch erwies er sich noch zu schwer,

vielleicht infolge zu schweren Gases, sodaß er sich nicht höher als 1Ü Fuß vom Roden zu erheben vermochte und sich in dieser geringen Höhe auf eine Rundfahrt in dem beireffenden Hofe der Ausstellung beschränken mußte. Bedauerlich war auch das Ende des Francoisschcn Ballons. Er wurde bei seinem ersten Aufstieg zunächst an Seilen gehalten, um die Leistungsfähigkeit des Motors zu probieren. Da sich alles gut anließ, gab der französische Luftschiffer auf dem Ballon den die Seile haltenden Leuten den Befehl, den Ballon freizulassen. Die Leute verstanden aber falsch, der Franzose, der kein Wort Englisch sprach, wußte sich mit ihnen nicht zu verständigen, so geriet der Ballon stall ins Freie in unangenehme Berührung mit der hohen Einfriedigung und verlor durch ein Leck sein Gas. Hiermit war leider das Ende dieser Konkurrenz lenkbarer Ballons besiegelt. Besser war das Ergebnis des Drachenwettbewerbes, wovon 18 Drachen (verschiedener Systeme, aber sämtlich ohne Schwanz!; teilnahmen. Den Preis erhielt ein Drachen, der als Einzeldrachen ohne Vorspann 2505 Fuß Höhe erreichte. Bei dem Wettbewerb «um den steilsten Winkel» wäre wohl Major Baden-Powells Drachen Sieger geblieben. Doch war die Bedingung gestellt, der Drachen müsse 2 Stunden in der Luft bleiben, und dieser Bedingung konnte nicht entsprochen werden, weil vorher das Kabel brach.

Ein ähnliches Mißgeschick hatte der Gleitflieger Ghanutc, von dessen System früher berichtet worden ist. Das Kabel riß, nachdem eine gewisse Höhe erreicht war, und der Apparat landete früher, als beabsichtigt war, auf dem Asphalt, wobei sich der Fahrer das Bein verstauchte. Nach allem muß gesagt werden, daß das Ergebnis eines mit großen Hoffnungen angekündigten Wettbewerbes ein bedauerlich recht geringes war.

Geheimrat Busley berichtete zum Schluß ausführlich über den Luftschiffertag, der am 4. Dezember 1904 in Leipzig stattgefunden hat und von allen 7 deutschen Luftschiffahrtvereinen beschickt war. Da an anderer Stelle dieser Zeitschrift ein ausführlicher Bericht über diese Versammlung erscheint, unterbleibt hier die Berichterstattung darüber. A. F.

In der 243. Sitzung des Berliner Vereins für Luftschiffahrt, die zugleich Hauptversammlung und für die Erneuerungswahl des Vorstandes bestimmt war, wurden 16 neue Mitglieder, darunter eine Dame, aufgenommen. Erster Punkt der Tagesordnung war ein Vortrag von Hauptmann Härtel über eine Ballonfahrt von Berlin nach dem Riesengebirge. Der Vortragende, Hauptmann beim 68. Sachs. Fcld.-Art.-Rgt., ist eifriger Amateurphotograph und hat die Ballonfahrt, der er sich nicht als Luftschiffer von Beruf, sondern aus einem tiefen Interesse an der Luftschiffahrt am 19. Juli v. Js. anschloß, zu zahlreichen photographischen Aufnahmen der überdogenen Landschaften aus verschiedenen Höhen benutzt Diesen durch den Projektions-Apparat vorgeführten, diskret kolorierten und zumeist trefflich gelungenen Lichtbildern diente der anschaulich und lehrreich schildernde, von frischem Humor durchwehte Vortrag als Erläuterung. Ein Vortrag solcher Art darf als ein wohlgelungener Versuch gelten, die Hörer durch die Schilderung gleichsam mitreisen und an den reizvollen Wandelbildern von Ballonfahrten teilnehmen zu lassen. Bisher schien dies nur nach Reisen zu Lande oder zu Wasser möglich, wenn die Reisenden llcißig im Photographiercn gewesen waren. Die Möglichkeit ist fortan nicht mehr auf letztere beiden Formen des Reisens beschränkt. Man sage nicht, die Aufnahmen aus dem Ballon seien minderwertig, mehr Kuriosa als Bilder, weil sie uns die Dinge ganz anders zeigen, als diese uns vertraut sind, und die Einzelheiten häutig in ungenügender Klarheit. Letzteres ist höchstens bei ungünstigen Beleuchtungsverhältnissen oder bei Aufnahmen aus großen Höhen der FaU und an dem ersteren Urteil ist nur soviel Wahres, daß die Dinge uns, bevor wir sie auf solchen Bildern richtig sehen lernen, eigenartig und fremdartig anmuten. Dagegen besitzen, wie die Härteischen Bilder überzeugend darlun, Ballonphotographien den großen und in ihrer Art einzigen Vorzug, überall weite Fernsichten zu zeigen und dem Beschauer einen Abglanz der Freude zu vermitteln, welche für die meisten Menschen mit der Betrachtung der Welt von hohen Punkten aus verbunden ist. Man behauptet nicht mit Unrecht, daß

weite Aussichten auch die Herzen weiten, und man versteht den Vortragenden daher und wird zur Mitempfindung bei Vorführung seiner Milder hingerissen, wenn er von der nicht endenden Freude an den wechselnden Hildern da unten während seiner langen Fahrt spricht und meint, er habe nur schauen, immer wieder nur schauen können. Freilich traf er"s auch besonders günstig mit einem der vielen sonnigen Tage des letzten Julimonats, der ihm mit ganz wenigen Unterbrechungen die sommerliche Erde unausgesetzt zu sehen erlaubte, und seihst Unterbrechungen durch vorübergehende Bewölkung gaben Gelegenheit, neue Beize der Ballonfahrt kennen zu lernen und auf die Blatte zu bannen, das wogende Wolkenmeer unter dein Ballon, die zierlichen Bildungen der Windwolken darüber, das Spiegelbild des Ballons auf der Wolkenwand und die schönste dasselbe einrahmende Aureole. Als Hauptmann Härtel sich am Morgen des 19. Juli nach der Charlottenburger Gasanstalt begab, wo Füllung und Abfahrt des Ballons stattfinden sollte, sah es nicht so aus, als werde man die Fahrt antreten können. Es hatte über Nacht gerejinet und ein dichter Nebel lag über der Erde. Doch der Führer des Ballons, Dr. Bröckelmann, war besserer Hoffnung und begründete diese durch den blauen, zwischen den Nebelschleiern durchschimmernden Himmel. Dr. B. behielt Becht und der Regen der Nacht erwies sich für die Absichten von Hauptmann Härtel und des zweiten Begleiters, Professor Poeschel aus Grimma, insofern als segensreich, als ohne ihn es keine malerischen Haufenwolken und später über dem Oueistal keinen aufbrauenden Nebel und keinen Blick auf ein wogendes Wolkenmecr zu Füßen gegeben hätte. Hauptmann Härtel war schon während der Vorbereitungen zur Füllung und Abfahrt mit seiner vorzüglichen Ernemann-Gamera eifrig an der Arbeit. Die aufgenommenen Bilder gestatteten ihm eine für die aus Damen und Herren, nicht bloß aus erfahrenen Luftschiffern. zusammengesetzten Zuhörerschaft sehr anschauliche Darstellung dieser für die Ungeduld der Wartenden stets etwas langwierigen Vorgänge. Endlich erhob sich der Ballon, und ein erstes Bild ans mäßiger Höhe porträtierte die nachschauende, bunt zusammengesetzte Gesellschaft. Oberhalb der Kaiser-Wilhelm-Gcdächtniskirchc gab es eine zweite, über dem Lützowplatz eine dritte, über dem allen botanischen Garten eine vierte, über den Gleisen der Anhalter Bahn eine fünfte Aufnahme. Dann war der Ballon im Freien, oberhalb des Tempelhofer Feldes und schon so hoch, daß man nordwestlich den Spiegel des Tegeler Sees erblickte. Man hatte auf eine mehr südliche Dichtung des Ballons gehofft, auf eine Landung etwa in der sächsischen Schweiz, der Ballon aber schlug genau südöstliche Richtung ein. Die Höhe der Fahrt wechselte zwischen ISO m, die bei Muskau, und 3100 m, die in der Nähe von Görlitz erreicht wurde. Der Vortragende ist auf der ganzen Strecke mit Photographieren außerordentlich fleißig gewesen. Von seinen zahlreichen Aufnahmen seien erwähnt die Gegend, um Königswusterhausen, der Spreewald, Cottbus, das senkrecht unter dem Ballon lag und bei der mäßigen Geschwindigkeit des Fluges von nur 30 km die Stunde mehrfach abkonterfeit werden konnte, dann Muskau mit dein Schloß, Rothenburg in der Lausitz aus 2700 rn Höhe u. s. f. Görlitz blieb weit rechts, Lauban wenig links liegen; doch gelang von letzlerem aus 2700m Höhe eine gute Aufnahme und vor allem glückte die treue Wiedergabe eines mächtigen Waldbrandes, der — wie man später erfuhr — gerade in seiner stärksten Entwickclung auf die Platte gefesselt worden war. Oebirgsgegenden enttäuschen auf Ballonphotographien insofern, als die Berge plattgedrückt erscheinen. Vielleicht halle es deshalb für die Zwecke des Vortragenden auch nicht viel auf sich, daß jetzt die oben schon gedachte Wolkenbedeckung eintrat, doch nicht für lange; denn bei Erreichung des Hirschberger Tales zerriß der Wolkenschleier und es gelangen wieder zahlreiche Aufnahmen, wovon leider acht bei der Landung zugrunde gegangen sind. Eins der interessantesten Bilder von diesem Teil der Reise aber konnte gezeigt werden: Der Gipfel des hohen Rades und die Prinz-Heinrichbaude aus einer den Kamm beträchtlich überragenden Höhe. Bei Giersdorf in der Nähe von Warmbrunn erfolgte die Landung, nicht ohne das Ungefähr, daß der fallende Korb eine Baumkrone mitnahm und mit der Telegraphenleitung in Berührung kam. Hauptmann Härtel hat auch diese letzten Momente der Fahrt besonders ausgiebig

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Photographien, sie wirken als Genrebilder; von Kultivierung dieser Kunstgattung hatten übrigens vorher schon einige Interieurs aus dem Ballon, <Die LuftschilTer beim Frühstück», Zeugnis abgelegt. Der Vortragende bewies hierdurch, daß er allen Seiten einer glücklichen Ballonfahrt gerecht zu werden verstand. Die gleiche Gründlichkeit bewährte auch sein Vortrag (der im allgemeinen an die anregende Schilderung der Fahrt vom Prof. Poeschel in Nr. 2 und 3 der < Grenzboten» 05 angelehnt war) in der Beschreibung des Gebrauchs der Instrumente, der Ballastverwaltung, der Anwendung der Zugleine und des Schleppseils u. s. f. Besonders anschaulich gestaltete sich im Gegensatz zu dem sanften Schwimmen des Ballons nach erreichter Gleichgewichtslage die Schilderung des Wechsels von Aufstieg und Fall des Ballons wie man beim schnellen Fall die Bäume und Häuser sich entgegenkommen und den vom Ballon auf die Erde geworfenen Schatten immer schärfer und bestimmter werden sieht, und wie man den Wiederaufstieg merkt am Zurückbleiben ausgeworfener Papierschnitzel und erleichtert aufatmet, daß es wieder aufwärts geht. Hauptmann Härtel empfing am Schluß seines Vortrages lebhafte Beifallsbezeugungen, die ihm bewiesen haben werden, daß seine Zuhörerschaft diese erste erfolgreiche Betätigung eines fruchtbaren Gedankens wohl zu schätzen wußte.

Der Bericht des Vorstandes über das abgelaufene Geschäftsjahr gab Kunde von dem erfreulichen Anwachsen des Vereins. Anfang 1904 betrug seine Mitgliederzahl 062, jetzt 708, darunter 18 Damen. Freifahrten wurden 66 veranstaltet, 17 Sonder-,

1 wissenschaftliche, 38 Normal- und 10 Fahrten, zu denen Vereinsballons nach außerhalb verliehen waren. Von diesen 66 Fahrten nahmen ihren Ausgang in Berlin 47. in Posen 7, in Paderborn 4, in Graudenz 2 und je eine in Neumünster, Thorn, Salzwedel, Bitterfeld, Weimar und Breslau. Die durchschnittliche Länge der Ballonfahrten war ziemlich genau wie im Vorjahr, nämlich 100 km. Die Führer-Qualifikation wurde an 4 Herren erteilt, nämlich an die Herren: Frhr. v. Hewald, Ltnt. d. Res. Plaß. Ltnt. v. Neumann und Geh. Reg.-Rat Rusley. Unter den Vereinsmitgliedern besitzen jetzt 118 diese Qualifikation, während im ganzen 398 bereits aufgestiegen sind. Das Ballon-Inventar besteht z. Z. aus den 4 Bations <Süring«, «Sigsfeld», «Helmholtz» und «Aßmann», von denen die ersten beiden je 69. die beiden letzten 10, resp. 8 Fahrten hinter sich haben. Die Vermögensverhältnisse des Vereins sind befriedigend. Zur Zeit verfügt derselbe außer dem Inventar über einen Vermögensbestand von ca. 7900 Mk. Nach dem Bericht der zur Prüfung eingesetzten Rechnungskommission wurde dem Vorstände Entlastung erteilt.

Rei der hierauf folgenden Vor Stands wähl wurde durch Zuruf der bisherige Vorstand wieder gewählt, mit der Abänderung, daß an Stelle von Rittmeister Broecking, der von Berlin verzieht, Professor Dr. Miethe gewählt wurde. Rechtsanwall Eschenbach sprach dem Vorstand den Dank der Versammlung für seine erfolgreiche Tätigkeit aus.

Die Beschlußfassung über die in der letzten Vereinsversainmlung beratene Aen-derung des § 11 der Satzungen ergab einstimmige Annahme dieser Aenderung.

Seit letzter Sitzung haben zwei Ballonfahrten stattgefunden, über welche Hauptmann v. Kehler berichtete. Die Ballonfahrt am 20. Dezember war die erste Fahrt von Bitterfeld aus mit Wasserstoffgasfüllung. Als Führer des 600 cbm großen Ballons «Aßmann» fungierte Hauptmann v. Kehler. seine Begleiter waren die Herren Geheimrat ßusley und Bolte. Die Füllung dauerte etwa 3 Stunden, wird sich künftig aber auf

2 Stunden verkürzen lassen. Die interessante, 3S/« Stunden dauernde Fahrt ging in ostnordöstlicher Richtung und endete nach Zurücklegung von 214 km in der Nähe von Schwiebus, in Malkendoif bei Lagow. Die Geschwindigkeit war durchschnittlich 75 km in der Stunde, in der letzten halben Stunde wurden indessen 45 km zurückgelegt. Die Höhe der Fahrt war zwiseben 250 und 400 m. Trotz ziemlich starken Unterwindes im Augenblick der Landung ging letztere glatt vor sich. Nachdem man im wahren Sinne des Wortes aus dem Korb herausgekrochen und bei fürchterlichem Regenwetter sehr naß geworden war, hatte man not, den Ballon zu bergen, weil in Malkendorf niemand fahren wollte. Endlich konnte man wenigstens einen Wagen bis Lagow bekommen und von hier einen

neuen Wagen nach der nächsten Bahnstation. In Lagow wurde gute Beköstigung gefunden. Die zweite Ballonfahrt erfolgte am 4. Januar unter Führung von Ltnt. Ribben-tropp von Magdeburg aus, unter großer Beteiligung der Einwohnerschaft. Sie endete bei sehr unsichtigem Wetter nach 2 '/»Stunden in der Nähe von Wittenberg. Die 3 mitfahrenden Herren waren: Eint. v. Schröder, Ltnt. Hirsch und Ltnt. Slruve. Die Geschwindigkeit betrug 30 km in der Stunde, die erreichte Hübe 1100 m. A. F.

Münchener Verein für Luftschiffahrt.

In der ersten Sitzung des Jahres 1005, die am Dienstag den 10. Januar, abends 8 Uhr, im Vereinslokal «Hotel Stachus> begann, hielt zunächst Herr K. v. Bassus einen Vortrag «über die Abbildung von Gewässern in Wolkendecken».1) Diese Erscheinung ist schon mehrfach von verschiedenen Luftschiffern beobachtet worden. Der Vortragende hat nun bei zwei im Herbst des Jahres 1004 unternommenen Ballonfahrten, bei denen das Phänomen besonders deutlich auftrat, eine Reihe trefflich gelungener photographischer Aufnahmen davon gemacht, die er der Versammlung zusammen mit den zugehörigen Karten und Fahrtendiagrammen vorlegte. Bäche erscheinen in der Wolkendecke als Furchen, größere Wasserläufe und Moose als förmliche Täler bezw. strukturlose Flächen, die von feinem durchsichtigen Dunst erfüllt sind. Auch von unten ist die Erscheinung in günstigen Fällen sichtbar. Eine ruhige zusammenhängende und nach oben scharf und cumulusartig begrenzte lose Wolkendecke ist besonders geeignet für diese Abbildungen; einen je glatter geschichteten Charakter die Wolkendecke annimmt, desto schwächer werden die Abbildungen. Für diese scharfe obere Begrenzung des Wolkenmeeres ist die Temperaturinversion ein wichtiger meteorologischer Faktor. Eine einwurfsfreie Erklärung dieser interessanten Abbildungen steht noch aus. Nachdem beifällig aufgenommenen Vortrag, an den sich noch eine kurze Diskussion schloß, eröffnete der erste Vorstand, Herr Generalmajor Neureuther, die für diesen Abend ordnungsmäßig einberufene Generalversammlung. Nachdem die Abteilungsvorstände und der Schatzmeister ihre Berichte erstattet hatten, wurde die Vorstandschaft für das Jahr 1005 gewählt. Sie setzt sich aus folgenden Herren zusammen:

I. Vorstand: Generalmajor K. Neureuther

II. Vorstand: Prof. Dr. K. Heinke Schriftführer: Oberleutnant A. Vogel Schatzmeister: E. Stahl, Revisor: H. Russ. Vorstand der Abteilung I: Dr. R. Emden

» » » II: Hauptmann K. Weber

III : Dr. 0. Rabe.

Beisitzer: Prof. Dr. P. Vogel; Hauptmann E. Dietel; Prof. Dr. M. Hahn; F. Febr.

Nach lebhafter Debatte schloß der I. Vorstand die Sitzung um 11 Uhr abends.

Dr. Otto Rabe.

Mitteilungen aus Schweden.

Nachdem die schwedische Aeronautische Gesellschaft, zufolge des Verlustes ihres einzigen Ballons «Svenske* und ermangelnder Mittel zum Einkauf eines neuen Ballons, zu einem jahrelangen Abbruch ihrer Wirksamkeit gezwungen war, ist sie nun wieder, durch die in den «III. Aeron. Mitt.» vom Mai 1004 erwähnte Sammlung, instand gesetzt, einen neuen Ballon anzuschaffen und dadurch eine lebhafte und hoffentlich auch nützliche Arbeit zu entwickeln.

Der Ballon, welcher von A. Riedinger in Augsburg um einen Preis von 6500 Mk. geliefert wurde, ist ein Kugelballon des preußischen Militär-Modells. Er wurde dem Vereine

«) ijichn Ann ausführlichen Aufsalz im Januarheft m«5 dieser Zeitschrift, Ke<i.

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am 20. Augast v. J. versandt und nachdem er den Namen «Andree ► zum Andenken an den schwedischen Polarfahrer erhalten, machte er seine erste Auffahrt am 27. September. Führer dieser Fahrt war Ingenieur Frankel, welcher für die Förderung der Aeronautik in Schweden ein lobenswertes und selbstaufopferndes Interesse an den Tag gelegt hat. Als Passagiere nahmen teil der Meteorologe Herr Doktor J. Westman und der Journalist Herr S. P. Sigurdh.

Anfangs hatte man die Absicht, nur zwei Personen mitzunehmen, da der Netto-Auftrieh mit Leuchtgasfüllung nur zu 375 kg angegeben war. Da sich aber beim Abwägen zeigte, daß man außer drei Passagieren mit Ausrüstung dennoch 325 kg Ballast mitnehmen konnte, wurde beschlossen, drei Personen auffahren zu lassen. Außerdem entschloß man sich, eine Dauerfahrt zu wagen, obwohl das Wetter und die Windverhältnisse gar nicht lockend, ja sogar riskant waren, da es heftig regnete und der starke südliche Wind den Ballon nach einer Stunde über die Ostsee hinaus führen und denselben der damit verbundenen Gefahr aussetzte, besonders da die Abfahrt nicht vor Dämmerung stattfinden konnte.

Um 5 Uhr nachmittags ging die Auffahrt von dem «Idroltspark» in Stockholm von stalten und der « Andree» war in einigen Augenblicken in den niedrig gehenden Regenwolken verschwunden.

Betreffs der Fahrt überlasse ich das Wort dem Ingenieur Frankel, welcher nach der Landung nachfolgendes Telegramm an «Stockholns-Tidningen» absandte:

«Fünf Minuten nach der Auffahrt befanden wir uns schon in den Wolken. Der Ballon stieg in kurzer Zeit über dieselben. Wir sahen den Boden nicht mehr, aber wir hörten zwischen 518—564 Uhr das Bassein des Schnellzuges, Hundcbellen und andere Landlaute und von fern das Brausen des Meeres. Um G" Uhr passierten wir einen kleineren See und da eine Landung zufolge der großen Geschwindigkeit nicht ausführbar war, mußten wir um 620 Uhr über die tönenden Brandungen auf das Meer hinausfahren. Die verfügbare Ballastmenge betrug noch 225 kg.

Die Fahrt wurde durch dichten Nebel fortgesetzt, immerfort mit dem Brausen der Wellen unter uns. Gegen 8 Uhr schien letzteres abzunehmen, aber um '/» H Uhr nahm es wieder zu. Um lls: Uhr begann der Nebel sich auf dem Ballon zu kondensiren, so daß das Wasser über uns herabströmte, was bis zum F.nde der Fahrt fortging.

Um Mitternacht befanden wir uns auf einer Höhe von 1075 m. Die Temperatur war -f-7,4°C. Wir waren uns nicht bewußt, weder wo wir waren, noch welchen Kurs wir hielten, aber wir hatten Ursache, zu vermuten, daß die Fahrt gegen Finland oder längs «Bottniska viken» ging.

Als der Ballon sich um l3* Uhr senkte, fanden wir, daß ausgeworfene Papierstreifen auf einer größeren Höhe gegen Südost flogen — unsere Fahrt ging also in nordwestlicher Bichtung —, was uns vcranlaßtc, anzunehmen, daß der Ballon auf ein höheres Niveau gegen schwedisches Land trieb. Um l65 Uhr hörten wir ein gewaltiges Wellenbrausen im Westen, welches bis um 2ao Uhr fortdauerte, da wir die Brandungen unter uns hörten und bemerkten, daß wir die Küste passierten.

Um 2" Uhr sahen wir den Mond eine kurze Weile und um 3 Uhr gelang es uns, eine Mondhöhe zu messen. Als wir um 311 Uhr das Brausen der Brandungen wieder deutlich hörten, senkten wir uns, um sicheren Kurs zu nehmen. Da dieser sich östlich zeigte, senkten wir uns weiter und fuhren bisweilen dicht über die Gipfel der Bäume, um den Ballon zu jeder Stunde aufreißen zu können und einer neuen Fahrt über das Meer zu entgehen.

Um 337 Uhr passierten wir einen Wasserfall, wahrscheinlich «Gidebackaforssen»> und gleich darauf hörlen wir wieder das Brausen des Meeres.

Nun senkten wir uns wieder bis zu den Gipfeln der Bäume und, in der Lee einer Höhe angekommen, trieben wir sehr langsam über eine Waldlandschaft hervor. Der Nebel war so intensiv, daß wir von einer Höhe von 10 m nicht unterscheiden konnten, ob wir festen Boden oder einen Sumpf unter uns hatten.

Um 415 Uhr macliten wir den Ballon an einer Tanne fest, aber wir hatten die Absicht, den Sonnenaufgang zu erwarten, um, nachdem wir neuen Ballast eingeschossen, wenn es möglich sei, die Reise fortzusetzen. Der Ballon wurde heruntergeholt, worauf ein Mann aus der Gondel herausstieg, um denselben fesler anzubinden. Um 4Si Uhr standen wir alle auf dem festen Boden.

Als unterdessen der südwestliche Wind starker wurde und es zu befürchten stand, daß der Ballon gegen die Bäume geschleudert und beschädigt werden konnte, wurde die Reißbahn um 5" Uhr vormittags geöffnet.

Nachdem der Ballon eingepackt war, fanden wir, daß wir ungefähr 1 km von dem Meerufer, 1 km von dem Dorf «Salubölc» und 2 Meilen nördlich von Husum gelandet waren.

Die größte erreichte Höhe während der Fahrt war ca. 1 350 m, die Temperatur wechselte zwischen 6,4° und 9,9° C.

Ballon, Instrumente und Passagiere befinden sich in bester Kondition.»

Aus diesem Telegramm gehl hervor, daß der Ballon in den höheren Luftschichten in westlichen Wind gelangt ist, der mit einer Geschwindigkeit von ca. 40 km in der Stunde ihn um ungefähr ';* " Uhr nachmittags über die Ostsee gegen das linländische Land trieb. In eine neue Windrichtung gekommen, trieb er gegen die schwedische Küsle zurück, welche er um '/« $ Uhr am folgenden Morgen passierte, um nachher 00 km nördlich von Örnsköldsvik nach einer ca. 500 km langen Fahrl zu landen. Im Vortrag, den Ingenieur Frankel bei der Versammlung des schwedischen LuftsehifTer-Vereine am 8. Oktober hielt, erwähnte er außerdem u. a., daß während der ganzen Fahrl wissenschaftliche Beobachtungen von Herrn Dr. Westman unternommen wurden und daß der Ballon die ganze Reise hindurch sich auf einer Höhe von 1000—1350 rn gehalten hat mit einem Teinperaturwechsel zwischen 0,5 bis • - 9" G. In derselben Versammlung beschloß der Verein, daß der «Andree » am ersten Donnerstag jeden Monats an den internationalen Aufstiegen teilnehmen solle, die. wie bekannt, an diesen Tagen an verschiedenen Orten stattfinden. Am Donnerstag den 3. d. Mls. war auch ein solcher Aufstieg bestimmt, welcher von Eskilstuna vorgenommen weiden sollte, aber infolge des starken Windes mußte man den Ballon im letzten Augenblick reiben und aus der Auffahrt wurde also diesmal nichts.

Da mehrere Meteorologen von wissenschaftlichem Ruf. Mitglieder der Physischen Gesellschaft, in den Luftschiffer-Verein eingetreten sind in der Absicht, als wissenschaftliche Beobachter an den Ballonfahrten teilzunehmen (die Resultate dieser Fahrten werden u. a. von Professor Bjerknes und Amanuens Sandströin bearbeitet), ist zu hoffen, daß Schweden, wenn auch bis auf weiteres nur in geringem Grade, zur Lösung der vielen dunklen Probleme in Betreff der Atmosphäre mitwirken kann.

Außer der Wirksamkeit der schwedischen Aeronautischen Gesellschaft mit dem Ballon « Andree » haben im Laufe des letzten .lahrs auch Aufsliege mit einem Ballon «Svenske II • stattgefunden, welcher durch private Tätigkeit beschafft worden ist und dessen Fahrten, mit wenigen Worten zu erwähnen, vielleicht von Interesse sein möchte.

Der «Svenske II», der dem Leutnant Hamilton gehört, ist von derselben Konstruktion wie der Ballon «Svenske» und wurde beim Ballonfabrikanten Malle in Paris, unter der Aufsicht des Herrn Hauptmann Unge. verfertigt. Der Kubikinhalt ist 1000 cbm, also ist der «Svenske II» 550 cbm kleiner als sein Namensgenosse.

Ehe der Ballon nach Schweden gesandt wurde, wurde er den Mitgliedern des Aeroklubs in Paris vorgeführt, wo er eine schmeichelhafte Aufmerksamkeit auf sich zog. Mit demselben wurde sodann auch eine Probereisc von Paris aus vorgenommen mit Herrn Hauptmann Unge als Führer. Passagiere waren der schwedisch-norwegische Militär-Attache in Paris, Freiherr Adelsvärd. und Leulnant Ljungman. der bekannte Erlinder des neuen Mililär-Feld-Fernsprechers. Der Ballon landete nach einer Reise von 4 Stunden bei der Stadt Joigny. 140 km S. S. O. von Paris.

Seit dem der «Svenske II» Milte Dezember 1903 in Schweden angekommen

ist, sind mit demselben drei kürzere Freifahrten mit dem Herrn Leutnant Hamilton als Führer unternommen worden. Hei der zweiten von diesen Fahrten stieg zum erstenmal in Schweden eine Dame (Frau Norinder) mit auf.

Beim dritten Aufstieg war eine Ballonjagd veranstaltet worden, welche durch Heiter und Automobilfahrcr ausgeführt wurde. R. J. — d.

Bericht aus Spanien.

Krfreulicherweise scheint sich auch bei uns in Spanien die Luftschiffahrt nunmehr als Sport in zivilen Kreisen zu entwickeln. Am 18. Dezember 1904 wurde von Don Jesus Fernandez-Duro. einem hervorragenden spanischen Sportsmann, in Begleitung von Don Guisasola von der Gasanstalt zu Madrid aus die erste Freifahrt gemacht. Herr Fernandez-Duro ist Mitglied des Aeroklubs in Paris und hat daselbst bereits mehrere Freifahrten gemacht. Zur Einbürgerung des Luflsports in Spanien hat er sich von Maltet in Paris einen eigenen Ballon «Aleotan» von 1000 cbm Inhalt aus gefirnißtem Perkaie anfertigen lassen. Die erste Fahrt ging in südwestliche Dichtung. Die Landung vollzog sich gegen 5so abends bei Oropcsa, in der Provinz Toledo, unter Hilfeleistung seitens einiger Hirten in glatter Weise. Er erreichte 1650 m Hohe und legte eine Strecke von 160 km, in gerader Linie gemessen, zurück.

Am 20. Dezember fuhr der «Aleotan» von neuem unter Führung seines Besitzers auf, begleitet von den Herren Mazas und Liniers.

In den spanischen Manövern sind in diesem Jahre die MilitärluftschifTcr leider nicht zur Verwendung gekommen. Der Tod Ihrer Königl. Hoheit der Prinzessin von Asturien hat eine frühzeitige Beendigung derselben vor dem Einsetzen der Luftschifferabteilung zur Folge gehabt.

Gelegentlich des Besuchs des Chefs, der Lehrer und Schüler der Infanterie-Akademie von Guadalajara im Luftschifferpark am 20. Oktober 1904 wurde indes neben Drachenballon-Aufstiegen von Oberst Vives y Vieh auch eine Freifahrt befohlen im Kugelballon «Mercui ia> von 640 cbm, erbaut aus französischer Seide von Godard. Der Ballon stieg gegen 10 Uhr 50 Minuten vormittags auf mit den Luftschiffer-Offizieren Leutnants Kindelän und Durän. Der Ballon, sehr gut geführt, blieb 21 Stunden 30 Minuten in der Luft. Die Landung erfolgte am 27. Oktober gegen 8 Uhr 20 Minuten in der Gegend von Lugo (im nordwestlichen Spanien), von wo aus das kantabrische Meer bereits gesichlet wurde. Die Flugweite betrügt 360 km, als Maximalhöhe wurden 25-10 m erreicht. Obgleich man auf Mondhelle rechnete, blieb der Himmel ziemlich bedeckt und die Gebirgskette der Sierra de la Estrella nach Portugal hin mußte in tiefster Dunkelheit überflogen werden, weil man bei der Abfahrt nicht an Vorbereitungen für eine Nachtfahrt gedacht hatte. Aber bei der geringen Fahrgeschwindigkeit des Ballons und bei dem großen Ballastvorrat, den die Fahrer beim Sonnenuntergang noch hatten, beschlossen sie, trotz der Kälte in der Nacht, oben zu bleiben. Auch hofften sie, daß der Mond ihnen den Weg beleuchten würde. Jedenfalls haben sie sich hei dieser Fahrt als gute Luftschiff-fiihrer erwiesen. de P. R.

je

Bibliographie und Litoraturbericht

Jahresbericht des Wiener At'roklub Uber das Yereinsjahr 1904. Wien. Verlag des Aeroklub 1905, 59 Seiten 12X20 cm, 5 Bilder. Der Wiener Aeroklub, der unter Protektion S. K. u. K. Hoheit des Erzherzogs Franz Ferdinand steht, kann auch in seinem 4. Vereinsjahr auf eine recht rührige, diesmal allerdings mehr wissenschaftliche als sportliche Tätigkeit zurückblicken. Die Folge davon ist denn auch, daß sich die Mitgliederzahl des Klubs auf der alten Höhe von 71 Personen erhalten konnte. Mit Hinzurechnung des hohen Protektors, der Einen-

und Stiflenden Mitglieder erhöht sieh die Zahl auf 77 Personen. Im Jahre 1904 hat der Klub in der Zeit vom 13. April bis 0. November im ganzen 10 Ballonfahrten veranstaltet, von denen die Hälfte wissenschaftliche waren. An letzteren beteiligten sich besonders die Meteorologen Dr. Schiein und Dr. Valentin. Erfreulich war. daß der niederösterreichische Landlag in Anerkennung dieser Unterstützung der Wissenschaft dem Klub offiziell seine Anerkennung aussprach und ihm außerdem für 1905 eine materielle Unterstützung von 1000 Kronen zuwandte. Auch der Vercinsvorsitzende Herr V. Silberer bat der Vereinskasse eine Spende von 800 K. zu wissenschaftlichen Fahrten überwiesen. Der Präsident hat ferner den Wiener Gemeinderat, dem er persönlich angehört, um eine Subvention von 1000 K. gebeten, deren Bewilligung zu erwarten steht. Ferner hat der Aeroklub im letzten Vereinsjahr eine aeronautische Klub-Bibliothek gegründet, die sich eines großen Beifalles erfreut.

Bei den IG Vereinsfahrten im Jahre 1904 wurden 5*87,5 km zurückgelegt, also durchschnittlieh 01.7 km pro Fahrt. An diesen Fahrten nahmen 10 verschiedene Herren Mitglieder und 2 Gäste (Damen! teil. Von den Vereinsmitgliedern sind 7 Ballonführer; der Verein hat also gegen früher auch hierin Fortschritte zu verzeichnen.

Das Buch enthält sodann eine .kurze Beschreibung der Führer mit Abbildungen derselben, sowie einen anregenden Artikel über die Klubfahrten 1904, die Hochfahrten des Wiener Aeroklubs 1901—1904, die Hochfahrt auf 700« Meter am 9. November 1904 und aus der Feder von Dr. Schiein nochmals die Wiener Novemberhochfahrt. Bemerkenswert ist bei dieser Hochfahrt, daß Dr. Schiein sie ohne SauerstofTatmung ausgeführt hat.

Die Fahrtbestimmungen des Klubs enthalten Eigentümlichkeiten, die teils auf die doktrinären Ansichten der Klubleitung teils auf das subtile Ballongerät zurückzuführen sind. Der Hauptgrundsatz des Klubs ist nämlich der, < daß die Heißbahn des Ballons nur für ganz außerordentliche Notfälle bestimmt sei, und daß es unsportlich ist, dieselbe unter anderen Umständen als bei talsächlicher Lebensgefahr zu reißen.»

Dementsprechend wird denn auch jeder Ballonführer, der die Reißleine gezogen, vor den Ausschuß, eine Art Kriegsgericht, gestellt, das ihn, sobald die Gefahr nicht als dringend nachzuweisen ist, zu 100 Kronen Strafe verurteilt.

Danach fahren wir in Deutschland, die wir doch ausschließlich ohne Anker und nur mit Reißlinie landen, in den Augen des Wiener Aeroklubs unsportlich. Ich glaube, daß nicht mehr viele Janre dazu nötig sein werden, um auch den Wiener Aeroklub von der Wohltat des Landens mit Reißleine zu überzeugen, welche kluge Leute bei uns in Deutschland eingeführt haben, nachdem sie die in unseren Augen veraltete Methode mit Anker, Schleppseil und Ventil vorher genugsam persönlich kennen gelernt hatten.

Ebenso kann natürlich das Material des Klubs, gefirnißte Seide, nicht die Bequcmlich-keilen bieten, welche unsere gummierten Perkale-Ballons aufweisen. Man bedenke, daß der Wiener Ballonführer bezw. die Eisenbahnverwaltung sich mit 7 bezw. 0 einzelnen Kollis bei der Rückfahrt herumquälen muß. Es sind dies: 1. Korb mit Ballonhülle, 2. Sack mit Netz, 3. Schlepptau, 4. Ankerseil, 5. Anker, 6. Reisetasche, 7. Sitzbank des Korbes.

Erwägt man. wie einfach bei uns alles im Ballonkorbe zusammen verpackt wird und wie der Führer nach Abgabe dieses einen einzigen oben mit Plan überspannten Korbes an die F.isenbahn nur den Instrumentenkorb behüten braucht, so bedarf es dazu keiner weiteren Erläuterung, welche Art praktischer ist.

Moedebcck.

Die Redaktion hält sich nicht für verantwortlich für den wissenschaftlichen Inhalt der mit Namen versehenen Artikel.

j&lle Rechte vorbehalten; teilweise j&usiüge nur mit Quellenangabe gestattet.

Die Reduktion.

illustrierte aeronautische Mitteilungen.

IX. Jahrgang.

Harz 1905.

3. Heft.

Paul Haenlein •]-.

Das älteste Mitglied des deutschen Luftsehilferverbandes. der letzte Gründer des deutschen Vereins zur Förderung der Luftschiffahrt, Oberingenieur Paul Haenlein, ist am 27. Januar d. Js. in Mainz nach kurzem Krankenlager im 70. Lebensjahre verschieden.

Sein ganzes Leben war der Förderung des Luftschiffes gewidmet und die

seinen Projekten zu... , Narhtlrnck verboten!

gründe liegenden Gedanken überragten sämtliche andere seiner Zeitgenossen ganz bedeutend. Man kann behaupten, daß alle diejenigen LuftschifTer. welche bei ihren Versuchen Erfolge zu verzeichnen hatten, sich stützen auf die von Haenlein erfundenen Konstruktionsprinzipien.

Paul Haenlein wurde am 17. Oktober 1835 zu Mainz geboren. Sein Vater war Kapitän eines Rheindampfers. Er besuchte die technische Hochschule in Karlsruhe und war dann als Ingenieur an verschiedenen Orten in Schweden, in England, in Wien und zuletzt 25 Jahre als Oberingenieur an einer Nähmasehinenfabrik in Frauenfeld, Kanton Thurgau (Schweiz), tätig. Erst vor wenigen Jahren war es dem rührigen Manne möglich, sich in seine Heimat nach Mainz zurückzuziehen, um von Pensionen und Renten seiner Erfindungen seine alten Tage in wohlverdienter Ruhe zu beschließen.

Leider ist er uns früher entrissen worden, als wir erwarten und wünschen konnten.

Paul Haenlein, F.rliinlor mul I.rbauer ilos ersten deutschen LuftM-hifTa. Nach einer photogr. Aufnahme von II. W. L. Moodeheck.

Als junger Ingeniour in England trat Haenlein im Jahre 1865 mit seinem ersten Patent für ein Luftschiff in die Öffentlichkeit. Die Charakteristik des Projektes lag in der Verwertung der Lenoirschen Gasmaschine als Luftschilfrnotor, damals ganz entschieden die einzig mögliche und geniale Lösung des Problems. Das Gas zum Betriebe dieses Gasmotors entnahm Haenlein dem Ballonkörper und da nun letzterer hierdurch schlaft werden und seine Form verlieren muhte, die den Grundgesetzen der Lenkbarkeit gemäß stets prall erhalten werden muß, so erfand er das Luftballonet im Innern des Ballons, welches mittels Ventilators, der Gasentnahme entsprechend, mit Luft nachgefüllt wurde.

Wir sind heute gewohnt, vom Meusnierschen Ballone! zu sprechen. Im Jahre 1805 kannte man diese Meusniersche Erfindung nicht und ich halte mich daher für berechtigt, zu behaupten, daß dieses Luftballonet eine Erfindung von Haenlein war, die sich logisch aus dem Zusammenhange der Kombination einer Gasmaschine mit dem Ballon und der Entnahme des Betriebsgases aus dem Ballon als etwas ganz Natürliches ergibt. Im Projekt

(s. Fig.) war ferner eine Versteifung des Ballonkörpers derart vorgesehen, daß 2 seitliche Rahmen in der horizontalen Schnittfläche des -spindelförmigen Körpers gedacht waren, die vorn der Schraube, hinten dem Steuer als Stütze

Haenlelnt englisch«« Patent einet Luftschiffe» dienten. Die Gondel, in welcher

a,„ dem Jahn- nu. der Gasmotor untergebracht war,

übertrug durch starke Treibgestelle, die sich bekanntlich jetzt bei Lebaudys Luftschiff so gut bewährt haben, die Bewegung auf den Ballonkörper. Unter der Gondel war noch eine Hubschraube angebracht.

Aber Haenlein mußte noch jahrelang warten, bis es ihm gelang, nach Vorführung eines betriebsfähigen Modells in Mainz ein Konsortium in Wien zu finden, das ihm im Januar 1872 den Auftrag erteilte, sein Luftschiir zu bauen.1)

Der Präsident dieses aus etwa 25 Herren bestehenden Konsortiums war ein Herr Ofenheim. Haenlein baute nunmehr ein für damalige Zeit sehr vollkommenes Luftschiff (s. d. Figureni von 50,4 m Länge, 9,2 m Durchmesser in Wien. Daß dieses Luftschilf dieses Lob verdient, ergibt sich für jeden Unparteiischen aus dem einfachen Vergleich mit dem um che gleiche Zeit 1872 erprobten Luftschiffe von Dupuy de Lome. Die Ausführung des Haenleinsdien Baues besaß zunächst das Charakteristische der langgestreckten Form, welches alle heutigen Luftschiffe besitzen; das Luftschilf halte ferner unter dem Ballonkörper einen langen elastischen Rahmen als Vermittler aller starren Verbindungen zwischen Motor, Propeller, Steuer

l] Vgl. Zeitschrift f. LuflMliiffiilirl ihm«. S. M u»w.

(i7 ««•♦♦

K'S •• Fig. j.

Crundnft. Gondel.

Haenlelns Luftichlff, erbaut 187t.

und Ballonkürper. Auch hier finden wir die Treibgestelle, von Haenlein als Streben bezeichnet (VV>, in der Gondel. Äußerst einfach ist die Anbringung der Gasmaschine (Fig. f> und 7) und sehr geschickt ist die Propellerschraube dicht am Motor derart angebracht, daß eine lange Welle mit Lagern vermieden wurde, die bekanntlich durch Verziehung und durch Reibungen leicht zu Störungen Veranlassung geben können. Wir finden hier auch zum ersten Male die Wasserkühlung (Fig. ö) vorgesehen. Das Takelwerk ist derart geschickt angeordnet (Fig. 1 bis 4), daß es die Lasten gleichmäßig verteilt, jeder Verschiebung durch Kreuzverbindung entgegenwirkt und der Propellerschraube freien Spielraum läßt.

Die 4zylindrische Gasmaschine war so konstruiert, daß die Massenbewegungen sich gegenseitig aufhoben und das Luftschiff nur ganz geringen Vibrationen ausgesetzt war.

Für den Versuch mußte das fertiggestellte Luftschiff von Wien nach Brünn geschafft werden. Der Versuch daselbst (s. Bild) erwies -die völlige Lenkbarkeit des LuftschifTes, aber das Brünner Leuchtgas war zu schwer, um ohne Entlastung das Luftschiff heben zu können. Es mußten die Kühler und Teile des Geländers der Gondel abgenommen werden, um 2 Personen tragen zu können.

Nach Haenleins Schätzung erreichte das an losen Tauen gehaltene Luitschilf eine Eigengeschwindigkeit von 6,2 m in der Sekunde. Der Vorsitzende des Konsortiums verlangte nunmehr von Haenlein, daß er in der teils geländerlosen Gondel mit einem ihm verwandten jungen Monteur auf

Nachdruck verboten.

Vertuen mit Haenleins Luftschiff In Brünn Im Dezember 1872.

Naeli einer Itiotographii-.

100 m auffahren und in der Luft Manöver machen sollte. Als Haenlein sich diesem Ansinnen widersetzte und die |>crsönlichen Versuche Ofenheims, mit dem Apparate allein fertig zu werden, ergebnislos verliefen und den Spott der Zuschauer herausforderten, entstand hieraus eine derartige Verstimmung zwischen dem Erbauer und den Kapitalisten, daß weitere Versuche nicht mehr stallfänden. Dieser Ausgang war im höchsten Grade bedauerlich.

Haenlein verbesserte sodann die Konstruktion seines LuftschifTes und nahm ein Patent auf neue Projekte im Jahre 1871, welche äußerlich von dem bekannten Luftschiffe von Renard Krebs sich nur durch Verwendung der Gasmaschine und durch Verteilung der Last auf mehrere untereinander versteifte Gondeln, eine Einrichtung, die später Graf v. Zeppelin und Santos

Dumont praktisch verwerteten, unterschieden. Es kommt hier auch die von Graf Zeppelin zuerst ausgeführte Verteilung der Treibkraft auf mehrere in verschiedenen Gondeln montierte Motoren zum ersten Male zum Ausdruck.

Paul Haenlein war eben ein gottbegnadeter aeronautischer Erlinder, der, ohne praktisch der Luftschiffahrt jemals gehuldigt zu haben, in seinen Konslruktionsgedanken stets das Richtige traf. Wie sehr auch die Lehrer unserer technischen Hochschulen seine Ideen anerkannten, mögen folgende drei Gutachten darlegen:

1. Gutachten des Herrn Dr. Neil. Professor an der polytechnischen

Schule in Da r in st ad t.

Über ein von Herrn Paul Haenlein ausgearbeitetes Projekt eines lenkbaren Luftschiffes.

Nachdem der Unterzeichnete obiges Projekt einer eingehenden Prüfung unterworfen, kann derselbe seine Überzeugung dahin aussprechen. daß solches in jeder Beziehung sehr wohl ausführbar ist und vollständig allen gemachten Voraussetzungen entsprechen wird.

Die Mechanismen zur Fortbewegung in horizontaler Richtung, zur Steuerung, sowie zur Hebung und Senkung des Ballons sind so zweckentsprechend ausgedacht, daß durch die Ausführung des Projekts sicherlich ein großer Fortschritt in der Luftschiffahrt begründet würde. Mit tiefem Verständnis und vollständiger Sachkenntnis sind die neueren Fortschritte der Technik benützt, um vorliegende Aufgabe in wirklich praktischer Weise zu lösen.

Während frühere Projekte stets an dem zu großen Gewichte der mitzuführenden Apparate und Stoffe zur Aufnahme und Unterhaltung der Triebkraft scheiterten, ist diese Klippe hier in so glücklicher Weise vermieden, daß an der erfolgreichen Ausführbarkeit kein Zweifel bestehen kann.

2. Gutachten des Herrn Hofrat lirashof, Professor des Maschinenbaues an der polytechnischen Schule in Karlsruhe. Indem ich anbei das mir vorgelegte Projekt des Herrn Paul Haenlein. ein lenkbares Luftschiff betreffend, wieder zurücksende, bin ich gern bereit, meine Meinung darüber zu sagen. Ohne Zweifel ist das Projekt sehr wohl durchdacht und im einzelnen zweckmäßig durchgearbeitet, insbesondere erscheinl die Idee, die Füllung des Ballons selbst als motorische Substanz zu benutzen, als eine sehr gute und fruchtbare.

3. Gutachten des Herrn Teichmann. Professor des Maschinenbaues an der

Bau ge werk schule in Stuttgart. Von Ihrem Projekte eines lenkbaren Ballons oder Ballonlokomotive habe ich mit dem Interesse Kenntnis genommen, das jede ernste Studie über diese kühne Aufgabe verdient, zumal wenn sie mit richtiger Kenntnis der Naturgesetze, mit so umsichtiger Benützung der Hilfsmittel, welche Physik und Mechanik bieten, und ohne allzu sanguinische Hoffnungen über das erreichbare Ziel angestellt wird.

Trotz alledem gelang es Haenlein nicht mehr, seine Projekte zu finanzieren und zu bauen. Wehmüligcn Herzens mußte er erfahren, wie seine Ideen in geringerer technischer Durchführung von besser unterstützten Konstrukteuren praktisch erprobt wurden. War es einerseits eine Freude für ihn, daß seine Gedanken zutrafen, so mußte es ihn andererseits schmerzlich

berühren, dall er selbst als Schöpfer derselben vollständig vergessen und beiseite geschoben wurde. Immer von neuem versuchte er wieder in seinem Vaterlande, bei uns in Deutschland, für seine Projekte Propaganda zu machen, aber immer von neuem blieb sein Bemühen leider vergeblich.

Armer Haenlein, deine Kämpfe, deine Seelenschmerzen und Enttäuschungen, wir werden sie nimmer vergessen! Aber du hättest wissen müssen, in Deutschland gibt es nur einen einzigen Allerhöchsten Mäccn der Luftschiffahrt, der dich sicherlich unterstützt hätte, wenn du rechtzeitig darum zu bitten verslanden hättest.

Es ist charakteristisch für Haenlein, daß er, sanguinisch, niemals seine Hoffnungen aufgab. Im .Jahre 1901 noch veröffentlichte er im Verlage von Grethlein in Leipzig die lehrreiche Broschüre: «Über das jetzige Stadium des lenkbaren Luftschiffes», und an den Vorstand unseres deutschen Luftschifferverbandes stellte er den Antrag, ihm die Mittel zu beschaffen, um sein Luftschiff erbauen zu können.

Er ruht nun, aber seine Gedanken bleiben leben und machen ihn unvergessen. Wir hatten gehofft, ihn zum 25jährigen Bestehen des Berliner Vereins für Luftschiffahrt im Jahre 1900 besonders ehren zu können. Der Allmächtige oben hatte es anders beschlossen!

Ehre seinem Andenken!

Moedebeck.

Anmerkung der Rodaktion:

Wenige Tage vor seinem Tode, ohne Zweifel schon von seinem Krankenlager aus, hat Paul Haenlein an unsere Redaktion noch folgendes Schreiben gerichtet, das nun wie ein Vermächtnis klingt, und das wiederzugeben wir uns darum dem Verstorbenen und unseren Lesern schuldig halten:

«Im Besitz Ihrer geehrten Zuschrift vom 10. er. gestalte ich mir, Ihnen einliegend 1 Kopie des Antrages') zu uberreichen, welchen ich am 22. September v. Js. dem «Oberrheinischen Verein» gesandt habe.

Indem ich nun meinen Antrag angelegentlich Ihrer Befürwortung empfehle, wollte ich nicht unterlassen, auf folgende Punkte aufmerksam zu machen:

1. Ein brauchbares, lenkbares Luftschiff würde von ganz außerordentlicher Wichtigkeit sein.

2. Wir sind imstande, ein solches zu bauen, und wenn man auf die in meiner Broschüre angegebene Art vorgeht, und zwar systematisch, so

') Es wolle der Vorstand des deutschen LnftschilTerverbandes nach Kräften bestrebt sein, den Bau eines lenkburen Luftschiffe« zu veranlassen und, im Kalle ihm Kapital zur Verfügung »fehl, dasselbe nicht /um Bau einen un I enk!> aren Ballons, sondern nur da/.u anwenden, um die in meiner Broschüre, pag. 23, angegebenen Experimente anzustellen, deren Ko«len sich etwa auf 7—moo Mark belaufen und, graduell als dieselben gelingen, weiter vorzugehen, ein funktionierendes Modell, und dann ein großes Luftschiff auszuführen. Bei der ungeheuren Wichtigkeit, welche das lenkbare Luftschiff für verschiedene Zwecke hat. wage ich zu hoffen, dal) der Verband seine Bestrebungen der Vervollkommnung desselben zuwenden wird und bin überzeugt, wenn ein Verein, dessen Mitgliederanzahl 1700 beträgt (1700 der Upper ten thousand) ernstlich dieses Ziel ins Auge faßt, daß es ihm dann auch möglich sein wird. Mittel und Wege zur Erreichung desselben ausliudig zu machen, um so eher, da en sich vorerst nur um eine geringe Summe handelt.

Meinen Antrag Ihrer geneigten Erwägung empfehlend, wollen Sie mir gestatten, zu bemerken, daß ich nicht «pro domo» spreche, nicht selbst auf die Ausführung eines lenkbaren Luftschiffes rellekliere, sondern mich einzig und allein der Wunsch leitet, dies m überaus wichtige und interessante Objekt seiner Etabliernng zugeführt zu sehen.

»»» 71 «e«s««

kann, ohne großen Zeil- und Geldaufwand, ein vollkommen brauchbares, lenkbares Luftschiff hergestellt werden. 3. Unsere Nachbarländer studieren eifrig die Frage des lenkbaren Luftschiffes und dieselben dürfen uns nicht überkommen. Die Lösung der Frage wird nicht in einem kolossalen Aluminium-Ballon mit innerer Versteifung liegen, sondern in einem Stoffballon, von noch ausführbaren Dimensionen, ohne innere Versteifung, dafür einem gelinden Überdruck der Fülljrase.

Die Frage ist spruchreif und wenn man, ohne Notiz davon zu nehmen, zur Tagesordnung übergeht, so dürfte doch der Verband es einst zu beklagen haben, einen solch einfachen und urgesunden Vorschlag nicht berücksichtigt zu haben: wie bereits gesagt, ich spreche nicht aus persönlichem Interesse, sondern nur für die Sache.

Ich erlaube mir die höfliche Bitte um gefällige Benachrichtigung, oh Sie glauben, daß Chancen für die Ausführung meines Antrages vorhanden sind. Gerne Ihrer gefälligen Antwort entgegensehend, zeichne Hochachtungsvoll

Paul Haenlein.»

Aeronautik. Les femmes alronautes.

A la suite de l'article que nous avons public, dans cette Revue'), sur «les femmes aeronautes., M. Boulade, l'aimable president de la section lyonnaise de l'Aeronautique Club de France, a bien voulu nous donner quelques renseignements puises ä bonne source et qui nous permettent de rectifier deux erreurs dont nous prions le lecteur de nous excuser. Ces renseignements fixent d'ailleurs des points assez inleressants de l'histoire aero-nautique pour que nous ne craignions pas d'y revenir.

I.

Le premier concerne l'ascension de Mme Tiblc, le 1 juin 1781.

Je ne sais ä quoi se rapportait la lettre du comte de Laurencin que nous avons citee; mais, en tout cas, ce n'etait pas lui qui se trouvait dans la naccllo avec M">« Tible.

Voilä les fäits tels qu'ils resultent du recit inserc au «Journal de Lyon» de lepoque.

Un peintre lyonnais, du teste assez obscur, nomine Fleurant, ayant tente une premiere experience qui avait echoue, par la faute dune force ascensionnelle mal calculee et insuffisante, s'ctait decide ä construire une nouvelle Montgolliere de 71 pieds de haut et 58 pieds de diametre sous laquelle il voulait essayer un rechaud de son invention.

Le comte de Laurencin, ami de Montgolfier et membre de lAcademie de Lyon, l'aida de ses conseils et de ses deniers. La somme necessaire düt etre complelee au moyen dune souscription publique, ä raison de ö livres par personne.

I) Oitobrc lHö* ii la \iago 3011 ut suivaut<-s.

(>s preliminaires n'allcrent pas sans perle de temps. L'aseension devait avoir lieu en presence du roi de Suede, Gustave III, voyageant alors sous le nom de comte Haga, et en 1'honneur duquel laerostat avait re«.u le nom de 'Gustave*; rnais rien n'rtait pret lorsqu'ou annom.a larrivee inopinee de l'augusle voyageur.

Les promoteurs de l'entreprise sc deses|ieraient: ils allaient tout abandonner, lorsque la Femme d'un industriel lyonnais. M,no Tible, sut relever leur ardeur, par son entrain et sa verve.

On se reinit ä l'ouvrage et, en une nuit, la Montgolliere se trouva prete, taut bien que mal. A 5 lieures 3,4, par un temps süperbe, Gustave III arrivait dans les prös des Brotteaujr oii, dans une vaste enceinte qu'entourait la Foule, le comte de Laurcncin presidait au gonllemenl. Dejä Fleurant et \piio Tible etaient dans la galerie et le signal du depärt Fut donric ä Ii heures Vs. L'aeroslat s'eleva rapidement ä une grande hauteur et resta 45 minutes en l'air. Apres avoir franchi le Uhöne et la Saöne, il prenait terre sur le plateau de la Duchcre, pres de Baimoni, dans la propriete du direcleur des postes et des loteries du Gouvernement de Lyon, nomme Tabareau. L'atterrisnage se lit sans dilliculte: pourlant Mmo Tible .^e Foula la cheville en sautant de la nacelle. A dt'Faut du carrosse de Tabareau qui venait de partir pour la ville, les paysans accoürus ä l'aide, voulurent placer les aeronaules sur des lauleuils et les porler ainsi en triomphe de Balmont ä Vaise, faubourg de Lyon, puis de Vaise ä rArchevcrhe, ä la lueur des torches et aux acclamations de la Foule.

II.

Notre seconde erreur est plus diflieile ä avouer, cur, sur la foi dune legende, nous avons pris le Piree pour un homme, et la CUimnrella, qui est une montagne, pour une Femme.

H s'agit du voyage elTeclue le dimanche 8 octobre 1893, ä bord de l'aeroslat Stella, par M. et M",e Gharbonnet, dont les noces avaient ete celebrees le matin meine ä Turin. La jeune cpouse. en toilette de maricc, sinstalla auprcs de son epoux dans la nacelle, et le ballon prit son vol vers l'empyree, ä 8 lieures de Papres-midi. Apres 2 heures d'ascension, on prit terre paisiblement pres de Piobesi, ä peu de distance de Turin, oii les autorilrs Feterent le jeune couple dans un bantjuet. Le temps etait beau et, le premier voyage avait olTert lant d'agrement que Ton resolut de garder Taerostat toul gonfle pendant la nuit pour reparlir le lendemain matin.

Deux passagers se joignirent alors aux maries: un beau-Frere nomme Giuseppe Bolto, äge de 'M ans et qui avait dejä, sous le nom de WollT, execute plusieurs ascensions ä Milan, et un garcon de l'usine de chaudronnerie de Charbonnet, Gonstantino Durando, dit «le negre», äge de 18 ans.

Le ballon passa au-dessus de Barge, Fut pousse vers Cumiana, puis, apres avoir atteint une altitude de 4000 in, descendil tres rapidement et tres pres du sol, aux environs du Saluggia. Une Forte projcction de lest le

lit rcmontcr jusqu'ä 6000 melres. A ce moment, uti vent violent s'etait elevc, le temps s'assombrissait et la descente definitive commenca au milieu dune tourmente de neige et de pluie.

Le <Stella» se trouvait alors au-dessus du nie de la Bessane.se (3 . (»32 m) (jui est ä clieval sur la frontirre fram.-aise et non loin de la CiamarcIIa. Le ballon vint heurter les rochers qui forment la muraille Orientale de cette monlagne. (In coup de vent enlraina l'aerostat qui se deehira aux pointes du roe, taudis que la nacelle reslait eouchee sur le glaeier.

II etait alors 2 heures et demie. Charbonnet etait blesse ä l'n-il et sa femmc ä la tempc. L'n ouragan de neige et de pluie sabaltit sur la monlagne: les voyageurs durent s'abriter tanl bien (|ue mal sous l'enveloppe du ballon, pour passer la nuit. Au lever du jour, on tenta la descente du glaeier. Au eours de cette Operation delicate, Charbonnet glissa et lomba; Botto et la mariee reussirent ä le retenir; tnais plus loin, une nouvelle chute l'entrauia dans l'abtme. Le reste de la caravane reprit tristement la descente, intpiiets de la roule ä suivre. Dans l'apres-nüdi, le son de la cloche dun troupeau vint leur apporter un peu d'espoir: mais se trompanl de route, les inalheureux, au lieu de descendre vers le Pimi dclht Mttsm, seloignerent en remontant le valloii de la Stiua. II fallut passer une seconde nuit sur le glaeier. Les voyageurs souffraient de la faim: la mariee n'avait plus de chaussure et se trainait avec peine.

Knliu le matin du mercredi, redescendant un iles trois torrents qui formen! les sources de la Stura, ils trouverent un sentier qui les conduisit h un refuge de bergers. II etait ternps, cur ceux-ci se preparaient ä ipiitler la montagne et a ramener leurs troupeaux dans les basses vallees. Cirnpiante heures s ctaient ecoulees depuis le depart eptand les inalheureux arriverenl au Pian rlella Mussa. Les autoriles de Ceres, auxquelles se joignit le Dr Bioletti, se mirent en roule aussitöt, p*>ur aller rechercher la victime dont le Corps, apres de difficiles tenlatives, fut retrouve au fond dune crevasse.

G. EspitalUvr.

Winddruck auf unrunde und vertiefte Flächen

von Friedrich Ritter.

(Vortrag, gehalten im Wiener llngleclinisrlien Verein am 2<>. April l!HM.)

Nachdem die Größe des Winddrucks auf ebene, erhöht kantige, spitze und runde Flächen schon mannigfach untersucht worden ist, lohnt es sich vielleicht der Mühe, auch einmal den Winddruck auf unrunde und vertiefte Flächen der Beobachtung und Rechnung zu unterziehen.

I. Winddruck auf unrunde Flächen.

Die mit leichtem Gas gefüllten Ballons, mit welchen unsere Kinder spielen, sind gewöhnlich unvollkommen rund. Wie steigen sie, losgelassen, in die Höhe, mit dem spitzen oder dem stumpfen Ende voran?

Iltiiftr. AOronmit. Mitteil. IX. Jahrg. 10

74 «8*8*«

Man vermutet wohl mit dem spitzen Ende, weil in dieser Lage der Ballon die Luft am leichtesten spaltet. Der Ballon, dessen Schwerpunkt man vorher durch Auflegen eines kleinen Gewichts in die Voluminilte gebracht hat, hebt sich aber, wie der Versuch zeigt, mit dem stumpfen Ende voran aufwärts.

Messungen des dem Ballon, je nachdem er sich selbst überlassen steigt oder am spitzen Ende belastet fällt, begegnenden Luftwiderstandes

haben auch in Teilen von —-1) und der Balloncpierschnittsfläche

Ballon steigend.......n = 0,35 bis 0,40

» fallend.......n = 0,27 . 0,81,

das erste Mal mehr, das zweite Mal weniger als den Widerstand der reinen Kugelform n = 0,3309«) ergeben.

Warum sucht der sich selbst überlassene Ballon just den großen Widerstand auf?

Ein schief gehaltenes Blatt Papier, in der Luft fallen gelassen, sinkt nicht in einer dieser Schiefe entsprechenden geraden Linie zu Boden. Die Vorderkante des Blattes, von stärkerem Winddruck als die hinteren Blattteile getroffen, weicht vielmehr aufwärts aus, die Linie des Falls erscheint nach oben zurückgebogen: ja, wenn das Blatt schmal ist, kann es geschehen, daß der von der Luft auf die Vorderseite geübte größere Druck eine volle Drehung bewirkt und das Blättchen in wirbelnder Bewegung 3) zu Boden gehl.

Aus diesbezüglich vorgenommenen Messungen4) hat sich ergeben, daß sich auf einer ebenen Fläche der Mittelpunkt des Winddrucks bei einem Auffallswinkel des Windes

(p = 0° um das ca. 0,00 fache

. = 15° » > > 0,2«

. ^ 30° > . 0,35 *

» — 15° » » » 0,34

. = (>0° » » > 0,28

* = 75° > - > 0,15

, _ (U)o (senkrecht «e- () nn — trotTcne Flache) U'UU

der halben Flächenbreite nach vorn aus der Flächenmitte verschiebt.

Ein um ihre Mitte bewegliche Windfahne wird deshalb, vom Winde schief getroflen, sich durch Zurückwerfen ihres Vorderrandes senkrecht zum Winde stellen wollen. Geht hierbei das Vorderende bis hinter die senkrechte Stellung zurück, gelangt das andere Ende in die vordere Lage und nun weicht dieses unter dem größeren Winddruck zurück. So wechselt das Spiel in der Weise, daß eine derartige Fahne, wie man an einem um einen

li v = Geschwindigkeit, f - Gewicht der Haumeinheit Luft, g = dir Beschleunigung der Schwere. *) V. Ritter. Winddruck auf Zylinder und Kugclflachcn. Zotteehr. f. Luftschiffahrt u. Physik d. Atmosphäre 1H96.

*) Vergl. Jarolimek, Zugmaschinen. Zeitsehr. d. fi.«terr, lug.- u. Arehil.-Ver. lH3:t. «I F. Ititter. ^Zur Aufklärung einiger besonderen Erscheinungen de» Winddrucks» in Zoitsehr. f. Luftseh. II. IMi. d A IHVT.

Stift drehbaren Blatt Papier beobachten kann, um eine zur Windrichtung senkrecht stehende Mittellage hin und her pendelt.

Bekanntlich hat auch v. Lößl,1) indem er in einer gegen den Wind geführten ebenen Platte ein um eine Mittelachse drehbares Fensterchen anbrachte, beobachtet, daß sich dieses Fensterchen senkrecht zur Windrichtung stellte. Man würde aber nach dem Angeführten zu weit gehen, wenn man aus dieser Stellung auf die Größe des von der Platte empfangenen Winddrucks, wie versucht worden ist, schließen wollte.

Tritt an die Stelle der ebenen eine mehr oder weniger vorwärts gewölbte Fläche, so vermindert sich wohl bei deren Schiefstellung der Unterschied im Winddrucke vor und hinter der Flächenmitte; er bleibt aber so lange bestehen, als nicht die Rundung der Fläche in die volle der Kugel übergeht. Aus diesem Grunde mußte sich der unrunde Kinderballon, wie der Versuch zeigte, mit der flachen und nicht mit der spitzen Seite den» Winde entgegenstellen.

Nehmen wir an, daß eine unrunde Kugel in der Luft schwebend vom Winde fortbewegt werde, so wird sie, da ein natürlicher Wind bald stärker, bald schwächer bläst,*) wohl wegen der Trägheit ihrer Masse nach dem Durchschnitt der Windgeschwindigkeit weiter ziehen, dabei jedoch bald hinten, bald vorn von einem Unterschiede der Windstärke getroffen werden. Ihre flache Seite wird sie deshalb bald nach hinten, bald nach vorn zu wenden suchen. Vielleicht ist, da ein Ballon kaum je vollkommen rund gemacht werden kann, die dem LuftschitTer lästige drehende Bewegung des schwebenden Ballons fl) auf diese Ursache zurückzuführen.

Auch in bewegtem Wasser, für welches *) ähnliche Gesetze gelten, lassen sich Erscheinungen dieser Art verfolgen. Eine schwimmende unrunde Eisscholle dreht sich mehr oder weniger häufig um ihre Achse. Ein vom Hochwasser mitgenommener Balken schwimmt nicht immer nach seiner Länge durch die Öffnung unserer Brücke, sondern legt sich sehr gegen unseren Wunsch quer vor ihre Joche. Bei dem Hochwasser der Donau im Herbste 1899, welches einige Uferstraßen in Wrien überschwemmte, konnte man einen Balken sich quer vor einen Lalernenpfahl legen und eine Viertelstunde dort verweilen sehen; erst als sich nach und nach Balkenmitte und Stützpunkt gegeneinander verschoben hatten, löste sich der Balken, auf einer Seite das Übergewicht erlangend, vom Pfahle weiter schwimmend ab.

Ein fahrendes Schiff kann, wenn nicht die Schiffsspitze abbiegen und dadurch die Fahrrichtung gefährdet werden soll, der Hand am Steuer nicht entbehren. Fliegenden Langgeschossen verleihen wir, damit sie nicht durch seitlichen Winddruck vom Ziele abgelenkt werden, eine drehende Bewegung.

Überall, in Luft und Wasser, läßt sich die Neigung der unrunden

l, Aerodynamische Grundfortneln, Zeitschr. des i'isterr. Ing.- u. Archit-Ver. 1HH1. >) Langley, Internal work of the wind (1RÖ31 und F. Kittcr «die hebende Kraft des Windes. (Zeitschr. f. Luftschiff, u. Phys. d. Atm. 18W).

«i J. Popper, Flugtechnik 18»0.

*j (Jcrlach, Widerstand in einer gleichförmig strömenden Flüssigkeit. (Ziviliugenieur I*tO.)

»»» 70 «8«t«w

Flüche, sich möglichst (lach der Bewegungsriehtung entgegenzustellen, bei näherer Betrachtung erkennen.

II Winddruck auf vertiefte Flächen.

Vertiefte Flächen in Becherform, welche, sich um eine Achse drehend, bald ihre hohle, bald ihre erhöhte Seite dem Winde entgegenstellen, werden als Windmesser iAnemometer) verwendet.

Soweit die erhöhte Seite in Betracht kommt, ist der Winddruck aus der an die Form des Eufthügels anknüpfenden Rechnung übereinstimmend mit der Erfahrung bekannt und beträgt für die Einheit senkrecht zur Wind-

richlung gemessener Fläche und in Teilen von — -')

bei einer Zylinderfläche.....n —- 0,1513

Kugelfläehe...... = 0,8300.

Über den Winddruck auf die hohle Halbkugelfläche liegt eine Messung v. Lößls am Rundlaufäpparate2» vor, welche n — 1,0 ergeben hat. Eine Berechnung dieses Drucks und des Winddrucks auf vertiefte Flächen überhaupt liegt jedoch, soweit es' mir bekannt ist, nicht vor. Sollte es nicht möglich sein, aus der Form des entstehenden Luflhügels auch hier auf die Größe des Winddrucks durch Rechnung schließen zu können?

Versuche mit Fallkörj>ern aus Papier, welche Verfasser angestellt (die Versuch.-stücke waren zur Verhinderung des seitlichen Ausweichens mit papierenem Aufsatz versehen und durch angehängte Gewichte unten belastet*, haben aus dem Verhältnis zwischen Fallkörpergewicht und beobachteter Fallzeit3) an Winddruck ergeben:

a) für einen hohlen Halbkreiszyliuder n = 1.10 bis 1,50 Durchschnitt................n — 1,51

b) für eine sich bis auf 22u30' Zentriwinkel der Halbkugel nähernde hohle Kugelschale (Randneigung

gegen den Wind q>0 = 137°30'l . n = 1,21

ci für einen vertieften Keil d. i. eine Rinne mit <p = 135°

Neigung gegen den Wind .... n = 0,91

d) für einen vertieften Kegel und zwar

von q> = 120°..... n = 0,85

- 135"..... = 0,80

= 150°..... — 0,8ti

e> für einen vertieften Kegel von <p = 170° und zwar, da ein geschlossener so spitzer Kegel schwer dem Versuch zu unterziehen ist, aus der Messung an abgestumpften d. i. ringförmigen Kegeln dieses

•> F. Hilter, Windrnck auf Zylinder- und KviRfllläoh^ii. ') v, L>ißl, Ui*1 l>iiftwi.|tT>tiiiid.jc.-»lz4' usw. is'.n;

*) Vvrgl, dir* Kiiui'lhiiten jtnMiiT Vitsu» In- in F Hitler. Zur Aulkliirtiu; einiger besonderen Kr-»riiRimwp'n d<^ Wiiiddrinkr, ZeiNebr f I.ufi^h. u. I'h. d. Atm. IM97

Winkels bei verschiedenem Ringfläche

Ringfläche -f ÖlTnungsfläche wurde:

für K = 0,00 n =

= 0,27 =

= 0,49

= 0,09 = so daß sich annähernd für K

Verhältnis von

= K. wobei beobachtet

0,00, Kn — 0,00

l.-.l — 0,38

0,8ö = 0,42

0,81 = 0,55,

1,00 (voller vertiefter Kegelt berechnete...............n — 0,56.

Faßt man von diesen Messungsergebnissen zunächst die auf Zylinder- und Kugelflächen bezüglichen Versuche a) und b) ins Auge, so baut sich nach früherer Untersuchung1) über einer solchen Fläche AFB, vom Rande A beginnend, ein Lufthügel von der Begrenzung AHC derart auf, daß jeder Punkt H derselben gleich weit von der Flüche dem den Rand berührenden Windfaden DEA entfernt liegt

bei .1 und von IM = HE.

Bei einer Neigung des Flächenelements .1 zur Windrichtung = q> übt nach derselben Untersuchung der im Punkte H auf den Lufthügel treffende Windfaden GH vom Querschnitt Eins, wenn von dem bei vertieften Flüchen geringen Rauheitswinddruck abgesehen wird, im Punkt J der AFB-Flüche einen zur Windrichtung parallelen Druck JL d. i. einen Winddruck

n0 = sin*<p • sin

tp

aus.

Für die unter b) untersuchte Kugelschale würde hiernach, da bei derselben die Winkel cp zwischen 157°30' am Rande A und 90° in der Mitte F schwanken, der Winddruck zwischen n = 0,14 und n = 0,71, und für den Halbkreiszylinder a), wo q> sich zwischen 180° und 90° ändert, zwischen n = 0 und n - 0,71 liegen. Da im Versuche n = 1,21 und 1.53 gefunden wurden, würde die Rechnung viel zu wenig ergeben; worin liegt der Unterschied begründet V

Der in .1 nach der Richtung des Windes wirkende Druck n0 = sinVp-sin* stellt nach der angeführten Untersuchung die Seitenkraft eines in .1 senkrecht zur Fläche AFB wirkenden Druckes H.I dar, dessen andere, quer zur Windrichtung wirkende Seitenkraft bei der angenommenen Symmetrie der Fläche durch eine entgegengesetzt wirkende gleich große Kraft auf der Gegen-

•) F. Hitler. Wmil.lruek auf Zyliinl-r- im.I Kuirdllächin. Ziit»rtir. f. Luft^-h. u. I'li. it. Atm. IM«»

seite aufgehoben wird. Die Kraft HJ ist aus dem in H senkrecht zur Lult-hutfläche vom Windfaden ausgeübten Stoßdrucke HM hervorgegangen, welcher

im ganzen (n) = 2 sin8^ betragen und als zweite Seitenkraft in zum

Flächenelement J paralleler Richtung HN die Kraft n' = (n) sin^ = 2 sin3^ entsendet hat.

Bei ebenen und erhöhten Flächen ging diese zweite Seitenkraft ins Leere d. h. in die Umgebung über und dadurch für den Winddruck auf die Fläche verloren. Bei der vertieften Fläche jedoch trifft sie in N auf die Fläche und ruft dort, wenn ihre Neigung zur Flächensenkrechten daselbst ip und deshalb die senkrechte zur Fläche gerichtete Schwingungsgeschwindigkeit von derjenigen der die Kraft n' nach N übertragenden Luftwelle das cos vy-faehe beträgt, einen senkrecht zur Fläche gerichteten Druck NO = n' • cos 2tu =

2 sin3^ cos8ip hervor. Aus diesem entsteht, wenn die Fläche in N um

den Winkel cpi zur Windrichtung geneigt ist, als zur Windrichtung parallele

Seitenkraft ein Winddruck NQ = NO-sin qu = m = 2 sin3^ ■ cos2ipsin<pt,

welcher sich dem früheren Winddruck n0 = sin2<p • sin- hinzufügt, während

die zur Windrichtung senkrechte andere Seitenkraft ähnlich wie in J durch eine gleich große entgegengesetzte auf der symmetrisch gegenüberliegenden Seite der Fläche aufgehoben wird.

Liegen die Punkte H, J und N im Verhältnis zur Ausdehnung der Fläche AFB nicht weit auseinander, so kann die in N unter einem dem Einfallswinkel tu gleichen Winkel zurückgeworfene Winddruckwelle in N«, Na ein zweites, drittes usw. Mal auf die Fläche treffen und daselbst bei Neigungswinkeln <pg, <pa weitere Winddrucke in, n» hervorrufen. Bei kreisförmiger Krümmung der Fläche AFB sind alle Einfalls- bezw. Zurückwerfungswinkel w gleich groß. Wenn für den ersten Auffallpunkt N die Differenz q>—qpi = t und die Neigung am Flüchenrande =: <p0 gesetzt wird, so beträgt bei

Kreisform der Linie AFB nach früherer Untersuchungl) cos t = - —-;

cosJ^

TT TT

der Winkel tp wird durch die Beziehung tp = - • — (<p—<pi) — -t bestimmt,

so daß, da sich die späteren Neigungswinkel durch <ps = <p — 3t, <db = <p — 5t usw. ausdrücken lassen, zur Berechnung der Winddrucke, welche in ihrer Gesamtheit den Winddruck aul die Fläche AFB darstellen, alles Nötige gegeben ist.

Führt man die Rechnung für die hohle Halbzylinderfläche a durch, so ergibt sich als durchschnittlicher Gesamtwinddruck .... n = 1,45 desgl. für die Kugelschale b von <p0 = 157° 30' Randwinkel . n = 1,21 und für die volle Halbhohlkugel..............n = 1,22

':■ F. Ritter, Winddrork auf Zylinder- und Kupelflüchcn.

»»» 79 «s«t«

Für die beiden ersten bat der Fall versuch, wie angeführt, n = 1,51 und 1,21, also ziemlich genau soviel wie die Rechnungen finden lassen. Der vom dritten etwas abweichende Messungswert v. Lößls von rund n = 1,0 steht im Hinblick auf die etwas geringere Genauigkeit von Rundlaufmessungenl) mit dem Rechnungsergebnisse wenigstens nicht im Widerspruch. Die angestellte Berechnung und die derselben zugrunde liegende Annahme, daß Winddrucke strahlenartig durch Luftwellen übertragen und als solche zurückgeworfen werden, dürfte sonach als bestätigt angesehen werden können.

Indem dieses Prinzip auf die anderen vertieften Flächen, wie Keil und Kegel, Versuche c bis e, angewendet wird, berechnen sich als Werte des Winddrucks n =

vertiefter Keil vertiefter Kegel

■ ■ ■ ■ 1. «^"^•»"•^•»»»»»», ^»»»—•»»»»»»"•»»^

tipoburhlcl berechnet beobachtet her* \\w\

für <p = 120°........* — 0.85 1,49

— 135"........0.93 1,58 0,87 1,58

- . = 150°........ 0,86 1,59

. » = 170°........ — 0,56 1,58

Die berechneten Werte wären hiernach zu groß. Woher diese Nichtübereinstimmung ?

3 Eine papierene runde Schüssel mit ebenem Boden

33. a und an Höhe der halben Weite gleichkommendem

! Rande AA, B, B zeigt, in der Luft fallen gelassen, einen

?3 ^ auf die Flächeneinheit Boden bezogenen Winddruck

\ **m / w — 0,74, welcher Druck dem Winddruck auf eine "«;,'/—^ senkrecht getroffene ebene Fläche ohne Rand von e \ n = 0,73 bis 0,788) gleichkommt.

Hätte sich beim Fallen der Schüssel die Luft, um seitlich auszuweichen, auf den Schüsselrand A A, bezw. BB, gestützt, so müßte sich, da in diesem

Fall cp = 1800 = tt beträgt, ein Winddruck n = sin*Tr • sin * = 0, wäre die Luft von dem Schüsselboden zurückgeworfen worden, müßte sich ein Winddruck n = 2 ergeben haben. Weder das eine noch das andere fand statt; die Zurückwerfung ging, nach dem Beobachtungswerte n = 0,74 zu schließen, vielmehr in der Weise vor sich, als wenn der Schüsselboden vorn in AB an der Schüsselmündung säße und sich darüber wie über einer freistehenden, senkrecht getroffenen ebenen Fläche ein Lufthügel ABC mit

Winkeln von —. -J- = 45° gebildet hätte.

Die auf eine vertiefte Fläche treffende Luft eines Windes vermag sich sonach auch auf eine hinter deren Rand A oder demselben gegenüber liegende Fläche für den seitlichen Abfluß zu stützen.

') v. I.ölil, Diu IairtwiilerütatulsgcüL'tzc usw. 18%.

*) F. Hilter, «Zur Aufklärung usw.. in Zeitschr. f. Luftschiff, u. Ph. d. Atm. 1897.

so ««««

Die uniersuchten, aus zwei symmetrisch liegenden Hälften AF und KD bestehenden Keile und Kegeltlächen v^Sv besitzen nun je in der Gegenlläche eine solche hinten

tjKyr >v ß und gegenüber liegende Fläche, und eine Stützung der

, % * . Luft auf die Gegetdläche FD ist deshalb für den Flächen-

' *e . "I teil AF nach dem angeführten zweiten Prinzipe denkbar. ' \ ; .' Aus einer solchen Stülzung geht jedoch, wenn sie

■ / \J stattfindet, neben dem um den Winkel ' zur Wind-

f -

lP richtuog geneigten Lulthügel AGB ein in A mit der

Neigung 90"— * beginnender zweiter Lufthügel AG'B hervor, welcher, wenn

die Rechnung für ihn durchgeführt wird, einen Winddruck auf die vertiefte Keil- oder Kegelfläche n zur Folge hat

Keil Kegel

bei y — 120° von...... 0,37

135° *...... 0.25 0,21

150" ...... — 0.18

170° — 0.17

Diese Winddrucke sind, während die zuerst berechneten zu groß waren, gegen die beobachteten Werte zu klein.

Wenn man aber aus den beiden Gattungen berechneter Werte den ungefähren Durchschnitt zieht, nämlich

vertiefter Keil vertiefter Kepel

Ix'.ibarhtet rier«vhin't Innhunlilrt licrefhnet

q> 120°.......... — 0,S5 0,9

= 135u.......... 0.93 0.9 0.87 0.9

= 150°.......... — 0,86 0.8

170°.......... — o.56 0,6

so stimmen Beobachtung und Rechnung überein. Man wird sonach zu der Folgerung geführt, daß die beiden möglichen Lufthügel ACH und AC'B tatsächlich über den vertieften Flächen entstehen und ungefähr gleichviel Luft nach dem einen und dem andern Lufthügel seitwärts abiließt.

2* 5- Wenn man die Richtungen des Abllusses ver-

folgt, so Hießt von dem ersten Lufthügel AGB die 4tjt Luft in zur Fläche AF paralleler Richtung L'M', ^Jsi^ von dem zweiten AC'B ungefähr in zur Fläche BF

™' paralleler Richtung L"M" ab. Der ungefähre \ \* Durchschnitt beider Abflußrichtungen L"'M'" liegt,

\ ; / wie sich zeigt, zur Mündungsebene AB der ver-

\ ! tieften Fläche parallel.

. . Als ähnliche Abflußrichtungen bei der unter-

suchten Schüssel erscheinen möglich:

Ablichtung StTr„

bei Stützung der Luft auf den Schüsselrand AAi...........dem Winde enl" 0

bei Zurückwerfung durch den Schüsselboden ............. do. 2

bei Stützung auf den Schüsselboden mit Lufthut von 45° über der Mündungsebene .............der Mündungsebene 0.73—0,78

parallel

Nachdem ein Winddruck n = 0,74 beobachtet wurde, lloß keine Luft nach den beiden ersten Richtungen ab: der Ablluß ist vielmehr auch hier parallel zur Mündungsebene erfolgt.

Übereinstimmend ergibt sich aus dem Angeführten sonach, daß, wenn über einer symmetrisch zur Windrichtung vertieften Fläche sich mehrere Lufthügel bilden können und bilden, der Ablluß der Luft sich in der Weise auf die einzelnen Lufthügel verteilt, daß im Gesamtdurchschnitte die Lufl, ähnlich wie bei einer senkrecht getroffenen ebenen Fläche, in zum Winde senkrechter Richtung, d. i. in diesem Fall parallel zur Mündungsebene, die Fläche verläßt.

Unter Zuhilfenahme nun auch dieses, dritten Prinzips berechnen sich für die vertiefte Keil- oder Kegelfläche folgende Winddrucke: Neigung der Fläche Flächen- _Winddruck n_

zur Windrichtung gattung beobachtet berechnet Unterschied

<p = 120° Kegel 0,85 0,94 - 0,09

135» Keil 0,93 0,86 +0,07

135° Kegel 0,85 0,88 -0,03

150° > 0,80 0,79 +0,07

. = 170° . 0,56 0,55 +0,01

Durchschnittlicher Unterschied .... +0,05 dessen angesichts der Schwierigkeit der Messungen geringer Betrag wohl die Richtigkeit der obigen Ausführungen bestätigen dürfte.

Behufs Vergleichung der sich nach vorstehendem für die verschiedenen Gattungen vertiefter Flächen ergebenden Winddrucke mit den aus früherer Untersuchung1) bekannten Winddrucken auf erhöhte und ebene Flächen

erscheinen nachstehend die sich in Teilen von —- und auf die Einheit

g

senkrecht zur Windrichtung gemessener Flüche berechnenden Winddrucke n für einige zwischen 180° und 0° liegende Winkel tp bezw. m0 zusammengestellt. Bei Winkeln unter 90° wurden hierbei, um den Einfluß der Flächenrauheit ersichtlich zu machen, je der einer absoluten Glätte zugehörige kleinste und der bei entsprechender Rauheit entstehende größte Winddruck in Bruchform über einander gesetzt. Nebenwinddrucke wie Abwind, Auftrieb, Vortrieb u. dergl. sind nicht berücksichtigt.

•) F. Kitter, «Zur Aufklarung einiger usw.» in Zeitschr. f. Luftsch. u. Phys. d. Atrn. 1897.

82 »s«m*

Neigungswinkel

       

Ebene,

 

Keil

Kegel

Abschnitt von

nach der

(Neigung atn Rande) n) vertieft« FlUclieu

   

Zylinder

K ujel

Quere schief getroffen.

I800,id«ll* CRiiMiit, iMiI-

0,27

0,18

 

1,22

 

halbijliidrr,H«Uluilbkig*l)

U5

1 65°

0,G9

0,61

1,41

1,22

150«

O.SO

0,79

1,26

1,20

135°

0,86

0,88

1,08

1,09

120°

0,94

0,94

0,94

0,96

105°

0,78

* l.8< >

0,80

0,83

9< >r" ,IIiea."t ifttbechl ptrofea)

0,77

0,77

0,77

0.77

 

b) erhöhte Flachen

         

90°

0,71 0,79

0,71/0,79

0,71/0,79

0,71/0,79

0,71/0,79

75°

0,65/0,75

0,57/0,73

0,65/0,75

0,63/0,75

0,65/0,75

60°

0,45/0,66

0,39/0,62

0,59/0,67

0,53/0,65

0,51/0,63

45°

0,33/0,56

0,23/0,51

0,53/0,58

0,44/0,53

0,33/0,45

30°

0,26 0,47

0,13/0,39

0,48/0,50

0,38/0,42

0,15 0,2S

15°

0,23/0,36

0,09/0,29

0,46/0,47

0,34/0,34

0,04/0,16

0,23/0,33

0,08/0,22

0,45/0,46

0,33/0,33

0,01/0,09

On(id*tll«Grtiiwirtt,eA5hUr

         

Hilhdiüdfr. erhöhte Hilb-

kigd)...... 0,23 0,08 0,45 0.33

0

Wie die nachstehende Gegenüberstellung einiger anderer Messungen, nämlich

<po = 124 bis 127° Hohlzylinder u. Kugelschale

9 = 90°

<p bez. cpo = 45°

q> bez. cpo = 30°

90 = 26°

<p = 15°

<P = 10°

9 = 5°

Ebene

Keil Kegel Ebene

Keil Kegel Ebene Kegel Ebene

Beobachter

Thiebault

Borda») Hutton8) Lößl Marvin (Mount Washington)8) Borda »

Hutton Borda •

Hutton

beobachteter Winddruck n

n nach obiger Übersicht

0,94—1,05») 0,98—1,02

0,70—0,82 )

0,69 0,83—0,94

0,75 0,50 0,48 0,37 0,36 0,38 0,22 0,32 0,10 0,07 0,03

0,71—0,79

0,33—0,56 0,23-0,51 0,33—0,45 0,26—0,47 0,13—0,39 0,15—0,28 0,12—0,36 0,04—0,16 0,03—0,12 0,01—0,08

') nämlich 1' , des Winddruck* auf senkrecht getroffenen Ebenen nach l'rechtl. Flug der Vögel,

18*«. d. i. ~ iO,71 bis 0,79). A

*> Samuel son, Widerstand der Luft. «Zivilingenieur» 18t!7. <] Zeitschr. f. Luftschiffahrt 1891. Heft 7—9.

•»» 83 «fi«s<M

zeigt, stimmen die Werte der Übersicht mit den von anderen Beobachtern gefundenen überein.

Nach den berechneten W7erten empfängt eine vertiefte Keil- oder Kegelfläche bei einer Neigung bezw. Randneigung von ungefähr 120° den größten Winddruck.

Der Winddruck auf stärker geneigte vertiefte Flächen wird durch deren Ausrundung erhöht.

Ein vom Winde geschwelltes Segel kann einen Winddruck bis zu n = 1,45 d. i. ungefähr dem Doppelten des Winddrucks auf eine senkrecht getroffene ebene Fläche (n = 0,71—0,79) empfangen. Ein Fallschirm von Kugelschalenform und <po = 135° Randneigungswinkel wird einem Luftwiderstand von n = 1,09, d. i. ungefähr dem l'/i fachen des Winddrucks auf eine ebene Fläche begegnen.

Von zwei Halbkugelbechern eines sich drehenden Windmessers wird bei der Windgeschwindigkeit v die vor dem Wind mit der Geschwindigkeit

v. zurückweichende Hohlseite des einen Bechers in Teilen von — und senk' ß

recht zur Windrichtung gemessener Fläche einen Winddruck von

r.' (V—vi)8 = 1,22 (v—vi)8, die erhabene Seite des gegenüberliegenden Bechers, wenn die Metalldicke der Becher außer Acht gelassen wird, von

n" (v-f-vi)8 = 0.33 (v-fvt)8 empfangen. Sind bei reibungsloser Drehung beide Drucke gleich groß, so folgt

1,22 (v-vi)* = 0,33 (v + vi)*,

V 0,33 1

d. h. die zu messende Windgeschwindigkeit beträgt rund das Dreifache der Geschwindigkeit, mit welcher sich die Becher bewegen, welche Regel bekanntlich ') bereits in Geltung steht.

Wären die Becher, statt kugelig, zylindrisch geformt, so würde das

Verhältnis -T, welches ihre Brauchbarkeit bestimmt, statt r~ — 3,65 nur

= 3,21, also weniger betragen. Spitze Kegel von beispielsweise

q> = 15° bezw. 165° Neigungswinkel besäßen, wenn sie sehr glatt sind,

wohl ein Verhältnis ~- = 00y^{,-öj =3 bis 6; sie müßten aber weiter,

länger und damit schwerer als Kugelbecher gemacht werden. Die übliche Kugelform der Becher erweist sich sonach als zweckmäßig.

Da sich die Kräfte des Winddrucks, wie beobachtet wurde, durch Wellenbewegungen der Luft fortpflanzen und als solche, wenn sie zurückgeworfen werden, mehrmals als Winddruck zur Geltung gelangen

'i v. Böbber. Meteorologie l*9v.

können, ist anzunehmen, daß eine Gruppe von Stangen, Stricken usw., welche etwa als Netz einen Ballon mit seiner Gondel verbinden, von einer Luftströmung einen verhältnismäßig großen Winddruck empfangen kann. In der Tat hat der durch seine Zuspitzung vorn und hinten für die Durchschneidung der Luft vorzüglich geeignete Krebs-Renardsche Ballon, wie Popper1) nachgewiesen hat, einen verhältnismäßig großen Luftwiderstandskoeffizienten, n = -jr , bei seiner Bewegung erkennen lassen.

Nach den vorstehenden Ausführungen, wenn man sie schließlich überblickt, hätte die Untersuchung des Winddrucks auf unrunde und vertiefte Flächen vielleicht einige in der Praxis verwendbare Koeffizienten des Winddrucks gelielert und zugleich in der einen oder anderen Hinsicht Gelegenheit geboten, an uns herantretende Erscheinungen zu erklären oder für die Windmessung oder den künstlichen Flug dienende Einrichtungen auf ihre Brauchbarkeit zu prüfen.

La campagne du „Lebaudy" en 1904.

Les lecteurs de cette Revue ont pu suivre, pour ainsi dire au jour le jour, les prouesses aecomplies par le ballon *Lebaudy» au cours de l'annee 1901. II n?est pourtant pas inutile d'en tracer un lableau d'ensemble, mettant en evidence les resultats acquis gräce aux derniers perfectionnements apportes h ce dirigeable par son inventeur M. Julliot.

Nous avons dejä decrit les prineipaux parmi ces perfectionnements (III. Aeron. Mitt., November 1901), et rendu compte en meme temps de la premiere serie d'experiences et d'ascensions eflectuees dans une tres courle periode de 21 jours, du 1 au 28 aoüt, pendant laquelle le ballon a fait 12 ascensions plus particulierement destinees ä l'essai technique et pratique des nouvelles dispositions adoptecs. Ces experiences ne comportaient donc pas de longs voyages. Geux du 16 et du 17 aoüt cependant, oü le ballon s'est assez eloigne de son hangar pour le perdre de vue, ont permis de constater (jue les changements n'avaient ptnnt reduit la vitesse maxiina, et que l'on avait plulöt un peu gagne ä cet egard.

Gest egalement pendant cette periode que Mesdames Paul et Pierre Lebaudy monterent dans la nacelle du ballon: pour la premiere fois un dirigeable enlevait des dames.

On se rappeile quune avarie survonue ä l'enveloppe, par suite d'un vent violent, le 28 aoüt, apres l'atterrissage, forca d'interrompre les experiences.

Ce n'est que le 20 octobre que, les reparalions terminees, le «Jaune» se trouvait pret ä affronter Patmosphere de nouveau et ä entamer une campagne d'hiver. On avait mis ce repit ä prolit pour rapprocher le ventilateur du poste de Taeronaule et pour achever de mettre au point la mana'uvre des plans deroulables le long du cadre de poussee.

') J. Popper, Flugtechnik is<w

lebaudy'» Luftichlff 1904. l'hotogr. von M Diu hesne.

liräce ä Temploi de ces plans doroulables qui ollrent ä la resistance de l'air des surfaces obliques et variables, gräte aussi ä la maineuvro adroite du ventilateur dont la puissance etait augmentee, on a pu — et </est ce qui caracterise cette serie d'experienees — reduire dans une large mesure la depense de lest, qui na guere ete en moyenne que de 30 kilos par heure (16 kilos en 3i minutes par legere plüic).

Dans toutes les ascensions de cette pcriode, la depense de lest a clc assez faible pour permettre, si on l'eüt voulu, de j>rolonger chaque voyage pendant 4 ou 5 heures.

Au cours de cette campagne ont etc realisces notamment: une asecnsion libre avec 6 personnes ä bord; des sorties de 1''30'» et lh32ln. cette derniere par un vent de 9 metres au sol; des sorties par la neige et la gelee, etc.

Voici d'ailleurs un detail complet des ascensions.

24 oetobre. — Ascemion noctumc — (entre lh et 2'» du matin) —

♦»» 8t >

Gondel von Lebaudy'i Luftschiff 1904. l'hutogr. von M. Uinhcsnc.

u*i bord: MM. .luchmes, Hey, II. Farman, Wimille, redaeteur au Petit Parisien). Vrent leger du S.S.O. Altitude eonstante et basse de 40 ä 50 metres. Depen.se de lest: 10 kilos en 17 minutes. — Le brouillard abrege rascension; au dernier cireuit au dessus de Lavacourt, le ballon n'appa-raissait plus, vu du hangar, que comme une masse blanchatre et lumineuse; de son cöte, le pilote, M. .luchmes, n'apercevait que quelques totes d'arbres emergeant dune mer de nuees raolles et calmes, et la masse indecise du garage qui avait ete poürtant vivement eclaire pour servir de phare. L'atterrissage nocturne s'est eflectuo sans difliculte.

27 octobre. — Deux ascensions ä midi 20m et 21' 45ni. — Temps froid, brumeux d'abord, soleil intermittent ensuite. — Essais comparatifs du ventilateur ä petite et ä grande vitesse'. Dans la seconde ascension, d'une duree de 31 minutes, l'emploi methodique du ventilateur ä grande vitesse a permis de se maintenir exaetement entre 75 et 90 metres avec une depense de 28 kilos de lest sur 344 kilos empörtes au depart.

31 wtobre. — Vrent E.-N.E. laible au sol, plus fort dans les couches superieures; temps brumeux et couvert. Duree du voyage lh32T". — Lest

8/ «34W

empörte: 324- kilos; lest depense: 8 kilos au depart, 16 kilos dans la premiere parlie du voyage, 12 kilos au retour, zero ä l'atterrissage.

3 novemhre. — Voyage a Nantes, aller et retour. Depart a 4h39m du soir, vent N.O. de 5m5(). Apres avoir decrit des cireuits de reglage pendant une dizaine de minutes, M. Juchmes passe ä 4h50m au zenith du hangar, le cap sur Mantes, traverse la Seine sur l'ile de Mousseaux, sengage sur les bois de Saint-Martin et Dennemont, traverse un second coude de la Seine, oü la sirene d'un remorqueur salue son passage, franchit Gassicourt et se dirige sur la gare de Mantes-embratichement; puis, laissant ä sa gauche le Palais de Justice, va planer sur la cathedrale oii s'efTectue le virage ä 5h8m au-dessus des nies noires de monde. Le retour s'efTectue rapidement et ä 5h30m la nacelle prend terre sans incident. Duree de l'aller 18 minutes — Duree du retour 20m. — Duree totale 38 minutes. La distance du hangar ä la cathedrale est de 9520 m en ligne droite ce qui, avec les 1000 m de parcours au-dessus de Mantes et les divers cireuits, represente un parcours reel de 2105 km, pointe sur la carte. La vitesse moyenne par rapport au sol a donc ete de 9,23 m par seconde, ou 33 200 m k l'heure. C'est certainement le record de la vitesse des ballons automobiles. La vitesse moyenne des helices a ete de 1058 tours par minute.

18 novemhre. — Ascension avec 6 }>er$onncs ä bord. — 4h apres-midi. Brouillard intense. Vent N.-N.E. assez fort a 150 m d'altitude. Duree 25 minutes, atterrissage ä la nuit tombante. Lest empörte: 140 kilos; lest depense: 48 kilos. Altitude moyenne: 85 m, alt. max.: 90 m.

20 novemhre. — L'ascension, dont la date avait ete fixee d'avance pour la reeeption des membres de l'Academie francaise d'Aerostation, a eu lieu malgre la pluie. Depart ä 3h22m. Duree 34 minutes.

Depense de lest 16 kilos (moins de 30 kilos ä l'heure).

24 tiovembre — Apres l'apparition de la neige. — Temps froid, vent en rafales. Depart ä 2h5m, duree lh32m.

l*r et 2 dicembre. — Trois ascensions en 26 heures, pendant lequelles sont prises des photographies.

16 dicembre. — Ascension de l'amiral portugais Capelle. — Lors de son premier passage ä Paris, le roi de Portugal avait fait exprimer ä MM. Lebaudy son desir de voir leur *dirigeable et meine d'y monier. La visite avait ete fixee au 16 decembre; mais par suite de la maladie de la duchesse d'Aoste, les projets du roi furent modifies et il delegua pour le remplacer dans la visite it Moisson l'amiral Capello, son chambellan, qui monta dans la nacelle avec Tequipage ordinaire du dirigcable.

L'altitude maxima atteinte dans ce voyage a ete de 320 metres.

Bien qu'il regnät un vent assez violent a terre, aussi bien que dans les zones ^lev6es, l'atterrissage se fit sans incident devant le hangar et les engins d'arret se comporterent bien.

18 dicembre. — M. G. Bans, chef du secretariat de l'Aero-Club, chrono-metre la vitesse.

22 (Ucembre. — Derniere sorlie. — M. G. Besancon, secrctaire gcneral de l'Aero-Club, est pris eomme passager. Cette sortie est la 03,n,e du dirigeable, la 3&m'' de l'annee 1901, et la 18,>nu' de la campagne d'hiver, pendant laquelle le ballon etait reste gonlle 78 jours et possedait encore une force ascensionnelle considcrable. Dans cette ascension, outre 1 per-sounes, le ballon emporlait 288 kilos de lest; la depense de lest a ete de 130 kilos en 50 minules.

Le degonflement a ete opere le 21 decembre.

En resume, le Lebaudy» a montrc pendant cette nouvelle campagne toules ses qualites de soliditc et de securite. Entre les mains d'un pilote babile, il est maniable et obeit facilement ä la direction.

L'Aero-Club a tenu ä donner ä i'Ingenieur qui la eonstruit et ä ses (Kollaborateurs un lemoignago des Services rendues ä l'acronautique: il a deeerne sa medaille d'ür ä M. Henri Julliot, une medaille de vermeil ä M. .luchmes, l'habile pilote, et une medaille d'argent au mecanicien Key.

G. Espitallier.

Aeronautische Meteorologie und Physik der Atmosphäre.

Die Ausdehnung der internationalen wissenschaftlichen

Simultanaufstiege.

Seit dem Petersburger Kongreß, über dessen Resultate die Leser seiner Zeit genau unterrichtet worden sind, hat die Ausdehnung der Aufstiege der internationalen Kommission schon wieder in erfreulicher Weise zugenommen. In Amerika ist am internationalen Termin des Dezember 190t von Herrn Rotch der erste Registrierballon von St. Louis aus hochgesandt worden. An diesen Aufstieg hat sich eine Serie von weiteren H Aufstiegen angeschlossen; die Rallons (Aßmannsehe Gummiballons mit Instrumenten von Teisserenc de Bort) sind alle wiedergefunden worden und haben interessante Resultate gebracht. Die Maximalhöhe betrug 15000 m; die tiefste dabei erreichte Temperatur — öö0 (die sich aber vermutlich auf eine Höhe von 10—12 km bezieht). Eine weitere Aufstiegserie war für den Januar dieses Jahres beabsichtigt. Diese Aufstiege werden uns wertvolles Material liefern über die winterlichen Temperaturverhältnisse in großen Höhen über dem nordamerikanischen Kontinent.

Weiter ist mit Befriedigung der Entschluß der portugiesischen Regierung zu verzeichnen, nunmehr durch Einrichtung einer Drachenstation unter der Leitung des Direktors A. de Vi dal in Lissabon an den internationalen Aufstiegen teilzunehmen. Es sind zunächst Aufstiege vom Lande aus beabsichtigt; doch sollen in Zukunft auch Versuche von Schiffen in der Nähe der Küste unternommen werden. Das Zustandekommen der Drachenstation ist mit dem F.intluß des Fürsten von Monaco zuzuschreiben, der in Begleitung von Professor Her gesell im Sommer vorigen Jahres mit seiner Jacht Lissabon besuchte und dabei Gelegenheil fand, die Drachenausrüstung des Schiffes Seiner Majestät dem König von Portugal vorzuführen. Die Aufstiege beginnen voraussichtlich im Monat März. — Endlich sei erwähnt, daß nunmehr auch in England, in Aldershot. durch die Militärluftschifrer an den internationalen Tagen bemannte wissenschaftliche Fahrten begonnen worden sind und daß auch der Aeroklub von Paris an solchen Fahrten teilnehmen wird. de Q.

89 «844«

Die Drachenstation der Deutschen Seewarte.

Die Drachenstation der deutschen Seewarte, die, in kleinerem Umfange, eine gleiche Aufgabe hat, wie das Aeronautische Observatorium in Berlin, nämlich die Erforschung und die dazu notwendige möglichst regelmäßige Beobachtung der meteorologischen Elemente der höheren Atmosphäre, ist vor 134 Jahren, Ostern 1903, in Großborstel bei Hamburg errichtet worden. Das Personal besteht, unter der Leitung des Meteorologen der Seewarte, Prof. Dr. Küppen, aus dem Hilfsarbeiter Dr. Perlewitz und 3 Arbeitern. Für die Beobachtungen sind bisher nur Drachen verwendet worden, sodaß an den zu windschwachen Tagen keine Aufstiege gemacht und also auch keine Messungen aus den höheren Luftschichten erhalten werden konnten. Innnerhin ist es, wie wir aus der Übersicht über das .lahr 1904 ersehen werden, an 7.r>«/o aller Tage des Jahres in Hamburg möglich, Beobachtungen aus der Atmosphäre allein mittels Drachen zu erhallen.

Ein Bericht über die Einrichtungen und die Arbeit der Drachenstation im Jahre 1903 lindet sich im 26. Jahresbericht der Deutschen Seewarte. Es soll hier nur folgende Tabelle über die Aufstiege wiedergegeben werden:

Drachenaufstiege in Hamburg 1903.

 

April

Mai

Juni

Juli

Au-inial

September

oktober

November

Dc-/.'(()•

ber

Mittel Mai b. Dez.

Anzahl der Aufstiegt- . ■ .

7

17

10

16

16

20

24

22

18

19

Tage ohne Aufstiege in °/o .

«*

 

42

11

ili

26

22

2H

:52

30

Mittlere Höhe in m . . . .

12:-U

um

110X

»13

1038

1284

1316

1242

1463

1191

   

1730

21 »(Hl

1670

l5so

2615

2300

2s;>u

2660

2176

Regelmäßig wurden die Aufstiege seit dem 1. Mai an allen Wochentagen, an denen es der Wind gestattete, gemacht. Bis August geschah dies von einer Handwinde aus, später von einer einpferdigen Motorwinde, die aber zunächst auch nur Züge bis zu 50 kg überwinden konnte. Erst im Jahre 1904 wurde sie durch Umbau dahin gebracht, Züge bis zu 100 kg zu überwinden und damit dem hiesigen Bedürfnis zu genügen.

Für das Jahr 1904 ergibt sich folgende Übersicht:

 

.i.'i-

miar

Februar

 

A]>rt!

Mai

J'.irii

Juli

Au

September

Oktober

No- 1 De-veni-, /einher | ber

Zahl der Tage mit Aufstiegen

16

21

20

21

19

20

15

19

18

20

20 22

Tage ohne Aufstieg in •/<> . .

36

16

26

13

21

23

42

30

31

23

20 i 15

i

Mittlere Höhe im m ....

114t

1504

1460

1452

1433

1410

1306

1003

2110

2080!l 496 1630

 

2410

2700

3540

2900

2730

2500

2690

2180

3570

3740:3050 4500

: i

lllnitr. Acronaut. Mitteil. IX Jahrg.

90 4H«

Von den Aufstiegen des Jahres 1904- gingen im ganzen 72 über 2000 m, 32 über 2500 m, lti über 3000 in, 7 über 3500 m, endlich 1 über 4000 m.

Man sieht aus der Tabelle, dal! an 231 von den 360 Tagen des Jahres 1904 Drachenaufstiege gemacht worden sind. An 59 Sonn- und Festtagen wurde überhaupt kein Aufstieg versucht; an 6 Tagen wurde aus Vorsicht wegen zu stürmischen Windes kein Aufstieg gemacht oder der Drache scholl nach dem Auflassen gleich wieder herab: an 70 Tagen war der Wind zu schwach, um den Drachen überhaupt zu heben. Ks kam also an 70 -i- i» 7(5

- ~-.t = r — 24,8° o der Arbeitstage kein Aufstieg zustande. An

drei Vierteln aller Tage sind also Drachenaufstiege in Hamburg möglich. Im Jahre 1903, wo noch weniger Hilfsmittel an Drachen, Motor usw. zur Verfügung standen, waren es 65f\o, also zwei Drittel. Die relativ meisten Aufstiege brachte der April mit nur 13°;'o unbrauchbarer Tage, während der Juli mit 42,\o solcher am ungünstigsten dasteht.

Wenn auch die mittlere Höhe der Aufstiege in den einzelnen Monaten größer ist, als die des vorigen Jahres, so steht sie in den meisten Monaten doch noch erheblich unter der bei regelmäßigerem Gange zu erwartenden: denn erstens mußten in den ersten Monaten, bis 5. März, sobald der Zug im Draehendraht 40 kg betrug, die Drachen eingeholt werden, da der Motor nicht ausreichte, größere Züge als 50 kg mit der damals konstanten Geschwindigkeit von 1,5 m p. S. einzuholen, und ferner mußten in den Zeiträumen vom 5.—15. März, vom 10. Mai bis 3. Juni und vom 9. bis 31. Dezember die Drachenaufstiege von der Handwinde aus gemacht werden. Ks sind dies im ganzen 36. also fast ',6 aller Aufstiege, und diese haben natürlich nur eine geringere mittlere Höhe, nämlich 1157 m, während die mittlere Höhe aus allen Aufsliegen 1561 m beträgt. Der höchste Aufstieg, der mit der Handwinde gemacht wurde, war am 3. Juni 2500 m hoch. Die größte Höhe überhaupt wurde mit 8740 m Draht und 7 Drachen von zusammen 29 qm Fläche, die etwa 65 kg zogen, am 9. Dezember erreicht und betrug 4500 in.

Da es für den Fortschritt der Meteorologie dringend zu wünschen ist. daß solche täglichen Drachenaufstiege an einer größeren Zahl von Punkten in Gang gesetzt werden, so dürften einige Angaben über die Kosten von Interesse sein. Das allmähliche Kntstehen der Station aus kleinen Anfängen, ihre teilweise Ausrüstung aus Beständen der Deutschen Seewarte, sowie mancherlei Kehrgeld, das bei der Neuheit der Sache zu zahlen war, machen eine genaue Berechnung der Summen, für die der jetzige Zustand bei einer Neuschaffung sich herstellen ließe, schwierig, doch dürften folgende Zahlen zutrelfende Anhaltspunkte gewähren: Stationsgebäude nebst innerer Einrichtung und Kinfriedigung 44<>0Mk., drehbares Windenhaus auf künstlichem Hügel 1000 Mk., Motorwinde nebst Motor und Aufstellung 2100 Mk., 2 Handwinden 500 Mk., jetziger Bestand an Drachen 900 Mk., desgl. an Draht und Schnüren 400 Mk., meteorologische Instrumente 2800 Mk., sonstiges Werk-

91 4344«

zeug usw. 400 Mk.; im ganzen 12 500 Mk. Die laufenden Ausgaben bestehen großenteils aus Gehältern und Löhnen, weil so viel als möglich die Arbeiten mit dem eigenen Personal bewerkstelligt werden. Verteilt man auch den Lohn der drei Arbeiter annähernd nach der den verschiedenen Aufgaben zufallenden Zeit, so sind im Jahre 1904 ausgegeben in runden Zahlen: Für Bau und Reparatur von Drachen (Material, Werkzeug und Arbeit) 2400 Mk., für Draht 400 Mk., für Bergelöhne 250 Mk., für die Aufstiege im übrigen (Motorbetrieb und Arbeitslohn) 1500 Mk., für die Station (Platzmiete, Heizung, Feuerversicherung und Arbeiten) 1250 Mk. Verglichen mit den Ausgaben des Aeronautischen Observatoriums zu Berlin im Jahre 1903 (diese Zeitschr., April 1904, S. 140) erweist sich die Ausgabe für Drachen als dieselbe, die für Draht geringer, wegen des Wegfalls der Drachenballonkabel, die für Bergelöhne geringer, wegen Wegfalls der Registrierballons. Die Posten Ballons und Gas aus jener Übersieht im Gesamtbetrage von 8045 Mk. (ungerechnet den neuen großen Ballon und die Ausgaben für Instruinente, sowie das Mehr an Personal) kommen bei dem einfacheren Programm der Drachenstation der Deutschen Seewarte überhaupt nicht in Betracht. K.

Flugtechnik und Aeronautische Maschinen. Das erste Lebensjahr der praktischen Flugmaschine.

Ein Zeuge des unbeschreiblichen Enthusiasmus, mit dem einst im heiteren Frankreich die ersten Fahrten von Menschen durch die Luft begrüßt wurden, war Benjamin Franklin. Als man da die große Frage an ihn richtete: «Was werden die Folgen der Erfindung dieses Luftballons sein, der so unglaubliches zu Wege bringt*, gab er die damals schon echt amerikanisch schlagfertige Antwort: «Es ist ein neugeborenes Kind». Heute sind wir so glücklich, ein anderes Kind unter uns zu haben, dessen ersten Geburtstag wir am 17. Dezember 1904 bereits feiern konnten: Die wirkliche, vogelgleiche, pfeilgeschwinde, lenksame, gewaltige Motorflugmaschine, welche schon vor einem Jahr gleichfalls Menschen eine weite Strecke im freien Flug durch die Luft trug, aber nicht, wie damals in Frankreich, mit dem sanften Sommerwinde, sondern gegen einen grimmigen eisigen Wintersturm. Und doppelt glücklich sind wir, wenn wir uns heute sagen dürfen, daß dieses «Kind» seitdem nicht nur an Alter, sondern auch in mehr als entsprechendem Grade an «Weisheit» zugenommen hat. Sie verspricht sogar in kaum mehr als einem weiteren Jahr als bereits ziemlich ausgereiftes Produkt, als ein > gehorsamer Vogel Rock», mit all ihren noch so ungewohnten und ungeahnten Konsequenzen vor uns zu stehen. Dies sind gewiß überraschende Nachrichten. Doch auch für den Ungläubigsten ist weiter nichts erforderlich, als die Erlinder (die Gebrüder Wright) selbst reden zu hören, deren bescheidener sachlicher Bericht in solchem Grad

den Stempel der Tüchtigkeit und Wahrheit an sich trägt, daß er unbedingt in wörtlicher Übersetzung folgen soll:

* Durch die Diskretion unserer lokalen Zeitungsberichterstatter wurde es uns ermöglicht, unsere Versuche dieses Jahr in geringer Entfernung von unserer Heimatstadt anzustellen, ohne daß dies allgemein bekannt wurde. Wir haben in jedem Monat seit Juni verschiedene Flüge gemacht, ausgenommen im Juli. Unsere ersten Flüge wurden durch die Tatsache begrenzt, daß wir nicht außerhalb der Lokalität, in welcher wir uns etabliert hatten, gehen wollten und daß wir nicht Übung genug besaßen, um es wagen zu können, eine Kreiswendung zu machen. Erst am 15. September konnten wir unseren Kurs von einer graden Linie zu einer Kurve ändern, was uns befähigte, eine Strecke von ungefähr einer halben Meile zurückzulegen. Am 20. September machten wir unsern ersten kompleten Kreisflug und kehrten

Mutmassliches Aussehen der Flugmaschine der Gebr. Wrlght

zum Abflugsorl zurück, nachdem wir eine Strecke von 4300 Fuß über dem Boden und 4900 Fuß durch die Luft zurückgelegt hatten, welch letzteres durch ein Kiehardseh.es Anemometer, das am «Flyer» angebracht war, aufgezeichnet wurde. Die größere Angabe des Anemometers rührt von dem Wind her, der bei diesem Versuch blies (der größere Teil der Zeit, die erforderlich, um eine Kreisbahn zu durchmessen, wird vom Flug gegen den Wind in Anspruch genommen). Die Angaben des Anemometers bei Flügen, die in ruhiger Luft stattfanden, haben stets beinahe vollkommen mit der über den Boden hin gemessenen Distanz übereingestimmt. Die beiden längsten Flüge der Saison wurden gemacht am 9. November und am 1. Dezember. Bei einem jeden dieser Flüge beschrieben wir beinahe vier kom-plete Kreise und legten eine Strecke von etwas über vier und einen halben Kilometer zurück, mit einer Geschwindigkeit von etwa 35 Meilen die Stunde. Beim Flug vorn 9. November wurde eine Last von 50 Pfund (Eisenstangen) und bei jenem vom l. Dezember eine solche von 70 Pfund getragen, zusammen mit dem Gewicht des Operators.

93 «4*«

Manche unsrer Flüge wurden mit einer Geschwindigkeit von 40 Meilen die Stunde durch die Luft und 50 Meilen die Stunde über dem Boden (wenn mit dem Wind) gemacht. Einige Landungen wurden bewerkstelligt, während die Maschine sich mit über 40 Meilen die Stunde bewegte. Der Flug vom 9 November hatte eine Dauer von 5 Minuten und 4 Sekunden, jener vom 1. Dezember eine solche von vier Minuten 52 Sekunden.

Wir strebten nicht nach aufregend aussehenden Flügen (speclacular flights) und erhoben uns selten höher als 30 oder 35 Fuß über den Boden.

Obgleich während der Versuche in dieser Saison 105 Landungen ausgeführt wurden, hat die Maschine nur einige wenige Male ernstliche Beschädigungen erlitten und zwar bei Flügen, bei welchen die Landung zufällig und unbeabsichtigt war. Flug nach Flug wurde ausgeführt ohne irgend eine Beschädigung an der Maschine.

Mr. A. M. Herring sagte bei diesen Nachrichten in tiefer Bewegung: Ein großartiger Erfolg! Und kein Wunder, sind dies doch weit glänzendere Resultate, als Maxim, Langley oder Hargrave sie fürs erste zu erwarten wagten. Dennoch sind sie nur die natürlichste Konsequenz der Resultate aller grundlegenden Experimente. Welch ein Vorteil ein Flug von 5 Minuten Länge für die Übung des Operators ist, statt der kurzen fortwährend unterbrochenen Gleitereicn, läßt sich denken. Vivant sequenles!

Dienstbach.

Kleinere Mitteilungen.

Von London nach Paris im Ballon. In der Nacht vorn 11. /.um 12. Februar hat ein Mitglied des Aeroklubs von Paris, Jacques Faure, in Begleitung seines Cousins H. Latham einen Aufstieg von London aus unternommen, in der Absicht, den Kanal zu überfliegen. Faure hatte die Anwendung einer Kapferer'schen Hubschraube mit Tpfer-digem Motor vorgesehen; der Motor mußte aber wegen Zollschwierigkeiten zurückgelassen werden. Die Luftschiffer stiegen abends (J40 Uhr ein vom Kristallpalast auf. Nach der damals herrschenden Luftdruckverteilung war eine Fahrl in der Richtung auf Paris ziemlich sicher; jedenfalls war das Gelingen des Vorhabens garantiert. Die Fahrt ging in 800 m Höhe in südöstlicher Richtung. Um 8*° L'hr wurde bei Hastings das Meer erreicht. Der Führer ließ nun für die Dauer der Traversierung des Kanals den Ballon auf 30 m niedergehen, so daß das Hervesche Schleppseil im Wasser nachgezogen wurde. Das Tau war durch Wachstuchumhüllung gegen die Aufnahme von Wasser geschützt. Über dem Kanal war die Fahrrichtung südöstlich. Nach zwei Stunden war das französische L'fer bei Dieppe erreicht. Von hier aus ging die Fahrt (wohl in größerer Höhe) ■wieder nach Südost. Um Mitternacht tauchte das Lichtermeer von Paris auf, und um 12*6 Uhr nachts erfolgte die Landung hei St. Denis. Die bemerkenswerte, etwa 350 km weite Fahrt halle also <» Stunden gedauert. Die mittlere Fahrtgeschwindigkeit betrug ca. 16 m per Sekunde; diese Geschwindigkeit ist auch heim Überfliegen des Kanals (110 km) dieselbe geblieben. Die schnellste Verbindung zwischen London und Paris über Folke-stonc-Boulogne braucht nahezu 7 Stunden. i «,»

Die erste Ausstellung mit Preisbcwerb toh Flug-nuiscliiiicumodellen in Paris ist vom 11.—13. Februar vom dortigen Aeroklub veranstaltet worden. Die Ausstel-

lung befand sich in der Maschincngalerie. Diese erste Ausstellung sollte vor allein anregend wirken und die Ideen und Interessen der französischen Flugtechniker in Bewegung bringen. Eine nähere Hesprechung der Ausstellung und der Resultate des Wettbewerbs wird in Kürze erfolgen. de Q.

Ein Luftschiff für die japanische Armee. Aus San Francisco kommt eine merkwürdige Nachricht: Wie die <Japan Daily Mail» vor einiger Zeit meldete, hat ein Amerikaner Dr. August Greth, wohnhaft in San Francisco, ein lenkbares Luftschiff erfunden, das schon wiederholt erfolgreiche Aufstiege gemacht hat. Kr hat daher von der Japanischen Regierung ein sehr günstiges Angebot erhalten, um sein Luftschiff zu verkaufen. Wenn die Abmachungen zwischen ihm und der japanischen Regierung wegen des Ankaufes zustande kommen, so soll das Luftschiff sogleich nach Japan versandt werden, damit es über den Kriegsschiffen der russischen Flotte sowohl als auch über belagerten Festungen Sprenggeschosse werfen kann. — Wie in Deutschland allgemein bekannt, sind in der Ilaager Friedenskonferenz internationale Abkommen darüber getroffen worden, daß das Werfen von Sprengstoffen aus dem Ballon als nicht kriegsgemäß zu unterbleiben habe. I'brigens wird jetzt nach dem Fall von Port Arthur der Besitz eines Luftschiffes für die Japaner kein so unmittelbares Interesse mehr haben. ('.. v. G,

IMo Liebhaberphotoernphie in Luftschifferkrciseii dürfte wesentlich gefördert werden, weil ermuntert durch Wettbewerbe, wie einen solchen der belgische Aeroklub in Brüssel veranstaltet hat. Vom 11. bis 2»>. Januar waren jene Photographien, welche im Lauf der Aufstiege und LuftschifTerfeste des vergangenen Jahres hergestellt wurden, im 'Palais du Cinquentenaire> ausgestellt, wobei Medaillen ausgesetzt waren: i. für den Aussteller der vollständigsten Sammlung, 2. für die künstlerisch besten Aufnahmen, 8. für die besten Stereoskopaufnahmen. Als besonderen Preis für die größte Ausstellung hatte «La conquf-le de l'air» noch Le Cornus Werk «La navigation aerienne* gestiftet. K. N.

Im Zusammenhang mit vorstehender Mitteilung sei der Premier eoneours international de Photographie aerienne genannt, den der Aeronautique Club de France veranstaltet. Bei der Preisverteilung werden zwei Kategorien gemacht werden: 1. Vom Ballon aus aufgenommene Bilder der Erdoberfläche, 2. vom Ballon oder von der Erde aus aufgenommene Bilder von Wolken oder optischen Erscheinungen in der Atmosphäre (Luftspiegelungen, Regenbogen, Aureolen, Höfe, kleiner und Halo (Sonnen- resp. Mondring), Nebensonnenring, Nebensonnen, Gegensonne, Zirkumzenilalring, Tangentialen» und Horizontal ring usw.). Das Format der Bilder ist beliebig: sie sind bis zum 80. Oktober 190f> an die Geschäftsstelle des Aeronautique Club de France, 58 rue J. J. Rousseau zu senden. Die genauen Bestimmungen der Konkurrenz sollen noch in der «Revue d'Aeronautique» erscheinen. de o.

Die Maximalhöhe eine« unbemannten Ballons kann nachträglich experimentell bei Anwendung eines einfachen, durch Oberst Renard angegebenen Instruments bestimmt werden. Eine oben geschlossene Glasröhre ist von oben in einen weiteren Glaszylinder eingeschmolzen, in dem sie nahe an dessen unteres Ende reichl. Die weitere Röhre hat eine seitliche Öffnung im oberen Teil und trägt eine eingeritzte Marke. Bringt man eine gegen Luft unempfindliche Flüssigkeit in die weite Rohre, so wird die in der engen Röhre enthaltene Luft, indem sie bei Abnahme des äußeren Druckes sich ausdehnt, durch die Flüssigkeit in den Zylinder sprudeln, so lange die Druckabnahme dauert. Wird das aus größeren Höhen wieder herabgelangte Instrument unter die Luftpumpe gebracht und die Verdünnung soweit fortgesetzt, bis sich ein Luftbläschen aus der Flüssigkeit erhebt, so hat man in der Differenz der Luftdrucke die Elemente zu annähernder Berechnung der erreichten Maximalhöhe. Das kaum handhohe Instrument ist also ein Minimumbarometer. Vorausgesetzt muß natürlich sein, daß beim Landen nicht ein Umstürzen mit Störung des

»»fr» 95 «f«M«

Ausgangsniveaus statt findet und daß man auf die Temperaturkonektion verzichten will.i K. N.

Zur Gaftzentenarfeter in Pari*. Nachdem das Andenken des Chemikers Lebon wegen seiner Verdienste um die Ausbreitung der Gasverwendung durch sein 178(5 angegebenes Verfahren feierlich am -1. Dezember v. J. zu Paris geehrt wurde, macht man ihm jetzt den Krstlingsruhm streitig. Der Redakteur des «Petit Bleu», A. Roghaert-Vache, tritt in einem Artikel des «Soir» dafür ein, daß es sich um eine Erlindung belgischen Ursprungs handle, weil Prof. Minkeler in Löwen 170:. zuerst das aus Öl hergestellte Leuchtgas zum Füllen von Rallons verwendet habe. «Le Soir> hat schon am 11. Juti v. J. die Mitteilung gebracht, daß in Mastricht mit durch Sammlung aufgebrachten Mitteln dem Erfinder der Releuchtung mit (las, Minkeler, ein Monument errichtet worden sei. Einige Jahre nach Minkelers Haiionversuchen und ungefähr gleichzeitig mit Lebon machte sich auch Prof. Pickel (Deutschland) und Lord Dundonald (England) an Versuche mit Leuchtgas und von 1792 ab breitete sich zunächst die Verwendung desselben zu Beleuchtungszwecken in größeren industriellen Anlagen aus, während die allgemeine praktische Anwendung von 1K07 an gerechnet werden kann. Der nach London übergesiedelte Deutsche Winzer (nicht Winsor wie «Conq. de l'air» meldete, conf. «l.A.M.» 1905, p. 19) tat sich zu diesem Zweck mit dem Engländer Murdoch zusammen und allmählich gewann sich die Leuchtgasverwendung immer mehr Terrain. So kann die Gasbeleuchtung in Paris von 18lö, in Brüssel von 1819, in Berlin von 1H215, Wien 1833 an usw. verzeichnet werden. In Amerika ging die rasche Verbreitung von Baltimore 1K01 aus. «Le Soir» bringt durch seinen Redakteur A. Roghaert-Vache in Erinnerung, daß Minkelers Verdienst durch eine Schrift des Akademikers Charles Morren 183Ö festgestellt worden war. 18!W hatten die Stadtväter von Mastricht, wo Minkeler 1718 geboren war, eine Erinnerungstafel an dessen Geburtshaus anbringen lassen. 1890 waren Schriften von ihm auf der allgemeinen Ausstellung zu Paris aufgelegt. 1901 ließ Leone Mariani, Direktor der «Societa itatiana per il gaz» in Turin, ein Marmor-Medaillon mit Minkelers Porträtrelicf und Namen am Direktionsgebäude anbringen.

An die Monlgoltieren ;1783i hatte sich unmittelbar im gleichen Jahr die Füllung des ersten Ballons mit Wasserstoff durch den Physiker Charles angeschlossen, ein Experiment, das wegen des hohen Preises des reinen Wasserstoffs es nahelegte, die Verwendung billigerer leichter Gase ins Auge zu fassen, und es war ein Belgier. Herzog von Arenberg, der sich schon sehr werktätig in Förderung der Zwecke des physikalischen Kabinets der Universität Löwen erwiesen hatte, der auch für den hier vorliegenden Zweck außer Minkeler auch die Professoren van Bochaute und Thysbacrt in Anspruch nahm, worauf ersterer mit Verwendung des aus Öl erzeugten Luftgases hervortrat. Weiter zurückzugreifen auf die unfruchtbar gebliebenen Versuche des 17. Jahrhunderts (Jean Tardin, John Gleyton, Becher), würde praktisch nicht sachgemäß erscheinen, auch hätte es sich damals noch nicht um Verwendung zur Ballonfüllung handeln können. Im Park des Schlosses Arenberg in Hcverle inahe südlich Löwen) wurde der erste Versuch mit einem kleinen Ballon aus Goldsrhlägerhaut gemacht (November 1783'. der mit kräftigem Auftrieb die Halteleine zerriß und verschwand. Versuche mit größeren Ballons folgten sowohl hier als zu Brüssel, Löwen und Antwerpen. Daß man vor einigen Jahren die Entdeckung des Leuchtgases durch William Murdoch zentenarisch feierte, dabei aber nur bis 1792 zurückging, tut der Sache wenig Finlrag. Während Minkeler hauptsächlich mit aus Öl hergestelltem Gas arbeitete, wendete Lebon aus Holz destilliertes an und es dürfte noch von Interesse sein, daß er 1801 ein Zusatzpatent für Maschinen, getrieben durch die Expansionskraft des Gases, erwarb.

•) IIa die den nejristrierballons mitgegebenen npjnstrierin-'trumente die grüßte Hohe schon selbst in viel sicherer Weise erkennen lassen, wäre der von Kenard vorgeschlagene Apparat h<<i listen« dann von Vorteil, wo man dem vielleicht bloü zur ftostimxnwig der Lun.«triim«ngen bestimmten Pilotballon kein kostspielige» Instrument mitgeben will. I>. Iled.

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Die Gaszentenarfeior vom t. Dez. war in ganz Frankreich mit viel Erfolg bedangen worden. Eine freudig angeregte Menge versammelte sich sowohl an den verschiedenen Aufstiegsplätzen von Paris, als auch in Lyon. Bordeaux, Honen, Nantes. Amiens usw. Zwischen 2 und 2V» Ihr stiegen in Paris von St. Cloud. Rueil, Nanterre und Landy 9 Ballons («Le ltadium> war auch dabei) auf und nahmen gleichmäßig Richtung nach NNO. Der außergewöhnliche Anhlick wurde leider durch plötzlich aufsteigenden dichten Nebel beeinträchtigt, der die Automohilverfolgung unmöglich machte. Die Ballons landeten in Entfernungen von 30—90 km (Dammarlin—Noyon). K N

Internationales LuftsrkifTahrtsfest des belgiseheu Aeroklubs. Gelegentlich der Feier des 7öjährigen Bestehens der Unabhängigkeit Belgiens wird der Aero-OIub de Delgiuue auch zur Erinnerung an die für die Luftschiffahrt so bedeutsame Erfindung des Leuchtgases, an dessen Verwendung und Verbreitung Belgien von Anfang an einen lebhaften Anteil hatte, ein internationales Gas- und Luftschiffahrtsfest veranstalten, für welches der Herzog von Arenberg das Ehrenpräsidium übernommen hat.

Wie schon bei Besprechung des in Paris stattgehabten Gasjubiläumsfestes erwähnt, wird von belgischer Seite Wert darauf gelegt, hervorzuheben, daß der erste mit Leueht-gas gefüllte Ballon am 21. November 1783 in Heverh: aufstieg und daß dies das Ergebnis der auf Anregung des Herzogs von Arenberg durch die Gelehrten Minkeler. de Thys-baert und van Bochaute angestellten Versuche war. Die Denkschrift Minkelers vom 1. Oktober 1783 sagt im wesentlichen, daß er durch Erhitzung von Ol in Flintenläufen (las Leuchtgas leicht und in solcher Menge erhallen habe, daß «i Unzen einen Kubikfuß» dieses Gases lieferten, welches er in Übereinstimmung mit seinen Mitarbeitern als das geeignetste zur Füllung von Luftballons erachte, da es viermal leichter als die atmosphärische

Luft sei.

Das Programm des geplanten Festes ist vom Verwaltungsrat des Aero-CIub de Belgique in Beratung genommen worden. Die Teilnahme zahlreicher französischer und italienischer Luftschiffer soll gesichert, jene der deutschen in Aussicht gestellt sein, so daß auch auf Beteiligung anderer Nationen gerechnet wird. Herzog von Arenberg, ein für Kunst und Wissenschaft sich lebhaft interessierender Mann, hat nicht nur mit großer Bereitwilligkeit das Ehrenpräsidium übernommen, sondern auch von seinem herrlichen Park in Heverh' einen Hektar zur Herstellung eines Aerodroms zur Verfügung gestellt.

__ K. N.

Ballon ovolde eerf-volant benennt sich der Fesselballon, den Louis Godard nach längeren Versuchen als denjenigen Fesselballon erachtet, bei dem die Unzuträglichkeiten anderer Systeme vermieden sind und bei dem stetige Ruhelage am meisten sichergestellt ist. Versuche mit einem 300 cbm Lang-Ballon im Längenverhältnis 1 :5 gingen schon 188t», dann mit einem solchen zu 400 cbm mit dem Verhältnis 1:3'/* im Jahr 1899 voraus, um Anhaltspunkte über Widerstand und ruhige Lage zu gewinnen, bis Godard zum jetzigen eiförmigen Ballon gelangte. Sein Verhältnis ist 1:2'/*, nämlich Länge 20 in, Durchmesser 8 m. Unten schärft sich der Ballonkörper zu einer von vorn nach rückwärts laufenden Kante, l,u des Durchmessers über den Ouerschniltskreis hinabreichend, zu. Unter dieser Kante liegt eine steife, leichte, hohle Kielstange, parallel zur Längsachse des Ballons und aji so lang wie diese. Der Ballon ist mit dieser Stange nicht durch Netzwerk, sondern durch einen ihn umfassenden Mantel verbunden. Im kantigen Unterteil des Ballons ist durch eine von vorn nach rückwärts gezogene gewölbte Hahn von Ballonstoff ein Luftsack abgeteilt von 80 cbm Inhalt, der als Ballonet zur Erhaltung der Ballonform dient, das vorn ein weites Einlaßventil mit selbsttätiger Klappe gegen Wiederaustritt der eingeströmten Luft, rückwärts ein selbsttätiges nach dem erforderlichen Innendruck geregeltes Auslaßventil und für den Gebrauch des Ballons bei Windstille noch ein Einlaßventil mit Klappe besitzt, durch welches die Füllung mit Luft von der Oondel aus durch einen Schlauch erfolgen kann. Gegen Gasüberdruck beim Steigen

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und bei Erwärmung ist noch am Rückende des Ballons ein Klappenventil angebracht. Die Gondel oder der Korb ist nicht nur an der Kielstange durch Tragtaue angehängt, die auf die Länge der Stange verteilt mittels Gänsefüßen an dieser befestigt sind, sondern es laufen auch gegen die beiden Flanken des Ballonkörpers Tragtaue hinauf, die dort an je einem in halber Ballonhöhe angebrachten Verstärkungsband mit Gänsefüßen endigen. Durch eingeschobene, der Ballonform angepaßte Aluminiumröhren sind diese beiden Aufhängebänder noch versteift. Vom vorderen Teil der Kielstange geht, mit einem Gänsefuß beginnend, das Haltekabel aus, während am rückwärtigen Ende noch eine viereckige aus Aluminiumröhren mit Seidenüberspannung gebildete Steuerfläche angebracht ist, welche, je nach Windstärke, auch die Steigung des Ballons zu regeln gestattet. Ein gute Zeichnung steht leider noch nicht zur Verfügung. K. N.

Aeronautische Vereine und Begebenheiten.

Aus dem Kabinet Seiner Majestät ist dem Vorstand des Deutschen Luftschifferverbandes auf dessen Glückwunschschreiben und die damit verknüpfte Überreichung des Jahrbuches zum Allerhöchsten Geburlstag unterm 2. Februar folgendes Antwortschreiben zugegangen:

Dem Vorstande teile ich im Allerhöchsten Auftrage aul die Immediateingabe vom 26. v. Mts. ergebenst mit, daß Seine Majestät der Kaiser und König für die freundlichen Glückwünsche der Vereine des Deutschen Luftschifferverbandes zu Allerhöchst ihrem Geburtstage sowie für die Einreichung des neuen Jahrbuches vielmals danken lassen. Der Geheime Kabinetsrat,

Wirkliche Geheime Rat, gez. Lucanus.

Ostdeutscher Verein für Luftschiffahrt.

Die Hauptversammlung fand am 18. Januar, 8 Uhr abends, im Hotel «Königlicher Hof» zu Graudenz statt. Zunächst berichtete der Vorstand über das verflossene Geschäftsjahr. Dem Schatzmeister wurde Decharge erteilt. Der Vorschlag des Herrn Strohmann, daß auch bei ausgelosten fahrten jedes ausgeloste Mitglied 20 Mark zahlen solle, wurde einstimmig angenommen. Dieser Beitrag zusammen mit dem früher bereits festgesetzten Reugelde von 20 Mark verfällt zugunsten der Fahrtenkasse, wenn der Betreffende ohne triftigen Grund nicht erscheint oder bei anerkannter Begründung nicht rechtzeitig absagt. Der Vorstand wurde für li)0ö wiedergewählt. Für die ausgeschiedenen Herren wurden gewählt: Herr Baurat Fromm als Bücherwart, Herr Hauptmann Wehrle als Vorsitzender des Fahrtenausschusses. Herr Hauptmann Feldt als Stellvertreter des letzteren. Anschließend daran hielt Herr Hauptmann Raila einen Vortrag über die letzte Vereinsfahrt am 8. Januar von Graudenz nach Musehaken. Eine Reihe gut gelungener Winterbilder, die Herr Hauptmann Wehrle während dieser Fahrt aufgenommen hatte, wurden in Umlauf gesetzt. Besonders fesselnd schilderte der Vortragende den Flug über einen Teil russischen Gebietes und die Landung, bei welcher die Ballonfahrer von einem Geistlichen in Ornat empfangen wurden, dessen entgegenkommende, liebenswürdige Hilfeleistung ihnen von großem Vorteil gewesen ist. Als Mitglieder wurden neu aufgenommen: Herr Reg.-Assessor Reermann, Herr Kreisbaumeister Leybold, Herr

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Leutnant Schräder Feldart.-Rgt. 71, Herr Gutsbesitzer Reinhard Duckstein-Nitzwalde, Herr Leutnant Friebe Inf.-Rgt. 1251. Herr Leutnant Zech Inf.-Rgt. 175. ö

Am 8. Februar, abends 8 Ihr. fand im Hotel - Kgl. Hof» in Graudenz eine Versammlung statt. Der Vereinsvorsitzende gedachte zunächst des arn 27. Januar verstorbenen ältesten Mitgliedes des deutschen LuftschifTerverbandes, des Ingenieurs Raul Haenlein, dessen Andenken durch Erheben von den Flätzen geehrt wurde. Darauf sprach Major Moedeheck über die Versuche und über das neueste Projekt von Sanlos Dumont, dessen Bedeutung für die LuftschiITahrt ins rechte Licht gestellt wurde. Daran anschließend schilderte Oberbürgermeister Kühnast seine am 5. Februar unternommene Rallonfahrt im Ballon «firaudenz» in launiger Weise. *fiott sei Dank, nun wird er endlich «Oraudenz» in die Höhe bringen!* sollen etliche Graudenzer gesagt haben. Hei verschiedenen Windströmungen ging die Reise anfangs nach Norden die Weichsel entlang, brach dann plötzlich rechtwinklig nach Osten ab, um nach Südost, auf Straßburg hin zu gehen. In Sorge vor Überschreitung der russischen Grenze ging der Rallonführer Hauptmann Wehrle wieder in die tiefere Luftströmung, die nach Norden führte. Noch einmal stieg der Ballon infolge der Besonnnng in die höhere Schicht zurück, aber der Führer landete alsdann bald bei Neumark. Die Strahlungswärme ging oben bis auf 2-1° ('.. Es fuhren noch mit: Herr Fabrikbesitzer E. Schulz und Herr Oberlehrer Hiebold, letzterer aus Dirschau. Herr Hauptmann Wehrle machte wiederum eine Reihe gut gelungener Winterlandschaften vom Rai Ion aus.

Als neue Mitglieder wurden im Verein aufgenommen Herr Domherr Kuhnert unrl Herr Zahnarzt Schwanke.

Niederrheinischer Verein für Luftschiffahrt.

Die Üczember-Vereinsvcrsammlung des Niederrheinischen Vereins für Luftschiffahrt, die am 19. d. Mts. in den Räumen der Gesellschaft Union zu Rarmen stattfand, und zu welcher sich zahlreiche Damen und Herren eingefunden hatten, gestaltete sich besonders feierlich, galt es doch, die 50. Vereinsfahrt festlich zu begehen. Von besonderem Reiz, aber nichts für ängstliche Gemüter sind die Fahrten bei Nacht im Ballon, über welche Herr Heinz Ziegler hei der genannten Gelegenheit berichtete. Er war in liebenswürdigster Weise eigens zu diesem Zwecke von Augsburg gekommen und wußte die Zuhörer durch anschauliche Schilderung so zu fesseln, daß sie teilzunehmen glaubten. Man blickte mit ihm viele hundert Meter tief hinab auf die immer stiller und dunkler werdende Mutler Erde, auf die im Mondschein silbern glänzenden Flüsse, auf die in elektrisches Licht getauchten Städte und die kaum bemerkbaren Dörfer und Flecken. Man konnte ihm nachfühlen, daß es ihm nicht immer ganz behaglich zu Mute war, denn er war der einzige Insasse des Korbes. Doch blieb ihm keine Zeit, viel nachzudenken, die Orientierung mittels der Karte, das Ablesen der Instrumente, die Feststellung der Zeit, Notizen machen, Rallast geben, Ballonposten besorgen usw., das alles nahm ihn so in Anspruch, daß er erst nach 12 Uhr an seinen inneren Menschen denken und — etwas zu sich nehmen konnte. Da, gegen H Uhr, beginnt es zu dämmern, der elektrische Zündstab wird außer Tätigkeit gesetzt, man kann schon ganz gut ohne künstliche Beleuchtung arbeiten. Und nun begrüßt man mit einer kleinen Erleichterung die Sonne, sie hebt den Ballon immer höher, -1-100 in werden erreicht und fort geht es, einigemal schneller als der schnellst Eilzug, immer weiter nach Osten. Doch wir verzichten hier auf die weitere Schilderung der herrlichen Fahrt, hat sie doch Herr Herr Ziegler selbst in dem Jahrbuch für Luftschiffahrt 1901 aufs eingehendste beschrieben. Sie gehört zu den denkwürdigsten Luftballonfahrten, denn sie endete «glatt» erst am Nachmittag in Stefanesti in Rumänien, 1250 km waren in 20'/* Stunden zurückgelegt. Für einen Ballon von L'tOO cbm mit Leuchtgnsfiillung will das etwas heißen. In Rumänien war noch nie

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ein Ballon gelandet, und so dürfen wir uns nicht wundern, daß der kühne Luftschiffer gewaltig angestaunt, viel ausgefragt und auch ein wenig belästigt wurde. Die Heimreise war beschwerlich, zuerst eine lange Fahrt zur Eisenbahn, dann 43 Stunden in Schnellzügen — wenn doch endlich einmal der «Lenkbare» fertig erfunden wäre! Nach dem Vortrag gab es Lichtbilder, Herr Ziegler hatte eine große Zahl vortrefflicher zum Teil hervorragend schöner Ballonphotographien mitgebracht.

Auch die Mitglieder des Niederrheinischen Vereins für Luftschiffahrt hatten eifrig pholographiert und gemalt, sodaß die allerdings noch recht kurze, aber durchaus nicht inhaltsarme Geschichte des Vereins noch einmal Revue passieren konnte. Viele schöne Erinnerungen wurden da wieder wach, denn die meisten Anwesenden hatten schon eine Luftfahrt mitgemacht. Begleitet wurden die Bilder in lustiger Weise von Versen ä la Rusch des Herrn S. Traine-Barmen. Besonders hatte er sich die Landungen aufs Korn genommen, die ja auch nicht selten das Bemerkenswerteste bei einer Fahrt sind, und die einigemal,

Man erlaube die Verbasserung Wurden eine Wasserung. Dem genaueren, fachmännischen Bericht des rührigen Vorsitzenden des Fahrtenausschusses, Herrn Oberlehrer Dr. Bamler, über die Fahrten der beiden ersten Vereinsjahre ist folgendes in summarischer Weise zu entnehmen: Bei den 50 Fahrten, die der Verein im Laufe von 2 Jahren veranstaltet hat, sind mitgefahren 6 Damen und 179 Herren. Hiervon fuhren mit aus Barmen-Elberfeld 6 Damen und 71 Herren, aus Essen 36 Herren, aus Düsseldorf 32 Herren und aus Köln 25 Herren. In kleineren Zahlen waren beteiligt die Städte: Krefeld, Münster i. W., Berlin, Hagen. Duisburg, Koblenz, Mainz, Wesel, Altona und Kulmbach. Von diesen Fahrten erfolgten aus Barmen 24, aus Essen 12, aus Düsseldorf 9, aus Krefeld 2, aus Köln, Münster und Altona je eine. 12 der Fahrten waren Gratisfahrten, 35 Normalfahrten und 3 Sonderfahrten.

Zurückgelegt sind bei den Fahrten 8510 km. Die mittlere Fahrtlänge beträgt somit 170 km. Die mittlere Zeitdauer einer Fahrt ist 5,6 Stunden, und zwar erreicht diese Zeitdauer im zweiten Jahre 5.9 Stunden gegen 5,3 Stunden im ersten Jahre, ein Beweis für die Güte des Ballons.

Die längste und weiteste Fahrt ist die vom 20. August 1904, sie dauerte 14 Stunden 10 Minuten und führte die Luftfahrer 596 km weit von Altona bis Bromberg. Die mittlere Höhe aller Fahrten beträgt 2300 m, die größte absolute Höhe 4400 m am 4. März 1904. Die mittlere Geschwindigkeit aller Fahrten ist 32 km, die größte mittlere Geschwindigkeit bei einer Fahrt ist 88 km pro Stunde, die größte absolute Geschwindigkeit 100 km.

Bei allen Fahrten wurden meteorologische Beobachtungen gemacht. Auch beteiligte sich der Verein, wenn es irgend möglich war, an den Untersuchungen der höheren Regionen der Atmosphäre, an den sogenannten internationalen Tagen (1. Donnerstag in jedem Monat).

Oberrheinischer Verein für Luftschiffahrt.

Die Hauptversammlung des Oberrheinischen Vereins fand am 23. Januar im «Union-Hotel» statt. — Aus dem Bericht des Kassenwartes ist zu entnehmen, daß die Kassenverhältnisse günstig sind und auf das begonnene Jahr mit Zuversicht zu blicken gestatten. Sämtliche 8 Ballonfahrten sind ohne größere Sonderkosten verlaufen. — Die Versammlung erwählte den bisherigen Vorstand einstimmig für das neue Vereinsjahr wieder: für die Stelle des durch Versetzung nach Neufahrwasser ausgeschiedenen bisherigen zweiten Vorsitzenden, Herrn Major Schwierz, wurde Herr Hauptmann v. Hauteville bestimmt. Herr v. Hauteville nahm die Wahl an. Der weitere Vorstand kooptierte sich noch durch die Herren Oberleutnant Rebentisch und Oberleutnant Stoltz. — Der Bau einer neuen Hülle wird in Aussicht genommen. Ferner wurde beschlossen, den Jahresbeitrag von 1906 ab um eine Mark zu erhöhen und für den Mehrbetrag künftig jedem Mitglied das Verbandsjahrbuch zu liefern.

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Auf Vorschlag des Vorstandes wurde folgende Abänderung der Fahrordnung angenommen: «Alle Mitglieder, die in dem laufenden Kalenderjahr an einer Auslosung zu einer Vereinsfahrt teilnehmen wollen, müssen sich unter Angabe der Zahl ihrer Anteilscheine (2 Scheine über zusammen 30 Mark gelten als ein Schein) beim Schriftwart schriftlich möglichst frühzeitig melden, [une Benachrichtigung von der Auslosung findet nicht mehr statt. Die 3 Ausgelosten erhalten sofort Nachricht vom Resultat der Verlosung. Die Meldung gilt für das ganze Jahr.» Dazu stellte Professor Dr. Thiele folgenden Zusatzantrag. welcher ebenfalls angenommen wurde: «Wer sich außer mit eigenen auch mit geliehenen Anteilscheinen an der Verlosung beteiligt, hat den Eigentümer derselben dem Kassierer anzugeben und zugleich für jeden geliehenen Schein eine Gebühr von ö Mark an die Vereinskasse zu zahlen. Eigentumsübertragung von Scheinen muß durch Anmeldung bei dem Kassierer geschehen. Übertragene Scheine gelten für die Verlosung bis Ahlauf eines Jahres als fremde Scheine.» Ein weiterer, von Re»ierun»srat Schlössingk gestellter, gleichfalls angenommener Zusatzantrag lautet: «Verzichtet der Erstgelosle auf sein Anrecht, so ist der Zweitgeloste gegen eine Gebühr von ö Mark, nach ihm der Driltgeloste gegen eine (iebühr von 10 Mark berufen. Verzichten auch diese beiden, s<< kann der Erstgelosle sein Anrecht auf einen der übrigen bei der Verlosung beteiligten Anleilzeigm-r, welcher dafür eine Gebühr von 20 Mark zu entrichten hat, übertragen. Außerdem verfällt ein Anteilschein desjenigen Mitglieds, welches auf Grund der Losung auffährt.» Weiler wurde beschlossen, nach jeder Ballonfahrt sofort den hiesigen Zeitungen kurze Berichte darüber zuzustellen.

Nach Schluß des geschäftlichen Teils, i) Uhr abends, folgte eine Erholungspause, worauf die Schilderungen der jüngsten Fahrten. «Im Ballon bis vor Paris» und « Die Fahrt am 17. Dezember ►. stattfanden. Iber die Vorträge der Herren Leutnant Siebert und Dr. A. de Quervain lassen wir hier einen Bericht, wie solcher bereits in der « Straßburger Post» veröffentlicht war, folgen. Die Fahrt vom 22. Oktober, Führer Leutnant Sichert vom Feldartillerieregiment Nr. 31 (Hagenau', führte bis Meaux. dicht vor den Toren von Paris. Im Ballon befanden sich außer ihm. dem Führer, noch die Leutnants Donnevert vom gleichen Regiment und Perkuhn vom Dragonerregiment Nr. 15; letzterer hat sich mittlerweile nach Südivcslafrika begeben. Die Auffahrt ging vormittags bei stürmischer Witterung vor sich, die Fahrt verlief glatt bei schönem Ausblick bis etwa Molsheim, dann kam eine dicke Wolkenschicht, durch die der Führer den Ballon unter Ballastauswerfen steigen ließ. Von jl Uhr 20 Minuten an ging die Fahrt 4 Stunden lang über der Wolkenschicht bei sehr gut ausbalanciertem Ballon ohne Ballastwerfen vor sich, während welcher Zeit die Fahrer stets einen Ballonschatten mit wundervoller Aureole vor Augen hatten. Die höchste Höhe war um 2 Uhr 35 Minuten mit 2ö(K) Meter erreicht worden. Die Landung erfolgte um t Uhr glatt an einem Baum bei der Ferme de Charmy bei Quincy-Segy, unweit Meaux. etwa fO Kilometer von Paris entfernt. Die Bewohner halfen in liebenswürdigster Weise den Ballon bergen. Die Insassen fuhren im Wagen nach Quincy-Segy, wo sie zwar ebenfalls sehr freundliche Aufnahme fanden, aber doch einige Stunden festgehalten wurden. Alsdann wurden sie nach Meaux geleitet und von dem dortigen Garnisonältesten. General Baudens, und dem Fnterpräfekten nach kurzem Verhör, in dem sie erklärten, daß sie zwar preußische Ofiizicrc seien, aber die Fahrt nicht in militärischer Eigenschaft, sondern nur als Mitglieder eines LuftschifTcr-vereins als Spazierfahrt unternommen hätten, wieder freigelassen. Sie übernachteten dann in einem Hotel, dessen Wirt ein Elsässer war. sahen sich am anderen Morgen noch die Stadt an, überall sehr höllich von den Leuten behandelt, obwohl ihre preußische Ofliziercigenschaft bereits in der ganzen Stadl und Umgebung bekannt war. verfrachteten ihren Ballon und fuhren schließlich mil dem Zuge wieder nach Straßburg zurück. Die Fahrtgeschwindigkeit des Ballons hatte bis Molsheim 30 Kilometer in der Stunde, bis Rosenweiler 28,2, nachher andauernd öö Kilometer, also durchschnittlich (>0 in der Stunde betragen. Die ganze Strecke war etwa 360 Kilometer lang. (Beifall.) Der Vorsitzende Professor Dr. Hergesell dankte dem Vortragenden und erwähnte, daß er auch

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einmal bereits in Frankreich gemeinsam mit dem Grafen Zeppelin mit dem Ballon gelandet und ebenfalls freundlich aufgenommen worden sei. tJber die letzte Yereinsfahrt am 17. Dezember 1901 berichtete dann Dr. A. de Quervain, der diese Fahrt mit Professor Dr. Thiele und Oberleutnant Rebentisch (Pionierbataillon Nr. 19). letzterem als Führer, gemacht hat. Die Erlebnisse auf dieser Fahrt waren zwar nicht so interessant, wie auf der vorstehend geschilderten, dafür entschädigte der Vortragende aber durch humorvolle Schilderung einer Fülle von Einzelheiten. Der Ballon fuhr über den Rhein bis Karlsruhe in einer Höhe von 1600 Meter. Die Fahrer befanden sich über einer Wolkenschicht in herrlichem Sonnenschein und bewunderten eine prachtvolle Ballonaureole. Die Landung erfolgte schließlich bei Gundolsheim am Neckar in eigenartiger Weise, indem man den Ballon am Schleppseil von einigen Männern über eine Wiese und dann auf einer Fähre über den Neckar und bis zum Bahnhof ziehen ließ. Auch diesem Vortragenden wurde herzlicher Dank und Beifall der Versammlung zuteil. Dr. St.

Bericht aus Italien.

1. Lenkbare Luftschiffe: 1. Aerovado Pacini. Hier liegt eine Konstruktion vor, welche die Vorteile der Luftschiffe und der Drachenflieger vereinigen soll. Die Hülle, die aus drei Teilen, deren größte die mittlere ist, besteht, hat ungefähr die Form eines dreiachsigen Ellipsoides, dessen längste Achse parallel der Fahrtrichtung, die mittlere horizontal, die kürzeste vertikal ist. Durch die Hülle gehen zwei weite vertikale Röhren, in denen zwei horizontale an eine geeignete stählerne Armatur befestigte Hebschrauben sich bewegen; dieselben sollen dazu dienen, sowohl vertikale Bewegungen als beliebige Neigungen der Luftschiffsachse zu ermöglichen. Unter der Hülle ist eine ebenfalls stählerne Einfassung, wie im Lebaudys Luftschiff, die ein vertikales, drehbares, von der Oondel aus manövrierendes Steuer trägt. Die Vorwärtsbewegung erhält man durch eine an dem hinteren Teile der Gondel befestigte Schraube. Die Abmessungen der Hülle sind folgende: 32V12)<5,5 m. Inhalt: 800 ehm. Der Motor soll 25 HP-Kraft entwickeln, von denen vier auf den Hubschrauben wirken sollen.

2. Aerodromo Pezzi. Die spindelförmige Hülle ist von zwei senkrechten Gestellen aus leichterem Material durchkreuzt, deren erstes längs der größten Achse der Hülle läuft und am vorderen Ende eine Propulsionsschraube, am hinteren dagegen ein Steuer trägt, die zweite trägt an seinen Enden zwei andere Propulsionsschrauben, die unabhängig sind, um die Drehung des Luftschiffes zu ermöglichen. Längs dem Äquator der Hülle und gestützt auf den zwei Gestellen steht eine horizontale Randebene, die dazu dienen soll, die störenden Rollenbewegungen des ganzen Systems zu beseitigen. Dieses Luftschiff erinnert an jenes des unglücklichen Severo und auch hier bemerkt man den Übelstand, daß die Widerstandsachse nicht mit der geometrischen und Propulsionsachse des Luftschiffes zusammenfällt.

3. Aeronave Favata. Resteht aus zwei parallelen fischförmigen Hüllen, die nach ihrer gemeinsamen horizontalen Üurchschnittebene durch ein starkes aus Aluminiumröhren und Stahldrähten zusammengesetztes Gerüst verbunden sind. Zwischen beiden Ballons ist die Gondel aufgehängt und eine große und starke Leinwand gespannt: so besitzt das System die Eigenschaften des Luftschiffes und des Aeroplans.

Herr Favata hofft durch diese Disposition, die die Koinzidenz der Resistenzachse mit der Propulsionsachse erlaubt, und durch eine besondere, noch nicht veröffentlichte Modifikation der Befestigung der Propulsionsschrauben, die deren Leistungsfähigkeit erheblich steigern soll, eine größere Stabilität seines Systems und dessen vollständige* Steuerung zu erhalten.

4. Aeronave Giuliani. Die Hülle ist spindelförmig, mit Ballone!, ihre Abmessungen sind: Länge 26 m: größter Radius: 6 in: Inhalt 950 cbm. Diese Hülle ist längs ihrer größten Achse von einem Zylinder aus Leinwand durchbohrt, welcher eine leichte

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Aluininiumröhre enthält. Diese Rühre trägt an ihrem hinteren Ende das Steuer und in ihrem Innern einen elektrischen Motor von Hl HF-Kraft, welcher eine doppelte Schraube bewegt, die ebenfalls in dem Rohre enthalten ist. Der Motor wird von einer Akkumulatorenbatterie betrieben, die in der (londel sich befindet.')

II. Italienische Aeronautische Gesellschaft (Socielä aeronaulica Italiana). Unser Luftschiffahrtverein hat nun sein erstes Lebensjahr hinter sich. Die Mitglieder sind gegenwärtig 150, von denen schon in zu Führern ernannt worden sind. Das Vereinsvermögen (Patrimonio Socialei ist so zusammengesetzt: (natürlich am 1. Januar 19051

1. Kassa..........................£ 810,60

2. Material (Hüllen, Netze usw.)................> 9 710,50

3. Instrumente.......................► 374.00

4. Ein vom Major Moris geschenktes Ventil ... ......» 500.00

5. Weiteres Material.....................> 175.00

Total £ 11 <l 11.70

Unsere Entwickelung ist noch sehr, zu sehr, bescheiden, aber wir hoffen in diesem zweiten Lebensjahre unseres Vereins größere Fortschritte zu machen, besonders nach der Teilnahme S. M. des Königs Viktor Emanuel III., der 1000 Lire für unseren Verein geschenkt hat. A. Pochettino.

Bibliographie und Literaturbericht.

Konstruktion zur Eroitfjrlichuug' der ^.intermittierenden KraftausnUtzung4* bei Fortbewegung von Massen in elastischen Mitteln unter spezieller Berücksichtigung des dynamischen Fluges. Vortrag, gehalten in der Versammlung der Fachgruppe der Maschinen-Ingenieure am 19. Januar 1904 von Ingenieur Viktor Hänisch. S.-A. aus der Zeitschrift des österreichischen Ingenieur- und Architektenvereins, 1901, Nr. 38. Mittels eines sinnreichen, aus Kurbeln, Kegelrädern und Balancen bestehenden Mechanismus erteilt der Verfasser zwei symmetrisch gelagerten ebenen Flächen gleichförmige Drehbewegung um parallele Achsen, während sich dabei die Flächen in ihren Ebenen senkrecht zu diesen Achsen schwingend bewegen. Er holtt auf diese Weise flügelschlagähnlichc Wirkungen auf das umgebende Medium zu erzielen und damit Vorteile für die Luftschiffahrt zu erreichen. Die hübsch ausgeführten Modelle hüpfen in der Tat bei jeder Umdrehung einige Zentimeter auf und ab, wie es jede entsprechend gelagerte Maschine tut, bei welcher unausgeglichene Massenbewegungen vorkommen.

S. Finsterwalder.

Über die Schuflumr eines Aeronautischen Observatoriums für die Erforschung der höheren Schichten der freien Atmosphäre in Verbindung mit einer aerodynamischen Versuchsanstalt. 1901, Verlag des Wissenschaftlichen Komitees des Wiener Flugtechnischen Vereins. Die Schrift faßt auf Ii Seiten in Kürze die Bedeutung der aeronautischen Meteorologie für Erkenntnis der Luftströmungen, ihre Ursachen und Wirkungen, somit Wetterprognose, die Entwicklung der Drachentechnik in ihrer Anwendung für diese Zwecke, den gegenwärtigen Stand der Höhendurchforschungen in den verschiedenen Staaten zusammen und zieht hieraus den Schluß, daß die Schaffung einer Drachen Station

') Von diesen LufUehifTcn sind die zwei eitlen im Hau; die beiden letztgenannten sind nur als Entwurf bekannt. 1). H.

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in Verbindung mit einer aerodynamischen Versuchsanstalt in Österreich sich als höchst erstrebenswert ergibt. Das Heftchen ist in gemeinfaßlicher und überzeugender Haltung gegeben und dürfte das Interesse aller Freunde der Forschungen auf aeronautischem Gebiet erregen. K. N.

Eine Verteidigung des Herrn Ingenieurs Paul Haenleint in Mainz gegenüber dem Schluß der Besprechung seiner Broschüre im Oktoberheft 1904 war seiner Zeit der Hedaktion zugegangen. Im wesentlichen ist hervorzuheben, daß H. einen Ballon ins Auge gefaßt hatte, der in geringer Höhe (-10—50 m sagt die Broschüre) schwebt und daß für die Anfangsversuche, um die es sich handelt, bei Fahrtdauer von einigen Stunden ganz gut das Ballonnet entbehrt werden kann, dessen Anwendung für diese Zwecke unnötige Kosten verursachen würde, während später, wenn die Großindustrie für die Sache arbeitet und weitere Reisen in großen Höhen in Aussicht genommen werden können, die Zeit für Anwendung des Ballonnets gekommen sein wird. Verschiedenen besonderen Maßnahmen bezüglich Anbringung und Bedienung des oder der Ballonnets, wie sie H. hierfür in Aussicht stellte, wird dann näher zu treten sein. K. N.

Im Reich der Lflfte. Von A. Santos-Dumont. Mit zahlreichen Abbildungen nach photographischen Aufnahmen und Skizzen seiner Fahrzeuge. Stuttgart und Leipzig 1905, Deutsche Verlagsanstalt. F.s ist dies eine autorisierte, fast wortgetreue Übersetzung desselben Werkes, das im Vorjahre in französischer Sprache erschienen ist. Da «Im Reich der Lüfte > den III. Band des Sammelwerkes der deutschen Verlagsanstalt «Naturwissenschaft und Technik » bildet, so linden wir im vorliegenden Falle wieder eine aeronautische Arbeit in einer sehr schön ausgestatteten und überaus billigen Volksbibliothek, die dazu bestimmt ist. im großen Publikum die weiteste Verbreitung zu finden.

Wenn ich heute daran gehe, die Übersetzung aus dem Französischen vom Werke Dumonts *lm Reiche der Lüfte> in aller Form zu besprechen, so geschieht es darum, weil dies Buch nicht von einem Fachmann, sondern von einem Laien auf dem Gebiete der Aeronautik — einem Herrn Ludwig Hollhof — übersetzt wurde. Dadurch ist es gekommen, daß viele technische Ausdrücke nicht in der richtigen Weise übertragen wurden. So fälll snfort ins Auge, daß z. B. guide rope mit «Leitseil», statt mit «Schleifleine* übersetzt wurde: auch ist es nicht Sprachgebrauch, zu sagen «der Ballon wird vom Stapel gelassen», und man sagt einfach der Appendix, der Freiballon ist offen, ohne diese Tatsache mit vielen Worten zu umschreiben. Und so folgen viele andere Worte, die wir — vornehmlich durch Mocdebecks Taschenbuch veranlaßt — anders übersetzen als Herr Holthof.

Die Schicksale Santos-Dumonts und seiner «Lenkbaren > werden dem deutschen Leser in einer Einleitung, in 2-1 Kapiteln und mit einem Nachwort in Form einer Fabel vorgeführt.

Da das Bnch Selbsterlebles schildert, so wirkt es auch durch seine Natürlichkeit. Einmal angefangen, zu lesen, legt man ungern das Buch zur Seite. Es erzählt ungezwungen und interessant von all den so reichlichen Zwischenfällen und vom Unglück, das oft das Leben des mutigen und rastlosen Erfinders in höchste Gefahr brachte. So schildert Santos-Dumont, als er mit seinem <1 » abstürzte: «Ich erinnere mich, daß mir folgendes als gewiß erschien: Wenn der Zylinder des Ballons fortfährt, sich zu drehen, werden die Stricke, die mich tragen, weil sie mit ungleicher Kraft arbeiten, alle der Reihe nach reißen, während ich noch im Abstieg begriffen bin.

Ich zweifelte in diesem Augenblicke nicht daran, daß ich mich dem Tode gegenüber belinde. L'nd nun muß ich offen gestehen: die Gefühle, die mich beherrschten, waren lediglich die der Spannung und Neugierde.

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Was wird sich sogleich begeben? dachte ich. Was werde ich hinnen wenigen Minuten sehen und erfahren? Was werde ich sehen, wenn ich tot hin? Ich zitterte bei dem Gedanken, daß ich binnen wenigen Minuten meinem Vater wieder begegnen würde. In der Tat, ich glaube, daß es in derartigen Augenblicken weder für die Gefühle des Bedauerns, noch für die Furcht Baum gibt. — Der Geist ist zu sehr angespannt, als daß er vor sicli blicken könnte. Man hat nur Furcht, solange man noch Aussicht auf Rettung hat. Ich gestehe aufrichtig: nachdem ich meinen eisten Versuch mit einem Luftschiff gemacht, hatte ich keine Angst vor Feuersgefahr mehr. Was ich befürchtete, war. ob der innere Druck nicht so stark würde, daß er die Hülle sprengen könnte. Diese Furcht habe ich noch».

Sehr lehrreich ist die Erzählung der allmählichen F.nlwickelung der einzelnen Ballons — vom kleinen Iii cbm-Kugelballon «Bresil» bis zum «Santos-Dumonl 9». den er «Luft-Balladeusei)» benannte und mit dessen Fahrten die Abhandlung schließt.

Ich möchte noch einige Tatsachen richtigstellen. So schreibt Sanlos-Dumont am Schlüsse seiner ersten Fahrt: «Vor mir halte noch niemand elwas derartiges geleistet». Ferner: «Das Wasser als Railast zu verwenden, hat niemand vor mir unternommen» oder «die Verwendung von Klavierseiten zum Festmachen der Gondel war ganz und gar neu; ich führte diese Neuerung ein». Auch im Kapitel 17, wo das Tor der nach den Angaben Santos-Dumonts neuerbaulen Ballonhalle zu Monaco, welches 15 m hoch und 10 m (zweiflügelig; breit war. beschrieben wird, ist zu lesen: «Die Touristen hoben mit Recht hervor, daß man weder in aller noch in neuer Zeit gleich große gebaut habe».

Dies sind Unwahrheiten, vielleicht unbewußt, aber es wäre sehr anständig gewesen, wenn der Arbeiten der llauptleute Benard und Krebs vom Jahre 1881 und den folgenden Jahren gedacht worden wäre.

Da dachte noch niemand an den Aulomobilismus und an leichte Motore! Oder bedeuten die Experimente des Ballons «La France» nicht etwa mehr als die Umseghing des Eiffelturmes durch Santos-Dumonl?

Übrigens Unwahrheiten — bewußt und unbewußt — werden auch anderswo unverfroren in die Welt posaunt. Iii nt erstoisser. Hauptmann.

Automobil und Motorrad, deren Technik, Industrie und Verwendung zu Verkehrs-, Sport- und Kriegszwecken. Verzeichnis aller bedeutenderen bisher erschienenen Bücher und Abhandlungen. 1(5 S.. 8". Gralis zu beziehen von W. IL Kühl. Berlin \V., Jägerstraße 73.

<) S>- ballader ist ein «ehr familiärer Ausdruck, der uncorviri Bummeln mitspricht. lled.

Die Redaktion hält sich nicht für verantwortlich für den wissenschaftlichen Inkalt der mit Namen versehenen Artikel.

jftle Rechte vorbehalten; teilweise Auszüge nur mit Quellenangabe gestattet.

Die Hedaktion.

illustrierte aeronautische Mitteilungen.

IX. Jahrgang.

-ms April 1905. JHt

4. Heft.

At'ronautik.

Nochmals die deutschen Frauen und die Luftschiffahrt.

Wie ich ahnte und wie ich am Schluß meiner Abhandlung in Nr. 12 1904 dieser Zeitschrift befürchtend aussprach, ist es gekommen: Ich habe einige unserer Gebieterinnen übersehen und leider nicht aufgeführt.

Der Zorn der Götter kann nicht schlimmer sein, ja er ist gewiß leichter zu ertragen, als der unbedingt gerechte Zorn unserer vergessenen Frauen". Indem ich hiermit denjenigen danke, die mir meine Unterlassungssünden vorgehalten haben, will ich reumütig das Versäumto nachholen und der Verzeihung harren.

Zunächst war es im .lahr 1900 Frau Fiedler, die Gattin des ehemaligen sehr verdienten Schatzmeisters des Berliner Vereins, welche mit Fräulein v. Kleist und Herrn Fiedler unter Führung des Oberleutnants v. Kleist, der gegenwärtig auf dem Kriegsschauplatze in Südwestafrika weilt, am 9. Oktober eine Freifahrt unternahm. Die Fahrt dauerte über 2 Stunden und endete bei Wriezen, ti8 Kilometer von Berlin. Diese Fahrt ist für den Berliner La fisch ifferverein noch insofern von besonderem Interesse gewesen, als bei ihr zum ersten Male eine Begleitung durch Hauptmann v. Tschudi im Selbstfahrer stattfand.

Das Ehepaar Fiedler hatte solchen Geschmack an der schönen Fahrt gefunden, daß es am 11. Juni 1901 unter demselben Führer und unter Mitnahme von Frl. v. Gramer zum zweiten Male aufstieg. Diesmal führte der Flug nach 4 V» stündiger Fahrt bis nach Schneidemühl, 235 Kilometer von Berlin. Die Fahrt erreichte eine Höhe von 2750 m und endete mit einer glücklichen Landung nach einer 50 Minuten langen Schleppfahrt.

Fernerhin machte im Jahre 1902 am 27. März Ihre Hoheit die Frau Prinzessin Adelheid von Sachsen-Altenburg mit S. H. dem Prinz-Gemahl unter Hauptmann v. Tschudis Führung ihre zweite Ballonfahrt nach Dölzig bei Königsberg i. d. M., 80 Kilometer von Berlin.

Herr Professor Palazzo in Horn war so freundlich, mir auch mitzuteilen, daß die Frau de Filippi eine Engländerin sei, und daß die Berlinerin, welche in der Societä Aeronautica Italiana neben der erstgenannten und

Frau Fiedler und Frl. v. Cramer vor dar Abfahrt.

außer Miss liraee Kielder den Dainenluftsporl eingeführt habe, Krau Mengurin i wäre.

Hiermit wäre meine Abhandlung ergänzt und richtig gestellt. Im .lahre 1004 haben sieh innerhalb des deutschen Luftschilferverbandes nur 12 Damen an Ballonfahrten beteiligt, die sich auf die einzelnen Vereine wie folgt verteilen: Im Berliner Verein fuhren 3 Damen

» Augsburger » » (5 »

» Niederrheinischen » * 3 > Im allgemeinen muß ich es als sehr bedauerlich bezeichnen, daß ineine •Bemühungen, in Erfahrung zu bringen, ob die betreffenden Damen besondere Erlebnisse und Eindrücke bei diesen Fahrten aufzuzeichnen hatten, erfolglos waren. Ich zweifle nicht daran, daß solche bei jeder Einzelnen wohl vorgelegen haben werden, bedauerlieh bleibt es nur für uns. daß wir durch Mitfühlen die Freuden an diesen Damenfahrten nicht mit teilen und verdoppeln können. Ich vermag dalier in nachfolgendem nur eine Aufzählung von Namen und Daten zu geben, ein Skelett, das ganz ohne Fleisch und Blut sein würde, wenn nicht in liebenswürdiger Weise von verschiedenen Seilen zum Teil recht gut gelungene Bilder zur Verfügung gestellt worden wären.

Im Berliner Verein für Luftschiffahrt begann Freifrau v. Hewald mit ihrem Galten unter Hauptmann v. Kroghs Führung am 29. Januar.

Es war diese die 3. Ballonfahrt dieser Dame, welche nach 6 Stunden 20 Minuten bei Bosen, 220 Kilometer

I»^MBß? H von Berlin, endete. Man darf' wohl bald die Frage WL slellen, wird Freifrau v. Hewald ihrem Gallen 1905

auch als Ballonführer nachfolgen? Qui vivra renal Eine nicht weniger eigenartige Fahrt war am 21. September 1904 die < Brautfahrt durch die Luft von Herrn Dr. Elias mit Fräulein Radelzki. An Stelle der Frau Schwiegermutter war der Herr Schwiegervater mitgefahren und ein englischer Freund Mr J. N. Field aus Ostindien. An dem großen Müritzsee bei Waren in Mecklenburg endete nach beinahe dreistündiger Dauer die Brautfahrt in glücklichster Weise. Fräulein Ila-delzki halte sich in jeder Beziehung als ■ luftfest • erwiesen, was für das zukünftige Familienglück eines Luftschiffers, wie Dr. Elias, gewiß nicht ohne Bedeutung sein wird. Tatsache ist, daß hier in der Luft Herr Dr. Elias Fri. RypinsM die Führung hatte.

Weither von New-Vork kam Fräulein Bypinski, um unter Führung von Oberleutnant Schoof mit Hauptmann Engel in Deutschland eine Freifahrt zu machen. Die Fahrt ging nach Noiduordost bei einer ganz frischen Brise. Nach einstmaliger Fahrt wurde bei Angermünde gelandet.

Frl Radetiki.

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Kino regere Beteiligung der Damen war 1904 beim Augsburger Verein für Luftschiffahrt, Zunächst machte Frau Thessa Oehler am 25. Mai-unter Herrn Zieglers bewährter Leitung mit Herrn A. Probst eine zweite Ballonfahrt nach Munderling in Oberösterreich. Sie blieb Btyi Stunden in der Luft, erreichte 2000 m Höhe und legte 17.-5 Kilometer zurück.

Am 15. Juni fuhr wiederum, nunmehr zum dritten Male.FrauBerthaRiedinger mit Fräulein Hoen und mit Ingenieur Winawer aus Pe-ter>burg. Die Führung hatte Ingenieur Seherle der Ballonfabrik von Riedinger. Nach 21 /s Stunden landeten die Fahrer gegen 1 Ihr bei Dörnbach bei Petershausen, 4"i Kilometer von Augsburg, l'nser Bild stellt die Fahrtgemeinschaft mitsamt dem verpackten Ballon auf dem anscheinend weniger bequemen Landgefährt dar.

Am 24. Juni fuhr Herr Ziegler mit Frau Dr. Pflaumer nebst deren Gallen, beide aus Buenos-Aires, und mit Frau Professor Slu-nicko in 61/* Stunden nach Stadelhof bei Wolnzach, 00 Kilometer von Augsburg. Die Fahrt erreichte 2400 in Höhe. Die Fahrt endete mit einer Damenlandung.

Am HO. August brachte Herr Ingenieur Seherle Frau Bo Ische ff mit Gatten und Herrn Beljaeff, alle aus St. Petersburg stammend, von Augsburg in 7 >/s Stunden Fr,u Dr*Pflaym,r> Fr,H Prof- Slun,cl"> "'ch '•"hr »,atter LMd««iu-nach Winnenden bei Stuttgart.

Ks ist auffallend, daü im Jahre 1904 verhältnismäßig viele Ausländerinnen sich den deutschen Ballons und deutscher Führung anvertraut haben, sodaß ich beinahe in Verlegenheit wäre, sie unter den Titel dieses Aufsatzes zu bringen. Indessen dürfte die Annahme gerechtfertigt

Frau B. Riedinger und Frl. Hoen nach der Fahrt.

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sein, dail die meisten auch dieser Luftfahrerinnen deutscher Abstammung waren.

Im Niederrheinischen Vereine linden wir erfreulicherweise die uns schon bekannten Walküren ihren Flug von neuem durch die Luft nehmend. So fuhren Frau Dr. Sieburg und Fräulein G. Troost unter Hauptmann v. Rappard mit Oberleutnant Schilling am US. März in 7s/4 Stunden von Barmen nach Grevenbroich und am 12. Juli Frau Dr. Ostertag mit den Herren Mengel und Toelle unter der bewährten Führung von Herrn Dr. Bamler in 6's Stunden nach Venvay in Holland.

Auf jeden Fall dürfen wir die Bedeutung aller dieser Walkürenfahrten für die sportliche Entwickelung unserer Luftschiffervereine nicht gering anschlagen, und wir können es daher nur mit vielem Beifall begrüßen, wenn noch recht viele derartige Fahrten in weiterer Folge gemacht werden.

Moedebeck.

Lustige und traurige Episoden aus den ersten Jahren

der Ballon-Aera (1783).

Nach authentischen Berichten gesammelt von Max lieher-Augsburg.

Nachdruck verboten.

Es ist das Los erfinderischer Genies, daß bei ihrem Auftreten ihre geistigen Produkte von der neidischen Mitwelt in den Staub heruntergezogen werden. Die einen behaupten, es seien allbekannte Sachen, die vor so und so viel Jahren schon irgend einSchlaukopt zum besten gegeben habe; andere werfen sich gleich aufs hohe Roß und kritisieren von oben herab die Mängel der neuen Erfindung, haben aber selbst nicht das Zeug, durch eigenen Scharfsinn die angeblichen Nachteile zu beseitigen.

So erging es auch dem berühmten Bruderpaar Etienne und Joseph Montgolfier, den Erfindern der aerostatischen Kugeln. Man erzählte sich damals, sie hätten ein Manuskript, das bald in der kgl. Bibliothek zu Paris, bald zu Turin befindlich gewesen sein sollte, und überhaupt auch ältere Schriftsteller, insonderheit den Jesuiten Lana, ferner Leibniz, Borelli und den Dominikaner Gaben geplündert. Letzterer soll, sei es aus Scherz oder Ernst, den Vorschlag gemacht haben, einen ungeheuren breiten Ball aus starker Leinwand, größer denn die gute Stadt Avignon, zu verfertigen, mit Wachs oder Teer zu bestreichen und mit verdünnter Luft zu füllen. Ergo — war der Dominikaner der eigentliche Erfinder des Luftballs. Zwar konnte man den beiden Brüdern Montgolfier das Verdienst nicht absprechen, * daß sie Personen von beobachtendem Geiste und Liebhaber der Naturkunde waren, sich schon längst mit dem Aufsteigen der Dünste beschäftigten und Wolken suchten, welche, in Säcke gebunden, Lasten aufzuheben vermochten». Aber man gönnte ihnen das Verdienst nicht, die allerdings schon bekannte Idee praktisch verwertet zu haben.

Doch sie arbeiteten unverdrossen weiter und schon am ö. Brach-

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monat 1783 produzierten sie sich angesichts der versammelten Stände zu Annonay mit großem Erfolg. Die Pariser Blätter schrieben darüber m t Begeisterung. Demnach hatte die wunderbare Maschine, welche aus Tuch und Papier bestand, die Gestalt eines Hauses von 36 Schuh in der Länge und 26 in der Breite und wrurde durch die Kraft des Feuers und des elektrischen Rauches fast bis zur Unsichtbarkeit in die Höhe getrieben. Wenigstens war sie in der Luft kaum von der Größe einer kleinen Figur zu erblicken gewesen. Als diese Maschine wieder herunterkam, wurden ihrer die benachbarten Bauern ansichtig, welche in die größte Bestürzung gerieten, da sie meinten, der Mond neige sich herab, und das Ende der Welt sei ganz nahe.

Die beiden Erfinder ihrerseits waren auch noch nicht ganz im klaren über den physikalischen Grund ihres elektrischen Hauches, den sie durch Verbrennung eines Gemisches von Stroh und Wolle erzeugt hatten; sie glaubten ein Gas von besonderer Eigenschaft entdeckt zu haben, während tatsächlich der heiße Rauch, der leichter als wirkliche Luft war, das Emporsteigen des gefüllten Körpers bewirkte.

Die Nachricht von dem Ereignisse zu Annonay am 5. Juni veranlaßte die Academie des Sciences, zur Prüfung der Erfindung eine eigene Kommission einzusetzen, und bald waren zur Wiederholung des Experiments 10000 Is. zusammengebracht, was für die beiden Brüder um so angenehmer war, als sie beim ersten Versuch 100 Pistolen verwendet hatten. Die Herstellung des Ballons wurde dem berühmten Physiker Jacques Alexander Cesar Charles (geb. 12. Nov. 1746 zu Beaugency, gest. 7. April 1823) übertragen. Es entstanden nun, wie man sich damals ausdrückte, zwei Sekten und verschiedene Arten von aerostatischen Maschinen, die sich den Rang streitig machten, indem Charles auf «inflammable Luft >, d.h. auf Wasserstotfgas riet, anstatt der heißen Luft, welche die beiden Montgollier zur Füllung des Balls verwendet wissen wollten. So entstanden die Montgolfieres einerseits und die Charlieres andererseits.

Am 27. August 1783 stieg der angekündigte, mit Wasserstoffgas gefüllte Ballon zu Paris vor einer ungeheuren Volksmenge auf, trotzdem niemand ohne Billett, a 3 ls. zur Bestreitung der Unkosten dieses wunderbaren Experiments Zutritt hatte.

Nach damaligen Berichten soll sich der Globus 6000 Fuß hoch emporgeschwungen haben und 4 Stunden von Paris, in der Nähe von Gossene, auf die Wohnung eines ehemaligen Lehrers der Kriegsschule niedergefallen sein, wodurch er eine starke Öffnung bekam. «Zwei Bauern sahen die Maschine ganz langsam auf die Erde niedersinken. Sie hielten dieselbe um so eher für ein Ungeheuer, da sie, als sie schon den Erdboden berührt hatte, noch aufhüpfte, was eine Wirkung des darin noch vorhandenen elastischen Gases war. Sie trauten sich nicht, dem Ungeheuer näher zu kommen, warfen aber gleichwohl mit Steinen darnach, hielten es endlich, da es sich nicht mehr bewegte, für tot, und wagten sich Schritt für Schritt

näher, um es zu begucken und betasten. Der Dreisteste von ihnen sah endlich zur obersten Tür hinein, wo er sich aber wegen des stinkenden Dampfes nicht lange halten konnte. Zuletzt kamen die beiden Freunde überein, daß das 1'ngeheuer mausetot sei, und schleppten es mit Hilfe ihrer Maulesel ins Dorf zum Pfarrer, der dann, als des Lesens kundig, aus dem darauf geklebten Zettel ersah, was für eine Maschine das eigentlich sei, und wem man Nachricht geben müsse. > Gegen Ende September veranstalteten die beiden Montgolfier in Paris in Gegenwart der Kommissarien der Akademie der Wissenschaften ein Experiment mit ihrer größeren aero-statischen Kugel, die nur halbvoll von brauchbarer Luft war und mit einer Last von tiOO Pfund beschwert war. «Sobald man der Maschine ihren Willen ließ, wollte sie partout mit Gewalt weiter, und 30 starke Männer, die sie an den Stricken festhielten, vermochten sie kaum zu bändigen. Endlich bekam man sie nach unsäglicher Mühe wieder herunter. Man gewahrte, daß sie durch das Kämpfen gegen die Leute und durch ihre innere Gewalt so hart mitgenommen sei, daß man sie wieder auszubessern, für nicht rätlich hielt.» Man beschloß daher, sofort eine neue zu verfertigen und damit in Bälde ein Experiment im Park zu Versailles anzustellen.

Am 24-. September fand dasselbe auch dort in Gegenwart des Königs und der Königin statt. Man hatte zum ersten Male versucht, lebende Wesen auffahren zu lassen, und zu diesem Endzweck an die Luftkugel einen aus Weiden gellochtenen Korb befestigt, worin man einen Hammel, eine Ente und einen Hahn sperrte. Letzterem wurde durch den Fall der Maschine oder durch die Hörner seines Heisegenossen der Kopf eingeschlagen, während die anderen Tiere unbeschädigt blieben und sich alsbald auf dem Landungsplätze, auf einer Wiese nahe beim Walde von Vaucreslon, munter herumtummelten.

Die Luftkugeln bildeten nun den Gegenstand des Tagesgespräches. Der bekannte Erlinder des Blitzableiters, Benjamin Franklin, der damals in Paris weilte, soll, über die neue Erfindung befragt, sich also geäußert haben: Wir haben ein neugeborenes Kindlein vor uns; vielleicht wird es ein Wunderkind sein. Laßt uns abwarten, was die Erziehung mit ihm fertig bringen wird!» — Bei den vielen von Laien angestellten Versuchen kam es zu allerlei Auftritten. So wurde am 30. September in einer Pariser Vorstadt eine Luftfahrt angekündigt. In wenigen Augenblicken war eine Menge Volkes versammelt. Die Zuschauer mußten anfänglich 10 sous bezahlen, aber der Preis liel zuletzt auf 3 herab; gleichwohl war die Einnahme noch beträchtlich genug. In dem Augenblick, wo die Kugel die Himmelfahrt antreten sollte, präsentierte man dem Publikum eine aufgetriebene, mit gewöhnlicher Luft gefüllte Blase, die den Erdboden nicht verlassen wollte. Ein jeder, höchst unwillig, so hintergangen worden zu sein, wollte sein Geld wieder herausbekommen. Es enstand ein furchtbarer Lärm mit unvermeidlicher Schlägerei. Seitdem verbot der Generalleutnant der Polizei

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durch eine Ordonnanz ausdrücklich und bei harter Strafe derartige Schauspiele.

Von Paris aus wurde mit Luftkugeln ein schwungvoller Handel nach den Provinzen betrieben. Die Zollwächter dortselbst waren anfangs, wie leicht denkbar, noch im unklaren, unter welcher Rubrik sie diese Globen für den Staatssäckel nutzbringend behandeln sollten, oder sie wollten die Ware gleich gar nicht passieren lassen, wie es die biederen Douaniers von Peronne anfangs Oktober 1788 bei einer mit solchen Ballons gefüllten Kiste versuchten. Vergebens warnte der Eigentümer, dieselbe zu öffnen. Aber der Deckel wurde aufgerissen, und plötzlich flogen die Kugeln unaufhaltsam zum großen Entsetzen der Zoilwächler dem Himmel zu: vergebens riefen diese: «Arrete, arrete de la pari du Roi!»

Der erste Luftschifler, der Hammel, der am 24. September von Versailles aus auffahren mußte und wieder glücklich auf festen Boden gelangte, stieg nun so in Ehren, daß er in den königlichen Tiergarten unter dem Namen «Monte au Ciel> aufgenommen und dort verpflegt wurde.

Monlgolüer suchte nun seine Luftmaschine zu vergrößern und solche wenigstens noch einmal so hoch zu machen. Auch wollte er sie von einem Menschen besteigen lassen, «der vermittels gewisser Einrichtungen ihr im Steigen noch weiter zurecht helfen könnte«. Am 17. Oktober, um 5 Uhr nachmittags, ward auch in Gegenwart einer ungeheuren Menge eine Probe mit dieser neuen Luftkugel angestellt. Sie stieg 15 Fuß hoch. Auf einem an derselben angebrachten Geländer befand sich Pilätre de Rozier (bekannt durch seinen tragischen Tod am 15. Juni 1785), welcher bestündig feuchtes Stroh in einen am unteren Teil der Maschine hängenden Ofen warf. IMlätre kam nach einer halben Stunde herunter, und von der Last befreit, ♦stieg der mit Stricken gehaltene Ballon noch 50—(>0 Fuß und wurde dann wieder an seine Stelle zurückgebracht.

Die neue Erlindung mußte nebenbei auch zu allerlei Kurzweil dienen. So ließ der Herzog von Chartres bei einem Souper eine große verdeckte Schüssel auf die Tafel stellen. Sie war sogar versiegelt, was die Neugier der Damen und Herren noch steigerte. Man befragte sich, aber niemand wußte Bescheid. Der Herzog sagte lächelnd, der Koch müsse es wissen, doch dieser war nirgends zu linden. Einige Damen wurden nun so ungeduldig, daß sie den Deckel mit Gewalt abrissen. Da waren es Würste mit brennbarer Luft angefüllt, welche eine gute Weile zum allgemeinen Gelächter im Saal herumflogen und bei Punsch und Sorbet zu allerlei witzigen Einfällen Anlaß gaben.

Am Freitag den 21. November wurde in Paris ein neuer Versuch mit einer Montgolfiere gemacht. Dieselbe hatte 70' in der Höhe und 46' im Durchschnitt und erhob .sich mit einer Last von löOO—1700 Pfund. Auf der Galerie derselben befanden sich der Marquis d'Arlandes und Pilätre de Rozier. Der Ballon erhob sich bis zu einer Höhe von .'{000', flog mit den Insassen «her die breite Seine zur Ecole militaire und dem Hotel des Invalides weiter.

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So glatt ging übrigens der Aufstieg, wenigstens im Anfange, nicht von statten. Der Ballon wurde das erste Mal um 12 Uhr in die Höhe gelassen, allein er neigte sich bald auf die Seite und fiel aul einige Bäume in der benachbarten Allee. Die 6 Schuh langen Risse, die er bekam, waren in einer Stunde wieder geflickt. Zum zweiten Male erhob sich der Ballon aufs prächtigste. -Bei diesem ganz ungewöhnlichen Schauspiel waren an 160000 Zuschauer zugegen, die alle ihre neugierigen Augen zum Teil mit offenem Munde gen Himmel gerichtet hatten. Alle waren von Bewunderung, aber auch von einem starken Herzklopfen erfüllt, ja einigen Frauen wurde sogar übel. Der Dauphin (nicht zu verwechseln mit dem nachmaligen unglücklichen Ludwig XVII.j ließ eine große Freude erkennen, als er die große Maschine in die Höhe steigen sah, und mit Händeklatschen und Springen stimmte er in den lauten Beifall der Zuschauer ein. In einer Höhe von 300' schwenkten die kühnen Luftschiffer die Hüte und nahmen von den Zuschauern Abschied. Die Fahrt dauerte bei 25 Minuten. Die beiden Insassen hätten einen noch dreimal längeren Weg zurücklegen können, wenn es ihnen beliebt hätte, da sie noch zwei Dritteile ihrer brennbaren Luft bei sich hatten (?), die sie oben in der Höhe durch am Ballon befindliche Ölfnungen hätten hineinlassen können. Sie befanden sich während und nach der Reise ganz wohl und konnten die herrliche Szenerie, die sie in einer Höhe von 3000' vor ihren Augen in einem unabsehbaren Umfange liegen hatten, mit Worten nicht herrlich genug beschreiben. Sie waren nicht ermüdet, aber sehr erhitzt, da sie sich die ganze Zeit über nahe dem heißen Ofen befunden hatten, der nur durch dünnen Taflet von ihnen abgesondert war. Der Herzog von Chartres war dem Ballon auf seinem anderthalb Meilen langen Zuge im vollen Galopp gefolgt und kam nur einige Minuten später, als die Luftschiffer wieder gelandet waren, an und bewillkotnmte sie aufs herzlichste. Es geschah auch eine Menge größerer und kleinerer Wetten für und wider den Erfolg der Luftmaschine, und seit diesen Tagen — so besagt der Bericht — redet man beinahe von nichts anderem als von dieser Erfindung. Es haben sich bereits mehrere Personen gemeldet und Geld angeboten, um die nächste Luftreise mitmachen zu dürfen, so daß diese Art zu reisen nächstens Mode werden dürfte».

Das Ausland blieb nicht zurück, die neue Erfindung in allerlei Versuchen zu erproben. So ließ, einem Auszug aus einem Privatschreiben zufolge, in Brüssel ein Herr Saint-Amant, «der in der Physik vorzügliche Kenntnisse halte und das ansehnlichste Kabinet von physikalischen und mathematischen Gerätschaften besitzt», auf seine Kosten eine Montgolüfere verfertigen, die am 23. Oktober in Gegenwart Sr. Durchlaucht des Herrn Statthalters prächtig in die Luft stieg und erst am folgenden Tage in einer Entfernung von 4 Meilen, unfern der Stadt Löwen, zu Boden fiel. «Seitdem», fügt der Bericht hinzu, «wurden diese Versuche mit bestem Erfolge wiederholt».

Aus Mailand wird de dato 17. November 1783 folgendes berichtet: * Nachdem der rühmlichst bekannte Physiker Mr. Saussure zu Genf einen

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Versuch mit Montgolfier-Luflkugeln gemacht, wobei er sich statt des mit elastischem Gummi überstrichenen Taffets der feinen Häutchen bediente, welche den großen Sack in den Eingeweiden des Ochsen decken, und davon am 28. vorigen Monats den besten Erfolg sah, so erleilte er noch am nämlichen Tage seinem hiesigen Freunde, dem mit vorzüglichen Kenntnissen versehenen Herrn Ritter Marsilio Landriani, davon Nachricht, welcher sich hierauf allsogleich daran machte, eine Luftkugel zu verfertigen. Nachdem er vorher einige Versuche damit angestellt, hatte er am 14. hujus die Ehre, dieselben in Monza in Gegenwart Ihrer königl. Hohheiten und einer zahlreichen Menge von Zuschauern zu wiederholen. Die Luftkugel hatte nur 11 Zoll im Durchmesser; gleichwohl stieg sie zur allgemeinen Bewunderung auf eine sehr ansehnliche Höhe und üel bei Mirabello seitwärts nieder. Bald darauf wurde die gleiche Kugel wieder mit erwärmter Luft gefüllt und in Freiheit gesetzt. Desselbigen Abends ließ man eine ungleich größere Kugel in die Höhe steigen, an der man ein Licht angebracht hatte, welches noch aus der höchsten Entfernung schimmerte, ein Stern erster Größe zu sein schien und Ihren königl. Hohheiten und der übrigen Zuschauerschaft Vergnügen bereitete. Seitdem hat Herr Landriani, von Sr. königk Hohheit dem Erzherzog unterstützt und begünstigt, diese Versuche in der neuen Erfindung fortgesetzt, auch mehreren Personen in der Zubereitung derselben Unterricht erteilt, wodurch seitdem allerlei Versuche von verschiedenen allhier häufig wiederholt werden.» ')

Zu Lyon ließ man am 18. November eine Montgolfiere in die Höhe steigen, in welcher ein Feuerwerk angebracht war. «■ Der Ball flog in Gegenwart von 30 (XX) Zuschauern unter dem Schalle einer fürt reff liehen Musik und vielem Freudengeschrei. Er glänzte wie ein schöner Stern in der Nacht, gleich darauf platzte eine Bombe, die eine Menge Sternlein ausstreute. Eben als sich der Ball in den Wolken verlor, sprang eine noch stärkere Bombe als die erstere heraus, welche die ganze Stadt erleuchtete. Hierauf verschwand er, und man konnte nicht erfahren, welchen Weg er genommen und wo er niedergefallen.»

Am 3. Dezember machten die Herren Charles und Robert mit ihrem selbst verfertigten Ballon eine sehr glückliche Reise. Derselbe war viel besser ausgerüstet und mit einem Ventil zum Auslassen des Gases versehen, das durch eine Schnur von unten her geöffnet und geschlossen werden konnte. Ein starkes seidenes Netzwerk umgab die obere Ballonhälfte und wurde in einen Ring zusammengefaßt, der den Ballon in der Mitte umspannte und mittels Schnüre eine Gondel mit Sitzen für 2 Personen

') Graf Marsiglio Landriani. geb. zu Mailand in der 2. Hälfte des 18. Jahrhunderte, gest. zu Wien wahrscheinlich 1827, gehörte dem alten, hochadeligen lombardischcn Oe«chlechte der Landriani an, welche» mütterlicher Seite mit dem H. Carolu« Borromau« verwandt war. Über Lrziehung, Bildungsgang usw. dieses Gelehrten ist nichts zu ermitteln gewesen; *o viel ist Übrigen* bekannt, daß er I!t>fmar»chnll des Uerzogs Albert von Sachscn-Teschen war und als solcher abwechselnd in Wien und in Italien lebte. Seine physikalischen Forschungen veranlagten die I'uri^er Akademie, ihn zu ihrem korrespondierenden Mitglieds zu ernennen. Vergl. Poggendorff: biographisch-literarisches Handwörterbuch inr r.cfchichto der exakten Wissenschaften (Leipzig 1869).

im Gleichgewicht hielt. Der Aufstieg erfolgte aus dem Tuileriengarteu 40 Minuten auf 2 Uhr. -Zuerst liehen die beiden Luftschiffer eine kleine mit grünem Taffet überzogene Luftkugel in die Hübe steigen. Montgolfier, als der erste Erlinder, hatte die Ehre, dieselbe aus seinen Händen steigen zu lassen. Sie verschwand in wenigen Augenblicken aus den Augen und wurde nicht mehr gefunden. Der große Ballon erhob sieh prächtig und sank erst um Uhr bei Hedouville. 9 Meilen von Paris, mit Willen der Insassen. Gerade vorher war die Sonne untergegangen. 4 lU Uhr bestieg Charles noch einmal den Ballon und bei der erneuten großen Erhebung von über 3000 Meter erlebte er an diesem Abend scheinbar einen zweiten Sonnenuntergang. Charles fuhr noch anderthalb Meilen in weniger als einer halben Stunde.

Die Menge der Zuschauer war ungeheuer. Der Herzog von Cuinber-land lief Gefahr, erdrückt zu werden. «Ich bin», schrie er, «des Königs von England Bruder: schonet meines Lebens*. Ein Suldat kam ihm hierauf zu Hilfe und zog ihn glücklich aus dem Gedränge heraus. Der Herzog bot ihm seine Börse an. «Sire-, entgegnete der Krieger, «ich bin Franzose, ich schätze mich glücklich, die Ehre gehabt zu haben, dem Bruder des Königs von England das Leben gerettet zu haben. Der Aufstieg erfolgte frei, ohne alle Stricke. Als das Frohlocken aufhörte, fing das Händeklatschen und Schwenken der Hüte an, das so lange fortgesetzt wurde, als der Ballon zu sehen war. Selbst die Schweizer, welche an den Gartentüren die Wache hatten, schwenkten ihre Säbel in die Luft. Die Herzöge von Chartres und Fitzjames jagten zu Pferde dem Ballon nach, um bei der Landung zugegen zu sein, aber wegen der vielen Umwege erreichten sie ihr Ziel nicht, wiewohl sie in 2','a Stunden beinahe 0 deutsche Meilen zurücklegten.^

Dieser so glänzend abgelaufene Versuch ließ nun auch den alten, nicht sehr leichtgläubigen Doktor Franklin seinen Freunden gegenüber über die Erfindung milder urteilen. «Das neugeborene Kindlein», so nannte er die Luflmaschine, ^sei kein Tölpel mehr, sondern scheine sich zu einem Genie auszuwachsen. Diese Entdeckung werde in ihrer Art ebenso wichtige Folgen haben, als diejenige des Magnets, des Pulvers, ja sogar der Neuen Welt für die Menschheit gehabt.-

Berichten zufolge wurden im Dezember in Bern, Mailand, Darmstadt und Berlin Versuche mit Luftkugeln veranstaltet. «Viele Fremde von Slraßburg und Lyon halten die Winterreise nicht gescheut und sich in Bern zu diesem ungewöhnlichen Schauspiel eingefunden. Eine große Volksmenge wartete geduldig drei Stunden bei strenger Kälte, aber die ungeheure Luftkugel wollte nicht in die Höhe steigen; endlich platzte sie auf einmal zusammen und machte dem Spiel ein Ende. Die Kugel war zu groß. Die Zuschauer halten jeder einen Gulden berappt, den sie wieder zurückhaben wollten. *

Besser gelangen die Versuche in den anderen Stadien. «So ließ am

»»»» 115 €«6«s*

19. Dezember der Kanonikus Dr. Giaeomo Veneziani auf dem Kastellplalz zu Mailand eine Luftkugel in Gegenwart des gesamten Adels und einer unermeßlichen Volksmenge mit Krfolg steigen.»

In Darmstadt ließen am 23. Dezember um 10 Uhr morgens einige Freunde der Physik und Naturgeschichte einen Luftball in die Höhe steigen, der aus Goldschlägerhäutchen zusammengesetzt, mit Hausenblase verleimt und mit gewöhnlicher aus Eisenfeilspänen und Vitriolöl entwickelter brennbarer Luft gefüllt war. Seine Gestalt, die eines länglichen Vierecks, bewies, daß die Kugelgestalt hiezu nicht schlechterdings erforderlich sei. Fr stieg sogleich in der Stadt, wo er losgelassen wurde, zweimal so hoch als der Stadlturm, setzte seinen Flug über den vor der Stadt liegenden Exerzierplatz fort gegen den Hhein zu.»

«Am 27. Dezember, vormittags 11 Uhr ließ in Berlin der berühmte Chemiker Achard1) im Lustgarten am königliehen Schlosse vor einer ungeheuren Menge von Zuschauern seinen Luftball steigen. Die Operation ging ungemein rasch von statten. Die Kugel stieg ziemlich hoch. Sie llog über das königliche Schloß nach der Königsstraße hin, stieg abwechselnd in die Höhe und sank wieder, bis sie sich den Nachsehenden aus dem Gesichte verlor. Sie hatte ungefähr 3' im Durchmesser.-

Mit dem Jahre 1781 erschien Blanchard auf dem Plan, der durch seine kühnen Luftfahrten alles in Staunen setzte und bald jede Konkurrenz aus dem Felde schlug.

Montgolfieren-Aufstiege in Columbien.

In Bogota (Columbien), das auf einer Hochebene von 2öf>8 Meter gelegen ist, hatte ich wiederholt Gelegenheit, dem Aufstieg von Monlgolfieren beizuwohnen. Da diese Art Aufsliege in Europa sehr selten sind, dort vielmehr bei den Aufstiegen der Berufsluftschilfer in den Vergnügungsparks die mit Gas gefüllten Kugelballons zur Anwendung kommen, so hatte für mich als Ballonführer diese Art Aufstiege einen großen Reiz. Sie bieten manches Lehrreiche, zumal, wie man es nicht machen soll.

Ein höchst mangelhafter Ballon, in der Form eines Eis, war zwischen zwei Stangen über einem sich nach oben zuspitzenden l1/* Meter hohen Ofen aufgehängt. In diesem Ofen wurde durch Strohfeuer, das noch durch Petroleum verstärkt wurde, die heiße Luft zur Füllung hergestellt. (Bild l.) Der Ballon mochte nach meiner Schätzung etwa 1000-1500 Kubikmeter fassen, er füllte sich im Augenblick und zeigte nun die schadhaften Stellen seiner Hülle.

') Achard Kranz Karl, Chemiker, berühmt als Begründer der fuhrikmhOigcn Gewinnung von Zucker ans Runkelrüben, wurde um 28- April lT.Vi zu Berlin Schoren und starb auf Cunern M. April iKäl. Schon mit SO Jahren begann er Hcino «chrifli-h'llerisehe Tätigkeit, welche eine grolle Anzahl von AuC-ulzen besonders in den Memoiren der Berliner Akademie geliefert hat. deren physikalische Klasjsr ihn ITHi zu ihrem Direktor erwühlte. Kr behandelte höchst verschiedenartige Gegenstände. Kiektri/.ität, Verdunstiings-kiilte, Adhäsion, Meteorologie, aber mich die Natur dir fixen Luft, des Sauerstoffes usw. Oie Bedeutung dieser Arbeiten steht hinter den praktischen l,cMiiiiy>-n Achards znritck.

»»» 1 Iii €44«

l'hoti.pr. v. C v. Ii

Niiihilrui'k verboten.

\

\

Der Ballonstoff war ein einfacher nicht gefirnißter Baumwollstoff. Hin sehr dünnes Netz, das aus einzelnen stärkeren Bindfäden notdürftig zusammengesetzt war, sollte auf einein Trapez den Akrobaten tragen. Die Füllung war in wenigen Minuten bewerkstelligt. Die den Ballon über die beiden Stangen haltenden Taue wurden gelöst, und schnell hob sich der Ballon mit starkem Auftrieb auf etwa 800 Meter.

Da bei den Aufsliegen immer nur sehr ruhiges windstilles Wetter herrschte, so stieg der Ballon kerzengerade in die Höhe. Der interessanteste Teil war entschieden das Verhalten des Ballons in der Luft sowie die Landung. Ballast war keiner mitgenommen. Kaum halle der Ballon die größte Höhe erreicht, als er auch schon rapid zu sinken begann, natürlich steigerte sich mit der Annäherung an die Krde die Fallgeschwindigkeit.

Der Ballon nahm beim Abstieg eine lausch innartige Form an, da die Füll ansatztaue fehlten, zugleich schwankte die Hülle über dem Luftschifler in pendeiförmiger Bewegung hin und her, die gewiß durch das schnelle Fallen hervorgerufen war. Die Bewegung der Luft war immer so ruhig, daß der Ballon beinahe auf seinem Aufstiegplatze landete. Der ganze Abstieg Füllung der «ontgoifiere. sowie die Landung war

das Werk einiger Minuten. Ich dachte, der kühne junge Mann habe sich beim Anprall alle Knochen im Leibe gebrochen, da dieser mit einem hörbaren Stuß erfolgte.

Von dem Moment des Fallens an bis zur Landung war das Verhalten des Ballons wie das eines Fallschirms: der Ballon war kaum noch zum Drittel mit heißer Luft gefüllt, die immer mehr durch den sich nach der Seile streckenden Füllansatz herausgedrückt wurde. Der Ballon lag jetzt wagrecht über dem LuftschilTer. Ich habe mir den Ballon nach der Landung angesehen. Das Netz hatte sich nach dem Äquator hin verschoben, leicht hätte es nach der anderen Seite herabgleiten können, da keine Vorrichtung

•-•Vrv;

V Ii —

C, t. (».. photogr. Nachdruck verholen.

Oie ■ontgolfierc im Augenblick dei Aufitlejs

getroffen war, das Netz vor dem Versehieben zu schützen. Ktwa KM» Meter vor dem Aufprall an der Erde ließ sieh der Luftschiffer an einem herabhängenden Tau herunlergleiten, um nicht unter der nachfolgenden mit Hauch gefüllten Hülle begraben zu werden. * C. v. G.

Aeronautische Meteorologie und Physik der Atmosphäre.

Über den vertikalen Temperaturgradienten in Zyklonen.

Von grundlegender Bedeutung für die Physik der freien Atmosphäre ist die Bestimmung der Temperaturahnahme mit der Höhe und diese Aufgabe ist daher auch die erste und wichtigste, welche die wissenschaftliche Erforschung der höheren Luftschichten mit Hilfe von Ballon und Drachen zu lösen hat. Die internationalen Ballonaufstiege haben bereits ein so reichhaltiges Material zur Lösung dieser Frage zusammengetragen, daß kein geringerer als Hann es kürzlich für nützlich gefunden hat, einige Resultate aus den so erhaltenen Zahlen zu ziehen. In seiner Arbeit') bespricht er zunächst die Temperaturverteilung nach den Jahreszeiten und widmet dann ein Kapitel der Frage nach dem Temperaturgradienten in Hoch- und Tiefdruckgebieten. Er kommt zu dem bemerkenswerten Resultate, daß in Hochdruckgebieten die Temperaturabnahme anfangs sehr langsam, in großer Höhe aber sehr rasch ist, während sie in Niederdruckgebieten sehr gleichmäßig nahe 5,7° per Kilometer beträgt. An dieses letztere Resultat möchte ich hier

') Cher die Temperaturahnahme mit der llilhe Ins zu 10 km llühe, nach den Krgel>ni»s.....ler intcr-

nationalcn RallnnaufMiege. Sitzung^.er. d. Wiener Akad., Bd. CXI1I. S. 571—605, Abt. IIa.

I 18 «s<54.

anknüpfen und gleich bemerken, daß das von Hann benutzte Material bis zum Mai 1903 reicht. Hann klagt, daß Ballonaufstiege in Niederdruckgebieteri verhältnismäßig selten sind, und speziell für die Zentren der letzteren hat er keine Beobachtungen finden können. Man sollte nun meinen, daß nach dem Erscheinen von Aßmanns bis jetzt einzigartiger Publikation 'Die Temperatur der Luft über Berlin ete. diese Lücke leicht auszufüllen sei. Ich durchmusterte daher die synoptischen Karten, um die Fälle zu linden, in denen ein Zyklonenzentrum Berlin passiert hat. Die Ausbeute war aber aull'allend gering. Ks zeigt sich, dal» Berlin von Zyklonen entschieden gemieden wird, und wenn eine Depression Berlin passiert, so geschieht es natürlich oft zu einer Stunde;, in der keine Beobachtungen vorliegen. Die Interpolation mit Hilfe der von Aßmanu gezogenen Höhenisothermen wird aber nur für Fälle von genügend langsamer Fortbewegung der Zyklonen als hinreichend einwandfrei gelten können. Ich habe nur 5 Fälle für den Sommer 1903 finden können, die ich daher etwas näher besprechen möchte. Es sind folgende: 1. 24. April 1903, 71' a., tiefe Depression bei Hamburg (741 mm): Berlin kann noch als zur zentralen Area gehörig angesehen werden. 2. 2. Juni, 7h a., eine Hache Depression ('75-4 mini erscheint um l1' p. etwas südlich von Berlin auf den Karten; sie hat sich offenbar in den Morgenstunden über Berlin ausgebildet. 3. 10. Juni, eine Hache Depression passiert um lh p. Berlin; die Temperaturabnahmo läßt sich, wie es scheint, ohne Willkür aus den Höhenisothermen entnehmen. 4. 15. Juni, 7h a., schwache Depression etwas SW. von Berlin (Münster 753.5 nun). 5. 20. Juni, 7'1 a., eine weite Hache Depression bedeckt Deutschland und West-Frankreich, das Minimum (752) befindet sich etwas SW. von Berlin.

Aus den angeführten Fällen ergeben sich folgende Werte der Temperaturabnahme, wobei ich zum Vergleich die von Homma ') aus sämtlichen Aßmannschen Beobachtungen erhaltenen Mittelwerte hinzusetze.

tt'mprraturalmahme per km über Hcrlin im Sommer 1903

im zentralen Teil von Depressionen.

Ili'tlirmi'lm-ht

»t. April

«. Juni

10. Juni

I.V Juni

2ü. Juni

nai'h Ilomnia

km

         

(Sommer i

0-0.5

— 10,fi"

(- 8,0»)

— ll.l"

— 10.3°

— 11.1«

— 10.9°

0.5—1,0

— 6,0*

- 10,0"

— i;.üu

-LT«

— 0,2"

- 4,5»

1,0-1,5

- 6,4»

- 3,7°

— 4.8»

- 5.3°

- 5,4«

1,5—2,0

— 2,H,J

— ß,0«

— 5,0°

— 8,3°

— 5,3"

2.0-2,5

- 1.3°

— 5,0°

— 5.4°

■j.:> 3.0

— 3.H'J

- I»\4°

-5,1'

3,0—3,6

— 5,0«

— 7.0«

0—1.0

— 8.3°

-9,00

• - 8.8°

— 4,3°

— 8,0°

-7,7°

t ,0—2,0

-4,1«

   

— 4.9°

— 0,8°

- 5.4°

2,0—3,0

- 1,0°

-

-

-5,7°

 

_5 '*°

'i Beiträge zur Kenntnis dir Teniperaturverteiluiii: in der Atmosphäre und ihrer Beziehung zur Witterung. Meteor. Z.it*ihr., Bd. XXXIX Xr. 10, uhu Oktober.

11 9 «M+«

Ein weiterer Fall, 30. November 1903, 9" p. (sehr tiefe Depression 735 mm genau über Berlin), ergibt für die unterste Schiebt —3°, dann gleichfalls —5° bis 2 km Höhe. Man ersieht aus dem angeführten, daß die Temperaturabnahme auch für die Zentren der Zyklonen im ganzen ziemlich gleichmäßig rund 5° per Kilometer beträgt und sich von den allgemeinen Durchschnittswerten für den Sommer fast gar nicht entfernt. Sehr bemerkenswert ist die starke, mehr als adiabatische Abnahme in der alleruntersten Schicht im Sommer, welche, wie Hommas Zahlen zeigen, überhaupt dieser Jahreszeit eigentümlich ist, während sie im Winter in derselben Schicht besonders klein ist. Man sieht auch hier wieder, daß die unterste Luftschicht bis zu etwa 1 km Höhe «gestörte» Verhältnisse aufweist; am 15. Juni findet sich sogar eine Inversion. Erst über 1 km hinaus wird die Temperaturabnahme gleichmäßig.

Leider reichen die Drachenbeobachtungen nicht sehr hoch, so daß man zur Feststellung der Verhältnisse in den höheren Schichten doch wieder auf die Resultate der internationalen Registrierballons angewiesen ist. Unter diesen sind natürlich die Fälle, wo genau im zentralen Räume einer Depression beobachtet werden konnte, noch seltener. Zunächst ist hier der Fall vom 13. Juni 1901 interessant. Berlin befand sich damals im Zentrum einer soeben entstandenen Teildepression, während die Hauptdepression über der Nordsee lagerte. Ich setze die Resultate des in Berlin hochgelassenen Registrierballons zusammen mit den Schlußwerten von Hann hierher.

Tempera turabn ah nie

per km in Zyklonen.

Höhenschicht

Berlin

Hann. Zyklonen im :

km

13. Juni l<J01

Sommer

Winter

0—1

- 5,9"

— 3,8°

_. 2,<>«

1-2

— 5.5°

- 5,8«

- 5,7*

2—3

 

— 5.1°

— 1.8'J

3— l

— 1.8«

— 5,5°

— 5,9U

1—5

5.2"

— 6.5°

- <i.7°

5-6

— 5.1°

— 6,Ü°

— 6,lu

fi—7

- <i,8»

- 7.4«

— '1.7'

7-8

— 8,3°

- 7,1*

- 5,3"

8—9

— 9.0

-7,5»

-5,1«

0-6

— 5,3U

- 5.(i°

— 5.1*

6-9

— 8.0U

— 7 V

- 5.7"

Die Übereinstimmung ist, wie man bemerkt, vortrefflich. Auch die bei Hann, allerdings nur für den Sommer, bemerkbare Zunahme des Temperaturgradienten zwischen ü und 9 km zeigt sich deutlich. Freilich liegt im vorliegenden Falle die Erklärung nahe, daß die Teildepression bei Berlin nur in dem unteren Teile der Atmosphäre bestand. In der Tat zeigt die

120 €44«

Isobarenkarte fiir 4 km Höhe keine Andeutung einer solchen mehr, sondern nur den regelmäßigen Rand der Hauptdepression. Vielleicht machten sich in größerer Höhe schon Übergangsverhältnisse zum angrenzenden Hochdruckgebiet geltend.

Einen zweiten Fall bietet der 4. Juni 1903. Am Morgen des Aufstiegtages erschien auf den Karten eine wohlausgebildete Depression in der Nähe von Petersburg und hielt sich mit geringen Ortsveränderungen mehrere Tage in derselben Gegend. Die Drachen und Ballons ergaben für diese Depression:

Temperaturabnahme per km Petersburg, 4 Juni 1903.

Höhen-chnht Km

1. Juni 7 ha. Ut-giftr.-Ballon

t. Juni 3h p. Hemannt. Ballon

i. Juni 6h p. Bemannt. Ballon

f>. Juni tfV-jh p. Drachen

Mittel

0-1

- 4.7°

Ii "-10

-5,1"

— 7,6Ü

- 5,9»

1-2

— (i,H°

j — M

- 5.4°

— 5,4»

— «,<!•

2—3

— 5,5«

— ti.O°

— 5.8"

3—4

— 5.2°

— 5.2°

4-4'/«

— 5,0°

— 5,0°

2-4\.

-5.7°

 

— 5.6°

Auch diese Zahlen belinden sich in bester Übereinstimmung mit den vorhin angeführten.

Soweit es das immerhin ziemlich dürftige Material erlaubt, wird man also folgende Schlüsse ziehen können:

1. Die Verhältnisse in der untersten «gestörten» Schicht bis zu etwa 1 km Höhe sind wenig regelmäßig, und daher fallen die von verschiedenen Autoren berechneten Temperaturgradienlen recht verschieden aus. So findet Hann für die Sommermonate überhaupt höchstens 6—7°, Homma dagegen fiir Berlin 11°. Die von mir berechneten Fälle von Depressionszentren ergeben für die Berliner Drachenaufstiege ebenfalls 11°, für 2 internationale Fahrten nur 6°, für einen Fall im Winter 3°, während Hann für Depressionen überhaupt im Sommer fast 4°, im Winter 3° findet. Es spielen hier möglicherweise außer der regelmäßigen Erwärmung oder Abkühlung des Bodens durch Strahlung noch andere Ursachen mit. Bei einer allgemeinen Charakteristik der großen atmosphärischen Störungen wird man also die unterste Schicht unberücksichtigt lassen müssen.

2. Für das Höhenintervall von 1 bis 5 oder 6 km beträgt in Zyklonen die Temperaturabnahme sehr gleichmäßig 51/»0 rund per Kilometer sowohl im zentralen Teile der Minima als auch in ihren Randgebieten. Die Abweichungen von diesem Mittelwerte sind in der Regel kleiner als 1°.

3. Höher als 5—6 km scheint die Temperaturabnahme in Zyklonen, wenigstens im Sommer, etwas größer zu werden und etwa 7° zu betragen. Das geringere zur Zeit vorliegende Material gestattet aber nicht, diese Behauptung sicher zu begründen.

i Ein merklicher Unterschied zwischen inneren und äußeren Gebieten einer Zyklone seheint nicht zu bestehen.

In bezug auf die Methode, nach der die oben angeführten Zahlen gewonnen wurden, muß ich noch bemerken, daß ich zunächst nach den direkt beobachteten Zahlen Zustandskurven zeichnete, eventuell für Aufstieg und Abstieg besonders. Durch die so erhaltenen, meist noch etwas unregelmäßigen Linien wurden dann möglichst kontinuierliche Kurven gezogen und den letzteren dann die hier publizierten Zahlen entnommen.

Ich möchte zum Schluß der Hoffnung Ausdruck geben, daß das bisher so spärlich vorliegende Material zur Beurteilung der Temperaturänderung mit der Höhe in Zyklonen baldmöglichst eine reichliche Vermehrung erfahren möge. Das Studium der Zyklonen ist ja eine wohlcharakterisierte und sehr interessante Aufgabe der Meteorologie und hat zugleich eine eminente [traktische Bedeutung. Bei dem raschen Wandern dieser Luftgebilde wird aber der Zufall nur selten eine Sondierung in ihrem inneren Gebiete ergeben, wie das die vorhin angestellte Enquete beweist, und es müßte also eigens nach ihnen gefahndet werden. Mit Hilfe der synoptischen Karten kann man aber mit ziemlicher Sicherheit beurteilen, ob in den nächsten, sagen wir 10—12, Stunden eine Zyklone den Beobachtungsort passieren wird, und daraufhin die nötigen Vorbereitungen für das Aullassen eines Registrierballons treffen. Die Kurve des Stationsbarographen würde dann weiter den Moment bestimmen, in dem der Aufstieg zu erfolgen hat. Besonders geeignet scheinen für den besprocheneu Zweck Hamburg und Petersburg (Pawlowsk). auch Mittel-Schweden, zu sein, da diese Orte verhältnismäßig oft von Zyklonen passiert werden. Läßt man dort die Ballons im Zentrum der Depressionen steigen, so würden sie beim Abstieg von den auf der Rückseite herrschenden nördlichen Winden in Gegenden getrieben werden, wo ihre Wiederauffindung wahrscheinlich ist. So könnten dann unsere namentlich für Höhen über 5 km noch recht lückenhaften Kenntnisse schon durch wenige Versuche beträchtlich erweitert werden.

Elmar Rosenthal, St.-Petersburg.

Internationale Kommission für wissenschaftliche Luftschiffahrt.

fbersie.it Aber die Beteill«riinir an den internationalen Aufstiegen im Juli, Aufrust

und September l.»04.

7. Juli.

Trappe*. Papierballon 11280 m. - Itteville. Papicrballon 10 780 m. — Crinan Drachenaufstiege 2270 m. - Guadalajara. Papierballon U970 m. — Rom. Bemannter Ballon 2200 in. — Zürich. Gummi ballon; noch nicht gefunden. — Stniübunr. Gummiballon I. 11(130 m. Gummiballort II. Instrument registrierte nicht. — Barmen. Bemannter Ballon 1!)Kl m. — llambtire. Draehenaufstiege 1.V20 m. — München. (Meteor. Zerrt r.-Anst.< Gummiballon; noch nicht gefunden. — München. Baron v. Bassus) (uimmiballon; Instrument registrierte nicht. — Heidin. (Acronuut. Obs.) Draclienaufsliejje löiö ni. Gummiballon 13800m. - Berlin. iLuftsch-Bat.) Kein Aufstieg. - Wien. i.Milit. acron. Anst.i Gummiballon 11 000 m. Bemannter Ballon 2100 m. — Wien.'Aeroklub.) Bemannter

••>» 122 «44*

Ballort 4930 m. — I'awlowsk. Drachenaufsliege 4330 m. Registrierballon 15 800 in. — Vlhia. Drachenaufstiege 830 m. - Blue HUI. (U. S. A.i Drachenaufstiege 9. Juli1 700 in.

Wettcrlnee. Kine Zone höheren Luftdrucks (über 7(55) zieht sich von Westeuropa über Mitteleuropa bis ins Innere von Rußland. Depressionen liegen an der Westküste Skandinaviens (bodo 7501, über dein Weissen Meer '755). Auch über dem südlichen Mittelmeer und den Kankasusländern ist der Druck unter 700 mm.

4. Aupist.

Troppes. I'apierballon 13 430 m. - Ittevillc. Papierballon 7430 m. — Oxsliott. Kein Aufstieg. — Guadalajara. Papierballon. Instrument registrierte nicht. Bemannter Ballon 3150 m. — Rom. Bemannter Ballon; wegen Sturm vor Au (Fahrt aufgerissen. — Zürich. Guiumiballou: noch nicht gefunden. — Straülmre. Gummiballon 18 190 m. — Hamburg. Drachenanfstiege 2000 m. — München. (M. Z. A. (Iummiballon 1180 m. — München, i'Baron v. Bassnsi (iummiballon; wurde ohne Instrument aufgefunden. — Berlin. (Aeron. Obs.' Drachenanfstiege 1(593 m. Gummiballon 13600 m. — Berlin. (Luftsch.-Bat. > Kein Aufstieg. — Wien. iMil.-acr. Anst.l Bemannter Ballon 3180 m. Registrierballon nicht aufgefunden. — Wien. [Aeroklub.) i3. Aug.i Bemannter Ballon 50f»5 m. — PrzeinysI (Feslungsballonabteilung.' Bemannter Ballon 1900 m. — I'awlowsk. Drachenanfstiege 2290 m. Registrierballon 0400 m. Blnc Hill. Drachenaufsliege 2110 m. — Atlantischer Ozean. Südlich der Kanarischen Inseln (auf der .lacht des Fürsten von Monaco:. Drachenanfstiege 2400 m.

Wetterlage. Von Mitteleuropa erstreckt sich ein Hochdruckgebiet (Maximum 770 über Dänemark) bis über das südliche Skandinavien. Kine Hache Depression (757) nähert •sich von Irland her. Die Luftdruckunterschiede nach Süden und Osten zu sind klein. Nördlich des Kaspischen Meeres liegt eine Depression (7.151.

1. September.

Trappe*. I'apierballon 11 970 m. — Itteville. I'apierballon 9590 rn. ■- Oxsliott. Kein Aufstieg. - Guadalajara. I'apierballon. Instrument registrierte nicht. — Koni. Drachenballon 800 m. — Zürich, (.iummiballon 12 930 m. — StniÜhtirsr. (iummiballon: 10 (»00 m. — Hamburg. Drachenaufstiege 1570 m. — München. (M. Z. A.) Kein Aufstieg. — München. iBaron v. Bassus.i Kein Aufstieg. — Berlin. (A. 0.) Drachenaufstiege 2157 m. Gummiballon 17 750 m. Bemannter Ballon 7044 m. — Berlin. iL. It.1 Kein Aufstieg. — Wien. iMil.-aer. Anst.) (.iummiballon 4155 m. Bemannter Ballon 4550 in. — Wien. (Aeroklub) 131. Aug.* Bemannter Ballon 5695 m. — I'awlowsk. Drachenaufstiege 1280 m. Registrierballon 19 750 in — Südlich der Azoren. (Jacht des Fürsten von Monaco.i Drachenanfstiege. |2H. Aug.; 4300. Am 31. August Drachenaufstiege zwischen den Inseln Fayal und Pico 800 in. — BIuc Hill. Drachenaufstiege 1110 m.

Wetterlage. IJber Mitteleuropa ist der Druck etwas über 700 mm, über dem Xordseegebiet und der Poebene etwas liefer. Von Südwesten naht ein Hochdruckgebiet -765t. Die Depression (755''. die über der Gegend des Finnischen Busens lag. entfernt sich ostwärts. Iber dem äußersten Südosten Rußlands liegt ein Hochdruckgebiet (770'.

Aeronautische Photographie. Hills Wissenschaften

uiiil Instrumente.

Lehrreiche aeronautische Photographien.

1'titer diesem Titel beabsieht igen wir in fortlaufender zwangsloser Folge ganz besonders interessante und lehrreiche Hilder, die uns in freundlicher

♦*>&> 123 €44«

Weise zur Verfügung gestellt worden sind, einem weiteren Kreise bekannt zu geben. Wir dürfen daran die Bitte knüpfen, daß weitere derartige Zusendungen erfolgen möchten. Besonders bitten wir die Vorsitzenden der Fahrtenausschüsse, uns entsprechendes Material zur Verfügung stellen zu wollen, wie es von Seiten des Berliner Vereins für Luftschiffahrt bereits geschehen ist.

Für die nächste Folge bitten wir um Landungsbilder, Wolkenaufnahnien und seltene Gelegenheitsaufnahmen. Die näher bezeichneten Bilder, mit Namen des Autors versehen, stehen unter gesetzlichem Schutz. tj»

Flugtechnik und Aeronautische Maschinen.

Premier concours d'appareils d'aviation non "montes,

ä Paris.

Les concours ont ete la source vive oii raulomobilisme a puise les lecons, les encouragements qui Uli ont fait parcourir si brillamment les otapes du progres. Pourquoi les memes opreuves n'auraienl-elles pas un aussi heureux resultat, lorsqu'il s'agit des appareils necessaires ä la navigation aerienne? D'autre part, les experiences effectuees en Amerique, depuis quelques annees, par M. 0. Chanute et ses emules, les freres Wright, ont attire l'atlention sur les acroplanes montees et Ton |>eut esperer faire avancer la question de l'aviation et des appareils plus lourds (|ue l'air, en poursuivant methodiquement les recherches dans la meme voie.

IhH'hi'Mir ihtirr Nai-hdriick verboten.

Aeroplane Burdin.

Ges considerations ont decide rAero-Glub, a Paris, sous la chaude initiative de M. E. Archdeacon, ä instituer dans son sein une commisston d'aviation, pour rechercher les meilleurs moyenfl de favoriser les progres des appareils plus lourds cpie l'air. Cette commission a pense (jue des concours bien organises atteindraienl ce but: il laut un eommencement a tont

»•>» 124 <9«<«

et le premier de cos concours pour appareils non montes, avec oti sans moteur, s'est tenu les 11, 12 et 13 fevrier, dans la Galerie des Machines, au Champ-de-Mars.

Ce n'elait la qu'un dehnt, une tentative prcliminaire, en quelque softe, ä laquelle on ne pouvait esperer donner beaucoup d'ampleur, car peu nom-breux sont encore les constructeurs d'appareils d'aviation. II convenait d'etre tres-large sur le ehapitre des conditions imposeea et Ion s'est content»'* de preserire que les appareils devaient presenler une stirface de 1 metre carre au minimmn et porter au moins 2 kilogr. par metre carre. Les appareils plus petits pouvaient bien etre exposes et experimentes, tnais sans prendre part au concours.

Bean. pliotoyr. Nachdruck vorholen.

Aeroplane Henrlon-Kapferer.

Le mode dappreciation de machines Ires distinctes ne pouvait pas davantage etre fixe avec une bien grande precision: on sait en eilet que la qualite d'un appareil planeur depend d'un grand nombre d'elements eom-plexes dont lexacte determination exige d'assez longues recherches: ce sera l'allaire des manifestations analogues qui auront lieu par la suite, de s'orga-niser sur un programme plus eomplctement delini. A l'heure actuelle, l'e.-sen-liel etait de n ecarter aucune bonne volonte, et c'est ä quoi Ton est parvenu, puisqa'on o reussi ä grouper 2i< exposants ou eoneurrents, presenlant prescpie tous plusieurs appareils.

A la verite, les plus nombreux exposaient uniquement des modeles nun susceptibles d'etre experimentes; mais les appareils reellement deslines ä l'epreuve etaient encore en nombre sullisant pour donner lieu ä un concours interessant. Iis etaient lances du haut d'un pylone de 38 metres construit au-dessus de la tribune <|iii garnit le fond de la Galerie des Machines. Les Clements d'appreciation etaient: la duree de la descente insqu'au sol, et le chemin pareouru horizontalement. ainsi que le rapport du poids total ä la surface sustentatrice. On doit enliu, pour asseoir un jug<'ment complet. faire entrer en ligne de eompte, la regularite de inarche et la stabilite.

Üeau. phologr. Naclulnirk verboten,

Aeroplane avec moteur du scrgent Paulhan.

En outre, et bien que MM. Mooren et Jose Weiss aient presente des appareils qui, pur leurs petiles dimensions et leur poids, ne rentraient |>as dans les categories du reglement. le jury, en raison de la bonne marche de leurs planeurs et de l'interet qu'ils prcsentaienl, leur a accorde ä chacun une medaille de bronze.

Les appareils primes se reeommandent Ions par des disposilions .judi-cieuses de leurs surhices de sustentalion et par une conslruction adroite. Voici quelques donnces sur ces appareils:

Iritis Surface DunV «I«- la (lest»-nie

Aeroplane Peyret 8,5 kilogr. t,05 m* 15*/b et 16'/« secondes

Dargent 1,8 > 1,43 . 22 — 22

» Henrion (Kapferer) 5,0 » 2,5 » 12*/b et 151

Le jury etait ainsi compose: President: M. le eolonel Ch. Renard; V ke-President s: MM. le commandant P. Renard et Victor Tatin; Sem't<iire-P'tj)j)ortPnr: M. le capitaine Eerber: Chronomefrenr: M. Paul Rousseau; Membres: MM. Georges Besancon, Henry Deutsch de la Meurthe, Drzewiecki, Gustave Eiffel. Louis Godard, Huet, Henry Kapferer, Rodolphe Soreau, Edouard Surcouf.

II avait ete admis qu'on n'ctablirait pas de classement propreinent dil entre les appareils experimentes, les Clements de comparaison n'ctant pas assez precis et le temps manquant pour des epreuves multipliees et rigou-reuses. On dcvait donc se contenter d'attribuer des medailles d'argent et de broiize aux appareils reconnus les plus interessante.

Ont obtenu des medailles d'argent ipar ordre alphabeliquei: MM. Burdin, Dargent, Reorion, Peyret.

»»fr» . 1 2t) «4<M

Les petils planeurs Weiss, tres legers, mettent 12 et lö secondes ä atteindre le sol.

Nous avons tont parliculieremenl remarque les trois prernieres de ces aeroplanes. Le modele Henrion (Kapferer) est du ä un ingonieur de la maison Deutsch. 11 se eompose essenliellement: dune surlace inferieure en arc. relevee aux extremites, surmonlee et entretoisee par une seconde surfaee ayant la forme d'un accent circonllexe. Son empennage allonge et son gouvernail lui assurent une gründe stabilile de marche. Son mode de con-struction est robuste et se preterait bien ä letablissement dun grand modele: c'est lä le bul que Ton doit toujours avoir devanl les yeux et cette conside-ration, s'il s'agissait d'un veritable classemenl, nous le ferait peul-etre prefcrer ä ses cmules.

L'aeroplane Peyret a ete imaginee et tres-habilement eonstruite par un jeune sergent du bataillon d'aerostiers.

Un autre sergent d'aerostiers, M. Paulhau. exposait un appareil non susceptible de concourir, mais tres-recommandable par ses details de con-slruction. ("etait un modele de navire-aeroplane, ä surfaees multiples couvrant au total 5 metres carres et muni de deux heiices laterales mües par un moteur de 1 cheval 3 4. (let ap|>areil qui pesait 20 kilogr., etait suspendu ä la voüte et, sous limpulsion de ses helices, lournait sur un cercle de 3 ä 1 metres de rayon.

Kn dehors des modeles de poids reduit «|ui fnrent experimentes, M. Seux avail presente une aeroplane sans inoteur dont la surfaee est de Hl metres carres et qui pese ä vide IK) kilogr.; ä ce poids furent ajoutes 90 kilogr. de lest representant le poids d'un inoteur prevu pour lexecution delinitive, soit 150 kilogr. au total. Cet ap[>areil a la forme dune carapace de tortue flanquee lateralement de plans horizonlaux. Apres l'avoir hisse avec (|uelque diflicultc justprä la |)lateforme, ou l'a lance dans l'espace: mais il est tombe prcstpie verlicalement, dementanl des essais antcrieurs plus favorables, parait-il.

Parmi les appareils exposes, on voyait encore: la nacelle Deltour ä helices laterales de i> metres carres, qu'on avait cgalement suspendue u la voüte el qu'on mettait en mouvemetit en j>edalant energiquenienl: la nacelle lournait alors autour de son axe de Suspension; mais ce Systeme na pas, ä vrai tlire. une grande valeur pratique. Les aeroplanes ä ressorts de caoulchouc nc peuvent etre non plus consideres que comme des jouets inge-nieiix. Onanl aux turbines a air et aux propulseurs divers, elc, ils temoignent pour la plupart de [»Iiis dimaginalion que d'une veritable connaissance des Clements du problcme. Mettons ä pari les helices reversibles de MM. Robert et Pillet qui sont fort ingenieuses et construites par des mecaniciens de grand merite.

Teiles sont, rapidement exposees. les grandes lignes de cette premiere inanifestation aeronautiipie. Elle aura ouvert les yeux des inventeurs, il faut lesp»'rer, sur les diflicultcs essentielles i|ue presente la realisation d'un appareil daviation et fecondera leuis elfoits.

►WX> 127 «8<M«

On peut donc esperer que le concours de l'annee prochaiue marquera un progres reel: mais on doit desirer qu'on y puisse faire figurer des appareils montes de grande taillc tels que ceux du capitaine Ferber et de M. Arehdeacon, et qu'un emplacement favorable permettra de les experimenter en plein air.

Conclusions du concours d'aviation.

Rappeions que le reglement definit la qualite d'un appareil d'aviation, par comparaison avec le parachute plan de mcme poids et de meine surface.

La leijerete specifit[ue est le rapport du poids utile soutenu au poids de la carcasse, ailes comprises.

Cela pose, voici comment se sont ranges les concurrents aux dilferents points de vue:

Qualite smtentatrice: Dargent 8; Peyret 0,7: Henrion 2,8: Burdin 2.2: Weiss 2,1.

IJgerelea specificites: Burdin 2,1: Peyret 1,8: Weiss 0,8; Dargent 0,1: Henrion 0,3.

La distance maxima a ete oblenue par un des appareils de M. Peyret, sergenl du genie, qui a atteint 131 metres. fr. Eapitallier.

Kleinere Mitteilungen.

4'aoovettis LuftwlderHtandsvei'sttrlie. Der durch seine Lurtwiderstandsversuchc mit verscliiedenen Körpern bekannte Ingenieur C.anovetli teilt uns mit. daß er die Fortsetzung derselben in diesem Jabre wieder aufnehmen wird.

Kr hat zu dem Zweck einen Draht von OöO m Länge ausgespannt zwischen Brunate und Como am Comersee. Der Höhenunterschied beider Punkte beträgt 140 tn. Das Versuchsfeld ist vor Winden ausgezeichnet geschützt. Die Registrierung der Geschwindigkeiten der Versuchsmodelle geschieht durch elektrische Auslösung automatisch durch die Versuchskörper selbst.

Die Kosten decken außer dem Ingenieur Canovetti die Banca Popolare. vertreten durch Ingenieur Gavazzi. und ein Preis Oagnola vom Institut«» Lombardo. tj*

Aeronautische Vereine und Begebenheiten.

Berliner Verein für Luftschiffahrt.

Die 244. Versammlung des Berliner Vereins für Luftschiffahrt am 20. Februar wurde mit Verlesung der Namen von 3!) neu angemeldeten Mitgliedern eröffnet. Ks sprach sodann Hauptmann v. Kehler über * Die Verwendung des Lullballons bei Polarexpeditionen >. Der Vortrag war von zahlreichen, zumteil wählend rler Siidpular-expedition mit der «Gauf>> aufgenommenen Lichtbildern begleitet. Ks gibt, so führte

der Redner aus, bisher nur wenige Fälle, in denen der Luftballon für die Zwecke der Polarforschung Verwendung gefunden hat, im Grunde nur zwei, nämlich bei der Andreeschen Nord- und bei der Deutschen Südpolar-F.xpcditinn. Das englische Südpolarschiff « Discovery > soll auch Rallongerät mitgefQbrt haben: ob und mit welchem Erfolge dies verwandt worden ist, darüber ist leider nichts bekannt geworden.

Theoretisch dagegen hat man sich schon lange vor dem ersten praktischen Vernich mit dem Rallon in Beziehung zur Polarförschung beschäftigt.

Redner zählt eine Reihe von mehr oder weniger praktisch brauchbaren Vorschlägen auf, die seit Erfindung des Luftballons für seine Verwendung bei Polarexpeditionen gemacht worden sind und zwar sowohl in Frankreich als auch in Deutschland. England und andern Ländern und zitiert schließlich einen Brief von Nansen an den Hauptmann Groß) in welchem Nansen seiner Überzeugung Ausdruck gibt, daß ein Fesselballon seiner Expedition gute Dienste hätte leisten können, und bedauert, durch Platzmangel gezwungen worden zu sein, auf dies Hilfsmittel zu verzichten. Photofi Steht \;nh<lru<k verboten,

Fesseiballonaufstieg auf der .,Qauss"expedition.

Ganz abweichend hiervon, so fährt Hauptmann v. Kehler fort, war das von dem unglücklieben Andree 1897 zur Ausführung gebrachte Projekt. Es gründete sich auf die Anwendung eines \\'as-crstoff-Freiballons. groß genug— ä(M)0 cbm —, tun sich tagelang in der Luft zu halten und eine reichliche Menge Ballast zu tragen, und ausgerüstet mit einem Hilfsmittel, das bis zu einem gewissen Grade den Ballon vom Winde unabhängig machen sollte. Dies Mittel bestand in einem am Schlepptau angebrachten, schräg gestellten Segel, mit dem Andree seitliche Abweichungen von der Windrichtung bis zu l;"»o zu erreichen hoffte. (Mehrere Lichtbilder zeigten Andrees Vorbereitungen, seinen Ballon während Füllung und Fahrt, die Segel-Schlepptau-F.itiriehtung und deren Wirkung.) Die letzte von Andree empfangene Nachricht ist bekanntlich eine Brieftaubenpost vom 13. Juli, wo er hei guter Fahrt nach 0.82*2' erreicht hatte. In welcher Aufregung sich damals die Welt befand, das wird am besten durch die Worte charakterisiert, die Berson in diesen Tagen sprach: «Mit atemloser Spannung schaut die Welt nach Norden, auf diese Tal von unerhörter Kühnheit! Wo mögen Andree und seine tapferen Genossen jetzt weilen auf dieser einzig dastehenden LuflballonfahrlV Möchte Andree doch Becht Inhalten gegen «he, welch»- seinem Fnternehmen geringe Aussicht auf F.rfolg zusprachen.

»»» 129 «44«

l'hutopr. Sli-Iir

Na< lulrih-k

Poch wie immer das Ende sein möge, die höchste Achtung bleibt ihm, der sein Leben für ideale Werle eingesetzt hat!»

Die zweite Anwendung auf einer der Polarforschung dienenden Expedition fand der Luftballon als Fesselballon. Es wurde an Bord der «Gauß» ein Kesselballon von mäßigen Abmessungen, von 300 cbm Inhalt, groß genug, um eine Person zu tragen, mitgenommen und soviel Wasserstoffgas in zusammen 450 (iashehältern von je 5 cbm Inhalt, daß ilie Tmalige Füllung des Ballons möglich gewesen wäre. Die erste Anwendung des Ballons geschah, nachdem man lange einen geeigneten Tag abgewartet, am 2i>. März 1902, als das Schiff schon längere Zeit vom Eise eingeschlossen war. Der Aufstieg erfolgte etwa 100 m vom Schiffe entfernt vom Eise aus. nachdem eine Handwinde hergestellt und nach Möglichkeit durch Einfrierenlassen im Kise befestigt war. Es wurden im ganzen drei Aufstiege gemacht, jeder mit einer andern Person im Ballonkorbe. F.iner der Aufgestiegenen war der Leiter der Expedition Professor von Drygalski. Erreicht wurde die Hohe von 500 m. Vom höchsten Punkte schweifte der Blick über den (iauß-berg hinweg auf das feste Land, das sich durch einige eisfreie Punkte und durch eigenartige Anschwellungen als solches markierte. Durch zwei der Aufgestiegenen wurden ausgezeichnete Photographien von verschiedenen Höhen aufgenommen, während gleichzeitig vom Eise aus der

Ballon photographiert wurde. Auch wurden meteorologische Beobachtungen angestellt. Das Wetter gestattete ein Verweilen in der Hohe von je 2 Stunden. Die interessanten Bilder waren dem Vortragenden durch den Obermaschinisten der «Gauß», Herrn Stiln. zur Verfügung gestellt worden. Sie landen, durch den Bildwerfer vorgeführt, bei der Versammlung den größten Beifall.) Mehr als an diesem freundlichen Märztage ist der Fe«selballon der «Gauß» Dicht benutzt worden. Es

waren zur Füllung f>."> Gasbehälter entleert worden, den Rest von 3H5 brachte «Gauß» vollkommen intakt nach Kiel zurück, ein Zeichen für die Vorzüglichkeit

01a ..Gauss' vom Ballon gesehen.

die der

(iradenwitzschen Ventile. Die aus «lern ersten Versuch sich ergehende Erfahrung besagt, daß in künftigen Fällen die Einrichtung so zu treffen ist. daß man den Kesselballon leicht und schnell von Bord des Schiffes selbst aus aufsteigen lassen kann, um ihn als Erkundungs- und Wege-Aufklärungsmittel zu benutzen. Vielleicht, so schließt der Vortragende, hilft der in aussichtsvoller Fottentwickelung begriffene Uotorballon auch, diese Hilfsaktion des Ballons bei Polarfahrten noch wesentlich zu verbessern.

In der sich anschließenden Diskussion sprach Hauptmann von Tschudi die Meinung aus, es werde künftig möglich sein, die umständliche .Mitführung von Gas zu ersetzen durch die Bereitung des Gases an Bord mittels eines neu erfundenen Herstellungsverfahrens von Wasserstoff mittels Ätznatron und Aluminium, das den Preis des Gases etwa um die Hälfte zu reduzieren verspreche. Line zukünftige, überaus wichtige Anwendung des vom Bord des Schiffes hnchgclussemn FetwelbaUonn sei auch seine Verwertung für die Zwecke der drahtlosen Telegraphie. um die Verbindung mit rückwärtigen Stationen an der Ausgangsbasis oder auch mit au Land neuangelegteii Stationen aufrechtzuerhalten.

*♦•>&> 130 «3«««

über die seit letzter Versammlung stattgehabten Vereinsfahrten berichtete Hauptmann v. Kelder: Ks fanden im ganzen 5 solcher Fahrten statt. 2 von Bitlerfeld. ."1 von Berlin resp. Charloltenburg aus. Die erste am IN Januar wurde geleitet durch Herrn Leutnant Gcerdlz. Mitfahrende waren: Herr Oberleutnant Höhne und Herr Finke. Du-Fahrt ging während der ersten 2—8 Stunden bei klarem Wetter in etwa 60U tu Höhe vor sich. Ks wurden Neuruppin. Schwerin, die Lühecker Bucht üherllogen, viel Ober* schwemmtes Land und die Ostsee schon auf 50 km Kntfernung gesehen. Die Geschwindigkeit war etwa 70 km in der Stunde. Nachdem Kiel gesichtet und mit dem Waehtsehifl vergeblich Verständigung versucht worden war. ging der Ballon bis auf 160 in herab und landete sehr glatt mit noch 3 Sack Ballast von mitgenommenen lö in der Näh«* von Kckernforde. ganz nahe der Heimat des Ballonführers. Die zweite Fahrl. unternommen am -1. Februar, Führer Herr Dr. Fleinming, Mitfahrende: Stabsarzt v. Bueltzings-löwen und Oberarzt Dr. Steyrer. war bei sehr ungünstigem Wetter, heftigen Schnee* gestöber, nach SO. gerichtet. Schon in den ersten 20 Minuten mußten 5 Sack Ballast geopfert werden mit dem Erfolge, daß sich der Ballon über die Wolkendecke bis 1H00 m

l'li'tlofr. Sk-lir. Nachdruck verhol«-».

Expedition der „Gauss". Ausblick über das Eis vom Ballon aus.

erhob. Die Landung erfolgte gegen 2 Uhr bei Guhrau i. Schlesien. — Die dritte Fallit am 13, Februar leitete Hauptmann Sperling. Mitfahrende waren die Oberleutnants v. Müller. Hopfe und v. Massow. Der Ballon hielt sich merkwürdig lange über Berlin: erst bei Opferung von viel Ballast gelangte er über den dünnen Wolken bei 2OO0 m Höbe in eine stärkere Windslrömung. Die Wolkeiibildung war besonders reizvoll. Bald wurde durch Wolkeniisse die Elbe, später Dresden gesehen, bald erschien in schönster Vollendung das Brockengespenst mit prächtiger Aureole auf der Wolkenwand. Die Landung geschah nach kurzer Schleppfahrt in der Nähe von Dresden ganz glatt.

Von den beiden Bitterfelder Fahrten fand die erste am IS. Januar statt, Führei Hauptmann v. Kehler, Mitfahrende: Oberleutnant Wolff und Dr. Ladenburg. Die Fahrt dauerte .') Stunden, war sehr genußreich und gestattete den Mitfahrenden, interessante photographische Aufnahmen, u. a. vom Kisgang auf der KIbe zu machen.

Die zweite Bitterfelder, mit dem Ballon Assmann unternommene Fahrt guiu' unter Leitung von Hauptmann v. Krogh am to. Februar vorm. 11'/« vor sich. Kinziger Begleiter war Herr Boas. Ks wehte, bei meist klarem Wetter, ein starker Wind, der sich im Laufe der Fahrt noch Steigerte. Von Ballast waren II1« Sack an Bord, um 1 l'hr

131 «34««

1H Mm. wurde die Elbe nordwärts Torgau überflogen. Der bisher wehende Südwind drehte aber bald entschieden nach Westen, sodaß der Ballon in 500—750 m Höhe anfänglich in nordöstlicher, dann in südöstlicher und endlich in ausgesprochen östlicher Richtung entführt wurde. Um 5 Uhr +0 Min. wurde bei Sommerfeld der Hoher überflogen und, da es zu dunkeln anfing, mit dem Begleiter Rat gepflogen, ob man landen nder die Nacht hindurch vermutlich weit nach Rußland hinein weiterfahren wolle. Es wurde letzteres beschlossen. Gegen 9 Uhr wurde beim Schein des inzwischen aufgefangenen Mondes Glogau gesichtet. Als gegen 11 Uhr 40 Min. etwa 40 km von Kaiisch die russische Grenze passiert wurde, hörle man unten viel schießen, doch galten die Schüsse keineswegs dem Kation. Mächtiges Sausen aus der Tiefe ließ erkennen, daß der Ballon ausgedehnte Wälder überllog und der Wind an Stärke zugenommen hatte. Kurz nach 12 Uhr verkündete ein heller Schein im Osten, daß man sich Warschau nähere, und der Ballonführer weckte seinen Begleiter, um ihm das Lichtermeer aus 500 in Höhe zu zeigen. Es war 'JA Uhr, als man mitten über die Stadt llog: aber es berührte unheimlich, daß die Stadt zwar hell erleuchtet war, indessen sich nichts von dem so charakteristischen Lärm der Großstadt vernehmen ließ. Warschau lag wie ausgestorben da. Es ergab sich später, daß es eine der Nächte gewesen, in der nach heftigem Straßenkampfe niemand auf die Straße gelassen wurde. Weiter llog der Ballon über tief beschneites Land mit großer Geschwindigkeit nach Osten, hatte man doch auch zuletzt schon die 20O km von der Grenze bis Warschau in Vj* Stunden zurückgelegt. Noch einmal sah man einen hell erleuchteten größeren Ort, Brest-Litowski, sonst absolut kein Zeichen einer bewohnten Gegend, kein einziges von unten freundlich grüßendes Licht aus einem Dorf oder Gehöft. Die Erklärung geben die Sümpfe, die hier in ungeheurer Ausdehnung das l«>uellgebiet des Dniepr markieren. Als es hell wurde und zugleich gegen Morgen empfindlich kalt, faßte mau die Landung ins Auge und besann sicli keinen Augenblick, sie auszuführen, als gegen <i Uhr die Lichter eines Örtchens am Sumpfrande erschienen und Wasserrauschen in der Tiefe davor warnte, diese Oase zur Landung unbenutzt zu lassen. Es wurde an das Schleppseil gegangen und in kurzer Zeil mit einiger Schwierigkeit, aber schließlich doch glücklich, dicht am Dorfrande gelandet. Es war Punkt (5 Ihr, die Fahrt halte 19 Stunden gedauert. Bald war Hilfe zur Bergung des Ballons zur Hand. Mit den Leuten verständigle man sich leidlich, obgleich die russischen Phrasen des Fahrbuchs zur Verständigung leider nichts beitrugen. Ein eleganter Schlitten erschien und mit ihm der Gutsherr des Gutes Moroczho. 70 km von der Kreisstadt Pmsk im Gouvernement Minsk. Die in liebenswürdigster Weise angebotene Gastfreundschaft wurde dankend angenommen und nach kurzer Hast und erquickendem Schlaf mit dem wohlverstauten Ballon zu Schlitten nach Pinsk gefahren. Hier bei Dunkelwerden angelangt, mußte die sogenannte Befreiungsdepesche abgewartet werden. Die Zeit wurde den Luftschiffern aber nicht lang, weil sowohl der Polizeichef, als ein als Dolmetscher herbeigeholter Lehrer aus den baltischen Provinzen herzliche Gastfreundschaft erwiesen. Schließlich mußte noch in Pinsk, einem Orte von :-!2000 Einwohnern, übernachtet werden. Die Rückkehr nach Berlin erfolgte am nächsten iSonnlag-i Morgen über Warschau, wo die Reisenden um Uhr nachm. eintrafen. Während der Eisenbahufahrt nach Warschau machten die Herren eine angenehme Erfahrung: ein polnischer Gutsbesitzer, dein sie schon im Hotel in Pinsk begegnet, bat sie auf der Kahrt nach Brest-Litowski, bis wohin er mitfuhr, dringend, von ihm Geld anzunehmen, da er vermute, sie würden knapp bei Kasse sein. Er würde sich reich belohnt finden, wenn so -hochgestiegene» Herren ihn bei Rücksendung des Geldes aus Berlin durch einige Zeilen erfreuten. In Warschau ebnete das deutsche Konsulat alle Schwierigkeiten, sodaß der programmäßigen Heimkehr nichts mehr im Wege stand. Verbraucht an Ballast waren während der Ballonfahrt im ganzen 7'/« Sack. Die vom Ballon innegehaltene Hohe war bis auf einen kurzen Moment, wo er bis zu 1100 m emporschnellte, andauernd 500 in gewesen.

Nach einigen geschäftlichen Eröffnungen des Vorsitzenden des Kahrlenausschusses, Hauptmanns v. Kehler. teilte der stellvertretende Veit•insvnrsitzende Hauptmann v. Tschudi

noch mit. daß dif* Firma Carl Zeiß-Jena stiftendes Mitglied des Vereins zu weiden wünsche. Diesem Wunsche wurde bereitwilligst entsprochen. A. F.

Münchener Verein für Luftschiffahrt.

Der Münchener Verein für Luftschiffahrt veranstaltete am .Montag den 27. Februar, abends X l'lir, im Feslsaal des Kunstgewerbehauses zusammen mit dem polytechnischen Verein und dem Bayrischen Bezirksverein des Vereins deutscher Ingenieure eine gemeinsame Sitzung, der auch S. Kgl. Hoheit Prinz Ludwig und S. Kgl. Hoheit Prinz Alfons die Khre Ihres Resu< lies erwiesen.

Herr K. v. Bassus hielt an diesem Abend einen zusammenfassenden Vortrag ■über die gegenwärtigen Mittel zur wissenschaftlichen F.rforschung der freien Atmosphäre', den er durch Vorführung von Apparaten, Modellen und Lichtbildern aufs beste unterstützte. Der Vortragende erläuterte in den einleitenden Worten kurz die wissenschaftliche und praktische Redeutung eines tieferen Finblickes in die Physik der Atmosphäre und wies auf die erfreuliche Entwicklung hin. in der die planmäßige Erforschung der freien Atmosphäre namentlich seit Regriindung und Tätigkeit der internationalen Kommission für wissenschaftliche Luftschiffahrt begriffen ist. Während früher unsere Kenntnis der Atmosphäre vorwiegend aus Beobachtungen auf und von der Erdoberfläche aus entstammte, und die vereinzelten Rallonfahrten nur eine geringe wissenschaftliche Ausheute liefern konnten, ist man jetzt zur Erkenntnis gekommen, daf> «1er Forscher für das Studium der Atmosphäre seine llaupltäl igkeit in die freie Atmosphäre selbst verlegen muß.

Der Vortragende kennzeichnete hierauf das Arbeitsgebiet in seinen Einrissen. Wichtig sind die in verschiedenen Höhen durchgeführten Eni ersuchungen von Temperatur, Feuchtigkeit, Wolkenbildung. Richtung und Geschwindigkeit des Windes, St rahl u ngsi n tensi tat. Ferner ist erwünscht das Studium der elektrischen, magnetischen und optischen Erscheinungen, sowie die Ausführung weilerer chemischer Lul'lanaly sen. und die Bestimmung des Staub- und Bakteriengehaltes.

Darnach ging der Redner zur Resprechung der Mittel über, die dazu dienen, den Luftschiffer und seine Instrumente oder auch letztere allein (selbstregistrierende) in die Atmosphäre emporzutragen, indem er an der Hand von Modellen und Projektionsbildern die prinzipielle Konstruktion und Wirkungsweise der gewöhnlichen bemannten kugelförmigen Freiballons, der unbemannten Registrierballons, der Drachenfesselballons (System v. Farseval-v. Sigsfeld) und der viel verwendeten Hargrave-Drachen erläuterte. Es folgte die Reschreihnng der Instrumente zur Bestimmung der Höhe, nämlich der Uuecks i I he rbarom e t er. der Aneroide und des Theodoliten Daran schloß sich die Vorführung der verschiedenen Apparate, die zur Messung von Temperatur und Strahlungsintensität dienen, also von Aspirationsthermometer. Metallt herin nmet er und Schwarz kugelt. he r in o inet er. Ferner demonstrierte der Vortragende das Aspirationspsychrometer und Haarhygrometer, mit deren Hille wir den Feuchtigkeitsgehalt der Luft ermitteln, und wandte sich hierauf den Apparaten zur l'ntersuchung der elektrischen und magnetischen Verhältnisse zu. Es wurden vorgeführt der Potentialmeßapparat (Eberl», mit dem die Spaunungsdiffereuzeti in Punkten verschiedener Höhe bestimmt werden, der Elektronenaspirationsapparat (Eberl' und das magnetische Doppelnadel Variometer iF.heiti. Endlich folgte die Reschreihnng des Aitkenschen Staubzählers und des Apparates von Harz zur Rest unmutig des Rakter iengehaltes

Der Vortragende schilderte dann noch kurz die Ausgestaltung des neuen kgl. preußischen aeronautischen Observatoriums, das gegenwärtig JW km südwestlieh Frankfurt a. 0. bei Lindenberg gebaut wird und mit allen modernen Hilfsmitteln versehen werden soll.

Nach einigen Mitteilungen Ober den Umfang und die Bedeutung der von der «Internationalen Kommission für wissenschaftliche Luftschiffahrt» geleiteten und geförderten Arbeiten schloß der Hedner seinen inhaltreichen Überblick mit dem Wunsche, daß die Zukunft diese Wissenschaft weiter entwickeln und durch ihre praktische Anwendung auch zu einer sicheren Wetterprognose führen möge, die ja von weittragender wirtschaftlicher Bedeutung sein würde. Lebhafter Beifall belohnte die sachgemäßen Darlegungen.

Vm der Versammlung aurh eine Vorstellung von den Kindrücken bei einer Ballonfahrt zu geben, führte Herr v. Bassus im Anschluß an seinen Vortrag noch eine Reihe l'riijektionsbilder von Photographien vor, die er bei Ballonfahrten aufgenommen halte.

Dr. Otto Habe.

Eft

Mitteilungen aus Schweden.

Im Schneesturm über die Ostsee. Am Sonntag, den 18. Dezember vorigen Jahres unternahmen Ingenieur II. Frtrnkel und Leutnant Arne C.arlson eine Freifahrt von «Idrottsparken» in Stockholm. Der Ballon stieg fortgesetzt: in kurzem zeigte das Barometer, daß man eine Höhe von 1460 m erreicht halle. Die Luft war klar und man konnte die unten liegenden Landschaften ganz genau erkennen. Die Fahrt ging über die Schären auf das Meer hinaus, dessen mächtiges Brausen immer deutlicher vernommen wurde. Da nur IKO kg Ballast mitgeführl wurde, waren die Ballonfahrer im Zweifel, ob man eine Fahrt über das Meer wagen könnte oder ob man sogleich landen sollte. Da der Ballon aber mit großer Schnelligkeit llog. wurde beschlossen, die Ostsee zu passieren, wozu man. wie man meinte, eine Zeil von vier Stunden gebrauchen würde. In wenigen Minuten schon war man am Ufer des Meeres. Die l'hr zeigte jetzt 4'/* nachmittags und der Mond wurde im Dunkel des Winterabends schwach sichtbar. In einer Höhe von IS00 m begann es zu schneien, infolgedessen sank der Ballon schnell auf 650 m. zumal da man keinen Ballast opfern wollte. Der Nebel war jelzt so dicht, daß man die Wellenkämme des Meeres nicht sehen konnte, um nach diesen den Kurs zu bestimmen. Gegen <>' Cht fing man glücklicherweise wieder an zu steigen, ohne Ballast geopfert zu haben, und man erreichte bald eine Höhe von D>50 m. die größte während der Fahrt. Das Thermometer zeigte — 1°. Jetzt begann es Wiedel heftig zu schneien und ein großes Scheitelkäppchen von Schnee deckte bald den Ballon. I nter dem Druck desselben senkte er sich während zwei Stunden immerfort obwohl unaufhörlich Ballast geworfen wurde, und bald hatte der Ballon sich auf eine Höhe von nur ÖOO m gesenkt. Von hier sahen die Ballonfahrer das brausende Meer und aus der Richtung der Wellen konnten sie schließen, daß der Kurs andauernd südöstlich war. Gegen 8 l'hr stiegen sie aus unbekannter Ursache auf einmal zu einer Hohe von 1500 m, wo sie von dem sie belastenden Schneetreiben wieder überfallen wurden, «las sie diesmal in kurzer Zeit bis auf 201) m herabdrückte. Sie mußten jetzt, um sich schwebend zu halten, nicht weniger als 50 kg Ballast opfern.

Um H Uhr 10 Minuten sahen sie die Laternen eines Lastdampfers, der sie wahrscheinlich beobachtete. Auf dem Schilfe schien man vorauszusetzen, daß mc Hilfe brauchten und machte sich fertig, ihnen Beistand zu leisten, aber der Dampfer

In w

Ingenieur H Frankel.

»»»» 13 i «8<8«m

versehwand hald im Nebel. Im diese Zeit begann es heftig zu regnen, das Scheilel-käppchen von Schnee schmolz und ganze Wasserkaskaden stürzten auf die Luftfahrer herab. Vom Schnee befreit, stieg der Ballon, aber fürchtend, wieder in die höheren Schneewolken hinaufzukommen, öffnete man das Ventil. Der ganze Ballast war jetzt fast verbraucht und man spähte und lauschte vergeblich, um Land zu entdecken oder das tietöse der Brandungen zu hören. Nur das eintönige Brausen eines empörten Meeres wurde vernommen.

Endlich um H Uhr öO Minuten wurde der eifrig ersehnte Laut von Brandungen gehört, die man 2ö Minuten später passierte, und gleichzeitig wurde das feste Land sichtbar. Der Ballon senkte sich rasch und die Situation wurde äußerst kritisch, als man nach wenigen Minuten wieder hinaus über die Brandungen kam. Aber glücklicherweise war das zuerst erblickte Land eine nahe der Küste liegende kleine Insel, auf welcher das Leuchtfeuer Filsands erbaut ist, und bald befand man sich über einem größeren Lande; die Luflschiffer beschlossen daher, gleich zu landen, Die Instrumente wurden mit größter Schnelligkeit eingepackt, denn man wurde mit großer Geschwindigkeit aufwärts getrieben und fürchtete, wieder auf das Meer hinauszukommen. Die Reißbahn wurde geöffnet und die Gondel stieß mit großer Heftigkeit auf den Boden. Sie wurde vollständig herumgeschleudert und die Insassen wurden unter derselben über einen Sumpf geschleppt, bis der Ballon endlich wenige Meter vom Meere stehen blieb, sodaß die Luftschiffer keinen Augenblick zu früh heruntergestiegen waren. Die Ihr zeigte jetzt JtJtfi abends. Man befand sich, wie sich nachher zeigte, auf der Insel Oesel. etwa :> V» Meilen Westnordwest von der kleinen Stadt Arensburg. Nachdem man sich ein wenig orientiert hatte, mußte man den Versuch, einen Wohnplatz zu erreichen, aufgeben. Die Gegend war vollständig öde und kein lebendes Wesen war zu entdecken. Die Luftschiffer verließen sich daher auf sich selbst und richteten ihr Nachtquartier in der Gondel ein. Ein brausender Sturm strich während der Nacht über die Ebene. Erst am Montag abends fanden sich Leute, die ihnen beim Transport des Ballons helfen konnten, und am Dienstag morgens begaben sie sich mit dem Ballon nach Arensburg, wo sie spät des Abends eintrafen.

Der Ballon war vollständig wohlbehalten und die Instrumente beinahe unbeschädigt. Die kühnen Luftscliiffer waren, trotz mehrerer Quetschwunden, die sie sich bei der Landung zugezogen hatten, in guter Verfassung.

Wie aus «liesein Bericht hervorgeht, halte man mit Mühe und Not die russische Küste erreicht. Hauptsächlich schien das daran zu liegen, daß der Baiton mit zu wenig Gas und Ballast aufgestiegen war. Es ist bekannt, daß während der Winlerfahrten sich der Schnee auf dem Ballon sammelt und hiergegen nur eine große Masse Ballast schützen kann.

Die Reise von Stockholm bis zur Landungsstelle dauerte (} Stunden, der Ballon flog also mit einer Mitlelgeschwindigkeit von 1,2 Meilen in der Stunde. Die Luftlinie beträgt nämlich M(50 km.

Die Schwedische Aeronautische (Jeseilschaft ist am 1!>. Januar d. js. zu einer Beratung zusammengetreten. In dieser Sitzung wurde die Erneuerungswall! des Vorstands für das Jahr BHiö vorgenommen. Er setzt sich aus folgenden Herren zusammen: I. Vorstand Hauptmann W. Swedenborg. II. Vorstand: Ingenieur Hans Fro-nkel, 1. Zeugmeister: (iraf H. Hamilton, II. Zeugmeister: Leutnant A. Carlson.

1. Schriftführer: Hauptmann K. A. Amiindson, II. Schriftführer: Leutnant E. j. Eogman. I.Schatzmeister: Ingenieur G. Hol mberger, II. Schatzmeister: Leutnant R. Lindbtad. Bibliothekar: Dr. N. Ekhotm, Revisoren: Hauptmann A. Wibom und Ingenieur Da h len.

Als neue Mitglieder wurden Leutnant Tillberg. Leutnant Hagman und Ingenieur Per Tamm aufgenommen. In der Sitzung wurde weiter beschlossen, daß, wenn sich kompetente Führer melden, der Ballon 'Andre* an dem internationalen Aufstieg am

2. Februar sowie auch an dem Aufstieg bei den «Nordiska Speien* (Nordischen Spielen»

in Stockholm teilnehmen sollte. Nachher folgte ein interessanter und mit vielen Lichtbildern erläuterter Vurtrag von Ingenieur H. Frankel üher seine letzte Ballonfahrt nach OeseL r. J_(|,

Bericht aus Spanien.

Mitte Februar hatte Don Fernande?. Duro in Madrid bereits 10 Freifahrten mit seinein Ballon «Alcotan» gemacht, und es war ihm gelungen, bereits mehrere Persönlichkeiten für die Luftschiffahrt derart zu gewinnen, daß die Bildung eines Luft-sehiffalirtvereins nicht mehr lange auf sich warten lassen dürfte.

In Barcelona machte am 80. Februar der Akrobat Sune eine Freifahrt vom place des Taureaux aus. Beim Fall in die Strafte Las cortes berührte der Ballon gleichzeitig eine Telegraphendrahtleitung und die elektrische Leitung der Tramway. Der Akrobat sprang in der Befürchtung, dafi eine elektrische Entladung folgen möchte, aus dem Korbe und brach sich auf dem StaT>enpllnster ein Bein. F. de P. R.

Personalia.

Vom Luftschiffer-Bataillon in Beinikendorf-West ist die «Funker-Abteilung -als besondere Truppe abgeschieden und dem Telegraphen-Bataillon Nr. r in Berlin angegliedert worden. Das Oflizierkorps der Funker-Abteilung ist aus folgenden Offizieren gebildet worden: Hauptmann v. Tschudi, Führer der Abteilung, Oberleutnant v. Milezewski. Leutnant Ribbentrop. Leutnant v. Brandeiistein, Leutnant Stelling-, Leutnant Zinken und Leutnant Joehninmi.

Bibliographie und Literatiirboricht.

Bibliographie.

Jahrbuch 1905 des Deutschen Luftschiffer-Verbandcs, Graudenz HKJö. gr. 8". HlO S.

Mit überraschender Promptheil ist auch diesmal das Jahrbuch im Druck erschienen. Es enthalt zunächst Verhandsmichrichten und im weitern die Jahresberichte. Mitgliederverzeichnisse, Vereinsvorschriften, Bücherverzeichnisse etc. der sieben Vereine des Verbandes. Der Münchener Verein hat als Beilage zwei wissenschaftliche Aufsätze von Herrn Prof. Harz und Herrn K. v. Bassus beigegeben. — Hinige kleinere Unrichtigkeiten, die uns heim Bericht des Oberrhein. Vereins auffallen, dürften mit Berücksichtigung der srhnellcn Drucklegung durch die extreme Lage des Berichts- und Druckorles zu erklären sein. _ O.

KriesrsinHüisre Was.scrst©n"crzcujruiijr heim Ostslhlrischcu FeldluftM-hifTer-Batailhui. von

Major H. W. L. Moedebeck. S*. 4 S.. S.-A. d. C.hemiker-Zeitg. Göthen 1*-H»;>. Es handelt sich um die Darstellung von Wasserstoff aus Aluminium und Natronlauge. Die Umstände der Herstellung, die Konstruktion der Oaserzeuger und die Transporteinrichtungen werden auf Grund eigenen Augenscheins genau beschrieben. Die Einführung dieses Verfahrens bringt den Vorteil, daß die LuftschilTerableilung im Fehle unabhängiger und damit beweglicher wird. F.s miif» aber für die Kühlapparate reichlich Wasser zur Verfügung stehen. 0-

13G «44«

Sur los useensions de cerfs-rolants exeeutoes sur la Medlterrunee et sur l'Oceau Atlan-tiqne a bord du jaeht de S. .1. S. le Prince de Monaco en 11HH, par M. H.

Hergesell. <".. H. <le l"Acad. dos scionces. Paris. 1H05. 4°, S. Dies«» Mitteilung enthält den ersten auf genauer Bearbeitung des Materials fußenden Bericht namentlich über die Draehenaufstiege im Gebiet des Fassatwindes. Es hat sicli ergehen, daß der Passat nur einig«' hundert Meter hoch reicht: diese Passatschicht besitzt nach oben zunehmend«' Feuchtigkeit und abnehmende Temperatur. Sie ist nach ol»en scharf begrenzt durch eine bis I'iOO m mächtige Schicht großer Trockenheit und höherer Temperierung, die ihrerseits mit der Hohe in eine Zone mit stark«-r Teinperatur-abnahme übergeht, die mindestens bis -<•"»(H) rn reicht. An Stelle des theoretisch zu erwartenden S W-Antipassats wurden ganz schwache Winde verschiedener Bichtungen gefunden. Diese letzte Tatsache muß übrigens, wie beiläufig bemerkt werden möge, wohl in unmittelbaren Zusammenhang mit der unerwartet geringen Mächtigkeit des Passats seihst gebracht werden. Denn <}n Passat und Antipassat derselben Zirkulation angehören, muß eine so seichte Passatslrömung notwendig einen schwachen Antipass.il-strom zur Voraussetzung haben, und zwar einen um so langsamem, in je größere Hohen er sich erstreckt.

Auf die wichtigen Resultate dieser Aufsliege soll bei der Besprechung der zu erwartenden ausführlichen Publikation noch näher eingegangen werden. Q.

Le Congres d'Avrostutlon seientitiqiie de 1JMW, etc.. par M. Paul Bord«'-. Paris lJtOf». h° Sl S.

Der Präsident der Socirte francaisc de Navigation aerienne gibt in dieser glatt ;ib-gefaßlen Broschüre einen Bericht über die Konferenz «ler internationalen Kommission für wissenschaftliche Luftschiffahrt. Die Schnelligkeit der Veröffentlichung ist lobenswert. Vielleicht is( es dieser File zuzuschreiben, zum Teil auch wohl ungenügenden Grundlagen, wenn eine große Zahl der Namen falsch, zum Teil unkenntlich wiedergegeben ist. und wenn sich in der Broschüre leider eine zu große Anzahl von Unrichtigkeiten und Entstellungen lindel, als daß sie als zuverlässige Huelle benutzt werden dürfte. Daß dir- Mroschiire mit dem großen Titel: « Acadömie Imperiale des Sciences de St-Peters-hourg > prangt, d«*r doch wohl dem offiziellen von der Akademie zu veröffentlichenden Protokoll allein zukommen sollte, muß befremden. - Als Einleitung ist ein I berblick über die Geschichte der früheren Konferenzen aus der Feder von \V. de Fonvielle beigegeben. O.

Druckberichtigung.

Im Februarheft Seite fvt, Bericht aus Spanien, muß es heißen anstatt «HKO km > »di«' Flugweite betragt 450 km».

Die Redaktion hält sich nicht für verantwortlich für den wissenschaftlichen Inhalt der mit Namen versehenen Artikel.

Alle Hechte vorbehalten; teilweise Auszuge nur mit Quellenangabe gestattet.

Die Redaktion.

illustrierte aeronautische Jtätteilungen.

IX. Jahrgang. ->* Mai 1905. IM- 5. Heft.

Aeronautik.

Zur Geschichte der Luftschiffahrt

I. Die aeronautischen Arbeiten des Generals Meusnier.

Von Yoyer, Capitaine du (.ii-nie. I'bersct/.t durch 11. W. I.. Moedeheck mit Genehmigung d«'s Verfassers.

Die Gesetze von Meusnier.

Die Arbeilen des Generals Meusnier über die Luftschiffahrt bilden ein bedeutendes, leider zu wenig bekanntes Werk. Nur ein Teil von ihnen ist veröffentlicht worden: was man ganz besonders bisher zurückgehalten hat, das ist der Entwurf eines lenkbaren Haiions. Aber der General Meusnier hat, bevor er daran dachte, die Ballons zu lenken, sieh eingehend mit ihrem Gleichgewicht in vertikaler Richtung beschäftigt und in bemerkenswerter Weise die betreffenden Gesetze geklärt.

Sechs Monate nach dem aufsehenerregenden Versuch der Gebrüder Montgolfier, am 3. Dezember 1783, reichte der Leutnant Meusnier der Akademie eine « Denkschrift über das Gleichgewicht der aerostatisehen Maschinen» ein. Diese Denkschrift wurde 1784 im -Journal de Physique de Tabbe" Rozier»') veröffentlicht, zusammen mit einem Anhang enthaltend eine Anwendung auf ein bestimmtes Beispiel 2)

Andere Arbeiten folgten, aber die Mehrzahl wurde nicht veröffentlicht: Man lindet die Aufzählung einer Anzahl von ihnen in einer Arbeit des Hauptmanns Letonne, betitelt: * Le general Meusnier et ses idees sur la navigation aerienne» (Revue du Genie 1888, t. II, p. 247).

Wir haben hier nicht die Absicht, die Arbeiten von Meusnier zu analysieren, noch seine Kntwürfe von aerostatisehen Maschinen zu prüfen, wir wollen lediglich die Gesamtheit der allgemeinen Gesetze, die er von 1783—1784 aufgestellt hat und die noch heutzutage die Grundlage des Freiballon-Fahrens bilden, in das rechte Licht setzen.

I. Das Gleichgewicht des schlaffen Ballons.

Die der Akademie am 3. Dezember 1783 eingereichte Denkschrift beginnt mit der Theorie des Gleichgewichts des schlaffen Ballons (d. h. des unvollständig gefüllten). Dieser wichtige Anfang sei im Wortlaut hier wiedergegeben :

•i t>ie Denk.-'i'hrin i»l nru pi.-ilrm'kt IHM in <W Schrift ■Lf CotiSTvaloire» uml im .Taliri' Cv>> in ■ llü-toire <lt-* priiii'ipalf» <l«'< ouvi-rlf-s »i ■* I.. Kifuier» <t. III).

*) Hie Mitteilung •lk'.«<t hcnk-chrifirii venlunkoii wir lli-rni Uerv<\ ilrn» pid-hrti-n lnvr<iiiiur-Acrr>-naulcn unj R«*ilaktt'iir di-r «Ilt-vin- '!<• 1 .\«Totiaiiti<|n>'>. weli-lar »un»l auf 'Ii'' n«><i'iitmin <l<-r Arl<i-Ht*n «I»" Central* MciiMiirr aufnu>rk->am jjcmavM hat.

«Da man die brennbare Luft,1) weiche eine aerostatisehe Maschine enthält, herauslassen muß, um sie zum Sinken zu bringen, so macht man nichts anderes, als daß man ihr Volumen vermindert auf Kosten des Klui-dums, welches ihren Aufstieg bewirkt hatte; sie verdrängt von da ab nichl mehr in der Atmosphäre ein Luftgewicht, das seinem eigenen Gewichte gleich ist. und der Überschuß an Schwere, den sie damit erlangt, veranlagt sie. sich herabzusenken. Aber wenn man erwägt, dali in gleichem Maße, wie sie* tiefere Luftschichten erreicht, von dem funkte ab, wo sie mit dein Niedersinken begonnen hat, der dort herrschende größere Lulldruck mehr und mehr das Volumen der entzündlichen Luft, das dort vorhanden gewesen war, vermindert und das genau in demselben Verhältnis, als die spezifische Schwere der sie umgebenden Luft zunimmt, so wird man zugeben, dali das Gewicht der durch den Ballon verdrängten Luft genau dasselbe bleibt, bis er die Krdoberfläche erreicht, und daß der Ausfall an Schwere, welcher das anfängliche Niedergehen veranlaßt hatte, somit in allen Höhenlagen vorhanden ist: es ist also unmöglich, daß die Maschine jemals ihr Gleichgewicht wieder erlangt. Man kann nicht mehr anhalten, sobald man begonnen hat, niederzugehen, und dieses bis jetzt allein angewendete Mittel kann wohl dazu dienen, wieder zur Knie zurückzukehren, aber es kann nicht dazu beitragen, in der Luft sich eine Höhenlage auszuwählen, welche die Umstände als die geeignetste erscheinen lassen.

Man wird das Ziel, eine bestimmte Fahrhöhe zu halten, auch nicht besser erreichen können, wenn man den Ballastabwurf vereinigt mit dem Verlust brennbarer Luft Sobald die Maschine nur zum Teil gefüllt ist, wie solches bei der Voraussetzung vorliegt, daß man einen Teil der entzündlichen Luft, die sie einschloß, herausgelassen habe, so wird das Gleichgewicht, das sie nunmehr erhalten hat, sie nichl zwingen, eine einzelne Stellung festzuhalten (bestimmte Höhenlage). Man leitet im Gegenteil au» den hier dargelegten Prinzipien ab, daß die Gleichheit zwischen dem Gewicht jeder Maschine und dem der verdrängten Luft erst vorhanden sein wird, ganz unabhängig von allen Höhen, vom Niveau des Horizontes ab bis hinauf an den Punkt, wo die Verminderung der Dichte der umgebenden Luft der entzündlichen Luft die Möglichkeil gewähren wird, den Fassungsraum des Ballons vollständig auszufüllen. Man wird also einen sehr großen Breitengürtel haben, in dem eine aerostalische Maschine unter den angenommenen Verhältnissen nur eine zufällige und von den von ihr getragenen Luftschiffe™ ganz unabhängige Höhenlage einnehmen wird.

Aus diesen Betrachtungen ergibt sich, daß die bisher übliche Methode, um die aerostalische Maschine fallen und steigen zu lassen, nicht nur die ihr bereits vorgeworfenen Unannehmlichkeiten hat, daß sie in kurzer Zeit den Aerostaten in den Zustand versetzt, nicht weiter fahren zu können durch den allmählichen Verbrauch von entzündlicher Luft und Ballast, von denen

>| lirciiiiLmiv l.nft — l'air iiillamniaMr liauntr rnnii ilatnal- i|ru Wj-^r^lolT.

«eineganze Manövrierfähigkeit abhängt; sie macht überdies seine Höhenlage ununterbrochen veränderlich und wechselnd: und auch wenn man insbesondere den gegenwärtigen Zustand dieser Maschinen prüft, wird man sehen, daß selbst ohne die Frage des Steigens und Fallens ihre Konstruktion an sich sie fortgesetzt diesem Hauptfehler unterwirft; der an der untern .Seite angebrachte Füllansatz des Ballons ist ein Grund mehr, der ihn unvermeidlich macht. Diese zwischen der inneren Luft und der Atmosphäre bestehende Verbindung ruft in der Tat eine vollkommene Gleichheit zwischen der Elastizität der beiden Luftarten hervor: die Maschine gelangt nicht zum höchsten Punkt ihrer Fahrt, bevor sie nicht alle über ihren Gleichgewichtszustand hinaus überschießende brennbare Luft ausgestoßen hat. Alsdann genügt die geringste Veranlassung zum Beginn des Niedersinkens, und der Verlust brennbarer Luft, dem die angewandten Ballonstoffe stets unterliegen, gibt dem Aerostaten bald ein kleines Übergewicht von Schwere, das, trotz der Luftschiffer, sie selbst dann bis zur Krdoberlläche zurückbringen würde, wenn der Verlust sich nicht beständig (ort und fort vermehren würde. Nur um diesen aufgezwungenen Kall zu verhindern, wird es notwendig, der Maschine einen gewissen Überschuß an Leichtigkeit zu geben, indem man eine Ballastinasse auswirft, die ein wenig den Überschuß an Schwere überwiegt, den man erlangt hatte: dann steigt er, um sich um ein entsprechendes Maß höher, je nach der Masse des abgeworfenen Ballastes, über .jenen Punkt, bis wohin er sich anfangs erhoben hatte, ins Gleichgewicht zu setzen. Durch den Füllansatz entweicht dann eine neue Quantität brennbarer Luft gemäß dieses Höhenzuwachses, und das Gleichgewicht, bald von neuem gestört, ruft einen zweiten Fall hervor, dessen Fortsetzung bis zur Erde man nur verhindern kann, wenn man noch einmal vorher Ballast abwirft. So ist der Zustand der aerostatischen Maschinen, die man bis jetzt gesehen hat, ein wechselndes Steigen und Fallen, indem sie große Wellenbewegungen machen, deren Ausdehnung fortgesetzt zunimmt, bis sie nach Abwarf alles unnützlichen Gewichtes iBallastf vor die Unmöglichkeit gesetzt sind, neue Aufstiege zu versuchen.'

Welchen Kommentar soll man einer so klaren Auseinandersetzung über <lie Instabilität des schlaffen Ballons und alle daraus sich ergebenden Folgen hinzusetzen? Und wird man nicht von Bewunderung erfüllt bei dem Gedanken, daß diese Gesetze niedergeschrieben waren in der Zeil selbst, wo Lharles und Bobert die erste Luitreise in einem mit Wasserstoll' gefüllten Aerostaten ausführten?1)

II. Das Gleichgewicht des Prallballons (ballon plein).

Vom schlaffen Ballon gehen wir über zum Prallballon. Die Theorie desselben linden wir nicht mehr in der Denkschrift vom 3. Dezember 1783,

•i Iii«* Auffahrt von l'.hartes <m.l UoIh.tI war um I. IWernl.r 17«;! nn-l am ;». IWemher I7*t lili.-r-r>:i M<- Meii-iiier »einr l>i'iik.-i<'hril'l tt'T Akademie.

1 (() «44«

wohl aber in dem Anhang, der naehträglch veröffentlich! wurde im Jahre 1784. In Wirkliehkeit behandelt dieser Anhang, wie es auch der Titel besagt, eine <■ Anwendung an einem bestimmten Beispiel und dieses Beispiel ist das eines mit Luftballone!r) ausgestatteten Ballons, ein von Meusnier erfundenes System, um dem Luftschilfer zu ermöglichen, in einer bestimmten Höhe zu fahren.2) Das Vorhandensein dieses Ballonets kompliziert ein wenig die Theorie des Gleichgewichts; indessen ist es doch möglich, von der besonderen Studie des Generals Meusnier die für gewöhnliche Ballons ohne Ballone! anwendbaren Gesetze abzuleiten.

Das, was wir heute Gleichgewichtslage des l'rallballons nennen, bezeichnet Meusnier mit dem Namen »obere Gleichgewichtsgrenze».

«Es würde leicht sein, sie (diese Grenze) zu bestimmen für jeden Zustand der Maschine, indem man zusieht, auf welcher Höhe in der Atmosphäre ein dem Ballon gleiches Luftvolumen dasselbe aktuelle Gewicht haben würde, wie die gesamte Maschine mit Einschluß der in ihr befindlichen brennbaren Luft.

Der Ort der Gleichgewichtsgrenze hängt daher in jedem Augenblick ab vom Gewicht des Aerostaten und der Menge der eingeschlossenen brennbaren Luft: und da eines wie das andere sich fortgesetzt vermindert, wird die Grenze, um die es sich handelt, sich während der Dauer der Luftballonfahrt beständig nach oben verschieben.

Man kann das Gesetz dieser allmählichen Höherbringung sich sehr klar machen, wenn man bedenkt, daß die brennbare Luft mit der umgebenden Luft fast dasselbe spezifische Schwereverhältnis beibehält, wie hoch die Maschine auch immer sei, weil diese beiden Lüfte, eine sowohl wie die andere, sich in demselben Verhältnis ausdehnen: das Gasgewicht, das im Ballon eingeschlossen ist, wird immer der 6. Teil desjenigen der verdrängten Luft sein.3)

Der Rest der Materialien der Maschine oder der von ihr getragenen Gewichte wird also die 5;« des Gewichts der verdrängten Luft bilden oder, was dasselbe ist, dieses Gewicht wird das Gesamtgewicht, das den Aerostaten belastet, um '/» übersteigen. Der Ort der oberen Gleichgewichtsgrenze findet sich daher immer bestimmt durch das derzeitige Gewicht der Maschine, weil ja die spezifische Schwere der Luft dieser Region sich in demselben Verhältnis vermindert und die Barometerhühen daher demselben Gesetz folgen.

Es ist hiernach leicht, vorher die verschiedenen Höhen zu berechnen, welche die Gleichgewichtsgrenze allmählich erreichen kann gemäß den verschiedenen Gewichten, auf welche die Maschine nach und nach gebracht wird.-

') Ks war ili"--: <1cr zu S:>iiu-Cl<>u.| (un >i«>»1 ("ii-brOuVrn U<iltcrl uii-J d--m IIitzoj» von Chartri'-* am l.V Juli I7K1 \.ran.Iii'' llallon.

;) Diese ijit<'r<'^un1<> KHiriilunff <]<•* ÜtMuTiil* .MtMiniirr lieabMclitigi-n wir befoniter» zu *hniirri»n. ') lVr Autor nimmt liit-r an. duü im (imlVii li<-rgi slelle s Wa^erMofTVa* sevhs mal leichter ist aU Luft

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Meusnier zeigt darauf eine Tabelle, welche die für einen gegebenen Hallastabwurf erreichbare Höhe anzeigt.

= Ich habe mich um so lieber entschlossen», setzt er hinzu, «hier diese Tabelle zu geben, als sie einen klaren Begriff gibt von aller Weiterentwickelung der Luftschiffahrt, die uns beschäftigt, und als sie den Luftschiffern im Verlaufe ihrer Reise sehr nützlich sein kann. Ks ist in der Tat sehr leicht, mit Genauigkeit von Anfang an das Gewicht der verschiedenen Teile, die die aerostatische Maschine zusammensetzen, zu bestimmen, und wenn man außerdem die Vorsicht beachtet hat, den Ballast in Teilen von bekanntem Gewicht abzugeben, so wird man jeden Augenblick «las einstige Totalgewicht seines Aerostatcn kennen und folglich wissen, welchem Ausdruck der Tabelle sein gegenwärtiger Zustand entspricht oder zwischen welche es lallt; man kann sogar leicht verschiedene Methoden des Ballastabwurfes erfinden und die Teile derart markieren, dal! man noch beim Auswurf nach einem bestimmten Plan immer das Gewicht von dem weiß, was übrig ist; ein weiteres Eingehen hierauf ist überflüssig.

Diese Tabelle zeigt auch das Gewicht an, das die Maschine haben mülHe, um sich in Regionen zu erheben, welche gegenwärtig außerhalb der Gleichgewichtsgrenze liegen, und sie dient gleichfalls dazu, richtig zu bestimmen, wieviel Ballast man auswerfen muH, um genau diejenige Stellung zu erreichen, welche die Umstände als die für die Reisenden wünschenswerteste machen können. Man kann daher jene Sammlung numerischer Resultate als eine wahrhaft notwendige nautische Tafel der Luftschiffahrt betrachten und auch von diesem Gesichtspunkt aus biete ich sie hier dar, indem ich bemerke, daß jede Maschine die Konstruktion einer anderen Tafel erfordern wird».

So war das Problem des Ballastwurfs (delestage) vollständig gelöst vom General Meusnier.

III. Die Dynamik der vertikalen Bewegungen.

Beiläufig findet der Autor auch das dynamische Gesetz der vertikalen Bewegungen des Ballons;

'■ Die Geschwindigkeit wird gleichförmig sein, sobald der der Aufwärtsbewegung entgegenstehende Luftwiderstand gleich sein wird dem Übermaß an Leichtigkeit ■■■; und dieser Widerstand ist «zusammengesetzt aus dem Verhältnis der Oberfläche und dem Quadrat der Geschwindigkeit». Nach dem auf dem Marsfelde am 27. August 17H3 ausgeführten Versuch mit dem ersten Wasserstoffballon schätzt Meusnier den Widerstand der einem Kugelballon entgegenstehenden Luft als s,i derjenigen, die bei gleicher Geschwindigkeit eine ebene Fläche erleiden würde von der Größe des größten Kugelquerschnitts.1)

') Nimmt man. wie es heute allv'ciiiciii gesiliieht. m Gramm LnftwidcrsUml auf fiin.' Flu. !ir von 1 qm b*i 1 m (ieM-hwindigkcil in der Si-luitidi>. *o würde di<- Hvi»id Mrusni^rs den Wert für den Wider-

IV. Fahrregeln.

Meusnier beschränkte sich nicht allein darauf, allgemeine Gesetze anzugeben, sondern dachte auch nach über die Praxis der Auffahrten. Wir halien schon seinen Hat kennen gelernt, den Ballast in Teilen von bekanntem Gewicht abzuwerfen, um immer zu wissen, welches Gewicht noch verbleibt». Man lindet in derselben Denkschrift andere Fahrtregeln, die nicht weniger rationell sind und noch heute befolgt werden.

Für die Abfahrt muH man, wie er sagt, «die Maschine mit brennbarer Luft ganz voll füllen-, die aerostatisehe Maschine wird alsdann fähig sein, anfangs ein um so größeres Gewicht zu tragen, und sich möglichst

unserer tiefsten (Ja plus forte) Gleichgewichtsgrenze nähern____ Das. was daran

fehlen wird, daß das Gesamtgewicht dieser Grenze nicht entspricht, wird den Iberschuß an Leichtigkeit bilden, bestimmt dazu, der Maschine eine für die Abfahrt genügende vertikale Geschwindigkeit zu geben*.

Schließlich folge hier die Art und Weise, wie General Meusnier das Daliastmanöver auffaßt:

Kehren wir zum Hauptobjekt des von uns geprüften Versuches zurück, welches darin liegt, der Luftschiffahrt die größtmögliche Dauer zu geben. Denn man sieht, daß die Verminderung des Gewichts der Maschine, das notwendig wird durch jeden Verlust an brennbarer Luft, dem sie ausgesetzt ist, dasjenige ist, was sie allmählich dem Zeitpunkt entgegenführt, wo ihre Bückkehr auf die Knie unvermeidlich wird.»

Man muß deshalb den Ballast mit der größten Sparsamkeit auswerfen.

Man kann.....sich darauf beschränken, auf einmal nicht

mehr als 5 Pfund (2,5 kg) abzuwerfen. Es würde daher angebracht sein, den Ballast von vornherein in Portionen von diesem Gewicht zu teilen, unter dem Vorbehalt, daß man sie häufiger oder in größerer Anzahl abwirft in Fällen, wo es erforderlich wird.

So begriff bereits Meusnier das Ballastmanöver fast in derselben Weise wie unsere besten Luftschiffer heutzutage.

Rückblick.

Im allgemeinen linden sich also in den Denkschriften des Generals Meusnier die nachfolgenden Gesetze und Kegeln:

I. Die Statik des schlaffen Ballons.

1. Gesetz. Wenn der Ballon aufsteigt, so setzt er das Steigen fort, solange bis er prall gefüllt ist und eine Ouaiitität Gas verloren hat, die seinem Iberschuß an Auftrieb entspricht.

'1. Gesetz. Wenn ein Ballon fällt, bleibt seine Gleichgewichtsstörung

»latHl e" ''in-'ti Kn/i'l>i:i]l.in rrj.'t-|tm .<\- Ii «».•»*"» l>* V1 ,l> i.-,t .lor Dur<-hnt<-»sur <!«•!• Halliin«. V >li<* -iliwiiKlti'Ui il in M-'lrrri yvt S kuii'ic i. das luilll friau i|<mi Wert, wt-lrlnn <lii> Si'hulr von l'.halai-, nner-ki im!, .in Wi-rl. il-ii Hin r«l l'n-napl an«- |..t»i'.tili.'h<-n V.-i>n .-hi n alijsd.'ilH hat. Aber «li'-so für >tni I.uft-wi'l<Tstiiiit| kl< im i (-linii'ii /nr Zeil \l<nMiirr- /u jji'IafM'tir Zitier war v i • ■ 1 jrrolVr als «lie heuliife. derart, iluji in Wahrh i( <l«-r von ihm «!■ n Ku-„'«'IJialli>ii- /iijjdlaL-lid- l.uflwi.li rslun.l ein wellig Olierlrivhen it-l.

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in jeder Höhenlage konstant und er sinkt nieder bis zur Erde oder wenigstens bis eine Gegen maßregel seitens des LuftschitTers eintritt.

3. Gesetz. Wenn ein Niedersinken durch Abwurf von Ballast verhindert worden ist, steigt der Ballon wieder aufwärts in eine Gleichgewichtslage, die die früher innegehabte an Höhe übertrifft, und zwar um so viel höher, je mehr Ballast ausgeworfen wurde.

I. Gesetz. Das Gleichgewicht unterhalb der Zone der Prallheit bleibt vollständig instabil selbst dann, wenn man suchen würde es zu erhalten durch abwechselnden Ballastwurf und Ventilzug: es würde zur Verschwendung von Gas und Ballast führen, und würde den Ballon sehr bald unfähig machen für das Luftfahren.

IL Die Statik des Prall-Ballons, ö. Gesetz. Die Gleichgewichtslage des Prallballons ist bestimmt durch den Satz, dafl ein Luftvolumen von der gleichen Größe wie das des Ballons das gleiche Gwicht habe wie der Aerostat mit Einschluß des in ihm enthaltenen Gases.

0. Gesetz. Diese Gleichgewichtslage nimmt während der Dauer der Fahrt beständig an Höhe zu.

7. Gesetz. Der der Gleichgewichtslage entsprechende Luftdruck vermindert sich in dem gleichen Verhältnis wie das Gewicht des Aero-stalen; — oder mit anderen Worten: die relative Druckabnahme entspricht der relativen Entlastung.

III. Die Dynamik des Ballons.

8. Gesetz. Bei den vertikalen Bewegungen des Ballons (Aufstieg und Abstieg) ist die Geschwindigkeit gleichförmig, sobald der entgegenstehende Luftwiderstand der Gleichgewichtsstörung gleich ist; dieser Widerstand ist proportional der Oberfläche des Ballons und dem Quadrat der Geschwindigkeit.

IV. Fahrregeln.

1. Regel. Den Ballast in bestimmten Gewichtsteilen bereit halten, derart, daß man stets das Gewicht des übrig verbleibenden Ballastes kennt.

2. Regel. Abfahren mit einem vollgefüllten Gasballon, um möglichst viel Ballast mitnehmen zu können.

3. Regel. Ballastabwurf in kleinen Teilen von bestimmtem Gewicht und zwar immer demselben; Zahl und Häufigkeit des Abwurfs je nach den Umständen verschieden.

Obiges ist das bewundernswerte Gesamtergebnis der Gesetze und Regeln, welche in beiden oben erwähnten Memoiren enthalten sind, Schriften, die geschrieben und veröffentlicht wurden ganz im Anfange der Geschiehte der Luftschiffahrt. Wenn diese Gesetze und Regeln lange Zeit hindurch verkannt worden sind, so liegt es also nicht daran, dafi sie noch nicht entdeckt waren, sondern weil einerseits Meusniers Arbeilen in Vergessenheit geraten waren und weil andererseits die Luitschiffahrt Empirikern überlassen worden war.

Heute hingegen hat die acrostatische Wissenschaft ihren Platz in der wissenschaftlichen Welt wieder gewonnen: von allen Seiten haben interessante Versuche ihr die Aufmerksamkeit eines aufgeklärton Publikums zugewendet. Gleichzeitig haben zahlreiche Werke, die über die Luftschiffahrt veröffentlicht wurden, deren Prinzipien zum Gemeingut gemacht: die Gesetze, welche wir soeben aufgezählt haben, sind heute allerseits bekannt.

Aber das, was ganz und gar nicht bekannt ist und was man sehr oft zu erwähnen vergilU, das ist der Name ihres wirklichen Entdeckers. Ks würde nur der Gerechtigkeit entsprechen, wenn diese grundlegenden Gesetze, welche die notwendige Basis der Lehre über die Luftschiffahrt bilden, in den entsprechenden Lehrbüchern dargestellt würden unter der Überschrift 'Die Gesetze von Meusnicr».

Aeronautisches vom Mandschurischen Kriegsschauplatz.

1. Über die Übungen der Militärluftschiffer in Wladiwostok.1)

Am Sonntag, den 25. Juli liKlL war das Wetter für Arbeiten mit dem Fesselballon nicht günstig. Der Gasauftrieb war merklich vermindert. Um nicht an Wasserstoff nutzlos einzubüßen, eidschloß man sich, eine Freifahrt auszuführen, die Wirkung des Meeranker-Kegelankers zu probieren und das kriegsmäßige Verpacken des Ballons auszuführen.

Zur Durchführung eines geeigneten Manövers wurde zur Verfügung des Hauptmanns l'ostnikow das Torpedoboot Nr. 201 unter Leutnant Ignatiew kommandiert. 'Hauptmann Postnikow hat als Militäringenieur den Kursus der Oftiziersklasse des militärischen Unterrichts-Luftschiffei parks in St. Petersburg 1807 absolviert.»

Dem Torpedoboot wurde'der Auftrag gestellt, im Schutze der Halbinsel Peßtschany und der Insel Skrebzow iin der Amur-Bucht» auszulaufen — wo der Ballon, durch den Kegelanker festgehalten, die Möglichkeit linden sollte, sich zu verfangen —. um. im Falle einer Abweichung des Ballons auf Kap Peßtschany die Luftschiffer aufzunehmen und zu landen, und schließlich für den Fall, daß es sich dem Ballon als unmöglich erwiese, sich aufs Meer hinabzulassen, die Bichtung seines Fluges bis zur Mündung des «Sui-phun» zu verfolgen. (Die am meisten wahrscheinliche Bichtung. in der letztcnfalls der Abstieg des Ballons anzunehmen war, in Linie der Poststraße, dicht bei der Station Ißajewa. i

Nach den Beobachtungen vor dem Aufstieg war der Wind in der Bucht «Goldenes Horn (Ssolotoj Bog i aus Süd-Ost, Stärk«' etwas mehr als 5 m pro Sekunde. Das Wetter war trübe. In Anbetracht des Gasverlustes am vorigen Tage und der bedeutenden Leere im Ballon wurde aus dem « Fspero > <T50 cbmi in den «.lastreb> 1100 cbmi Gas übergeleitet. Das Gewicht der Gesamlhelastung des Ballons wurde auf 11 */* Pud'i ausgeglichen, was zusammen mit dem Gewicht der LuftschilVer, Hauptmann Postnikow und ».Mulshipman» Gudij, 20 Pud ausmachte.

Um 12 Uhr mitlas wurde der Ballon mit losgelassenem Schlepptau aufgelassen unter Mitnahme von H Sack Ballast. Die Auffahrt »eschah mit nicht ganz gefülltem Ballon, jedoch stieg er ziemlich rasch aufwärts.

'» Korr-.-|i"tul<-u/ .!■•- . W"mIh lix|»l.<vv.tti ! •, «Ihr Luft.-, hiflrr < : rui-*. I'.nh/vitsi'lirift. •') 1 l'ul - in ;s ksf.

Hfl €«W

An Instrumenten befand sich im Korbe des Ballon nur ein Ancroid-Barometer. L'm 12W Uhr schwebte der Ballon in einer Höhe von 270 m über dem Volkshause und begann bald in die Wolken einzudringen. Ehe die Erde verdeckt wurde, gelang es noch, zu bemerken, daß 12°8 Ehr die Luftschiffer sich über der Kaserne des berittenen Kommandos in einer Höhe von 450 m befanden. Nach einer Minute war es schon unmöglich, irgend etwas unten deutlich zu erkennen. In den Wolken dampfte es stark, der Ballon erwärmte sich und fuhr furt, rasch zu steigen. Bald begann durch die Wolken die Sonnenscheibe hindurchzuschimmern. Eber die Wolken emporzusteigen, gehörte nicht in d«-n Plan des Eluges, umsomehr als nur ein begrenzter Vorrat an Ballast vorhanden war. Angesichts dessen wurde beschlossen, herunter zu gehen und an der Bucht am Schlepptau zu fahren. Em 12°" Ehr in Höhe von tiöO in öffnete man das Ventil; nach dem ersten Öffnen hörte der Ballon nicht auf, zu steigen, und gerade erst nach dem zweiten «Klaps» begann er zu fallen. Em 12(W'/s Ehr konnte man sehen, daß der Ballon am Uferrande dahinging in Höhe von 310 m hei den Zisternen von Nobel. Um 12'- berührte das Schleppseil das Wasser und innerhalb 3 Minuten war der Ballon in Gleichgewichtslage auf 50 m Höhe. Beim Abslieg wurde etwa 1 Sack Ballast verbraucht. Der Ballon ging rasch nach NW., das gegenüberliegende Efer war fast nicht zu sehen: links von der Bahn des Ballons wurde im Nebel die Halbinsel Peßtschany sichtbar. Bald begann auch hinter den zerrissenen Wolken die Sonne hervorzublicken. Der Ballon ging am Schleppseil sehr gleichmäßig und forderte durchaus keinen Verbrauch von Ballast. Einige Zeit, nachdem der Ballon die Uferlinie passiert hatte, wurde das Torpedoboot entdeckt, welches aus der Meerenge «Bosphor» ausgelaufen war. (Es kam etwas später heraus, dank dem Umstände, daß, in Anbetracht des heftigen Windes die Vermutung nahe lag. die Ballonfahrt würde verschoben werden.) Em 12^' Uhr durchfuhr man das Tor der Halbinsel Peßtschany und der Insel Skrebzow. Das gegenüberliegende Efer war jetzt gut zu sehen, und der Ballon hielt die Richtung etwas links von dem Leuchtturm «am Flusse». P250 wurde der Meeranker hinabgelassen. (Wegen der Neuheit des Versuches und der Unvollkommenhcit der Verpackung erforderte sein Loslassen 20 Minuten.) Der Ballon war so weit vom Torpedoboot entfernt, daß wenig Hoffnung auf glückliche Durchführung des Manövers blieb. Der Kegel wirkte aber momentan und verminderte stark die Schnelligkeit der Bewegung des Ballons; doch hierbei geriet der Ballon heftig ins Schwanken und seine Schlaffheit vermehrte sich stark infolge des Entweichens von Gas. Das Torpedoboot begann von diesem Augenblick an, sich rasch zu nähern; bei der Stärke des Windes konnte man glauben, daß seine Schnelligkeit um etwa I- bis i'/* m Pro Sekunde verringert würde. Zeitweise neigte sich der Ballon derart über, daß der Korb bis zum Wasser reichte und es notwendig wurde. Ballast auszuwerfen. Em I Ehr nachmittags neigte sich infolge eines heftigen Windstoßes der Ballon bis zur Oberfläche des Meeres und der Korb berührte das "Wasser. Um 1'° Uhr kam von der Windseite das Torpedoboot, nahm das Ankertau auf und begann den Ballon zu schleppen. Hierbei zerrte dieser wegen der Stöße des Windes, der 7 m in der Sekunde erreichte, heftig, und der Korb berührte Hmal das Wasser, indem er einmal bis mehr als zur halben Höhe schöpfte. l'r> Ehr wurde der Korb auf das Torpedoboot gezogen. Infolge der grüßen Schlaffheit des Ballons und des frischen Windes zeigte sich keine Möglichkeit, den Ballon zurückzubugsieren, und man mußte das Gas herauslassen. Das Einholen des Ballons und das Auslassen des Gases durchzuführen, war äußerst unbequem. Das Bcißverfahren ist in solchem Falle unumgänglich. Ebenso unumgänglich ist eine sicher«« Fertigkeit hei dem Kommandeur und den Leuten des Schiffes, die das Luftschiff aufnehmen, was man schließlich, bei häufigerer Ausübung ähnlicher Abstiege, wird erwarten können. Em IM) Ehr war alles aufgeräumt und das Torpedoboot fuhr zurück. Der Ballon wurde im S. der «Flußinsel», in einer Entfernung von etwa 1 Meile aufgenommen. Die Fluglinie betrug 10'/» Meilen. Die Fluggeschwindigkeit war über dem Ufer etwa 12 Knoten; hei der Fahrt am Schleppseil

sank sie auf 10'» bis 11, der Anker aber lief» nicht mehr als 21/* bis 3 Knoten zu. Nach dem Abstieg blieb 1 Sack Hallast übrig. Während des Fluges zeigte sich die Unbequemlichkeit, mit dem Kegel umzugehen, besonders wenn man ihn während der Bewegung des Ballons aufnehmen will.

Einige Änderungen im Korbe werden beim nächsten Versuche seine Wirksamkeit zwar verbessern, aber der Hauptmangel — die Möglichkeit, daß die dünne Trosse, die vom engen Teile des Kegels ausgeht, sich um das Ankerlau wickelt — hat sich bisher nicht beseitigen lassen, und als beste Art, den Kegelanker aufzunehmen (die schließlich auch möglich ist, wenn man genügend Ballast zur Hand hat*, erwies es sich, den Ballon bis zur Höhe der vollen Länge des Ankertaus hochgehen zu lassen und dann dieses in den Korb einzuholen.

Wladiwostok, 30. August IHM. ifb. 1112. 1. 05.) Bjdy.

2. Mukden.

i Ktirrc--|>iiiiik-nz des ..Wuv.liirhoplawatel-. <

IH. Dezember 190t.

Am 3. Dezember gingen unsere LuftschilTcr das erste Mal an die Arbeit. Ich spreche vom I. ostsibirischen Feld-Luftschiffer-Bataillon, das unter dem Kommando des Obersten Kowanko aus Kußland gekommen war. Der Wasserstoff wurde gewonnen mit Hilfe der neuen „zweiteiligen" Feldapparate durch das Lauge-Verfahren. Die Apparate wurden auf einer Sandhank aufgestellt. Die Kälte war außerordentlich, bis zu — lö0B.; in der Luft herrschte vollkommene Windstille. Auf dem Eise waren kleine Durchbrüche gemacht für die Gummischläuche der Pumpen. Nach zweimaliger Ladung der Apparate füllten die Luflschiffcr einen kleinen Gassack und entfernten sich mit ihm in kriegsmäßiger Ordnung. Die gemeinen Soldaten, welche ihnen begegneten, blickten mit Verwunderung auf das Luftschiff und viele fragten sogar: ..Was. sind das Unsrige oder Japaner-'? Einige Tage übten die Luftschiffer mit ihren Ballons. Die sogenannte ..reitende" Winde ') arbeitet sehr gut in einer Artillerie-Kolonne.

Am lö. Dezember wurde der große Ballon ,.St. Petersburg Nr. -1" mit Gas gefüllt. Er hat einen Inhalt von ßtO cbm und nimmt frei 2 Mann auf; wenn das Gas aber ausreichend frisch ist. auch 3. Am 1K. Dezember war wundervolles Winterwetter und in der Luft fast vollkommene Windstille. Es waren sehr viele Offiziere der verschiedenen Waffengattungen zu den Auffahrten versammelt. Außer den Luftschiftern fuhren auch Generalstabsoffiziere und Militär-Ingenieure auf. Unter anderen wurde auch der kleine Kasak Sujew mit hochgenommen, der in diesem Feldzuge mit 3 Georgskreuzen belohnt worden ist. Nach Angabe der aufgefahrenen Offiziere konnte man gut bis (> oder 7 Werst sehen, weiterhin war Nebel, wie es dem hiesigen Klima eigentümlich ist. Bei den Auffahrten waren auch einige von den ausländischen „Kriegsagenlen" (wörtlich! Anm. d. Ü.) zugegen.

Es ist zu hoffen, daß bei der ersten ernsthaften Schlacht die Ballons unzweifelhaften Nutzen gewähren werden, insonderheit bei Erkundung der bei den Japanern so beliebten Umgehungen.

I. Januar 1900.

Ich habe Ihnen schon iiher die ersten Arbeiten mit Luftballons Mitteilung gemacht: diese waren in der ersten Hälfte des November aus Bußtand eingetroffen. Lange brauchten die Militär-Luflsehifler nicht auf einen Gruß seitens der Japaner zu warten. — diesen gefielen diese ..Schildwachen in der Lut'f nicht und sie beschossen sie heftig mit Schimosegranaten. Glücklicherweise vcranlaßle diese Beschießung uns keinerlei Verluste.

') Wegen ihrer Leichtigkeit m j-enunril. Sie hei-Mit ans zwei Karren. Oewicht erhalt sie «lurrb fie-vlmeruntr milUl-, HarnHieki n. I». Ke.t,

♦MM» 147 <€•«•»*

Am 23. Dezember begann das I.uftschilier-Bataillon sein Kriegsleben: eine Kompagnie wurde der 2. und eine der 3. Armee zugeteilt. Die sibirische Luftschiffer-Kompagnie mit festungsmäßiger Ausrüstung) wurde hei der Li n e w i t se h'sehen Armee gelassen.

I>ie 2. Kompagnie erhielt den Auftrag, mehr nach Osten vorzugehen zwecks Aufklärung der verschanzten Stellungen der Japaner. Man bewegte sich in Feldformation. Die ganze Zeit marschierte man parallel der japanischen Stellung auf etwa 7 bis 8 Werst. Während des ganzen Vorbeimarsches herrschte auf Seiten des Feindes Totenstille, (legen ;V* nachmittags waren sie im Dorfe Dan-shuan-ho') angekommen und machten vom Platze aus eine Auffahrt. Die Sonne war schon untergegangen; es wurde schnell finster. Man mußte den Ballon einholen. Zu der Zeit zeigte sich beim Feinde der Strahl eines Scheinwerfers. Schleunigst wurde der Ballon ins Dorf gebracht, und die Japaner lenkten, da sie nichts erkundet hatten, den Strahl anders wohin.

Die 1. Kompagnie füllte in der Nacht zum 2S. Dezember den Ballon und marschierte nach dem Dorfe Pandjasy.*) Aber die Japaner zögerten nicht: innerhalb weniger Minuten hörte man Geschützfeuer und in der Nähe des Ballons begannen Schrapnells zu platzen. Im ganzen wurden Di Schrapnells abgefeuert, die jedoch den Luflschiffern keinen Schaden zufügten. Die Japaner hätten ihr Schießen wohl forlgesetzt, wenn nicht unsere Artillerie, nachdem sie die gegnerische entdeckt hatte, das Feuer gegen sie eröffnet hätte. Der ganze Schaden, den dieses Schießen anrichtete, bestand darin, daß im Dorfe ein nicht zum Bestände des Bataillons gehörendes Pferd getütet wurde. Die LuftschifTer-Soldaten, die zum erstenmal ins Feuer gerieten, sammelten die Schrapnellkugeln und -hülsen.-1}

Am 31. Dezember wurde der Ballon von neuem mit Schimosegranaten beschossen, aber die nächsten Geschosse Helen auf 300—100 Schritt vom Ballon, (ielegentlich der Aufstiege wurden japanische Verschanzungen entdeckt, von denen man früher nichts wußte. Eines ist schlecht: die Beleuchtung; hat man fortwährend die Sonne in den Augen, dann ist auch das Beobachten schwtr. Das Arbeiten im Frost ist nicht leicht, obgleich das Wetter im allgemeinen es gut meint.

Bei den Japanern waren noch gar keine Ballons zu sehen.

Nach telegraphischen Mitteihmgen sind der 2. Luftschiffer-Kompagnie für die Aufklärung bei Ssandepu') 11 Ehrenzeichen des Militärordens bewilligt worden. Die Kompagnie ist 4 mal von den Japanern beschossen worden: am .Y, 7.. IS. und DK Januar. Man schätzt, wie es scheint, die Arbeit des Ballons sehr.

f> Ehrenzeichen erhielten Unteroffiziere und Mannschaften, welche aus dem Lehr-I.uftsehiffer-Park abgeteilt waren, unter ihnen der Feldwebel Konstantin Wolkor.

Übersetzt durch: B o e n i s c h. Oberleutnant.

Aeronautische Abzeichen und Schmucksachen.

• I >ie abgebildeten Muster sind gesetzlich geschützt bezw. ist der Schutz angemeldet.) Seitdem unsere Luflsehilfervereine in überwiegendem Malle die Tendenz bekunden, sich als Sportvereine zu entwickeln, ein geschichtlicher Prozeß, der durch das Selbständigwerden der militätischen und der wissenschaftlichen Aeronautik zu einer Notwendigkeit für die Existenzberechtigung der Vereine geworden ist. seitdem drängt sich auch immer mehr die Frage hervor nach

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»*•»» ÜB «844«

der Einführung eines besonderen Klubabzeichens, dessen Führung ein geselz-lieh geschütztes Vorrecht Iiir unsere Mitglieder bilden soll.

Der Luflschilfalnisport befindet sich bei uns in Deutschland vorläufig noch in einer elementaren Kniwickelung im Vergleich zu der Ausbildung, welchen er ganz besonders in Frankreich bereits erfahren hat. Aber wir haben allen andern Nationen das voraus, daß er sich bei uns auf einer sehr breiten Basis entwickelt und daß diejenigen Kreise, welche sich diese Entwicklung besonders angedeihen lassen, in gesellschaftlicher Beziehung gleichartiger Natur sind. Ks wird nur einer kleinen Anregung zu gelegenem Zeitpunkt bedürfen, um auf Grund unserer sorgfältig eingeleiteten Vorschulung in den verschiedenen Vereinen des deutschen Luftschillerverbandes wie mit dem Zauberstabe das deutsehe Volk sozusagen «zu einer zielbewußten Luftfahrernation zu machen >.

Welche Folgerungen sich daraus ergeben werden, für die Kntwickelung der Luftschiffahrt im allgemeinen, für den friedlichen Wettstreit unter uns und mit anerkannten Aeroklubs des Auslandes, welchen Nutzen in Zeiten der Gefahr das Vaterland aus dieser regen Sportstätigkeil dereinst wird ziehen können, möge dem Nachdenken jedes Einzelnen überlassen bleiben.

Eine nicht zu unterschätzende Vorbereitung hierzu ist die Pflege des Korpsgeistes. Aber wie anders, wie besser kann der Korpsgeist erzogen werden als zunächst durch besondere Farben, durch äußerliches Abzeichen? Jede Leistung gewinnt an Interesse für sämtliche Mitglieder, wenn sie mit den Farben, mit dein Abzeichen des Klubs nicht mehr dem Privatmanne allein, sondern zugleich der Gesamtheit zur Ehre gereicht. Ganz von selbst entsteht hierdurch ein edler sportlicher Wettstreit, welcher das Leben unserer Vereine sehr wesentlich beeinflussen und ihnen ein neues ansehnliches Belief geben wird.

Auf dem Luftschillertage zu Leipzig, am 4. Dezember 1904, kamen verschiedene Anträge vom niederrheinischen und vom ostdeutschen Verein für Luftschiffahrt, welche die dargelegte sportliche Weilerentwickelung zum Ziele hatten, zur Sprache. In dem Nachfolgenden möchte ich mich aber lediglieh beschränken auf Klubabzeichen und gewissermaßen als Anhang dazu auf aeronautische Schmucksachen.

Im eine Unterlage zu haben für ein Verbandsabzeichen, waren verschiedene bekannte Firmen um Auskunft und um Vorschläge gebeten. Es waren die nachfolgenden Juweliere aufgefordert worden:

1. Eugen Schröder, Berlin W., Lcipzigerstr. .'15, W., Friedrichsir. 17ti u. 185:

2. .1. Godel & Sohn, Berlin W., Friedrichsir. l(>7;

3. J. II. Werner, Berlin W., Friodrichslr. 173;

4. Edmund Decker Nach f., Berlin SW., Kommandanlenstr. 82:

5. Theodor Rudolph, Berlin G., Prenzlauerstr. 38: ö. Alfred Boesner, Dresden-A., Schloßstr. 3:

7. Fr. Fritzhoff, Breslau, Ohlaucrstr. 4:

8. .1. II. Heimeidinger, Wiesbaden, Wilhelmstr. 32:

15 16

Hoedebeok, Aeronautische Abzeichen und Schmucksachen.

l). Hessenberg & Co., Frankfurt a. M., Kaiserstr. 13 u. Homburg:

10. Josef Krischer Nachfolger. Düsseldorf, Königsallee 9 10:

11. M. H. Wilkens & Sohne, Hamburg, .lungfernstieg 27,28;

12. Gebr. Stark, Pforzheim;

13. Ad. Sehwerdt, Inh. Wilh. Volk, Stuttgart, Tübingerstr. 31.

Von diesen Firmen hatten die Nr. 1. 2, 3, 4, 5, S. 10, 12 und 13 teils Kntwürfc mit Preisangaben, teils bereits fertige Musterslücke von Abzeichen' eingesandt. Für die Firma 7 halte der Graveur Karl Scheu aus Breslau zwei Kntwürfe eingesandt. Alle diese Vorlagen wurden auf dem Luftschilfertage vorgelegt. Der Beschluß ging aber dahin, die Abzeichenfrage vorläulig den einzelnen Vereinen zu überlassen.

Für die Ausführung des Abzeichens isl die erste Frage die: legt man einen Luftballon, ein Flugtier oder einen gellügellen Anker der Zeichnung zugrunde. Die eingesandten Kntwürfe hatten zum grollten Teil den gellügellen Anker, und zwar zumeist in der auf dem Umschlage der I. A. M. dargestellten Form, in Verbindung mit der Sonne als Symbol, zugrunde gelegt und mehr oder weniger geschmackvoll stilisier!. Man muß in der Tat zugestehen, daß der geflügelte Anker das trefflichste Symbol des Luft-schilfers darstellt. Der Ballon hal stets etwas Plumpes, er unterscheidet sich oft kaum von der Seemine und ist nebenbei schon so allgemein bei den Berufsluftschiffern gebräuchlich, daß es wohl wünschenswert ist, für unsere Sportvereine eine mehr allegorische Form des Abzeichens anzunehmen. Ks darf allerdings nicht unerwähnt bleiben, daß der Ausgsburger V. f. L. für sich bereits das Ballonbild mit der Devise Gut Land! - als Abzeichen eingeführt hatte. Die Ausführung des Augsburger Abzeichens ist aber eine immerhin noch gefällige, weil bei ihm, was man selten antrifft, die Größenverhültnisse der einzelnen Ballonteile, besonders der Hülle zum Korbe, richtig gewählt wurden sind. Ollenbar hat hier ein Künstler die Linien geschickt wiedergegeben.

Der geflügelte Anker, der sich durch Sonne, Wolken und Bänder verziert, unendlich mannigfaltig modellieren läßt, versinnbildlicht die Luitschifffahrt außerdem viel treffender als der hilllose, vom Winde getriebene Ballon. Der geflügelte Anker versinnbildlicht eben ein bestimmtes Ziel, und ein solches soll sich jeder Verein und jeder Einzelne bei Ausführung des Luftsportes setzen.

Kinige Firmen haben die Freundlichkeit gehabt, die Publikation ihrer Kntwürfe, die unter gesetzlichem Schulze stehen, in dieser Zeitschrift zu gestalten. Ich freue mich, infolgedessen weitere Kreise mit «Jen teilweise recht geschmackvollen Zeichnungen bekannt machen zu können.

Der Holjuwelier .1. II. Werner in Berlin hat sich durch große Abwechselung der zur Verarbeitung gelangten Gedanken besonders ausgezeichnet. Sehr zierlich sind die Muster 1 bis \. Nr. 1 stellt ein goldumrahmtes weißes Kmailleschild vor. Zwei graublaue Flügel verdecken teilweise eine Sonnenscheibe in Gold. Zwei gekreuzte aeronautische Anker in Silber sind so angeordnet, daß ihre Ringe in den Fittichen liegen.

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Entwurf Nr. 2 stellt einen goldenen Ballon mit zwei zierlich angesetzten weißen Emaillefittichen vor. Auf dem Ganzen liegt ein silberner aeronautischer Anker.

Entwurf 3 ist der aeronautische gellügelte Anker in einfachem Golde und Nr. 5 eine Modifikation von Nr. 1 durch Fortlassung des Schildes.

Beim Muster Nr. 5 hat der Künstler einen goldenen Ballon in blauweiß emaillierte, durch Goldlinien umrandete Wolken hineingesetzt. Es ist recht schwer, Wolken, falls sie nicht stilisiert werden, auf Schmucksachen schön darzustellen.

Kraftvoll macht sich der schwarzbeschwingte goldene Anker in Muster 0 mit dem karminroten Bande. Auch hier sind alle Konturen mit Goldlinien eingefaßt. Im Muster 7 wird mit dem schwarzen Emailleadler auch der Flugtechniker zufriedengestellt werden. Auch hier ist das Band karminrot, die Wolke blauweiß, Anker und Schrift sowie Umrandungen in Gold.

Recht geschmackvoll in Medaillonform ist auch das Muster von llof-juwelier Josef Krischer in Düsseldorf. Der Anker in reinem Gold oder mit weißen Emailleflügcln bildet hier teilweise den unteren Band der mit himmelblauer Emaille ausgefüllten Felder, aus dessen Mitte rubinrot, mit goldener Strahlung eine Sonne hervorleuchtet. Das Ganze erhält nach oben zum Ringe hin einen dekorativen Abschluß.

Die Firma Edmund Decker Nachf. (Leopold Müller) in Berlin hat das Motiv des geflügelten Ankers mit dahinter liegender strahlender Sonnenscheibe gleichzeitig für verschiedene Schmucksachen für die ballonfahrenden Deutschen zu verwerten versucht.

Das Klubabzeichen Nr. 13a ist ein golden eingefaßter Schild mit himmelblauer Emaille. Am Grunde tritt ein Teil der Sonnenscheibe hervor, deren Goldstrahlen das Feld durchziehen. Darüber liegt der aeronautische Anker mit ultramarinblauen Flügeln. Kleine weiße Flockenwolken sind rechts und links eingestreut. Unten setzt sich ein grünes Emailleschild mit goldener Schrift, umrandet von roten Emailleverzierungen, an. Das Abzeichen ist etwas sehr bunt ausgefallen. Dasselbe mit silbernen Randverzicrungen sehlägt er auch als Gürtelschnalle vor.

Recht hübsch macht sich seine einfache goldene Brosche des aeronautischen Ankers mit anhängenden dunklen Tropfen, nach Muster Nr. 10. Auch die Kolliers in Silber mit Gold und eingelegten Edelsteinen (Muster 11 und 12) dürften nicht weniger als der Haarkamm (Muster 13) unsere Luftschifferdamen reizen, wohingegen für Herren ein recht zierliches Muster in Manschettenknöpfen eingesandt wurde.

Empfehlen würde ich, daß die Stilisierung der Flügel etwas mehr Abwechselung erhält.

Die Firma Ad. Schwerdt, Infi. Willi. Volk in Stuttgart sandte eine kreisrunde emaillierte Bronzescheibe, in welche mit überstehenden Flügelenden der Anker eingezeichnet war. Den Untergrund bildete die strahlende Sonne. Um den Kreis herum hob sich die Inschrift in Bronze aus der

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Kmaille hervor. Id den Farben wurden immer drei verschiedene angewendet Besonders gut machten sich Bot im Innern, schwarzer Band, weiße Flügel. (Muster 11).

Von den übrigen Firmen hallen der Hofjuwelier Schröder und der Graveur Scheu noch recht originelle Muster vorgelegt, während sich die anderen mehr oder weniger engherzig an die Nachbildung der Vorbildung auf dem Umschlage der Illustrierten Aeronautischen Mitteilungen gehalten hatten.

Besonders hübsch sind auch die abgebildeten Entwürfe (Muster 15 u. 16) von Carl Scheu aus Breslau. Der Anker ist bei beiden in roter Kmaille mit Goldliniierung ausgeführt, die Flügel sind schwarz mit Gold, die Sonnenscheibe golden bezw. rot und die Schrift hebt sich in milchweißer Emaille sehr vornehm von der Goldplalte ab. Di«1 Entwürfe sind in ihren Farben kernig und national.

Im allgemeinen kann mau es wohl noch als wünschenswert bezeichnen, daß die Stücke mehr im Belief ausgearbeitet werden. Die glatle emaillierte Fläche bietet selbst bei aller Farbenpracht und bei Ziselierung der Goldkonturen doch zu wenig Abwechselung. Der vornehmliche Dekor muß mehr durch Treiben gehoben werden.

Was die Preise anlangt, so sind die darüber verlangten Angaben natürlicherweise sehr auseinandergehend, je nach der Art der Ausführung und der Anzahl der bestellten Stücke.

Die Herstellung in reinem Golde ist von keiner Seite aus zugrunde gelegt worden, wohl aber eine Herstellung in Silber vergoldet, echt und unecht, mit Kmaille und in Bronze emailliert.

Die Einzelpreise bei Silber mit Vergoldung und Kmaille betragen durchschnittlich 15 Mark, bei 25 Stück 7,50 Mark, bei 100 Stück 8,50 bis 6 Mark, bei 500 Stück 2,75 bis 5 Mark, bei 1000 Stück 2 bis 3 Mark; in unechter Ausführung, mit Kmaille, bei 1000 Stück 0,80 bis 1,25 Mark.

Ich kann meinen Bericht nicht schließen, ohne zugleich den hier angeführten Firmen zu danken für die große Bereitwilligkeit, mit der sie einer besonderen neuen Geschmacksrichtung, dem Luftsehiffersporl, durch ihre zahlreichen Vorschläge aus freien Stücken entgegengekommen sind. Wenn früher mancher vergeblich gesucht hat, wo er seinen Freunden und Verwandten ein apartes aeronautisches Angebinde erstehen kann, so wird dieser Zustand heute überlebt sein. Das Kunstgewerbe wird sich, Schritt haltend mit der Nachfrage, fortan auch unseres Spezialgebietes bemächtigen, es wird seinerseits aus der ihm zuteil gewordenen Anregung sicherlich neue Gedanken und neue Formen schöpfen. H. Moedebeck.

Aeronautische Meteorologie und Physik der Atmosphäre.

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Die tiefste Temperatur der Atmosphäre.

Die tiefsten bis jetzt in der Natur beobachteten Temperaturen waren bis vor einem Jahrzehnt die an dem ostsibirischen sogenannten Kältepol in Werdumjansk gemessenen Kältegrade bis zu —()0,8°. Diese tiefen Temperaturen, wie sie im sibirischen Winter am Krdboden durch fortgesetzte Wärmeausstrahlung der Erdoberfläche gegen den klaren Himmel zustande kommen, wurden in den letzten Jahren üborloffen von jenen Temperaturen, von denen die Aufzeichnungen der Registrierballons uns aus den hohen Schichten der Atmosphäre Kunde bringen. Die tiefste so aufgezeichnete Temperatur war bis vor kurzem die am internationalen Aufstiegstag des Dezembers 1001 von den Ballons-sondes von Trappes und Meudon gefundene. Die verschiedenen Thermographen der Ballons von Trappes zeigten damals die Minimalwerte — 72,0, —(50,0, —73.8, —71,4 au, der gleichzeitig in Chalais-Meudon aufgestiegene Registrierballon zeigte das Minimum —73,1 (im Mittel in 12 800 in Höhe). Die gute Übereinstimmung der verschiedenen Registrierangaben verdient hervorgehoben zu werden, namentlich wenn man damit flie Tatsache vergleicht, daß der Betrag jener sibirischen, an der Erdoberfläche gemessenen Minima bis vor wenigen Jahren wegen der Unsicherheit der Instrumentalkorrektionen um etwa fünf Grad zweifelhaft war.

Daß bei den Verhältnissen der hohen Atmosphäre, wie sie über Mitteleuropa bestehen, noch wesentlich liefere Temperaturen in den Höhen bis 20km gefunden werden könnten, ist ziemlich unwahrscheinlich. Denn sobald ein Registrierballon überhaupt die Höben von 12 oder 13 km erreicht, ist die tiefste von ihm aufgezeichnete Temperatur nicht mehr abhängig davon, wie hoch er weiterhin noch steigt, sondern nur davon, in welcher Höhe er jene neuerdings oft genannte obere Inversionsschicht trifft. In dieser Schicht nimmt ja die Temperatur zunächst wieder zu, unter Umständen um 10 Grad: und wenn auch einige Kilometer höher oben öfters eine deutliche Temperaturabnahme zu konstatieren ist, so ist diese doch so geling im Vergleich mit der Teniperaturabnahme unterhalb jener Inversionsschicht, dal! der Betrag der Minimaltemperatur fast immer davon abhängt, wie bald jene starke Abnahme durch die Inversionsschicht abgeschnitten wird. Nun hat ja L.Tcisse-renc de Bort, an dessen Observatorium in Trappes jene wärmere Inversionsschicht zum erstenmal mit Sicherheit am 8. Januar 1800 festgestellt wurde, seither durch eine große Zahl von Aufstiegen nachgewiesen, daß die seither auch von anderen gefundene Inversionsschicht bedeutenden Hühen-schwankungeu unterliegt, derart, daß sie in barometrischen Depressionen schon in 8000 in Höhe gel rollen werden kann, während sie in Hochdruckgebieten erst in etwa 12000m erreicht wird. Demnach werden auch in den Hochdruckgebieten die tiefsten Temperaturen der höheren Schichten getroffen werden, weil dort oben bis zu großen Höhen die Temperaturabnahme

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fortdauert. Audi das oben angeführte Beispiel der bisher tiefsten Temperatur gehört einem barometrischen Maximum an.

Da nun jene wanne Schicht kaum je höher als in 13 000 in gefunden worden ist, war damit auch eine gewisse Grenze für die möglichen Minimal-teinperatiiren gegeben. Diese Grenze konnte sich aber nur auf die Verhältnisse beziehen, wie sie in der Atmosphäre oberhalb des westeuropäischen Kontinents herrschen. In anderen Gebieten des Luflmeeres konnten andere Bedingungen erwartet werden. Den eisten Versuch in der Bichtung dieses Problems stellen die 25 Begistrierballonuufstiege dar, die im Auftrag von L. Teisserene de Bort im Winter H>01 in Moskau, also in möglichst kontinentaler Lage, von mir durchgeführt worden sind. Da bei jenen Aufstiegen aber nur Leuchtgas zur Verfügung stand, wurden Höhen über 12000 in nicht erreicht und in der vorliegenden Frag«' nur die negative Feststellung gemacht, da Ii an jenem nach dem Inneren des Kontinents vorgeschobenen Punkt«' jedenfalls keine besondere Senkung jenes mysteriösen Iiiversionsniveaus stattfand.

Nun sind in den letzten Monaten, wie schon früher mitgeteilt, wiederum im Innern eines grollen Kontinents Tcisserencschc Instrumente aufgestiegen, und zwar diesmal von A II in an n sehen Gunimi-ballons getragen. Bei diesen von L. Boich in St. Louis veranstalteten Aufstiegen ist am 25. Januar letzthin in 1IH0O m eine Temperatur von - - 85,6° registriert worden, und zwar auch diesmal in einem Hochdruckgebiet.

Die Feststellung dieser Minimalteinperatur. die die bisher bekannte gleich um 12 Grade übertrifft (an der Zuverlässigkeit der von Boich selbst gemachten Angabe darf wohl nicht gezweifelt werden), bietet ganz besonderes Interesse, da in Nordamerika erst wenige Aufstiege gemacht worden sind und nun gleich einer der ersten aus jenen Schichten Angaben herunterbringt, die in Kuropa. so viel das Material bekannt ist, bei Hunderten von Aufstiegen nicht gefunden worden sind. Dies deutet darauf hin, doli über dem nordamerikaiiischen Kontinent tatsächlich Verhältnisse der höheren Atinosphäreusehichteii vorliegen, die von den unserigen verschieden sind. So hebt sich offenbar jene Inversionsschicht dort ebenfalls in der Antizyklone, aber entschieden bis zu größeren Höhen als bei uns. Das ist der unmittelbare Schluß, der aus jener so fielen Minimalteinperatur auch ohne die Höhenangabc mit großer Wahrscheinlichkeit hätte gezogen werden können. Daß die allgemeinen atmosphärischen Zirkulationsverhällnisse über den Vereinigten Staaten von den unseligen in wesentlichen Zügen abweichen, daß z. B. die Strömungen der oberen Luftschichten dort viel weniger in B«'-ziehuiig stehen zu der Luftdriickverloilung am Erdboden als bei uns, ist eine in der Meteorologie schon wohlbekannte Tatsache, deren früher«1 Ver-kenuuug allerdings schon zu lebhaften Koiitroversn zwischen amerikanischen und europäischen Mclcorolog<'ii geführt hat. Nachdem gleich eine der ersten Stichproben der neuen Forschuugsmelhode ein so bemerkenswertes Besultal gegeben hat, kann man erwarten, daß die Fortsetzung dieser Versuch«1.

die mit Unterstützung der Smithsuniun Institution stattlinden wird, weitere Tatsachen von allgemeiner Bedeutung für die Topographie der freien Atmosphäre ergeben wird. de Quervain.

Internationale Aufstiege Oktober—Dezember 1904.

8. Oktober.

Trappe». Papierballon 18 050 m. — Ittevllle. Papierballon 13 710 m. — Oxsliott Drachcnaufstiege IbSO m. — Guadalajara. Papierballon 12 320 m. — Rom. Bemannter ll;dl«n; wegen Sturm AufTabrt verbindert. — Zürich. Gummiballon; keine Höhenangabe.

- Straübnrir. (iummiballon 24 9701') in. Bemannter Ballon; AulTahrt wegen Sturm verhindert.

- Hamburg. Prachenaufstiege 32DO m. — München. ;M. Z. A.i Kein Aufstieg. — München. (Baron v. Bassus.) Gnmmiballon 1000 in. — Kerlin. (A. 0.) Drachenaufstiege 2(00 in. «iummiballon 29lO m. — Berlin. iL. I! Bemannter Ballon HiOm. — Wien. (Mil.-aer. Anst.) Gurnmiballon 13 990 m. Bemannter Ballon 2900 m. — Wien. (Aeroklub.) i». Okt.) lieinannler Ballon (5018 in. — Pawlowsk. Drachenaufsliege 27bO m. Begistrierballon; noch nicht gefunden. ~ Kasan. Drachenaufstiege 1500 m. — Dorpat. (Jurjew) (Prof. Dr. Sres-newsky. Meteorol. Obs.) Drachenaufslieg 1380 m. - Blue Hill. Drachenaufslieg 980 m.

Wetterlage. Iber dem Südwesten von Europa liegt relativ hoher Druck (Iberische Halbinsel 7(55 mm). Von Westen her ist rasch eine tiefe Depression herangezogen, die sich am 5. mittags an der Westküste von Irland eben bemerklich machte, und deren Zentrum am Morgen des (5. südlich Christiansand (725), um 8''p über der Südspilze Schwedens lag.

3, November.

Truppen. Papierballon. Registrierung verwischt worden. — Ittevllle. I'apierballon 13 270 in. — Oxshott. Drachenaufstiege 10(10 in. - Guadalajara. Bemannter Ballon ölOOm.

- Rom. Bemannter Ballon lo'OO in. — Zürich, (iummiballon. Platzte unmittelbar nach dein Aufstieg. - Stratiburir. Gummiballon Iß 000 in. - Hamburg-. Drachenanfstiege 104) m - München. iM. Z. A.) Kein Aufstieg. - München, iBaron v. Bassus.t Bemannter Ballon 11 40 in. — Rerlin. ;A. 0.) Drachenaufstiege 22'JO m. (iummiballon 10 2<»0 m. Bemannter Ballon 1901 in. — Berlin. iL. B.i Bemannter Ballon 970 m. - Wien. (Mil.-aer. Anst.) Bemannter Ballon 3233 in. — Wien. (Aeroklub.) (4. Nov.) Bemannter Ballon 7n»i(! m. — Pawlowsk. Drachenaufstiege 1730 in. Begistrierballon; noch nicht gefunden.

- Stockholm. iSch.ved. Aeronaul. Gcsellsch.) Bemannter Ballon; Auffahrt wegen Sturm verhindert. — Ulue Hill. Drachenaufstiege 3-108 m.

Wetterlage. 1 her den europäischen Kontinent zieht sich von W nach E eine Zone unverändert hohen Luftdrucks (770). Ein tiefes Minimum (730) ist am Morgen des 3. an der mittleren norwegischen Küste erschienen; es pllanzt sich südöstlich fort; das Zentrum liegt am 4. früh in der (legend des Finnischen Busens.

1. Dezember.

Trappen. I'apierballon 12 080 m. Ittevllle. Papierballon 11280 m. — Oxshott. Brachenaufstiege 12lo m. — Guadalajara. Papierballon 10900 m. — Rom. Drachenballon 12(10 m. — Pavia. iGeophysik. Obs.> (iummiballon 8500 m.— Zürich, (iummiballon; noch nicht gefunden. — Straubing, (iummiballon: noch nicht gefunden, — llamhunr. Drachen* aufstiege 2740 m. — München. (M. Z. A.j (iummiballon II 170 in. — München, iBaron v. Bassus.) Gummiballon: noch nicht gefunden. - Rerlin. <A. O.) Drachenaufstiege 2980 m. (iummiballon (5291 m. - Berlin. iL. B.i Bemannter Ballon 1200 in. — Wien, iMil.-aör. Anst.) (2. Dez.) Bemannter Ballon 247(5 m. — Pawlowsk. Drachcnaufstiege 3700 ni. Ballon-Hönde noch nicht gefunden. — Bliie Hill. Drachcnaufstiege 1880 m. St. Louis l*. S. A. Durch Herrn L. Boich, Blue Hill.,) Registrierballon Gl»5 in.

Wetterlage. Ein Hochdruckgebiet bedeckt das südwestliche Europa ißiarrilz 765'). Iber Nordwest- und Nordosteuropa lagern Depressionen, die eine weltlich der Skandinav. Halbinsel 750. eine andere (750i über Weslrufdand;

Aeronautische Photographie, Hilfswissenschaften

und Instrumente.

Lehrreiche aeronautische Photographien.

Leuler sind gute Landungsbilder äulierst seltene (Erscheinungen. Ks hat dies seinen guten Grund, denn es ist liäulig unmöglich, den letzten Moment der Landung auf der Platte festzuhalten, ohne Gefährdung der im Korbe verbleibenden Ballonfahrer. Andererseits liegt die Schwierigkeit dann, daii ein Entschluß dazu gehört, kurz nach der Landung einen Augenblick

Iwlrui k verboten

I. „Sehr glatt gelandet!" nach ein« Photographie <U- Reftioer Vereina für LnfUckilfahrl

alles stehen und liegen zu lassen, wie es liegt, um mit dein bereit gehaltenen Apparat herauszuspringen und das Hild aufzunehmen. Zumeist werden die Aufnahmen viel ZU spät gemacht und entbehren alsdann des Reizes der Natürlichkeit: sie machen dann mehr den Kindruck von Auf-räumttngsarbeiten. Wir möchten unsere Ballonphotographcn wegen der Schwierigkeiten guter Landungsbilder ganz besonders bitten, diesen werlvollen und interessanten .Motiven künftighin eine erhöhte Aufmerksanikeil zu widmen.

Ich habe natürlich zunächst d;is Landen von Freiballons im Auge. Daß ein Zuschauer jemals dieses Bild photographiert haben sollte, ist mir bisher nicht bekannt geworden. Ks wäre gewin ein seltener Zufall bei der Landung, einen Ainateurphotogruphen in Tätigkeit anzutreffen, aber es ist nicht unmöglich.

1")7 ««««♦

Auch vom Landungsmanöver von Fesselballons, wenn man die letzten Momente des Einholens so nennen darf, ein Bild mit viel Bewegung, sind mir charakteristische gute Bilder bisher nicht zu Gesicht gekommen.

Die mir zur Verfügung stehenden drei Landungsbilder stellen aber erfreulicherweise drei verschiedene Typen der Landung dar, die Hauptmann v. Tschudi in seiner trefllichen «Instruktion für den Ballonführer im Telegramm unterschieden wissen will als «sehr glatt», glatt» und • glücklich gelandet.

Insofern sind diese Bilder also instruktiv, und das insbesondere für die Neidinge, die erst ballonfahren wollen und denen bei dem Worte «Landung» ein kleiner Schauer über den Bücken läuft, der erst durch eigene Erlebnisse überwunden werden muH.

.Vi' h.lru. K vi-rlioL-n

II. „Glatt gelandet!" na<h einer l'lioloitrapliir von llaii|>timnin Mathe».

Die sehr glatte Landung» (Fig. I) ist eine Aufnahme des Berliner Vereins für Luftschiffahrt aus dem .lahre 1903, aufgenommen mit Goerz-Doppel-Anastigmat und der be-piernen Goerz-Anschiilz-Klappkamera, die dem Verein von der Finna geschenkt worden ist.

Der Ballon ist noch nicht völlig entleert, der Korb steht, das Schlepptau liegt lang, rings umher ist noch keine Menschenseele auller den Luftschillern zu sehen. Es ist dies ein ausgezeichnetes Stimmungsbild einer Landung bei ruhigein Wetter in einer anscheinend märkischen Landschaft.

Die glatte Landung» (Fig. II) ist eine Aufnahme von Hauptmann Maines vom Ostdeutschen Verein für Luftschiffahrt aus dem .lahre l'.loi. Der Korb hat sich gelegt und drei der Insassen liegen regelrecht au der Langseite, wie eine kurze Schleiffahrt ihnen die Lage aufgenötigt hat

Das Bild der 'glücklichen Landung (Fig. Uli, hoch oben in den

♦e>» löS ^«««

Fichlenkronen, stellt den jetzt im japanischen Hauptquartier in der Mandschurei befindlichen Oberstleutnant v. Foerster, damals Hauptmann in der Luft Schifterabteilung, vor.

Nai'hdriiik vorholen.

III. Eine „glückliche Landung!" na> Ii «-im-r l*h<itoj:riiphie «ler LurtsiKillVr-AI't.iluiis.

OlTenbar halte bei dieser Landung den bewährten Ballonführer das Augenmaß getäuscht, oder es haben ihn, was auch möglich, unerwartete Windverhältnisse unten in den Hochwald geworfen. Jedenfalls müssen wir ihm dankbar sein, dalS er uns diese Situation, die ja auch manch anderer schon erlebt hat. bildlich hinterlassen hat. »;*

Flugtechnik und Aeronautische Maschinen.

Der „Maikarpfen" der Japaner.

Ich darf wohl das interessante Drachengebilde, das unter dem Namen Karpfen des Mai oder nach Mr Patrick Alexander als Aörosae in der Zeilschrift mehrfach besprochen wurde, uochmal auf der Bildtläche erscheinen lassen. Mag man sich auch. mit der Krklärung des Majors Moedebeck

schauung des Vorgangs. Ich möchte daher auf einen ganz bekannten analogen Vorgang hinweisen, den ich mit Mr Alexander bei Gelegenheit der

Erklärung des Aerosac eingehend erörtert habe, der bisher aber in der Zeitschrift nicht erwähnt wurde.

Wenn jemand Nadeln verschluckt, sei es durch einen unglücklichen Zufall, sei es aus Vergnügen, wie der Fall eines jungen französischen Mädchens im vorigen Jahre gezeigt hat, so wandern diese Nadeln ofl durch den ganzen Körper durch und kommen nach einiger Zeit an die Haut, wo sie Auslali suchen. Ihre Stellung ist aber nicht mit der Spitze, sondern mit dem Öhr voran.

Wenn jemand sich oder andern ein Haar vom Haupte reiht und es an beiden Enden frei lassend zwischen d. Ii. mit Daumen und Zeigelinger in der Längsaxe streicht oder auch gleichzeitig dreht, 90 ende voran zwischen Daumen und

e mit dein Karpfen des Mai- bezw. die glatte L'nikehrung des Vorgangs

Fi«. 5. — Der „■«ikarpfen* der Japaner

geht das Haar stets mit dem Wurzel Zeigefinger durch.

Was haben nun Nadeln und Haar dem Aerosac zu tun? Einfach, dal! sie

befreunden, oder aus dem schönen Strömungsbild des Professors Ahlborn Schlüsse ziehen, man kommt immer nicht zu einer einfachen An-

hin €«*

zeigen. Durch die abwechselnde Zusammenzichung und Ausdehnung de Muskeln, durch abwechselndes Vergrößern oder Verkleinern des Reibungswiderstandes an den Lüngswünden spindelförmiger Körper wird der Slirn-widcrstand solcher Körper so weit ausgeschaltet, daß sie mit dem dicken Ende stoßweise vorangehen. Es ist aber ollenbar gleichgültig, ob auf einen ruhenden Keil senkrecht zu seiner Längsaxe das umgebende Mittel Stöße ausübt, Fig. 1, oder <>b etwa zwei Platten, die unter sich bei a. Fig. 2, gelenkig verbunden sind, dadurch, daß sie in die Keilform plötzlich gebracht werden. Fig. 8, Stöße gegen das umgebende Mittel ausüben. Dies letztere ist nun der Fall des plötzlich durch einen Windstoß aufgeblähten Maikarpfen oder Acrosacs. Er wird, wenn er mit dem dicken, durch einen Hing ausgesteiften Ende an einer Stange gegen den Wind gehalten wird, bei jedem Windstöße gegen den Wind anspringen, auch über die senkrechte Haltlage hinaus, Fig. 4, oder er wird, falls er an einer senkrechten Stange durch waagrechte Schnur gehalten wird, zeitweilig unter SchlalTwerden der Schnur, gegen die Stange hinschwimmen, Fig. ö. Die aus der Keilpressung sich ergebende Bewegung wird noch unterstützt durch die Federwirkung der haltenden Stange, entsprechend den Schwingungen, die z. B. eine Flaggenstange

im Winde ausführt. S. Fig. 4 punktiert. , ,, .

.1. Hofmann.

Kleinere Mitteilungen.

Internationale LtiflsehilTer-Vereinigung. Der Aeroclub de Franc«? hat am 21. Kehr, d. Js. an tlif* ihm bekannten buflschiftahrtsvereine ein «Reglement d'afliliation» gesendet, welches am 10. Kehr, von seinem Komitee angenommen worden war. In dem Begleitschreiben machte der A. ('.. Kr. auf die Vorteile einer solchen Vereinigung aufmerksam und erwartete wegen der im April slatllindenden Wettbewerbe etc. baldigsten beitritt. Sieht man das * Reglement > genauer an. so lindet mau. daß beabsichtigt ist. alle jene Vereine oder sonstigen aerona.iltisehen Veranstaltungen, welche nicht gesonnen sind, der geplanten Vereinigung beizutreten, von allen Wettbewerben auszuschließen, wie auch vom Verkeim mit Beigetretenen und ihnen, soweit erreichbar, die Berechtigung des Bestehens zu entziehen. Charakteristisch hierfür ist 8 10 des Reglements, demzufolge ein beigetretener Verein die Satzungen des A.C.. Fr. annimmt, keinen anderen als einen ebenfalls beigetretenen Verein mehr als korrespondierenden Verein anerkennt, nur beigetretene Vereine zu seinen etwa ins Werk gesetzten Preis- und Weltveranstallungen zuläßt, auch für die Erteilung der t'ahrereigensehaft an seine eigenen Mitglieder {also auch Oftiziere) die beim A. C. Fr. geltenden Bestimmungen als maßgehend anerkennt und sich ihnen unterwirft. Beigetretene Vereine und deren Mitglieder dürfen ferner an Veranstaltungen nicht beigetretener sich nicht beteiligen. Pas Recht, in dieser Weise gemeinsam mit dem A. C. Fr. den nicht beigetretenen Vereinen gegenüber unangenehm und fortschrillhemmend aufzutreten, erwirbt ein beitretender Verein gegen Jahresbeitrag von nO Fr. (Fnterahteilungen von Vereinen .V) Fr.) und durch i bernahme weitere! Verpflichtungen, wie z. B. unentgeltliche Mitteilling aller seiner Veröffentlichungen, technischen und wissenschaftlichen Errungenschaften, dann Benachrichtigung »les A. C. Fi von allen Änderungen in Vorstandschaft. Mitglieder- und

lt)l

Fahrerverzeichnis, von jeder Änderung der Satzungen, der Beziehungen zu anderen Vereinen, der Neugründung von Filialen, vom Zusammenschluß mit anderen Vereinen etc. Als winkende Vorteile stehen dieser Selbstabtötung gegenüber: Teilnahme an allen vom A. C. Fr. veranstalteten Wettbewerben, verschiedene Kostenermäßigungen bei Aufstiegen vom Aufstiegsplatz des A. C. Fr. aus, wie auch beim Eintritt in diesen Platz, Vertretung durch den A. C. Fr. gegenüber Behörden, Empfang der verschiedenen Schriften und Bestimmungen des A. ('.. Fr., Gewährung von Preisen bei besondern Wellveranstaltungen beigetretener Vereine, Vertretung in den Preisgerichten etc. Wäre somit eine überwiegende Zahl von Vereinen dazu zu bewegen, daß sie unter den geschilderten Verhältnissen sich selbst aufgebend beitreten, dann würde es auch gelingen, auf die nicht beigetretenen einen solchen Druck durch drohende Benachteiligungen auszuüben, daß sie ihren Untergang in der «Föderation internationale aeronautique» einer erschwerten selbständigen Fortarbeit vorziehen. Während man in nichtfranzösischen Vereinen nocli mit Recht über die Unbefangenheit erstaunt war, mit welcher eine schleunige Annahme dieses Reglements ohne weiteres wegen der winkenden französischen April-Veranstaltungen angeraten worden war. scheint man sich in Paris nachträglich mit der Frage beschäftigt zn haben, was man wohl dort gedacht und getan haben würde, wenn etwas ganz Analoges vom Deutschen Luftschifler-Verband an den A. ('.. Fr. gelangt wäre. Als eine Folge solcher Erwägung kann ein am 28. Febr. nachgesendetes Schreiben des Klubs angesehen werden, nach welchem nun angenommen wird, das Reglement sei nur für die französischen Vereine als bindend gedacht und sei den deutschen Vereinen (und zwar einzeln) nur als Anhalt oder Muster für Ahnliches vorgelegt worden. Damit würde die Sache in sich zusammenfallen, da wir in Deutschland bereits unsern Luftschiffer-Verband haben, wenn nicht in dem Schreiben auch noch ausgesprochen wäre, daß die affiliierten französischen Vereine an außerfrauzösischen Wettbewerben nur unter ihren eigenen heimischen Bestimmungen sich beteiligen, eine Anordnung, die wohl kaum auf Gegenseitigkeit beruhen kann.

Wenn nun nach dem dargelegten Verlauf die Form, in welcher die Zusammenfassung der verschiedenen Luftschiffervereine zu einer internationalen Gonfedcration angebahnt wurde, auch keine sehr glückliche war, so ist doch der Gedanke eines solchen Zusammenschlusses an sich, wie er ähnlich auch für andere Betätigungen sportlicher Natur schon anregend, belebend und fördernd gewirkt hat, gewiß nicht von der Hand zu weisen, weil solche nutzbringende Wirkungen sich eben auch für den Luftsehiffahrt-betrieb erwarten lassen, der ja höchst wahrscheinlich ohne Konzessionen in sportlicher Richtung überhaupt schwer vorwärts kommen kann. Es wird sich also um Stellungnahme zu der vom A. ('.. Fr. ausgegangenen Anregung handeln und damit um die richtige Weglindung zwischen zwei Extremen, denn man kann sich fragen: 1) Bietet ein solcher Zusammenschluß derartige Vorteile allgemeiner oder besonderer Art, daß ein Beitritt sich im Interesse der Sache empfiehlt V oder 2) Ist das Inslebentreten der «Föderation internationale aeronautit|iie» etwas an sich so verlockend Schönes, daß man dem zuliebe Schädigungen und Rechtsverzichte gerne in den Kauf nimmt? — Daß zwischen diesen zwei Standpunkten richtig erwägende Ausgleichungen nicht in ein paar Tagen gefunden werden können, dürfte jetzt auch vom A. G. Fr. zugegeben werden. Das Bichtige wird sich wohl Bahn brechen. K. N.

Internationaler Preisbewerb für Wettervorhersnjre. Bei Gelegenheit des Gongres de l'Atmosphere, der im September dieses Jahres in Lüttich stattfinden soll, beabsichtigt die « Societe Beige d'Aslronomie et de Meteorologie > einen internationalen Preisbewerb für Wettervorhersage zu veranstalten. Die Bewerber müssen während etwa 2 Wochen auf Grund der täglich von den Zentralanstalten herausgegebenen Wetterkarten oder nach irgend einer beliebigen Methode die in den nächsten 21 Stunden eintretenden Witterungsverhältnisse (Druckänderungen. Balm der Depressionen. Auftreten

und Verschwinden von Stürmen, Hochdruckgebieten etc.) für die verschiedenen Teile Europas angeben, Die Prognosen können auch telegraphisch von auswärts an die Jury gesandt werden. Wer mit einem < genügend» aus dieser ersten Prüfung hervorgeht, bekommt eine Anzahl Wetterkarlen aus früheren Jahren vorgelegt, auf Grund deren er stante pede die Witterung des Nachtags anzugeben hat. Dem besten oder glücklichsten Prognostiker winkt ein Preis von 5000 Ers. Für «Liebhaber» (!) ist auch eine Konkurrenz auf längere Sicht vorgesehen: die Teilnehmer müssen vor dem 30. August ihre detaillierten Prognosen (namentlich die Luftdruck verhältnissei der nordwesteuropäischen Wjtterung für den ganzen September dem Preisgericht einreichen. Herr Prof. Hergesell, der uns diese Angaben zur Verfügung stellt, sagt in dem beigelegten Schreiben, worin er die Beteiligung bei der Jury ablehnt: «er verspreche sich von einer derartigen Einrichtung keinen Erfolg, sondern sei im Gegenteil der Ansicht, dieselbe könne der Entwicklung der meteorologischen Wissenschaft nur schaden.' Jedenfalls muß die gute Absicht und die Initiative der Veranstalter anerkannt werden; aber ein solcher Preisbewerb hat allerdings einen Beigeschmack, der sich schlecht mit unserem Begriff von dem Betrieb der Wissenschaft verträgt. i}.

Wv Flinrversiichc der Gebrüder Wrisrht in Nord-Amerika betreffend, wird uns mitgeteilt, daß darüber im Lauf dieses Jahres eine eingehende Publikation der Erfinder erfolgen wird. Eine solche ist auch sehr zu begrüßen und zu wünschen, damit man über jene Versuche, die soviel Erfolg in Anspruch nehmen und über die. soweit die Angaben zuverlässig schienen, auch schon hier berichtet worden ist is. .Märzheft d. Js.1 ■an Hand bestimmter Dokumente sich ein eigenes Erleil bilden kann.

Aeronautische Vereine und Begebenheiten.

Ostdeutscher Verein für Luftschiffahrt.

In der Sitzung des Ostdeutschen Vereins für Luftschiffahrt am 21. März im Saale des «König!. Hofes > nahm der Vortrag des Herrn Oberleutnants Hummel! über Verwendung der Brieftauben das Hauptinteresse in Anspruch.

Die Verwendung der Tauben als Eherhringer von Nachrichten reicht schon bis an die Zeit der allen Ägypter zurück welche bei ihrer Bückkehr von ausgedehnten Seereisen gern ihr Eintreffen in dem lleiiiiat.shafen durch Tauben im voraus ankündigten. Eine regelrechte Brieftaubenpost führten die Kalifen von Bagdad ein, und diese Einrichtung erhielt sich jahrhundertelang im Morgenlande. Durch die Kreuzzüge wurde dann die Verwendung der Taube als Nachrichtenübcrmiltlerin auch im Abendlande bekannt, trat aber in größerem Maßstabe erst während des Befreiungskampfes der Niederlande im IB. Jahrhundert auf. Erst am Anfang des vorigen Jahrhunderts in den napoleonischen Kriegen fand eine planmäßige Benutzung der Tauben statt und besonders wußte der Bankier Bolhschild sich mit ihrer Hilfe rasche und sichere Mitteilungen von seinen Agenten, die den einzelnen Heeren folgten, zu verschaffen, ein Umstand, den er auf das geschickteste bei seinen Spekulationen zu benutzen verstand. Im Jahre 1870 bot ein französischer Taubenzüchter der Begierung 300 Tauben an. wurde aber zunächst abgewiesen. Später nahm man aber doch gern sein Anerbieten an und schaffte die Tauben nach Paris. Die guten Erfahrungen, welche man neben manchen Mißerfolgen bei der Belagerung machte, erweckten das lebhafte Interesse aller beteiligten Kreise, sodaß währeml der ganzen Belagerung HHJ Tauben aus Paris abgelassen werden konnten, von denen zwar nur ein Dritte] den Heimatsschlag erreichten, welche aber auch 60 000

103 «4)44

Depeschen in die richtigen Hände ablieferten. Die erste deutsche Militärbrieftaubenstation entstand im Anfang der 70 er Jahre in Köln und zwar bildeten den Stamm hier Tauben, welche ein Liebhaber des Taubensportes dem Fürsten Bismarck geschenkt hatte. Allmählich wurden noch andere Feslungen damit versorgt, und heute verfügt jede Festung über eine ausreichende Anzahl sorgfältig erprobter Tauben. Ihre Ausbildung erfolgt naturgemäß slafTelweise, man beginnt mit Entfernungsflügen von 10 km und steigert sie immer mehr, bis zu 200—250 km, ja sogar 3—400 km. Besonders ausgezeichnete Exemplare vermögen seihst bis auf eine Entfernung von 600 km sich zu orientieren, wie das von Tauben, die im Besitz von Züchtern im Westen Deutschlands sind, bei ihrem Flug von Italien über die Alpen bis nach Mitteldeutschland erwiesen worden ist.

Der Vortragende erklärte sodann an lebenden Tauben die verschiedenen Arten der Befestigung der Depeschen, zu welchen teils sehr dünnes Papier (z. B. bei Flügen vom Ballon ans, von Patrouillen usw.), teils sehr dünne und leichte Kollodiumhäutchen verwendet werden, auf welchen durch starke photographische Verkleinerung Negative von Sammeldcpeschen hergestellt werden. Besonders interessant war eine hierbei vorgezeigte Verkleinerung eines Doppelblattes des « Geselligen > in einer ungefähren Größe von 4X5 cm.

Auch die Mittel zum Transport der Tauben, sei es im Ballon, sei es durch einen Reiter, wurden vorgeführt und die besonderen Vorschriften und Bedingungen für die Verwendung der Tauben im Ballondienst eingehend erläutert.

An den mit vielem, wohlverdientem Beifall aufgenommenen Vortrag knüpfte sich eine kürzere Diskussion, in welcher u a. erwähnt wurde, daß von Liebhabern des Taubensporis bis zu 15000 Mk. für besonders hervorragende Exemplare gezahlt wurden, daß ferner unter besonders günstigen Umständen die Geschwindigkeit der Tauben 100 km pro Stunde betragen kann, und daß endlich die Tauben durchschnittlich ein < Dienstalter > von 12 Jahren erreichen.

Im geschäftlichen Teil wurde von dem Herrn Vorsitzenden mitgeteilt, daß am 4., 5. und 6. April nach getroffenen Vereinbarungen internationale wissenschaftliche Auffahrten stattfinden sollen: der Verein wird daher ebenfalls an einem dieser Tage, wenn irgend möglich, eine Freifahrt veranstalten.

Der durch seine Alpenfahrlen bekannte Ballonfahrer Spelterini hat eine Umladung des Vereins, hier in Graudenz einen Vortrag zu halten, wegen Geschäflsüberbürdung abgelehnt, aber sein Kommen für eine spätere Zeil in Aussicht geslelll. Es folgte sodann ein kurzer Bericht über die Bestrebungen des «Aeronau'.ique Club de France«, durch Einsetzung eines Studienausschusses für Luft Photographie wissenschaftliches Material für meteorologische und topographische Untersuchungen zu erhalten. In diesem Jahre schreibt auch der obengenannte Klub einen internationalen Wetlbewerb für Photographien (Aufnahmen der Erde vorn Ballon aus und Aufnahmen von meteorologischen Erscheinungen vom Ballon und der Erde aus) mit Einsendungsfrist bis zum HO. Oktober d, Js. aus. über den in dieser Zeitschrift schon berichtet ist.

Am Schluß der Sitzung wurden als neue Mitglieder in den Verein aufgenommen: Die Herrn Generalmajor Frhr. v. Falkenstein. Kommandant von Graudenz. Landrichter Bresler aus Marienwerder, French, Kunstgärtnereibesit/.er in Graudenz, S. J. Kiewe. Kaufmann. Lt. Langmeyer, Inf.-Bgt. 175. Li. Hunig, Inf.-Bgt. 175. Lt. Dimter, Bez.-Adj. Graudenz, Oblt. Hummell, I. Ing.-lnspektion. Ohlenschlaeger, Fabrikbesitzer in Christburg, West-Preußen. Die Aufnahme so vieler neuer Mitglieder bildet ein erfreuliches Zeichen dafür, daß die Bestrebungen des Vereins in immer weiteren Kreisen Freunde und Anhänger linden.

IG 4

Von London nach Paris im Ballon in 6 Stunden.1)

Von Jacques Faure. I I>t*r-i'l7t nus - I.a vic au >:rniid air vom it». F<d>ru.'ir l'.H*ä dunh v. MiWpwski.

i\*'> abends - Laßt — los! t'nscr • Aero-Club II» hebt sich plötzlich durch die Kraft der HiOU chin Gas, welche ihm heben verleiht, und verbißt schnell die englische Erde. Mein Vetter Herbert Latham si<dit mich an. ich erwidere den Blick: ein langer Seufzer der Genugtuung entringt sich unserer Brust:

Heinahe wären wir nicht abgereist' Nach allem dein Langweiligen, allem dem Schwierigen, das unserer Abreise vorausging, hatten abergläubische heute sicher darauf verzichtet, »las Abenteuer zu versuchen, welches darin liegt, ilen Kanal im Ballon zu überschreiten.

Denn wenn wir jclzt von einiger Höhe aus London betrachten können, das sich bereits mit Lichtern bedeckt, wenn wir den von einer riesigen, schwarzen, wimmelnden Menge erfüllten Ctyslal-Balast sehen können und bereits unsern nahen Erfolg erhoffen, so verdanken wir dies nicht der Nordhahn, den französischen Zollbeamten und dem Direktor der Gasfabrik in Douvres.

In Paris beginnt die Gepäckexpedition damit, mir zu bedeuten, daß meine beiden Gondeln — denn ich besaß zum Glück, wie man gleich sehen wird, deren zwei — und mein ganzes Begleitgepäck zu groß und zn umfangreich seien. Es gibt Erörterungen und Verhandlungen, bis ich endlich triumphiere.

In Calais ein neues Lied: Die französischen Zollbeamten verweigern die Beförderung einer meiner Gondeln, die ich mit einein ('.. G. V. Motor ausgerüstet hatte, der die Kapferei-Schrauben lies helices snslentalrices de Kapferer) antreiben sollte. Erneute Verhandlungen. Diesmal unterliege ich. Es ist geradezu komisch, aber nichtsdestoweniger muß ich mich damit begnügen, meine zweite, gewöhnliche Gondel ohne Motor einzuschiffen. Teure Gondel, in der wir uns jetzt beiluden, ohne dich müßten wir auf unser Vorhaben verzichten.

In Dover verweigert die Gasanstalt unsere Ballonfüllung. Warum ?

Abei der Wind ist günstig. Darum schnell nach London. Neue Gepäckexpe-dierung. schneller Transport nach dem Ci yslal-l'alasl, der uns gütigst (ias bewilligt hat.

Die Eüllung und Abi eise müssen übrigens eine sensationelle Neuheit sein, denn die Menge strömt zu Haufen herbei.

abends schaukelt sich leicht der < Aero-Club », durch die Halteseile festgehalten.

Eins nach dem anderen geben sie frei. Der Wind ist immer noch günstig. Laßt los!

liäü, .letzt sind wir schon 2000 m hoch. Die Nacht, eine sehr klare übrigens, ist völlig hereingebrochen. Der Mond sieht so glänzend aus, daß Latham erklärt, wir mimten ihm sehr nahe ».ein.

7 JL'. London ist schon fern. Trotzdem bemerken wir seine Lichter noch.

7*5. Wir nahem uns augenscheinlich dem Meere. Auch fallen wir nun langsam bis auf etwa KWAI in.

K Ihr. Da ist das Meer. Euter dem Monde sehen wir in der Tat eine weiße Linie auf uns zukommen. Darüber bemerkt man einen schwarzen Hintergrund ohne ein Licht. Es ist «las Ihr und seine Brandung, es sind die geheimnisvollen Fluten.

Dis-done Herbei) ' Bist du immer noch entschlossen?

— All nght'

Aber wenn der Wind nach Westen miispringt.....

Er wird nicht nach Westen umspringen.

Nun das ist auch meine Meinung, aber ich will dich nicht ohne eine letzte Zustimmung in diese Fahrt hineinziehen.

'; l'.ivii'lii > i, Ii auf diu Fuhrt \utn II |*. IVI.niir >•• ith.-r hat Fanre- di'-M-n liildin-. wir um-.«li-hi-iid lTiny-ii. am 45. April tum zweitenmal, von Fi/.ke.-lr.m- au-. d.n Kanal i°il>«rti«{4>n. I*. IM.

Nui-Ihlrurk verboten.

Go on! AI l..ns'

812. Wir überschreiten in fantastischer Vorwärtsbewegung die Küstcnlinie.

HJj}. Wir sind bereits auf hoher .See. Nun wollen wir den Stabilisator istabilisa-teur Henri gebrauchen.

Welch bewunderungswürdiger Apparat übrigens! Wir lassen uns buchstäblich fallen, als ob wir tauchen wollten, oder wie ein Raubvogel, der in schwindelndem Sturz grade auf das Ziel stoßen will.

Und plötzlich ein Halt ohne heftigen Prall, ein milder Halt. Unser Taucher > plongeon) ist soeben durch den ganz sanften Puffer aufgehalten worden, welchen der Stabilisator bildet. Er hat Berührung mit dem Meere genommen und uns bis zum vollkommensten Gleichgewicht entlastet.

\) Uhr. Wie rasend schnell unser Lauf! Der Wind saust und führt uns dicht über den Wogen mit einer Geschwindigkeit, welche wir auf etwa 100 km in der Stunde schätzen.

Hie Nacht ist noch immer klar, der Mond glänzt dort oben und während die Klüt unter der liondel ihr dumpfes Lied ertönen läßt, sind unsere Augen unwiderstehlich durch die Furche des Stabilisators angezogen, der von uns geschleppt wird und eine silberne Spot auf den schwarzen, mit leuchtendem Schaum bedeckten Fluten zieht.

!»8ü. Der Wind wird immer heftiger. Bei dieser Schnelligkeit werden wir die französische Küste nicht mehr weit von uns haben. Also wird es klug sein, wieder aufzu-

Jsteigen. Ein letzter Blick auf das ergreifende Schauspiel des sturmgepeitschten Meeres und wir steigen. Allmählich verläßt der Stabilisator die Flut und die Tropfen, welche sich von ihm trennen, sind ebensoviele Sterne welche in das Nichts fallen. ^ 962. Jetzt sind wir aal KHK) m.

Nach dem Geräusch des Meeres ist die A Buhe der Nacht so lief, daß uns Bewegung er-

greift. Unsere Nerven sind nicht überreizt, sondern angenehm erregt durch das tiefe Schweigen zu unsern Häuptern, durch das dumpfe Murmeln, welches aus der Ferne, aus dem Abgrund unter unsern Füßen, zu uns dringt.

|o Uhr. Auf hohem Meere bemerken wir die Feuer zweier Paket-Boote. Von so hoch oben gesehen, glitzern sie wie einfache (iliihwiirmchen. die in klarer Sommernacht im Moose sitzen. Eins der Pakel-Boote geht nach England, das andere welches wir einholen, steuert grade auf die Küste von Frankreich zu. 1025. F.in Leuchtturm! Es ist der von Dieppe. Wir gehen grade auf ihn zu.

1012. —Hurrah! Die Küste, die Ankunftslinie, wir eilen grade über Dieppe hin Will. Wir halten Kriegsrat. Wollen wir weiter? Unsere Entscheidung ist schnell

gefaßt. Wir haben noch viel Ballast.

Der «Aero-Glub» hält sich wunderschön. Wir wollen weiter. Wenn der Wind

uns in der Richtung auf Paris zufällig weiter treiben sollte, so würden wir schneller

at home sein.

11 Uhr. Wir fahren noch immer. Wir sind übrigens nicht sehr sicher über unsere genaue Richtung. Obgleich der Wind weniger heftig ist. seitdem wir das Meer

1. Jacques Faure.

1 t)t) €44-*

verlassen, kann hei unserer Geschwindigkeit der geringste Drehungswinkel den Landungsplatz bedeutend verändern.

Von Zeit zu Zeit sieht man Lichter, welche die schwärzer gewordene Nacht durchbrechen. Dann wieder verlöschen die Lichter und von neuem ist es der Tunnel ohne Ausgang, in den wir uns voll Vertrauen hineinstürzen.

Mitternacht. Und wir eilen noch immer auf Windesflügeln. Welche bewunderungswürdige Heise. Der Kanal ist jetzt schon weit entfernt.

1 l:hr. Herbert fährt plötzlich auf.

Sieh doch, der Tag bricht an !

Unmöglich, es ist erst 1 Uhr Morgens.

Sieh nur!

Das sind die Lichter einer Stadt, einer sehr großen Stadt. — Immer vorwärts, wir werden ja sehen.

1Q£». Die Heiligkeit, welche der Stadt ihren Ursprung verdankt, nimmt zu. Aber — das ist ja Paris, das kann nur Paris sein.

Oh Paris! antwortet Herbert. Wie schön. Wir wollen nur gleich auf der Place de la Concorde landen.

Wollen wir nicht weiter ?

Nein. London—Paris das ist eine schöne Leistung.

Du hast Hecht. Wir wollen landen, aber nicht auf der Place de la Concorde.

115. Wir sind im Begriff, so nahe wie möglich an den Wällen zu landen. Hier ist grade die Plaine d'Aubervilliers. Der Wind saust gefahrdrohend. Also greifen wir zu großen Maßregeln.

llü. Wir reißen. Eine Schleiffahrt von 200 Metern — die Fahrt ist beendet! —

Wir entschließen uns. nun ein wenig zu schlafen. Herherl in der Gondel, ich in einem benachbarten Backofen.

End wenn der Tag anbrechen wird, werden wir uns einen einfachen Wagen nehmen, um die wohl gefaltete Hülle unseres « Aero-Cluh II • davon zu tragen.

Bibliographie und Literaturberieht.

Vher Draehenverweuduiie zur See.1) Von k. und k. Hauptmann Th. Scheimpflug.

In den «Mitteilungen aus dem Gebiete des Seewesens» .lahrg. IW4, Heft IV. u. V.. veröffentlicht Herr Hauptmann Scheimpflug eine lesenswerte Studie über die Verwendbarkeit des Drachen für Personenaufsliege zur See, als Ersatz für Fesselballons. Hie fragliche Arbeit ist auch als Separatabdruck erschienen. Der behandelte Stoff ist in folgende fünf Abschnitte gegliedert: 1. Allgemeine Gesichtspunkte: 2. Kurze historische Skizze betreffend die Verwendung von Drachen für meteorologische Zwecke ('nach Boich und Aßmanni; H. Theorie der Drachen: 4. Die zum Heben von Menschen mit Drachen in Betracht kommenden Krafl- und Größenverhältnisse: 5. Die Handhabung der Drachen a) zum Heben von Lasten i Menschen, photographische Apparate), für militärische Zwecke, b' zu meteorologischen llochaufstiegen.

Im ersten Kapitel diskutiert der Autor eingehend die Gründe, welche es wünschenswert erscheinen lassen, an Stelle der Fesselballons Drachen für Hekognoszierungs-Auf-sliege zu verwenden. I-.s wird dargelegt, daß der Drachen namentlich in folgenden Funkten dem Fesselballon überlegen wäre: er ermöglicht Aufstiege bei Windstärken von 0 bis 10, während Fesselballons, selbst der Drachenballon schon bei der Windstärke 7 S bis 10 m/see.i recht unruhig und damit praktisch unverwendbar werden: das Manövrieren mit Drachen ist auch auf kleinen Schilfen möglieh, birgt keine Gefahr für das Schilf und wenig tiefähr iür den Drachen; Reparaturen lassen sich leicht und rasch mit Bordmitlelii ausführen. Der Autor spricht die Eebcrzeiigung aus, daß die Leistungsfähigkeit einer modernen Flotte durch eine zweckmäßige Verwendung von Drachen in hohem Maße gesteigert werden könnte. Als Beleg zu dieser Behauptung werden drei

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praktische Beispiele angeführt, welche die außerordentliche Verwendbarkeit des bemannten und des unbemannten Drachen (letzterer für photographische Terrainaufnahmen) zur See dartun sollen.

Im zweiten Kapitel der besprochenen Broschüre findet man eine ziemlich vollständige Zusammenstellung der Entwicklung der Drachentechnik bis auf die neueste Zeit.

Als besonders wichtig erscheint der dritte Abschnitt, welcher über die Theorie der Drachen handelt. Die Darstellung lehnt sich, wie ausdrücklich betont wird, im wesentlichen an die Arbeiten von Marvin und Prof. Koppen an, der Autor versuchte jedoch «durch Hervorhebung der entscheidenden technischen Bedeutung des Kräftezentrums dem Stoffe eine neue Seite abzugewinnen». Unter Zugrundelegung des Begriffes des «Kräftezentrums» werden die Stabilitätsbedingungen der Drachen zunächst allgemein beschrieben und hierauf zur Charakterisierung der bekannteren Drachentypen (Hargrave-. Marvin-, Mnlay- und Nikel-Drachen) verwendet. Als «Kräftezentrum» oder «ideeller Aufhängungspunkt» wird der Sohoirtpunkt der durch den Schwerpunkt des schwebenden Systems (Drachengewicht samt Nutzlast) gezogenen Lotlinie mit der verlängerten Mittelkraft des gesamten Winddruckes gegen die Drachenflächen definiert. Der Autor vergleicht das KrSftezentrum der Drachen mit dem Metazentrum der Schiffe und betrachtet den Abstand des Kräftezentrums vom Schwerpunkt als Maß der longi-tudinalen Stabilität eines Drachen. Dieser Vergleich des Kräftezentrums mit dem Metazentrum eines Schiffes ist allgemein wohl nicht zulässig und dürfte eher verwirrend als klärend wirken. Das Wasserschiff stellt nämlich ein völlig freischwingendes System dar. In Abwesenheit äußerer Kräfte stellt sich ein Schwimmkörper im stabilen Zustande bekanntlich stets so ein, daß der Massenmittelpunkt lotrecht unterhalb des Auflriebsmittel-punktes liegt. Der durch den Wind in der Luft in Schwebe gehaltene Drachen bildet dagegen kein freischwingendes System. Der Begriff des Kräftezentrums reicht zur quantitativen Beschreibung der Stabilitätsverhällnisse eines Drachen nicht aus und macht die detaillierte Betrachtung der Drehungsmomente nicht überflüssig.

Der Autor überträgt seine Anschauung über die praktische Bedeutung des Kräftezentrums auch auf die Flugtechnik und stellt den Satz auf: « Die Richtung der treibenden Kraft bei Flugwerken muß ebenfalls, wenn sie gleichmäßig fliegen sollen, durch diesen Punkt (i. e. das Kräftezentrum) gehen; dieser Umstand wird meines Wissens zu wenig gewürdigt, obwohl er für die Frage, ob als Motor Flügel oder Schrauben zu verwenden sind, von entscheidender Bedeutung ist. Schraubenflieger sind infolge dieses l'mstandcs nur mit sehr geringen Höhen des Kräftezentrums ausführbar, wogegen bei Flügel-Fliegern das Krärtezentrum beliebig hoch liegen kann». Dieser Argumentation kann der praktische Flugtechniker wohl nicht beistimmen! Entscheidend für die Slabilitäts-verliältnisse von ballonlreien Luftfahrzeugen sind in erster Linie die Drehungsmomente. welche bei eventuellen Kippbewegungen auftreten, während die Lage des Kräftezentrums ohne jede praktische Bedeutung ist.

Die Kenntnis der Richtung und Größe des Winddruckes gegen eine konkrete Drachentype ist für den praktischen Drachenkonstrukleur von größter heuristischer Bedeutung. Herr Hauptmaun Schcimptlug gibt nun eine ebenso originelle wie einfache Methode an, um die beiden genannten wichtigsten Elemente jeder Drachenlype jederzeit leicht bestimmen zu können; er schlägt vor, den Drachen bei kurzer Anbindung unter gleichzeitiger Messung des Zuges von der Seite zu photographieren. «Auf den entwickelten Bildern braucht man bloß den Schwerpunkt des Drachens einzuzeichnen, durch ihn eine Vertikale zu ziehen und diese mit der verlängerten Richtung der Drachenleine zum Schnitt zu bringen, um die genaue Lage des Kräftezentrums zu finden. Trägt man das Gewicht des Drachens auf der Vertikalen, den gemessenen Seilzug des Drachens von K idem Kräftezentrumi aus auf. so braucht man nur das Kräfledreieck zu schließen, um auch Richtung und Größe des Winddruckes zu haben.»

Im Schlußteile des dritten Kapitels berichtet der Autor über seine praktischen Erfahrungen beim Experimentieren mit Nikel- und Hargrave-Drachen. Von den ersteren sagt er: «Gekielte Nikeldrachen haben sich sehr gut bewährt, sie sind sehr stabil, nehmen sich prächtig in der Luft aus und beanspruchen den Halledraht nicht übermäßig. Sie lassen sich auch ohne Schwierigkeit und ohne Beeinträchtigung ihres freien Spieles gut hintereinanderschalten.» Einen Nachteil der Nikeldrachen sieht der Autor darin, daß sie. «wenn sie leicht gebaut sind», «starke Winde nicht vertragen», und «wenn stark gebaut« «zu schwer sind, um ohne starken Wind anzugehen». «Um wirklich rationell mit ihnen zu arbeiten, müßte man. strenge genommen, für jede Windstärke andere Drachen haben, was doch nicht gut angeht, um so weniger, als sie kompliziert in der Bauart und infolgedessen teuer sind und viel Raum beanspruchen » Von den Hargrave-bezw. den Marvin-Draclun sagt der Autor, sie seien «das Beste-, was er «Iiis jetzt kenne». «Marvin-Drachen sind weder zu steif, noch zu rank: ...sie arbeiten erstaunlich weich, beanspruchen daher ihren Haltedraht heinahe nie ubermäßig und sind ungemein stabil.»

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Man kann dein enthusiastischen Urteil des Autors über den Marvin-Rrachcn völlig beistimmt!!), obne «leshalb seine Ansicht über die praktische Verwendbarkeit der Nikel-Drachen zu teilen.

F.in begründetes, objektives Urteil über die Leistungsfähigkeit einer bestimmten Drachentype läßt sich, wie schon Marvin ausdrücklich betont hat, «nicht nach dem bloßen Augenmaß« abgeben, sondern einzig und allein auf (•rund möglichst eingehender quantitativer Versuche, wobei alle jene («rößen, welche in den analytischen Ausdruck für den Wirkungsgrad eingehen, möglichst genau gemessen werden rcüssen.

Ob also der Marvin- oder der Nikel-Drachen oder irgend eine andere Type die rationellere Drachenform darstellt, darüber kann heute noch niemand etwas Bestimmtes aussagen, da vergleichende Messungen bisher leider nicht angestellt wurden. Die Durchführung derartiger quantitativer Untersuchungen über den flugtechnischen Wirkungsgrad verschiedener Drachentypen wäre im Interesse der Sache gewiß sehr wünschenswert!

Im vierten Kapitel rechnet der Autor unter Zugrundelegung der Marvin-Type eine Drachenkonstruktion zum Helten von Menschen vollständig durch. Auf die Details der Rechnung kann hier nielil nähet eingegangen werden. Wer sich für das vorliegende Problem interessiert, muß die Originalabhandlung zur Hand nehmen.

Der zweite Abschnitt des letzten Kapitels handelt über die meteorologischen tloch-aufstiege. Bezüglich der technischen Durchführung von Hochaufsliegen für meteorologische Zwecke empfiehlt der Autor die Nachahmung der von Teisserenc de Rort durchgebildeten Methode: dieselbe besteht darin, daß das Hauptkabel aus einzelnen Drahtstücken von je 500 m Länge zusammengesetzt ist. deren Zerreißfestigkeit nach unten zu fortwährend wächst. Nach dem vom Autor gegebenen Schema wären, um 'i einen Aufstieg bis zu ca. -pH 10 m Höhe durchzuführen. IJ Drachen nötig u.zw. 10 Drachen zu je 3 qm und (• zu je 5 qm Tragfläche. Die gesamte Drachenlläche müßte demnach 50 qm betragen; die Festigkeil des Fesseldrahtes soll von 50 kg (im obersten Drahtgliede) bis auf IWiO kg Zerreißfestigkeit im untersten Drahtgliede wachsen. Entgegen der Anschauung des Aulors findet Referent die Durchführung von Hochaufstiegen nach dem Arbeitspläne von Teisserenc de Dort allgemein wohl nicht als empfehlenswert u. zw. hauptsächlich aus dem Drundc, weil der flugtechnische Wirkungsgrad eines Aufstieges und somit auch der ökonomische Nutzeffekt einer Drachenstation um so kleiner wird, je mehr Hilfsdrachen verwendet werden müssen, um eine bestimmte Höhe zu erreichen. Die Arbeitsmethode von Teisserenc de Dort ist wohl praktisch sehr bequem, allein sie ist auch sehr unökonomisch und soll deshalb nur angewandt werden, wenn die Kostenfrage gar keine Rolle spielt. Will man dagegen mit einem möglichst großen ökonomischen Nutzeffekt arbeiten, so muß man stets darauf bedacht sein, mit der geringst möglichen Anzahl von Hilfsdrachen eine vorgegebene Höhe zu erreichen. Nim führ.

11 Ili'i Wititl>lilU- ijiUt srhr schwachem Wind von )Jor<l eine« Molnrbootcs au«.

Oberst Charles Itcmird t. Am Di. April ist Oberst Charles Renard im Alter von 57 .lahren in seiner Wohnung in Meudon plötzlich verschieden. Seine Beerdigung fand in Lamarehe iVosges) statt. Wir werden auf «las Leben und die Wirksamkeit dieses um die Luftschiffahrt s«> verdienten Mannes bald ausführlicher zurückkommen.

Die Redaktion hält sich nicht für verantwortlich für den wissenschaftlichen Inhalt der mit Namen versehenen Artikel.

Alle Rechte vorbehalten; teilweise Auszüge nur mit Quellenangabe gestattet.

Totenschau.

Die Redaktion.

illustrierte aeronautische Jffitteilungen.

IX. Jahrgang.

->* Juni 1905. «<■

6. Heft.

Charles Renard «j\

Charles Kenard ist tot! Fnerwarlet, unvermutet ist er uns plötzlich entrissen worden, Ins, müssen wir betonen, weil wir mit seinem Tode einen Verlust beklagen, den alle Freunde der Luftschiffahrt mitempfinden müssen. Seine Schaffenskraft, seine Erfolge waren gewaltige. Mehr als 90 .lahre hindurch hat dieser gottbegnadete Forscher seine reichen Gaben in den Dienst der Aeronautik gestellt. Kein Wunder daher, wenn er weit über seine engere Heimat hinaus die gleichgesinnten Geister in der Welt mit sich rill und um sich scharte» und ihr Führer und Berater wurde, wie solches in seiner Wahl ztjm Präsidenten der Internationalen aeronautischen Kommission zum Ausdruck gelangle.

Gh. Kenard hat das grolle Verdienst gehabt, den Augiasstall der vorgefaßten Meinungen gegen die Lullschiffahrt im 19. Jahrhunderl gründlichst gesäubert zu haben. Seine Versuche mit dem Luftschiffe «La France , die er zusammen mit Krebs und mit seinem Bruder Paul in den Jahren 1884/85 anstellte, bilden einen kulturgeschichtlich bedeutsamen Wendepunkt in der allgemeinen Beurteilung des Luftschiffes. Frankreich verdankt ihm seine LuftsehifTertruppe und man darf behaupten, das Inslebentreten der Luftschiffertruppen aller anderen Armeen, nach diesem mit Erfolg gekrönten Vorgange Frankreichs, ist indirekt auf Charles Kenards Arbeit zurückzuführen.

Auch für die Erforschung des Luftozeans mit den heule so allgemein gebräuchlichen Sondierballons mit registrierenden Instrumenten wies Kenard uns als erster die Wege.

Seinen Lebensgang und seine zahlreichen Verdienste näher darzulegen, überlassen wir dem ihm persönlich nahestehenden und befreundeten Oberstleutnant Espitallier. Es isl aber unsere l'llicht, dem auch bei uns allgemein hochgeschätzten französischen Ollizier und Gelehrten in dieser Zeitschrift auch aus deutscher Feder die Ehrung zum Ausdrucke zu bringen, welche

Oberst Charles Renard.

diesem bedeutenden Manne gebührt, dessen Andenken über Jahrhunderte hinaus ein ewiges bleiben wird.

>- Denn wer den Besten seiner Zeit genug getan, der hat gelebt für

alle Zeiten. II. Moedebeek.

Über das Lebenswerk von Oberst Renard.

Charles Benard wurde am 23. Xovember 18i7 zu Damblain i Vogesem geboren. Nachdem er sein Examen bestanden hatte sowohl für die <• Heule normale' (le 'Jme) als auch für die - Eeole Polytechnique» im Jahre 18ÖI», wählte er die letztere, aus der er eintrat in die Waffe des Geniekorps. Während des Krieges von 1H70 war er anfangs bei der Loire-Armee, später bei der Armee Bourbakis.

Im Jahre 187JJ war er Leutnant im H. Genie-Regiment zu Anas und erfand dort einen lenkbaren Fallschirm nach Jalousie-System M iparachuto dirigeable? Ii persiennes), den er von der Höhe des Turmes St. Eloi abzulassen versucht«?; da diese Ablallstelle nicht sehr geeignet war, wurde der Bau eines Ballons zur Fortsetzung der Versuche beschlossen. Alle Kameraden halfen ihm bei dieser Konstruktion; der Ballon indes — aus Sparsamkeits-rücksichlen etwas zu unvollkommen hergestellt — wurde durch einen Windstoll zerrissen, grade als man dabei war, ihn zu füllen. Diese Geschichte zeigt klar, dal! der aeronautische Beruf von Benard bereits weit zurück liegt.

Im Jahn* 187ö wurde eine Kommission für den Luftverkehr (optische Tclegraphie. Brieftauben, Luftschiffahrt) durch den Kriegsminister ins Leben gerufen unter dem Vorsilz des Obersten Laussedat. Renard wurde derselben als Schriftführer zugeteilt und beschäftigte sich ganz besonders mit der Luftschiffahrt. Unter seiner Hand nahm dieser Zweig bald eine derartige Bedeutung an, dal! man für ihn einen Sonderdienst einrichtete und den Kapitän Benard als Direktor an die Spitze desselben stellte. Es liel das um so mehr auf, als man damals in militärischen Kreisen weit entfernt war. daran zu glauben, dali die Luftschiffahrt — abgesehen von den der Ballonpost in belagerten Festungen dienenden Freiballons — im Felde regelrecht zum Dienst für Erkundungen und zur Beobachtung herangezogen werden könnte.

Die Aerostiers von Coutelle, die einzige Erinnerung, die man sich bewahrt hatte, waren rücksichtslos von Hoche und Bonaparte unterdrückt worden und man stemmte sich daher in jeder Weise gegen die Einfühlung eines neuen schwerfälligen Materials in den ArmeetroH.

Benard überwand alle Widerstände dank seiner Beredsamkeit und dank seiner Überzeugungskraft, die ein Charakteristikum seiner hervorragenden Intelligenz war. Es genügte, dali er einen Minister wie Freycinet oder einen Budgetreferenten wie Gambe IIa dazu brachte, dem Park von Chalais einen Besuch abzustatten: der Staatsmann verheil von Bewunderung

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erfüllt die Werkstätten und das Laboratorium, überzeugt durch Renards wanne Worte über die Nützlichkeit der eingeleiteten Versuche.

Das von Anbeginn an durch den jungen Oflizier festgelegte Programm umfaßte folgendes: die Schaffung eines Fesselballonmaterials; Versuche über eine Art regelrechter Wasserstoffdarstellung; Organisation und Unterweisung von Luftschiffertruppen.

Das Material, welches wir seiner Arbeit verdanken, ist bekannt, jeder Teil desselben ist mit größter Sorgfalt studiert.

Bezüglich der Wasserstoffdarstellung studierte und erprobte er die verschiedensten Arten, so besonders: Für den Feldkrieg: Gazeine (1880—83); die sogenannte Salzmethode durch Reaktion von Zink auf Soda, die von der Truppe in Tonkin im Jahre 1881 usw. benutzt wurde. Für Parks: Feste und bewegliche Zirkulationsapparate (Eisen oder Zink und Schwefelsäure), deren erstes Projekt aus dem Jahre 1875 stammt. Elektrolytische Prozesse: Das industrielle Voltameter aus dem Jahre 1888.

Der Gipfelpunkt seiner aeronautischen Laufbahn ist ohne Zweifel die Versuchsreihe mit dem Lenkbaren « La France» (188185), dessen aeronautischen Teil wir ihm ganz allein verdanken.l) Um diesen Versuch seiner Bedeutung nach zu würdigen, muß man sich zunächst klar machen, daß zu jener Zeitepoche und bei der damaligen Anschauung der wissenschaftlichen Welt sehr wenige Gelehrte die Lenkbarkeit des Ballons für möglich hielten.

Nach dieser überzeugenden Vorführung, welche die Möglichkeit der Lösung bewies, hat Charles Renard den Versuch nicht mehr wiederholt. Wenn seine Freunde ihn ersuchten, von neuem dem Luftozean die Stirn zu bieten, pflegte er zu sagen: Wozu denn! Ich würde nur die Versuche von 1885 mit denselben Ergebnissen wiederholen. Es gibt Besseres zu tun: man muß durch eingehende Versuche das Problem nach allen Richtungen hin studieren und darf vor Beendigung dieser Studien keinen neuen Ballon konstruieren, wonach alsdann ein sehr großer Fortschritt unbedingt sichergestellt sein würde».

Sicherlich eröffneten die in der Konstruktion leichter Motoren gemachten Fortschritte eine glückliehe Aussieht für die Luftschiffahrt: indes bot das technische Problem immer noch sehr große Schwierigkeiten besonders in bezug auf den Mangel an Stabilität des länglichen Ballons.

Diese übrigens sehr undankbaren technischen Fragen waren es, auf die sich die Studien des Oberst Renard bezogen. Er bemühte sich, die Ursachen dieser Instabilität aufzuklären — in den Augen des Publikums ein weniger glänzender Versuch, als hervorragende Luftballonfahrten zu machen, aber dafür um so nützlicher. — Er gab von Zeit zu Zeit die Etappen seiner Arbeiten durch kurze Mitteilungen au die Akademie der Wissenschaften oder an die Physikalische Gesellschaft zu erkennen — und man kann aus dieser Gedankenfolge hervorheben seine Bemerkungen über

»> Di«» Mithilfe Avf Hauptmann* Knh l«.v.ii-ht >i»-h anl «h'ii nnvlianisi Ii n Teil.

die kritische Geschwindigkeit des Langbullous und über die Mittel, seine Instabilität zu beseitigen.

Zu gleicher Zeit konstruierte er die Maschinen, die für ein aeronautisches Versuchslaboratoriuni notwendig sind: die Wage für Schraubenversuche, den dynamometrischen Drehbaum (moulinet dynamoinetriipie), der bereits so grolle Dienste geleistet hat zur Messung der Leistungen der im Automobilismus gebräuchlichen Motoren. Die Versuche mit leichten Motoren halten ihn seit langer Zeit bereits zur Erfindung seines Kessels-mit sofortigem Dampf (chaudiere ä vapeur instantaneei geführt.

Schließlich befaßte er sich mit dem schwierigen Problem des * schwerer als die Lull und seine Mitarbeit in dieser Frage zeigte sieh sowohl durch neue sehr genaue Theorien, als durch ein vernünftiges Reglement über Weltvergleiche, die zwischen uvintischen Fluginaschinen angestellt werden können. Er war Vorsitzender der Kommission des letzten Preisausschreibens, das in der Maschinengalerie auf dem Marsfelde stattfand.

Außerhalb der Lull seh i (fahrt — wozu man auch noch die Erfindung der Chlor-Ghrombalteric rechnen kann — weiß man, daß eine seiner letzten Erfindungen der Aulomobilzug mit fortgesetztem Vortrieb ttrain automobile ä propulsion eontinuei und verbesserter Wendung war, der versuch! worden ist und unter anderen auch einige Zeit in Herlin mit Erfolg.

Was man von seinen Arbeiten kennt, ist nur ein sehr kleiner Teil. Nur allein die Luftsehill'erolliziere, die zu ihrer Ausbildung nach Chalais berufen wurden, kennen die Gesamtheit seiner Theorien über die Technik des Ballons und über seine Führung. Ein Teil dieser Technik ist wissenschaftliches Allgemeingut geworden mehr durch seine Schüler als «furch ihn selbst, in der Weise sogar, daß seine (iedanken häufig in einer unpersönlichen Form dargeboten werden, sozusagen, als ob sie * Findelkinder inees de pere inconnu i wären.

Es wäre sehr zu wünschen, daß sein Binder, der Major Paul Kenard. dem diese inhaltreiche Erbschalt zufällt, jene Arbeiten veröffentlichen möchte, die noch unbekannt sind und in den Akten dieses arbeitsamen Gelehrten vergraben liegen. G. Espifallier, {('hersetzt H. Moedebeck.)

AfM'oiiautische Meteorologie und Physik der Atmosphäre.

Über Finsternismeteorologie und die künftige Sonnenfinsternis vom 30. August 1905.

Die totale Sonnenfinsternis, die am HO. August dieses Jahres stattfinden wird, erregt nicht nur das Interesse der Astronomen, sondern beschäftigt auch meteorologische Kreise. Bevor darauf eingegangen wird, wie man zu der Finsternismeteorologie gekommen ist und welche meteorologischen und speziell aeronautischen Beobachtungen bei Gelegenheit der Finsternis vom HO. August in Aussicht genommen sind, mögen die astronomischen

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tind meteorologischen Begleiterscheinungen einer totalen Sonnenlinsternis im allgemeinen kurz charakterisiert werden.

Während der zwei Stunden vor der Totalität, wo sich die Mondscheibe mehr und mehr vor die Sonne schiebt, ist nichts Besonderes zu bemerken, abgesehen von einer langsamen Abnahme der Tageshelligkeit, an deren .Schwankung wir ja aus der täglichen Erfahrung gewöhnt sind, und abgesehen von dem sichelförmigen Aussehen der sonst runden Sonnenbildchen, wie sie etwa im Baumschalten auftreten. Kurz vor Beginn der Totalität nimmt nun die Helligkeit bedeutend ab und ist Minuten vorher etwa mit der Helligkeit einer klaren Vollmondnacht zu vergleichen. Nun werden auch einige Sterne der ersten Größenklassen sichtbar, namentlich auch die sonnennahen Planeten Venus und Merkur, und vielleicht zufällig ein Komet in Sonnen-

Flg I. Photographische Aufnahme der Korona am 28. Mal 1900. i.N.-ich Lant-'lev hrliultcii mit einer Kamera von II Füll Brennweite, und s2 Sekunden K.\|>os»ilum. <' i der Originalgriille.|

nähe. Bei dieser Gelegenheit wird denn auch nach intramerkurischen Planeten ausgeschaut.11 Bemerkenswert ist die Tatsache, dali einige Sterne, die schon sichtbar geworden sind, beim Kintritt der Totalität selbst wieder verschwinden können, um vielleicht nach der Totalität wieder einen Augenblick sichtbar zu werden. Ktwa zur selben Zeit, wo die Sterne beginnen sichtbar zu werden, huschen schon über den Boden hin eigentümliche,

1> Nach der hixherigen l>ei Gelegenheit von KiiisterabttN rorgMWBWU'iien Aurelian ist zu lilieücn •l.ii. vermnUieh kein solcher Planet von mehr als fünfler <ir.-lJ'- existiert. IM der beTOrstcttendrll Pin-Iernis wird man ober imstande sein, die Nachforschung I.i» mr CroüVnkla—e au»/udehneii.

wenige Zentimeter breite und handbreit von einander abstehende Schaltenstreifen, dem leichten Wellengekräusel einer vorher glatten Wasserfläche vergleichbar. Vom Augenblick an, wo die schmale Sonnensichel ganz verschwindet, lagert sich Dunkel über die Landschaft: der Himmel ist am Horizont orangengelb oder violett und purpur gefärbt, ähnlich wie bei der Dämmerung; höher hinauf ist das Himmelsgewölbe tief dunkel. Um die verfinsterte Sonne aber wird zugleich ziemlich plötzlich die helle Korona sichtbar, die als glänzender grünlichgelber Hing von wechselnder Breite mit einzelnen, manchmal mehrere Sonnendurchmesser betragenden Strahlen auftritt: in unmittelbarer Nähe des Mondrandes sind auch wohl einige besonders glänzende Partien, von Protuberanzen herrührend, sichtbar.

Man setzte früher die Korona nicht in nähere Beziehung zur Sonne, sondern nahm an, diese Lichterscheinung entstehe in unserer Atmosphäre. Seitdem man aber in der Korona die weitere, nur unter diesen seltenen Umständen sichtbare Sonnenatmosphäre erblickt, wird ihrem Studium mit groben Spektroskopen in Verbindung mit photographischen Apparaten von den Astronomen die größte Aufmerksamkeit geschenkt und ein grobes Personal wird Wochen vorher an den Apparaten militärisch genau eingedrillt, damit in den kostbaren Augenblicken, oft nicht mehr als 1—2 Minuten, das ganze Programm mit automatischer Pünktlichkeit erfüllt werde.

Wenn die Fragen, um die es sich hierbei handelt, auch zunächst den Astronomen betreffen, so muß doch die Meteorologie gleichfalls schon aus allgemeinen Gründen ein Interesse an jedem Fortschritt der Sonnenphysik haben. Denn in der Sonnenenergie ist schließlich der Grund auch des meteorologischen Geschehens zu suchen und W. de Fonvielle hat recht, wenn er den großen Gesichtspunkt der Sonnenkindschaft immer wieder mit besonderem Eifer betont, wenn auch einzelne Argumente falsch sind. Eine Sonnenlinsternis bietet aber auch ein direktes meteorologisches Interesse. Die Natur stellt hierbei ein Experiment in größtem Stil zur Verfügung: man nehme einen Schirm von der Größe des Mondes und bewege ihn so zwischen Erde und Sonne, daß durch den Sehattenfleck sukzessive auf einem 200 km breiten Erdstreifen mitten am Tage die Sonnenwirkung während einiger Minuten gänzlich, und in der Umgebung zum Teil aufgehoben wird. Was geht dann in der Atmosphäre vor sich? Wie verhält sich die Temperatur, der Luftdruck, die Luftströmung zu diesem Experiment? Es ist dabei zu erinnern, daß ein ähnliches, an Dauer und Umfang viel bedeutenderes Experiment jeden Tag zu beobachten ist : der Wechsel von Tag und Nacht Dieser hat ja alle die auffallenden Erscheinungen zur Folge, die unter der Bezeichnung der täglichen Periode der meteorologischen Elemente ein Hauptkapitel der Meteorologie bilden Die Verhältnisse bei einer totalen Sonnenfinsternis, wo das kleine, genau umschriebene Gebiet des Kernschattens der Erddrehung vorauseilend mit Geschoßgeschwindigkeil von West nach Osten lliegt, legen in der Tat die Frage nahe, ob bei diesem Versuch nichts Analoges auftreten, namentlich ob sich nicht in dem so regelmäßig begrenzten

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Schattengebiel etwa bestimmte Zirkulationsvorgänge einstellen könnten. Anhaltspunkte dafür waren schon aus früheren gelegentlichen Beobachtungen gegeben, wo jedesmal, wie selbstverständlich, ein Sinken der Lufttemperatur um mehrere Grad und öfters eine auffällige Änderung in der Windstärke ('Finsterniswind») aufgefallen war.

Eine am 28. Mai 1900 von Südwest nach Nordost über das Gebiet der Vereinigten Staaten (wo bekanntlich der meteorologische Beobachtungsdienst besonders stramm organisiert ist) hinziehende totale Finsternis bot eine vorzügliche Gelegenheit, diesen Fragen näher zu treten. Über die Ergebnisse der Beobachtungen liegen zwei Bearbeitungen vor. Die eine rührt von H. Clav ton1) her: ihr liegen die Beobachtungen des im Totalitätsgebiet gelegenen Observatoriums von Blue Hill und von 0 oder 7 anderen Stationen der Oststaaten zugrunde.

Clayton glaubt aus seinem Material ableiten zu können, daß sich im Kernschatten und im Halbschattengebiet ein höchst ausgedehnter Luftwirbel mit kaltem Zentrum8) bildet, worin die allerdings recht schwache Luftbewegung in antizyklonalem Sinn vor sich geht (also entsprechend dem Uhrzeiger). Am Band dieses Gebiets sollte sich eine Zone zyklonaler Luftbewegung ausbilden. H. Clayton stützt sich bei der Begründung dieser Luftzirkulation auf Ferrels theoretische Untersuchungen über Zyklonen mit kaltem Zentrum, .lene Untersuchungen gelten zunächst für die Verhältnisse der Erdhemisphären. Dort wird durch den Temperaturgegensatz des kalten Poles und der äquatorialen Gegenden eine Zirkulation hervorgerufen, die zunächst ein Gebiet hohen Luftdrucks über den Polen erwarten ließe. Die Tatsache, daß dort im Gegenteil ständig tiefer Druck herrscht, mußte deshalb zunächst paradox scheinen, bis Ferrel zeigte, daß infolge der großen Zentrifugalkraft der dem Pol zuströmenden Lultmasseu und infolge des ablenkenden Effekts der Erdrotation die Luftmassen gar nicht zum Pol gelangen, sondern wieder eine südliche Richtung bekommen müssen. Nach dieser Auffassung bedingen die kalten Pole eine Zyklone mit kaltem Kern und auswärts gerichteter Luftbewegung. Eine entsprechende Zirkulation glaubte nun Clayton bei der Sonnenfinsternis, wo ja die erste Bedingung, das Vorhandensein eines zentralen kälteren Gebietes, auch vorhanden sei, nachweisen zu können. Eine andere, sehr umfangreiche Untersuchung über die meteorologischen Wirkungen der gleichen Finsternis hat F. H. Bigelow angestellt.3) Er stützt sich auf die Beobachtungen von 02 Stationen des Weather Bureau, die teils im Totalitätsstreifen selbst lagen, teils gleichmäßig über das Gebiet links und rechts davon bis zu 750 km Abstand verteilt waren. Sein Material war demnach umfassender als jenes von Clayton diskutierte. Bigelow kommt

') The F.clirme Cyi-Ionv -Jini lh<- Diurria! Cyi'loiii's by II. Ilflru Clayton. ArmaU of (In- Harvar.l Coli. Vol. XLUI. P. I. I9«'i. «•• aa. S. . Tutel».

*) Eclipsn Mrtcorology and Alliiul I'r>.liltrnis by Krank II. Big<-lnw. I'. S. |)i-|iarltu. oT agriiiilt Wcalhcr Uurean Hüll. I. VWi. i" UW> S.

3) Dir gröülo von Clayton p.'fiin<li-iif Abkiililuii): l»-trn; CV" C. I<t*/i>t*«->i auf il''i> walir>r>i<'inlU<h<<n »ng«-«itörteu Teniperalurjaiij.

zu folgenden Ergebnissen betreffs der Beeinflussung der verschiedenen meteorologischen Elemente: Die Temperatur fing (mit Berücksichtigung des normalen lägliehen Ganges) etwa 15 Minuten vor Beginn der Totalität an zu lallen, erreichte den tiefsten Stand 10—15 Minuten nach der Totalität (Maximum des Sinkens ca. und war 2 Stunden nachher wieder auf der normalen Höhe angelangt. Beim Luftdruck konnte keinerlei systematische Änderung gefunden werden, im Widerspruch mit Glaytons Beobachtungen, der ein geringes Sinken glaubte feststellen zu können. Der Dampfdruck änderte sich nicht merklich. Die Windgeschwindigkeit wurde um etwa 0,5 m geringer, bei einer mittleren Geschwindigkeit von 2.7 in. Bei den südlichen, küstennahen Stationen war das Abflauen des Windes etwas deutlicher spürbar. Bigelow erklärt das als unmittelbar sich ergebende Wirkung der Abkühlung des Landes auf den Seewind und weist darauf hin, dal! überhaupt bei früheren Angaben über den Kinslerniswind der Umstand zu berücksichtigen sei, dali die astronomischen Beobachlungsslationen der Expeditionen meist an der Küste errichtet wurden, so dal! es sich in jenen Fällen nicht sowohl um einen dem Finslernisgebiet an sich eigentümlichen Wind, als vielmehr um eine unmittelbare Einwirkung des Schattens auf den bekannten Luftaustausch zwischen Land und Wasser gehandelt haben dürfte. Diese Aulfassung von Bigelow linde ich bestätigt durch die Beobachtungen der beiden Look versehen Finsternisexpeditionen.1) die eine vom 28. Mai 1000. an der Ostküste Spaniens, und eine frühen' zur Beobachtung der Finsternis vom 22. Januar 1H9H, an der Westküste Vorderindiens, in Viziadrug. Die durch das Eintreten der Finsternis erzeugte Windrichtung war in den beiden Fällen entgegengesetzt, an der spanischen Ostküste von West nach Ost. an der indischen Westküste von Ost nach West, beidemal als Unterbrechung oder Schwächung des vom Meer nach dem Lande wehenden Windes aultretend.

Von einer Drehung des Windes in dem Finsternisgebiet fand Bigelow bei seinen 02 Stationen keine deutliche Spur und hält deshalb die Annahme einer Finsterniszyklone im Gegensatz zu Clayton für nicht den Tatsachen entsprechend. Gegen Glaytons theoretische Gründe wendet Bigelow ein, dali die vergleichende Herbeiziehung der Zirkulationsverhältnisse der Hemisphären nach der Ferrelseben Darstellung überhaupt nicht zulässig sei. weil die bei der Windbewegung im Finslernisgebiet beobachteten Geschwindigkeiten bei weitem nicht jene Zentrifugalkräfte zur Folge haben konnten, die bei der Bildung der polaren Zyklone vorauszusetzen seien: ferner könne es sich bei den Verhältnissen der Finsternis, die sich ja mit gröliter Geschwindigkeit über immer neue Atmo.-phärengebiele fortbewegt, nicht um eine wirkliche Zirkulation handeln, d. h. um eine Bewegung derselben Luftmassen in geschlossenen Bahnen. Nach Bigelows Ansicht können aber die Aufstellungen Ferrels überhaupt nur für eine wirkliche Zirkulation Gültigkeit haben, und

>• M.-iiiuir.- -I tli<' Hny.ll .\.tri.ii«mtL-.il S.i>i.-!y. \,.\ [.IV. ap|irn.|. I n. III. Lonilon UhU.'llMtf.

so wurde nichts u priori für das Kntstehen der Claytonschen Finsterniszyklone sprechen. Nur ein ganz schwaches allseitiges Ausströmen der kälteren Luft aus dem Totalitätsgebiet will Higelow annehmen.

namentlich von den astronomischen Beobachtern vorzüglich wird ausgenützt werden können. Diese werden ein besonderes Augenmerk auf alle Erscheinungen zu richten haben, die mit dem gegenwärtigen Maximum der Sonnenlleeken zusammenhängen könnten. N. Lockyer-) glaubt bestimmt, deutliche Unterschiede in der Beschaffenheit der Korona nachgewiesen zu haben, wonach bei Finsternissen zur Zeit des Maximums das Spektrum der Korona auffallend helle Linien zeigt und in der innern Korona eine deutliche streilige Struktur zu erkennen ist. Diese Struktur fehlt zur Zeit der Fleckenminima; dann tritt auch mehr das kontinuierliche Spektrum der Korona hervor und die Korona hat in ihrer äußern Form ein windfahnen-ähnliehes* Aussehen, wie sich Lockyer ausdrückt. Zur Ergänzung dieser mehr astronomischen Angaben sei noch bemerkt, dal! als Neuigkeit die photographischc Aufnahme der Korona in drei Farben versucht werden wird. So viel bis jetzt bekannt, wird die amerikanische Licksternwarte drei Expeditionen aussenden, die eine nach Labrador, die andere nach Spanien, eine dritte nach Ägypten. Von England aus werdet) zwei Expeditionen an die Nordküste Afrikas nach Sfax und l'hillipeville gehen, zwei andere werden ihren Standort in Spanien, bei Burgos und an der Ostküste

') N;nh ilcr Bi*rei-hniing Ta r n / n na Memoria »'I KclipM- t.»lnl >U: S«.| elf. Oh*, .istron.

tlv Madrid. 11MH. 1°. t2?> S., t> Karltn). l»m Anfallen »Irr vcrvlm-di-mn Ib-rt-rhiuT j.'i'ti«'n um nohn-re Sekunden a<i~cinaii<l<r. Dies ist nicht verwunderlich du mH-sI -o perinifc Difh/r«nzrii wi<- 1" in der Annahme des Sonnen- nn«l Monddur« limis-irs eine Amhrimt; in der KiiitttcrnUda.tH'r v"ii je 2 Zeit-ekuiHhu zur Kols«? tiutif-n. Ks »ei noch bcigcfiJirt, <lnO «Ii»- tcr-•Ul<* iiherhaunt ni"Sliche 'I'. .1 n Iii ,0-. I :< u it von Sonm iiiiiislfrni^m'ii etwa 7 Minuten |u'lrü|>l.

*>. \. a. O. III S. m. Andere U.-..|.a, |i(.t I.-üi-ii bvlj» Am-ichtni r-.i.ht.

Illustr. Aeronaut, Mitteil. IX. Jahrg.

Fig. 2. 30- Aug. 1905. Bahn de* Kerntchatten« in Spanien

Die kommende Finsternis vom 30. August dieses Jahres wird nun Gelegenheit bieten, diese Fragen an Hand neuer Beobachtungen zu prüfen. Das Totalitälsgebiet wandert von Labrador über den Atlantischen (tzean quer durch Spanien, über das Miltelmeer nach der nordafrikanischen Küste, und nach Oberägypten bis ins Innere Arabiens. In Spanien hat das Totalitälsgebiet 200 km im Durchmesser: die Finsternis dauert im zentralen Teil 3 Minuten 18 Sekunden.') Dies ist eine ungewöhnlich lange Zeit, die

**a>» 178 «S«s«h

in Oropesa, nehmen. Ohne Zweifel sind auch von Spanien seihst und von andern Staaten aus besondere astronomische Beobachtungen vorgesehen.

Was nun die meteorologischen Beobachtungen betrilft, so hat die internationale Kommission für wissenschaftliche Luftschiffahrt mit Rücksicht auf die Finsternis einen auf 3 Tage ausgedehnten Aufstiegstermin auf die Zeit vom 21*.—31. August gelegt. In Spanien, das von der Totalitütszone geschnitten wird, ist auf Veranstaltung und unter der Leitung des Chefs der militärischen LuftschilTerabteilung, Oberst F. Vives y Vieh, ein umfangreiches Programm für Beobachtungen in der freien Atmosphäre aufgestellt und dessen Ausführung in Vorbereitung begriffen. Die Aufsliege werden in Burgos stattfinden. Während der drei Tage vom 29.—31. August werden dort am Erdboden in einer den Umständen angemessenen Weise fortlaufende genaue Beobachtungen aller meteorologischen Elemente gemacht

Fig. 3. 30. Aug. 1905. Bann des Kernacbattena Im MlttalmeargeBlet

Die Zalil.-n hei Yig. S un<t*3 ifebeii die TolulilütüJatier inach W. l.o«-kyer> und die Sonnenhöhe an.

werden: zugleich werden folgende Beobachtungen in der freien Atmosphäre ausgeführt: Am 29. August wird um Mittag ein Registrierballon hochgesandt; am 30. August werden deren drei steigen, einer zwei Stunden vor der Totalität,- der zweite unmittelbar nach der Totalität und ein dritter wiederum zwei Stunden später. Während der ganzen Dauer der totalen und partiellen Finsternis soll ein Fesselballon zum Zweck fortlaufender Beobachtungen in der Höhe von womöglich 700—800 m gehalten werden. Eine Stunde vor Beginn der Totalität werden zwei bemannte Freiballons hochgehen, die während der völligen Verfinsterung in einer Höhe von mindestens 3000 m gehalten werden sollen, um dort geeignete meteorologische Messungen, sowie Zeichnungen und photographische Aufnahmen der Korona und vielleicht beiläufig auch spektroskopische Beobachtungen zu machen. Ein Platz ist einem vorn Vorsitzenden der internationalen Kommission zu bezeichnenden wissenschaftlichen Beobachter zur Verfügung gestellt. Auf die Dauer der Finsternis verteilt werden ti Pilotballons hoch-

gesandt werden, deren Bahn ebenso wie jene der Registrierballons zur genauen Kenntnis der Luftströmungen durch Anvisierung mit geeigneten Theodoliten bestimmt werden soll. Am Tage nach der Finsternis wird um Mittag ebenfalls ein bemannter Ballon und ein Registrierballon steigen, sowohl mit Rücksicht auf die allgemeinen internationalen Aufstiege jener Tage, wie um gewissermaßen Vergleichswerte mit den Verhältnissen bei der Finsternis zu erhalten. Im Programm der meteorologischen Beobachtungen in Spanien, das, wie man sieht, in seinem aeronautisch-wissenschaftlichen Teil recht reichhaltig ist, wird eine Andeutung der besondern Teilnahme weiteren Stationen des meteorologischen Netzes von Spanien vermißt. Eine solche wäre aber höchst wünschenswert, wenn überhaupt jene von den amerikanischen Meteorologen schon aufgegriffenen und diskutierten Fragen bei Anlaß dieser neuen Finsternis eine Förderung erfahren sollen. Denn die Wirkung des Mondsehattens auf die Erdatmosphäre beschränkt sich ja im wesentlichen auf die dem Erdboden nahen Schichten; wenn das auch von den Herren W. de Fonvielle und P. Borde in verschiedenen aeronautischen Zeitschriften als eine paradoxe durch die Ballonaufstiege zu widerlegende Behauptung bezeichnet wird, wird man doch schließen können, daß in jenen Höhen, wo selbst der Wechsel von Tag und Nacht keine merklichen Temperaturünderungen hervorbringt, eine kurz dauernde Verfinsterung dies um so weniger vermag. Es ist zu erwarten, daß schon in der Höhe des Fesselballons nur mehr ganz geringe Temperaluränderungen werden beobachtet werden. In den Freiballons werden Aktinometerablesungen wohl größeres Interesse haben, wie die Temperaturmessungen. Wenn dem so ist, kann man sich fragen, welchen Zweck dann die Beobachtungen in der freien Atmosphäre in Verbindung mit der Finsternis noch haben. Dazu ist zunächst zu bemerken, daß auch negative Resultate im Sinne der Finsternismeteorologie ihren Wert haben werden, wenn damit diese Frage zur Ruhe gebracht wird. Es ist ferner dadurch Gelegenheit zu einer Anzahl allgemein interessierender Beobachtungen gegeben. Zum Beispiel wird die Frage der oben erwähnten Schattenbanden entschieden werden können. Wenn diese Banden, wie Bigelow wohl mit Recht annimmt, durch unregelmäßige Berechnung des Lichts der schmalen Sonnensichel an der Grenze des Schattenkegels entstehen, wo in den untern Schichten die aus dem Tolalilätsgebiet ausfließende kältere Luft mit der wärmeren sich mischt, dann wird davon im Ballon nichts zu bemerken sein. Anders wäre es, wenn diese Banden, wie man etwa auch annahm, durch Beugung des Sonnenlichts am Mondrand entstünden. Besonders merkwürdig und wohl auch eindrucksvoll wird es sein, auf der Erdoberfläche — oder vielleicht auf einer Wolkendecke — das unheimlich schnelle Heranhuschen und das Abziehen des Riesenschattens zu beobachten: man wird versuchen können, es photographiseh festzuhalten. Größeres Interesse beanspruchen auch die im Programm vorgesehenen photographischen Koronaaufnahmen. An Größe werden sie allerdings nicht mit jenen Aufnahmen am Erdboden konkurrieren können, bei denen Objek-

tive Iiis zu 40 in Brennweite verwendet werden: auch wird die Expositionszeit wegen der Oszillationen des Ballonkorbes nur gering sein können. Dieser letztere Mangel wird wold durch die in der Höhe viel gröllere Intensität des Koronalichtes, das wesentlich aus pholocheinischen Strahlen besteht, ausgeglichen werden. Man darf erwarten, daß die Korona für die direkte Beobachtung und in der Photographie in jener größern Höhe Eigentümlichkeiten zeigt, die vielleicht infolge der diffusen Bellexion in den unleren Schichten der Atmosphäre am Erdboden nicht mehr zu beobachten sind.

Eine besondere (berlegung wird das aeronautische Manövrieren erfordern. Es wird nicht leicht sein, den sich immer mehr abkühlenden Ballon während der entscheidenden Minuten in der Höhe zu halten, und wenn es auch durch starkes Ballastwerfen gelingt, so wird doch das Photographierei] infolge der dabei eintretenden Erschütterungen so gut wie unmöglich werden. Man wird deshalb eine Einrichtung treffen müssen, um während der entscheidenden Zeit den Ballast automatisch ohne alle Erschütterung ausgeben zu können; am besten wird dies wohl mit einei Flüssigkeit gelingen. Es wird auch notwendig sein, daß die Teilnehmer an diesen Aufstiegen vorher ihr ganzes Finsternisprogramm im aufgehängten Korb drin stehend am Erdboden in der vorgesehenen Zeit mehrere Male zur Probe glatt abgewickelt haben. Sonst könnte der Erfolg der wenigen entscheidenden Minuten leicht in Frage gestellt werden. Auch das Weller wird dabei eine große Rolle spielen. Der Ballon hat allerdings Aussichten, die tiefein Wolken unter sich zu lassen; doch kann auch in größern Höhen die Sonne verhüllt sein, oder der Ballon kann durch starken Wind an den Band des Finsternisgebietes getrieben werden. Zur Beurteilung dieser Möglichkeiten können die folgenden Angaben dienen, in der Gegend von Burgos ist zur Jahres- und Tageszeit der Finsternis die mittlere Bewölkung — 1.0. die Sichtbarkeit der Sonne selbst 0.9 (0 - unverhülll, I = leicht verschleiert, 2 — verdeckt i. Ganz belle Tage gibt es 15.2, bewölkte 13.2, bedeckte 2.Ii im Monalsinittel. An 10.2 Tagen ist Windstille, leichler Wind an 9.K und windiges Welter an 4.8 Tagen. Regen fällt in jenen Gegenden Ende August nur selten und dann in Verbindung mit Gewilterstünnen, die fast immer erst gegen Abend eintreten. Die Aussichten sind also nicht ungünstig. A. de Quervain.

Flugicehnik und Aeronautische Maschinen.

Über Vogelflug und Kunstflug.

Von Kiemen» Opitz.1) Dresden. Das große Verdienst des der Klugtechnik leider zu früh entrissenen (). lalienthal ist es. die Wichtigkeit der Wölbung der Yogelflügel erkannt und durch Versuche nach-gewiesrn zu haben. Kr fand, daß gewölbte Flüchen unter gewissen Winkeln vom Winde

') l»i«' in ll>(l 1 il. .I*. vtT'ilTi-ntliolili'n An*füiirnn<;<-Ji de» llrrrn Ojiitz üln>r puipii • Spji'I- un.l ltuil<TlhuM|i|urut i'ipi'tuT KoiiNtruktJ'<n 1 *• I■ I• ■ t• - Moll i-tiien kiir/'-n Au^/uj: an* einer «Wir iimrangrri' h<n Art"il. Mu rni \<d|.|iovtig«r Al-dm« fc •ler-ell-fii an- |{autnnl.'k*i.tili-n gju/. a Ii»*«-»rhlottet-n «t*> heim-n

181 «44«

getroffen nicht zurückgetrieben, sondern gehoben werden. An den bei diesen Versuchen über ihn hinsegelnden Störchen sah er wohl, daß deren Flügel den Vogel nicht nur lieben, sondern auch dem Wind entgegen trugen; er konstruierte, um das zu erklären, einen allezeit um 3 Grad aufwärts gehenden Luftstrom, suchte also die Kraft außerhalb der Flügel, während sie im Flügelbau selbst liegt und zwar in der federnden Rückkante2) derselben und insoweit die Flügel wie bei den sogenannten Rreitilüglern in mehreren lingerartig sich spreizenden Schwungfedern enden, auch in der Rückkantc jeder einzelnen dieser Federn. Den Beweis hierfür beizubringen, ist nicht schwer. Man belaste einen mit wagerecht ausgespannten Flügeln ausgestopften größeren Raubvogel im Inneren so, daß er fallen gelassen, wagerecht in der Luft liegend sinkt. Zuerst geht dieses Fallen lotrecht vor sich, solange als die Luft unter den Flügeln nicht die Kraft hat. den hinteren plastischen Flügelteil zu heben: ist dieser Moment aber erreicht, so biegt sich die Hinterkante, der dort abströmenden Lufl ausweichend, nach oben aus. Auf dem nach oben ausgebogenen Teile der Flügel entsteht hierdurch eine von der lotrechten abweichende nach vorn geneigte Winddruckric htting. Die Stärke dieses Winddruckes gegen die Flügel ist so groß, daß sie den Stirnwidersland des Rumpfes in der Luft Uberwindet und den Vogel im Sinken ständig nach vorn treibt. Je größer nun diese Vortriebskraft der Biickkante wird und je kleiner der Ouerschnittswlderstand des Rumpfes ist, um so spitzer wird der Fallwinkel zur Horizontalen. Bei den vorzüglichsten unter den Segellliegern kann dieser Winkel nur sehr klein sein. Anscheinend wächst diese Vortriebskraft mit der Länge des Flügels und dessen Biickkante, sie wächst auch bis zu einer bestimmten Grenze mit der wachsenden Belastung der Tragtlächeneinheit und wird wahrscheinlich noch von dem Sehwanzende erzeugt.

Welche Wichtigkeit der federnden Flügclrückkanlc zukommt, läßt sich auch noch auf andere Weise ermessen. Man verkürze irgend einem lebenden Vogel durch Absebneiden die Flügelrückkante und das Fliegen wird ihm unmöglich, während er dies noch ganz gut kann, wenn ihm eine Bartie Schwung- und Fächerfedern herausgeschnitten wird, welche, doppelt und dreimal so viel Traglläche hat als die abgeschnittene Bückkante. Mit der Vortriebskraft sind die Vorteile der federnden Bückkante nicht erschöpft, sie reguliert auch noch automatisch kleine Änderungen in der Richtung und Geschwindigkeit des Windes 'Windstöße) ganz ähnlich, wie die Pneumatik der Fahrräder die kleinen Wegungleichbeilen ausgleicht. Größere Stöße und Winkelveränderung der Windrichtung werden durch die federnde Bückkante der Flügel so abgeschwächt, daß noch Zeil bleibt, durch Einziehen und Slellungveränderiing der Tragllächen den sonst unausbleiblichen Sturz abzuwenden. In ähnlicher Weise wirken auch die Federpolster an Brust und Bauch des Vogels, sie fangen wie Buffer die Luftstöße auf. geben aber den Druck nicht nach rückwärts, sondern nach oben ab. also in derselben Weise wie die gewölbten Flügel. Die stirnseitige Projektion des Vogelkörpers, mit ausgebreiteten Schwingen auf den Ständern stehend, sieht daher ganz anders aus als jene des von der Luft getragenen Vogels.

Ebenso wie bei dem Segelllug ist auch beim Buderlluge, bei diesem sogar in noch höherem Maße, die federnde Bückkante von großer Bedeutung, Der Schlag der Flügel auf die Lufl beim VorwärtsHiegcn erfolgt nicht mit nach abwärts geneigtem, sondern in spitzem Winkel aufwärtsstehendem Flügelvorderrande: die vordere Fliigelhälfte wirkt dann hebend, die hintere durch die Kraft des Schlages stark nach oben ausgebogen, fördert den Vogel nach vorn.

mulite. wurde zunüch-t blnü jener Teil ausgewählt, welcher .-ich auf <lie Konstruktion umt llc selireihung des von» Autor hergestellten Apparate* bezieht. Ha jedoch infolge dieser allzu gedrängten Kurse, wie sich gezeigt hat. leider da« Verütündiii« für die ll<-deulnng einzelner wichtiger Details der Konstruktion «ehr erschwert, ja teilweise unmöglich gern in hl wird halten wir es für iin-erc l'llieht Herrn f.. 0[>ilz iieuerding.-« kurz zu Worte kommen zu la-sen. I' I

■0 AuT die fundamentale Bedeutung d>T fei« -rmlcii Itiickkautc ,1er V ogelllilgel ftir die Htig^ki'U'-mie hat der Wiener Klnglivbniker Herr Karl Millu I.*»r-■ rt — im Jahre ihm.'» in -einem liurlie Hie Pluvhowegniig der Vögel» hingewiesen. *

»*>■> 182 «8«m«

Während dnreh Lilientlials Messungen ausreichende Maße über die zweckdienlichsten Wülbungsverhältnisse gegeben wurden, fehlen uns solche über die federnde Klügelrückkante noch gänzlich. Wie bei den Flügelwölbungsverhältnissen werden sich auch diese nicht durch Rechnungen, sondern nur durch Versuche feststellen lassen. Jedenfalls muß die Flügelkante sich hei mehr als voller Belastung der Flügel nach oben ausbiegen, ebenso wie dies aber in noch ungleich höherem (trade die Flügelspitzen tun müssen. Durch das Aufbiegen der Flügelspitzen erhält der Flugkörper bei wagerecht getragenen Flügeln seitliche Stütze und hierdurch mehr Stabilität in der Richtung des Fluges. F.ine wagerechte Stellung der Flügel zu einander in ihrer Längsrichtung ist nicht unbedingt nötig. Versuche bewiesen mir. daß wohl die Tragkralt etwas grölier wurde, die Stabilität in der Flugrichtung aber darunter litt, ganz besonders dann, wenn die Flügelspitzen unelastisch durch den Luftdruck nicht gehoben wurden. F.s ist daher besser, den Flügeln in ihrer Längslage nach den Spitzen zu eine gehobene Lage zu geben, dann können die Flügelspitzen auch steif sein. Vorzügliche Segler unter den Vögeln, die sogenannten Gleitaare, tragen die Flügel hochgehoben: auch bei den Tauben kann man das gelegentlich beobachten. Die Wölbung der Kunstllügel darf nur durch Querrippen, nicht durch Längsrippen gebildet werden, letztere würden schädliche Luftwiderstände hervorrufen. Die Vorderkante ist besser rund als zugespitzt zu halten: kleine Winkelveränderungen des Windes wirken ablenkender auf letztere Form als auf erslere. Die Flügelarme und deren Verdickung sollten entsprechend den Vogcllliigeln nur an der Vorderkante zu liegen kommen. Die Verdickung darf, ohne zu schaden, eine recht beträchtliche sein. Die besten Flügel zum Segeln haben die großen Meeresllieger. schwertartig, sehr lang und sehr schmal. An Tragfähigkeit und Segelkraft ist diese Flügelform ebenso der bedeutend kürzeren und breiteren der großen Raub- und Sumpfvögel überlegen, wie sie ihren Trägern eine unvergleichlich größere Stabilität im Sturm verleiht. Zu Kunstflügeln eignet sich diese Form (wenigstens vorläufig) nicht.

Der Flügelapparat, weichen ich mir unter Zugrundelegung des Gewichts und der Flügelverhältnisse des Albatros bauen ließ, klafterte bei nur 9 m* Tragllächc lim. Fr war aber der langen Flügel wegen in seinem Ran nicht stabil genug zu bekommen: das Manövrieren mit ihm bei ungleich einsetzenden Winden war schwierig, das Landen bei der notwendig weidenden Schnelligkeit des Gleitens geradezu gefährlich. Die zu ersten Versuchen mit Flugapparen geeignetsten Flügelverhältnisse sind jene, bei welchen das Verhältnis von Flügellänge und Flügelbreite nicht sehr groß ist: es soll höchstens gleich \: 1 sein. Auch die Tragfläche nehme man anfangs möglichst groß, belaste das Quadratmeter nicht mehr als mit 0 kg. damit die Gleitgeschwindigkeit keine allzu große zu sein braucht. Das Gewicht der Kunstllügel muß möglichst klein sein, es darf '/ä —'/«• des (iewichls des gesamten Flugkörpers nicht übertreffen: man geize daher mit jedem Gramme. Je großer die fiewichtsdilferenz von Körper und Flügel ist, um so sicherer gestaltet steh der Flug, um so weniger leicht wird der durch Schwerkraft und Beharrungsvermögen gesteuerte Flugkörper aus dem Gleichgewicht gebracht. In einem so beweglichen Medium wie die Luft mit starren, unbeweglichen Flugllächen Iiiegen zu wollen und wenn es auch nur Gleitflüge sind, ist mehr als tollkühn, ein solches Unternehmen wird ganz unausbleiblich früher oder später zur Katastrophe führen. Niemals wird ein Flugapparat und wenn er auch sonst alle guten Eigenschaften hat, brauchbar sein, so lange den Flugorganen die Beweglichkeit abgeht, daher zu den wirksamsten Formen die größtmögliche Beweglichkeit der Flügel gehört. Die Flügel müssen durch ihre Beweglichkeit das ersetzen, was ihnen an Kraft mangelt, mit letzterer allein ist in der Luft nichts auszurichten.

Die Kunstllügel sollen die Möglichkeit bieten, beständig wechselndem Winddruck auf ihre Tragfläche durch Veränderung ihrer Stellung oder durch Ausschaltung bestimmter Teile der Tragdächen augenblicklich Rechnung zu tragen; daher müssen die Kunstllügel wie die Nattirllügel. verlängerten Gliedmaßen gleich, gewissermaßen organisch mit dem Körper des Fahrers verbunden, und dieser in der Lage sein, dem Wind sozusagen die

•»fr» 183 <M4»

Hand am Pulse, auf Druck sofort Gegendruck auszulösen. Der Segelllug (viel mehr als der Ruderllug; bedingt ein beständiges Suchen und Tasten nach den llüehtigen Stützpunkten. Gegendruck oder Ausweichen sind die einzigen Mittel, das allezeit gefährdete Gleichgewicht zu erhallen. Bei der Konstruktion solcher Kunstflügel überzeugt man sich aber sehr bald, daß es ganz unmöglich ist, ihnen die Beweglichkeit der Nalurflügel zu verleihen. Man darf schon sehr zufrieden sein, sie mit dem Allernotwendigsten ausgestattet zu wissen. Für Beweglichkeit muß aber ein Ersatz geschafft werden, ein solcher ist gegeben in der Lagerung des Körperschwerpunktes möglichst tief unter dem Trag-llachenmittelpunkt. Das sind im wesentlichen die Gesichtspunkte, welche mich bei dem Bau meiner Flugapparate leiteten. Nicht allem, was ich als notwendig befunden, ist mir gelungen, körperliche Formen zu verleihen, aber auch so isl. wie ich mich überzeugt liabe. der Flugapparat brauchbar, in geschickten Händen dürfte viel mit ihm zu erreichen sein.

Zur Wrightschen Flugmaschine.1)

In einem Tal bei armen Hirten Erschien mit jedem jungen .lahr. Sobald die ersten Lerchen schwirrten. Fin Mädchen schön und wunderbar.

Su verkünden auch jetzt wieder «he Tageszeitungen die wirkliche Lösung des Klugproblems. Diesmal aber ein bißchen anders. Sie berufen sich als Gewähr auf «he «Illustrierten A«"ronautischen Mitteilungen, Deutsche Zeitschrift für Luftschiffahrt etc.».

Da ist von der Flugmas«hine der Gehrüder Wright zu lesen: «Beule sind wir so glücklich, ein . . . Kind unter uns zu haben, dessen erslen Geburtstag wir am 17. Dezember 1901 bereits feiern konnten: die wirkliche, vogelglciche, pfeilgeschwinde, lenksame, gewaltige Motorflugmaschine. . .»

Wenn die Maschine mit der Zungengeläufigkeit dieses Satzes fliegt, ist an ihr nichts auszusetzen. Glücklicherweise tritt die Maschine, wie sich dies ja in einer technischen Zeitschrift gehört, unserem Verständnis auch noch mit ««iner Abbildung näher 'S. 92 der Ztschr.). Aber siehe, wie lautet die Unterschrift zu dem Bilde? Mutmaßliches Aussehen der Flugmaschine der Gebrüder Wright. Die Unterschrift des Artikels lautet Dienslbach. Es ist somil anzunehmen, daß der Verfasser des Artikels und der Korrespondent der «Illustrierten Aeronautischen Mitteilungen». Herr K. Dienstbach, von dem der Bericht über die Luftschiffahrt auf der Weltausstellung in St. Louis 1904 im Januar- und Februarheft herrührt, ein und dieselbe Person sind. Damit ist dann auch die Haltung der • Illustrierten Aeronautischen Mitteilungen» in dieser Sache gerechtfertigt. D«>nn die Zeitschrift ist Herrn Dienslbach als lleißigetn Berichterstatter zu Dank verpflichtet: außerdem findet sich am Schlüsse jedes Heftes die Bemerkung gedruckt: «Die Bedaktion hält sich nicht für verantwortlich für den Wissenschaftlichen Inhalt der mit Namen v«*rsehenen Arlikel •.

Aber wenn Herr Dienstbach Mutmaßungen haben kann, so können dies andere Leute auch. Ganz sicher ist von folgenden zwei Fällen einer: Entweder gleicht die Wrightsche Flugmaschine dem von Dienslbach gemutmaßten Bilde, oder sie gleicht ihm

l) Au» technischen, >\cr Zeiisehrift nahestehenden Kreiden erhalten wir diese Zuschrift, tue wir, entsprechend unserm 1'rinzip freier Diskussion innerhalb der (irenzen ,h>r Sachlichkeit und des verfügbaren Kaum», hier zum Abdruck bringen. Was die Suehe betrifft, haben wir selbst, in Cbereiiislimniunif mit dorn Einsender, dem Wunxeh naeh bestimmteren Dokumenten s-elmn Aufdruck uetfehen. Siehe Maiheft S. Ittf. Wenn im übrigen die Wrightsche Max« hine. wie die bisherigen Nachrichten unseres jresi tiiit/len Korrespondenten lauteten, wirklich fliegt nind -las war vhlieUluh der »uriuyrnde Punkt .<u nmU man nie .!■>. Ii wohl als wirkliche Hugmawehm* be/eb huen. am h wenn sie ein l'in/elllie^.r ist. Am Ii ein Fahrrad ist eine Trans|»»rtma*ehine. - Wir bemerk.n übrigens dall uiw i<-m Heim Korre-j.ondenleii eine Korrektur »eine* Artikel« nicht vorgelegen hat. D. Il"d.

*»■>«> IS t «844«

nicht, lilciclit sie dorn Hilde, so müssen die Gebrüder Wright, denen nach Versicherung des Herrn Dienstbach jedes Rcklamehediirfnis fehlt, tief betrübt sein, daß gegen ihren Willen nun doch ihre Flugmaschine in den Grundzügen bekannt geworden ist. Denn darnach und nach anderen Nachrichten wäre die Maschine die bekannte Chanutcsche (.der llerringsche Doppellragfläehengleitmaschine. die nur nach dem Vorgange l.ilienthals zur Verzögerung des Falles einen zwei gegenläufige Schrauben treibenden Benzinmotor zugefügt erhallen hat. Baß sich damit besseres erreichen läßt, als Lilienlhal mit seinem unseligen Kohlensäuremolor erreicht hat. liegt auf der Hand. Neu wäre indes an Her Maschine gar nichts, und zu einer Fberhebung über die Maschinen von Maxim, I.angley oder llargrave, wie sie sich im Schlußsatz des Artikels findet, läge nicht der mindeste Anlaß vor.

(deicht die Wrighlsehe Maschine dem von Dienstbach gemutmaßten Bilde aber nicht, enthält sie wirklich neue Konstruktionen, die zur Zeit der Wellausstellung noch nicht ausgereift waren, oder stand, wie Herr Dienstbach sich ausdrückt (S. 7 der Ztsclii .1. für die Gebrüder Wright noch zu viel auf dem Spiele, als daß sie es hallen wagen können, ihre Maschine in St. Louis forschenden Blicken auszusetzen, dann mußten diese Bedenken doch seit der Geburtstagsfeier der wirklichen, vogelgleichen, pfeilgeschwinden, lenksamen, gewaltigen Motorflug maschine, d. i. seit dem 17. Dezember l'.MM- behoben sein. Denn Amerika ist doch das Land der Patent'-, und eine Bekanntgabe der neuen Konstruktionen nach dem Tage der Anmeldung konnte den Patentschulz nicht beeinträchtigen. Dies kann man mutmaßen, selbst wenn man die Abneigung des amerikanischen Palentamts gegen Patentierung wirklich grundlegender Konstruktionen und seine Furcht vor allem, was < lunctional > ist. kennt.

Oder sollten die Gebrüder Wright sich abseits des Patentschutzes stillen, wenn sie etwas der Patentierung Wertes haben? Dann winden sie eben nicht für sich, sondern für die Wegelagerer im Patentwesen und bestenfalls für die Allgemeinheit arbeiten. So oiler so stünde aber für sie nichts auf dem Spiele, wie der Artikel behauptet, und folglich rällt auch diese Mutmaßung in sich zusammen.

Ich milchte, zum Schlüsse kommen. Die Geburtstagsfeier der wirklichen vogel-sileichen . . . Molorllugmuschinc ist — das wird sich zeigen — verfrüht. Die tiebriider Wright haben durch persönliches Geschick und lange Finnig den Fallllug gegen den Wind von erhöhter Abllugstelle aus durch Zuhilfenahme motorischer Kraft so weit zu verflachen, die Flugbahn so zu strecken vermocht, daß sie nicht schon, ehe sie recht zur Besinnung kamen, schon wieder auf dem Boden waren, sondern Wendungen mit dem Wind und Schleifen zum Zwecke der Landung bilden konnten. Das ist ein höchst achtbares Ergebnis und ein unverkennbarer Forlschritt in der Ausbildung der Einzelflugmaschine. Aber die Maschine bleibt Einzelllugmaschine, auch wenn sie befähigt ist, noch totes Gewicht oder eine Ziege oder einen Menschen mitzunehmen. Line Flugmaschine in dem Sinne, wie der Dampfer eine Transporlmaschine zu Wasser oder das Automobil eine Transportmnschinc zu Lande ist, ist die Wrightsche Maschine nicht, und wenn sie es werden will oder sein soll, so muß sie von vorn anfangen.

— in —

Kleinere Mitteilungen.

Die Wettbewerbe des Acroiiuuth|tic-( iuh de France. Premier concour* inln-H'itiimnl i/f Phntui/rtiphif iti'fnnne. Die genaueren Bestimmungen dieses Preisbewerhs sind jetzt bekannt gegeben worden. Demnach ist den Einsendungen in versiegeltem Kuvert der Name des I iheheis beizugeben. Als Erkennungszeichen ist auf dem Kuvert und den Photographien irgend eine mindestens fünfstellige Zahl aufzuschreiben. Außerdem ist auf der Rückseite jeden Bildes anzugehen: a die Kategorie, für die das Ihld

D�22D

bestimmt ist is. Diese Zeitscbr., S. 91); b) die Bezeichnung des Gegenstandes and das Datum der Aufnalime (es ist gleichgültig, aus welcher Zeit die Aufnahme stammt); e) der Typus und die Brennweite des Objektivs; d) die Schnelligkeit des Verschlusses und eventuell Angaben über die Verwendung von Lichtfiltern; e) Marke und Art der photographischen Blatte. - Die Bilder werden nach folgenden Gesichtspunkten beurteilt:

1. Wissenschaftlicher (meteorologischer oder topographischer) Wert der Aufnahme.

2. Technische Ausführung. 3. Künstlerischer Wert des Bildes. — Unter Umständen kann die Jurv Einsendung des Klischees verlangen. Der Aeronautique-Club, dem die mit einer Auszeichnung bedachten Bilder verbleiben, bat das Hecht, dieselben in der Hevue l'Aero-nautique zu reproduzieren. Die Jury ist folgendermaßen zusammengesetzt: Herr Cailletet, Mitglied der Akademie, Vorsitzender; ferner Kommandant Houdaille, Kommandant P. Benard, Herr J. .laubert, Direktor des meteorologischen Observatoriums von Paris, Herr Bacquet, Vorsitzender des Pholoklubs von Paris. Die Einsendung hat bis zum 30. Oktober zu geschehen. Als erster Preis jeder Kategorie wird ein vom Unterrichtsministerium gestifteter Kutislgegenstand der Porzellanmanufaktur von Sevres figurieren, außerdem noch zahlreiche, von verschiedenen Behörden und Gesellschaften gestiftete Medaillen. Weitere, diesen Concours betreffende Angaben werden in der Hevue l'Aero-nautique erscheinen, die so ohne Zweifel ein interessantes bildliches Material zur ihrer Verfügung bekommt.

Gleichzeitig geht uns vom Aeronautique-Club die Mitteilung zu, daß große Wettbewerbe für aeronautisches Material vorgesehen sind. Der erste dieser Wettbewerbe wird im Jahr lilOO stattlinden und betrifft die oberen und unteren Ballonventile. Die folgenden Ausschreibungen werden sich auf die Ballonhülle, das Netz, den Ballonkorb und die Halt- und Lamlungsvorrichlungen beziehen. Es sind Geldpreise und Medaillen vorgesehen. Nach dem oben besprochenen photographischen Wettbewerb soll ein solcher auch für pholographische Apparate und Zubehör stattfinden. n.

KetrfstrierlHiHoiianfstiege auf dein MHtelmeer. Gelegentlich der internationalen Ballonfahrten, welche im Monat April veranstaltet wurden, wurden auch an Bord der Jacht des Pürsten von Monaco zum erstenmal Begistrierballons über dem freien Meere emporgesandt. Die Aufstiege wurden nach. einer von Professor Dr. Hcrgesell ersonnonen Methode veranstaltet, der sich an Bord der Jacht als Begleiter des Fürsten befand. Im ganzen wurden 5 Aufstiege unternommen, bei welchen die Ballons Höhen zwischen -RHKl und !H)()0 Meter erreichten. In vier Fällen brachten sie gute Begistrie-rungskurven herab, beim fünften Aufstieg konnte das Luftfahrzeug infolge plötzlicher Wolkenbildung nicht mehr aufgefunden werden. Die von Professor Dr. Hergesell vorgeschlagene und ausgeführte Methode der Forschung besitzt den großen Vorzug, daß man über dem Meere weniger vom Zufall beim Wiedeleinbringen des Ballons abhängig ist. und daß man das Instrument zu einer bestimmten, vorher festgesetzten Höhe steigen lassen kann. Die bei den Untersuchungen gewonnenen Erfahrungen zeigen, daß man jetzt leicht Höhen bis zu 15 000 Meter und mehr auch über den Ozeanen mit Instrumenten wird erreichen können. Das Studium der freien Atmosphäre mittels Begistrierballons, welches durch Aufstiege über dem festen Lande schon schöne Besultate gezeitigt hat. ist nunmehr auch auf die weite Fläche der Ozeane ausgedehnt worden, ein Ergebnis, um so freudiger zu begrüßen, als die Entwicklung der moderen Meteorologie aufs engste mit der Erforschung der physikalischen Verhältnisse des Luftmeeres über der weiten Fläche des Weltmeeres, welches nahezu unseres Planeten bedeckt, verknüpft ist.

Str. P.

18(3 *3*i««

Aeronautische Vereine und Begebenheiten.

Das allgemeine Reglement des A6ro-Club de France.

Mit diesem Reglement1) legt der Aero-Club de France in selbstherrlicher Gewalt die Hand auf alles, was unter den Begriff aeronautischen Wettbewerbs iu Frankreich fallen kann und soweit bis jetzt bekannt, fügt sich das ganze republikanische Frankreich dieser Seifmade-Souveränität ohne Widerspruch. Diese im Interesse des Sportswesens (das ja nicht nur in Frankreich ausgedehnte Gewaltbefugnisse ausübt) gelegene Situation als richtig angenommen, muß man vor allem anerkennen, daß das Reglement uns wieder ein Ergebnis jener Gründlichkeit, Umsicht und Arbeitsgediegenheit vor Augen führt, wie wir derartiges schon auf verschiedenen • anderen Gebieten bei unseren westlichen Nachbarn zu bewundern Gelegenheit hatten. Es dürfte kaum eine Frage, ein Gesichtspunkt oder die Annahme einer Voraussetzung zu linden sein, wofür in dem Reglement nicht Vorsorge und Fürsorge getroffen wäre. Ob der hieraus hervorgegangene Umfang des Werkes es ermöglicht, eine seiner Bestimmungen in der Praxis zu erfüllen, nämlich daß jeder Wettbewerber den ganzen Inhalt kennt und beherrscht, bleibt allerdings einigermaßen fraglich. Das Beglement besteht zunächst aus einem allgemeinen Teil, dem sich noch Bestimmungen für Gleitflug und für Aufstellung der <Starters-ehronoinetreurs» anschließen. Das -Reglement general behandelt in fünf Titeln: 1. Allgemeine Bestimmungen, 2. Wettbewerb von Ballons ohne Motor-Treibvorrichtung, 3. von solchen mit Treibe-Molor, i. Rekords und 5. das Inkrafttreten des Reglements. In den Allgemeinen Bestimmungen, welche den Aero-Club de France als einzige Sportmacht Frankreichs für Luftschifferweltbewerb erklären und seiner Sportkommission die uneingeschränkte Gewalt für Handhabung des Reglements übertragen, die ferner das Verbot aller demselben nicht entsprechenden Bewerbe verfügen und jeden an irgendwelchen aeronautischen Versuchen oder Bewerben Teilnehmenden verpflichten, sich allen aus dem Reglement sich ergebenden Folgerungen zu unterwerfen, wird zugestanden, daß noch Einzelbestimmungen für Wettbewerbe ergänzend einbezogen werden können, wenn sie nichts dem Reglement Entgegenstehendes enthalten.

Die Aufgaben der Sportkommission bezüglich Handhabung ev. Anpassung oder Ergänzung des Reglements, Prüfung der Sonderbestimmungen auswärts auftauchender Wettbewerbe und ihrer Teilnehmer, Aufstellung von Kommissären, Startern, Abgeordneten und Sachverständigen und bezüglich Rekordfeststellung sind in 11 Paragraphen aufgeführt. Ähnlich sind die Aufgaben der Organisationskomilees, denen die Programmausarbeitung, die Personalauswahl, Zusammenstellung der Listen der Bewerber, Prüfung ihres Materials, Durchführung der Verrechnung, Zusammen') Ai'ro-C.lub •!«• Franc'. *<ji:i«'-l<; dV-nrouragPiiiftit it la loromotion arrinine Hejrlpmeul Üt'in'-ral, Coiii'our» •• I U.-cr«ril» A ärnn an I ii|»c *. Prix i fr. Si-v« social *+, Fau!>otirg Saint llonnri'1, Pari* f* .

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sctzung der Jury etc. obliegt, festgesetzt. Die Ergebnisse dieser Tätigkeilen bedürfen der Bestätigung durch die Sportkommission. Die Bestimmungen für das ausführende Personal sind von dem Bestreben geleitet, durch Feststellung der Rechte und Pflichten Streitfälle und Zweifel fernzuhalten. Den «Com-missaires sportifs» sind Bewerber, Führer und Passagiere unterstellt. Sie sind kenntlich gemacht, auf den Programmen genannt und haben bestimmte Strafgewalt. Gegen ihre Verfügungen kann an die Sportkommission appelliert werden, auch können sie selbst bei dieser eine höhere Bestrafung als die ihnen verfügbare beantragen. Die den Kommissären beigegebenen und unterstellten «Starters-chronometreurs , denen im wesentlichen die Abgangs-(ev. RückkunftsVFeststellung, die Führung von Verzeichnissen und Protokollen, Aufzeichnung bemerkenswerter Beobachtungen etc. obliegt, sind durch die Sportkommission ernannt und stehen unter strengen Strafbestimmungen. So steht z. B. auf Unterzeichnung eines nicht selbstgeferligten Schriftstückes bleibende Ausschließung, ebenso auf Hilleleistung bei einem durch das Reglement nicht erlaubten Wettbewerb, auch auf solche bei einem ausgeschlossenen Luftschiffer. Die «Delegues» werden bei Bedarf auf Antrag des betreffenden Organisationskomitees aufgestellt. Von ihnen gefertigte Protokolle haben Rechtskraft für die Rangfeststellung. Berufung zur Sportkommission besteht auch hier. In einem eigeneu Kapitel sind die für jeden Wettbewerb geltenden Organisationsanordnungen gegeben. So bezüglich der Programme. Sie dürfen nicht vor Annahme durch die Sportkommission veröffentlicht werden. Die Zeitgrenze für Einreichung ist gegeben, ebenso bis ins Einzelne vorgeschrieben, was sie enthalten müssen bezüglich Preise, Bewerber, Bewerbungsort, Material, Eintritts- und Reugelder, Maximalzahl der Bewerber, Annahme und Übernahme des Gerätes, Ort und Zeit der Abfahrten, Kosten für Gas, Rückfahrten etc., ev. Landung. Ausdrücklich muß Geltung des Reglements anerkannt sein. Nach Veröffentlichung ist jede Programmänderung ausgeschlossen. Für Eintritts- und Reugeld bestehen Sonderbestimmungen bezüglich Rückgabe. Die Anmeldungen zu Wettbewerben können telegraphisch oder schriftlich gemacht werden, doch ist im ersteren Fall schriftliche Ergänzung unumgänglich, denn es muß das Eintrittsgeld erlegt sein und es ist eine Reihe von Angaben vorgeschrieben (Alter, urkundlich nachgewiesen, Zahl der gemachten Fahrten, als Führer etc., ob unter eigenem Namen fahrend etc.). Auch hier stehen Strafen auf unrichtigen Angaben. Wenn aus dein Zusammenwirken von Organisationskomitee und Sporlkominission eine Nichtannahme der Anmeldung hervorgeht, besieht Verpflichtung zur Angabe der Gründe nicht, die Bewerber erhalten die betreffende unabänderliche Entschließung und die Rückzahlung der Einsätze erfolgt, sofern nicht Ausschließungsgründe vorliegen. Auf ein Kapitel, welches die Begriffe von Balloninhalt. Gewicht und Auftrieb feststellt, folgt die Klassifikation der Wettbewerbe, die allgemein zugängliche oder für besondere Vorbedingungen vorbehaltene sein können. Auch die Einreihung verschieden gearteten Materials unter die zwei anerkannten

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Hauptklassen: mit und ohne Motor, oder auch gesonderte Behandlung ist der Sportkommission vorbehalten. Den Bewerbern sind Vorteile bezüglich Benützung von Hallen, Füllvorrichlungen und Sicherung vor Störungen gewährt; auch linanziell genießen sie Vergünstigungen, sowohl was Gaspreise als was Transportvergütungen betrifft. Sogar freie Rückfahrt von Führern ist vorgesehen. Für Verfehlungen bestehen sechs Strafgrade, von Geldstrafen bis 100 fr. an über teilweise und zeitweise Ausschließung etc. bis zur bleibenden Ausschließung und sie weiden auf Grund genau abgrenzender Bestimmungen verfügt. Ausschließungen werden z. B. auf Grund betrügerischer Handlungen ausgesprochen und haben Verlust der Eintritlsgebühr zur Folge; für öffentlichen Tadel ist Einrückung in Tagesblätter vorgesehen. Für den Schluß der Wettbewerbe regeln wieder sehr eingehende Anordnungen die Tätigkeit des Organisationskomitees, die Zusammensetzung und Tätigkeit der Jury. Hier ist wieder Ausschließung von Bewerbern mit ganz unzureichenden Leistungen ermöglicht, die Teilnahme an irgend welchem Wettbewerb für ein .lurymitglied ausgeschlossen, die Aufnahme mindestens eines Mitglieds des Organisationskomilees in die Jury geboten, das der Jury vorzulegende Material angegeben, dieser das Recht eidlicher Einvernehmung zuerkannt, die Preiszuerkennung, ev. Aberkennung geregelt, ebenso Vorsorge für Weg und Behandlung von Reklamationen getroffen. Beim zweiten Titel, der sich mit den Ballons ohne Motor befaßt, sind zunächst die Bewerbungsarten (Weitfahrt, Bauerfahrt, Zielfahrt, Fahrt mit Zwischenlandung, dann solche bezügl. Stetigkeit) gesondert. Sehr interessant sind die Bestimmungen für Handikapierung, die durch Gruppierung gleichartigen Materials oder durch Ballaslanordnungen oder durch Resultatausgleichungen erreicht werden kann. Acht Größenstufeu von Ballons, unter 000 cbm bis über 4100 cbm mit Abgrenzungsbestiniinungen sind unterschieden, ein Berechnungsverfahren angegeben, um ev. alles auf Leuchlgasfüllung zu reduzieren, für jede Größe der Monöverballast geregelt, ein Verlähren für Vergleich der Ergebnisse mit Ballons ungleichen Inhalts angeordnet. Die Vorschriften für Prüfung des Materials umfassen Instruktionen, welche denen eines Lufl-schifferhandbuehes nahe kommen. Für zweifelhafte Fälle sind noch Proben und Versuche angeordnet. Die Ausführungsbestimnumgen für die Bewerbe beziehen sich auf Aufstieg und Sonderbedingungen, wobei auch Selbstverständliches unterläuft z. B. daß bei einer Fahrt ohne Zwischenlandung nur die Fahrt bis zur ersten Landung zählt, wenn der Ballon etwa noehmal aufsteigt und die Fahrt fortsetzt. Unter den zehn Mitteln der Kontrolle (Starter, Bordbuch, Briefe, Karten usw.) findet sich viel Papier. Für das Bordbuch ist die Formel der Mitunterzeichnung gegeben, die Bestätigungen der Landungszeugen, die Behandlung der Fragebogen, der Instrumente, Gas-naclifülluugspapiere usw. Iiis auf die einzelne Zeile vorbereitet. Unter den Ziellährten ist auch in Aussicht genommen: Landung innerhalb eines festgesetzten Umkreises und nahe dem Mittelpunkt desselben, wobei wieder für genaue Feststellung des Aufstiegs- und Landimgspunktes Vorsorge getroffen

»st. Ebenso sind für Zwischenlandungen alle Begriffsbestimmungen festgelegt. Der Wettbewerb bezüglich Stetigkeit des Fluges kann Regelmäßigkeit der Flugbahn, gleichbleibende, vorgeschriebene Höhe oder auch ausgedehnten Höhenwechsel in langer Zeit, immer unter größter Sparsamkeit zur Aufgabe haben und sind hierfür Regeln bezüglich Ballast- und Ballonet-gebrauch gegeben.

Für Ballons mit Motor-Treibvorrichtung (3. Titel) ist vor allem die Garantie der Sicherheit geregelt. Beilage 9 des Reglements behandelt sämtliche bei einem Lenkbaren vorkommende Gegenstände und die an deren Beschaffenheit zu stellenden Anforderungen eingehend auf zwölf Seiten. Ks sind Wettbewerbe bezüglich Eigengeschwindigkeit, dann Hauplbewerbe und solche bezüglich Lenkbarkeit unterschieden. Für Messung der Eigengeschwindigkeit sind außer den allgemeinen Anordnungen noch in Beilage 10 alle Messungs- und Berechnungsmittel eingehend auf sechzehn Seiten mit Figuren und tabellarisch klar gelegt und dabei alle Lagen zur Windrichtung berücksichtigt. Die Hauptwettbewerbe, welche mindestens 2 Stunden ohne Unterbrechung dauern und zu denen nur Bewerber zugelassen werden, die den Geschwindigkeilsbcwerb durchgemacht haben, sind wieder in acht Arten geschieden, je nachdem es sich um Dauer bestimmter Geschwindigkeit, Einhaltung bestimmter Wege, geringsten Betriebsmiltelverbrauch für bestimmte Leistung usw. handelt und wobei verschiedenes gestattet oder ausgeschlossen sein kann. Bezüglich Lenkbarkeit ist die Möglichkeit, Aufgaben zu stellen, so ausgedehnt, daß dies Reglement sich darauf beschränkt, einige Beispiele zu geben, wobei auch Einhaltung bestimmter Höhen vorkommt. Das Rekord-Reglement (i. Titel) macht die Bestätigung eines Rekords davon abhängig, daß die zutreffenden Reglementsbestimmungen eingehalten wurden und daß die erforderlichen Nachweise vorliegen. Die Sportkommission ist maßgebend und entscheidend. Der 5. Titel erklärt das Reglement als in Kraft getreten vom t>. Juni 1903 an.

Das Reglement für Wettbewerbe und Rekordversuche mittels Gleitfluges setzt Gleitapparate ohne Motor voraus, und zwar bemannt oder unbemannt. Dabei kann sich die Erprobung möglichst auf Ilachen Flug, auf Tragfähigkeit und auf leichten Bau beziehen und sind für die Zwecke des Vergleichs genaue Beobachtungs- und Bcrechnungsregcln gegeben. Das Mittel aus je drei Versuchen dieser drei Richtungen gibt für jede den Betrag, welcher, in die Formel für die Gesamtleistung eingesetzt, den Wert für diese bestimmt, tun hiernach die Bangfolge festzusetzen. Bekords können nach einer der Bichtungen oder auch nach der Gesamtleistung bestätigt werden (nur durch die Sportkominission), doch hat der Bekord nach letzterer immer den Vorrang.

Das Reglement für Aufstellung von ■ Starters-chronometreurs» endlich bestimmt, daß diese durch die Sportkoniniission zu ernennenden Starlers außer dem rechtlichen Besitz eines erstklassigen Chronometers auch die eingehende Kenntnis der ihren Dienst betreffenden Artikel des Reglements

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nachzuweisen und eine genau vorgeschriebene praktische Prüfung zu bestehen haben.

Von den Beilagen des Reglements («Annexe») sind jene Nr. 9 und 10 bereits erwähnt. Nr. 1 und 2 sind Tabellen, welche für 2ö Größen von Ballons (100 bis 5000 cbm), geschieden nach Wasserstoff- und Leuchtgasfüllung, eine Reihe von Angaben über Dimensionen, Anforderungen, Leistungsund Sicherheitskoeflizienten usw. geben. Dann folgen Nr. 3 bis 8 mit Beispielen und Formularen.

Bei flüchtiger Durchsicht des Ganzen drängt sich allerdings die Frage auf, ob man denn bei genauer Einhaltung so vielfach verklausulierter Vorbedingungen überhaupt noch zu einem Aufstieg gelangen werde; doch führt die im einzelnen prüfende Erwägung darauf, daß bei der sehr großen Schwierigkeit, Selbstverständliches als solches zu bezeichnen und als über-llüssig auszuscheiden, die vorliegende eingehende Behandlung immerhin als berechtigt erscheint. Vielleicht wäre es möglich gewesen, aus dem eigentlich vorschreibenden Teil des Reglements noch einiges in die erläuternden <Annexe- zu verschieben und so gelegentlieh Wiederholungen zu vermeiden.

K. Neureuther.

Berliner Verein für Luftschiffahrt.

In der 215. Versammlung des Berliner Vereins für Luftschiffahrt am 20. März wurden ;12 neue Mitglieder aufgenommen. Hierauf berichtete der Vorsitzende des Fahrtenausschusses Hauptmann v. Kehler über die seit dem 20. Februar ausgeführten Ballonfahrten. Ks fanden deren acht statt, davon zwei von Bitterfeld aus, wobei eine am 0. März von Posen aus durch den dortigen Luftschiffer-Verein mit dem Ballon »Sigsfcld» unternommene Fahrt ungerechnet ist. F.in zehnter, am 22. Februar von BitteiTeld aus geplanter Aufstieg mußte wegen Sturmes unterbleiben und der schon gefüllte Ballon wieder entleert werden. Spezialberichte über die 8 Fahrten gaben Teilnehmer an denselben wie folgt: Die Fahrt vom 21. Februar endete nach 5 Std. 20 Min. in 195 km Kntfernung von C.harlottenburg bei Mühlenbeck in Mecklenburg. Größte erreichte Höhe 1500 m, Führer Dr. Flemming. Mitfahrende Professor Dr. Ollwig und Dr. Jaftö. — Am 25. Februar fanden von der gleichen Stelle ans mit nur einer halben Stunde Zeitdifferenz zwei Aufstiege statt. Den ersten Ballon führte Leutnant von Neumann, Teilnehmer an der Fahrt waren die Oberleutnants Freiherr v. Steinücker, v. Stülpnagel und v. Zastrow. Der zweite Ballon hatte an Bord die Herren Hauptmann v. Kehler als Führer, Dr. Peill, Franz Daniel und Albert Charlier. Der erste Ballon erreicht«' 3200. der andere 2150 m Höhe. Der erste landete nach 1 Std. 22 Min. Iö3 km vom Ort des Aufstieges bei Beetz in der Ncutnark, der andere nach f»'/« Stunden ISO km entfernt bei Arnswalde in der Neumark. Die sich aus diesen Daten ergebende Geschwindigkeilsdifferenz der beiden Ballons erklärt sich daraus, daß der zweite seiner Ballonverhällnisse wegen nicht in die größere Höhe gelangen konnte, in der eine lebhaftere Luftströmung herrschte. — Der am 2. März unter Führung von Oberleutnant v. Stülpnagel und in Begleitung der Herren Oberleutnants v. Stülpnagel II und Bummler, sowie Leutnant v. Pogrell erfolgte Aufstieg konnte feuchten, nebeligen Wetters halber sich nicht über 500 m erheben. Man mußte darauf verzichten, über die Wolkendecke zu kommen, und landete nach 1 Std. 20 Min. schon in der Nähe von (iolzow bei Beizig, in einer Kntfernung von nur ö.'t km. — Glücklicher verlief eine Fahrt am 1. März. Führer Oberleutnant Hopfe, Mitfahrende die Leutnants Troost, v. Bodecker und v. Schwartz. Der Ballon erhol» sich bis zu 2300 m und landete nach 7 Stunden

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nach Zurücklegung von 140 km bei Wanzleben. — Am gleichen Tage stieg auch Hauptmann v. Krogh in Begleitung der Herren Dr. Hartmeyer und Boas mit dem Wasserstoffballon von Bitterfeld aus auf. Es herrschte am Boden trübes Welter, doch genügte die Opferung von 2 •/■ Sack Ballast, um den Ballon 1200—1(500 m hoch steigen zu lassen, wo heller Sonnenschein herrschte. Später ging man wieder auf 250 m herab, um die Flugrichtung festzustellen, dann wieder aufs neue hoch bis auf 2300 m. Gegen 5 Ihr nachmittags begann der Ballon zu fallen. Man lief» ihn bis auf 20 m über dem Boden herabgehen und landete sehr glatt bei Wangenheim in Her Nähe von Gotha. — Eine Fahrt am 11. März, geführt von Oberleutnant v. Müller und begleitet von den Leutnants v. Bachinayr, Graf v. ßeroldingen und v. Bülow, endete nach 4 Stunden und Zurücklegung von 140 km bei Landsberg a. d. Warthe. Die größte Höhe wurde bei 1950 m erreicht. — Die zweite Bitterfelder Fahrt endlich wurde am 1H. März durch Hauptmann v. Kehler geleitet. Teilnehmer daran waren Professor Dr. Pfischel und Hauptmann Haertel. Der an zweiter Stelle genannte Herr nahm während der langen Fahrt wohl an 50 Photographien auf: Wetter und Wind konnten für diesen Zweck gar nicht hesser sein. Die Elbe wurde bei Coswig in für die Absicht der photographischen Aufnahmen geeigneter geringer Höhe überflogen. Auch die dem schwachen Winde entsprechende geringe Geschwindigkeit war dem genannten Zweck besonders günstig. Ks wurden in 6'/* Stunden nur 60 km zurückgelegt und 1100 m als Maximalhöhe erreicht. Die Fahrt endete in Wiesenburg bei Beizig.

Es sprach hierauf, in Vorbereitung auf den für nächste Versammlung des Vereins von Kapitän Spelterini zugesagten Vortrag über seine Alpenfahrten, Oberleutnant Hildebrandt über «Ballonfahrten in den Alpen-. Der Wunsch, die Alpen mit dem Ballon zu iiherflicgen, ist sehr alt, seiner Ausführung haben sich bisher aber große Hindernisse in den Weg gestellt, die im wesentlichen in der Knbestimmharkeit der Luflsrömungen über dem Gebirge bestehen. Luftströmungen in nordsüdlicher Bichtung, vom Nord- zum Südfuß der Alpen, und umgekehrt sind überhaupt sehr selten, und wenn sie in den geringen Höhen vorhanden sind, ist damit noch nicht gesagt, daß sie auch in den großen Höhen herrschen, zu denen ein die Alpen übertliegender Ballon aufzusteigen hat. Sehr häutig treten lokale Strömungen in ganz unvorhergesehener Art und Stärke auf, die alle Voraussicht und Vorausberechnung vereiteln. Spelterini ist viermal in den Alpen aufgestiegen, verfolgte aber nur bei seinen eisten Fahrten den Zweck, die Alpen vollkommen zu überqueren, während er bei seinen ferneren Fahrten nur das Ziel im Auge hatte, die interessantesten Partien des Hochgebirges durch Photos festzuhalten: seine Erfolge sind dabei bedeutend und beachtenswert.

Die erste Fahrt unternahm Spelterini am 3. Oktober J898 mit dem Züricher Geologen Heim und dem Meteorologen Maurer von Sitten aus. Zur Füllung der 3350 cbm großen «Vega» war das Gas in einem Gaserzeuger an Ort und Stelle zubereitel worden. 25 000 kg Eisendrehspäne und 30 000 kg Schwefelsäure hatten zu diesem Zweck herbeigeschafft werden müssen. Der ursprünglich gefaßte Plan, die Alpen zu überqueren, mußte von vornherein des ungünstigen Windes wegen aufgegeben werden, wollte man nicht ganz auf die Auffahrt verzichten. 220 km Weg wurden nach Kherfliegen der Diablerets in 5*/* Stunden zurückgelegt: die Landung erfolgte in Frankreich im Departement Haute Marne.

Am 12. September 1903 stieg Spelterini zu seiner dritten Alpenfahrt auf — der zweite Aufstieg war vom Higt aus erfolgt — mit einem 0530 cbm großen Ballon, der am Hotel Mont Cervin in Zermatt mit Wasserstoffgas aus 232 Iii 000 kg schweren StahlZylindern gefüllt war. Die Boute ging zunächst nach Nordosten über den Dom in der Mischahelkelte, dann nach Osten über Gletscherhorn und Weißmies, md einer Südschwenkung über den Lago maggiore nach Norden nach Lorarno. Die Nacht wurde in 2800 m Höhe über einem Schneefeld zugebracht und dann am anderen Morgen über Peccia in 4900 m Höhe nacli Norden gefahren Die Landung erfolgte in Ghinti bei Bignasco.

Die letzte Fahrt hatte ihren Ausgangspunkt an der Station Eiger. woselbst dureh Absprengen von Felsen der zur Füllung erforderliche Platz geschaffen war. Die Fahrt war von der Jungfraubabngesellscbaft angeregt, die photographische Aufnahmen für die Vorbereitungen zum ferneren Hahnbau zu verwenden gedenkt. Von der Absicht, von hier aus die Alpen zu überqueren, hat nichts verlautet, nur die Presse schob Spelterini diesen Plan unter. Es ist dem Capilain gelungen, bei dieser Fahrt über 100 der herrlichsten Aufnahmen fertigzustellen.

Im letzten November nahm Oberleutnant Hildebrandl selbst an einer von Spelterini geleiteten Ballonfahrt teil. Sie erfolgte von Zürich aus im Leuchtgasballon bei rein nördlichem Winde, sodaß man bei Wasserstoffüllung kurze Zeit die Hoffnung hätte haben dürfen, die L'berquerung der Zcntral-Alpen könne bei solcher Windrichtung gelingen-Doch bei 4000 m Höhe schwenkte der hierzu günstige Wind von der eingehaltenen Südrichtung gegen Südwest ab, der Ballon kreuzte den Vierwaldstiidler See und fuhr am Nordfuß der Zentralalpenketle entlang gen SVV. Das Ballonmaterial Spelterinis ist erstklassig, die Sicherheit seiner Führung bewundernswert. Auch ohne daß er nötig hätte, die ZentralAlpen zu überqueren, bleibt an den bisherigen Alpenfahrlen. den Ballonfahrten in Ägypten und der Annäherung im Ballon an den in Eruption begriffenen Vesuv bis auf 2 ','* km genug des Buhmes für den kühnen und erfolgreichen Luftschiffer! — Den Best des Vereinsabends füllte ein Vortrag von Rechtsanwalt Eschenbach aus über das Thema: -Ein Frühjahrsausflug nach dem Lande der Pharaonen». Regleitet war der Vortrag von 120 Lichtbildern, welche die Reise vom Anhalter Bahnhof über München, die Alpen, durch Italien. Ägypten, bis zu den Nilkatarakten und zurück über Griechenland veranschaulichten. Der Vortragende verstand es trefflich, für den Gegenstand seiner Mitteilung zu interessieren, erdkundliche, historische und ästhetische Betrachtungen abwechseln zu lassen mit schlichter Wiedergabe der Augenblickseindrücke des Touristen, wobei urwüchsiger Humor auch gelegentlich zu seinem vollen Rechte gelangle. Recht wirkungsvoll war die Gegenüberstellung der ägyptischen Kulturwell einerseits, der griechisch-römischen andererseits und die Erläuterung ihrer unendlich großen Verschiedenheit an den Bauten und Bildwerken beider. Dem Bcdner lohnte am Schluß allseitiger Beifall. A. F.

Die 2-Mi. Versammlung des Berliner Vereins für Luftschiffahrt am 17. April unter Vorsitz von Hauptmann v. Tschudi begann mit der Aufnahm«! von 12 neuen Mitgliedern. Vereins-Ballonfahrten haben seit dein 20. März, wie Hauptmann v. Kehler mitteilte, zehn stattgefunden. Über die erste derselben, die am 23. März von Hittcrfeld aus erfolgte, berichtete deren Führer Dr. Bröckelmann. Mitfahrende waren Regierungsbauführer Gontag und Dr. v. Manger. Die mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von -M km in der Stunde vor sich gehende Fahrt erstreckte sich in 7 Std. 20 Min. .'<O0 km weit bis Delmenhorst im Großherzogtum Oldenburg. Die größte erreichte Höhe war L'iöO m. Bei herrlichem Weller begann die Fahrt unter starkem, an der Erdoberfläche aus SO. wehenden Winde, der in der Höhe jedoch schwächer wurde und gegen O. heruni-schwenkte. Es wurden Göthen, Bernburg, Braunschweig und Oldenburg gesichtet und zu landen beschlossen, bevor man in zu große Nähe der Küste gerate. Doch fand sich lange keine geeignete Stelle, weil man sich über einem ausgedehnten Sumpfgebiete bewegte. Endlich, nach einer Schleppfahrt von ö km und kurzer Wiedererhebung, konnte auf Torfboden gelandet weiden, wobei sich die Merkwürdigkeit ergab, daß der Ballon sich bei starkem Bodenwinde nur mit Schwierigkeit entleeren ließ. Hauptmann v. Kehler bezeichnete das als eine unter den genannten Umständen öfters gemachte Erfahrung. Es komme vor, daß der Ballon vollständig umgekehrt werde. Ein Mittel, um solcher Schwierigkeit abzuhelfen, sei, daß man vor der Landung ein längeres Stück, am Schlepptau gehe. — Am 2*>. März fanden mit geringem Zeitunterschied zwei Fahrten statt. Der eiste Ballon, Führer Oberleutnant Hopfe. Teilnehmer Leutnants Dippe-Bellmar, v. Hellfeld, v. Minkwitz, kam in 6 Stunden, bei einer Durchschnittsgeschwindigkeit von Iii km. 110 km weit bis Stendal, erreichte Maximalhöhe 1H0Ü m. Der zweite, Führer

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Oberleutnant v. Milczewski. Mitfahrender Oberleutnant v. Kreisohmann, blich 9 Stiinden in Fahrt und landete nach zurückgelegten 225 km (durchschnittlich 25 km) in der Nähe von Uelzen, erreichte Maximalhöhe 2100 m. Hierbei ereignete sich das Seltsame, daß die beiden Ballons sich untereinander und mit einem dritten gleichzeitig aufgestiegenen Ballon des Uuftschifferbataillons wiederholt begegneten, was sich daraus erklärt, daß in verschiedenen Hohen entgegengesetzt gerichtete Windströmungen, unten West-, oben Ostwind, vorhanden waren, Ballonfahrt in drei Etagen also! Über die zweite dieser Fahrten berichtete noch Oberleutnant v. Milczewski ausführlich, daß er mit einem Vorrat von 21 Sack Ballast sich vorgenommen gehabt, hoch zu gehen, aber jenseits 1500 in keinen Wind angetroffen und dann Not gehabt habe, wieder herunterzukommen. Der Ballon habe diese Luftschicht nicht verlassen wollen und erst bei halbmimitlichem Ventilziehen gehorcht. Dann sei man lange mit der Absicht, zu landen, am Schlepptau gegangen, aber so unruhiger Bodenströmmung begegnet, daß man, die Absicht aufgebend, wieder hoch gegangen sei. Das habe sich dann noch mehrere Male aus den gleichen Gründen wiederholt. Die Elbe habe der Ballon durchaus nicht passieren wollen, erst beim Höhergehen konnte sie gekreuzt werden. Als man endlich zur Landung schritt, wurde der Ballon von unten durch lebhaften Zuruf begrüßt. Es war schnell Hilfe zur Stelle, sodaß die Landung annähernd so glatt erfolgte, wie die bei der Nähe einer Eisenbahnstation sich schnell ermöglichende Nachhausefahrt. — Am 29. stieg Hauptmann v. Krogh in Begleitung der Herren Dr. Voßwinkel und Boas von Bitterfeld auf. Die Fahrt endete jenseits Berlin in Neu-Barnim nach 6 Stunden und nach Zurücklegung von 190 km (31 km pro Stunde», erreichte größte Höhe 2(100 m. — Am 30. fanden wiederum, ziemlich gleichzeitig, 2 Fahrten statt, beide in der Neumark endend. Die eine unter Führung von Leutnant v. Elsdorf — Begleiter Leutnants v. Barby, v. Hotmann und Schnitze — dauerte 1 '/* Stunden und gelangte nach Zurücklegung von 155 km (Stundendurchschnitt 36 km) und erreichter Maximalhöhe von 1750 m bis Breitenslein: die zweile unter Führung von Oberleutnant v. Müller — Begleiter Freiherr v. Schneider, Oberleutnant v. Koppen, Leutnant v. Boon — endete 146 km weit nach i Std. 20 Min. in Friedeberg, Durchschnittsgeschwindigkeit 35 km, größte Höhe 2200 m. — Eine interessante Nachtfahrt unternahm Hauptman v. Kehler, der selbst eingehend darüber berichtete, am 1. April in Begleitung von Oberleutnant Wolff mit Wassorsloffballon von Reinickendorf aus. Sie endete nach i) Stunden und Zurücklegung von 306 km idurch-schnitllich 34 km in der Stunde) bei Militsch. Größte erreichte Höhe war 1150 m. Nachts 10 Uhr aufsteigend überflog man zunächst das erleuchtete Berlin, um bald nachher im Wechsel mit diesem Lichterglanz festzustellen, daß die Nacht doch ganz außerordentlich tinsler und der Sternenhimmel nur stellenweise sichtbar sei, auch an der für die Orientierung wichtigsten Siehe, dem Polarstern, durch den Ballon verdeckt wurde. So blieb zur ungefähren Orientierung nur die öftere Befragung des Kompasses beim Schein elektrischer Glühlämpchen. Zum Glück erlaubte auf einer weilen Strecke auch der rote Schein des zur Feier von Bismarcks Geburtstag auf dem Bismarckturin am Müggelsee angezündeten mächtigen Feuers die ungefähre Feststellung der Bichtung. in der sich der Ballon bewegte, sodaß man in der geringen Höhe von 50—150 m verbleibend, nicht im Zweifel war, Frankfurt a. O. unler sich zu haben, als man gegen 1 Uhr viele Lichter sah. Vorher — gegen 7« 12 Uhr — hatte auf Anruf schon jemand von unten geantwortet, daß man sich über Steinhövel befinde. Beim Uberschreilen der Oder sank der Ballon beträchtlich, weil er durch die große Feuchtigkeit der Luft über dem Odcrtal schwerer wurde, und es bedurfte einer kräftigen Erleichterung von dem mitgenommenen Ballast, um wieder hoch zu kommen, eine bei Nachtfahrten ungewöhnliche Maßregel, weil beim Fehlen der Sonne sich die statischen Verhältnisse des Ballons zumeist wenig ändern. In Höhe von erst 600. dann SOO. später 1000 m weiterfahrend, war man bei Anbruch der Dämmerung gegen 1 Uhr unsicher, ob der Ballon nicht der zu vormeiden gewünschten russischen Grenzt; zutreibe und ging deshalb zu Erkundungszwecken in eine geringere Höhe herab. Weit und breit war jedoch nur ein einsamer Wanderer auf

Illuislr. Acronant. Mitl.il. IX. Jahr«,-.

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der Chaussee zu erblicken, den man laut singen hörte: «Wir sind die Sänger von Finster-, walde». Der Mann war aber so vertieft in diese angenehme Beschäftigung und anscheinend auf seine Zugehörigkeit zu den Sängern von Finsterwalde so stolz, daß er den Anruf der Luflschiffer unbeantwortet ließ. Vielleicht halle er ihn auch vor dem eigenen Geschmetter in den grauen Morgen hinein gar nicht gehört. Jenen aber schien mittelbar der Beweis geliefert, daß sie von der russischen Grenze noch weit entfernt seien, sodaß sie mit dem Ballon wieder hinaufgingen und sich bei dem klaren Morgenhimmel auf den Genuß eines schönen Sonnenaufgangs vorbereiteten. Dieser gleich nach (5 Ihr auf eine herrliche Morgenröte folgende Moment brachte den Luftschifiem aber eine ganz eigenartige Überraschung- An der Stelle des Horizonts nämlich, an der sich das Erscheinen des Tagesgestirns ankündigte, stand eine lichte Wolke, und man war vorbereitet darauf, die Sonne hinter dieser sie voraussichtlich nur leicht verschleiernden Wolke aufgehen zu sehen, als plötzlich die Sonne vor der Wolke erschien. Die seltsame Erscheinung klärte sich wenige Minuten später schon vollständig auf. als die Sonne tatsächlich, wie erwartet, hinter der Wolke aufging. Die zuerst gesehene Sonne war nur das Spiegelbild derselben in einer großen Wasserlläche gewesen und man sah dieses Sonnenbild noch kurze Zeit unter der emporsteigenden Sonne. Der Anblick war ein höchst wunderbarer! Nunmehr aber galt es. sich zu überzeugen, ob man der russischen Grenze zutreibe. Man ging deshalb auf 200 m herunter und versuchte zu wiederholten Malen Menschen, die man unten sah, anzurufen, indessen lange ohne Erfolg. Man erkannte deutlich, daß der Anruf gehört worden war, denn die Menschen wandten ihr Gesicht dem Ballon zu: aber ihr ungemessenes Erstaunen schien sie sprachlos zu machen. Endlich kam auf die Frage, welches die nächste Stadt sei, von unten eine Antwort, die Sorau oder Glogau oder Guhrau bedeuten konnte, auf die Frage nach dem Hegierungs-bezirk glaubte man die Antwort Liegnitz zu hören. Die russische Grenze war auf alle Fälle weit entfernt. Man ging deshalb nochmals für einige Zeit bis zu öOO m hoch und als man dann wieder herunterkam und in Schlepptau ging, erscholl jetzt auf Anfrage nach unten die Antwort, daß man sich in der Nähe von Sulau, Kreis Militsch, befinde. Bald erblickte man auch die Oels-Militscher Bahn und in ihrer Nähe einen schönen Landungsplatz, auf dem gegen 7 Uhr morgens die Landung aufs glatteste erfolgte. — Eine eigenartige Fahrt machte Oberleutnant v. Schultz mit 2 Offizieren des Garde-Kü-rassier-Begiments am 11. April von Bitterfeld aus mit dem Wasserstoffhai Ion. Sie richtete sich nämlich schnurstracks nach Berlin und endete nach 3—1 Stunden auf dem Tempel-hofer Felde in der Nähe der Gardekürassierkaserne, deren Bewohner bei der Landung Hilfe leisteten. — Am lö. April unternahm Oberleutnant v. Veltheim, am 17. Oberleutnant v. Britzke von Charlottenburg aus Fahrten. Die erstere endete in der Nähe von Hamburg, die letztere nach fi Stunden bei Königslutter, nähere Nachrichten standen im Augenblick der Berichterstattung noch aus.

Es folgte nunmehr der Vortrag des Abends: Vorführung von Ballonaufnahmen der Schweiz, der Alpen und von Ägypten als Lichtbilder durch Kapitän Spelterini aus Zürichi den der Vorsitzende begrüßte und der Versammlung vorstellte. Der bekannte und gefeierte Luftschiffer richtete selbst einige Worte an die Versammlung und bat dann, weil er sich der deutschen Sprache nicht genügend mächtig fühle, Oberleutnant Hildebrandt, der im November des vergangenen Jahres mit ihm eine Ballonfahrt in 4000 m Höhe die Alpen von Jungfrau bis fast an den Montblanc entlang gemacht hatte, die Erklärung der Bilder zu übernehmen. Letztgenannter Herr halte vorher bereits zur Orientierung für diejenigen Erschienenen, welche der März-Versammlung des Vereins nicht beigewohnt, einige einleitenden Mitteilungen über Alpenfahrten gemacht und früher Gesagtes noch durch interessante Einzelheiten ergänzt, u. a. daß Kapitän Spelterini in einer 27 jährigen Tätigkeit als LuftschifTer bereits 5,"t7 Freifahrten gemacht, dabei 1100 Personen durch die Lüfte geführt habe und daß seine Fahrten wiederholt zu wissenschaftlichen Forschungen benutzt worden seien — als da sind luftelektrische Messungen, physiologische Beohach-tungen. Blutuntersuchungen zur Feststellung der merkwürdigen Tatsache, daß die weißen

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Blutkörperchen sich mit der Erhebung über den Erdboden stark vermehren usw. Selbst zu archäologischen Erkundungen konnten Kapitän Spelterinis ägyptische Luftfahrten sich nützlich erweisen, als man von oben gewisse bisher nicht gekannte hügelartige Erhöhungen in der Nähe vom Nil sah. die für noch unerforschte Königsgräber gehalten wurden und sich auch als solche ergaben. Ganz besonders war auch Oberleutnant Hildebrandt dem noch immer in der Presse verbreiteten Glauben entgegengetreten, als ob es sich bei Spelterinis Alpenfahrten um den Versuch handelt, die Alpen zu überqueren. Allerdings habe bei der ersten Fahrt 1898 diese Absicht vorgelegen, sei aber demnächst aufgegeben und bei allen weiteren Fahrten habe der Kapitän lediglich den Zweck verfolgt, von den interessantesten Partien der Alpen photographische Aufnahmen zu machen, um dieselben damit weiteren Kreisen zugänglich zu machen. Das Photographieren aus dem Luftballon betreibt Kapitän Spelterini erst seil 9 Jahren, hat darin aber nach Eberwindung grober Schwierigkeiten eine solche Übung und Meisterschaft erlangt, daß ihm bei seiner letzten Fahrt in 80 Minuten bis 100 Aufnahmen geglückt sind. Letztere Tatsache erschien beglaubigt durch die nunmehr vom Bildwerfer vorgeführten Lichtbilder, unter denen sich z. B. eine große Anzahl von Aufnahmen der Jungfrau befinden, die sie von allen Seiten zeigen und nur in schneller Aufeinanderfolge der Aufnahmen hergestellt sein können.

Das Programm dieser Vorführung war ein ungemein reichhaltiges. Es bezifferte sich auf insgesamt 102 Lichtbilder. Von ihnen betrafen Nr. 1—K die bei einem Züricher Aufstieg hergestellten Bilder, von Stadt und Umgebung, Nr. 9—27 Bild von Basel. St. Gallen, Luzern, Rigi, Mythen. Thun, Diablerefs und Genf, Nr. 28—51 die auf der Alpenfahrt von Zermatt gemachten Aufnahmen, u. a. Monte Rosa, Malterhorn, Mettelhorn. Mischabel-Gruppe, Domspitze, Landung im Maggialal. Nr. :')2—70 Ägypten — Kairo, die Totenstadt, die Pyramiden, die arabische Wüste, Nr. 71—102 endlich stellten die Früchte der Fahrt vom Eigergletscher aus im Sommer vorigen Jahres dar, Eiger, Mönch, Finsterarhorn. Aletschhorn. Jungfrau!

Viele dieser Bilder müssen mit besonderen Augen angesehen werden, weil sie die Dinge an der Erdoberfläche zumeist in ganz anderer Art zeigen, als wir sie zu sehen gewöhnt sind. Dies gilt im besonderen von Stadt- und Talbildern, in viel geringerem Grade aber von den Hochgebirgsbildern, deren Gegenstände wir von oben ja etwa unter demselben Winkel erblicken, unter dem wir sie sonst von unten sehen. Bei ihnen vergißt man deshalb die bei den ersteren anfänglich notwendige «Anpassung» unserer Vorstellungsweise. Diese ist entbehrlich und man hat den vollen, durch Überlegung unangekränkelten Genuß an der greifbaren Nähe, in welche uns die prächtigen Gebilde der Hochgebirgswelt gebracht sind. Doch auch die Städte- und Talbilder, vom Ballon aus aufgenommen, entwickeln große Beize, wenn man sie erst sehen gelernt hat. Man hat dann eine Nachempfindung der Freude, welche die Aussichten von hohen Punkten immer bereiten! Dies findet sogar Anwendung auf die Ausblicke auf die arabische Wüste, die geradezu packend in ihrer Wirkung sind, auch mit Rücksicht auf den Eindruck, den man von dem Spiel des Windes mit der Sandmasse gewinnt, die er zu kraterartigen Gebilden und eigentümlichen Trichtern zusammenquirlt, erinnernd an den Anblick der uns von einem starken Fernrohr gezeigten Mondlandschaften. End von welcher wundervollen Wirkung sind die zahlreich eingestreuten Wolkenbilder mit ihren prächtigen Beleuchtungseffekten.

Es ist an dieser Stelle untunlich, den einzelnen Bildern unter der großen Fülle des Gezeigten gerecht zu werden. Die Gesamtempfindung ist die einer hohen Befriedigung über diese vom Ballon ermöglichten und vermittelten Eindrücke, und über die hierdurch gewährte Bereicherung unserer Anschauungen von der schönen Erdenwelt! Daß die andächtig aufmerkende Zuschauerschaft von solchen Gefühlen der Befriedigung und im besonderen des Dankes für Kapitän Spelterini erfüllt war, mochte ihm der große am Schluß der Vorführung allseitig laut werdende Beifall bekunden' A. F.

Münchener Verein für Luftschiffahrt.

«Die Grenze der Atmosphäre - lautete das interessante Thema eines Vortrages, den Herr Privatdozent Dr. Hoheit Hindun in der Versammlung des •Miinchener Vereins für Luftschiffahrt hielt, die am Dienstag den 14. Marz, abends K Ihr. im Vereinslokale Hotel Stachus- stattfand. Der wesentliche Inhalt des Vortrages war folgender.

Die unbemannten Hegislrierballons zeigen uns Existenz und Eigenschaften der Atmosphäre bis zu Höben von 20—25 km an. Für noch große re Höhen stehen uns gegenwärtig keine direkten Beobachtungsmethoden mehr zur Verfügu ng.

Daß aber die Atmosphäre noch weil über 2ö km Höhe hinausreicht, das machen verschiedene optische und mechanische Phänomene wahrscheinlich, für deren Zustandekommen wir die Existenz einer wenn auch sehr verdünnten Atmosphäre wohl annehmen müssen. Gelingt es nun. die Höhen zu bestimmen, in denen sich diese Erscheinungen abspielen, so können wir immerhin mit großer Wahrscheinlichkeit die Ausdehnung unserer Atmosphäre bis zu eben diesen Höhen annehmen.

Solche Erscheinungen, d ie uns Anhaltspunkte zu Höhenbest immungen bieten, sind d ie Dä m ine ru ngse rsc he i nungen, die sogenannten leuchtenden Nachtwolken, Polarlirh ter, Sternschnuppen und Mondfinsternisse.

Schmidt in Athen berechnete, daß die Dämmerungsei scheinungen im Winter bis 74 km, im Sommer bis *>7 km Höhe erreichen. Das seiner Natur nach noch unbekannte Phänomen der leuchtenden Nachtwolken kommt nach Jesse i |nk,Yi in einer Höhe von nu—im) km zustande, und die mittlere Höhe der Polarlichter ergibt sich zu 00 km.

Zu wesentlich größeren Höhen führt die Beobachtung der Sternschnuppen. Das Erglühen und Aufleuchten dieser Meteorite infolge der Reibung bei ihrem raschen Fluge durch die irdische Atmosphäre, das sie für uns erst als sogenannte Sternschnuppen sichtbar macht, tritt noch in Höhen bis zu 30U km auf. Daraus kann man sogar in dieser gewaltigen Höhe das Vorhandensein einer Atmosphäre von immerhin noch nennenswerter Dichte folgern. Ähnliche Höhen iJ-100 km) der Atmosphäre wurden abgeleitet aus der Beobachtung, daß bei Mondfinsternissen schon 'A Minuten vor Eintritt in den Kernschatten eine schwache Verdunkelung des Mondkörpers zu bemerken war, was eben als Wirkung unserer Atmosphäre gedeutet wird. Soweit reichen unsere experimentellen Methoden.

Die Lösung der Aufgabe, die Grenze unserer Atmosphäre zu bestimmen, wurde aber auch auf verschiedenen rein theoretischen abstrakten Wegen versucht, die der Vortragende eingehend behandelte. Sie führten zu dem Ergebnis, daß in Höhen vun l(M)il—2000 km die Dichte der Atmosphäre so klein sein muß, daß die Frage nach der Gren/.bestimmung praktisch bedeutungslos wird. Dr. Otto Habe.

Vorstand des Vereins ftir 15HJ5.

I. Vorsitzender: Generalmajor z. D. Karl Neureuther, Gabelsbergerstraße, Gartenbau; II. Vorsitzender: Professor Dr. Kurt Hemke, (iriamillerstraße 2t*. Gartenbau; Schriftführer: lIberleutnant August Vogel, K. Luftschinerabteilung; Schatzmeister: Hofbuchhändler Ernst Stahl jun., Kaufingerstraße 2l>: Beisitzer: Professor Dr. Peter Vogel, Professor Dr. Martin Hahn, Hauptmann Ernst Dietel, Prokurist Franz Fehr; Abteilungsvorslände: I. Privatdozent Dr. Hoheit Emden, Gabelsbergerstraße 77,

II. Hauptmann Konrad Weber. Kommandeur der K. bayer. Militärluflschifferabteilung.

III. Dr. Otto Balte, Schonfeldstraße 11.

Wiener Flugtechnischer Verein.

Am 22. November ltMf hie!) der Wiener Flnutechniscbe Verein seine erste Vollversammlung im neuen Vereinsjalue ab. die gleichzeitig als außerordentliche General-

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Versammlung ausgeschriel)en war. In derselben wurde der zweite Obmannstellvertreter des Vereins, Herr Ingenieur Wilhelm Krcß, mit Rücksieht auf seine großen Verdienste, welche er sich namentlich durch den Bau seiner freilliegenden Modelle und die unermüdliche Agitation für seinen Drachenflieger um die Popularisierung der Fluglechnik und um den Verein seit seiner Gründung erworben hat, zum Ehrenmitgliede gewählt.

In der gleichen Versammlung erstattete der Vorsitzende erster Obmannstellvertreter, Herr Oberingenieur Herrmann R. v. Loeßl. Bericht über die Einsetzung eines wissenschaftlichen Studienkomitees durch den Ausschuß. Der Zweck dieses Komitees, dessen Arbeitsprogramm bereits im Januarheft d. Js. der «Illustr. Aeron. Witt.» abgedruckt wurde, ist die Vornahme wissenschaftlicher Untersuchungen auf dem Gesamtgebiete der Flugtechnik und die Durchführung experimenteller Arbeiten nach Maßgabe der jeweilig vorhandenen Mittel. Um die Bestrebungen des Komitees wenigstens moralisch zu fördern, widmete der Wiener Flugtechnische Verein einen Beitrag von 500 Kronen für den Experimentierfonds. Im selben Sinne spendete Se. kais, Hoheit, Herr Erzherzog Leopold Salvator. 300 Kronen für den Fonds des wissenschaftlichen Studienkomitees.

Am 1(5. Dezember 190i fand die zweite Vollversammlung statt. In derselben hielt Herr R. Nun führ, Universitätsassistent an der k. k. Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik, einen Vortrag über «Drachen und Luftballons als Hifsmittel der Erforschung der höheren Schichten der freien Atmosphäre». Der Vortragende gab zunächst eine kurze Entwicklungsgeschichte der aeronautischen Meteorologie und legte dann eingehend dar. welch große Bedeutung Drachen und Luftballons für die Physik der freien Atmosphäre und »leren Anwendung für die praktische Wetterprognose besitzen. «Die führenden meteorologischen Forscher haben seit langem erkannt, daß die Beobachtungen an der Erdoberfläche und auf Berggipfeln nicht hinreichend sind, um die Bewegungen und Zustände der Atmosphäre genauer zu erforschen und einen Einblick in den ursächlichen Zusammenhang der Wetteränderungen zu gewinnen. Zur vollständigen Charakterisierung der Vorgänge in der Atmosphäre und der dadurch bedingten Änderungen des Wetters sind deshalb möglichst fortlaufende Beobachtungen auch aus höheren «ungestörten» Schichten der Atmosphäre unentbehrlich. Was wir an der Erdoberfläche beobachten können mit Hilfe unserer Instrumente, gleicht bloß dem Kräuseln der Wogen, dem Wellenschlage am Strande des Ozeans. Einen tieferen Einblick in den kausalen Zusammenhang der Wetteränderungen können wir erst gewinnen, wenn wir die erdnahe Slörungsschicht mit ihren zahllosen lokalen, derzeit kaum qualitativ und noch viel weniger quantitativ wertbaren Einflüssen durchdringen und mit Hilfe des Drachens in den Tiefen des Luftmeeres schwebende Observatorien verankern, die uns die Daten liefern, welche wir zur quantitativen Charakterisierung des Wetters nicht entbehren können.» «Welch außerordentlich günstigen Ausblick die Drachenforschung speziell für die praktische Wetterprognose eröffnet, hat Prof. Aßmann bereits an einer Reihe von Beispielen deutlich dargetan. Es hat sich gezeigt, daß namentlich das Vorhandensein oder Fehlen von Temperaturumkehrungen (Inversionen) von großem Einlluß auf die Gestaltung der Witterung ist: die Konstatierung von Inversionen und deren Überwachung bildet auch bereits ein wichtiges Hilfsmittel der Vervollkommnung der Lokalprognosen für alle Orte, welche innerhalb des Wetlerraumes liegen, in dem die Auslotung der Atmosphäre stattfindet.»

Der Vortragende geht hierauf auf die Entwicklung der Drachenlechnik in ihrer Anwendung auf die meteorologische Höhenforschung näher ein: er weist kurz auf die Versuche von Dr. Wilson, Bitt, Archibald und Eddy hin und gibt dann an der Hand von bildlichen Darstellungen und Modellen eine Darstellung der Leistungsfähigkeit des sogenannten Kastendrachens von Hargrave, dessen Erfindung er als einen Wendepunkt in der Entwicklung der Drachentechnik bezeichnet. Die epochemachenden Arbeiten von Boich am Blue Hill und Teisserenc de Bort in Trappes werden sodann ausführlich beschrieben und deren Bedeutung für die Draclienforschung gewürdigt. Der Vortragende legte weiter dar. daß gegenwärtig nahezu alle Kullurstaalen ein oder sogar schon mehrere Aeronautische Observatorien besitzen, an denen Aufstiege von Drachen und

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Drachenhallons stattfinden, um die meteorologischen Verhältnisse der höheren Schichten der freien Atmosphäre zu erforschen. «Um der systematischen Drachenforschung allmählich auch in Österreich, wo bisher auf diesem Gebiete so gut wie nichts geschehen ist, die Wege zu ebnen, hat das wissenschaftliche Studienkomilee des Wiener Flugtechnischen Vereins die Einrichtung einer Dracbenstation in Verbindung mit einer Flugtechnischen Versuchsanstalt ins Auge gefaßt. Es sollen teils unter Zuhilfenahme der gegenwärtig bereits zur Verfügung stehenden Hilfsmittel und nach den von anderen Forschern ausgearbeiteten Methoden, teils in völlig neuer und origineller Weise Drachenaufstiege bis zu den größten erreichbaren Höhen ausgeführt werden. Auch soll stets der flugtechnischen Verbesserung des Drachenmaleriales und der Erhöhung des Wirkungsgrades ein besonderes Augenmerk zugewendet werden. Es wäre nun zu wünschen, daß sich ein für die Wissenschaft begeisterter Mäcen fände, der bereit wäre, die Mittel zur Verfügung zu stellen, die nötig sind, um an die Realisierung der gestellten Aufgabe herantreten zu können. Da die endliche Schaffung eines Institutes für die Fliege der aeronautischen Meteorologie und der Flugtechnik nicht bloß von höchstem wissenschaftlichen und praktischen Interesse, sondern heute nachgerade schon zur Ehrenpllichl für Osterreich geworden ist, darf man wohl hoffen, daß der Appell des Wiener Flugtechnischen Vereins nicht un-gehört verhallen wird.»

Am 13. Januar 190") fand die dritte Vollversammlung des Wiener Flugtechnischen Vereins statt. Nach Erledigung der geschäftlichen Mitteilungen hielt Herr Ingenieur und Patentanwalt .1 J. Ziffer einen recht anregenden und mit lebhaftem Reifall aufgenommenen Vortrag über «Das neue österreichische Fatentgesetz und der Schutz der Erfinderrechte im allgemeinen*. Der Vortragende gab zunächst eine kurze, sehr interessante Darstellung der Entwicklungsgeschichte der Patentgesetzgebung überhaupt und kommentierte dann die wichtigsten Paragraphen unseres neuen österreichischen Patentgesetzes, wobei er sich namentlich bemühte, die Begriffe der «Erfindung» und der «Neuheit» einer Erfindung auch dem juristisch nicht geschulten Laien so klar wie möglich zu machen.

Am 27. Januar wurde die fünfte Vollversammlung abgehalten. Für dieselbe war ein Diskussionsabend angesetzt. Als Grundlage der Diskussion diente ein von Herrn Ingenieur Viktor Hänisch im Januar lilOi im Ingenieur- und Architektenverein gehaltener und seitdem veröffentlichter Vortrag, der unter dem Titel «Konstruktion zur Ermöglichung der intermittierenden Kraftausnützung bei Fortbewegung von Massen in elastischen Mitteln unter spezieller Berücksichtigung des dynamischen Fluges», auch als Sonderabdruck im Verlag des Verfassers (Wien III. Heizgasse Si erschienen ist.

Herr Ingenieur Hänisch leitete die Diskussion selbst ein, indem er in Kürze die Prinzipien darlegte, auf denen die von ihm mit viel Fleiß und Geschicklichkeit konstruierten Fliegermodelle zur Ausnutzung intermittierender Kraft basieren. Im Wesen bestehen diese Modelle aus je einem Paare von Flügeln, die in eigenartiger Weise um horizontale Achsen rotieren und dabei Schlagbewegungen ausführen. Der Mechanismus, durch den die Auf-und Niederbewegung der Flügel bewirkt wird, besteht kurz skizziert in folgendem: An dem nicht angetriebenen Ende einer Kurbel wird die ebene Fluglläche von rechteckiger Form im Mittelpunkte ihrer Breitenausdehnung drehbar befestigt. Mit Hilfe einer Balance wird nun von einer bestimmten Anfangslage aus die Fläche derart bewegt, daß sie sich um den am nicht angetriebenen Kurbelende liegenden Mittelpunkt genau um die Hälfte jenes Winkels dreht, welchen die Kurbel während der gleichen Zeit beschrieben hat. Die Hauptkurbel, welche von der Maschine direkt angetrieben wird, hat auf ihrer Achse und zwar auf der der Schlagfläche abgewendeten Seite ihrer Drehnngsebcne die Balance durch vollkommen zwangsläufige 1 berselzung derartig drehbar befestigt, daß sich dieselbe um die Hälfte desjenigen Winkels drehen muß, den die Hauptkurbel in der gleichen Zeit beschreibt, gleichgültig, ob die Bewegung gleichförmig, mit Beschleunigung oder Verzögerung erfolgt. An den Enden der Balance sind wieder Kurbeln befestigt, welche sich in derselben Ebene wie die Hauplkurbel bewegen und die Winkelbewegung

der Balance auf die Fläche zu übertragen haben. Sie stehen in jedem Augenblick parallel zur Hauptkurbel und drehen sich daher mit der gleichen Winkelgeschwindigkeit wie diese. Die beiden Flügel liegen symmetrisch zur Medianebene des Apparates. Der Antrieb der Modelle erfolgt durch die Spannkraft von vier Uhrfedern. Die Modelle führten, wenn man die Federn vollständig aufzog, wohl eine hüpfende Bewegung aus : dieselbe konnte jedoch noch nicht als beweiskräftig dafür angesehen werden, daß das Modell wirklich flugfähig ist, d. h.' daß dasselbe imstande ist. sich twenn auch nur kurze ZeiO freischwebend in der Luft zu erhalten.

An die Ausführungen des Herrn Vortragenden knüpfte sich eine sehr lebhafte Diskussion. Man zollte den mit großem konstruktiven Geschick und sehr sauber ausgeführten Modellen wohl allgemeine Anerkennung, trat aber der Behauptung entgegen, daß ein Propeller bei intermittierender Arbeit einen größeren Wirkungsgrad ergebe, als bei kontinuierlicher Beanspruchung.

Am 10. Februar 1905 sprach Herr Oberingenieur Anton Makowsky über «Eine neue ballonfreie Fliegerkonstruktion». Die Ausführungen des Herrn Vortragenden brachten leider eine große Enttäuschung. Mit Rücksicht auf die, Stellung des Herrn Vortragenden glaubte der Ausschuß davon absehen zu können, das Manuskript des Vortrages sich früher vorlegen zu lassen. Es hat sich indes gezeigt, daß der Titel «Ingenieur» für sich allein noch durchaus keine sichere Gewähr dafür bietet, daß der Träger dieses Titels deshalb auch von der Flugtechnik und der Luftschiffahrt per se schon mehr wissen müsse, als der erste beste Laie. Mit viel Pathos legte der Herr Vortragende das neue von ihm erfundene Fliegersystem dar, ohne sich dessen bewußt zu werden, wie kindlich naiv seine Ausführungen dem Fachpublikum erscheinen mußten, vor dem er sprach. Der Abend mußte deshalb leider als vollständig verloren gelten. Der Herr Vortragende ließ sich durch die verdiente abfällige Beurteilung seiner ganz unreifen Ausführungen vor dem kompetenten Fachkreise jedoch nicht abschrecken, kurz darauf in der Maschinen-Ingenieurgruppe des österreichischen Ingenieur- und Architektenvereins neuerdings seinen Vortrag über das gleiche Thema zu halten; derselbe soll, zufolge den Berichten der Tagesblätter, mit großem Beifall aufgenommen worden sein (!?).')

In der Vollversammlung vom 24, Februar sprach'Herr Ingenieur Josef Popper, welcher durch Krankheit verhindert gewesen, am Diskussionsabend vom 27. Januar teilzunehmen, in unmittelbarer Anlehnung an diese Diskussion über «Die Nachteile der intermittierenden Flugmethode im Hinblick auf Arbeitsökonomie«. Die geistvollen Ausführungen des Vortragenden trugen sehr wesentlich zur Klarstellung der Frage betreffs der Arbeitsökonomie bei. Herr Ingenieur Popper legte in ebenso klarer wie zwingender Weise dar, daß vom Standpunkte der Motorgröße aus das Inlermittieren gegenüber dem kontinuierlichen Betriebe ökonomisch ungünstig ist, und folgert, daß bei Flugmaschinenprojekten (wenn sonst keine anderen Gründe dafür sprechen) nur kontinuierliche Betriebe ins Auge zu fassen sind.

Reicher und anhaltender Beifall lohnte den Herrn Vortragenden für seine trefflichen Darlegungen. . Nim führ.

Königlich Spanischer Aero-Klub.

Am 8. April hat sich in Madrid ein Komitee gebildet zur Gründung eines Königl. Spanischen Aero-Kluhs Dasselbe setzt sich wie folgt zusammen: Vorsitzender: Marquis de Viana: Stellvertreter: Hauptmann Kindelän; Schatzmeister: Herr Roman S. Areas; Schriftführer: Herr Jean Rugama: leitende Komiteemitglieder: Jacques Loi-niers, Jesus Fernandez Duro, Marquis de la Rodriga. Die Ehrenpräsidentschaft

>) Nach der Mitteilung eines Augenzeugen (Herrn Ohoringeiiieur II. v, f.Oeisli *tieü?n die Au* führungen de« Herrn Vortragend".'« indes auch im Ingenieur- und Arohitektenv^rein atit »ehr lebhaften Widerspruch.

soll Sr. M. «lern König Alfons X111 angeboten und der erste Ballon des König). AeroKlubs Alfonso XIII getauft werden. Der Präsident Marquis de Viana stiftete einen Preis für eine Wettfahrt unter sehr günstigen Bedingungen.

Die Liebe für Luftschiffahrt findet gegenwärtig unler den Sportsleuten schnelle Verbreitung und es zu erwarten, daß der Spanische Luftschiffer-Verein sehr bald zahlzciche Mitglieder aufweisen wird. Schon jetzt liegen zahlreiche Anmeldungen vor.

Am IM. Mai letzthin hat nun die Gründungsfeier des «Beal Aero-Club de Madrid» in Gegenwart S. M. des Königs Alfonso XIII. stattgefunden. Bei diesem Anlaß stiegen 4 bemannte Ballons auf. Der erste, von 1000 in1, ist Eigentum des Aeroklubs selbst. Er wurde geführt von Oberst Vives y Vieh. Chef der militärischen Luftschifferabteilung. Mitfahrer waren die Herren Marquis de Viana, Vorsitzender des Aeroklubs. Santiago Liniers, .luan Huyama. Die 3 andern Ballons gehörten Klub-milgliedern. so der eine Ballon. «Vencejo» (1200 mH>. dem Marquis de la Bodriga, der selbst mitfuhr, begleitet von M. Hurtado deAme/.aga, und geführt von Hauptmann Kindelän. Der Herrn Fernando Duro gehörende Ballon «Alcotän> (1000 m) hatte als Führer den Hauptmann Gordejuela vom Luflschillcrtrupp, als Mitfahrenden Herrn Sanchez Arias. Der 4ö0 n.:i haltende « Aviou» wurde von seinem Besitzer, Fernando Duro. seihst geführt.

Es fand eine Verfolgung mit Automobilen statt, wobei 3 von den Ballons bei der Landung eingeholt wurden. Es scheint eine schnelle Entwicklung des Ballonsportes in Madrid vorausgesehen werden zu können. P. lt.

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Patent- und (JebrauchgmuHterschaii in der Luftschiffahrt.

Ausgelegte Patentanmeldungen in der Zeil vom Iii. September l'.MO bis |. April 190i">.

K. 2tiö3N. Vorrichtung, um in der Luft schwebenden Gegenständen eine lotrechte oder wagerechte Bewegung zu erteilen. Gustav Knapper, Dortmund. Angemeldet 29. Dezember 1903, ausgelegt 12. Januar DHC».

M. 2A391. Vorrichtung zur lösbaren Verbindung des Korbes mit dein Luftballon. Ewnld Mensel, Bannen. Angemeldet 27. April 1904, ausgelegt Di. Februar l00f>.

M. 2(107"». Vorrichtung zum Begeln des Absturzes von in die Luft getriebenen Gegenständen in verschieden schneller Folge. Alfred Maul, Dresden. Angemeldet 4. Juni 1903, ausgelegt 10. Februar lOOö.

Erteilt e Patent e.

D. R. P. ir«.">3ös. Verfahren, um Flugmaschinen durch Verstellen der Tragflächen in der Gleichgewichtslage zu «Thailen und ohne Steuer lenkbar zu machen. Flitz Kobitzsch. Merchingen. Patentiert vom 20. November 11102 ab.

D. R. P. l"w 3."i9. Fliigelwendevorrichtung mit Planelengelriebe. Ilitjro Hückcl, Xeu-titsclieln, Mähren. Patentiert vorn lo. Juli DM13 ab.

I). It. P. l.VHiSO. Luftfahrzeug mit mehreren gleichmäßig verteilten Steuern. L. H. de Waiden. London und IL Kundsen, Roston. Patentiert vom 12. März HNO ab.

D. R. P. l.V>6M. Flugvorrichtung. A. Kirsten, (üln a. Rh. Patentiert vom 20. Oktober UKW ab.

D. It. P. K»7 399. Schlaglliigelan«>rdnung für Flugmaschinen. George Me. Müllen, Perl Ii,

Australien. Patentiert vom 2fi. Januar 1904 ab. D. R. P. 1"»s2üh. Anlriebsvorrichlung für Fahrzeuge, bestehend aus zwei übereinander

liegenden, sich um ein«' gemeinsame Achse in entgegengesetzter Richtung drehenileti

Wendellügeln. Dr. Jörp Lanz, Itodaiin. Patentiert vom 9. Mai 1903 .ab. D. R. P. LVilHMS. Flugvorrichtung. Zusatz zu Pal. l.V»6M. A. Kernten, ('»In a. Rh.

Patentiert vom 2(i. Januar 1904 ab.

Gelöschte Patente.

D. R. P. 139 493. Dvnamische Fluginasehine. Georjr Welluer, Brünn.

D. R. P. 139 724. LÜltscIulT mit Tragflächen. Adolf Felle, München.

D. R. P. 144 912. Fesselllieger mit entgegengesetzt umlaufenden, von konzentrischen

Achsen getragenen Luftschrauben. Frederick Ilodjre und George de Forjres

Garlnnd, Surrcy.

201 €44«

IL Ii. P. 14Ö 747. Fluginaschine mit zwei Luflschrauben, deren Flügel ineinandergreifen. Max Bourcart, Colmar.

IL R. P. 14"» 720. Vorrichtung zur Aufrechterhaltung der wagerechten Lage bei Luftschiffen und Unterseefahrzeugen. Thomas Moy, London.

IL IL P. 145 SOO. Vorrichtung zur Veränderung der Schwingungsweite von Schlag-tlügeln hei Luftschiffen. II. Hurtig-, Kandier.

I>. K. P. 151 705. Drachenkreisel. Carl du Belller und Joh. Timm». Selb.

P. R. P. 15:1027. Flugvorrichtung. Reue de Saiissure, Genf.

Eingetragene Gebrauchsmuster in der Zeit vom 15. September 1901 bis 15. Januar 1905.

IL R. U. M. 232 HS7. Durch gelenkige Verbindung der Gestellteile zusammenlegbarer Schmetlerlingsdrachen mit drehbarem, die Flügelstreben mit der Mittelrippe fest verbindendem Arm zur Entfaltung der Drachenllügel. Franz Frank 1, Wien. Angemeldet 1. August 1901, Aktenzeichen F. 11-119.

D. R. G. M. 283 S11L Am Faden oder Strick selbsttätig zu einem Fesselballon oder Drachen hinauf und wieder herunter laufendes Schiff. Carl Schmidt und Robert Assmann, Lelpzisr-Gobll». Angemeldet 21. Juni 1901, Aktenzeichen Sch. 18 905.

D. R. <». M. 237 NHL Flugvorrichtung mit zwei in entgegengesetzter Dichtung umlaufenden konachsialen Schrauben. Andel Bratsehie, New-Castle. Angemeldet 22. September 1901, Aktenzeichen B. 23 038.

P. R. G. M. 2421S3. Auf Drachenleinen laufende Tragvorrichtung für Meßapparate, Signale und dergl., bei der die Einrichtung zum Ausspannen der Flügel beim Anstoß an den Drachen zwecks Zurücklaufens der Vorrichtung ausgelöst wird. Fritz Heeke, Berlin. Angemeldet 17. November 1901. Aktenzeichen T. R512.

Bibliographie und Literatlirbericht.

Beitrüge zur Physik der freien Atmosphäre, Zeitschrift für die wissenschaftliche Erforschung der höheren Luftschichten. Im Zusammenhange mit den Veröffentlichungen der Internationalen Kommission für wissenschaftliche Luftschiffahrt herausgegeben von B. Aß mann u. IL HergeselL Beft 1 u. 2. Straßburg 19DL Verlag von K. J. Trübner.

Unter dem obenstehenden Titel ist seit Mitte des vorigen Jahres eine neue at'ro-nautisch-meteorologische Zeitschrift im Erscheinen, die, wie die Berausgeber im Vorwort ankündigen, in erster Linie eine Diskussion der schon ziemlich angewachsenen Beobachtungen der Internationalen Aeronautischen Kommission anregen und vermitteln soll. Durch diese Diskussionen sollen die Resultate der einzelnen Aufstiege sobald wie möglich wissenschaftlich wirklich fruchtbar gemacht und zugleich die größere oder geringere Zuverlässigkeit der Aufzeichnungen festgestellt werden, wodurch vermieden wird, daß verderbliche Irrtümer lange Zeit unentdeckt hleiben und später nicht mehr korrigiert werden können. In zweiter Linie sollen auch andere Untersuchungen, die sich auf die Meteorologie und Physik der freien Atmosphäre beziehen, in der neuen Zeitschrift Aufnahme finden. Die Namen der Mitarbeiter, unter denen sich die ersten Kapazitäten der Meteorologie finden, verbürgen eine Erdwickelung der Zeitschrift in der Richtung, welche die Herausgeber anstreben.

Heft 1 enthält die Resultate der Arbeiten von Hergcsell auf dem Rodensee mit Drachen. Die ausführliche Darstellung der Technik der Aufstiege wird für jeden Fachmann, der sich über die veränderten Bedingungen orientieren will, unter denen das Auflassen von Drachen von einem Schiff aus geschehen kann, interessant sein. Die Resultate der Aufsliege sind vollständig wiedergegeben, haben aber eine genauere Verarbeitung noch nicht erfahren. Artikel 2: Ein Jahr simultaner Drachenaufstiege in Berlin und Hamburg von R. Aßmann behandelt im wesentlichen das Phänomen der Temperatur-Inversion, ihre vertikale Erst reckung an beiden Stationen, ihre Höhe über der Erde und ihr Auftreten. Es ergibt sich, daß Inversionen an beiden Orten in 77,8'J\> aller Fälle angetroffen winden und daß sie somit als ein über weite Gebiete verbreitetes hau-

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figes Phänomen anzusehen sind. Der drille Artikel: j'hei die Bestimmung der Balm eines Registrierhaiions beim internationalen Aufstieg vom 2. .luli 11)03 in Strassburg von A. d e Quervain betont die Wichtigkeit der Fortsetzung und Verbreitung derartiger Messungen, denn diese allein geben uns sicheren Aufschluß über Windrichtung und Geschwindigkeit in Höhen zwischen 10 und 20 km, für die man sonst nur auf Wolkenmessungen angewiesen war.

Heft 2 enthält an erster Stelle eine Untersuchung von .1. Maurer über das Verhallen der Trägheitskoeflizienten ventilierter Thermometer unter variablem Druck des aspirierenden Mediums. Die äußerst umfangreichen und mit großen Mitteln ins Werk gesetzten Versuche haben uns zum erstenmal auf dem Wege des Experiments Aufschluß erleilt über das Verhalten der Empfindlichkeit, hezw. des Trägheitskoeflizienten ventilierter Thermometer bei so starker Luftverdünnung •;bis zu 50 mm Hg), wie sie in den höchsten von Registrierballons bis jetzt erreichten Höhen faktisch zutage tritt. Ris zu 400 mm ist die Zunahme des Koeflizienten. bei einer Ventilation von 4 mps., nur gering, von da ab ist sie etwas rascher, erst bei den höchsten erreichten Verdünnungen (00— 80 mmi wächst der Koeffizient auf etwa das doppelte des Wertes bei normalem Luftdruck an. Die Fortführung dieser Versuche und ihre Erweiterung auf die Abhängigkeit der Träg-Jieitskneffizienten von der Temperatur des Thermometers steht in nächster Zeit zu erwarten. Dem zweiten Artikel ist eine gut gelungene Photographie eines seltenen Wolkengebildes (tornadoähnliche Form eines Altocumulus) von IL Sprung beigegeben, an die sich die für Ballon-sondes erweiterte Angotsche barometrische Höhontafel von A. de Quervain anschließt. Theoretisches Interesse bietet die Berücksichtigung der Partialdrucke für große Höhen.

Den Schluß bildet ein kurzer Bericht über die 4. Konfeienz der Internationalen Aeronautischen Kommission in St. Petersburg. F..

Luftwiderstand und Fliisrirage. Experimentalvortrag, gehalten von Arnold Samuelson, Oberingenieur. Hamburg 1004. 42 Seilen mit 23 Abbildungen.

Der Herr Verfasser vorliegender Broschüre bringt seine jedem Flugtechniker wohl bekannten Anschauungen über das ballonfreie Fliegen und die Grundgesetze der Aero dynamik neuerdings in centinuo zur Darstellung; er nimmt dabei den Standpunkt ein. .daß «die richtigen Gesetze des Luftwiderstandes in ihrem inneren Zusammenhange> erst von ihm «entdeckt» worden seien.

So wertvoll die (lugtechnischen Arbeilen des Herrn Verfassers seinerzeit, d. i. vor •etwa 20 Jahren, auch gewesen sind, kann man sich doch bei kritischer Prüfung der Uberzeugung nicht verschließen, daß dieselben heute größtenteils nur mehr historisches Interesse beanspruchen können, und zwar einzig und allein aus dem Grunde, weil er neuen Ideen und der richtigen Bewertung fremder Leistungen sich zu sehr zu verschließen scheint. Wie wäre anders möglich, daß er sich über die hervorragenden Arbeiten zweier unserer verdienstvollsten deutschen Flugtechniker, nämlich Lilienthals und v. Loeßls. in so absprechender Weise äußern könnte. Es ist hier wohl nicht der rechte Ort und es ist glücklicherweise auch gar nicht mehr nötig, die Bedeutung der Leistungen unseres genialen Ollo Lilicnthal gegen derartige Verunglimpfungen ins rechte Licht setzen zu müssen. Ebensowenig ist dies wohl nötig bezüglich der bahnbrechenden und heute in der ganzen Welt voll und ganz gewürdigten experimentellen Forschungen über den Luftwiderstand des Herrn F. v. Loeßl. Die Leistungen dieser Forscher lassen sich nicht einfach damit aus der Well schallen, daß man gegen den einen den Vorwurf erhebt, er habe <■ die Originalergebnisse seiner Versuche über den Luftwiderstand gewölbter Flächen schon mit Hücksichl auf seine Flugtheorie reguliert» und von dem anderen sagt, «seine falschen, den einfachsten Grundwahrheiten der Mechanik hohnsprechenden Fluganschauungen» seien < bereils von Herrn Josef Popper durch einen unanfechtbar logischen Artikel völlig abgeschlachtet i sie! i worden». Der Herr Verfasser verschweigt dabei aber ganz, daß die gewiß berechtigte Kritik von Herrn Ingenieur .1. Popper sich doch lediglich auf

die sogenannte Loeßüsche «Sinkformel» bezieht, welche von deren Autor als rationelles Naturgesetz betrachtet wird, während sie in ihrer gegenwärtigen Form (gleich den anderen v. Looßl'schen Widerstandsformeln) höchstens als eine empirische, keineswegs allgemein gültige Formel für den Luftwiderstand ebener, durch die Luft gleitender Platten angesehen werden kann. Dieses logische Versehen, das sich Herr v. Loeßl bei allen seinen Versuchen der deduktiven Ableitung seiner Widerstandsformeln für den lotrechten und schiefen Luflstoß gegen ebene Platten zuschulden kommen ließ, findet sich eigentümlicherweise auch in allen Arbeiten des Herrn Verfassers; auch er behauptet immer wieder, die von ihm aufgestellten Formeln über den Druckmittelpunkt und den Normaldruck gegen ebene Platten seien der exakte Ausdruck eines rationellen Naturgesetzes, während diese «Naturgesetze» doch im besten Falle höchstens empirische Formeln darstellen können und darum der Ergänzung und Herichtigung durch die Erfahrung, das Experiment nicht nur fähig sind, sondern deren auch bedürfen. Es ist deshalb auch ein bloßes Spiel mit Worten, derartige rein empirische Formeln als «Naturgesetze » zu bezeichnen, und es ist offenbar nichts weiter, als eine unbewußte Selbsttäuschung, wenn der Herr Verfasser meint, seine empirischen Hegeln über die Größe des Luftwiderstandes und dessen Verteilung auf ebenen Platten «aus rein geometrischen Gründen», «nach reinen Vernunftgründen» oder «aus Gründen des gesunden Menschenverstandes, lediglich gestützt auf die einfachsten physikalischen Grundbegriffe» deduktiv ableiten zu können. Der Wert einer empirischen Formel wird durch solche «Ableitungen » in keiner Weise erhöht. Die Erfahrung hat auch gelehrt, daß derartige vermeintliche «Ableitungen» einer empirischen Formel oft ein schwerer Hemmschuh für die Entwicklung der Flugtechnik dadurch geworden sind, daß man auf Grund ihrer deduktiven «Ableitung > gewisse Gleichungen für allgemein gültig annahm, sie als den exakten Ausdruck eines «Naturgesetzes • ansah, während ihr Geltungsbereich nur ein sehr beschränkter war. Aus der Geschichte der letzten Entwicklungsphase der praktischen Flugtechnik ließen sich eine ganze Heihe von Beispielen als Belege dafür anführen. Auch hervorragende Forscher vermochten sich von dieser Selbsttäuschung nicht frei zu halten. So hält z. B. auch Herr F. v. Loeßl, wie schon erwähnt, die von ihm experimentell aufgefundenen Widerstandsformeln für den vollständigen Ausdruck exakter Naturgesetze und versucht demzufolge eine theoretische «Ableitung» derselben. Der verdienstvolle Flugforscher übersieht dabei freilich ganz, daß der große Wert der neu gefundenen Formeln für den quantitativen Wert des Luftwiderstandes gegen ebene Platten ja gerade darin liegt, daß seine Gleichungen empirische Gesetze darstellen, die auf der Erfahrung basieren und deshalb mit dieser auch nicht in Widerspruch geraten können, so lange sie nicht etwa auf Fälle angewendet werden, die außerhalb ihres Geltungsbereiches liegen. Ohne auf Einzelheiten einzugehen, sei nur noch auf ein eigentümliches Verschen hingewiesen, das auch bei der flüchtigsten Lektüre der besprochenen Broschüre in die Augen fällt. S. 29 werden zwei Kräfte, die zu einander senkrecht stehen, algebraisch addiert und das Ergebnis als • Summe der widerstehenden Kräfte» bezeichnet!

Während bezüglich des wirklichen Wertes der bisher besprochenen Abschnitte der vorliegenden Broschüre die Ansichten des Herrn Verfassers in diametralem Gegensatze stehen zu der Überzeugung des Heferenten, freut sich derselbe, konstatieren zu können, <laß diese Diskrepanz der Urteile für den Abschnitt 9, betitelt «Der wirkliche Flug», nicht besteht. In diesem Abschnitte gibt der Herr Verfasser eine sehr wertvolle Analyse der «dynamischen Gleichgewichtsbedingungen, die bei jedem in der Luft schwebenden Körper «erfüllt sein müssen»; dieselben werden in folgende Sätze zusammengefaßt:

1. «; Die Summe aller auf den Körper wirkenden Vertikalkräfte muß gleich Null sein.»

2. «Die Summe aller auf den Körper wirkenden Horizontalkräfte muß gleich Null sein.»

8. «Die Summe aller Drehmomente, bezogen auf jede beliebige Axe des Körpers muß gleich Null sein. •

20 4 «4M«

Die in dem besprochenen Abschnitte entwickelten Salze und Darlegungen werden, wenn dies auch bezüglich der übrigen, vom Verfasser aufgestellten «Naturgesetze de» Luftwiderstandes» — wenigstens in der in vorliegender Broschüre entwickelten Form — nicht der Fall sein sollte, in der künftigen < Filmwissenschaft • gewiß nicht fehlen dürfen. Nim führ.

Resistance nf alr und Hie question of Aying'. F.xperimenlal lecture read by A. Samuel-son, Chief-Kngineer. 8°3<> S. Hamburg 1905. (London F.. &. F. Spon Ltd. 125 Strand. New-York Spon & Chamberlain 123 Liberty Street). Ks handelt sich um eine Übersetzung der oben besprochenen Broschüre ins Englische.

Personalia.

MocdeWck, Major u. Arl.-Üflizier vom l'latz in Graudenz wurde durch A. K. (). vom 22. April als Bataillons-Kommandeur in das badische Fnß-Artilleneregiment Nr. 14 nach Straßhurg i. E. versetzt.

Mitteilung der Redaktion über die Mitarbeiterschaft an den „Illustrierten Aeronautischen Mitteilungen".

In den letzten Monaten haben verschiedene Änderungen und namentlich Erweiterungen im Kreis des Redaktionsstabes unserer Zeitschrift stattgefunden, so daß wir es für angemessen halten, unsern Lesern die Namen der geehrten alten und neuen Mitarbeiter und Korrespondenten zur Kenntnis zu geben. Zugleich danken wir jenen, die infolge anderer Inanspruchnahme die Mitarbeit niederlegen mußten, noch besonders für die bisherige Tätigkeit, so Herrn Steuerinspektor Bauwerker, Herrn Privatdozent Dr. Emden und namentlich auch Herrn Prof. Dr. Süring und Herrn Oflizial Nikel.

Mitarbeiter:

Acronautik und Sport: Generalmajor z. 1). Neureuther, München; Major Moedebcck, Straßburg. Aeronautische Meteorologie und Physik der Atmosphäre: Dr. H. Elias, Berlin; Privatdozent Dr. A. de Ouervain, Straßburg. Aeronautische Photographie und Hilfswissenschaften: Baron v. ßassus, München. Flugtechnik: Fniversitälsassislent K. Nimführ, Wien. Aeronautische Technik: Dr. Ingenieur H. Reissner, Berlin. Aeronautische Vereine: Schriftsteller A. Foerstert Berlin. Aeronautische Patente: Patentanwalt Ingenieur Hirschfeld, Berlin.

Korrespondenten im Auslände:

England: Ingenieur H. E. v. Holtorp, London. Frankreich: Oberstleutnant a. I). G. Espitallier, Paris; rniversitätsprofessor Marchis, Bordeaux; Graf de la Vaulx. Paris. Italien: Prof. Dr. Pochetlino, Rom: Privatdozent Dr. Heibig, Rom. Rußland: Rosenlhal. wissenschaftlicher Beamter am Käiserl. russ. physikal. Zentralobservatorium in St. Petersburg: Ingenieur Winawer, St. Petersburg. Spanien: Hauptmann Francisco «le Paula Rojas, Guadalajara. Schweden: Hauptmann R. Jäderlund, Vaxholm. Schweiz: Oberst Schaeck, Bern. Vereinigte Staaten von Nordamerika: K. DiensIbach, New-York.

Die Redaktion hält sich nicht für verantwortlich für den wissenschaftlichen Inhalt der mit Namen versehenen Artikel.

Alle Rechte vorbehalten; teilweise Auszüge nur mit Quellenangabe gestattet.

Die Redaktion.

Heft 7. - Juli 1905

M. der Czar Nikolaus II. besichtigt die Wasserstoffdarstellung für das Ostsibirische

Luftschifferbataillon.

1. S. M Czar Nikolaus II 2 S. K. ii Qrossfürst Peter Nikoltjewitsch. .1. S. Ex/eilen» Oen.-Leutn. Wernander.

4. Oberst Kowanko 5 Herr S. Maximnwitsch

Das Offizierkorps des Ostsibirischen Luftschifferbataillons in Warschau vor der Abfahrt

nach dem Kriegsschauplatz.

Oberstleutnant Oberst Naidenow Kowanko

illustrierte yieronautische jKfitteilungen.

IX. Jahrgang. Juli 1905. fr*

Aeronautik. Die russische Militärluftschiffahrt.

Von H. W. L. Moedebeek, Major und Bataillons-Kommandeur im Badischen Kufvartillerie-Reg. Nr. 14.

Es sind jetzt 20 Jahre her, ich hatte als Leutnant beim damaligen preussisehen Ballondetachement ein unsere aeronautischen Kenntnisse systematisch zusammenlassendes Handbuch der Luftschiffahrt veröffentlicht, als ein liebenswürdiger Brief vom .Stabskapitän Kowanko aus St. Petersburg an mich einging, der die Bitte enthielt, jenes Handbuch ins Russische übersetzen zu dürfen. Ks lag kein Grund vor, diese Bitte nicht zu genehmigen. So kam es, daß bei den wiederholten Besuchen meines Übersetzers in Deutschland schließlich freundschaftliche Fäden zwischen uns gesponnen wurden, welche die stets wiederholte Aufforderung, einmal nach Petersburg zu kommen, mir schließlieh zu einer dringlichen Freundschaftspflicht machten. Bei dem internationalen, wissenschaftlich aeronautischen Kongreß 1904 war es mir endlich möglich, diesen in mir längst regen Wunsch endlich zu erfüllen und das nun außerdem unter ganz besonderen Umständen, denn mein inzwischen zum Obersien avancierter Freund Kowanko mußte während jener Zeit zum Kriegsschauplatz abfahren und ich hatte das Glück, ihm das (ieleit zur Bahn geben zu können und ihn mit der Hoffnung abfahren zu sehen, daß er sein Lebenswerk, die russische Militärluflschiffahrt, zum Besten seines Vaterlandes mit vollem Erfolg werde einsetzen können. Als Freund und, durch die Bussifizierung meines Handbuches für Luftschiffahrt zugleich als ein indirekter Mithelfer, konnte ich meine persönlichen Gefühle nur in dieselbe Wagschale werfen. Meine besten Wünsche begleiteten ihn.

Ich habe diese Einleitung vorausgeschickt, um damit zu erklären, wie ich von den russischen Kameraden in ganz besonders herzlicher Weise empfangen worden bin. Jeder kannte mich dem Namen nach und jeder machte mir einige liebenswürdige Elogen und drückte seine Freude aus, mich persönlich kennen zu lernen, sodaß ich sehr bald die Empfindung hatte, zu Hause zu sein, wo man sieh wohl fühlt; was aber kann man sonst mehr verlangen.

In nachfolgendem aber will ich berichten, was ich von der russischen Militärluflschiffahrt an Ort und Stelle gesehen und gehörl habe, weil es grade heutzutage für die Le>er der 1 A. M. von besonderem Interesse sein dürfte, zu erfahren, wie die bezüglichen russischen Einrichtungen und Organisationen sich einem unparteiischen, deutschen Auge darstellen.

Die internationale Konferenz brachte es mit sich, daß der geheimnisvolle

7. He«.

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Schleier, welcher bisher für Ausländer das Wolkowo Polle umgab, auf dem sich das Etablissement des kaiserlich russischen Luftsehifferparks befindet, gelüftet wurde. Oberst Kowanko hatte uns feierlich zum Besuch der Anstalt und zu einem Diner iin Oflizierkasino daselbst eingeladen und für jemand, der wie ich nach den doch recht dürftigen Quellen der Presse und einzelnen russischen Militärschriftstellern die Entwicklung der russischen Militärluftsehiffahrt fortgesetzt verfolgt hatte, gab es hier nicht nur viel Neues zu sehen, sondern auch manche irrige Anschauung zu beseitigen und die Lücken seines Wissens nach der in einem vortreflliehen Museum zur Darstellung gebrachten Entwickelung der russischen Militärluftsehiffahrt auszufüllen. Hierbei halte ich mich persönlich der kompetentesten Führerschaft zu erfreuen. Oberst Semkowski, welcher im kaiserlich russischen Kriegsminislerium als Abteilungschef im Luftschifferwesen fungiert, die reebte Hand des Oberst Kowanko und die treue Stütze des Ingenieurgenerals Exzellenz Iwanoff, erklärte mir Stück für Stück des 97 Nummern umfassenden Museums, und die Herren, Ingenieur Lipkowsky und Kollegienrat Heintz, waren so freundlich, mir die russischen Erklärungen ins französische oder deutsche zu übertragen. Ebenso dankbar muH ich des beim Luft-schilTerlehrpark angestellten Ingenieurs Garoutte gedenken, der Konstrukteur und Erlinder zahlreicher in die russische Armee eingeführter Spezialwagen. welche mir von ihm eingehend erklärt wurden.

Der Luflschifferlehrpark ist wie der Name besagt eine Lehranstalt, in der aber nicht allein das Lullschifferpersonal für die Armee und Marine ausgebildet wird, woselbst auch das Ballonmaterial angefertigt wird und aeronautische Versuche jeder Art angestellt werden. Die im Westen des Reiches vorhandenen Festungsluftschifl'erabteilungen in Kowno, Ossowiec, Warschau, St. Jablonna bei Warschau, Nowogeorgiewk und Iwangorod sind in bezug auf Oflizierersatz und LuftschilTergerät von dieser Zentrale in St. Petersburg abhängig. Letzlerer liegt ferner die Organisation von Feldluftsehifferkom-pagnien ob, die bisher in Rußland nicht existierten. Nach Bedarf wurden für die Manöver derartige Formationen vorübergehend gebildet. Der Luft-schifferlehrpurk wurde von 188ö—1901 mit nur einjähriger Unterbrechung (1887—1888) von Oberst Kowanko befehligt. Er ist der Abteilung für Elektrotechnik und Luftschiffahrt im Kriegsministerium (Exzellenz Generalmajor IwanolT, Oberst Semkowskyt und der Generalverwaltung für das Militärgeniewesen (Exzellenz Generalleutnant Wernander) unterstellt.

Der Luflschifferlehrpark besitzt einen Stamm an Offizieren und Mannschaften der Armee und Marine mit eigenen Uniformsabzeichen, einem <Y> auf den Achselklappen. Alljährlich werden eine Anzahl Ofliziere der Artillerie, des Ingenieurkorps und der Festungstruppen zur Ausbildung in die mit dem Lehrpark verbundene Schule kommandiert.

Die Gesamtlage sowie die baulichen Einrichtungen des Lehrparks ergeben sich aus beifolgendem vom Fesselballon aus aufgenommenen Bilde (Abb. 1). Die Hauptgebäude sind ein zweistöckiges Kasememenl a, eine

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griechisch-katholische Kirche b, ein zweistöckiges Oflizierswohnhaus c, daran anschließend eine Reihe einstöckiger Gebäude für das Ollizierkasino d mit einer Wohnstube für den Offizier vom Dienst, rnterrichtsräumen, Laboratorien usw. Ferner eine nicht sehr grolle Ballonhalle e, ein geräumiges langes Gebäude zum Zuschneiden und Firnissen von Ballons f und eine Anzahl Schuppen zur Unterbringung von Material.

Al>l>il<iung I. — Der Luftschlffer-Lehrpark auf Wo'kowo Polle vom Ballon aus aufgenommen.

Der russische Luftsohillerlelirpark hat bisher das Bestreben gezeigt, sich an französische Militärlultsehillerverhältnisse möglichst anzulehnen. Der Einführung des bei uns gebräuchlichen Drachenballons war man bis zum Ausbruch des japanisch-russischen Krieges grundsätzlich abgeneigt. Vielleicht hing das mit der Schwierigkeit der WasserstolTdarstellung für einen solchen Ballon von mindestens 600 cbm Volumen zusammen, denn man hatte bisher die Darstellungsmethode aus Eisen- oder Zinkspänen und verdünnter Schwefelsäure. Nachdem die Marineverwallung Versuchen mit dem Drachenballon näher getreten war und für die baltische Flotte eine besondere Drachenballonequipage ausgebildet hatte, begann man auch in der Armee die Vorteile dieser Erfindung kennen und würdigen zu lernen.

Die Seide, aus welcher die russischen Kriegsballons gefertigt werden, ist eine ganz vorzügliche. Weniger gut ist die für Freiballons verwendete Perkaie; sie ist nicht so dicht und gleichmäßig gewebt wie die unsrige, immerhin aber ist sie noch sehr gut und völlig gleichwertig mit der der französischen Handelsfirmen. Tadellos, aus russischem Hanf, ist das Netz-

208 «um.

werk und Flechtwerk der Ballons dahingegen ist die Aufhängung des Korbes beim Fesselballon etwas unvollkommen, weil die Korbstrieke sich rings um den Ballonring verteilen. Hierdurch ist auch bei der eingeführten Trapez-fessolung bei windigem Welter ein ruhiges, die Beobachtung wenig störendes Pendeln «les Korbes unmöglich gemacht. Das Ballongerät wird von den Mannschaften des Luftschillerlehrparks selbst hergestellt. Alle hierzu erforderlichen Hinrichtungen, Nähmaschinen, Netzstriektnasehinen, Firnistische usw. sind in zweckmäßigen Konstruktionen und reichlich vorhanden.

Der im Lehrpark vorgeführte Fesselballon wurde von einer französischen Dampfwinde, System Von. eingeholt. Zur Krleiehterung des Manövers beim Aullassen und Abfangen wurde der Ballon zunächst an 2 Hochlaßlauen über zwei im Boden verankerte Bollen geführt, bis er der in üniversal-gelenken beweglichen Kabelrolle der fahrbaren Winde allein überantwortet werden konnte. Die Ballons des LehrluflschilTerparks wurden auf Wolkowo Polie bisher mit WasserstolTgas gefüllt, das in einem feststehenden Erzeuger französischen Typs, Konstruktion Von, aus Hisenfeilspänen und verdünnter Schwefelsäure dargestellt wurde. Dasselbe System, Iransportabel auf zahlreichen zweirädrigen Karren und Fahrzeugen verladen, System Garoutte. war bisher bei improvisierten Feldluftschilferableilungen in den Manövern gebräuchlich. Diese für den Feldkrieg wenig geeignete Art der Ballonfüllung hatte zur Folge, daß man auf den Märschen den Ballon gefüllt transportierte und Gasvorrat in den in Bußland üblichen länglichen Gassäcken mitführte.

Es wurde auch ein Versuch gemacht, komprimiertes (Jas in eisernen Flaschen auf Spozialwagen mitzuführen. Diese Wagen, im Lenkscheit-System konstruiert, ließen sich aber wegen ihrer Schwere nur auf guten Straßen fortschaffen, wie sie in Bußland nicht so zahlreich vorhanden sind als im westlichen Huropa. Ein derartiger Wagen war ausgestellt. Er hatte 15 horizontal in 3 Reihen übereinander gelagerte Gasflaschen, die fast die ganze Wagenlänge ausfüllten. Zwölf derartige Gaswagen werden zu einer Ballonfüllung halbkreisförmig, die Deichsel nach außen, aufgefahren und ihre Sammelrohre werden durch Gasschläuche miteinander verbunden. Von den an den Halbkreisenden befindlichen Wagen werden dann längere Schläuche nach dem Füllrohr fiir den Ballon geführt (Abb. 2).

Unter der Bezeichnung < Für Festungs-Luftsehifferabteilungen» war ferner ein vierrädriger fahrbarer Ciaserzeuger für Gasherstellung aus Eisen und Schwefelsäure ausgestellt, welcher den früher bei uns gebräuchlichen ähnlich sah.

Auf diesen fahrbaren Gaserzeuger mußte man zurückgreifen, als beim Herannahen der Verwickelungen mit .lapan eine sibirische Luflschilferkom-pagnie gebildet wurde. In den gebirgigen Gegenden der Mandschurei konnte man aber jenes schwerfällige Material nicht verwenden. Die Kompagnie befand sich Anfang Juni in Gharhin, Anfang Juli in Liauyan. An der Schlacht daselbst nahm sie erfolgreichen Anteil. Sie untersteht dem Haupt-

»*>•> 20<t

Fiiann Boreskow. An Offizieren sind ihr zugeteilt: Stabskapitän Pogulai, die Oberleutnants Podobiäd, Olerinsky und Mez.

Auf dein Kriegsschauplätze war außerdem von Anfang an noch eine Marine-Iaiftschilferabteilimg unter dem Kommando des Kapitän-Ingenieurs Postnikow und des Midshipman Gudim in Wladiwostok.

Dahingegen ist mir, entgegen den Nachrichten unserer und der französischen Mililärliteratur, versichert worden, daß sich in Port Arthur keine l.uftsehifferabteilung befunden habe, weil das dort sehr gebirgige Gelände sich für deren Verwendung wenig geeignet habe, was auch nach Vorstehendem verständlich erscheint.

V 1 i >i ung t, — Russische Wagen mit komprimiertem Wasserstoff zur Füllung aufgefahren.

Die Anforderungen des mandschurischen Kriegsschauplatzes führten nun zur Schaffung eines neuen ganz eigenartigen Luftschiffermaterials. Das neue Feldlultschiffergerät war im April 11XÜ in seiner Konstruktion abgeschlossen worden. Man erstrebte dabei vor allem leichte Transportfähigkeit für schlechte Wege und für Gebirgsgegenden, sowie möglichst schnelle Verwendbarkeit. Ferner sollte jeglicher Rücktransport leerer kostspieliger Gefäße, wie es bei entleerten Gasflaschen geschehen mühte, ausgeschlossen bleiben, es durfte nur mit Nachschub von Gaserzeugungsmalerialen und Krsatzstücken gerechnet werden. Man legte der Konstruktion daher das Verfahren der Wasserstolfdarslellung aus Aluminium und Natronlauge zu Grunde, das eine schnelle Gaserzeugung gewährleistet und bei dem die benötigten Chemikalien leicht und bequem zu transportieren sind. Der chemische Prozeß vollzieht sich nach folgender Formel:

2 AI 4-6 Na 0M = A18 (0Na)« + 6 H. Kr geht äußerst schnell vor sich und muß technisch durch Entwickeln in kleineren Portionen gehemmt werden, weil mau die Gaskühlung nicht in SO kurzer Zeit bewerkstelligen kann.

Sehr einfach sind die feldmäßigen Apparate. Für die schlechten Wege in Sibirien wurden Gaserzeuger konstruiert s. Abbild. 3 und den Lichtdruck), die auf zweirädrigen Karren montiert waren. Zwei Generatoren auf einer

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Karre stehend und ein Wasserkühler auf einer zweiten Karre angehraeht. bilden zusammen eine Gasbatterie. Vier derartige Batterien gehören zur Ausrüstung einer FeldluftschUferkompagnie und sind angeblieh erforderlich, um einen Xormulhullou von 610 cbm innerhalb einer halben Stunde zu füllen.

Abbildung i. Gasbatterie einet Alumlnium-Natronlauge-Gai-Entwicklert.

Abbildung t. — Gatbatterie dei Qebirgstrains in Tätigkeit.

Außerdem wurde ein besonderer Train für den Gebirgskrieg vorgesehen, für den samtliche Geräte und Materialien auf Saumtieren transportiert werden. Die Gasbatterie des Gebirgstrains is. Abb. 1» besteht aus 2 zylinderförmigen

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Öfen als Erzeugern, von etwa 2 rn Höhe und 0,50 m Durchmesser, und einem ofenartigen Kühlapparat von ovalem Querschnitt und etwa 1,*<> m Mühe.

Die Erzeuger werden in ihrem unteren Teil mit einer Mischung von Atznatron und Wasser im Verhältnis 1 : 2 versehen. Ein mit bis handgroßen Stücken Aluminiumblech gefüllter Drahtkorb wird oben in den Erzeuger eingesetzt. Die Aluminiumbleche haben nach praktischen Erfahrungen für diesen Apparat am zweckmäßigsten eine Stärke von 2 mm. Der Korb mit dem Aluminiumblech hängt im Apparat an einer Welle und kann durch eine außen angebrachte Kurbel allmählich herabgelassen und so in die Natronlauge zur Gasentwicklung eingetaucht werden. Die Gasentwicklung tritt sofort mit großer Heftigkeit ein. Die Generatoren sind durch einen besonders gefertigten Schlauch mit dein Kühler verbunden. Durch letzteren wird mittels einer Handdruckpumpe von 2 Mann fortgesetzt Wasser hinein <hgepumpt. Ein kleinerer Schlauch führt das gekühlte Gas oben aus dem Kühler heraus in den Gasbehälter.

Abbildung 5. — Zwei Generatoren de* Gebirgstrains auf einem Saumtier verladen.

Herr Oberst Semkowsky hatte die Güte, mir diesen Apparat in Tätigkeit vorzuführen. Nach seinen Angaben leistet die einzelne Gasbatterie des Gebirgstrains mit einer einmaligen Materialfüllung in 20 Minuten eine Darstellung von 32 cbm Wasserstoff. Die Zeitdauer wird hierbei lediglich durch die Kühlung des Gases begrenzt, die bei dem durch die Handpumpe bemessenen Wasserquantum in kürzerer Zeit nicht zu erreichen ist. Ich konnte mich davon überzeugen, daß das Gas in dem gefirnißten Gasbehälter noch ziemlich warm war. Es ist aber jedenfalls nichts dagegen einzuwenden,

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daß da. wo eine grollen' Beschleunigung der Gasdarstellung wünschenswert erscheint, mehrere Gasbatterien zugleich in Tätigkeit gebracht werden können und die Organisationen sind demgemäß reichlich ausgestattet.

Zwei Generatoren bezw. zwei Kühler werden auf je ein Saumtier (s. Abb. 5) verladen, so daß für 2 Gasbatterien nur 3 Saumtiere nötig sind, .lede Feldluflschifferkompagnie hat für den Gebirgskrieg 24 Erzeuger und ö Kühler auf Saumtieren mit. Da für l> Kühler nur 12 Erzeuger in Tätigkeit treten können, wird vermutlich eine fortgesetzte Auswechselung des Erzeugers nach Zersetzung der Chemikalien stattlinden. Das Material für eine Ballonfüllung wird auf i<) Saumtieren mitgeführt.

Die Winde des neuen Feldluftschiffertrains, Konstruktion Garoutte (s. Abb. t> . besteht aus 2 leichten, zweirädrigen Karren, der Kabelkarre und der Windekarre. Erslerer besteht aus einer einfachen, drehbaren Kabel-

AM i:.1111n_- ('.. Winde eine« Ftldlufi»chlffertraint des Ostsibirischen Feldluftschiffer-Bataillons.

tromtnel, die über der Karrenachse und parallel letzterer lagert. Das Hanfkabel läuft von ihrem hinteren Ende durch eine Gleitvorrichtung, die sich bremsen läßt, ab nach dem Windewagen, auf dem Spanntrommel und Kabelrolle angebracht sind. Die Windekarre wird durch Anhängen von Sandsäcken vor der Ingebrauchnahme beschwert. Hierzu führt außen um ihre Bäder herum ein Bügel aus T-Eisen, an dem zahlreiche Sandsäcke angehängt werden.

Dieses neue russische Feldluftsehiffermaterial ist auf Kosten eines russischen Patrioten, des Herrn Sergius Gonstantinowitsch Maksimowitsch, für 2 Feldluftschilferkompagnien beschallt worden.

Am 2. .luli \lM)\ winde dasselbe auf dem Kadettenplatz in Peterhof durch S. M. den Zaren Nikolaus II eingehend besichtigt (s. Lichtdruck», wobei ein Kriegsballon gefüllt und aufgelassen wurde.

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Am 9, Juli wurde sodann die Bildung eines 'Ostsibirischen Feldluftschifferbataillons» in Stärke von 2 Kompagnien befohlen. Seine Mobilmachung erfolgte in Warschau. Oberst Kowanko wurde zum Kommandeur desselben ernannt. Das Offizierkorps (s. Lichtdruck) setzt sich im übrigen wie folgt zusammen :

Stab: Oberstleutnants Wolkow und Naidenow, Adjutant Wegener,

1. Kompagnie: Hauptmann Nowitzki.

2. Kompagnie: Stabskapitän Fürst Baratow, Oberleutnant Osnobischin.

Ferner die Leutnants Schleißner, Markow. Taranow-Bjeloserow.

Xischewski und Arzt Laupmann. Der Kriegsetat des Bataillons hat II Olliziere, •» 1H Unteroffiziere und Mannschaften, H> Reitpferde, 271 l'aekpl'erde und Wagenpferde.

Abbildung 7. Vor der Offlzieroaracke in Charbln. Oktober 1904.

Am 4. September fuhr das mobile Bataillon von Warschau aus nach dem Kriegsschauplatz ab, im Oktober linden wir es auf der Operationsbasis in Charbin, woselbst beifolgendes, mir freundlichst zur Verfügung gestellte Bild (Abb. 7) einen Teil des Oflizierkorps vor ihrer Baracke in winterlicher Kriegstracht, in die wind- und wasserdichte Burka eingehüllt, darstellt.

Am 5. Januar 1f>o."> begann die eigentliche Kriegstäligkeit des Bataillons. Seine Kompagnien wurden auf die 2. und H. Armee verteilt, während die bei Liauyang bereits tätig gewesene sibirische laitWInllerkompagnie der Line-

»»»» 214 €44«

•witzsehen 1. Armee zugeteilt wurde. Die zweite Kompagnie kam dann auch bereits am 10. Januar beim Dorf Pandjaty in der Mukden-Stellung ins Feuer, machte sich durch ihre Aufklärung später bei den Kämpfen um Ssandepu Fnde Januar und anfangs Februar sehr nützlich und verhielt sich so tapfer, daß ihr 11 Ehrenzeichen des Militärordens verliehen werden konnten ('s. Abb. 8i.

Abbildung t, — Zehn mit dem Georgskreuz ausgezeichnete Unteroffiziere und Mannschaften des Ostsibirischen

LuftschifTerbatalllons.

Über das Schicksal der Kompagnie nach der Schlacht bei Mukden fehlen zurzeit noch nähere Nachrichten.

AMiiMung 9. - Gasdarst«llung nach dem neuen Verfahren In der Mandschurei.

Ob sich das neue Fcldluftschiffergerät im allgemeinen bewährt hat, läßt sich noch nicht vollständig übersehen. Man muß vor allem bei der derzeitigen Verwendung in Hetracht ziehen, daß sie unter den stabilen Verhältnissen des Position>krieges in Verteidigungsstellungen erfolgte und eine Prüfung im Degegnunjrsgefecht vorläufig noch aussteht. Die Gasdarstellung (s. Abb. !»> umI Ballonfülliuig aus den bekannten Gassäcken

*♦•>•> 215 €«w«

erfolgte nach russischer Art rückwärts und der gefüllte Ballon wurde in die St hlachtlinie gebracht und hochgelassen. Der Umstand, daß man

Abbildung 10. — Der neueste Wlndewsgen mit Benzinmotor der russischen Feldluftschifferkompagnie.

sich gegenwärtig dem deutschen System, dem Drachenballon, zuwendet, dürfte allerdings den Schluß rechtfertigen, daß man mit dem russischen Kugelballon doch nicht ganz zufriedengestellt ist und für die weitere Folge unser dem Wind und Wetter trotzendes Material nachsenden wird. Man hat daher neuerdings Drachenballons, System Parseval Sigsfeld, von 75u cbm Inhalt eingeführt, und für diese auch einen dem deutschen ähnlichen Windewagen (s. Abb. 10), im Balanzier-System konstruiert. Letzterer ist aber zum Einholen mit einem 24 HP. Benzinmotor versehen. Auch scheint man mit dem Gedanken umzugehen, das Gas in komprimiertem Zustande in leichter konstruierten Wagen als die bisher vorhandenen mitführen zu wollen. Für uns kann es gewiß nur angenehm sein, durch Kriegserfahrung anerkannt zu linden, wie sowohl unseren Konstruktionsprinzipien als auch unserem Material, das Produkt unserer hochentwickelten Industrie, schließlich von durchaus nicht voreingenommener Seite die erste Stelle eingeräumt wird. Man wird fragen, warum dies nicht früher geschehen ist, denn auch dem Oberst Kowauko war unser Material seit dem internationalen Kongreß in Berlin im Jahre 1902 genau bekannt. Die Gründe sind, daß man sich wohl mit Rücksicht auf das russisch-französische Bündnis zu sehr von der französischen Meinung hatte beeinflussen lassen, die bei Lichte besehen, nur aus Eigenliebe die Vorzüge des Drachenballons übersieht, oder, daß man sich scheute, spater peceavü* zu sagen und die mit dem Systemwechsel verbundenen hohen Kosten auf sich zu nehmen. Erst «1er Krieg mit seinem unbarmherzigen Müssen», mit seiner daraus folgenden Nichtachtung aller materiellen Werte, hat diese Umwandlung der Ansichten und die Durchführung von praktischen Neubeschalfungen vollenden können.

Recht praktisch erseheinen die russischen Windwände aus Stangen und Segeltuch, um im Freien verankerte Ballons zu schützen (s. Abb. 11). In Wolkowo Polie befand sich u. a. auch eine derartige Schutzwand, an der gleichzeitig ein Waehtzelt für die Ballonwache befestigt war.

Eine besondere Eigentümlichkeit der russischen Luftschiffahrt liegt in der guten Ausbildung der Offiziere, in der Wolkenbeobachtung und in der Benutzung des Nephoskops. Die für das Freifahren äußerst ungünstige

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Lage von St. Petersburg hat von Anläng an auf die genaueste Beobachtung des Zuges der oberen Luftströmungen geführt. Man hat von Petersburg aus eigentlich nur eine einzige beliebte und gefahrlose Fahrrichtung, nämlich nach Süden, in die ballischen Provinzen. Diesen ungünstigen Fahrverhültnissen verdanken die vielen Nephoskop-Konstruktionen, unter denen ich hervorhebe die des Oberst PotnortzelT, der Ingenieure Kuznotzoll' und Garoutte ihre Entstehung. Die Vorsicht geht aber noch weiter, denn oft muß ein Versuchsballon die fehlenden Wolken ersetzen, und es eignet sich nicht jedes Nephoskop dazu, einen derartigen kleinen Punkt zu verfolgen, vor allein aber kann man mit solchem nicht die Ballongeschwindigkeiten messen. Auch hierfür sind mehrere Apparate vorhanden, die sicherlich den Festungs-lullschilTer-Abteilungen beim Ablassen von Freiballons recht nützlich sein

AMiiliiung II. — Russische Windwand zum Schutz des Ballons.

können. Nicht mit Lnrecht meinte ein Kommandeur einer solchen Feslungs-luftschiffer-Ableilung bei einem Hinweis meinerseits auf diese schwierigen Fahrverhältnisse in Petersburg, daß sie gerade eine vortreffliche Schule bildeten. Das ist zweifellos der Fall, vorausgesetzt, daß tatsächlich oft gefahren wird.

Hei einer Freifahrt von 3 Ballons, der ich den Vorzug hatte beizuwohnen, lagen recht unangenehme Verhältnisse vor. Ks war windstill und zugleich neblig. Bei solcher Wetterlage fährt ein Kenner überhaupt nicht, weil eine solche Fahrt weder einen Zweck hat, noch ein Vergnügen bereilel und außerdem besonders in Petersburg garnicht ungefährlich ist. Aber die nun einmal angesetzten Fahrten sollten wissenschaftlichen Zwecken dienen und man mußte wohl oder übel den Tennin innehalten und das Welter nehmen, wie es war. konnte es sich doch auch noch aufklären. Ein Probe-

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fesselballon von etwa 3 bis 5 cbm Größe wurde an einer dünnen Seidenschnur einige 100 m nachgelassen und bis zu seinem Verschwinden im Dunst, besorgt mit dem Nephoskop auf seinen Abtrieb beobachtet. Aber das ResulUit war kein ermutigendes. Schließlich wurde es gewagt, die Ballons fuhren auf und gingen sehr bald dicht bei bezw. in Petersburg nieder.

Jedenfalls gebührt den russischen Luftschiirer-Offizieren alle Anerkennung für ihr vorsichtiges und schließlich entschlossenes Verhalten.

Seit dem Jahre 1807 sind in Bußland auch Versuche mit Drachen angestellt worden zum Heben von Beobachtern, zu photographischen und Signalzwecken.

Leutnant Uljanin hob auf »lern Naturforscher-Kongreß zu Kiew im Jahre 1898 mit einer nach ihm benannten besonderen Drachenkonstruktion von 60 cim Fläche /.ahlreiche Personen bis auf etwa ßO m Höhe und soll sogar Höhen von 200 m erreicht haben (Illustrierte Aeronautische Mitteilungen 1898).

Für photographische Zwecke wurde eine Panorama-Kamera-Konstruktion Thiele 200—300 m mittels Drachen'hochgelassen und der Moment-Verschluß elektrisch ausgelöst bezw. durch Uhrwerk oder Zündschnur. Die ganz nette Ansicht eines solchen Bildes hat mich indes nicht von der militari- "*«*■■ «■ - 9m^gg^jf von *or"ttenk«Pl,Än sehen Brauchbarkeit dieser Erfindung überzeugen können. Die Entfernungen, auf welche es ankommt, sind zu dunstig und zu unscharf, um die gewünschten Details erkennen zu können.

Bei der Landarmee sind die Drachenversuche aiuch aufgegeben worden, zumal da auch das Hochnehmen von Menschen über Land immer noch als mit ziemlichen Gefahren verbunden gilt.

Dahingegen hat die Drachenerkundung bei der Marine noch Freunde und Anhänger. Besonders in der vor 3 Jahren in Sebaslopol eingerichteten

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Marine-Luftschiffer-Ableilung sollen unter Leutnant BolschelT, heute Korvetten-Kapitän.1) recht erfolgreiche Drachenaufsliege mit Menschen gemacht worden sein. Ein einziger derartiger Kastendrachen i'Syslem Hargrave) mit Sitzsack für den Beobachter war in Wolkowo Polie ausgestellt. BolschelT verwendet 6 zusammenlegbare Kastendrachen. Zunächst wird ein einzelner Hilfsdrachen hochgebracht und das Drachentandem von 5 Apparaten und dem Sitzsack bereit gelegt. Das Hochbringen der letzleren muß dann durch eine offenbar sehr eingeübte Mannschaft gleichzeitig geschehen (s. Abb. 12).

Der Umstand indes, daß die ballische Flotte für ihre Ausrüstung nicht Drachen, sondern Drachenballons mit genommen hat, scheint mir nicht sehr für die praktische Verwendbaikeil dieser Drachenerkundungen zu sprechen.

Abbildung Ii - Letzte Aufnahme des Oberst Kowanko und russischer luftschlfferoffizlere In der Stellung

bei Uukden.

Ich kann meinen Bericht nicht schließen, ohne dem Gefühle meiner tiefsten Dankbarkeit den russischen Kameraden gegenüber hiermit öffentlich Ausdruck zu verleihen. Mit einer Aufmerksamkeit und Gefälligkeit, die ihres Gleichen sucht, sind wir alle und ich insbesondere aufgenommen worden. Ich habe mit diesem militärischen Bericht gewartet, um die dargebrachte Freundschaft nicht durch unangebrachte Indiskretionen zu trüben. Solche Befürchtungen liegen gegenwärtig nicht mehr vor. Ich habe auch in Wolkowo Polie vor «lern Betreten des Platzes gewissenhaft meinen mit-geführlen photographischeu Apparat einem russischen Kameraden anvertraut,

') Mitt.'lit.'il i|i'» Aii|C«l**iriTt>r Vm-in* Cur Luft-liilTahrt.

um jeden Verdacht der Illoyalität von mir fern zu halten. Ganz gewiß darf ich es diesem Umstände mit zuschreiben, daß die russischen Kameraden mich mit so zahlreichen interessanten Bildern beschenkt haben, von denen die hier gebrachten eine kleine Auslese bilden. Einer freundlichen Einladung zur Mobilmachung nach Warschau mitzukommen, konnte ich aus familiären Rücksichten leider nicht Folge leisten.

Die Stunden, welche ich in Wolkowo Folie mit den russischen Lufl-schiffern zusammen verleben konnte, rechnen jedenfalls zu den interessantesten und schönsten Erinnerungen meines Petersburger Aufenthalts. Ich kann nur mit dem Wunsche schließen, daß es in diesem Kriege, der bisher so unglücklich für Rußland verlaufen ist, seinen LuftschilTertruppen jederzeit gelingen möchte, mit Ruhm und Ehren hervorzutreten.

Über die Notwendigkeit eines internationalen Verbandes zur Förderung und Verbreitung der wissenschaftlichen und sportlichen Luftschiffahrt.

Von Comte Henry de La Vnulx, Paris, (übersetzt durch A. de Quervain.)

Dank den Bemühungen der in den letzten Jahren in ganz Europa gegründeten LuftschifTervereine hat sich die Aeronautik, die so lange auf den Rang der Seiltänzerkünste verwiesen war, glücklich aus dem Dunkel der Verkennung losgerungen, wohin die Unkenntnis des großen Publikums sie verstoßen hatte.

Die Luftschiffahrt ist nunmehr rückhaltlos als Wissenschaft anerkannt und vielleicht als eine der schönsten und anregendsten Wissenschaften; denn sie beschränkt sich nicht auf ihr eigenes Gebiet, sondern weiß in immer wirksamerer Weise auch anderes Wissensgebiete zu unterstützen. Die Meteorologen, die Astronomen und die Physiologen erkennen dies an und fördern ja nach Möglichkeit die Verbreitung dieses neuen, ihren Untersuchungen dienenden Forschungsmittels.

Alle wissenschaftlichen Körperschaften Europas und der neuen Welt haben aeronautische Forschungen mit auf ihr Programm gesetzt und die Konferenzen und Kongresse, die in den letzten Jahren zum Studium dieses Gegenstandes getagt haben, oder noch lagen werden, in Paris, Berlin, Straßburg, St. Petersburg, St. Louis, Brüssel, Lüttich, Mailand, Rom usw., sie alle beweisen aufs nachdrücklichste, welche Bedeutung die Luftschiffahrt heutzutage auf dem Gebiet der Wissenschalt erlangt hat.

Hand in Hand mit der wissenschaftlichen Aeronautik und in einer ähnlich glücklichen Weise hat die sportliche Luftschiffahrt sich seit einiger Zeit dermaßen entwickelt, daß die Gründung besonderer Vereine in den meisten großen Städten von Europa zur notwendigen Folge geworden ist. Während der Deutsche Luftschilferverband und der Aeroclub de France

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sieh von Jahr zu Jahr vergrößerten, erwuchsen gleichzeitig anderswo ähnliche Vereinigungen und so sind in den letzten Jahren die Aeroklubs von Österreich und Ungarn, Kngland, Belgien, der Schweiz, von Schweden, Italien und Spanien entstanden und andere, die ich vielleicht im Augenblick übersehe. Und gewiß, unter allen sportliehen Bestrebungen, die die physischen und moralischen Kigenschaften kommender Generationen entwickeln sollen, gibt es keinen, der edler, anziehender, kühner und poetischer wäre, als die Luftschiffahrt.

Aber in dem Maß, wie sich die wissenschaftliche und sportliche Aeronautik entwickelt, werden die Beziehungen unter den Luftschiffern selbst zahlreicher werden; wissenschaftliche und sportliche Veranstaltungen von internationalem Charakter werden eine zunehmende Rolle spielen und werden damit der Verständigung über gewisse Punkte rufen, die die gegenseitigen Beziehungen erleichtern sollen.

Um diesem Bedürfnis entgegenzukommen, hat mich der Olympische Kongreß, der vor kurzen Tagen in Brüssel getagt hat, auf den Antrag von Major Moedebeck, dem Delegierten des Deutschen Lullschilferverbandes, aufgefordert, folgenden Wunsch zu formulieren, der dann auch von der Versammlung einstimmig bestätigt worden ist, in völliger Ubereinstimmung mit den Anschauungen der anwesenden Delegierten der Luftschilfervereinigungen von Deutschland, Belgien, Schweden und Frankreich:

• Der Olympische Kongreß, in Anerkennung der besonderen Bedeutung der Aeronautik. gibt dem Wunsche Ausdruck, es möchten sich in allen Ländern Vereinigungen bilden, die den aeronautischen Sport regeln sollen, und es möchte sich alsdann ein allgemeiner Lultschill'erverband bilden, der alle die nationalen Verbände umfaßt, zum Zweck verschiedener Kundgebungen und zur Feststellung allgemeiner Grundsätze für die wissenschaftliche und sportliche Förderung der Aeronautik.

Der Kongreß ladet den Aeroclub de France ein, die Initiative für die Verwirklichung dieses Wunsches zu ergreifen.»

Der Wunsch, den der Olympische Kongreß ausspricht, ist sehr deutlich. Allerdings ist es nur ein Wunsch, immerhin aber ein von der ganzen Versammlung einstimmig und in Gegenwart der Abgeordneten der vier größten LuftschiITergesellschaflen geäußerter Wunsch. Ich muß hinzufügen daß der Schlußsatz der Motion, der den Aeroclub de France auffordert", die ersten Schritte zu tun, beigefügt wurde auf den Vorschlag von Herrn Major Moedebeck, dem Delegierten des großen Deutschen Verbandes, der gegenwärtig über 2500 Mitglieder zählt.

Ich habe die Hoffnung, daß es mit einem platonischen Wunsch nicht sein Bewenden haben wird: denn der Aeroclub de France wird es als Khre betrachten, das Zutrauen zu rechtfertigen, das ihm die großen europäischen Luftsehilfervereinigungen geschenkt haben.

Aber in der Zwischenzeit, bis sich eine besondere Konferenz in Paris

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mit der Frage befassen wird, scheint es mir wohl angebracht, den besondern Nutzen und den Zweck einer solchen Organisation zu diskutieren. Ohne vorgreifen und ohne meinen hochgeschätzten Sportkollegen vorschreiben zu wollen, worauf sie im besondern ihre Aufmerksamkeit zu richten hätten, sind doch wohl, wie mir scheint, einige Aufgaben von vornherein zu bezeichnen, deren Lösung jenem grollen internationalen Verband zukommen und gewissermaßen seine Daseinsberechtigung ausmachen wird.

Folgendes sind meiner Meinung nach diese von vornherein ins Auge zu fassenden Punkte:

1. Die Anerkennung der innern Organisation jeder einzelnen Vereinigung, einer Organisation, die im allgemeinen in enger Beziehung steht zu der historischen Entwicklung jener Vereinigungen und zu den Gesetzen der betreffenden Länder.

2. Die Feststellung eines internationalen Reglements zur Garantie einer ordnungsgemäßen Durchführung von internationalen Wettbewerben und Weltrekorden.

3. Die Schaffung eines internationalen aeronautischen Vokabulariums, k Erleichterungen für die Luftschiffer und ihr Material, auf allen

Transportmitteln, besonders auf der Eisenbahn und auf Schiffen. (Diese Erleichterungen wären auf diplomatischem Weg anzustreben.)

5. Erleichterungen beim Zoll (auch auf diplomatischem Weg).

ö. Hilfeleistung für Luftschiffer, die im Ausland landen.

7. Belehrung des Publikums über die Behandlung und Rücksendung von Registrierballons, die im Ausland fallen.

8. Die Schaffung dauernder freundschaftlicher Beziehungen zwischen den Mitgliedern des großen Verbandes, auf Grund derer einem im Ausland reisenden Mitglied die aeronautischen Gelegenheiten und Vorteile des betreffenden Landes auch zu gute kämen.

Dies scheinen mir die wesentlichen Punkte zu sein, die in Betracht zuziehen wären von den Delegierten einer Konferenz, die die Grundlagen-eines internationalen Verbandes festzustellen hat.

Mögen nun andere, berufenere Luftschiffer sich ihrerseits auch zur Sache äußern. In jedem Fall wird daraus nur eine Förderung der Ziele der Aeronautik erwachsen.

Kleinere Mitteilungen.

Die Cherquerung des Atlantiseheu Ozeans Im Ballon. Wie schon wiederholt in diesen Blättern hei vorgehoben, nehmen die Dauerfahrten das Interesse der Luftscbiffer-kreise in hohem Maße in Anspruch und werden wohl auf der Tagesordnung bleiben. Es hat dies seine innere Begründung auch darin, daß die Erwägungen technischer und geographischer Natur und die vielerlei Richtungen der erforderlichen Vorbereitungen zu einer Summe geistiger Arbeit führen, die einesteils Anerkennung fordert, andererseits

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nach den verschiedensten Richtungen erkenntnisfördernd wirkt. Auch Mißerfolge, wie der des unglücklichen Andree. wirken nutzbringend für diesen Zweck. Es war ein Unglück für den schwedischen Korscher, dal» ihm ausreichende Mittel zur Verwirklichung seines Gedankens verfügbar waren, während Louis Godard dasselbe I'nternehmen 1897 mit einem 10000 cbm-Ballon von Spitzbergen aus geplant hatte, wobei zum überfliegen des Pols auf einen Weg von 2"»00 km und eine Fahrtdauer von 00 Tagen Vorsorge in Aussicht genommen war. Die Kosten waren auf 22ÖOO0 Fr. berechnet und wurden nicht aufgebracht. Es darf an das Projekt von Deburaux und jenes des Kommandanten Hourst auf t'berquerung der Sahara und des Afrikanischen Kontinents erinnert werden, die auch am Mangel an Mitteln scheiterten. Was unter günstigen Voraussetzungen materieller wie geistiger Natur geleistet werden kann, zeigte uns u. a. 1900 die Dauerfahrt des Grafen De la Vaulx und seiner Begleiter von Paris nach Bußland. Ks zählen hierher auch die Mittelmeer-Versuchsfahrten des Genannten, einige Dauerfahrten zu Land von Paris nach Österreich, von Augsburg nach Ungarn, die Fahrt des «Djinn» über den Kanal von Paris nach 1 lull u. a. Für Juni d. Js. steht i'herquerung des Mittelländischen Meeres durch De la Vaulx nun in Aussicht. Die Fahrt über den Atlantischen Ozean, welche ursprünglich von Godard (vgl. S. 47, 15104) in Richtung West-Ost geplant war. dann aber von Beclus und Berget umgekehrt von Ost nach West beabsichtigt wurde, ist nun wieder im ersteren Sinn von Godard aufgegriffen wurden. Ein von New-Vork oder Washington aufsteigender Ballon würde, durch reinen Westwind getragen, etwa 5000 km zurückzulegen haben. Abweichungen nach rechts «»der links wurden noch nicht gefahrdrohend werden, doch die Fahrt sehr verlängern. Nimmt man die ganze europäische Küstenlänge vom Nordkap bis zum Kap der guten Hoffnung als Spielraum für die Landung, so rechnet sich eine größte Ausdehnung der Fahrt im ungünstigsten Fall auf 7ö00 km heraus. Wird der regelmäßige Westwind getroffen, dessen Geschwindigkeit zu etwa 60 km pro Stunde, also 1200 km pro Tag anzunehmen ist, so würden im günstigsten Fall 4 Tage und 4 St., im ungünstigsten 0 Tage und 0 Stunden Fahrtdauer zu rechnen sein, unvorhergesehenes ist allerdings in sehr weitgehendem Maße als möglich zu berücksichtigen und Godard rechnet mit der Hälfte der Geschwindigkeit, ebenso auch mit ungünsliger Bichtung des etwa bis Hö° von West-Ost abgelenkten Windes und demnach mit 12'/i Tagen Fahrt. Der Ballon ist nun zu 12 7öü cbm Inhalt und Wasserstoffgas-Füllung angenomnn-n. also mit 14000 Kilo Auftrieb. Bei Anwendung einer doppelten, am Ventil und am Füllansalz verbundenen und im umfang noch eigens verstärkten Hülle, sowie eines Hallonets und unter Annahme des Gasverlustes zu l°.i per 24 Stunden scheint Tragkraft un«l Form gesichert zu sein, «loch ist ein Gasverlust von 1 '/«".'<> angerechnet, so daß ein .Maximalverlust in Tragkraft von 210 Kilo, entsprechend 190 cbm Gas. sich ergibt. Beträgt der verfügbare Ballast 0000 Kil<», ine). Lebensmittel, so wären schon 28 '/» Tage Fahrtdauer sicher gestellt, üm noch mehr Zeit verfügbar zu machen, sollen 8 Vorratsballonels mit zusammen 2200 cbm Gas milgeführl werden, aus denen die täglichen Verluste ersetzt werden, was 11 xlt Tage ausmacht. Die Errungenschaften von Ihrves Arbeiten (schwimmendes Schleppzeug und Ablenkungsv«ir-richtung) sollen angewendet werden, um den Ballon in 2ö—100 in Höhe über dem Wasserspiegel zu erhalten und die Richtung der Fahrt event. korrigieren zu können. Die Bemannung ist auf 10 Personen veranschlagt, die Verprovianlierung auf 2 Monate. Eine in •Conquete de l'air» gegebene Gewichtsbere« hnnng setzt allerdings Ballast auf «000, Lebensmittel auf 1 Hto Kil«> an. Motorboot, Instrumente jip. sind vorgesehen. Godard baut sehr auf s«-ine in mehr als 700 Fahrten erworbenen Kenntnisse und Erfahrungen. Er wird selbst die Führung übernehmen, von drei Berufsluftschiffern begleitet sein und sechs der Gclehrtenwelt und der Presse angehörige Personen mit sich nehmen. — wenn die Kosten zu ca. 200 O00 Fr. aufgebracht werden können Ist die Erfüllung «lieser Voraussetzung auch nicht gerade unwahrscheinlich, so darf doch die Ausführung rler Ozean-l beruuerung im Ballon nicht als so nahe in Aussicht stehend angenommen werden, daß Befürchtungen etwa vorhandener Konkurrenten vor Cberllügelung gerecht-

fertigt wären. Es stehen dem Unternehmen eben doch gewaltige Bedenken entgegen, wie u. a, J. Vincent in einem Artikel der «Gonquele de l'air> sehr berechtigt hervorhebt. Das Gelingen hängt ja vom zweifelhaften Bestehen einer verläßlich gleichmäßigen im allgemeinen westöstlichen Luftströmung während längerer Zeit ab. Daß diese Vorbedingung gegeben sei, kann aus den meteorologischen Karten über Luftbewegung bei optimistischer Auffassung allerdings entnommen werden, doch wird dann übersehen, daß solche Zusammenstellungen immer Mittelwerte verzeichnen, die sich aus zahlreichen Beobachtungen ergeben, während für keinen zur Atlantikfahrt ausgewählten Zeitraum bestimmt gesagt werden kann, welcher von jenen Windgruppierungen er angehören wird, aus denen sich die mittlere Wcsl-Ost-Strömung ergibt. Gerade weil Windkarten mittlere Bichtungsangaben enthalten müssen, wird nur ausnahmsweise auf lange und weit hinaus ihre Angabe mit der Wirklichkeit stimmen. Man braucht nur an das stets wiederholte Auftreten von Zyklonen und Antizyklonen zu denken und an das dabei in Wirkung kommende Winddrehungsgesetz, im Zusammenhang mit dem steten Wandern der Zyklonen selbst, sowie zu berücksichtigen!), daß selbst eine gewisse Regelmäßigkeit dieser Erscheinungen im großen nach dem jetzigen Stand unseres meteorologischen Wissens noch nicht genügende Grundlagen liefert, um einen Ballonweg über den Atlantischen Ozean darauf hin zu wählen. Dabei bleibt zu beachten, daß die Fahrtdauer von möglichst gleichbleibender Fahrthöhe abhängt, daß also vorwiegend die unteren Luftschichten in Betracht kommen, in denen eine regelmäßige Windbenutzung nur in den Gebieten des Passats in Aussicht zu nehmen wäre. K. X.

Eine Ballon-Expedition naeh dein Nord-Pol hat Mr. Marcillac, Mitglied des Aeronautique Club de France zum (.egenstand eingebender Studien gemacht, wobei ihn der Gedanke leitet, daß vom Ballon aus eine weite Umsicht und Hinsicht in die Eis-und Geländeformen möglich wird, während von Schiffen ausgehende Forschungen erfahrungsgemäß sehr nahe an die Objekte ihrer Suche gelangen können, ohne sie zu linden. Unter anderem bietet hiefür der Mißerfolg einen Beleg, den die Nachforschungen nach den & von der Besatzung der «Stella polare» Zurückgebliebenen hatte. Marcillac hofft eine passende Anwendungsform der drahtlosen Telegraphie linden zu können, wodurch es möglich würde, mittels vereinbarter einfacher Zeichen stets den Ort des Ballons an die Ausgangsstelle des Fluges zurückzumelden. Es würde sich jedenfalls um Anwendung von Ballons von lang anhallender Tragkraft handeln müssen. Es wäre ferner ein Plan von aufeinanderfolgenden, die zu durchforschenden Gebiete mit einem genügend eng gestalteten Routennetz überspannenden Fahrten aufzustellen. Es wären auch die technischen Einzelheiten für Nachfüllungen, das Zurückbringen des Ballons zu neuen Aufstiegspunkten, Aushilfsvorrichtungen bei unfreiwilliger Landung, Ortsbestimmungsmittel usw. zu bearbeiten. Wenn dies alles in befriedigender Weise erledigt werden kann, so bleibt allerdings noch ein wesentliches Bedenken übrig, nämlich der Umstand, daß über die Luftbewegung in den höheren Polarregionen noch äußerst wenig bekannt ist und daß der Forschungsballon au Stellen gelangen kann, die man, wenn auch ihre Lage vollkommen bekannt ist, weder zu Schiff noch mittels Schlittenlandreise zu erreichen vermag. Auch mit dem Auftreten von Elektrizitätserscheinungen anderer Art und Einwirkungsweise, als wir sie in niedereren Breiten zu beachten gewohnt sind, dürfte ernstlich zu rechnen sein. Da M. Marcillac ein erfahrener Luflschiffer ist. auch seit 188b' zusammen mit Gappaza luftelektrische Messungen betrieben und in diesen Bichtungen auch bei Colladon und Palmieri Beachtung gefunden hat. so darf man immerhin seinem Plane Interesse entgegenbringen, wenn auch Nansen sich nicht dafür erwärmen konnte.

•) Uif *yiio]iti«ch<-]i täglichen Wetterkarten für Jen Na rdu 11 a n t i * f h>oi lUtan, dm seit März 190» von der Doulsihcn Scrwartc hcran-igegebcii werden. hielen ein vorziigliehee Mittel /um Studium der Wechsel fülle, denen ein solche« immerhin gar nicht aw-sichUlo-es tjiWncmen ausgereist »ein wird. Kino Landung auf d"r OrNeite ,|es Ozean.-: »Olli, h vom uOrdli- Imn W< udekrei- durfte ilt'ru'ens ausgeschlossen sein. nie H-J.

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Verschiedene Einzelheiten sind schon einigermaßen überarbeitet, wobei die Errungenschaften Herves bezüglich Einwirkung auf die Flugbahn des Ballons (Luftschraube, Ableitungsapparat pp.) nicht übersehen wurden.

Der Motor, den Marcillac anwenden will, isl nicht sehr groß, aber er arbeitet mit Sicherheit 200 Stunden ohne Neuladung, auch ist er nicht sehr beengend. Mit 3 Ladungen geringen Raumbedarfs sind (>•>() Stunden Betrieb oder 25 Marschtage gesichert. Es soll von diesem Motor übrigens nur bei Nachlassen des Windes oder zu etwa nötiger seitlicher Verschiebung aus dem Windstrich Gebrauch gemacht werden. Die Gondel, in Gestalt eines großen Parallclepipeds. wird mittels eines Mantels statt Netzes an dem 5000—5500 cbm haltenden Ballon befestigt sein. Ihre Dimensionen werden den Forschern die Ruhelage gestatten. Die von Marcillac eigens eidachte Gasauslaßvorrichtung wird von der Gondel aus bedient werden können. Nach oben wird die Gondel durch eine Klappe verschließbar gemacht und für den Fall eines Sturzes ins Meer ihre Schwimmfähigkeit sicher gestellt. Die 3—i Fahrtleilnehmer werden in regelmäßiger Reihenfolge ihre Beobachtungen von der Terrasse der geschlossenen Gondel aus machen können, da die Reise in die Zeit des dauernden Polartages gelegt werden soll. Als Ballast sind die Lebensmittel vorgesehen an Stelle des Sandes, der übrigens auch dem Zusamuien-gefrieren ausgesetzt ist. Außer den verschiedenen Schlepp- und Ankervorrichtungen und den gebrauchlichen Fahrtinstrumentcn ist noch ein besonderer Satz von Instrumenten Marcillacs (schon vor 3—I Jahren in Paris und Brüssel ausgestellt! mitzuführen, nämlich ein «Anemoscope >. das einen im Raum vorhandenen Luftslrom andeutet, welcher mit der Flugrichtung des Ballons nicht übereinstimmt, dann ein < Indicateur d'immersion >, welcher einen bevorstehenden Fall auf die Wasserfläche anzeigt, ein « Velometre », welches die Geschwindigkeit des Flugs des Ballons mißt, ein Horn «Trompe Morse» für akustische Zeichen und endlich, als besonders bemerkenswert, das < Thcrmogene», mittels dessen der Gaskondensation entgegengewirkt werden soll. Marcillac legt nämlich der Wirkung der fiasabkühlung in den Polarregionen hohe Bedeutung bei, glaubt hierin auch eine der wesentlichsten Ursachen von Andrees Mißerfolg erblicken zu dürfen. Marcillacs Plan, den Spuren Andrees per Ballon zu folgen, isl eigentlich eine Firneuerung einer schon früher (IHH8) aufgetauchten Idee, wobei es sich darum handelte, von einem passenden Punkt an der Küste des roten Meeres aus Verbindung zu gewinnen mit einer gegen den oberen Nil marschierenden französischen Truppen-Kolonne, von der keine Nachrichten vorlagen (Marchand). Die auf 1500 km zu veranschlagende Entfernung hätte bei mittlerem Passat in 50—T>0 Stunden zurückgelegt werden können. Wie in anderen Fällen hatte es auch hier an Mitteln zur Ausführung (oder am Willen, solche zu beschaffen) gefehlt. Bei Marcillacs jetzigem Unternehmen würde von demselben Punkt ausgegangen, von welchem Andree ausging (Spitzbergen 80" Breite) und die Aufgaben, die er sich stellt, geographische Durchforschung der Polar-Region und möglicherweise Entdeckung von Spuren der Expedition Andree und Bergung gefundener Reste, waren maßgebend nicht nur für die erwähnten Ausrüslungsmaßnahmen. sondern auch für die Wahl des Zeitpunktes für den Fahrtbeginn. Während man im allgemeinen die bessere Witterung, Mitte Juni bis Mitte Juli ins Auge zu fassen pflegt, legt Marcillac dem Umstände größeren Wert bei. daß später die zunehmende Ausdehnung und Festigung des Eises im Fall der Notwendigkeit einer Eiswanderung günstigere Aussichten bietet, während die lange Nacht erst Ende September beginnt. Im Fall eines «Luflschiffbruches» etwa im August würden noch etwa 2 Monate erträglicher Temperatur und noch hinreichende Tagesdauer zur Verfügung stehen zum Bückzug gegen den Südrand des festen Eise*. I brigeris ist auch der Notfall der IÜberwinterung ins Auge gefaßt und dabei u. a. auf Verwendung der Vorräte und des Ballonmaterials gerechnet (Zelte, Schlafsäcke, Kajaks pp.). Dem naheliegenden Einwurf, daß schon 7 Jahre seit Andrees Verschwinden verstrichen sind, daher in dieser Beziehung wenig mehr zu erwarten sei, begegnet Marcillac mit dem Hinweis, daß zehn Expeditionen zur Auffindung F'ranklins auszogen und daß nach 13 Jahren dann doch die Beste der Expedition erreicht wurden. Üb die

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auf ca. 90 000 Fr. berechneten Kosten aufgebracht werden können, erscheint nach dem Vorgang der schwedischen Nachforschungs-Expedition, die 180 000 Fr. erforderte, nicht in so sehr hohem Maße fraglich, doch dürfte dabei, wenn alles klappt, vorerst eine einmalige Lhcrquerung der Polarregion zu bestreiten sein, während die Durchführbarkeit einer Reihe von Hin- und Her- und Zickzack-Fahrten jedenfalls noch nicht so weit bereift und durchdacht erscheint, daß hiefür schon Kostenanschläge aufgestellt werden könnten. Schon die Beschränkung der Erfolg versprechenden Fahrten auf die Jahreszeit der langen Tage im Zusammenhalt mit den andern oben erwähnten Erwägungen wird hier von großem Einfluß sein müssen. Mag es übrigens auch nicht zur Ausführung kommen, so hat das Projekt die gute Wirkung mit anderen gemein, daß es zur Aufwerfung. Verfolgung und Bearbeitung von mancherlei sonst im Hintergrund bleibenden Fragen anregt, was bei dem großen Fleiß, mit welchem unsere westlichen Nachbarn derartige Dinge behandeln, nicht zu unterschätzen ist. K. N.

Die Luftschiffahrt auf der Weltausstellung in Ltittleh ist in kaum nennenswerter Weise nur durch die belgische Militär-Aeronautik in der Ausstellung des Kriegsministc-riums vertreten. Bei dem Ausstellungsteil der Genietruppen befindet sich hier die Aufhängung und Fesselung lür Fesselballons nach dem System Renard. An den Wänden sieht man eine Anzahl Ballonphotographien von Antwerpen, unter denen sich auch einige von Festungswerken und von einem Fort befinden. Sie sind sämtlich aus ziemlich niedrigen Höhen aufgenommen und fast durchweg etwas Haue Platten. Besser sind die Erdaufnahmen des Luftschifferdienstes der belgischen Militär-Aeronautik in Antwerpen. Sie bieten aber nichts Interessantes weiter als Aufstiege von Frei- und Fesselballons und eine Darstellung von 5 zur Füllung aufgefahrenen belgischen Gaswagen, die man ihrer primitiven Konstruktion nach besser als fahrbare Gasflaschengestelle bezeichnen kann. Die Gasflaschen sind ziemlich lang und ähneln sehr den französischen.

Der aeronautische Teil dient somit, kurz gesagt, mehr dazu, die Ausstellung der Genietruppe nach dieser Dichtung hin zu ergänzen, und bringt weder Neues noch Apartes.

Der Olympische Kongreß im Palais des Academies zu Brüssel

9. Juni bis 14. Juni.

Nach einer Festsitzung am 9. Juni, Uhr nachmittags, welche M. Marcel Prevost mit einem längeren geistreichen Vortrage über die Bedeutung des Sports für die Entwickclung des Menschengeschlechts einleitete, begannen am 10. Juni die Beratungen über die Sektionsbildungcn.

Am Nachmittage desselben Tages fand die erste Arbeitssilzung statt. Die Luftschiffahrt war der Abteilung D überwiesen, in welcher Graf E. Brunetla d'Usseaux den Vorsitz führte. Mein Antrag, die aeronautischen Angelegenheiten einer Sonderkommission zuzuweisen, fand mit der Begründung Widerspruch, daß der Gegenstand zu allgemein interessant wäre, dafür wurde aber mit der Beratung der aeronautischen Interessen begonnen.

Als aeronautische Vertreter waren anwesend: Comtc de La Vaulx für den Aero-club de France und für die mit diesem in Kartell befindlichen französischen Gesellschaften, Major Moedebeck für den deutschen Luftschifferverband, Ingenieur Gunnar Dornberger für den schwedischen Aeroklub. Comic Hadelin d'üultremont als Vertreter der belgischen Aeronautik. Für Italien nahm der Vorsitzende Comtc Brunetta d' Usseaux als Mitglied der Socicta ueronautica Italiana die Vertretung.

Zunächst erhielt Cnmte de la Vaulx das Wort, um seine Pläne über die zukünftigen Organisationen der Luftschiffervereine darzulegen. Der Vortragende wies auf die große Bedeutung der Einigung der Luftschiffervereine in jedem einzelnen Lande hin in dem Sinne, daß sie in bezug auf ihren Fahrspnrt, auf tue Zulassung von Kandidaten von gleichen Grundsätzen ausgingen. Eine solche Finigung strebe der Aeroklub in Frankreich an und er habe zu diesem Zweck in einem besonderen Reglement eine Grundlage geschaffen. In gleicher Weise möchte es in allen anderen Ländern gemacht weiden. Das

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sei aber nur der erste Schritt., um zu einer weiteren internationalen Einigung der verschiedenen nationalen Luftschinervereine zu gelangen, und hierfür scheine ihm der internationale LultschitTerkongreß während der Weltausstellung in Mailand 1 i*0<> sehr geeignet.

Major Moedebeck erhielt darauf das Wort und teilte mit, daß in Deutschland diese vom Grafen de la Vaulx vorgeschlagene nationale Einigung der Vereine im deutschen LuftschilTerverbande bereits vorhanden sei. Der Verband repräsentiere 7 Vereine mit rund 2500 Mitgliedern. Der Vorschlag einer internationalen Union föderale werde in Deutschland sympathisch aufgcnomnjen werden, es liege aber im Interesse des .Mailander Kongresses und nicht minder im Interesse der Feier des 25jährigen Bestehens des Berliner Vereins für Luftschiffahrt, welche ebenfalls 19cMi stattlinden solle, wenn die endgültigen Bcschließungcn über die Grundregeln dieser < Fnion internationale > noch in diesem Jahre festgelegt würden. Da der Aeroklub die Initiative in jener Sache ergriffen habe, schlage er daher eine Zusammenkunft der Vorstände aller in Betracht kommenden Vereine für Ende Oktober oder Anlang November DM<5 in Paris vor, und er beantrage ferner, den Acroclub de France mit den Vorbereitungen hierzu zu beauftragen.

Nachdem Ginnte de la Vaulx und die anderen Vertreter ihr Einverständnis hierzu geäußert hatten, wurde von M. Vienne nachfolgende Resolution des olympischen Kongresse» aufgesetzt und einstimmig angenommen:

* Le congres reconnaissant l'importance speciale de l'Aöronautiquc. exprime le voeu qu'il sc forme dans chaque pays une association chargee de reglemenlcr le Sport aeronautique et qu"il soit forme ensuite une Föderation Eni verseile de I' A eronau tique, unissant toutes ces associations national» en vue de manifeslations diverses et de reglements genöraux pour la vulgarisation scientifique et sportive de l'aeronautique.

Le congres invite l'Aeroclub de France ä prendre l'initiative de ces cröations./ Der Vertreter Belgiens. Ginnte d'Oultremont, bat. dem deutschen Luftschifferverband seinen Dank auszusprechen im Namen des Olympischen Kongresses für Bin-sendniig eines Vertreters.

Die Vorstände der deutschen Vereine werden gut tun, ihre Vorschläge für die Grundregeln des internationalenLuftschitTerverbandes möglichst bald zu beraten undaufzusetzen und dem Verbandsvorsit/enden, Herrn Geheimen Regierungsrat Professor Busley, zuzusenden, damit bald eine Einigung erzielt werden kann. H. W. L. Moedebeck.

Der Schratt benfllcrer der Brüder Dufaux. Zwei schweizerische Konstrukteure, die Brüder Armand und Henri Dufaux aus Genf, haben neuerdings durch ihre in Baris angestellten Versuche mit ihrem «Helicoptere > in sportlichen Kreisen großes und durch die Tatsachen gerechtfertigtes Aufsehen hervorgerufen. In der Tat ist es der hervorragenden Geschicklichkeit dieser Eilinder gelungen, einen Motor mit Hubschrauben zu konstruieren, dessen Leistung über alles bisher hierin bekannte hinausgehl. Der zwei-zylindrige Motor mit doppelter Explosionswirkung treibt zwei Schraubcnllügelpaare von 2 m Durchmesser an, die am Ende zweier 1.50 m langen Träger links und rechts vom Motor an geordnet sind. Der ganze Apparat wiegt 17 Kilo; der Motor besitzt 3.1 l'fcrde-kräfte und wiegt 4.5 kg. Nach den zahlreichen, zuerst in Genf, dann in der Halle des Aeroklubs in Paris vorgenommenen Versuchen vermag dieser Apparat, versehen mit einem für 20 Minuten ausreichenden Benzinvorrat, nicht nur sich selber mit großer Geschwindigkeit hochzuheben, sondern auch noch ein «nützliches Gewicht» bis zu 6 kg mitzuheben. Die Erlinder denken sich den Apparat als Bestandteil eines Dracheniiiegers, an dessen Konstruktion sie arbeiten; die Verwendung von Gleitllächen zur horizontalen Bewegung halten auch sie für unentbehrlich. Sie haben die Absicht, einen Apparat mit einem 100 pferdigen Motor zu bauen, der imstande sein wird, einen Menschen zu tragen. Nach dem bisher Geleisteten darf man wohl auch von den weiteten Plänen der Gebrüder Dufaux schöne Erfolge erwarten. Es ist interessant, die Verwendung der Hubschrauben nun plötzlich wieder in den Vordergrund gestellt zu sehen.

Kin.' nierkwlirdlgc Störung in der Krscheiiiunir des Blslinpseheii Rings wird von Dr. J. Maurer in der Meteor. Zeitschr. signalisiert. Jener braunrote Ring um die Sonne, der von der Reugung des Lichts an vulkanischem in den höchsten Regionen der Atmosphäre schwebendem Staub herrührt und seit dem Sommer 1902, wenige Monate nach den Ausbrüchen des Mont Pelee, sichtbar wurde, war auch auf den Rergen seit Ende Juli 1904 nicht mehr zu beobachten. Anfangs Oktober ist er nun unerwartet wieder aufgetaucht und seither sichtbar geblieben. Eine gewisse Intcrmittenz dieser Beugungsphänomene ist schon füher von Prof. Gruner nachgewiesen worden, namentlich bei den Dämmerungserscheinungen. Demnach läßt sich schließen, daß jener Staub in der höheren Atmosphäre nicht gleichmäßig verteilt ist. sondern in abgegrenzten Wolkcnkom-plexen schwebt. Die neue Beobachtung von Dr. Maurer möge Bergsteiger und namentlich auch Ballonfahrer veranlassen, sich nach dem Bishopschen Bing umzusehen und dessen Vorhandensein oder Fehlen bei allen Fahrtberichlen ausdrücklich festzustellen. O.

Aeronautische Vereine und Begebenheiten.

Le Concours de Ballons de l'Aero-Club du Sud-Ouest.

11 y a quelques anm'es, deux tnembres de l'AutomobilerClub Bordelais, MM. Briol et A. Duprat, fonderent une section speciale de ce Club consacree ä l'Aerostation. Sons l'ac-tive impulsion de ses fondateurs, cette section se developpa rapi-dement; eile institua plusienrs concours de ballons auxquclsprirent part les plus celebres pilotes de l'Aero-Club de France, MM. de la Vaulx, Tissandier, Bal-san, etc. Mais la pros-perite de cette Socictö a necessite sa Separation en Club indepen-dant et cette annce MM. Briol, Duprat et un in-dustriel bordelais, M. Baudry, ont fonde dc-linitivemenl l'Aero-Club

(25 avril 1905.)

A. Duprat, phntogr.

Narlulrui'k verhüten

Vue prisn ä hont du Imllon l'A<iuitaine ii .10 m du point de depart; quai de la Garonne sitnö cn face de* ccdoiine« vertkale* des Quinconces.

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du Sud-Ouest affilie ä l'Aero-Club de France. Gelte nouvelle Societc qui compte aujonrd'hui 125 membres aclifs a donne son premier concours de ballons ä l'occasion de rinauguration de la stalue de Gambetta faite ä Bordeaux par M. le President de la Republique. Ce concours a ete un con-COUTS d'atterrissage en un point determine a l'avance. Par suitc de la faiblc vitesse du vent (a (»eine 8 km ä l'heure) et griice ä certaines cir-constanees imposees par les fetes, le point d'atterrissage fut donne a 19 km de Bordeaux. Le depart des huit ballons engages eut lieu vers

5 beures de l'apres-midi de l'Ksplanade des Quinconces qui constitue, comme le montrent les pholographies annexees ä cette nole, un parc ä ballons admirablement situe au centre de la ville et oii 30 ballons peuvent ehe aiscmenl gonfles.

Le vainqueur du concours a ete M. Paul Tissandier de Paris pilotant le ballon Aero-Club X" 3 (1200 in3) et ayant pour passagers M. le comte de la Vaulx et un commercant de Bordeaux. L'alterrissage de M. Tissandier a eu lieu ä 580 inetres du point dcsignc ;*i l'avance. Ce rcsultat est d'au-tanl plus remarquable qu'il n'est pas du au hasard. M. Tissandier na pu

Concours de Ballons du 25 avrll 1905. Place des Quinconces.

Vu<- prise ii 1 n<» m, ii hord ilr> I A<|uilaine.

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A. Du|>rat. photo^r.

Nachdruck verholen.

reussir que grace ä sa grande science acronautique. En elfet, si le vent de lerre (au-dessous de KM) metres environ) portait netlement vers le poinl indique ä l'avanee, il existait dans les parties supe-rieures de l'atmosphere des couranls faisant des angles de 15 et mcme 90 degrös avec la direction indiquee. Gest en sondant les diverses couehes de l'atmosphere et en s'efforcant de s'equili-brer ä diverses hau-teurs que M. Tissandier a pu nettement deter-miner le eourant qui l'emportait vers le |K)int marque comme but. Les dernieres parties de cette ascension se sont effectuees au guide-rope et latterris-sage a eu Heu vers 7 beures du soir dans des conditions exeep-tionnellement favora-bles.

L'Aero-Club du Sud-Ü uest a obtenu la

deuxieme place. M. A. Duprat, pilotant le ballon Aquitaine (UOO3 m), a atterri ä (i km du point designe ä l'avanee. Tons les autres coueurrents MM. David de Nantes, Andiv Legrand de Paris, Harbotte de l'Academie Aeronauti((ue de France, etc. ont atterri ä des dislances du but variant entre 10 et 19 km.

Un concours de Photographie aerienne etait annexß a ce concours. Comme le montrent les eliehes ci-contre pris ä dillerentes hauteurs par M. A. Duprat, les resultats obtenus ont ete remarquables. II convient <le citer en particulier le eliche topographi(jue sur lequel l'etendue dun vignoble, marque I sur la figure, donne Heu ;'i un curieux effet de quadnllage.

A la suite de ce concours, l'Aero-Club du Sud-Ouest vient de donner une nouvelle preuve de son activile. De eoncert avec un Journal local, La Petite Giromle, il vient de fonder une coupe destinee au ballon qui, partant de Paris, atterrira le plus pres de Bordeaux. Le concours est

Bordeaux, Vue |»rii«e ii Wo ni de la \i\m-v de» yuincoiuT».

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ouvert, pciidant un an, ä partir du 5 juin prochain, ä tous les ballons sphcriques ou dirigeables qui voudronl tcnler l'cpreuve. Nous reviendrons

A. i>u|:rat photogr. Nachdruck verboten.

dicht' telr|din|ngrai>hi<jue pris du ballon l'Aquitaine. I reprvsente des vignoblea.

sur l'importance de ce concours, d«-s (|ue le reglement prepare par l'Aero-Club du Sud-Ouest aura ete approuve par lAi'-ro-Club de France.

L Marchis,

Professeur ji la Faculte des Sciences de Bordeaux.

Berliner Verein für Luftschiffahrt.

Die 2i7. Versammlung des «Berliner Vereins für Luftschiffahrt», begann am IL Mai unter Vorsitz von (icheimrat Busley, mit Verlesung der Namen von !• neuangemeldeten Mitgliedern, gegen deren Aufnahme kein Widerspruch erb«dien wurde. Es berichtete sodann der Vorsitzende des Fahrtenausschusses, Hauptmann v. Kehler. über die seit Ostern ausgeführten 6 Vereinsfahrten. Die erste derselben, am 27. April. Führer: Leutnant v. Etzdorf, Begleiter: Leutnants v. Lckow, Siinger und Schultz, endete bei »ehr schwacher Luftbewegung nach M Vi Stunden, nur HU km vom Aufstiegsort entfernt, bei Marienberg, Höchstgeschwindigkeit K,."> km, erreichte Ma\imalhöhe lööO in. Besser vom Winde begünstigt war eine am Tage darauf unter Führung von Oberleutnant v. Müller. Begleiter: Leutnants v. Donop, v. Busse und Dr. phil. Ebhardt, unternommene Fahrt, die sich in 2 Stunden äo Minuten 100 km weil bis <\\eiflVnhagen erstreikte, (ieschwindigkeit 86 km,

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Maximalhöhe 1550 m. Am 1. Mai stieg Oberleutnant v. Müller in Begleitung von Dr. Oechelhäuser in Bitterfeld auf und gelangte in 3 Stunden 25 Minuten 172 km weit bis Seelow, Geschwindigkeit 50 km, erreichte Höhe 1550 m. Recht schnelle Fahrten — ein Beweis, wie stark wechselnd das heurige «Mailüfterle» geweht hat — machten zwei am Vormittag des 5. Mai mit einem Zeitunterschied von einer Viertelstunde in Charlottenburg aufgestiegene Ballons, der eine geführt von Leutnant v. Brandenstein, Mitfahrende: Leutnants v. Palleske, v. Holthoff, v. Auer, der andere geführt von Oberleutnant v. Müller, Mitfahrende: Hauptmann v. Gerlach, Leutnant Mewes und Leutnant der Beserve Carr. Beide Ballons waren 2 Stunden 40 Minuten unterwegs, fuhren mit einer Geschwindigkeit von (J8 km und legten übereinstimmend 180 km zurück, obgleich zu verschiedenen Höhen aufgestiegen, da der erste bei Flechlingen landende 2000 m, der andere bei Schöppenstedt landende 1750 m Höhe zu verzeichnen hatte. Wieder bei erheblich schwächerem Winde, nur eine Geschwindigkeit von 27 km erreichend, fand die letzte der Berichtsfahrlen am 13. Mai statt, geführt von Hauptmann Sperling und begleitet von Graf Dohna und v. Ising. Sie. endete in 120 km Entfernung vom Aufstiegsort nach 4 Stunden 50 Minuten bei Zeulenroda und erreichte 2500 m Höhe. — Den Vortrag des Abends hielt Torpedo-Oberingenieur Giessen aus Kiel über «Winddruck und Winddruckmesser». Da dieser Vortrag, dem die Versammlung mit Interesse folgte, an anderer Stelle dieser Zeitschrift ausführlich wiedergegeben werden soll, sei hier nur gesagt, daß er von Lichtbildern und Demonstrationen an einem vom Bedner erfundenen Instrument zur Messung des Winddruckes begleitet war. A. F.

Niederrheinischer Verein für Luftschiffahrt.

I>ie Marz-Versammlung des Niederrheinischen Vereins für Luftschiffahrt fand am Montag, 27. in den Bäumen der Gesellschaft «Union» zu I'nter-Barmen statt. Nachdem 33 neue Mitglieder aufgenommen und 10 Anteilscheine ausgelost worden waren, berichteten über die fünf seil der letzten Versammlung ausgeführten Fahrten die Herren v. Abercron, Faul Meckel und Dr. Bamler. Die ersten drei Fahrten fanden von Godesberg statt, wo dank dem Entgegenkommen des Herrn Gasdirektors Deich ein prachtvoller Aufstiegplatz geschaffen ist, den der Verein noch recht häutig benutzen wird. Die erste Fahrt fand am 25. Februar unter Führung des Herrn Hauptmann v. Abercron statt, es fuhren mit die Herren cand. iur. Wcskott und stud. iur. Theten aus Bonn. Die sehr glatte Landung mußte wegen einbrechender Dunkelheit bei Marburg vorgenommen werden. Die Fahrt vom 2. März (internationaler Tag) führte Herr Leutnant Benecke, es fuhren mit die Herren stud. iur. Dörffel, v. Wesendonk und v. Schlumberger. Die Landung war ebenfalls sehr glatt und mußte wie die erste verfrüht in St. Marie in Belgien kurz vor der französischen Grenze ausgeführt werden, weil der Führer nicht in Uniform in Frankreich landen durfte. Einer der Zuschauer bei der Landung hatte das Aufreißen der Reißbahn als Zerstörung des Ballons und die frischen Schmisse des Herrn v. Schlumberger als Wunden, die er bei der Zerstörung davongetragen, angesehen. Diese Schauermär machte dann wie gewöhnlich die Bunde durch alle Zeitungen.

Die dritte Fahrt fand unter der Führung von Herrn Dr. Bamler am 11. März statt, es fuhren mit Herr Direktor Beich (Godesberg!, Herr Oberlehrer Milarch (Bonn) und Herr Fabrikant de Brünn (Barmen). Das stürmische Wetter machte die Füllung sehr schwierig, und ohne die neuen Sturmleinen, die hier zum ersten Male zur Verwendung kamen, wäre das Fertigmachen des Ballons wohl unmöglich gewesen. Die Fahrt führte dann bei wunderbar durchsichtigem Wetter, das eine unbegrenzte Fernsicht über die landschaftlich außergewöhnlich schöne Gegend gestaltete, in 2',« Stunden bis nach Moringen am Solling. Die Luftschicht bis zur Höhe von 800 m wurde mit einer mittleren Geschwindigkeit von HO km nach NO geführt, sodaß sehr bald das Ebbe-Gebirge erreicht war. Im dem abkühlenden Einflüsse der dicht beschneiten Gipfel zu entgehen.

wurde höher gegangen, und nun geriet der Ballon in eine Windströmung, die mit einer Geschwindigkeit von über 120 km per Stunde nach SO führte, sodaß das Rothaar-Gebirge überflogen wurde und sehr bald das Rhön-Gebirge und der Thüringer Wald in der Ferne erschienen. Als Landungsort war schon die Gegend von Meiningen ausersehen, da es nicht rätlich schien, mit dem geringen Ballast den Thüringer Wald zu überfliegen. Da verdunkelte eine Cirro-Slratus-Schicht die Sonne, der Ballon war nicht mehr in der Höhe von 2000 m zu halten und geriet wieder in die untere Strömung, die ihn nun gerade auf den Harz zuführte. Die durchaus glatte Landung erfolgte im Windschatten des Solling bei Moringen. Der Ballon hatte in 23/« Stunden 275 km durchfahren: die Fahrt ist insofern bemerkenswert, als sie die größte mittlere Geschwindigkeit aufweist, die bisher bei den Fahrten des Vereins gemessen wurde. 100 km pro Stunde, und da5 bei derselben auch die größte absolute Geschwindigkeit erreicht wurde, 120 km pro Stunde.

Die vierte Fahrt fand am 18. März unter der Führung von Herrn Faul Meckel statt und war die erste Fahrt, die von Solingen veranstaltet wurde. Mitfahrende waren Herr Leutnant und Adjutant Davids (Solingen), Herr Erbslöh (Elberfeld) und Herr Leng (Solingen). Es war die erste Fahrt des Vereins, die in ihrem Verlaufe über d.« Wuppertal hinführte, sie endete mit sehr glatter Landung bei Münster. Herr Merkel machte bei dieser Gelegenheit seine Führerfahrt, er ist der erste Ballonführer, der aus den Mitgliedern des Vereins hervorgegangen ist, vier andere Herren werden ihm bald folgen. Die fünfte Fahrt war zugleich die erste Fahrt von Mainz aus und fand am 23. März unter Führung von Herrn Leutnant Benecke statt. Mitfahrende waren Herr Hugo Toelle und Fräulein Erna Toelle aus Barmen, die in Wiesbaden zur Kur weilten und Fräulein Grete Metzkes aus Wiesbaden. Es herrschte richtiges Damenwetter, prachtvolle Fernsicht und wenig Wind. Die Fahrt führte zuerst über Biebrich. Wiesbaden, Schierstein, Frauenstein, Georgenborn, Schlangenbnd und Langen-Schwalbach. Die Luftbewegung wurde in der Höhe von 1200 rn immer langsamer, sodaß größere Höhen aufgesucht wurden, um die dort herrschende rückwärts führende Luftbewegung aufzusuchen. Das Vorhaben gelang und der Ballon fuhr über Wiesbaden zurück, um •1 Uhr -H> schwebte er grade 2000 in über der Wilhelmstraße. Die Landung erfolgte um 5 Uhr 21 sehr glatt bei Hochheim a. Main.

Den Vortrag des Abends hielt Herr Ingenieur und Patentanwalt Daumas über: «Entwicklungsgeschichte und heutiger Stand der Flugmaschinen>. Der Vortragende gab ein Bild über die Bemühungen der Flugkünstler vergangener Jahrhunderte, speziell derjenigen von Degen. Berblinger, Klaudius und anderer, auch ausländischer Krlinder, die trotz Aufwendung vieler Geschicklichkeit wegen verfehlter Prinzipien keinen Erfolg haben konnten. Dieselben hatten meist die Nachahmung des Vogellluges beabsichtigt, welchem .aber durch Heimholt?, als vom preußischen Staate bestellten Gutachter eine vernichtende Kritik bereitet und jede Möglichkeit der Verwirklichung abgesprochen wurde. Dann besprach der Vortragende die Versuche von Lilienthal und seinen Nachahmern, wie Pilscher, Ferber, Chanute und Herring. Es wurden hierauf die Erfolge der in neuerer Zeit tätigen Flugmatchincnkonstrukteure besprochen und namentlich die bekannten Konstrukteure Kreß, Langley, Hoffmann, sowie die Versuche der Gehrüder Wright hervorgehoben, welche bekanntlich in neuester Zeit derart erfolgreich gewesen sind, daß nicht nur das Prinzip der Flugmaschine gelöst ist, sondern füglich behauptet werden kann, das Fliegen mittels einer Maschine ohne Gasballon ist möglich. Alsdann wurden in Lichtbildern, mit dem unglücklichen mythischen Flugkünstler Ikarus beginnend, die Apparate von Klaudius, die ältesten Flugapparate von Chanute und anderen amerikanischen Erlindern, die lediglich aus Flügelpaaren bestanden, vorgeführt und hierauf diejenigen, mit denen Lilienthal erfolgreiche Schwebeflüge ausgeführt hat. Es folgten nun aus der amerikanischen Patentliteratur eine Anzahl Flugmaschinen, die von amerikanischen Erlindern entworfen und patentiert waren, und zum Teil so bizarre Ideen entwickelten, «laß die Vorführungen ein interessantes und lehrreiches Bild von dem auf diesem Gebiete betätigten menschlichen Fleiß und Scharfsinn abgaben. Auch

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die Maschine von Hoffmann wurde gezeigt und fand nähere Erklärung, sowie die Flugmaschine der Gebrüder Wright. Im Anschluß an die Vorführungen bemerkte der Vortragende, daß man wohl mit dem Erreichten zufrieden sein könne und daß, da die Technik immer größere Fortschritte im Hau von geeigneten Motoren und in der Erzeugung von Materialien mache, die größte Hoffnung vorhanden sei, daß auch die genannten anderen Erfinder erfolgreich, wenn auch auf verschiedenen Wegen, zum Ziel gelangen würden, und daß dann wohl auch in Bälde die Finanzwelt ihre kräftige Unterstützung leihen würde, wobei dem Wunsche Ausdruck gegeben wurde, daß auch Deutschland, wie auf anderen Gebieten, auf diesem allen anderen Staaten voran marschieren möge.

Ostdeutscher Verein für Luftschiffahrt.

Zu Beginn der 10. Vereinsversammlung, die am 22. April in Graudcnz stattfand, teilte der Vorsitzende, Herr Major Moedebeck. mit, daß der Präsident der ständigen internationalen Kommission für Luftschiffahrt, der französische Oberst Gharles Renard, am 13. April gestorben ist. Die Versammelten ehrten das Andenken an den Verstorbenen durch Erheben von den Plätzen.

Herr Hauptmann Wehrlc sprach sodann in längerem, von Lichtbildern unterstütztem Vortrage über «Andrees Ballonfahrt zum Nordpol». Redner hat den kühnen Luftschiffer seinerzeit in der Luftschifferabteilung kennen gelernt. Die Meinungen Uber die von Andree geplante Nordpolfahrt seien damals im Luftschifferbataillon sehr geteilt gewesen. Man habe sich, wohl auch unter dem Einfluß der damaligen Lehrer, gesagt, daß das Projekt ein ungeheuer kühnes, geradezu phantastisches sei. Als aber Andree, ein Mann, dessen Wesen gar nichts Phantastisches an sich gehabt habe, der sich vornehm, bescheiden, zurückhallend verhielt, den Luftschiffern seinen Plan auseinandergesetzt hatte, da sei mancher, der sich früher dagegen ausgesprochen, anderer Ansicht geworden. Der Vortragende gab nun zunächst eine kurze Biographie Andrees und ging dann näher auf das Projekt und die Fahrt selbst ein.

Die Idee, den Nordpol mittels Luftballons zu erreichen, stammt nicht von Andree, vielmehr von französischen Luflschiffern. Er war jedoch der erste, der den Plan zur Ausführung brachte, allerdings mit recht traurigem Erfolge. Die Vorbereitungen für das Gelingen seines Planes glaubte Andree erfüllt zu haben: u. a. müsse der Ballon eine große Tragfähigkeit haben, ferner gasdicht sein, um 30 Tage schweben zu können, und bis zu einem gewissen Grade lenkbar gemacht werden können. Herr Hauptmann Wehrlc beschrieb den Ballon ausführlich.

Am 5. Juni 181MJ, nachdem die erforderlichen Mittel herbeigeschafft waren, machte sich Andree mit seinen Begleitern von Gotenburg aus nach Spitzbergen auf. Das Volk betrachtete ihn als einen Nationalhelden, ihm zu Ehren wurde ein Fest veranstaltet In zehn Tagen war Spitzbergen erreicht, und man machte sich auf der Däneninsel, dem nördlichsten Punkte, daran, eine geeignete Füllstelle aufzusuchen. Nach mehrwöchiger Arbeit war der Gaserzeuger aufgestellt. Es konnten in der Stunde 200 cbm Gas erzeugt werden, während Andree nur (>0 cbm in der gleichen Zeit haben wollte. Die erhofften Südwinde blieben jedoch aus. Anfangs August, nach Erbauung der Ballonhalle, kam vielmehr ein Nordsturm und warf den Ballon voll Schnee. In Enttäuschung und Hoffnungslosigkeit traf Nansen, der mit seiner «Fram» der Däneninsel einen Besuch abstattete, die Luftschiffer an. Diese waren die ersten, die den «Fram»-Leuten die neuesten Nachrichten übermittelten. Da sich noch immer kein günstiger Wind einstellen wollte, blieb den Luftschilfern nichts anderes übrig, als die Rückreise nach Schweden anzutreten.

Der Empfang war hier nicht besonders erfreulich. Andree ließ jedoch den Mut nicht sinken. Er fuhr nach Paris, um dort Verbesserungen für seinen Ballon kennen zu lernen, und brach im Mai 185*7 an Bord eines schwedischen Kanonenbootes wieder nach Spitzbergen auf. Die Ballonhalle fand er auf der Däneninsel noch ebenso vor, wie er sie verlassen. Sehr viele Personen, selbst aus Deutschland, waren nach Spitzbergen,

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gekommen, sogar eine Zeitung wurde während dieser Zeit herausgegeben: die «nördlichste» Zeitung der Krde. Nach etwa 20 Tagen herrschte der gewünschte günstige Wind. Am 30. Juni war der Ballon reisefertig, und am II. Juli, nach kurzem Gottesdienst, trat Andree mit seinen Begleitern Frankel und Strindberg die Fahrt an. Die letzten Worte Andrees waren: «Gruß an mein Vaterland, an Schweden!» Der Ausgang der Fahrt ist ja bekannt: die kühnen Luflschifl'er sind verschollen. Die letzten Depeschen, die von Andr£e abgelassen wurden, lassen darauf schließen, daß der Hallon eine außerordentlich günstige Geschwindigkeit gehabt hat. Der Hallon dürfte sich jedoch höchstens zehn Tage in der Luft gehalten haben; um aber die sibirische Küste zu erreichen, wären über HO Tage nötig gewesen. Nach den von dem Kapitän eines Fischdampfers gemachten Aufzeichnungen bewegte sich der Ballon in Zickzacklinie.

Andree hätte auf einige ihm gemachte Vorschläge eingehen sollen. Der größte Fehler war der, daß der Ballon sich gar nicht solange in der Luft bewegen konnte, als erforderlich war, um dem Nordpol erreichen zu können. Andree hat der Wissenschaft und der Aeronautik einen großen Dienst geleistet, den er mit seinem Leben bezahlen mußte.

Außer den Lichtbildern, welche die Andree-Fahrt veranschaulichten, wurden noch Bilder von der Südpolar-Expcdition v. Drygalskis vorgeführt.

Herr Major Moedebeck bemerkte zu dem Vortrage folgendes: Mit Bezug auf die Aeronautik habe man in der Andreefahrt eine der grüßten Tragödien vor sich. Später aufgefundene Bojen, die Andree als Baiast benutzt und dann ausgeworfen hat, hätten keine Mitteilungen mehr enthalten. Man vermutet, daß der Ballon schon nach vier oder fünf Tagen zugrunde gegangen ist.

Hierauf teilte der Vorsitzende mit, daß im nächsten Monat Herr Überleutnant Albrecht über die «Taktik des Luftballons» sprechen wird. Im Juni wird Herr Hauptmann v. Kehler vom Luftschifferbataillon einen Vortrag halten. Die Bemühungen, den Schweizer Luftschiffer Spelterini zu einem Vortrage im Ostdeutschen Verein für Luftschiffahrt zu bewegen, sind mißlungen. Herr Spelterini hat abgelehnt, weil er auf der Karte gesehen habe, daß man von Berlin nach Graudenz wohl drei Tage zur Beise brauche, ihm aber die Zeit zu kostbar sei. Ferner verlas der Vorsitzende einen von Herrn Oberleutnant Boenisch übersetzten Bericht einer russischen Zeitung über die Aufnahme, die Herrn Hauptmann von Krogh bei seiner Ballonfahrt nach Rußland zuteil geworden ist. Herr Krogh wird in dem Bericht als ein «sehr gescheiter» Herr bezeichnet.

Es erfolgte nunmehr die Aufnahme einer Anzahl neuer Mitglieder, Damen und Herren aus Graudenz und auswärtigen Orten. Im Verein wurden neu aufgenommen: Herr Leut. u. Adjutant Boden. Fußart.-Bgt. 15; S. Exzellenz Herr Generalleutnant Mootz, Kommandeur der Bö. Division; Frau Major Staabs; Herr Leut. Krause. Feldart.-Rgt.3ä; Herr Oberst Del ins, Kommandeur der 2. Fußart.-Brigade in Thorn; Herr Hauptm. Boissoree, Feldart.-Bgt. 38 in Danzig; Herr Leut. Schnackenburg, Inf.-Rgt. 175: Herr Leut. Giehrach, Feldart.-Bgt. 71: Herr Kaufmann B. Thomascheski in Graudenz.

Zum Schluß wurden zur Teilnahme an den Vereins-Sonderfahrten im April und Mai d. Js. ausgelost: für die Fahrt im April die Herren Thilo Kieser und Leutnant Beermann und Frau Major Moedebeck, zur Heserve die Herren Oberbürgermeister Kühnast und Leutnant Grünau; für die Fahrt im Mai die Herren Major Kuntze, Dr. med. v. Klein und Leutnant Schnackenburg, zur Beserve die Herren Major Moedebeck. Oberleutnant Boenisch und Leutnant Giehrach. An sämtliche Mitglieder ergeht die Bitte, sollten sie zur Teilnahme an Sonderfahrten ausgelost werden, mehrere freie Tage anzugehen, um Zersplitterungen zu vermeiden. Die Teilnehmer wollen eventuell einen bestimmten Tag verabreden. Nach der Sitzung fand ein Essen statt.

Mitteilungen aus Schweden.

Während der «Xordiska Speien» Nordischen Spiele) im Februar dieses Jahres haben Wettfahrten mit Ballons einen l'latz auf dem Programm eingenommen, ein Beweis

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daß man in sportlich interessierten Kreisen in Schweden der Zeit folgt. Dank der schwedischen aeronautischen Gesellschaft ist das Interesse für die Luftschifferkunst hier im Lande während der letzten Jahre bedeutend gewachsen. Einen Deweis dafür hatte man am 9. Februar 1905, wo eine grosse Menge von Zuschauern den Ballonaufstiegen der «Xordiska Speien» beiwohnte. In dem «Idrottspark» in Stockholm schwebten in der nebeligen Luft zwei große Ballons, in dem frischen Winde hin- und herpendelnd. Der eine war der Ballon des schwedischen «Aeronautischen Luftschiffervereins Andree». der andere der «Argonaul», dem Direktor Karl Smitt gehörig. Der erste ist eine Kugel von 1500 cbm, ohne Netz und von A. Biedinger, Augsburg, verfertigt. Der Ballon hat bereits drei Reisen gemacht, während die Gondel, die dem Ballon «Svenske» angehört hat, sieben Reisen gemacht hat. Führer war der Hauptmann W. Swedenborg und Passagiere der Dozent von Euler und der Leutnant Versleegb. Der neue Ballon des Herrn Smitt ist von Kugelgestalt und 1000 cbm groß, er bat ein Netz und ist von E. Surcouf in Paris verfertigt; er sollte jetzt seine erste Reise unternehmen. Führer war der Ingenieur Hans Fraenkel (siehe dessen Bild im Aprilheft. Die Red.), und Passagiere der Besitzer des Ballons und der Leutnant Arne Garlson. Die einzige Bemerkung, die man gegen dienen Ballon, den man im übrigen für besonders gut hält, gemacht hat, ist. daß er mit Netz ausgerüstet ist, eine Anordnung, an der die Franzosen festhalten, anstatt den modernen Verbesserungen zu folgen. Die Fahrtbestimmungen waren:

Abgesehen davon, daß diese Aufstiege den Zwecken der internationalen wissenschaftlichen Ballonfahrten dienen sollten, die von gewissen Städten Europas für gleichzeitige l'nlersuchung der Windverhältnisse, der Temperatur und Feuchtigkeit der höheren Luftschichten angestellt werden usw.. galten außerdem für die Fahrten des Tages folgende Voraussetzungen: Stockholm ist von dem Feinde in einer Einschließungslinie eingeschlossen. Der höchste Befehlshaber der Stadt wünscht das Überführen einer schriftlichen Mitteilung nach Vaxbolm, außer der Linie liegend. Sieger wird der, der in der kürzesten Zeit, von dem Aufstieg gerechnet, ein Telegramm auf der Telegraphenstation Vaxholms einliefert.

Mittags 12 Uhr slieg der «Andree» ruhig und hübsch in die Höhe. 10 Minuten darnach folgte der «Argonaut» seinem Kameraden. Um 2 Uhr 20 Minuten kam die Nachricht von Vaxholm. daß ein Telegramm vom «Andree», an den Hauptmann Amundson adressiert, an die dortige Telegraphenslation eingeliefert worden war. «Andree» war also der Sieger.

Als die Luftfahrer nach Stockholm zurückkamen, erzählten sie, daß die Fahrt in jeder Weise glücklich gewesen war. Sie landeten auf einer kleinen Insel, l'/t Meile von Vaxholm entfernt, und Leutnant Versleegb fuhr auf Schlittschuhen nach Vaxholm.

Erst am Abend kam die erste Nachricht von dem «Argonaut». Dieser hatte eine viel abenteuerlichere Fahrt gehabt. Während des Aufsteigens hatte man, um nicht an die Baumgipfel geschleudert zu werden, einen Teil des Ballastes, der 50—60 kg ausmachte, hinausgeworfen. Dadurch stieg der Ballon auf eine nicht beabsichtigte Höhe. Er ging schnell in die Wolken hinauf, die in einer Höbe von 500—700 m lagen, und stieg endlich über die Wolkenlage zu einer Höhe von 900 m. Man befand sich jetzt in klarer Luft mit blauem Himmel und strahlender Sonne; unter dem Ballon breitete sich eine kompakte, fantastische Wolkenlandschaft aus, in welcher sein eigener Schatten sich wie ein Spiegelbild zeigte. Da Vaxholm nur 2 Meilen von Stockholm liegl. mußte man bald unter die Wolken zu gehen versuchen, um sich zu orientieren. Das Ventil wurde geöffnet, aber dies half zunächst nicht, augenscheinlich wegen der starken Sonnenstrahlung. Nach einer Viertelstunde fing der Ballon durch die Wolken zu sinken an; man konnte einige Landumrisse unterscheiden, und man konstatierte, daß man sich über den äußersten Schären am Oslseeufer befand. Man berechnete, daß man die 0—7 Meilen lange Fahrt in 20 Minuten gemacht hatte.

Der Ballon sank mehr und mehr und drohte in das offene Wasser hinunterzugehen.

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Es half nichts, daß man alle Mittel versuchte, um den Ballon schwebend 7.11 halten; am Ende tauchte die (iondel unaufhörlich ins Wasser. Der Sturm zog die ganze Zeit den Ballon mit, und es ging in langen Sprüngen über die Wellen. Bei jeder Senkung des Rallons wurde die Gondel ganz und gar mit Wasser gefüllt, wobei die Insassen bis an den Hals ins Wasser kamen und alle Mühe hatten, sich festzuhalten und nicht weggespült zu werden. Endlich erreichte die Gondel während ihrer wilden Fahrt den Eisgürtel, der sich auf der hinteren Seite des «Kanhoitnsfjärds' gebildet halte, und jetzt wurden die Stöße hart und gewaltsam.

Man machte den Versuch, einen Anker auszuwerfen, der längs des schon ausgeworfenen Schlepptaus gezogen wurde. Der Anker wollte aber nicht fassen, ehe er an eine Stelle kam, die von allen denkbaren gerade die schlimmste war, nämlich die Eiskante, wo die Segelrinne sich öffnete. Da blieb der Anker in der Fahrt hangen und der Ballon wurde in das in der Rinne gesammelte Packeis hinuntergeschleudert. Jedesmal, wenn die Gondel gegen das Eis stieß, wurden die Passagiere von großen Eisstücken getroffen und vollständig mürbe geschlagen ('! Red.). Da beschloß Ingenieur Fraenkel. den Ballon aufzureißen. Das machte er auch, während er mit der Gondel im Wasser lag, und jetzt wurde es ruhiger, so daß man daran denken konnte, sich aus «1er Gondel zu reiten. Der Direktor Smitt begab sich auf die in der Rinne umhertreibenden Eisstücke hinaus und erreichte mit kühnen Sprüngen das feste Eis. Auch die beiden anderen Passagiere stiegen aus der Gondel, jeder auf ein Eisslück hinaus, wo sie stehen blieben, weil es ihnen unmöglich war, das fesle Eis zu erreichen. Unterdessen hatte sich Direktor Smitt in der Richtung weiter begeben, wo man am nächsten festes Land sah. Dieses war die Gegend von Sandhamm. Da hatte man doch schon den Rallon beobachtet und war fertig, Hilfe zu bringen. Der Lotsendampfer <Vega» sowie der Rergungsdampfer *Merkur> bereiteten sich vor, hinauszugehen. Gleichzeitig wurde von Fischern ein Root über das Eis hinausgebracht und die Zurückgelassenen, die auf ihren Eisslücken sehr bedrängt waren, wurden auf diese Weise gerettet. Trotz ihrer großen Strapazen erholten sie sich bald wieder in einer Fischerhütte, wo sie trockene und warme Kleider anzogen.

Unterdessen hatte der «Merkur» den Ballon gerettet, an dem einige Maschen und der Netzring zerstört worden waren. Der Ballonstoff dagegen war ganz unbeschädigt.

R. .1—d.

Personalia.

Durch A. K. O. vom 15. Juni ist Oberleutnant Hildebrandt vom Kgl. Preußischen Luftschifferhataillon unter Beförderung zum Hauptmann zum Lehrer beim LuftschifTer-bataillon ernannt worden.

Richtigstellung.

Eine falsche Notiz über einen angeblichen Aufstieg des neuen Zeppe-linschen Luftschiffes machte kürzlich die Runde in vielen Zeitungen. Ein solcher hat nicht stattgefunden. Ein Unwissender scheint die Freifahrt eines kleinen Kugelballons von 500 nr* (der natürlich nicht an der Strippe geführt wnrde. wie dort bemerkt ist) dafür genommen und darauf seinen unberufenen Bericht gebaut haben.

Das Ballonunglück vom 12. Juni betreffend, wobei die Ballonfahrer Volmer und Flögel aus Remscheid in der Nähe von Scheveningen ins Meer gestürzt und umgekommen sind, sei auf verschiedene Anfragen hier ausdrücklich erklärt, daß die Verunglückten keinerlei Beziehungen zum Deutschen Luftschifferverband hatten. Wir werden auf diesen Fall, der, an sich bedauerlich, vielleicht den Luftsport in unberechtigten Mißkredit bringen könnte, noch zurückkommen.

Die Redaktion hält sich nickt für verantwortlich für den wissenschaftlichen Inhalt der mit Namen versehenen Artikel. Alle Rechte vorbehalten; teilweise Auszüge nur mit Quellenangabe gestaltet.

Die Redaktion.

illustrierte aeronautische Mitteilungen.

IX. Jahrgang. ->* August 1905. **

Aßronautik.

Des Herrn Jean Paul Gärtner Beschreibung seiner am 13. Aprill 1803 mit Herrn Garnerin und dessen Gattin unternommenen Luftreise zu Berlin.1)

Auf seiner Reise nach Petersburg begriffen kam Ilr. Garnerin mit seiner Gattin nach Berlin; er hatte die Absieht, sieh hierselbst nur einige Tage aufzuhalten. Durch einen Freund in Paris mir empfohlen, hatte ich das Vergnügen seine Bekanntschaft zu machen, und empfing ich ihn so, wie er es auf eine Empfehlung von jenem Freunde nur erwarten konnte. Schon berathschlagte er mit mir, wie und auf welcher Art er seine Reise nach jener Nordischen Hauptstadt am zweckniüssigsten fortsetzen könne, und wie es anzufangen sey, ihn bey seinen bereits dahin habenden Empfehlungen noch mehr Gewissheit einer guten Aufnahme und Beystand bey seiner daselbst projeetirten Luftreise zu versichern. Bekannt mit den angesehenen Verbindungen des Herrn v. Kotzebue in Petersburg übernahm ich es, diesem Herrn Garnerin vorzustellen, und ihn um Empfehlungen für denselben zu ersuchen. Der H. v. Kotzebue empfing H. Garnerin auf das ausgezeichneteste und versprach, ihm nützlich zu seyn. Zugleich suchte derselbe, ihn zu bereden, er mögte die nach seiner Zurückkunft in hiesiger Residenz projectirte Luftreise vorbei' unternehmen, indem er ihn versicherte, dass es der König gewiss gern sehen und als ein Beschützer der Künste und Wissenschaften ihn dabey unterstützen würde. H. Garnerin schien nicht abgeneigt u. H. v. Kotzebue übernahm es H. Cabinetsrath Beyrne hiervon zu benachrichtigen, um dem Könige den Wunsch des H. Garnerin hier eine Luftreise zu veranstalten mitzutheilen. Diess geschah und S. M. waren so gnädig, alles zu erlauben, und zur Unterstützung dieses Experiments für seine Person mit 100 Stück Friedrichsd'or zu subscribiren.

Garnerin ward beyin C. B. Beyme eingefühlt, und machte durch denselben die Bekanntschaft, der angesehensten Männer im Staate; von denen er und seine Gattin sich die beste Aufnahme zu rühmen haben. Von diesem Augenblicke an ward er zu den Gesellschaften des ersten Adels gezogen u. von mehreren Ministern öfters zur Tafel geladen. Hierdurch angefeuert

'> Das Original-Manuskript dieser bemerkeusw-rlcu Schtldenuitr ist uns von einen« Nachkommen des Herrn J. I'. Criirtner, dem Herrn Kaufmann (1. Schulte in Itertin, in liebciiswürdijfcr Weis.- zur Verfügung gestellt worden. Wir haben es unverändert zum Abdruck gebracht. — An* Anlaß dieses Anstiegs wurde, wie hier noch erinnert .-ei, eine von dem berühmten |.nn. entwürfen«. Denkmünze geprägt, Sie zeiül auf der einen Seite das Du|»pel|>rolil von Oarnerin und »einer l'rau. mit der Aufschrift: TK IM CK HUMES 1LLAC—IJerolini MD(l('.i III: auf der Rthks. ite schwellt eine llermi«ti^nr neben einem Hal|...ii. l.k>rt steht der Spruch: HAC ITEIt EST Slil'l UIS AO MAONI TEt .'TA TO NA NT IS. I' !!• .1

8. Heft.

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erüfnete er in unserer Handlung eine Subseription, die er vorläufig auf 500 Stück Frd'or bestimmte, um sieh wegen des Kosten Aufwandes, den dieses grosse Unternehmen nolhwendig macht, zu decken, und beabsichtigte, zugleich dadurch, dass er seine Subseription in einem bekannten Handlungshause eröfnete. dem Publicum Vertrauen einzullössen, und dasselbe wegen der von ihm zu machenden Hey träge im Falle einer Nichtausführung der Luitreise sicher zu stellen. Mit Vergnügen übernahm ich es nach einer näheren Bekanntschaft mit 11. Garnerin mich diesem mühsamen Geschäfte zu unterziehen. Die Subseription halle ihren besten Fortgang, die ganze Königl. Familie, alle hier anwesenden Prinzen und Prinzessinnen, und ein grosser Theil des Adels und des übrigen Publicums contribuirlen sehr bereitwillig. Ich verhehle aber nicht, dass H. Garnerin dessen uhngeachtet mit manchen Widerwärtigkeiten zu kämpfen hatte, die ihm eines theils durch die mühsame Herbeyschalfung der Materialien und andern theils durch Verbreitung falscher Gerüchte von l'ebelgesinnten und Neidern in den Weg gelegt wurden. Kr besiegte sie indessen alle und wurde seine Luft reise auf d. l.'L Aprill angesetzt. Einer unserer eisten Physiker, der Professor Hermbstaedt fasste den Entschluss, ihn auf dieser Heise zu begleiten um physikalische Beobachtungen in den höheren Kegionen anzustellen. Gern verstand sich IL Garnerin dazu: da er aber einmahl bekannt gemacht hatte, seine Gattin werde ihn begleiten, und er nicht versichert war, ob seine zwar beträchtliche Maschine H Personen würde fragen können, so ward beschlossen, dass er sich in einiger Entfernung von Berlin niederlassen, H. Hermbstaedt an den Platz seiner Gattin aufnehmen, und mit ihm von neuem die Reise antreten sohle.

Alle Vorbereitungen zu dem projectirten Versuche wurden nun gemacht. Wenige Tage vor dem Experimente änderte H. Hermbstaedt aber seinen Entschluss, er verlangte gleich mit aufzusteigen: dieses konnte ihm Garnerin aber nicht zusichern, liess ihn jedoch nicht ohne Hoffnung, dass es vielleicht möglich sey. Hermbstaedt hiermit nicht zufrieden oder aus andern mir und H. Garnerin unbekannten Gründen, worüber ich mich eines L'rtheils enlhalte, änderte nun seinen Entschluss und that auf die Begleitung Verzicht.

IL Garnerin wurde von S. M. dem Könige der Gurten der Thier-arzney Schule zu seinem Experimente bewilligt, und wurden in demselben die nöthigen Anstalten zur Bequemlichkeit des Publicums getrolfen, so dass auch der Platz eine beträchtliche Anzahl Zuschauer lassen könnte, l'cbel-gesinnte u. vorurlheilsvolle Menschen, die da glaubten, Weil Blanchard vor Ii .Iahten zu seinem Experimente den Exercierplatz gewählt hatte, Garnerin dürfe auch schon keinen andern Platz wählen, hemüheten sich nun rastlos durch falsche Gerüchte und selbst durch Anzeigen in öffentlichen Blättern dem Publicum begreiflich zu machen, der von Garnerin gewühlte Platz habe nicht allein nicht Horizont genug, den Ballon mit den Augen zu verfolgen, sondern könne auch nur sehr wenige und nur halb so viele Menschen fassen, als Einlassbillets ausgegeben würden: da sie die Anzahl derselben, welche schon ausgegeben seyn sollten, auf 5000 bestimmten, als

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noch nicht 2000 ausgetheill waren. Diess bewirkte immer soviel, dass mancher abgehalten wurde, zu abonniren, und obgleich das Abonnement den besten Fortgang halte, bin ich doch überzeugt, dass die Einnahme des H. Garnerin um 1000 geschmälert und zugleich ein grosser Theil des Publieums, den die Furcht zurückhielt, des Vergnügens beraubt wurde, Theilnehmer eines so grossen und seltenen Schauspiels zu seyn. Der Erfolg hat H. Garnerin gerechtfertigt, und seine Verläumder verstummen gemacht.

Der wichtige Tag kam endlich heran. Der General Feld-Marschall und Gouverneur v. Moellendorff und der Polizey Präsident Eisenberg hatten die besten Anstalten für die allgemeine Ruhe und Sicherheit getroffen. Die Eröffnung des Gartens war um 2 Uhr bestimmt: aber schon um 1 Uhr standen lausende von Menschen am Eingange und verlangten eingelassen zu werden. Die militai-rische Wache langte aber erst um 2 Uhr an. Ich halte für mich den mühevollsten Posten zur Wahrnehmung des Interesse meines Freundes Garnerin und zur Oberaufsicht am Eingange gewählt, und fasste den Enlschluss, um der harrenden Menge zu willfahren, unter dem Beyslande der bereits anwesenden Polizey Officianlen den Eintritt schon um halb 2 Uhr zu gestalten. Jeder, welcher Abonnementscharten haue, wurde eingelassen und alles gieng in der besten Ordnung. Nun langte das Mililair an, und der Zutritt wurde jedem erlaubt.

Der innere Raum des Schauplatzes füllte sich schnell; der Zufluss war sehr bedeutend. Ein 2,er Platz zu einem billigeren Preise erlaubte auch dem minder begüterten, theil an einem so seltenen Schauspiele zu nehmen. Unzählige Billets zu diesem Platze wurden noch am Eingange ausgetheilt. Von denen zum ersten Platze sind indessen nicht mehr denn 2400 ausgegeben, obgleich der innere Raum wohl 4000 fasste. Die beste Ordnung herrschte überall, und jedermann konnte bequem sehen. Die Ankunft der Königl. Personen wurde durch eine dazu aufgefahrene Kanone signalisirt. S. M. der König und die Königin kamen um halb 5 Uhr; und ersterer, von den vorher verbreiteten Gerüchten unterrichtel, nahm die ganze Anstalt in Augenschein, überzeugte sich, dass noch für 2000 Abonnenten Platz sey und bezeugte dem H. Garnerin ihre Zufriedenheit über die herrschende gute Ordnung u. zweckmässigen Anstalten.

Madame Garnerin genoss die Gnade sich lange mit J. M. der regierenden Königin zu unterhalten, welche öfters ihre Verwunderung über den Muth dieser seltsamen Frau äusserte.

Das Wetter war etwas windig, und der von 30 Menschen zurückgehaltene Ball wurde hin u. her geworfen. Endlich machte Garnerin die nöthigen Versuche, tun sich von der hebenden Kraft seines Balles zu überzeugen, und da er. fand, dass mit einem Bullast von 50 it derselbe im Stande war 3 Menschen zu heben, so bot er es mir an, mich mit sich zu nehmen, und erfüllte dadurch einen längst bei mir rege gewordenen Wunsch, den ich doch wegen der anscheinenden Unmöglichkeit nicht zu äussern gewagt hatte. Wer war bereiter als ich. Ich nahm meinen Plalz an Einem Ende des Nachens, Madame Garnerin am andern Ende mir gegenüber ein. Garnerin selbst stellte sich in die Mitte, um den Ballon zu dirigiren

u. den von seiner Gattin gehaltenen Barometer zu beobachten. Der Wind war immer noch heftig, jedoch wir fürchteten ihn nicht. Wir Hessen uns mit dein Ball nach der Einen Seite des innersten Baums hinziehen, da wir fürchteten in sehr schreger Richtung aufzusteigen, und alsdann die Bäume zu bestreichen. Auf ein gegebenes /eichen wurde der Ball losgelassen. Er hob sich sehr langsam, da die Last sehr gross war, aber desto majestätischer. Wir riefen nun den Anwesenden ein Lebewohl zu, schwenkten unsere Fahnen und stiegen unter dem Be\ fallklatschen der Zuschauer. Einige Hände voll

Sand, die wir weggeworfen, machten, dass wir etwas schneller stiegen u. wir erreichten eine bedeutende! lohe, die jedoch für das Auge des Zuschauers nicht zu bedeutend war.

Meyne Gefühle beym Aufsteigen zu schildern vermag ich nicht: es war das angenehmste, was ich je empfunden. Dreist sehe ich auf meine zurückgebliebenen Landsleute hinab, u. genoss das schönste Schauspiel, die ganze grosse Königs Sladt in ihrer ganzen Grösse mit Einem Blicke zu übersehen. Die vertheilten Gruppen ungeheuerer Volksmassen auf den grossen Plätzen, in den Gärten und vor den Thoren gewährten den herrlichsten Anblick. Von Schwindel habe ich durchaus nichts empfunden. Lieber den

.....Garten Hessen wir einen Fallschirm mit einem Korbe, in welchem

ein Hund befindlich war hinab. Der Schirm öfnete sich erwünscht, und langsam näherte er sich der Erde. Unversehrt fiel der Hund auf den Posthof.

Der heftige Wind war nur ein Erdwind, denn in einiger Höhe empfanden wir nichts mehr von demselben: die Lull war still, sehr heiter und angenehm warm. So schwebten wir nun in den Lüften, und unter heileren Gesprächen setzten wir unsern Weg fort. Anfangs nahmen wir unsere Richtung längs der Spree gerade auf Koopeniek zu, doch ohn-gefähr auf dein halben Wege änderte sich dieselbe, und wir giengen rechts nach Wuslerhausen u. Zossen, von da dann wieder einmahl links, und endlich wieder rechts; jetzt waren wir auf das lliuuntcrkommen bedacht.

/Luffipofo ckü Herrin' und dor\tadame Ov.KF.F.IN in Begleitung des ilcm GÄRTNER / zu B«rlmjmAWafn April »803 /

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Ich kannte die Gefahr desselben nicht, hatte also keine Besorgnisse. Garnerin aber, den die Erfahrung so manches gelehrt, blieb nicht ohne Furcht, da wir nur Seen, Sümpfe und Wasser unter uns sahen. Wir näherten uns Mittenwalde 4 Meilen von Berlin, u. senkten uns merklich, nachdem wir etwas Luft ausgelassen. Wir sahen die Einwohner in dieser Stadt auf den Strassen zusammenlaufen, welche zum Thorc hinauseilten, um uns zu empfangen, denn sie glaubten, wir würden gleich herunter kommen. Garnerin fand Eines theils nicht rathsam, sich dem Zuströmen der vielen Menschen auszusetzen, noch weniger fand er das terrein zum Landen passlich. Wir warfen etwas Ballast aus, und ein neuer Flug begann, bis wir eine Ilaide vor uns sahen, die II. Garnerin am bequemsten zum Herablassen schien. Wir senkten uns nun wieder, und es war die höchste Zeit, denn gleich dahinter kam ein grosser See. Unser Anker fasste den Gipfel eines Baumes, und wir senkten uns bis zu einem andern.

Nun riefen wir um Beystand. Viele Stimmen antworteten uns von allen Seiten; aber niemand kam uns zu Hülfe. Wir zogen uns nun vermittelst der Zweige neben den Baum herab, und landeten ganz glücklich an einer etwas lichten Stelle. Kaum waren wir unten, so langte der zu Pferde vorangeschickte Jäger des H. Generalleutnant v. Voss aus Mittenwalde bey uns an, und kündete uns zugleich die Ankunft seines Generals u. »Jessen Familie an, welche ihm auf dem Fusse folgten. Zugleich entledigte er sich seines Auftrages, indem er uns zum Abendbrodt und Nachtlager bey seinem General einfädele; welches wir annahmen. Nun kamen nach und nach mehrere Bauern und mancher uns nachgeeilte Stadtbewohner herbey. Auch die Familie v. Voss unter Begleitung mehrerer OfTiciers kamen an. Sie bewillkommten uns, und erfuhren wir nun, dass wir eine Meile hinter Mitlenwalde in der Wusterhausser Forst nahe dem Dorfe Klein Bewsten uns befanden. Diesen Weg von 5 Meilen hatten wir in der Zeit von 1 Stunde zurückgelegt.

Garnerin hatte es mir zur Pflicht gemacht, die Gondel nicht eher zu verlassen, als bis er mir es erlaubt. Wir blieben, nachdem wir schon zur Erde waren, alle 3 nach eine Zeit lang in derselben,' und Hessen aus dem nun fortdauernd geöffneten Ventil die Luft heraus. Nach einiger Zeit versuchte Garnerin, seinen Platz zu verlassen, ohne dass wir zurückgebliebenen noch aufgehoben werden mögten. Es gieng, und er befestigte mehrere Stricke an den nahe stehenden Bäumen, um jedes neue davonfliegen zu verhindern. Nun verliessen auch Madame Garnerin und ich successive die Gondel: der Ball leerte sich immer mehr und mehr. Wir ersuchten daher die Frau Generalin v. Voss Mad. Garnerin auf ihren Wagen mit nach der Sladt zu nehmen, unterdessen wir unsere Arbeit fortsetzten, und auf den aus der Stadt geforderten Wagen warteten. Nach und nach verliess uns alles, so dass wir uns zuletzt mit 2 Jägern u. i) Bauern allein befanden. Es iieng bereits an, dunkel zu werden. Mit Hülfe der Anwesenden legten wir den schon zur Hälfte geleerten Ballon,

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nachdem wir ihn von der Gondel getrennt hatten, auf die Erde, um die unterste grosse Oefhung etwas nach oben zu bringen, und die Ausleerung zu beschleunigen. Endlich war der Hallon geleert, wir streckten ihn aus, wickelten ihn mit Vorsicht zusammen, und banden ihn in eine dazu bey uns habende Leinewand.

So bereit, den Platz zu verlassen, hofften wir vergebens auf den Wagen: er kam nicht. Was war zu thunV Wir engagirten ö Bauern, welche den Ballon tragen mussten, und 2 zum Furtsehalfen der Gondel. So traten wir beynahe im Dunkeln die Reise zu Fusse unter Anführung der beyden .läger an. Eine Viertelstunde gierigen wir, ehe wir die Landstrasse erreichten; denn die Last war gross, sehr oft mussten die Träger anhalten, um sich auszuruhen. l>a wir auf der Landstrasse den Wagen noch nicht fanden, so setzten wir die Reise zu Fusse weiter fort. Doch das Beschwerliche, auf diese Art den Ballon zu Iransportieren, liess uns bald darauf Verzieht thun. Wir beschlossen ihn unter Bedeckung einiger Bauern zurückzulassen, bis der Wagen kommen würde. Garnerin u. ich setzten nun unseren Weg mit den beyden Jägern fort. Diess war nicht ohne Beschwerde. Die Nacht liel ein. wir waren abgemattet durch Hunger, Durst und Arbeit, und dazu hatten wir lauter Sand und Brüche zu durchwandern. Arm in Arm gelangten wir um 11 Uhr vor der Stadt an, wo wir erst den Für uns bestimmten Wagen begegneten. Einer der uns begleitenden Jäger gieng mit dem Wagen wieder zurück, um den zurückgelassenen Ballon aufzusuchen. Wir gelangten nun an die verschlossenen Thore von Mittenwalde; sie wurden geöfnet, u. wir exaininhL Sr. Exelenz der H. General Leutnant v. Voss und dessen Familie emplieng uns aufs freundschaftlichste, und wurden wir sogleich mit Theo bedient. Hierauf folgte ein frugales Aberrd-brodl, bey welchem wir durch unsere freundlichen Wirt he aufgefordert so heiter waren als es unsere grosse Müdigkeit zuliess. Nach Mitternacht standen wir von der Tafel auf, und man erzeugte uns die grösste Wohlthat, indem man uns ein bequemes Nachtlager anwies, nach dem wir uns so lange gesehnt. Arn andern Morgen vereinigten wir uns mit unserem liebenswürdigen Wirthe beym Frühstück, welches erst in Caffee, nachher in Cho-colade u. endlich in einer völlig besetzten Tafel bestand, welche uns Statt des Mittagbrodts dienen sollte, da wir uns geweigert so lange zu bleiben, um je eher je lieber in Berlin einzutreffen, wo ich meine Freunde und Verwandte nicht ohne grosse Sorge um mich wähnte. Bey diesem Frühslücke waren viele Offi eiere vom Jägercorps zugegen. Um hall' 11 Uhr traten wir endlich unter Begleitung der Seegenswünsche der edlen Familie v. Voss, der wir so vielen Dank für die gute Aufnahme schuldig sind, an. Wir halten 2 Wagen, auf dem Einen süssen wir 3 Luflfahrer nebst der Gouvernante der Fräulein v. Voss, welche wir mit zir ihren Verwandten nach Berlin nahmen, und auf dem andern befand sich unsere Gondel, und der zusammengelegte Ballon. Nicht ohne Aufsehn passierten wir die verschiedenen Dörfer. Kurz vor Buch begegneten uns russische Kaulleute,

welche auf ihrer Reise nach Dresden begriffen waren. Diese zeigten uns an, dass meine Familie und viele theilnehmende Personen uns in Britz, eine Meile von Berlin, erwarteten. In Buche trafen wir einen Polizey-bedienten zu Pferde, welcher vom H. Präsidenten Eisenberg abgesandt war, Erkundigung wegen uns einzuziehen. Nachdem er uns gesehen und gesprochen, sprengte er fort, Bericht abzustatten. Weiterhin begegneten wir schon einzelne Reiter, die uns entgegengekommen. In Britz selbst fanden wir nun mehr den 8 Wagens und an 30 Reiter, worunter sich den auch mein Onkel u. Tante, mein Bruder u. Schwester befanden. Seeliger Augenblick des Wiedersehens, nachdem man auf gefahrvoller Bahn begriffen von den Seinigen getrennt gewesen. Herzlichen Antheil nahmen alle an unsere glückliche Zurückkunft. Drey von unsern Fahnen hatten wir den Nichten des General Leutnant von Vohs als Andenken überlassen, die I noch übrigen vertheilten wir unter die Reiter. Diejenigen 4 von diesen, welche mit den Fahnen versehen waren, eröfneten nun den Zug, die andern folgten; hierauf kam unser Wagen, dann der mit der Gondel und dem Ballon und endlich der meines Onkels, hinter welchem die übrigen folgten. Der Zug begann nicht ohne Aufsehn in den zu passirenden Dörfern zu erregen. Zum Gott busser Thor zogen wir ein, nahmen unsern Weg durch den mit Menschen besäeten Rix dorfer .... u. breite Strassen, über den Schlossplatz und die Hundebrücke unter dem lauten Beifallsklatschen der Volksmenge, bis zu des Königs Palais: da S. M. durchaus verlangt hatte uns gleich bey unserer Ankunft zu sehen. Wir wurden dem König Paare und anwesenden Personen vorgestellt und aufs Gnädigsie empfangen. Nachdem wir wieder entlassen waren, kehrten wir nach unsern Wohnungen zurück. Vor meiner Thüre halten sich schon den Abend vorher Tausende von Menschen angefunden, um meinetwegen Nachricht einzuziehen. Der König hatte an diesem Tage mehr als t» mahl geschickt, und alle Herrschaften liessen sich nach mir erkundigen. Von früh 7 Uhr hatten sich eben soviele Menschen als Tages zuvor vor meiner Wohnung versammelt: der Aullauf nahm kein Ende. Als ich aus dem Wagen stieg ward ich beynahe erdrückt ins Haus hineingehoben. Noch verliess die Menge, obgleich überzeugt, dass ich glücklich augekommen, den Platz nicht, und der Haufe nahm eher zu als ab. Glücklich im Kreise meiner Verwandten und Freunde, die sich freueten, mich wieder zu sehen, liess mich das versammelte Volk zu 3 mahlen auffordern, mich nur am Fensler zu zeigen, um sich zu überzeugen, es wäre keine Täuschung. Ich willfahrte und ein lautes Zujauchzen begrüsste mich. Noch immer verlief sich die Menge der Menschen nicht, welches bey unserem ofenen Gewölbe sehr beschwerlich wurde. Ich mussle mich endlich ent-schliessen, mich aus dem Hause zu entfernen, damit sie sahen, dass ich nicht mehr da war und sich ein jeder zurückziehen mögte. Ich liess daher einen Wagen holen. Beym Einsteigen schrie alles: Nun haben wir ihn doch gesehen, nun sind wir zufrieden.

So endigten sich 2 für mich so wicht ige Tage. Damit war es aber

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noch nicht abgemacht. Von dem Augenblicke an nahmen die Besuche bey mir gar kein Ende; jeder wollte wissen, wie mir zu Muthe gewesen, was ich gesehen, ob ich nicht schlimm oder schwindlich geworden, oder Nasenbluten bekommen V Ob ich sie nun gleich versicherte, dass nichts von dem allen die Folge gewesen, so waren sich doch nicht zufrieden, und wollten, es müsse so gewesen seyn. Die Gondel, der Anker u. eine verlohrene mir wieder gebrachte Fahne wurden mir zu theil, und werden mir ewig als Trophäen dieser wichtigen Begebenheit merkwürdig u. schätzbar bleiben. Ich werde sie gewiss nie aus meinen Händen geben.

Nachdem Herr u. Madame Garnerin ein Frühstück bey mir eingenommen setzten sie ihre Reise am 2'f,,n Aprill über Luebeck nach Petersburg fort, wo ihrer gewiss der beste Erfolg ihrer Unternehmung wartet.

Flugtechnik und Aeronautische Maschinen.

Beiträge zur Theorie der Drachen in ihrer Anwendung für meteorologische Hochaufstiege.

Von It. Nlnifllhr.

Für meteorologische Hochaufstiege kommen heute ausschließlich solche Drachentypen in Betracht, welche eine genügend große Stabilität (und zwar sowohl in longiludinuler wie auch in lateraler Richtung) bei allen für Aufstiege in Frage kommenden Windgeschwindigkeiten besitzen.

Eber das Problem der Stabilisierung von Drachen liegen bereits eingehende und wertvolle Untersuchungen vor, namentlich von Marvin1) und Prof. Klippen.8) Bei den folgenden Ausführungen wird deshalb stets als conditio sine qua non vorausgesetzt, daß die Bedingung der Stabilität erfüllt isl.3)

Neben dem Stabilitätsfaktor spielt in der praktischen Drachentechnik die wichtigste Rolle die Frage nach der maximalen Steighöhe einer bestimmten Drachenlype.

Jeder Drachen ist spezilisch schwerer als die Luft, welche er verdrängt: er muß deshalb in ruhender Luft mit größerer oder kleinerer Geschwindigkeit zu Roden sinken, wenn man ihn aus einer bestimmten Höhe frei fallen läßt. Bringl mau aber einen entsprechend konstruierten und passend gefesselten Drachen in den Wind, so strömt dieser gegen die schräg zur Horizontalen liegenden Tragllächen des Drachen an und übt gegen jedes Element derselben

') Marvin, C. F., Kite exfi.rimeut- at lln- Weuther Uureau (Meiithly Weuther Heview, IKtWi.

— The iii-i haiiic- au.l ii|iijlit<riiiin r.f kite. i M. W. It.. 1X97». -i Kii|i|m-ii. W.. lii-rir ht ütu-r 'Ii'' Krloivi hurie der freien Almn*|»häre mit Hilfe von Drachen (Archiv diT D>nt?< Ii. i) Si.-wi.rte,

■*j 1-- iriM heute bereits mehrere I>r>ich<-nly|»'*n, welche Uber eine |irakti»i h Benüjrend grolle Stabilität verfugen; iln/n. ireleirt m <r-li-r I.inii «ler llururas < --Drachen mit «einen zahlreichen Modifikationen, dann der Lam-iMi 1 >ra< dien. Amh ilie Nikel- uii'l ) l.ly-l)r;i' den /.-bliii-n m. h l»ej nicht zu großen Windstärken dur-Ii (rille Stabilität uii^.

einen gewissen Druck aus. den man allgemein als * Winddruck» bezeichnet. Die l'artialdrucke gegen die einzelnen Flächenelemente der Tragflächen kann man zu einer einzigen Mittelkraft zusammensetzen, deren Angriffspunkt der «Druckmittelpunkt' genannt wird. Da die Mittelkraft W des Winddruckes gegen den Drachen infolge der Hauart der Tragflächen und deren Schrägstellung zur Wagrechten (und somit auch zur Strömungsrichtung des Windes) im allgemeinen weder lotrecht nach oben noch wagrecht sein wird, kann dieselbe stets in eine lotrecht nach oben gerichtete Komponente L und eine wagrechte parallel zur Strömungsrichtung des Windes liegende Komponente D zerlegt werden. Bezeichnet <p den Winkel zwischen der Mittelkraft des Winddruckes gegen den Drachen und der durch ihren Angriffspunkt gezogenen Lotlinie, so bestehen zwischen den drei Größen W, L und D ersichtlich die Beziehungen:

L — W • cos tp.........(I)

und D — W • sin qp = L tang <p . . . (2) Die lotrecht nach oben gerichtete Komponente des Winddruckes wirkt der Schwerkraft, welche durch das Gewicht des ganzen Systems gemessen wird, direkt entgegen und erzeugt deshalb eine scheinbare Gewichtsverminderung. Ist G (in kg) das Gesamtgewicht des schwebenden Systems bestehend aus dem Drachengewicht G,j, dem Gewichte des Registrierapparates Gr und dem Fesseldrahtgewicht Gr, so gilt für windstille Luft zunächst die Gleichung:

G = G, -f- Gr + Gf.......(3)

Im Winde wird durch die lotrechte Komponente L des Winddruckes, den sogenannten dynamischen Aullrieb, das Gewicht des schwebenden Systems von G scheinbar vermindert auf den Betrag von G—L. Das scheinbare Gewicht des schwebenden Systems GB d. i. also der Druck, den dasselbe auf eine mit der Erdoberfläche in starrer Verbindung stehende Unterlage ausübt, oder sein Zug gegen eine Aufhängevorrichtung wird somit allgemein gegeben sein durch:

G, — G — L..........(4)

oder zufolge Gl. («'Ii

Gs — (G,i 4- Gr Gf) — I.....(.">)

Soll ein Drachen überhaupt steigen, so muß ersichtlich für Gr = 0, Gs < o sein oder L > G,\ -f- Gr. Die Dillerenz:

L — G — L — |G(l ■:■ Gr -1- Gr) = A (0) gibt den sogenannten freien Auftrieb des Drachen. Der freie Auftrieb ist ersichtlich eine Funktion des gehobenen Fcsseldrahtgewichtes und somit auch der Höhe des Drachen.

Durch den freien Auftrieb A wird dem Drachen eine bestimmte Steigbeschleunigung erteilt, welche gegeben ist durch:

Y = • g - ■ 'r — I — 1 | • g . . . (' I

wo g die Beschleunigung der Schwere bezeichnet.

*»>9» 2 iß «4«

Gleichung (7) zeigt, daß mit zimelimeiidem Gewichte des gehobenen Fesseldrahtes, also mit wachsender Drachenhöhe, die Steigbeschleuniguug stetig sinkt.

Für L G wird f = 0. Ist Av die geringe Steiggeschwindigkeit, welche der Drachen im Momente, wo f = 0 geworden ist, besitzt, so wird noch ein kurzer Auslaut* staltlinden. Der Drachen wird noch ein Stück steigen, wobei seine Steiggosehwindigkeit stetig abnimmt und schließlich den Grenzwert 0 erreicht. Sowie dies der Fall ist. befindet sich der Drachen in dem stationären Schwebezustände: derselbe ist dadurch charakterisiert, daß der Drachen (konstante Windgeschwindigkeit vorausgesetzt) weder steigt noch sinkt, sondern in gleichbleibender Höhe in Schwebe bleibt. Ist der stationäre Zustand erreicht, so hat der Drachen so viel Fesseldraht hochgehoben, als er bei der herrschenden Win<lströmungsges<-h\vindigkeil zu tragen vermag, oder mit anderen Worten: der Drachen hat seine größtmögliche Steighöhe erreicht. Höher kann der Drachen bei gleichbleibender Windgeschwindigkeit nicht steigen, da er keinen freien Auftrieb mehr besitzt und folglich auch keinen Fesseldrahl mehr hochnehmen kann. Daraus erhellt, daß die maximale Steighöhe eines Drachen unter sonst gleichen Umständen eine Funktion des freien Auftriebes ist.

Neben dem Gewichte des Fesseldrahtes pro Längeneinheit spielt auch dessen Zerreißfestigkeit in der praktischen Drachentechnik eine sehr wichtige Kollo. Hei einer gegebenen Drahtstärke darf der maximale Zug an irgend einer beliebigen Stelle des Fesseldrahtes die Sieherheilsspannung, mit der man arbeiten will, nicht überschreiten. Ist Z (in kg) die absolute Zerreißfestigkeit des verwendeten Fesseldrahtes und u der Sicherheitsfaktor, so darf die maximale Spannung an irgend einer beliebigen Stelle des Fesseldrahtes den Betrag ^ (in kg) nicht überschreiten.

Die Zerreißfestigkeit eines Drahtes wächst allgemein proportional dem Quadrate des Durchmessers: im selben Verhältnis wächst aber auch das Drahtgewicht pro Längeneinheit. Soll die größtmögliche Steighöhe erzielt werden, so muß für jede konkrete Drachenkonstruktion bei gegebener Windgeschwindigkeit eine ganz bestimmte Drahtstärke verwendet werden. Der ökonomische Wirkungsgrad eines Dracheiiaufstieges wird deshalb wesentlich abhängen von der Ausnutzung der Festigkeit des Fesseldrahtes; dieselbe wird nur dann vollständig ausgenützt, wenn die Spannung in allen Elementen des Fesseldrahtes gleich ist der Sieherheilsspannung. Ist die Spannung des Fesseldrahtes in seiner ganzen Länge oder auch nur einem Teile derselben kleiner als die Sieherheilsspannung, so muH der Drachen totes Drahtgewicht hochnehmen, dessen Festigkeit nicht ausgenützt ist. Dies beweist, daß der Aufstieg nicht in rationeller Weise durchgeführt wurde. Es sei gleich hier bemerkt, daß beim praktischen Betriebe freilich nicht immer die Bedingungen realisiert werden können, welche die Theorie für die Erreichung eines möglich-! hohen Wirkungsgrades erfordert. Allein es ist kein Zweifel, daß der-

artige theoretische Untersuchungen, so lange sie auf dem Hoden der Erfahrung bleiben, auch für die praktische Drachentechnik einen nicht zu unterschätzenden heuristischen Wert besitzen.

Es soll nun eingehender untersucht werden, von welchen Umständen die maximale Steighöhe eines Drachen ander vom Gewichte und der Festigkeit des Fesseldrahtes noch abhängig ist. Dabei sei zunächst vorausgesetzt, dali der Aufstieg bloß mit einem Drachen durchgeführt werde oder daß sämtliche zur Verwendung kommenden Drachen am oberen Ende des Fesseldrahtes angebracht sind.

Der Fesseldraht würde, wenn der Winddruck gegen ihn als verschwindend klein gedacht wird, eine Kettenlinie bilden. Der Durchhang ist aber bei den praktisch in Hetrachl kommenden Fällen nicht sehr groß. In erster Annäherung kann man infolgedessen die Voraussetzung machen, daß die Form des Fesseldrahtes zusammenfalle mit der vom Fesselungspunkte am Drachen zum Haspel au der Erde gezogenen Geraden.

Ist N (in in) die gesamte Länge des Fesseldrahtes, den der Drachen bei Erreichung des stationären Schwebezustandes hochgehoben hat, und q (in kg) das Drahtgewicht pro 1 m, so erhält man das Gesamtgewicht des. gehobenen Fessoldrahtos aus:

Gr r= q • N............(9)

Bezeichnet vv den Winkel, den die Richtung des Fesseldrahtes mit der Wagrechten einschließt, so besteht zwischen der gehobenen Fessel-drahHänge N und der Drachenhöhe H die Bezeichnung:

H = N sin w..........(10)

Setzt man den Wert von i\ aus Gl. (10) in Gl. ((Ji ein, so folgt:

Gr=q- 11 ......... (11)

sin \v

Unter der gemachten Annahme, daß die Richtung des Fesseldrahtes von der Drachenwinde bis zum Fesselungspunkte am Drachen zusammenfällt mit einer Geraden, ist auch der Winkel, den die Richtung des Fesseldrahtes im Aufhängepunkte am Drachen mit der Wagrechten einschließt, gleich dem Winkel w.

Im stationären Schwebezustande muß die Mittelkraft aus dem auf den Drachen wirkenden gesamten Winddruck w und dem Gewichte des schwebenden Systems gleich und entgegengesetzt gerichtet sein zur Spannung des Drahtes irn Fesselungspunkte am Drachen.

Der gegen den Drachen anströmende Wind übt nicht bloß gegen die Traglläche, sondern auch gegen alle übrigen Bestandteile des schwebenden Systems (Versteifungsstäbe, Spauudrähte, Regislrierapparal usw.) einen bestimmten Druck aus, der nicht vernachlässigt werden darf. Im Gegensatze zu dem Winddruck gegen die Traglläche, aus dem der für den Aulstieg notwendige Auftrieb resultiert, stellt der Winddruck gegen das Versteifungsgerüste und die Spanndrählc des Drachen sowie gegen den Registrierapparat einen schädlichen Widerstand dar, der ein unvermeidliches (bei bildet und den Wirkungsgrad eines Dracheuaufstieges wesentlich vermindert. Man muß

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deshalb darnach trachten, durch geeignete Konstruktion der Drachen und des Registrierinstruinentes diesen schädlichen Winddruck, den sogenannten Stirnwiderstand, auf einen mögliehst kleinen Wert hei abzudrücken.

Zerlegt man den gesamten Winddruck gegen das schwebende System (Drachenlragfläehe, Versteifungsgerüst und Registrierapparal) in eine lotrechte nach oben gerichtete Komponente Wy und eine wagrechte Komponente Wx so besteht zufolge den früheren Ausführungen allgemein die Gleichung: Wy — (,= Wx • tgw........(12)

Gemäß Gl. (3) kann man dafür auch schreiben :

Wy — iGj •:- Gr -:- Gf ) Wx - tg w . . (13)

Setzt man für Gr den Wert aus Gl (11) ein, so folgt weiter:

Wv — (g,, f Gr+q • - )-= \\\ • tgw .14) \ sin \v /

Daraus erhält man für H :

H = [ Wy -((i,, -f Gr ) - Ws • tg w] . (1

Rei einem rationellen Drachenaufstiege muß, wie schon ausgeführt wurde, im stationären Schwebezustande die Spannung in allen Teilen des Fesseldrahtes gleich sein der Sicherheitsspannung, mit der man arbeiten will. Ks muß also zwischen der maximalen Drahtspannung S und dem Rücktrieb \YX ersichtlich die Beziehung bestehen:

s w> ............,1«)

TOS \V '

Ist s das spezifische Gewicht des Fesseldrahtes (in kg pro dm8), so erhält man das Gewicht des Fesseldrahtes pro ein Meter Länge aus:

(12 it s

'< = ~i-----isr-........{il>

wo d den Drahtdurchmesser (in m) bezeichnet. Die absolute Zerrein fest ig-

Z

keil Z des Drahtes darf bloß auf den Betrag ausgenutzt werden, wenn n

n

den Sicherheitsfaktor darstellt; die maximale Drahtspannung darf deshalb

den Wert c Z

S = , • ..........<18)

4 n

nicht übersteigen. Ks gilt somit auch die Gleichung:

• w« =-,>'- .......n»>

cos w 4 n

Aus den Gin. (17) und (111) erhält man weiter:

n ■ s \\\

«1 ~ ..... • — .......(20i

10» • /. . , H

Führt man obigen Wert für q in Gl. (15) ein und setzt für: Wv — .G,.-bGr ) = T ....... (211

und für: 1<»3 Z

= K...........(22

'2 n • s

so erhält man schließlich für II:

II = J - (T — Wslg w) sin 2\v . . (23)

•**•> 249 «3«*»

Die Größe K ist ersichtlich eine Konstante, welche bloß von der Natur des verwendeten Fesseldrahtes und dem Sicherheitskoeffizienten abhängt; T, der freie Auftrieb des Drachen im Niveau des Aufstiegsorles, und der Rücktrieb Wx sind wesentlich Funktionen der spezifischen Konstruktion des Drachen und der Windstärke. Außer von K, Wx und \Vy ist H nur noch abhängig von w, das ist dem Höhenwinket des Drachen. T und Wx sind aber von w unabhängig. Man kann sich nun die Frage vorlegen: für welchen Wert von w erreicht H seinen maximalen Wert? Da K eine Konstante, T und Wx von w unabhängig sind, braucht man bloß H nach w zu differenzieren und den Difjferentialquoticnten gleich Null zu setzen, um zu sehen, ob H ein Maximum besitzt oder nicht. Führt man die Rechnung durch, so folgt, daß H in der Tat ein Maximum erreicht, und zwar für den Wert w, der gegeben ist durch:

tg 2 w = u?x...........(24)

Als Maximalwert von H findet man:

fW* = K [y 1 + ) - 1 ] • (25.)

Der durch Gleichung (24) bestimmte Wert von w, für welche H seinen Maximalwert erreicht, soll der kritische Steig- oder Höhenwinkel des Drachen genannt und im folgenden mit \Vk bezeichnet, analog soll die zu Wk gehörende Höhe die kritische Drachenhöhe Hk genannt werden.

Soll bei einem Drachenaufstieg der größtmögliche flugtechnische Wirkungsgrad erzielt werden, so müssen also die folgenden beiden Grundgleichungen erfüllt sein, wenn der Drachen den stationären Schwebezustand erreicht hat: tg 2 Wk = _T_...........(2r>:

"nd Hk= K []/l+(^)S- l] .... ,27) Dazu kommt noch als dritte Rcdingungsgleichung zufolge Gl. (18): dk = l/~lnT......(28)

f IT • Z COS Wk

Der aus Gl. (28) folgende Wert für die Fesseldrahtstärke soll die «kritische» Drahtstärke genannt werden: dk ist dadurch charakterisiert, daß die Festigkeit des Fesseldrahtes vollständig ausgenützt wird. Schwächer als dk (mm) soll der Fesseldraht nicht sein, da sonst der Sicherheitsfaktor sinkt, und stärker als dk darf der Fesseldraht nicht sein, weil sonst der Drachen «totes- Drahtgewieht, d. i. Draht, dessen Festigkeit nicht voll ausgenützt ist, als unnützen Railast hochnehmen muß.

Die Diskussion der Gl. (18) ergibt folgendes: Außer von der konstanten K ist Hi einzig und allein noch eine Funktion von ... d. i. des Verhältnisses aus dem freien Auftrieb an der Drachenwinde (i. e. bei sehr geringer Drachenhöhe, in der das Fesseldrahtgewicht noch keine Rolle spielt» und

dem Rücktrieb des Windes gegen das schwebende System.

'l

.le gri'ißer der Wert des Quotienten w - gemacht werden kann, um so

*»»ä> 2Ö0 «3«14*

größer wird auch unter sonnt gleichen Fm-stünden die kritische Steighöhe werden. Infolge seiner großen Bedeutung für die praktische Drachen-T

technik soll kurz die «charakteristische Funktion» genannt und mit fk be-

W\

zeichnet werden.

Ks soll nun noch genauer untersucht werden, von welchen Umständen die charakteristische Funktion in erster Linie abhängig ist. Zu dem Zwecke muß auf die spezifische Konstruktionsart des Drachen näher eingegangen werden. Die bisherigen Betrachtungen gelten für Drachen von ganz beliebiger Konstruktion. Will man jedoch die charakteristische Funktion fk in explizierter Form darstellen, so kann dies nicht mehr in ganz allgemeiner für alle Drachentypen gültigen Form geschehen, sondern man muß jede konkrete Drachenform für sich untersuchen. Besteht der Drachen wie z. B. der Eddy- — oder Malay- — Drachen bloß aus einer einzigen Tragfläche, so läßt sich der gesamte Winddruck gegen die Drachenfläche einfach in der Form darstellen:

\V = a.---F-v*.......i20i

c

dabei bezeichnet F (in m2) die Größe der Tragfläche o* (in kg pro m3i, das spezifische Gewicht der Luft im Niveau des Drachen, g (in in, sec) die Beschleunigung der Schwerkraft und v die Strömungsgeschwindigkeit der Luft in m per Sekunde. Der Faktor a stellt eine Erfahrungszahl dar. den sogenannten Widerstandskoelfizienlen; derselbe ist wesentlich eine Funktion der Form und des Baues der Tragfläche sowie der Neigung gegen die Wagrechle.1) Der gesamte Rücktrieb des schwebenden Systems setzt sich zusammen aus dem Bücktrieb des Drachen Wx,4 und dem Bücktrieb des Begistrier-apparates \YTX r, wenn man den Winddruck gegen den Fesseldraht zunächst vernachlässigt. Man kann also allgemein setzen:

Wx = Wx<1 + \Vx,r mit Bücksicht auf die Gin. (I), i2) und (20) folgt:

Wy -= a • " • F • v8 • cos cp..........(30)

und Wx.ii — a • ° ' F • v2 ■ sin cp.........(31)

Die charakteristische Funktion kann mit Bücksicht auf die Gin. i30V (31) und (211 nunmehr in der explizierten Form dargestellt werden:

Wy - ft;,, -f Gri « ' ! F •v* * ™s <P - + Gr)

W«,.i | Wx r a . 0 . K ■ v» • sin cp + Wx. r

Obige Gleichung lehrt folgendes: Soll bei einer gegebenen Windgeschwindigkeit die charakteristische Funktion einen tunlichst großen Wert erreichen, so muß der Drachen bei einem möglichst kleinen Gewichte eine möglichst große Tragfläche besitzen.

'1 Lau S. I'.. Kx|irnmt'iit<.' in A< rn.iynnmi'^ <-. **«!.. Wa.-hinginn, l'M>i).

1. oi1 Iii. I'. v IHi Luflwitlft^taii.l-^'i--'\/e, <l< r l'.ill .lurvh ili>- I.nfl nn.l «U«r Vogolflug (Wien,

Das Drachengewicht kann als Funktion der Traglläche dargestellt werden. Man wird allgemein setzen können:

Gd = f (F)................(33)

Da mit zunehmender Tragllächengröße auch das Gewicht des Drachen stetig wächst, wird es für jede konkrete Drachentype und jede spezielle Konstruktion eine ganz bestimmte Draehengröße (die «kritische Drachengröße » G ,t. k) geben, für welche zwischen dem Drachengewicht und der Tragllächengröße eine derartige Beziehung besteht, daß die charakteristische Funktion und somit auch die kritische Steighöhe des Drachen einen maximalen Wert erreichen. Der zu G«i. k nach Gl. (33) folgende Wert von F soll die kritische Tragllächengröße genannt und mit Fk bezeichnet werden. Jede Vergrößerung der Traglläche über Fk hinaus bedingt nach dem Gesagten eine Verminderung des Wertes der charakteristischen Funktion und folglieh der kritischen Drachenhöhe im stationären Schwebeznstande; denselben Effekt hat eine Verminderung der Tragfläche unter Fk. Die Verkleinerung des Drachengewichts, welche durch eine Verminderung der Tragfläche resultiert, kann die Abnahme der charakteristischen Funktion infolge der Tragflächenreduklion nicht paralysieren. Daraus folgt, daß auch jede Verkleinerung der Traglläche unter den Wert Fk eine effektive Verminderung der charakteristischen Funktion und somit auch der kritischen Steighöhe zur Folge hat.1) Da weder der W'iderstandskoöffizient a noch m und WX(i nach dem gegenwärtigen Stande der Flugtechnik mit genügend großer Genauigkeit angegeben werden können, ist auch die Bestimmung des numerischen Wertes der kritischen Tragllächengröße für eine konkrete Drachentype von bestimmter Konstruktion auf Grund der entwickelten Gleichungen derzeit nicht möglich. Die kritische Tragllächengröße sowie das kritische Tragflächengewicht müßten deshalb, wenn man die Drachenaufstiege mit dem größtmöglichen ökonomischen Nutzeffekte durchführen will, für jede konkrete Draehentypc und jede bestimmte Konstruktion auf rein experimentellem Wege bestimmt werden und zwar unter sleter Bücksichtnahme auf die entwickelte Grundgleichung (32). Werden sämtliche auf der rechten Seite dieser Gleichung stehenden Größen möglichst genau gemessen und geschieht dies bei verschiedenen Werten von G,i und F, so lassen die erhaltenen Werte von fk einen Schluß zu. ob und in welchem Grade bei einer Vergrößerung oder Verkleinerung von F eine Zunahme bezw. Abnahme des numerischen Wertes der charakteristischen Funktion eintritt. Hat man diese Untersuchungen für eine Heihe von verschiedenen Werten von F und G,j durchgeführt, so wird man schon durch eine eingehende Diskussion der berechneten Werte von fk imstande sein, auf Grund der entwickelten Gleichungen wenigstens den ungefähren Wert der kritischen Drachengrüße zu bestimmen.

(ianz analoge B<-/i< Innigen gelten auch für die frei schwebenden Ornchen. die sogenannten Drachenflieger. Zwischen der Kluvteehnik und der hraehenlcohuik bestellen sehr enge IJe/ieliungen. Jeder Korlftrhrilt. welcher in einer der beiden genannten Uis/ijdiiieu gemocht wird, kuintnl de-hall» unmittelbar der andern zugute. Vergl Nimfilhr lt.: hie physikalischen Grundlagen de« balbiufren-n I luge- (Illu-triertu Aeronautische Mitteilungen linui.

*>» 2ä2 €44«

Bisher wurde stets stillschweigend vorausgesetzt, daß die Drachenflächen ebene Flächen seien. Die Forschungen der Flugtechniker Ing. Otto Lilienthal,1) Phillips, Prof. Georg Wellner,2) Ing. Oetave Chanute8) u. a. haben jedoch gezeigt, daß der Effekt von schwach gewölbten Flächen wesentlich größer ist als jener von völlig ebenen Tragflächen. Schwach nach oben gewölbte Flächen geben bei gleichem Bücktrieb einen größeren Auftrieb oder, was dasselbe ist. sie erleiden bei gleichem Auftrieb einen verhältnismäßig geringeren Bücktrieb als eine ebene Fläche von der gleichen Größe. Die gleichen Erfahrungen wurden auch beim Experimentieren mit Drachen gemacht: man verwendet deshalb jetzt am Blue-Hill und am Berliner Aeronautischen Observatorium4) größtenteils Margrave-Drachen (Modell Marvin) mit gekrümmten Tragflächen. Die Tiefe der wirkungsvollsten Wölbung beträgt nach den Versuchen von Otto Lilienthal ca. '/is der Flächenbreite (parallel zur Strömungsrichtimg des Windes). Da bei einer gewölbten Flüche jedes Flächenelemcnt eine andere Neigung zur Wagrechten besitzt, wird sowohl et wie auch <p für jedes einzelne Flächenelement einen anderen Wert besitzen. An Stelle der Gl. i3ö) ist also für gewölbte Flächen die DilVerentialgleichung zu setzen:

d W • a ■ u ■ d F • v2............(3ü)

■ v /

Für den Winddruck gegen eine gewölbte Traglläche erhält man somit:

W = ■ v2 ja • d F............('»(»)

In gleicher Weise lassen sich die lotrechte Komponente Wy und die wagrechte Komponente Wx j des Winddruckes gegen eine Traglläche eines Drachen mit gewölbten Flächen in der Form darstellen:

Wy =^ • v8 j a ' cos (p • d F .........(41

und Wx ,i = ^ • v2^J"a • sin <p • d F........(12)

Besteht die Tragfläche eines Drachen nicht aus einem einzigen, sondern aus zwei oder mehreren getrennten Flächenteilen, so hat man die Integrale der Gin. (Iii und (12) für jedes einzelne Tragflächenelement gesondert zu bilden und die zugehörigen Werte von Wy und Wx (1 zu summieren. Die charakteristische Funktion wird für mehrflächige Drachen mit schwach gewölbten Trngllächen folgende Form annehmen:

;'- zj u • cos • qp d F — (G,| -f- Gr) 1.J u • sin • <p d F -f- Wx r

(12.)

»Ml

1 I. ili-nMi.il. V.: I».r Vii-^'i liln- al» OruiulUirr d<r Flu'«rekiiiixt. IM!» ■' Wi iln- r Ii. V-r-mli" üI<t >1 ii Lull« Li. rsi,uiiI g,-v> i.jhliT I Ifnh'-n ini Winde und auf Eisen-I'.iIiiumi Z<-i<-< tirifl de« «.-!• rr. lii^'Mir.'iir- und Ari'lnli nvcnm- Im',1

•*» Cli.inut-, O : 1'rr.jjrc-s in Fl51115: Marriine« I ' l'l.'l 111 Lind«-ulj( r,v

■ I

•*«>9* 253 «MM*

Die Grüßen a und 9 sind Funktionen der Koordinaten der Fläche F. Da nach dem gegenwärtigen Stande der Aerodynamik es nicht möglich erscheint, a und ro als explizierte Funktionen der Koordinaten der Fläche F darzustellen, lassen sich die Integrale der Gl. 1521 praktisch nicht auswerten. Man muß sich deshalb darauf beschränken, auf rein empirischem Wege den Winddruck gegen einen mehrflächigen Drachen mit gewölbten Flächen nach Größe und Richtung zu bestimmen.

Die für die charakteristische Funktion entwickelten Gin. (32), (38) und (42) zeigen, daß sowohl das Gewicht des Hegislrierapparates, wie auch der Winddruck gegen denselben möglichst verringert werden müssen, wenn die kritische Drachenhöhe einen möglichst großen Wert erreichen soll. Auf letzteren Umstand scheint man indes bisher wenig oder gar kein Gewicht gelegt zu haben. Die von Richard, Marvin, Teisserenc de Dort, Aßmann und Hergesell konstruierten Registrierapparale für ballonsonde Aufstiege zeichnen sich wohl durch große Leichtigkeit aus, allein sie erleiden infolge ihres großen Volumens leider noch einen sehr beträchtlichen Winddruck. Einen wesentlichen Fortschritt nach dieser Richtung bedeutet gewiß der neue Apparat von Dincs;1) bei demselben ist die rotierende Trommel, mit der die früher genannten Apparate versehen sind, durch eine wagrechte Scheibe ersetzt. Infolge der günstigeren Form muß der Winddruck dadurch natürlich beträchtlich herabgemindert werden. Noch zweckmäßiger dürfte es vielleicht sein, die Trommel der gebräuchlichen Registrierapparate durch eine lotrechte rotierende Scheibe zu ersetzen und die Konstruktion der Registrierfedern und des Uhrwerkes sowie des Stützrahmens möglichst kompakt zu gestalten, so daß die Rreitedimensionen tunlichst gering ausfallen.

Kann man mit großen Hilfsmitteln arbeilen, dann spielen solche Details der Konstruktion freilich keine oder doch nur eine sehr geringe Rolle; denn in diesem Falle kann die Erreichung einer bestimmten Höhe stets erzwungen werden, wenn man nur genügenden Wind zur Verfügung hat. Besitzt nämlich der hochgelassene Drachen nach Erreichung einer gewissen Höhe keinen freien Auftrieb mehr, kann er also auch keinen neuen Fesseldraht mehr emportragen, so braucht man bloß eine entsprechend große Anzahl von Hilfsdrachen anzuhängen. Man darf aber nicht übersehen, daß durch jeden neuen Hilfsdrachen, den man aullassen muß, um eine gewünschte Höhe zu erzielen, auch der Zug des Fesseldrahtes an der Winde erheblich vergrößert wird. Man muß deshalb auch zu stärkerem Draht übergehen, wenn man mit gleichem Sicherheitskoeflizienlen weiter arbeiten will. Je mehr Drachen man iti der Luft schweben hat, um so größer ist auch die Gefahr, daß einer etwa abreißt und dadurch ein längeres oder kürzeres Stück Draht verloren geht oder wertlos gemacht wird. Ja es ist auch die Möglichkeit nicht ausgeschlossen, daß das kostspielige Instrument beschädigt wird oder der Drachen zerbricht. Derartige Unfälle, die sich auch bei der größten Vorsicht nie ganz eliminieren lassen, bedeuten deshalb stets eine

•) Dinc». W. II.: A new m> lf..ro..rar.!i f.-r kites [Symm»n> M-1.-.>r..l..ifi.-al Ma?-i?ini\ Jnly 1*1).

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melir oder minder erhebliche Vermehrung der Betriebskosten. Es kommt auch noch ein weiterer Umstand in Betracht. Je mehr Hilfsdrachen nötig sind, um eine gewisse Höhe zu erreichen, um so grölier wird auch, wie schon erwähnt wurde, die resultierende Spannung des Fesseldrahtes an der Winde. Es wächst somit auch im gleichen Maße die Arbeit, welche das Einholen der Drachen erfordert, sowie auch die Arbeitszeit für die Durchführung eines Aufstieges zu bestimmter Höhe. Jeder Hilfsdrachen, den man hoch lassen muß, um eine vorgegebene Höhe zu erreichen, bedeutet deshalb auch eine entsprechende Erhöhung der Anlage- und Betriebskosten einer Drachenstation. Soll der Betrieb einer Drachenstation mit dem größtmöglichen ökonomischen Wirkungsgrade erfolgen, so wird man nach den gemachten Ausführungen darnach trachten müssen, jeden Aufstieg mit der geringstmöglichen Anzahl von Hilfsdrachen durchzuführen oder mit anderen Worten: man wird darauf hinarbeiten, durch rationelle Verbesserungen in der Detailkonstruktion der Tragflächen, des Versteifungsgerüstes, des He-gistrierapparates usw. den flugtechnischen Wirkungsgrad der gewählten Drachentype möglichst zu erhöhen.

Ein Flug von 20 Minuten mit dem Gleitapparat

von Montgomery.

Zum erstenmal hat eine Flugmaschine mit einem Passagier an Bord über HXK) m hoch über der Erde geschwebt und ist nach langem lenkbaren Flug ohne die geringste Beschädigung von Mann oder Maschine genau auf dem im voraus bestimmten Punkt gelandet. Es war zwar nur ein Gleilflieger ohne Motor und Propeller, aber er hat die erfolgreiche Lösung jener schwierigsten aller Flugmaschinenprobleine: die Stabilitätsfrage, so drastisch demonstriert, wie wohl noch keine andere und zum erstenmal die Vorteile der hohen unaufgewühlten Luft auch der Flugmaschine zu eigen gemacht. Nicht minderes Verdienst wie ihrem Erfinder gebührt ihrem kühnen Lenker, Aeronaut Maloney, der unverzagt sich in einer Höhe von •k)(K> Fuß vom einem Ballon trennte und mit der Maschine in die Luft stürzte.

Wie Prof. A. F. Zahrns Experimente, sind auch diese letzten mit einer katholischen Hochschule verknüpft: bei diesem unerhörten* Wagnis ein außerordentlicher Vorteil, weil ihr glänzender Erfolg ganz besonders dem Vertrauen auf die zuvor feierlich angerufene göttliche Hilfe zu verdanken ist.

Der Name des glückliehen Erfinders, der kaum so viel weniger aufs Spiel setzte, als der Passagier der .Maschine selber, ist .1. .1. Montgomery, Professor am Santa Clara (.'.»»liege zu Santa Clara in Kalifornien, Nordamerika.

Der Flug am oben genannten Tag war die erste öffentliche Probe. Dieselbe fand statt an einem mit Begelrnüßigkeit gefeierten Gedenktag der Hoch-

sOÖ

schule, zu dem sich jährlich viele einstige Studenten und hervorragende Persönlichkeiten in Kirche und Staat versammeln. Außerdem waren speziell zu dem Versuch eine große Anzahl von (lasten und die Repräsentanten der großen Zeitungen eingeladen. Die Maschine war vorher natürlich in der Stille erprobt worden, und zwar dreimal, nahe der Küste des stillen Ozeans auf dem «Ranch» eines Freundes des Erfinders, Mr. Leonard. Dies geschah Mitte März und die Maschine startete gleichfalls von dem Ballon (einer Vier bekannten amerikanischen Montgoliieren) und auch hier wurde bereits eine Höhe von HtMiO Fuß erreicht.

Es ist hervorzuheben, daß der Ausfall dieser Vorversuche zu keiner Änderung an der Maschine Anlaß gab. Alles hatte völlig den Erwartungen entsprochen. Es wurden nur die Regeln für die beste Art ihrer Handhabung und Leitung für den Führer i einen der im Märzheft des Jahrgangs UKW1) charakterisierten amerikanischen Berufsaeronaiilcn), der diese Flüge wie Fallschirmstürze unternahm und sich als sehr geschickt bewährte, festgelegt.

Der Flug vom 29. April dauerte 20 Minuten und seine Ausdehnung wurde absichtlich verkürzt statt verlängert. Jedenfalls erklärt der Erlinder, er habe den Aeronauten davor gewarnt, zu schnell zu Iiiegen, ehe er mehr praktische Erfahrung hätte. Im Fall die Geschwindigkeit der Maschine

'i Kr i-l wohl tlrr erat* Professionelle ra( einerFlugmu«ehiiie uml •>riiin**rt <■<> den Verfu»«er iu<■ i»-artig an die Schilderungen «l.-r V<>r<'iuisruii|r der ge-ehwnreueu APronaoten• mit il>r.-n Leitern, ihrer Ah-birtnng gegen die Gefahr and ihrer peinlichen. Wahrung de« Zunft geheimnis-es der KIinrin:».-.-hin--nn.»\t-gation in dem genialen Zukunftsroman . Wien the tleeper wakes • von II. (i. Wells. Nneh nn-lir: Die I •riu dieser neuesten Flugmasehine und die He«, hreiliung ihren Verhalt.Iis in der Luft tnlapffi Iii l . t in allen Kinzelheiten der dort gegebenen Bracturaibaaf der kleineren Typen, der ■Aeropfleit*. .liier Klus

wurde dort gesrhildert als rapide- Aufsteigen mit voller MutureukriiM und dünn all mit hl i< lies Herahgleilen ans großer Höhe hei perfektem automatischen Gleichgewicht mit itllletehenden] Molor, iDie* würde eventuell deu Cietiraueh lutlgekUlilter Motoren gestalten, die. heim Miede rgleiteii sj. Ii ahkühlen kr-nm n Aach die Steuerung und Kontrolle durch Manipulation der Tragflächen salbet vervollständigt nur dieses modernste Itei-piel von diehterischcr Anti/ipation technischer Tatsachen.

Aufstieg des Flugapparats von Montgomery. Füllung der Hontgolftere.

'JÖÖ <S«4«

dabei unter ihrer ökonomischsten Schwebegeschwindigkeit blieb (Herring? «soaring speed of minimum resistance -), bedeutete dies natürlich Energieverlust und Flugverkürzung.

■ont&omery» Flugapparat von vorn, mit dem Aeronauten Haloney.

Langley und Manly haben gezeigt, daß sich eventuell auch für unökonomische Systeme Motorenkraft genug beschallen läßt. Hoch selbst ein zu schwacher Motor wäre imstande, den tlleitellug dermaßen zu verlängern,

daß man bei der Fortsetzung dieser Experimente bald vom wirklichen, vogelgleichen Fliegen hoch oben im Ulanen reden dürfte.

Es kann nicht genug betont werden, wieviel es bedeutet, daß eine Flugmaschine mm zum erstenmal für '20 Minuten lang in der Luft war, wo bisher solche Apparate so häufig zerbrachen, sobald sie überhaupt Miene machten, den Hoden zu verlassen.

Der Erbauer des Gleitfliegers, Professor Montgomery, hat unserer Zeitschrift eingehende Informationen zur Verfügung gestellt, außer jenem, was der Korrespondent des «Scientific American» an Ort und Stelle erfuhr, als er «ler öffentlichen Probe beiwohnte. Dem letzteren entnehmen wir zu-

Prof J. ) Montgomery. nächst folgendes: Professor M. UUK'llt

Anspruch darauf, im Laufe eines zwanzigjährigen Studiums gewisse Gesetze, welche die Bewegung von Luft beherrschen, entdeckt zu haben, welche von den allgemein angenommenen abweichen. Der Flugapparat -Santa Clara* wäre demnach das Resultat gründlicher wissenschaftlicher Arbeiten. Er besteht aus zwei Flügelllächen von parabolischem Querschnitt, einem Ilachen Schwanz und einem vertikalen Steuer. Die beiden Tragllächen sind so gestaltet und angeordnet, dali sie bei der Bildung einer allgemeinen Rotation in der Luftströmung harmonisch zusammenwirken, ganz so, als ob sie lediglich der vordere und der hintere Teil einer einzigen grollen Tragfläche wären. Trotzdem besitzen sie die Fähigkeit, je für sich allein verstellt und adjustiert werden zu können, und der Zweck des ganzen Arrangements besteht so darin, gleichzeitig durch Anwendimg zweier getrennter Stützpunkte das Gleichgewicht in der Längenrichtung zu sichern und eine ungestörte zentrifugale Gesamtluftstrümung zu erzielen. (Wenn dies alles stimmt, so wäre eine solche Anwendung hintereinander liegender Tragllächen ohne Interferenz bewundernswert.)

Montgomerys Flugapparat, seitlich gesehen.

Die hintere Hallte jeder Tragfläche ist von der Mitte aus drehbar und kann sieh frei nach unten bewegen, ist aber in der Bewegung aufwärts durch Drähte gehemmt, die so adjustiert sind, daß dieser Flächenteil einem Exzeß von Luftdruck auf einer Seite oder der Einwirkung des Aeronauten beim Bekämpfen feindlicher Windstöße oder beim Steuern automatisch nach- . geben kann. (Elastizität ä la Kreß?i lud zwar kann hierbei sich die betreffende Flögelhälfte entweder auf beiden Seiten der Maschine in gleicher Richtung bewegen, oder die Bewegung geschiehl in umgekehrter Richtung, aber um den gleichen Betrag, wie bei dem Arm einer Wage. Der S liwan/. oder das Steuer ist gegen die hintere Traglläche so angeordnet, daß irgend

258 «9<H4

eine Änderung in seiner Stellung sofort einen Druckweehsel längs der ganzen Traglläche zur Folge hat, und so den mit der wechselnden Geschwindigkeit gleichfalls wechselnden Ansprüchen des Gleichgewichts in der Längenrichtung entgegenkommt; denn hei wachsender Geschwindigkeit bewegt sich das Druckzentrum der Flügel bekanntlich nach vorn und umgekehrt. Die vertikale Steuerliche dient teilweise zur Wahrung des seitlichen Gleichgewichts und ist so gestaltet und plaziert, daß sie antagonistische Tendenzen von Druck über und unter den Tragflächen neutralisiert. Vermittelst einer entsprechenden Verstellung der hinteren Traglläche werden die variabeln Druckwirkungen, die zur Einhaltung des Gleichwichts in «ler Längenrichlung erforderlich sind, herbeigeführt und auf diese Weise läßt sich der Aeroplan plötzlich nach unten schließen oder horizontal vorangehen, oder aufsteigen, oder plötzlich stillstehen machen.

Hei richtiger Handhabung geht der Apparat in einer Wellenlinie durch die Luft, während er sich allmählich senkt und nach rechts oder nach links Kreise beschreibt, je nachdem die Tragllächenform auf der einen oder der anderen Seite modifiziert wird.

Auf jeden Fall ist aus dieser Beschreibung im * Scientific American» ersichtlich, wie viel Sorgfalt auf die gründliche Lösung des vitalen Stabilitätsprinzips verwandt wurde. Zu einer völlig verständlichen Erklärung im einzelnen ist es heute wohl noch etwas zu früh. —•

Charakteristisch und erfreulich ist gleich der Anfang von Prof. M/s Spezialmitteilungen: «It gives nie pleasure to give any Information lo the countrymen of Mr. Lilienthal.»

Wie wohltuend berührt bei Anlaß eines so erfreulichen Ereignisses solch ein stiller Gruß an das Andenken des Mannes, der durch sein Beispiel und seinen Idealismus die Entwicklung der Flugmaschine vor allen anderen gefördert hat! Prof. M/s Mitteilungen sind so substantieller Natur, daß die Versuchung groß ist, sie alle wörtlich zu übersetzen. Jedenfalls soll aber alles Wesentliche davon in konzentrierter Form gegeben werden. In bezug auf die drei Vorproben:

Bei einer jeden folgte der Aeronaut speziellen Instruktionen, um bestimmte Resultate zu erzielen, und bei einer jeden erreichte er genau das, was ich wünschte. Bei der drillen startete er in HiKM) Fuß Höhe, und nachdem er über Bäume und dergleichen hingeglitten war, landete er auf einer Stelle, die er selber ausgewählt hatte. Bei der öffentlichen Probe schoß er zuerst von i<XMi Fuß Höhe abwärts, glitt dann in geraden Linien, erhob sich etwas, beschrieb verschiedenartige Kreise und senkte sich langsam. — Ich habe noch nicht versucht, eine große Strecke weit zu gehen, da ich es für sicherer halle, Schrill für Schritt voranzuschreiten, und habe daher für zukünftige Gelegenheiten diejenigen meiner Instruktionen aufgespart, vermittelst welcher der Aeronaut seinen Flug verlängern kann. Ich warnte ihn im Gegenteil vor der Versuchung, zu rapid zu Iiiegen. — Das Gleichgewicht ist automatisch, aber gleichzeitig unter der Kontrolle des Aeronauten. Bei

»»»&» 259 «44«

den Versuchen, die ich mit Modellen machte, habe ich dieselben in allen möglichen Lagen und Stellungen — unlerst zu oberst usw. — in der Luft freigegeben, und in jedem Fall richteten sie sich auf und kamen perfekt herab. Die Bewegung des Apparats ist äußerst ähnlich der eines großen gleitenden Vogels und, während derselbe seine verschiedenartigen Kreise beschreibt und wieder in geraden Linien hin- und herfliegt, läßt es sich unmöglich feststellen, eine wie weite Strecke er wirklich geflogen ist. Das bis jetzt Erreichte gibt keinen Maßstab für die Möglichkeiten in dieser Hinsicht, da ich mich soweit lediglich bemühte, sein Gleichgewicht und seine Kontrollierbarkeit zu demonstrieren und den Aero-nauten zu denjenigen Bewegungen, die der Verlängerung des Fluges dienen, zu erziehen. Durch Änderung der relativen Neigungswinkel der Tragflächen kann man die Maschine wie einen Fallschirm herabziehen oder abwärts gleiten, oder horizontal vorangehen, oder aufsteigen oder sich nach irgend einer Richtung drehen lassen, während alle diese Änderungen sich unter der perfekten und unmittelbaren Kontrolle des Aeronauten belinden.

Es erübrigt sich noch, zu erwähnen, daß Professor Montgomery an dem Rer. R. H. Bell, S. J., Professor der Physik am Santa Clara College, einen wertvollen Assistenten hatte. — Das Gewicht der Maschine war 42 Pfund, jenes des Aeronauten 156. Die Gesamttraglläche war 185 Quadratfuß. Klafterweite 24 Fuß. DiensIbach.

Anmerkung der Redaktion. Wenn auch das Gelingen eine« so ausgedehnten Gleitfluges einen höchst bemerkenswerten Fortschritt bedeutet, darf doch nicht übersehen werden, daß diese große Flugdauer zunächst ganz an den Rai Inn und die damit allein zu erreichende große Fallhöhe (1000 m?) gebunden ist. Die Verbindung mit einem Motor, die erst den Apparat von Montgomery zu einer wirklichen Flugmaschine machen würde, steht noch aus — vermutlich noch für einige Zeit. — Ks sei hier auch daran erinnert, daß Versuche mit lenkbaren Fallschirmen vom Ballon aus z. T. schon vor 50 Jahren in London unternommen worden sind; so von Lcturr im Jahre 1852 und später 1874) von de Groof. Beide kamen bei ihren kühnen Versuchen um, und zwar Leturr nicht sowohl wegen des Versagens seines Apparats, wie durch einen unglücklichen Zufall.

Kleinere Mitteilungen.

Kantos Dumonts Lenkbarer Nr. 11 besteht aus einem seidenen Langballon von 11 m Länge, 3,1 m Breite und 31 Kilo Gewicht, l'm der Durchbiegung dieses Langkörpers vom Verhältnis etwa 1:120 zu begegnen, sind unten durch Schleifen 2 •/■ cm starke und 27 m lange Bambusstäbe gesteckt, die nur zirka 1 Kilo wiegen und an denen der Gondelrahmen 12 m unter dem Ballon an 13 Drähten von nicht ganz I mm Stärke hängt, der dann die gewöhnliche Dumontsche kleine Gondel trägt. Der Langballon enthält zwei Ballonets aus Goldschlägerhaut, deren eines kugelförmig. 11 cbm fassend, in der Mitte desselben beweglich angebracht ist, während das andere die Spitze «les Ballonkörpers bildet, durch eine Kugelhaube von l.'.J m Durchmesser gegen diesen ahge«

') Allerneusten» Vernehmen muh soll Saiitos-Duuimit «ich veranlnllt ge-ehen haben, die* Verhältnis auf 1 : 7 zu reduzieren' l'ie Ited,

schlössen ist und unter einen dreifach größeren Druck gegenüber dem Kugelballonnet gebracht werden kann. Die Wandung des Ballons ist hier verstärkt. Der Spitze soll damit eine unveränderliche Steife verlieben werden. Ein zweizylindrigcr Peugeot-Motor von Ii Pferdekräften und 20 Kilo Gewicht treibt eine 1,7 m Durchmesser haltende Schraube am Vorderende des Gondelrahmens und kann ihr 2000 Umdrehungen per Minute verschaffen. Diese Anordnung soll zur Kühlung des Motors beitragen, i?) Biick-wävts ist ein gewöhnliches Steuer angebracht. K. X.

I/hvdro-aeroplane Arvlideaeon, der jüngst auf der Seine versucht wurde, besteht aus zwei großen horizontalen Flächen aus gespannter Seide und mißt 10 m in Länge und <>0 (|in in Fläche, wiegt mit dem Lenker M0O Kilo und trägt vorn eine, rückwärts zwei Steuerlichen. Das Ganze ruht auf zwei langen luftgefiillten Schwimmern. Ein Motorboot setzte das Ganze am Schlepptau in Bewegung, worauf in Höhe von 15 m während etwa 10 Sekunden nahezu lOO m durchflogen wurden. Auch das Herablassen auf die Wasserlläche gelang ganz nach Wunsch bei verlangsamter Fahrt.

Ein zweiter Versuch erlitt leider eine Unterbrechung, indem ein Schwimmer schadhaft wurde, Wasser faßte und so das Ganze zum Sinken brachte. Der Lenker, M. Voisin, mußte zu einem der Boote schwimmen. Nach Verstärkung der Schwimmkörper soll, wenn die Versuche die Gleichgewichtslage sichergestellt haben, ein LuftSchraubenmotor von 15 Pferdekraft eingebaut werden. K. X.

Aeronautische Vereine und Begebenheiten.

Berliner Verein für Luftschiffahrt.

Die 21$. Versammlung des Berliner Vereins für Luftschiffahrt fand am Iii. Juni unter Vorsitz von Hauptmann v. Tsehudi statt. Neu aufgenommen wurden 4 Mitglieder. In den letzten Wochen haben wiederum eine Reihe von Vereins-Ballon-fahrlen stattgefunden. Von einer derselben, die am 1(5. Mai nordwestliche Richtung einschlug. Führer Dr. Bröckelmann, liegen eine Anzahl (»holographischer Aufnahmen von ungewöhnlicher Schärfe und Schönheit vor, tiarunter ein Bild in großem Format von Spandau, aus 7UO m Höhe, das die geringste Einzelheit deutlich erkennen läßt Am H>. Juni, einem Tage mit fallendem Barometerstand und wechselnder Bewölkung, fand eine Nachtfahrt statt. Führer Leutnant Stelling. Schon bald nach der Abfahrt zeigte sich, daß es nichl möglich sein würde, mit 4 Personen die Nacht hindurch zu fahren, da die Bewölkung immer mehr zunahm und starker Hegen zu erwarten war. Es wurden deshalb bei völliger Windstille 2 Mitfahrende ausgesetzt und dafür 5 Sack Ballast eingenommen. Der Ballon stieg nun sofort auf 1200 m. fing aber infolge des beginnenden heftigen Hegens söhnt wieder stark zu fallen an: dem Fall war durch Ballastauswerfen nichl Einhalt zu tun. Zum Unglück befand sich der Baiton in der Nähe von Blankensee über einem See, und es war bei der völligen Windstille am Boden nicht zu verhindern, daß er ins Wasser tiel. Da jedoch das Ufer nicht fern war. gelang es nach einiger Zeit und Mühe, das Trockene zu gewinnen und Ballon wie Insassen, letztere von oben und unten staik durchnäß!, in Sicherheit zu bringen. — Wie vom Vorsitzenden mitgeteilt wurde, liegt eine Einladung des belgischen Aeroklubs (mit dem Sitz in Brüssel) vor zur Teilnahme an einem internationalen Wettbewerb, welcher in den Tagen des 20. und 27. August. 10., 17. und 21. September in Lüttich zwischen motorlosen Freiballons statt-liuden soll. Ks sind dafür Preise im liesamtbetragc von lOoon Franks ausgesetzt. —

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Den von zahlreichen Lichtbildern begleiteten Vortrag des Abends hielt Oberleutnant von Milczewski der Funkenabteilung über «Das lenkbare Luftschiff der Gebrüder Lebaudy». Der Vortragende sah dasselbe am 31. Oktober v. Js. und konnte, aufs liebenswürdigste aufgenommen und mit allen Informationen bestens versehen — sogar das Besteigen der Gondel und Untersuchen der Apparate war erlaubt —, einem Aufstieg des Luftschiffs von Moisson bei Paris aus, seincabwärls am linken Ufer gelegen, in nächster Nähe beiwohnen. Die gewonnenen Eindrücke sind dem eigenartig konstruierten Vehikel günstig. Jener Aufstieg war einer der 30, die im Sommer und Herbst 190+ stattgefunden haben und ausnahmslos ohne Unfall verlaufen sind, allerdings je nach verhältnismäßig kurzer Zeit, l'/«— 2 Stunden, und in einer 500 m nicht übersteigenden Höhe. Die Brüder Lebaudy sind nur die Unternehmer und Geldgeber, die Konstruktion ist durch den Ingenieur Henri Juilliot und unter Hilfeleistung des Mechanikers Hey ausgeführt. Als dritter im Bunde ist ein geübter Luftscbiffer Juchmes tätig, der die Steuerung des Ballons mit großer Sicherheit handhabt. Der Ballon, von zigarrenförrniger Gestalt, 59 m lang, 2700 cbm Gas enthallend. 2500 kg schwer, ist durch seine langgezogene Spitze und dadurch bemerkenswert, daß die Ballonhülle nicht elwa über ein Gestell gezogen ist. sondern Fasson allein durch den innen gummierten StofT und durch einen nicht mehr als 20 mm betragenden Uberdruck des Gases behauptet. Unterhalb des Ballons befindet sich eine ausgedehnte Plattform, welche den 10pferdigen Motor mit den 2 Schrauben trägt, und an ihr hängend die Gondel. 4—6 Personen fassend und so gefahrlos, daß die Damen Lebaudy bereits aufzusteigen gewagt haben. Interessant ist die Steuerung, die eine dreifache ist, da das dem SchifTssteuer bezw. dem Fischschwanz nachgebildete Haupt rüder allein nicht genügt hat. Die rechts und links an dem im Gegensatz zur Spitze breiten Hinterende angeordneten Steuerorgane (f) Form des Steuers) haben Ähnlichkeit mit einem seitlich gestellten Fischschwanz und funktionieren in Kombination mit dem Hauptsteuer befriedigend. Die Überwachung von Steuerorganen, Mutor und Flügeln macht in der Nacht die Beleuchtung des Ballons notwendig, die teils elektrisch mittels einer kleinen vom Motor mitbewegten Dynamumascbine erfolgt, teils für das Gelände unter der Gondel durch Acelylengas. dessen Leuchtkraft durch zugeführlen Sauerstoff gesteigert wird. Die betreffende unterhalb der Gondel angebrachte Acetylenlampe soll eine Lichtstärke bis zu einer Million Kerzen entwickeln. Mit dem so beschaffenen Luftschiff ist bisher mit gutem Erfolge gegen Wind bis zu 10 m pro Sek. gefahren worden, und zwar bis zu einer Eigenbewegung (nach Abzug der Geschwindigkeit der Gegenströmungi von 11 m sekundlich. Bei 4 Personen gestatten die statischen Verhältnisse des Ballons, noch 300 kg Ballast mitzunehmen. Oberleutnant v. Milczewski ist der Meinung, daß das Lebaudy-Luftsehiff noch von sich reden machen wird, wenn es erst gelingt, das dafür unerläßliche Wasserstoffgas nicht teurer als zu 10 Pfennig das Kubikmeter und frei von den Verunreinigungen herzustellen, welche da? Innere der Ballonhülle angreifen. Denn wenn letztere auch so dicht ist, daß bei dem ruhenden Ballon der Gasverlust gering war (der Ballon stieg, nachdem er 72 Tage bereits gefüllt war |inzwischen nur nachgefüllt], noch mit -1 Personen und dem nötigen Rallast?, so ändert sich das doch im Betriebe, der bei dem hoben Einstandspreise des Gases allzu teuer wird. — In der sich anschließenden Diskussion sprach der Vorsitzende die Erwartung aus, daß in naher Zeit reines Wasserstoffgas nach einem neuen Verfahren zu 5 Pfennig das Kubikmeter werde herzustellen sein. A. F.

Niederrheinischer Verein für Luftschiffahrt.

Die Maiversammlung des Niederrheinise hen Vereins für Luftschiffahrt fand am 22. Mai in den Bäumen der Gesellschaft ^Union» in Unterbarmen statt. Herr Komiuerzien-rat Molineus eröffnete die sehr zahlreich besuchte Versammlung, indem er den Mitgliedern, besonders den Damen und den von auswärts erschienenen Herren, für ihr Er-

scheinen und das dadurch bewiesene Interesse an den Bestrebungen des Vereins dankte. Waren doch die Vereinsgruppen von Düsseldorf. Köln. Bonn. Kssen, Gelsenkirchen und Solingen vertreten. F.in weiterer Beweis für das wachsende Interesse ist in der Tatsache zu sehen, daß sich seit der letzten Versammlung 49 neue Mitglieder zur Aufnahme in den Verein gemeldet hatten und aufgenommen wurden, dadurch hat die Mitgliederzahl des Vereins ööO überschritten und ist der Verein nächst dem Berliner Verein der stärkste Verein des Deutschen Luftschiffer-Verbandes.

Zu den Berichten über die seit der letzten Versammlung ausgeführten Fahrten erhielt sodann das Wort Frau Oberlehrer Dr. Spieß. Die Fahrt war ursprünglich für den internationalen Tag vom ö. April geplant, während am 4. und (>. April wissenschaftliche Beobachtungen vom Toelleturm ans mittels Drachen gemacht werden sollten. Da aber am Morgen des 4. so wenig Luftbewegung war. daß die Drachen nicht steigen wollten, andererseits das Wetter für eine Damenfahrt ausgezeichnet geeignet war und das langsam sinkende Barometer, sowie die ans Südwesten auftretenden Girren eine herannahende Depression und damit den Beginn schlechten Wetters für die kommenden Tage mit Sicherheit voraussehen ließen, so beschloß der Vorsitzende des Fahrten-Ausschusses die Fahrt für den 4. April und führte dieselbe auch trotz der sich entgegenstellenden Hindernisse durch. Allerdings konnte die Abfahrt erst gegen 1 Ihr erfolgen und auch das nur dank der liebenswürdigen Bereitwilligkeit, mit der Herr Direktor C.remer die zum Hallen des Ballons erforderlichen Arbeitskräfte zur Vorfügung stellte. Ks herrschte zunächst richtiges Damenwetter, mäßige Windströmung, ;42 Kilometer pro Stund«', schöner Sonnenschein und klare Aussicht, die Damen. Krau Dr. Spieß und Frau Julius Schütte, die bereits ihre zweite Ballonfahrt machte, genossen denn auch in vollen Zügen das herrliche Bild, welches ihnen das entschwindende Wuppertal und die in der Ferne auftauchende Ruhr boten, während Herr Dr. Spieß und der Führer. Herr Dr. Bänder, eifrig wissenschaftliche Beobachtungen machten. Die Fahrt ging über Witten, Dortmund. Lünen nach dem Teutoburger Walde zu. Jenseits Dortmund machte sich der Rauch des Industriebezirkes unangenehm bemerkbar, er verschleierte die bisher klare Aussicht nach unten sehr merklich und noch mehr verhinderte er die Fernsicht. Die C.ii ruswolken nahmen im Laufe der Fahrt zu und schließlich verdunkelte ein vollständiger Schleier von Cirrn-Stratuswolken die Sonne, so daß es trotz mehrfacher Ausgabe von Ballast nicht gelingen wollte, viel größere Höhen als 1200 Meter zu erreichen. Gegen 5 I'hr lag der Teutoburger Wald vor den Füßen der Luftschiffer, und da nur noch f> Sack Ballast vorhanden waren, beschloß der Führer, den Ballon langsam sinken zu lassen und bei Iburg zu landen. Der Ballon ließ sich sehr gut etwa 200 Meter über dem Gelände abfangen, und da er nun von selbst den Formationen des Geländes folgte und den Damen die Fahrt in der Krdnähe besonders gut gefiel, so wurde dieselbe fortgesetzt und der Teutohurger Wahl überflogen. Jenseits desselben wurde die Luft unten und oben wieder klar, der Ballon stieg ohne Ausgabe von Ballast langsam auf 1800 Meter, und so wurde gerade die letzte Stunde der Fahrt mit die schönste des ganzen Tages. Da aber der hereinbrechende Abend und die Nähe der Moore zur Landung mahnten, so wurde diese beschlossen und 10 Meter von der aus der Höhe ausgesuchten Stelle sehr glatt durchgeführt.

(."her die Fahrten vom 22. April. 21». April und 13. Mai berichtete sodann der Führer derselben, Herr Hauptmann v. Abenron. Bei der eisteren fuhren mit Herr Amtsrichter (.'.hießen und Herr Bergassessor von und zu Löwenstein. Es herrschte sehr starker Intel wind aus nördlicher Bichtung, so daß sich die Abfahrt schwierig gestaltete. Der Wim! trat erst in Häuserhöhe in Wirkung und drückte den Ballon stark herunter, so daß trot/. Ausgabe von | Sack Ballast doch mich das Da-h der Garnison-Waschanstalt in Düsseldorf vom Korbe angeeckt wurde. Dann stieg der Ballon 00;> Meter hoch und überflog in dieser Hohe den Rhein, Benrath, das Siebengebirge. Jenseits desselben cilöl^ic starke Abkühlung durch Bewölkung, so daß der Ballon in das Nonnenbachtal sank und hier in Baumkronenhöhe im Windschatten stoben blieb. Bei dem Sinken war

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auch liier wieder der heftige Unterwind festgestellt worden und es wurde die Frage erörtert, ob man die günstige Landungsgelegenheit benutzen solle. Da aber noch 11 Sack Hallast im Korbe waren, wurde die Weiterfahrt beschlossen und durch Ausgabe von Ballast bewirkt. Leider halte bei diesem unfreiwilligen Aufenthalte Herr von Löwcn-slein durch einen Anstoß des Korbes an eine Daumkrone seinen kostbaren Photographenapparat verloren, er hat denselben aber am nächsten Tage wiedergefunden. Der Hallon überflog dann in 300 in Höhe das Schloß des Fürsten von Wied, «Mon repos», Coblenz, stieg jenseits desselben bis 3000 in Höhe, überllog den Rhein beim Niederwald und landete bei Kreuznach in einer sehr stürmischen und langen Schleiffahrt. Von den schweren Verletzungen, welche die Korbinsassen den Zeitungsberichten nach erhalten haben sollten, bleibt nur übrig, daß Herr Amtsrichter Claeßen sich beim ersten Aufstoß eine leichte Fußverstauchung zugezogen hatte, die nach 5 Tagen gehoben war, und daß die beiden anderen Mitfahrenden einige Hautabschürfungen von der Schleiffahrt mitbekommen hatten. Die Fahrt war landschaftlich die schönste unter den 65 bisher ausgeführten Vereinsfahrten.

Die Fahrt vom 29. April, die ebenfalls von Düsseldorf aus erfolgte, war im Gegensatz zur vorigen sehr sanft. Mitfahrende waren Herr Kürten, Leutnant Neumann und Leutnant v. Rrenlano, alle aus Düsseldorf. Die Fahrt führte über Ratingen, Kettwig, Villa Hügel. Fssen, Herne und endete mil sehr glatter Landung bei Drensteinfurt zwischen Hamm und Münster.

Am 13. Mai herrschte wieder recht lebhafter L'nterwind aus NO., sodaß bei dem für diese Windlichtung nicht günstig gelegenen Aufstiegplatze in Essen nur die beiden Herren Bergassessoren Schulte und Berbruggen aus Essen mitfahren konnten. Die Fahrt ging nach der Eifel zu, der Bhein wurde zwischen Köln und Mülheim überllogen und endete mit glatter Landung bei Gerolstein.

Über die Fahrten vom 15. April und 19. Mai berichtete sodann Herr Rcchtsan-wall Dr. Niemeyer-Essen. Erstcrc war seine Führerfahrt, die er unter Leitung von Herrn Dr. Bänder ausführte, letztere die erste Fahrt, die er selbständig führte.

Am 15. April herrschte schwacher SW.-Wind. sodaß der Versuch gemacht wurde, zum ersten Male das Schleppseil in Essen auszulegen. Der Aufstieg ging auch sehr glatt vor sich, nur amüsierten sich einige kecke Essener Jungen damit, sich vom Schleppseil nachziehen zu lassen, sodaß letzteres nicht vom Boden wegkam. Alles Rufen half nichts, erst eine ordentliche Ladung Sand auf die Köpfe der Übeltäter veranlaßt» sie, loszulassen. Dadurch erhielt aber der Rallon solchen Auftrieb, daß er schon nach 20 Minuten in die Wolkenschicht eintauchte, die etwa 600 m hoch begann. In HöO m Höbe war die Decke durchstoßen, und nun begann eine 5stündige Fahrt in prächtigem Frühlingssonnenschein mit allen Schönheiten einer solchen Wolkenfahrt. Nach 2'/* Stunden zeigte eine Lücke in den Wedken, daß die Industriegegend noch nicht verlassen war, daß aber die Fahrtrichtung erheblich westlicher war. als der Rauch der Schornsteine unten. Die Wolken erhoben sich im Laufe der Zeit bis zur Höhe von 2500 m, der Rallon mit. Da die absolute Ruhe, die seit längerer Zeit unten herrschte, bewies, daß das Industriegebiet verlassen war, so schien eine Orientierung am Platze. Dieselbe wurde mit 7 Sack Ballast ausgeführt, da aber die Wolkenschiclit über 201X1 in dick war, so gelang es erst nach Ausgabe von (5 Sack, den Rallon in "j9 in Höhe abzufangen. Inten herrschte absolute Windstille, man befand sich in der liegend von Borke. Die Fahrt wurde dadurch beendet, daß Feldarbeiter den Ballon am Schleppseil herunter zogen. Mitgefahren waren noch die Bergassessoren Wex und Frentzel aus Essen. Die letzte Fahrt fand ebenfalls aus Essen statt. Mitlahrende waren Herr Oskar Krbslöh-Elbcrfeld und die Herren Karl und Albert Jung aus Düsseldorf. Auch diese Fahrt war zu- ist Wolkenfahrt, der Ballon befand sich bis zum Rhein zwischen zwei Schichten, «leren untere durch den Rau« h der Inilusl rieu'egend gebildet winde. Dann wurde es zuerst unten und schließlich auch oben klar, sodaß der Rallon in 2öo0 tu Höhe die Maas und die belgische Moorgegend überflog und nach 5 Stunden sehr jjlatt bei Lültich landete.

Don Vortrag des Abends hielt Herr Dr. Hainler, über « Entwicklungsgeschichte und Aussichten der wissenschafllichen Luftschiffahrt». An der Hand zahlreicher Lichtbilder wurde gezeigt, daf» man fast vom Tage der Erfindung des Hallons an bemüht gewesen war. denselben zur wissenschaftlichen Erforschung der höheren Luftschichten zu benutzen. Die Fahrten von Dr. .leffries. Hobertson und (iay-Lussac wurden besprochen, besonders eingehend dann diejenigen von Welsch und (ilaisher. Es wurde hervorgehoben, daß letzlere beiden Forscher insofern auf dem richtigen Wege waren, als sie bereits ein künstlich ventiliertes Thermometer zur Messung der Lufttemperatur verwandten, daf» aber die Ergebnisse ihrer Forschungen trotzdem falsch wurden, weil sie das Thermometer falsch aufhingen, nämlich im Hallonkorbe. Das Verdienst, ein Thermometer konstruiert zu haben, das unter allen Verhältnissen die richtige Lufttemperatur angibt, und zugleich das Verdienst, die richtige Verwendung dieses Thermometers im Ballon gegeben zu haben, gebührt dem deutschen (icheimrat l'rof. Dr. Abinanu in Berlin. In seinem Aspi-rationsthermomeler hat er den Apparat geschaffen, der allein geeignet ist, die Temperatur-verhällnisse der oberen Luftschichten festzustellen, und durch die neblige Anwendung dieses Apparates hat er die wissenschaftliche Luftschiffahrt eigentlich erst zu dem gemacht, was sie sein will und sein soll. Durch die tatkräftige Interstütziing S. M. des deutschen Kaisers, der sich vom ersten Augenblick an lebhaft für die junge Wissenschaft interessierte, gelang es Herrn Al'-mann. von Berlin aus die Ausführung von 75 Ballonfahrten zu bewerkstelligen, deren Ergehnisse unsere bisherigen Anschauungen als vollkommen falsch erkennen liel-en. Diese Fahrten gipfelten in der Hochfahrt der Herren Person und Süring. die mit dem Ballon «Preuf«en» die Höhe von lOSfK) m erreichten und dabei in ö Stunden eine Temperaturschwaukung von -j-2"> bis —-i2 durchmachten. Diese Fahrt bewies zugleich, dal» grünere Höhen mit bemannten Ballons nicht erreichbar seien, und führte zur Verwendung von unbemannten Ballons, die mit Begistrierinstrumenten verschen waren. Damit sind nun mehrfach Höhen von 2.MMX) m überschritten worden. Alle Ballonfahrten konnten aber immer nur als Stichproben angesehen weiden, und zur Schaffung ständiger Beoba» htungsstationen in der Luft wandle man Drachen an, mit deren Hilfe Höhen von öOiJO ni erzielt werden konnten. Alle gebildeten Nationen Europas beteiligen sich heute an den Forschungen, auch die grof-en Dampfetlinieii haben sieh zum Teil bereit erklärt, wahrend ihrer regelmäßigen Fahrten Drachenaulstiege auf der See zu machen, sodaf« es voraussichtlich gelingen wird, in absehbarer Zeil Wetter-Prognosen für längere Zeit hinaus'' zu liefern.

Am 12. Mai hielt der «Wiener Flugtechnische Verein» im Vorlragssaale des «Wissenschaftlichen Klubs seine diesjährige liencralversammlung ab. Den Vorsitz führte der Präsident Herr Baron Otto v. Pfnngen.

Der Vorsitzende erstattete zunächst im Namen des Ausschusses den Rechenschaftsbericht über das abgelaufene Vereinsjahr:

Im Vereins.jähre li!llt-(ij fanden neun Vollversammlungen statt. In denselben wurden folgende Vorträge grhallcn :

D>, Dezember !:»){•: Drachen und Luftballons als Hillsinittel zur Erforschung der höheren S< Im bleu der freien Atmosphäre., von Herrn B. Nimfiihr, k. k. Fniversiläts-assisteut an der k. L Zciilralau-tuil für Meteorologie und Iieodynamik ;

\'A. Januar l!HC>: • Da«, neue österreichische Patenlgesetz und der Schutz der Kr-limlerreihle im allgemeinen , von Herin I J. Zitier, Ingenieur und Palentanwalt.

27, .lauuar |!fn.">: Iber intermittierende Kraltausnülzung im Hinblicke auf ihre Anwendung füi die Flugiecbuik . von Herrn Viktor llänisclt, Ingenieur im Stadlbauamte;

Wiener Flugtechnischer Verein.

21. Februar 1905: «1 >ie Nachteile der intermittierenden Flugmethode im Hinblick auf Arbeitsökonomie«, von Herrn Joseph Popper. Ingenieur;

10. MArz 1905: «Diskussion über die Vorträge der Herren V. Hitnisch und J. Popper für und gejren die intermittierende Kraflausnützung»;

21. März 1905: «Her Ballon im Kriege Rußland—Japan 190-1', von Herrn Major Johann Slarcevic. Kommandant der militär-aeronautischen Anstalt;

11. April 1905: «Hundert Ballonaufnahmen in Skioptikondarstellung». von Herrn Oberleutnant Fritz Tauber, zugeteilt der k. u. k. militär-aeronautischen Anstalt;

28. April 1905: «Einiges über Vier- und Zweitaktmotoren mit besonderer Berücksichtigung der Verwendung für die Fluglechnik»,1! von Herrn Georg Gocbel. Ingenieur, Professor an der k. k. Slaatsgewerbeschule.

Der Ausschuß hielt zwölf Sitzungen ab. in welchen die laufenden Vereinsangelegenheiten erledigt wurden.

Am 22. November 1901 fand eine außerordentliche Generalversammlung statt, in welcher der zweite Vizepräsident des Vereins, Herr Ingenieur Wilhelm Kreß, mit Rücksicht auf seine großen Verdienste, die er sich namentlich durch den Bau seiner frei-fliegenden Modelle und die unermüdliche Agitation für seinen Drachentlieger um die Popularisierung der Fluglechnik und um den Verein seit seiner Gründung erworben hat. einstimmig zum Ehrenmilgliede gewählt wurde.

Um die Vereinstätigkeit, welche sich bisher wesentlich auf die Veranstaltung von Vorträgen und Diskussionsahenden beschränkte, noch mehr zu heben und dem Verein einen neuen Wirkungskreis zu eröffnen, beschloß der Ausschuß über Anregung der Herren Ausschußmitglieder K. Milla und lt. Nimfülir nach eingehenden Vorberatungen in der Sitzung vom 19. Oktober 190k die Konstituierung eines Wissenschaftlichen Studienkomitees aus seiner Mitte zu genehmigen. Der Zweck des Wissenschaftlichen Studienkomitees ist gemäß dem vom Ausschüsse gebilligten Programm: die Durchführung von grundlegenden tlugtechnisehen Forschungsarbeilen.

l'ui die Bestrebungen des Wissenschaftlichen Sludienkomitees wenigstens moralisch zu fördern, hat der Verein auf Antrag des Ausschusses in der außerordentlichen Generalversammlung vom 22. November 1901 aus der Vereinskasse den Betrag von 500 Kr. für den Experimentierfonds des Komitees gewidmet. In gleichem Sinne wurden von Herrn Erzherzog Leopold Salvator 300 Kronen dem Wissenschaftlichen Studienkomilee übermittelt.

Am 11. April 1905 wurde wie im Vorjahre so auch heuer wieder der Verein durch den Besuch seines hohen Mitgliedes des Herrn Erzherzogs Leopold Salvator ausgezeichnet, der dem Demonstralionsvortrage des Herrn Oberleutnants F. Tauber beiwohnte und für die Bestrebungen des Vereins das regste Interesse bekundete.

Infolge des raschen Anwachsens der Vereinshücherei war das alte aus dem Jahre 1H98 stammende Bücherverzeichnis bereits ganz unzulänglich geworden. Es wurde deshalb im Auftrage des Ausschusses vom Bücherwart, Herrn K. Milla, entsprechend dem gegenwärtigen Stande der Vereinshücherei ein neues Verzeichnis zusammengestellt und in Druck gelegt. Das neue Bücher Verzeichnis umfaßt 35 Seiten Großoklav; es ist im Selbstverlag des Vereins erschienen und von der Geschäftsstelle, Wien I. Eschenbachgasse 9. erhältlich.

Auch ein neues Mitgliederverzeichnis mußte in Druck gelegt werden, da das alte bereits völlig veraltel war.

Der Tätigkeitsbericht des Ans»chus>es wurde genehmigt, desgleichen der Kassabericht, welcher vom Vereinsschatzmeisler. Herrn W. v. Saltiel, erstattet wurde.

Es erbdgte nun die statutengemäße Neuwahl des Präsidenten. Da Ihn- Baron v. Pfungen zum Bedauern des Vereins erklärte, wegen Eherhiirdung mit anderweitigen Verpflichtungen eine Neuwahl leider iiiehl annehmen zu können, wurde auf seinen Vor>) An «Irr lluii'l voii Skiii[(tik"nl>i!il'-:n.

solilnu per Akklamation Herr Universitätsprofessor Dr. Gustav Jäger zum Präsidenten gewählt.

Die statutengemäß ausscheidenden sechs Ausschußmitglieder wurden wiedergewählt. Es sind dies die Herron: Professor Dr. Gustav Jäger. Oberleutnant Josef H. v. Korwin, Karl Milla. Gottfried Moritz, Ingenieur Josef Popper und Professor Georg WeUner.

Die Kooptation des Herrn Majors Johann Starccvic, Kommandant der k. u. k. mililär-aeronauti sehen Anstalt, in den Ausschuß wird von der ficncralversammlung genehmigt.

Da keine Anfragen gestellt wurden und keine Anträge vorlagen, schritt der Vorsitzende zur Schließung der Versammlung. Nimführ.

(•Hindun? eines „FrHnkischcii Vereins für LuftschiiTahrf. Am 12. Mai ist in

Würzburg ein neuer Verein für Luftschiffahrt gegründet worden, der gegenwärtig schon über 100 Mitglieder zählt. Herr Hackstetter, Assistent an der K. Univ.-Bauinspektion, Mitglied des Augsburger Vereins und gegenwärtig erster Vorsitzender des Fränkischen Vereins, halte schon vorher einige Fahrten von Würzburg aus unternommen und damit das Interesse für die Sache geweckt. Am 2S. Mai wurde die erste Vereinsfahrt ausgeführt, die die Luftschiffer in neunstündiger Fahrt bis über den Hhein nach der Bhein-pfalz führte. Bei den bisherigen Aufstiegen diente der Augsburger Ballon. Die Anschaffung eines eigenen Ballons ist in Aussiebt genommen.

Gründung eines „Uoblenzer Vereins Tür LuftM-hlirtilirt". Ebenfalls in diesem Frühjahr hat sich in Coblenz ein Luftscbifferverein gebildet; er steht unter dem Vorsitz des Herrn Oberbürgermeisters Ortmann und zählt gegenwärtig etwa 00 Mitglieder. Seit der Gründung des Vereins sind drei Fahrten ausgeführt worden. Der Berliner Verein stellte hierzu seinen Ballon «Humboldt» zur Verfügung.

Wir wünschen den neuen Vereinen (.die auch dem Deutschen Luftschifferverband angeboren werden) gutes Gedeihen!

Der Fall Vollmer-Flögel.

Die unglückliche Ballonfahrt, welche die Herren Vollmer und Flügel mit ihrem Leben bezahlt haben, ist im ersten Augenblicke wohl geeignet gewesen, das Vertrauen auf die Sicherheit unserer Ballonfahrten bei dein weniger eingeweihten großen Publikum zu erschüttern. Für den Kenner der Verhältnisse aber ergibt sich aus den gemeldeten Tatsachen, daß man es im vorliegenden Falle mit zwei gänzlich unerfahrenen, aber doch gebildeten Kreisen angehörigen Luftfahrern zu tun hatte, und ein Blick in das Jahrbuch des Deutschen LuftschilTerverbandes, welches die Liste aller Mitglieder enthält, bestätigt, daß die Verunglückten keinem einzigen Luftscbifferverein angehörten.

In dankenswerter Weise hat inzwischen der Vorsitzende des Fahrtenausschusses vom Niederrheitiisclieii Verein für Luftschiffahrt, Herr Dr. Bamler, Nachforschungen über den Unglücksfall eingezogen, die kurz zusammengestellt. Folgendes ergeben haben:

Herr Vollmer hat mit einem Artisten namens Wilson 3 Ballonfahrten von etwa je 2 Stunden Dauer ausgeführt. Darauf hat Herr Vollmer sich von Herrn Wilson einen eigenen Ballon bauen lassen und mit diesem hat er im Verein mit Herrn Flügel die Todesfahrt unternommen. Die abgesandten Brieftaubendepeschen bezeugen die vollkommene Un-erfahienheit des Herrn Vollmer im Ballonfahren, denn kein erfahrener Luftschiffer bleibt im Anblick dos Meeres in einer Hohe von ."Olli m. Niemand ist imstande, von solcher Hohe herab zu ermessen, ob er noch sicher auf festem Lande niederzukommen vermag

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zumal da gerade an der Küsle für gewöhnlich eigenartige und meist frische Winde herrschend sind. Der Erfahrene hält sich daher im Anblick des Meeres tief, um für die in solchem Falle jederzeit als zwingende Notwendigkeit bevorstehende Landung seinen Landungsplatz genau und sicher bestimmen zu können. In zu später Erkenntnis der Gefahr scheinen sodann die beiden Luftfahrer in großer Höhe über dem Meere die Reißleine gezogen zu haben, wenigstens sprechen dafür die Berichte eines Augenzeugen über das Verhalten des Ballons beim Niedergang, und man darf solchen falschen Entschluß auch aus dem vorhergehenden Verhalten der Insassen folgern. Sie sind ins Meer gestürzt, Vollmer, in Leinen verwickelt, ist sofort ertrunken, während Flögel noch einige Zeit vom Ufer her als schwimmend bei den Ballonreslen erkannt wurde, um alsdann dem gleichen traurigen Schicksal zu verfallen.

Es ist eine alte Erfahrung, daß Wissen und Können zwei ganz verschiedene Dinge sind. Man mag sehr gebildet sein und die Prinzipien des Hallonfahrens wohl verstehen können, und kann darum noch lange nicht einen Ballon führen. Die Praxis läßt sich auch ohne Theorie lernen und handwerksmäßig ausüben, niemals aber kann man sich einbilden, Praxis lediglich aus der Theorie schöpfen zu wollen. Das richtige Handeln im richtigen Augenblick kann man nur praktisch lernen, und auch der Charakter mit seinen Eigentümlichkeiten tritt nur in der Ausübung des Berufes für den LuftschifTer hervor, und er ist von nicht geringer Bedeutung für die Qualifikation zum Ballonführer.

Der traurige Fall legt aber dem Deutschen Luftschifferverbande die Frage nahe, ob es nicht doch zweckmäßiger wäre, der freien Ausübung der Luftschiffahrt bestimmte Vorschriften aufzuerlegen. Solche Unglücksfahrten können selbst dann, wenn sie nicht von Vereinsmitgliedern ausgeführt sind, hemmend auf die Entwicklung des Luftsports einwirken, weil sie unvergessen bleiben, während die Talsache, daß das Unglück Vollmer-Flögel mit den Fahrten- des Deutschen Luflschifferverbandes in gar keiner Beziehung steht, daß letzterer vielmehr unter bestgeschulten, zuverlässigen Führern bereits viele hunderte glückliche Fahrten zu verzeichnen hat, nicht berichtet, nicht beachtet und außerdem noch vergessen wird.

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Bibliographie und Literatlirbericht.

R. Hornstein. Unterhaltungen Uber das Wetter. Berlin 1905. +8 S. 8". mit einer Wetterkarte des Berliner Wetterbüreaus. Einzelpreis 80 Pf. 10 Expl. 7 Mk. 25 Expl. 15 Mk. 50 Expl. 25 Mk. Eine kleine in der Form von Fragen und Antworten sehr geschickt und lebendig geschriebene Wetterkunde, die es sich zur besonderen Aufgabe macht, das Verständnis für Wettervorgänge und für die Wetterkarten der Zentralanstalten im großen Publikum zu fördern. Der Verfasser zeigt seine große Erfahrung in der hierzu erforderlichen Behandlung des Stoffes. Es ist dem Büchlein eine große Verbreitung zu wünschen. 0

J. Maurer. Beobnchtuiiren Uber «He irdische Strahlenbrechung bei typischen Formen der Luftdruck Verteilung. Meteor. Zedschr. S. 49—(»3, 1905. Von Zürich aus hat der Verfasser eine Reihe von Messungen der Veränderungen der Winkelerbebungen eines Alpengipfels aufgeführt und zeigt, in welcher oft komplizierten Weise die neuerdings bekannten besondern Temperaturschichtungen in der freien Atmosphäre die terrestrische Refraktion und deren täglichen Gang heeinllussen. Die Ucohaeh-tungen konnten sich naturgemäß nur auf Fälle von Föhnlag«? und Antizyklonen erstrecken. Interessant ist u. a. der Hinweis auf plötzlich eintretende extreme Durchsi«-htigkeits-schwanknngen der Luft, die auf das Vorhandensein von Luftwogen von «rroßer Lünne hindeuten.

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Was fehlt dem Menschen umdi zum Fliiir.' Von Karl Neu perl. W. E. Hcpplc'sche Binhhandlung (P. Treuneri. Bamberg 1Ü05. iö Seilen. Das Befblieu beginnt mit der Darlegung der Berechtigung des Wunsches, fliegen zu können, und endigt mit der Darlegung, wie unberechtigt es ist. an die Unmöglichkeit der Lösung des Flugproblems zu glauben. Es wird im weiteren Verlauf ziemlich eingehend von Einzelheiten eines als vorhanden angenommenen Flugapparates gesprochen, der aber vorläufig noch nicht irgendwo geflogen sein dürfte. Den Grundgedanken bildet die Ausnützung der natürlichen Bewegung des Gehens oder auch Hüpfens eines Menschen zur Hervorbringung kräftigen Flügelschlages, doch wird man ganz nahe an tue Vorstellung herangeführt, als ob gerade das Körpergewicht des Tretenden das hebende Element für das Ganze zu bilden habe iS. Ii . Leider vermißt man sofort den Archimedischen festen Punkt im Baume, der als Stützpunkt für diese Wirkung des lebenden Gewichtes dienen könnte. Eine weitere Überraschung bereitet der Herr Verfasser dadurch, daß er von einem Angriff des Windes auf die einzelnen Flächenteile eines bereits im Flug befindlichen Gegenstandes spricht, während für einen solchen i abgesehen von Wirbeln oder Einzelströmungcn) der Wind doch nichts anderes ist als die Verschiebung der ganzen Luflmasse, in der er schwebt und sich bewegt. Der Gegensatz zwischen Windeinwirkung beim Abling und N ichteinwirkung auf die Stabilität nach erlangter Schwebefähigkeil ist nicht berücksichtigt. Wenn wir das Heftchen dennoch zur Beachtung empfehlen, so spricht hierfür sein Gehalt an wertvollen Naturbeobachtungen und Betrachtungen. So ist z. B. der Irrtum vermieden, daß das Auf- und Abbewegen von Flügelflächen an sich zum Fliegen führen könne, während die Lösung des Geheimnisses doch in den elastischen Umformungen und kleinen Biegungen des Vogel-llügels bei jedem Schlage liegt. (Nicht unerwähnt soll hier Opitz bleiben, ebenso Milla, I. A M. itö. p. IHR) K. N.

Personalia.

v. Tschudi, Hauptmann und Lehrer im Luflschiffer-BataiHon wurde durch A. K. 0. vom Ii». Juni als Kompagnie-Chef in das Eisenbahn-Hegiment Nr. 1 versetzt und durch Befehl der Inspektion der Verkehrsiruppen als Führer der Funkentelegraphen-Abteilung zum Telegraphen-Bataillon Nr. 1 kommandiert.

Sachs, Leutnant im Luflschiffer-Balaillon. wurde durch A. K. O. vom lö. Juni zum Oberleutnant befördert.

Knopf, llauplmann. Mitglied des Vorstandes des Oberrheinischen Vereins, wurde zum Major befördert.

Die Redaktion hall sich nicht für verantwortlich für den wissenschaftlichen Inhalt der mit Namen versehenen Artikel.

Alle Rechte vorbehalten; teilweise jßusiüge nur mit Quellenangabe gestattet.

Die Redaktion.

illustrierte aeronautische Mitteilungen.

IX. Jahrgang. September 1905. ** 9. Heft.

Aeronautische Hilfswissenschaften und Instrumente.

Über Winddruck und Winddruckmesser.

Vortrag, gehalten im Berliner Verein für Luftschiffahrt am 15. Mai l!H>5, von (ließen, Oberingenieur in der Torpedo-Versuchsabteilung.

Hochgeehrte Herren! Ich habe den Vorzug, Ihre Aufmerksamkeit heute Abend einem neuen Winddruckmesser zuwenden zu dürfen, der dazu dienen soll, die noch wenig geklärten Gesetze der stoßenden Luft zu erforschen.

Der eingehenden Besprechung dieser Vorrichtung möchte ich einiges allgemein Interessante über den Winddruck selbst und die Mittel zu seiner Bestimmung vorausschicken.

Überall dort, wo ein in Bewegung begriffener Körper auf einen festen Widerstand stößt, muß an dem getroffenen Gegenstand ein Druck auftreten, der in erster Linie von dem Arbeitsvermögen des bewegten Körpers, also von seinem Gewicht und seiner Geschwindigkeit abhängt. Sind diese beiden Größen bekannt, und ist der Stoß ein zentraler, so läßt sich der Druck leicht genau bestimmen.

Bei der Berechnung des Winddruckes hat man nun vorausgesetzt, daß das Arbeitsvermögen derjenigen Luftmasse in Betracht zu ziehen ist, die geradlinig fortgeführt die Fläche treffen würde. Dementsprechend würde

v2

der Winddruck auf eine senkrechte Fläche in dem Werte P = y . - — . F

gegeben sein. In dieser Formel bedeutet t das Gewicht eines Kubikmeters Luft, v die Geschwindigkeit derselben, F die Fläche in Quadratmetern und g die Beschleunigung durch die Schwerkraft ^9,81 m.

Versuche an Winddruckmessern haben indessen ergeben, daß der wirkliche Druck erheblich größer ist als der errechnete und fast den doppelten Wert des letzteren erreichen kann.

Bei diesen Versuchen ist auch der Anteil der einzelnen Faktoren des Winddruckes an der Gesamtwirkung derselben festgestellt worden. Man hat dazu Flächen von V'ioo bis 1 qm mit verschiedenen Geschwindigkeiten, bis zu 10 m, bewegt und dabei gefunden, daß der Winddruck im gleichen Verhältnis mit dem Luftgewicht und der Flächengröße, aber mit dem Quadrate der Geschwindigkeit zunimmt. Das sind Verhältnisse, die mit den mechanischen Gesetzen völlig übereinstimmen.

In Fachkreisen begegnet man indessen in neuerer Zeit vielfach Zweifeln über den F.intluß der Flächengröße, die namentlich durch die beim Bau der

»**e> 270 «S«M

Förth-Brücke an Windruckmessern gemachten Erfahrungen entstanden und durch das eigentümliche Verhalten des Windes an hohen steilen Küsten noch verstärkt worden sind. Wenn man jedoch diese beiden Beweggründe eingehend prüft, so lindet man, daß sie keineswegs genügen, die von hervorragenden Forschern und ausgezeichneten Experimentatoren bestätigten tlesetze zweifelhaft erscheinen zu lassen. Ich nehme mir die Freiheit, über diese Angelegenheit meine Anschauungen zu äußern, nicht um Kritik zu üben, sondern um der Sache zu dienen.

Beim Bau der Forth-Brücken hatte man an verschieden großen, gegen Federn gestützten Platten, die in Fig. 1, 2 und 3 dargestellt sind, Winddruckmessungen vorgenommen. Es war eine große Platte von etwa 6 m Breite und 41,» m Höhe in einem Holzgerüst pendelnd aufgehängt. An den 4 Eckpunkten waren die zur Aufnahme des Winddruckes bestimmten Federn angebracht. Die Bewegung der Platte wurde durch i Schnüre, die an den 4 Ecken befestigt waren und sich in der Mitte zu einer vereinigten, auf die Meßvorrichtung übertragen. Letztere bestand aus schweren Keilen, die beim Zurückweichen der großen Wand gehoben oder gesenkt wurden und dabei 2 Holzleisten auseinander schoben.

Fi«. *.

-

Aus der Größe des Zwischenraumes der beiden Holzleisten war dann zu erkennen, mit welchem größten Druck die Platte belastet gewesen war. In der großen Wand waren 2 kreisförmige Ausschnitte, A und B, von etwa 400 mm Durchmesser angebracht, die durch zwei Druckplatten mit geringem Spielraum ausgefüllt waren, eine derselben in der Mitte der Wand, die andere seitlich oben am Bande. Diese beiden Platten waren ebenfalls durch Federn gestützt und mit Maximaldruckablesevorrichtung versehen. Sie sollten ein Bild von der Druckverleilung auf die große Platte geben.

Außer diesem großen Winddruckmesser waren unweit desselben noch zwei kleine Meßplatten von der Größe der Ausschnitte A und B aufgestellt, eine davon durch Windfahne drehbar, Fig. 1, die andere fest und parallel zur großen Platte gerichtet, Fig. 3.

Die Ergebnisse der Beobachtungen, welche während eines Zeitraumes von 7 Jahren an 12 Sturmtagen gemacht worden sind, finden wir in nachstehender Zusammenstellung angegeben. Die Zahlen geben den auf 1 qm umgerechneten Druck an.

Lfd. Nr.

Kleine drehbare Halle

Kleine feste Platte

(.rolle fe*to Platte

AustH-hnitt A

Auskchnitt Ii

1

142

112

88

   

2

127

142

93

8

146

122

83

4

122

132

93

 

ö

127

i:>l

93

139

108

6

127

200

7:5

 

7

las

78

34

8

171

200

132

8

132

166

59

10

132

136

78

11

127

187

73

12

132

117

88

115

107

Die Drucke der Ausschnitte A und B sind nur für 2 Sturmtage aufgeführt. Die fehlenden Drucke wären für die Beurteilung des Druckmessers besonders wertvoll gewesen.

Aus den Zahlen ist zu ersehen, daß die große Platte stets den kleinsten Druck und die kleine feste Platte häufig die höchsten Drucke geliefert hat.

Fig. ».

In Fig. i sind diese Werte in Kurven dargestellt und so geordnet, daß die Kurve der großen Wand von links nach rechts steigt. Es ist dies die untere Linie I; Linie II stellt die Drucke der kleinen festen und Linie III die der kleinen drehbaren Platte dar. Die Drucke der Ausschnitte A und B sind durch kleine Kreise kenntlich gemacht.

Zum Vergleich der Flächeneinheitsdrucke können natürlich nur die Aufzeichnungen der großen und kleinen festen Platte und die der Ausschnitte A und B herangezogen werden.

Man lindet dabei die merkwürdigsten Verhältnisse; so beispielsweise bei Nr. ö und H, wo die kleine feste Platte in beiden Fällen einen Druck von 200 kg geliefert hatte. Die große Platte hätte bei gleichmäßigem Ver-

•*>» 272 «4««

halten annähernd gleich große Drucke anzeigen müssen: diese verhalten sich aber fast wie l : 2. Bei Nr. 8 und 9 hätte die große Platte statt 59 kg 110 oder statt 132 kg 73 angeben müssen.

Daß die allgemein geringeren Drucke der großen Platte zum Teil auf zu große Schwerfälligkeit der Vorrichtung zurückzuführen sind, dafür liefern die Drucke der Ausschnitte A und B den besten Beweis. Diese Drucke sind erheblich größer als die der großen Platte und liegen dicht bei denjenigen der kleinen Platten.

Ks bleibt mir nun noch übrig, die auffällige Erscheinung zu besprechen, daß die Drucke der kleinen festen Platte meistens größer sind, als die der drehbaren.

Wie aus Fig. \ zu ersehen ist, hat die kleine feste Platte an 8 von 12 Sturmtagen die größten Drucke geliefert. Die kleine feste Platte kann jedoch unter normalen Verhältnissen wohl kleinere und gleiche, niemals aber größere Drucke liefern als die kleine drehbare Platte. Zu erklären sind größere Drucke derselben nur in einer in Fig. 5 dargestellten Weise, indem die von der großen Platte abgelenkten Luftströmungen den Druck auf die kleine feste Piatie vergrößerten.

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Aus den Berichten geht zwar nicht hervor, wie die Druckmesser zu einander aufgestellt waren, aber man kann nach dem abweichenden Verhalten der beiden kleinen Plauen eine andere Aufstellung nicht annehmen. Hierzu berechtigt außerdem noch die auffällige Erscheinung, daß da, wo die Druckpunkte der beweglichen Piatie tief liegen, die Drucke der festen Platte groß sind und umgekehrt. Es muH also der Wind bei niedrigen Drucken der kleinen festen Platte von rechts nach links und bei hohen Drucken umgekehrt gerichtet gewesen sein.

Aus diesen Betrachtungen geht hervor, daß die verschiedenen Einheitsdrucke der einzelnen Meßvorrichtungen teils auf Schwerfälligkeit des großen Winddruckmesseis, teils auf die von der großen Wand abgelenkten Luft-

>»>!> 27H ♦«««

Strömungen zurückzuführen sind. Andererseits sind sie durch die verschieden geformten Vergleiehsüüchen bedingt.

Kijt. lt.

Die beim Bau der Forth-Brücke gemachten Erfahrungen berechtigen daher keineswegs dazu, einen durch Theorie und Praxis bestätigten Grundsatz anzuzweifeln. Daran ändert auch das eigentümliche Verhalten des Windes an hohen steilen Küsten nichts, das ich nun besprechen will.

Man hat beobachtet, dail bei starkem Sturm am Bande der etwa 60 m hohen Küste von Helgoland von einem Winddrucke kaum etwas zu verspüren ist. Knaben machen sich den Spal), ihre Mützen über den Band der Klippe hinab ins Meer zu werfen, denn sie wissen recht gut, dal! der Wind dieselben sehr bald im großen Bogen landeinwärts zurücktreibt.

Wenn nun aber oben am Bande von einem Winddruck nichts zu merken ist, dann, so schließt man, muß bei einer Vergrößerung dieser Felswand der Druck pro Flächeneinheit anders zunehmen, als bei einer niedrigen Felswand, die man um ein gleich großes Stück vergrößert, denn eine senkrechte Wand, am Bande der Klippe von Helgoland errichtet, wird einen nennenswerten Druck nicht erhalten, aber eine gleich große Fläche, an niedriger Küste aufgestellt, hat einen sehr großen Druck aufzunehmen.

Zum besseren Beweise des hier gemachten Fehlschlusses, und weil an sich interessant genug, möchte ich kurz erklären, wie man sich die Ablenkung der Luft an Flächen vorstellen kann.

274 ««*«w

Wir denken uns eine zylindrische Luftsäule (Fig. 7) von einer runden Fläche in ihrer Bewegung gehemmt.

Die Luftsäule sei in viele dünne Zylinderhüllen eingeteilt, und eine schwache Wand möge die äußerste Hülle vom Kern trennen. Die Luft des Kernes soll dabei durch eine OlTnung in der Platte ihre Bewegung ungehindert fortsetzen können. Die Luftteilchen der äußersten Hülle müssen dann den in Fig. 7 links dargestellten Weg nehmen. In der Ecke, unten links, wird sich ein kleiner toter Winkel bilden. Denkt man sich nun die nächst innere Luftschicht wieder durch eine dünne Wand vom Kern getrennt, Fig. 7 rechts, und durch die unten geschlossene Platte gezwungen, ihren Weg nach außen zu nehmen, so kann dies nur in der Weise geschehen, daß die äußere Lufthülle etwas nach oben abgedrängt wird. Der tote Winkel nimmt jetzt schon einen etwas größeren Raum ein.

Setzt man diese Betrachtung fort bis zum innersten Kern, so erhält man den in Fig. 8 angedeuteten Verlauf der Luftlinien. Auf der Platte bemerken wir einet) Luftkegel, der von den Luftströmungen unberührt bleibt und dessen Entstehung wir uns durch einen kleinen Versuch vor Augen führen können.

Wir machen denselben nicht mit Luft, sondern mit trockenem Sande, dessen kleinste bewegliche Teilchen eine der Luft ähnliche Bewegung annehmen können, indem wir nach Fig. 9 eine Scheibe durch zwei verschiedene Sandschichten heben. Beim Erscheinen derselben an der Oberfläche bemerken wir, daß sich auf der Scheibe ein Kegel aus Körnchen der unteren Sandschicht befindet.

Ein ähnlicher Luftkegel bildet sich auch auf einer vom Winde getroffenen Scheibe, an dem die auftreffenden Luftteilehen dann abgleiten.

Die Form des Kegels lassen wir vorläufig als nebensächlich für die weitere Betrachtung außer Acht. Setzen wir ihn in irgend einer Form voraus und konstruieren wir uns auf demselben die für den Durchtritt der Luft erforderlichen Querschnitte, so erhalten wir die in Fig. 10 dargestellten Luttbahnen. Dabei ist vorläufig auf eine Verdichtung der Luft bei der Ablenkung keine Bücksicht genommen.

Ii;

Die Luft des ganzen Zylinders gebraucht nun für ihre Umsegelung der Platte, am Hände und in der Ebene derselben, einen Querschnitt von gleicher Größe wie der der Kreisfläche des Zylinders. Bezeichnen wir den Durchmesser der Platte mit d, die Breite des Ringes mit x, so ergibt sich aus

tt

(d + 2 x) *n d* tt

4

4

für x der Wert von 0,207 d.

Kig. 10.

der Gleichung —-— = 4

Denken wir uns ferner die den Zylinder umgebende Luftmasse in einzelne Hüllen von demselben Querschnitt wie der des inneren Zyjinders geteilt, so müssen diese Hüllen, je weiter nach aullen liegend, eine immer geringere Stärke aufweisen.

Am Rande einer Platte von 1 m Durchmesser ist eine solche Hülle 207 mm und in einem Abstände von 10 m nur noch etwa 12 mm stark. Während also am Rande die erste Lufthülle 207 mm weichen midi, wird die in

einem Abstände von 10 m nur noch etwa 12 mm verdrängt.

Vergleichen wir nun die an einer großen und kleinen Platte konstruierten Luftbahnen, so finden wir, daß ähnliche Figuren entstehen. Fig. 10 ist weiter nichts als eine Vergrößerung von Fig. 11.

Wenn die Luftbahnen infolge der beliebigen Annahme der Kegelform in Wirklichkeit auch etwas anders verlaufen sollten, so ersieht man doch aus diesen Bildern, daß die Flächendrucke, die im innigsten Zusammenhange mit diesen Bahnen stehen, sich immer in demselben Verhältnis über die Fläche verteilen werden, gleichgültig, ob dieselbe groß oder klein ist.

Die Luftverdichtungen um die Drucklläche sind wichtig genug, auch noch kurz besprochen zu werden. Die Verdichtung der Luft tritt bei ihrer Ablenkung von dem Kegel der Drucklläche und beim Abdrängen der äußeren Luftmasse beim Umsegeln der Platte ein. Ihre Dichtigkeit ist am Rande der Platte am größten, sie nimmt von da nach außen allmählich ab. Hinter der Drucklläche dehnt sich die Luft wieder aus. Bei der Verdichtung muß, den physikalischen Gesetzen entsprechend, Wärme erzeugt werden, die aber

271) 4)44«

bei der Expansion sofort wieder gebunden wird. Sieht man von dem Verlust durch Reibung beim Stoi5 ab, so muH nach demselben, sobald die Luft ihre normale Dichtigkeit wieder erlangt hat, die Geschwindigkeit dieselbe sein wie vor dem Stoib Von dem Arbeitsvermögen der bewegten Luft ist also wenig oder nichts verloren gegangen, sodaß die Gesetze des elastischen Stoßes hier vollkommen Gültigkeit haben.

Körper, die an verschiedenen Stellen der Luftverdichtungen von der vorbeiströmenden Luft getrolfen werden, sind daher auch ganz verschieden starken Drucken ausgesetzt. Auch ist leicht erklärlich, dali dicht hinter dem Rande der Platte eine neutrale Zone entstehen muß, die dadurch hervorgerufen wird, daß die Luft der ersten äußeren Hüllen nicht imstande ist, die vom Kegel abgleitende Luftmasse geradlinig mit sich zu reißen.

Kehren wir nun zu «lern Helgoland-Vergleich zurück, so erkennen wir leicht, welche Fehlschlüsse dabei gemacht worden sind. Man hat übersehen, daß mit der Vergrößerung der Felswand die Luftströmungen am Rande auch sofort eine andere Richtung einnehmen werden, und daß damit nicht allein die Druckverteilung auf die ganze Fläche sich ändert, sondern auch der Druck auf die Vergleichsplatte.

Daß letzterer ein gatiz anderer ist, als wie beim Vergleich vorausgesetzt wurde, ist zweifellos; damit fällt aber auch sofort die Beweisführung des Helgoland-Vergleiches.

Daß der Flächeneinheitsdruck mit wachsender Fläche nicht geringer werden kann, geht außerdem noch daraus hervor, daß er bei einer unendlich großen Fläche auf Null herabsinken müßte, und daß dann eine solche Fläche, selbst bei der größten Belastung, keinen Druck mehr aufzunehmen hätte.

Auf Grund dieser Betrachtungen dürfen wir daher wohl den Schluß ziehen, daß weder die beim Bau der Forth-Brüeke gemachten Erfahrungen noch das eigentümliche Verhalten des Windes an der Küste von Helgoland dazu berechtigen, einen durch Theorie und Versuche bewiesenen Grundsatz anzuzweifeln. So lange uns keine besseren Gegenbeweise gebracht werden, können wir daher mit Recht daran festhalten, daß der Winddruck im einfachen Verhältnis mit der Flächengröße weichst.

Ich komme nun zur Besprechung der Vorrichtungen, welche bisher zur Bestimmung des Winddruckes gedient haben.

Man kann zwei Hauptgruppen von Winddruckmessern unterscheiden: erstens solche, die feststehen und den Winddruck empfangen; zweitens solche, die mit bestimmten Geschwindigkeiten in ruhender Luft bewegt werden. Bei beiden Gruppen gibt es Apparate mit Gewichtsbestimmungen und solche mit Luftdruckbestimmungen. Die einzelnen Arten sind aus den Figuren ohne weiteres zu erkennen.

Ein Winddruekmesser der einfachsten Art ist wohl der des Amerikaners Edward, der in Figur 12 dargestellt ist. Die Druckplatte ist auf einer Stange befestigt, die in der Windfahne gelagert ist und die mit dem Zeiger

»♦>» 277 4m««

Fig. Ii.

einer Skala in Verbindung steht. Die Platte ist durch eine Feder gestützt. Die Wirkungsweise geht aus der Figur hervor. Versieht man die Skala mit einem Maximumzeiger, so kann man an diesem Druckmesser die Höchstdrucke einzelner Zeitabschnitte ablesen. Zur Erforschung der Gesetze des Winddruckes eignet sich der Apparat natürlich nicht. Hierfür kommen in erster Linie die Rotationsapparate in Betracht, wie ein solcher in Figur 13 dargestellt ist.

An der senkrechten Welle sind zwei wagerechte Arme befestigt, die an ihren Enden die Druckllächen oder Körper tragen. Zwei Gewichte ziehen in demselben Sinne an einer Trommel der senkrechten Welle, diese dadurch

Fig. Vi,

Edward scheu

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31

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3h

in Drehung versetzend. Soll der Winddruck auf einen Körper oder eine Fläche bestimmt werden, so läßt man die Gewichte so lange wirken, bis die Geschwindigkeit nicht mehr zunimmt. Alsdann muß Gleichgewicht zwischen dem treibenden Moment p • r und dem hemmenden P • R vorhanden sein. Aus der Gleichung p • r = P • R läßt sich P leicht errechnen. Soll sich der gefundene Wert dem senkrechten Druck möglichst nähern, so muß man die Arme R recht lang und die Druckfläche recht klein machen.

Andernfalls setzt der Mitwind die gemessene Geschwindigkeit zu sehr herab und die Druckkörper machen Kreisbewegungen statt geradliniger.

Diejenigen Apparate, welche den Winddruck aus den Luftdrucken vor und hinter der Druckfläche feststellen, haben den Vorzug, erkennen zu lassen, aus welchen einzelnen Drucken sich der Gesamtdruck zusammensetzt.

Figur Ii zeigt uns eine solche Vorrichtung. Die Druckfläche hat an der Vorder- und Rückseite kleine Bohrungen von etwa '/« mm Durchmesser, die einzeln mit einem Manometer verbunden werden können. Aus den so

278 «44«

ermittelten Drucken lälU sich die Mittelkraft errechnen. Prof. Recknagel fand mit Hilfe eines solchen Apparates, daß sich der Gesamtdruck auf Vorder- und Rückseite der Drucklläche im Verhältnis von 0,75 zu 0,37 verteilt. Er stellte ferner fest, daß die Stärke des Druckes an der Vorderseite von der Mitte nach außen bis auf 8,'io des Durchmessers nur wenig, von da ab aber schnell fällt. Auf der Rückseite soll sich der Winddruck ziemlich gleichmäßig über die ganze Flüche verteilen. Links oben in der Figur ist die Druckverteilung angedeutet. Bezüglich der Hebellängen und Flächengröße gilt auch hier das bereits beim vorhergehenden Druckmesser Erwähnte.

Mit den bisher besprochenen Druckmessern läßt sich die Mittelkraft des Winddruckes auf geneigte Flächen nicht messen. Bis vor kurzem waren Apparate, mit denen dies einwandfrei möglich war, überhaupt noch nicht vorhanden. Man half sich mit der Berechnung und wandte zuerst die Formel von Newton an. Danach ist die Mittelkraft p1, welche der Winddruck auf eine unter dem Winkel a geneigte Ebene erzeugt, gleich p sin* a, wenn unter p der senkrechte Druck auf diese Ebene verstanden ist. Wie dieser Wert entsteht, zeigt Figur 15. Die unter dem Winkel a geneigte Ebene wird nur noch von p sin a Luftteilchen getroffen. Der von p sin u erzeugte Normaldruck ist dann p sin*a.

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Daß der Normaldruck aber größer ist, als der nach Newton festgestellte, geht aus einer einfachen Überlegung hervor. Wie aus Figur lt> zu erkennen ist, kommt bei der Bildung des Normaldruckes eine viel größere

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Luftmasse in Betracht, als Newton in seiner Ableitung angenommen hat. Wäre die schräge Fläche seitlieh durch zwei senkrechte Wände begrenzt, so daß die Luft gezwungen würde, den in der Figur gezeichneten Weg zu nehmen, so würde beispielsweise bei 80° Neigungswinkel ein Druck von 2p sin*a entstehen. Da jedoch die Luftteilchen den Weg des geringsten Widerstandes nehmen werden, wie er ungefähr in Figur 17 angedeutet ist, so wird der Normaldruck in Wirklichkeit etwas kleiner ausfallen, aber bestimmt größer sein, als psin*a.

Im innigen Zusammenhange hiermit steht eine Erscheinung, die bei den Schiffsbalancerudern beobachtet worden ist. Da sie zur weiteren Klarstellung des Winddruckes geeignet ist, soll sie kurz erwähnt werden.

Ordnet man die Drehachse eines Balanceruders etwas vor der Mitte desselben an, so stellt sich das Ruder bei Fahrt nicht in die Fahrrichtung, sondern fast quer zu derselben. Will man dies vermeiden, so muß man den Drehpunkt auf ungefähr lU der Länge von vorn verlegen.

Weshalb dies so ist, geht aus Figur 18 hervor. Die Wasserfäden, welche in der Projektion a b der Ruderfläche liegen, erfahren ihre Ablenkung parallel zur Ruderlläche ganz vorn am Ruderkopf. Das Wasser, welches

Vig. Vi.

Fig. 1K.

dem Ruderblatt am nächsten liegt, wird an diesem entlang gleiten; die weiter nach außen liegenden Schichten werden sich jedoch den bequemsten Weg suchen, also die in Figur 19 gezeichneten Bahnen um den Rand des Ruders einschlagen. Das hat zur Folge, daß von den weiter nach außen liegenden Wasserschichten nur noch ein geringerer Teil einen Reaktionsdruck ausübt, der außerdem immer mehr eine senkrechte Lage zur Fahrrichtung einnimmt. Die Mittelkraft des Wasserdruckes liegt also nicht auf der Mitte des Ruders, sondern weiter vorn. Ob sie senkrecht zur Ruderfläche gerichtet ist, konnte man bisher nicht feststellen: es ist sogar unwahrscheinlich, denn wenn selbst alle Reaktionsdrucke parallel gerichtet wären und senkrecht zum Ruderblatt ständen, so würde die Reibung des Wassers an diesem und der verschieden starke Sog am vorderen und hinteren Ende eine andere als senkrechte Lage der Mittelkraft zum Ruderblatt bedingen.

Ähnlich liegen die Verhältnisse auch hei der Luft.

Nachdem wir an der geneigten Khene erkannt haben, dall bei der Bildung des Normaldruckes eine viel größere Luftmasse beteiligt ist, als wie bei der Berechnung vorausgesetzt wurde, können wir uns jetzt auch erklären, weshalb der berechnete Winddruck auf eine senkrechte Fläche viel kleiner ist, als der wirkliche. Der Winddruck wird auch hier von einer weit größeren Luftmasse als der in Rechnung gezogenen erzeugt. Der errechnete Wert würde noch kleiner ausfallen, wenn man das keilförmige Teilen der Luft auf dem Kegel in Betracht ziehen würde.

Wenden wir unsere Betrachtungen nunmehr wieder der Mittelkraft des Winddruckes auf geneigte Ebenen zu. Die Ungewißheit über die Lage derselben beseitigt nun keineswegs der Apparat des österreichischen Oberingenieurs v. Lößl, dessen Konstruktion in Figur 20 dargestellt ist. Mit Hilfe dieser Vorrichtung will v. Lößl gefunden haben, daß die Mittelkraft des Winddruckes auf geneigte Flächen nicht psin'a, sondern p sin a beträgt.

Diese Formel hat vor anderen den Vorzug der Einfachheit und den, daß sich der Wert für die Mittelkraft dem wirklichen Werte mehr nähert, als beispielsweise der nach der Formel von Newton berechnete. Berechtigt ist sie jedoch nur, wenn die Mittelkraft im Schwerpunkt der Fläche liegt, was aber nach unseren bisherigen Betrachtungen nicht der Fall ist.

Die Meßvorrichtung ist eine Vervollständigung des bereits beschriebenen Rotationsapparates. Die stehende Welle mit den Armen und Druckkörpern wird vor dem Versuch durch ein Gegengewicht vollständig ausbalanciert. Bei der Bewegung der Flügel üben die schräg gestellten Flächen einen Druck nach oben aus, der durch Gewichte ausgeglichen wird. Dazu ist die stehende Welle mit einer Gewichtsschale versehen. Aus dem bekannten Dreh-

M»» 281 «4«4

moinent p r an der stehenden Welle und dem bekannten Hebelsarm R des Luftwiderstandsmomentes erhält man die horizontal gerichtete Komponente, aus dem aufgestellten Gewicht G die vertikal gerichtete der Mittelkraft und aus beiden letztere selbst.

Den Beweis für die Richtigkeit seiner Formel hat v. Lößl noch durch einen besonderen Apparat zu bringen versucht. Derselbe ist in Figur 21 dargestellt. Auf den Armen eines Hotationsapparats sind zwei drehbare Rahmen angebracht. In diesem Rahmen sind zwei gleich große Druckflächen befestigt, eine davon drehbar, die andere fest, und beide gleich weit von der Drehachse des Rahmens entfernt. n,.

Fig. II.

Setzt man nun, wie dies links in der Figur 21 angedeutet ist, die bewegliche Platte unter einem Winkel zum Rahmen fest und dreht alsdann die Vorrichtung, so nehmen die beweglichen Rahmen die in Figur 22 gezeichnete Stellung ein. Nimmt man nun wieder an, daß die Mittelkraft des Winddruckes in der Mitte der Druckfläche liegt und senkrecht zu dieser gerichtet ist, so kann man die oberen und unteren Drehmomente gleich setzen, und hieraus ergibt sich dann für den Normaldruck der Wert p sina. Es ist durchaus nicht ausgeschlossen, daß die wirkliche Mittelkraft des Winddruckes, zwar an anderer Stelle liegend, doch dasselbe Drehmoment erzeugt, wie es das Produkt aus dem Wert p sina und dem Schwerpunktsabstand liefert. Damit ist aber keineswegs die Lage und Größe dieser Kraft selbst gegeben, auf die es vor allen Dingen ankommt.

Der Mangel an geeigneten Winddruckmessern mußte daher von den Ingenieuren, der Wissenschaft und besonders in Ihrem Kreise, m. H., empfunden werden. Bei Ihnen umsomehr, als Ihr Ideal, das lenkbare Luftschiff, sich nur dann vollkommen gestalten läßt, wenn die Gesetze seines Elementes unanfechtbar feststehen.

Es darf wohl angenommen werden, daß die beiden Vorrichtungen, welche bei dem Wettbewerb zur Erlangung eines Winddruckmessers mit einem Preise bedacht worden sind, dazu beitragen werden, diese Gesetze klar zu stellen. Einer dieser Apparate ist Ihnen bereits bekannt, und es bleibt mir daher nur noch übrig, die Konstruktion des anderen zu erklären.

»>» 282 «s«««

Ich sehe davon ab, heute eine Beschreibung des ersten Versuchsapparats zu bringen, weil ich es für zweckmäßiger halte, das Neueste zu erklären, umsomehr, als das eigentliche Konslruktionsprinzip genau dasselbe geblieben ist, wie beim ersten Versuchsapparat. Nur die Ausführungsform ist infolge der für den Bau gestellten Bedingungen etwas geändert worden.

Das Konstruktionsprinzip ist folgendes: Stützt man einen Stab, wie dies aus Figur 2H zu ersehen ist, in seiner Achse an 2 Stellen a und b und an einem :i. Punkte c gegen Drehung um seine Längsachse mittels eines

festen Armes, so wird eine auf ihn einwirkende beliebig gelegene Kraft P in den 3 Stützpunkten bestimmte Drucke hervorbringen. Kann man letztere messen, so ist umgekehrt aus diesen die Kraft P bestimmbar. Figur 24 zeigt uns nun die Einrichtung, welche zur Feststellung der Stützdrucke gewählt worden ist. Der Stab ist nicht mehr fest in seinen Lagern gehalten, sondern er kann darin nach allen Bichtungen eine kleine Bewegung ausführen. An den Lagerstellen ist derselbe in der gezeichneten Weise mit Federn verbunden, die gespannt werden können. Die letzteren sind so angeordnet, daß man in der Lage ist, den Stab bei einer beliebigen Belastung stets wieder genau in seine Millellage zu bringen, und daß man aus den Federkräften die äußere Kraft leicht feststellen kann. Dazu sind in den

Fig 2«.

Punkten a und b je 3 Federn, in der Stabachse 1 Feder und am Arme c 2 Federn angebracht. Die an den einzelnen Punkten wirkenden Stützkräfte lassen sich leicht bestimmen. Sie ergeben sich bei c und in der Längsachse direkt aus der Federkraft. Bei a und b sind sie leicht gefunden, wie aus Figur 25 hervorgeht. Hat man dort 2 Federn spannen müssen, so ergibt das Parallelogramm ohne weiteres die Größe und Lage der Stützkraft. Die Vereinigung aller Stützdrucke läßt sich ebenfalls graphisch leicht ausführen, wie dies später noch gezeigt werden soll.

Der Druckmesser ist nun so eingerichtet, daß sich die Federn selbsttätig richtig spannen. Die Vorrichtung, die dazu dient, ist in der ersten Versuchsausführung hier vorhanden. An Figur 26 kann ihre Wirkungsweise leicht erklärt werden. Über oder unter einen Kolben kann man mit Hilfe eines Schiebers hydraulischen Druck leiten, genau wie bei jeder Dampfmaschine den Dampf. An der Kolbenstange ist eine Feder befestigt, die mit einem Bolzen verbunden ist. Beim Druckmesser greift die Feder direkt am Stab an. Der Bolzen kann sich, wie am Druckmesser der Stab, in einem festen Lager etwas hin- und herbewegen. Ein mit ihm verbundener Arm überträgt seine Bewegung durch eine Stange auf den Schieber. Am Druckmesser ist der Schieber direkt mit dem Stabe verbunden. In der gezeichneten Stellung möge Gleichgewicht zwischen der angehängten Last und der Federspannung vorhanden sein. Der Bolzen steht dann auf der Mitte seines Hubes, der Schieber in seiner Mittelstellung. Denkt man sich nun das angehängte Gewicht plötzlich durch ein größeres ersetzt, so geht der Bolzen nach unten. Der Schieber macht diese Bewegung mit, und es tritt nun so lange Flüssigkeit unter den Kolben, bis die Federspannung so groß ist, daß das Gewicht gehoben wird. In demselben Augenblick wird aber auch der Schieber nach oben bewegt und ein weiterer Zufluß von Flüssigkeit unter den Kolben verhindert. Verringert man die Last, so zieht die Feder den Bolzen nach oben, und der Schieber läßt nun so lange Flüssigkeit über den Kolben treten, bis das Gleichgewicht und die Mittellage wieder erreicht ist.

Ich werde diesen Vorgang jetzt am kleinen Versuchsmodell zeigen.

Daß schwergehende Kolben oder Kolbenstangen das richtige und schnelle Arbeiten der Spannvorrichtung nicht beeinflussen, dürfte auf den ersten Blick fraglich erscheinen, aber ein Beispiel wird uns davon leicht überzeugen. Nehmen wir den kaum möglichen Fall an, daß in der Stopfbüchse der Kolbenstange eine so starke Beibung vorhanden wäre, daß ein Zug von 20 kg angewendet werden müßte, um sie gerade zu überwinden. Die

281 <s«h

vorhandene Belastung der Feder soll dabei plötzlich von 50 kg auf die Maximallast von 75 kg gebracht werden.

Zunächst ist klar, daß der Schieber bei der geringsten Vermehrung der Last nach unten gezogen wird, denn die an dem Versuchsapparat etwa vorhandene Reibung des Holzens in seinem Lager lallt beim Druckmesser fort, weil der Schieber dort, wie ich bereits erwähnte, direkt mit dem Stab verbunden ist. Es wird also Flüssigkeit unter den Kolben treten und diesen im vorliegenden Falle mit etwa HM) kg Druck nach oben schieben. Dabei spielt der 20 kg große Reibungsdruck keine Rolle, denn wenn die Feder auf 75 gespannt ist, sind immer noch 65 kg Überdruck vorhanden. Man muß natürlich für einen genügenden Überdruck gesorgt haben.

Es erübrigt noch, darauf hinzuweisen, daß die Größe der Federspannung bei den verschiedenen Heiastungen von einem mit der Kolbenstange verbundenen Schreibstift auf eine drehbare Papiertrommel übertragen wird; vergl. Fig. 26.

Nachdem nunmehr das Konstruktionsprinzip des Druckmessers im allgemeinen erklärt ist, gestatte ich mir, auf die Vorzüge desselben aufmerksam zu machen.

Man kann für beliebig geformte Druckkörper z. B. für ein vollständiges Luftschilf, für ein Segel, für eine geneigte Ebene usw. die Mittelkraft des Winddruckes nach Lage und Größe genau bestimmen.

Daß der Druckkörper bei der Belastung seine Lage nicht ändert, ist eine wertvolle Eigenschaft des Druckmessers, ebenso, daß schädliche Schleuderwirkungen nicht auftreten können.

Ganz besonders geeignet macht ihn der mit keinem anderen Druckmesser zu erreichende Grad der Genauigkeit. Es bietet gar keine Schwierigkeiten, bei Lasten von 1000 kg Unterschiede von 1 kg festzustellen. Man braucht dazu die Federn nur lang und stark genug zu machen.

Die einfache Bestimmung der Mittelkraft aus den Angaben des Druckmessers ist eine angenehme Nebeneigenschaft der Konstruktion.

In Fig. 27 ist ein Windruckmesser dargestellt, wie er sich nach unserer bisherigen Überlegung gestalten muß. Fig. 28 zeigt uns noch einmal die prinzipielle Anordnung der Federn.

Wir erkennen in dem innern Bohr der Fig. 27 den Stab, der bei a und b durch H Spannvorrichtungen in seiner Mittellage gehalten wird. Eine seitlich angeordnete Federspannvorrichtung überträgt ihren senkrechten Zug durch Hebel und Stützstangen auf das innere Rohr. Unten bemerken wir den mit letzterem verbundenen Querarm, der bei c durch 2 Spannvorrichtungen gehalten wird. Wie wir sehen, sind die Schieber und Federn der Spannvorrichtungen mit dem inneren Rohr direkt verbunden. Sämtliche Registriertrommeln werden von einem Uhrwerk durch Wellen und Winkelräder gleichmäßig schnell gedreht, sodaß die zeitlich zusammengehörigen Federkräfte sicher festgestellt werden können.

Die Druckkörper sind durch einen zylindrischen Zapfen, der sich in

»•>►*> 285 «mn

Kugellagern dreht, mit dem inneren Hohr verbunden. Eine Windfahne die ebenfalls auf Kugeln läuft, ist auf dem äußeren Rohr gelagert. Ein gabelförmiger Arm derselben greift mit geringem Spielraum über einen Zapfen des Druckkörpers, sodaß letzterer stets in den Wind gedreht wird, im

übrigen aber keinen Druck von der Fahne aufnimmt. Unregelmäßig geformte Druckkörper werden fest mit dem inneren Rohr verbunden. Damit man dieselbe in die beabsichtigte Lage zum Winde bringen kann, ist das innere Rohr zum Querarm durch Schnecke und Schneckenrad verstellbar eingerichtet. Die Bewegungen des inneren Rohres sind durch Lager im festen Unterbau begrenzt. Aus seiner Mittelstellung kann es sich nach allen Richtungen etwa I l/t inm bewegen. Diese Bewegung genügt einerseits vollkommen, um die Schieber der Spann-vorrichtuug sicher umzusteuern, anderseits ist sie so klein, daß schädliche Schleuderwirkungen im Druckmesser nicht auftreten können. Die Umman-telung des inneren Rohres dient nicht allein zur Lagerung der Windfahne, sondern sie schützt auch das innere Rohr vor dem Winddruck, sodaß die vom Druckmesser gelieferte Kraft lediglich" den Druck des Windes auf den Körper darstellt.

Für den Betrieb der Federspannvorrichtung wird Glycerin verwendet. In Fig. 20 ist schematisch angedeutet, welchen Weg die Flüssigkeit nimmt. Eine Pumpe mit elektrischem Antrieb saugt das Glycerin aus einem Becken an und drückt es nach einem großen Behälter, hier die Luft verdichtend. Von

hier aus wird die Flüssigkeit durch Bohre zu den Spannvorrichtungen und von dort zurück zum Abflußbecken geführt. Wenn die Pumpe mehr Flüs-

Nachdem hiermit die ideelle Konstruktion des Windruekmessers beschriehen ist, möchte ich noch kurz den im Bau belindlichen neuesten Apparat erklären.

Vielerlei wichtige Gründe haben mich veranlaßt, die bisher besprochene ideelle Konstruktion nach Fig. 27 bezw. 30 für den neu zu bauenden Winddruckmesser nicht anzuwenden, ihn vielmehr nach dem in Fig. 31 dargestellten Prinzip einzurichten. Bei dem neuen Winddruckmesser, der in Fig. 32 in großen Umrissen dargestellt ist, sind alle Stutzpunkte weiter nach oben verlegt. Dies konnte nur dadurch erreicht werden, daß die in diesen Punkten auftretenden Drucke durch Hebel und Gestänge auf die senkrecht stehenden Federspannvorrichtungen übertragen wurde. Diese Konstruktion gestattet bei geringer räumlicher Ausdehnung des Wmddruckmessers eine leichte Bauart, eine übersichtliche und praktische Anordnung der Spannvorrichtungen und sie erhöht den Grad der Genauigkeit der Messungen.

Auf diesem Bilde ist in den Fig. 33 bis 35 außerdem noch die Konstruktion der Mittelkraft für die senkrechte Fläche, die geneigte Ebene und für einen beliebig geformten Körper angegeben. Falls ein besonderes Interesse für die recht einfachen Konstruktionen vorhanden ist, bin ich gern bereit, dieselben nach dem Vortrag zu erklären.

Ich schließe hiermit meinen Vortrag, indem ich meinen besten Dank für das allseitige Interesse an demselben ausspreche und der Hoffnung Baum gebe, daß uns nun bald ein gründlicher Aufschluß über die Gesetze des Winddruckes zuteil werden wird, dank der Initiative deutsclrer Staatsbehörden und Ingenieure und nicht zum wenigsten der Ihrigen.

Vif. 19.

sigkeit in den großen Behälter pumpt, als verbraucht wird, so läßt ein Überdruckventil Glycerin in das Abflußbocken freien. Ist dagegen plötzlich ein sehr großer Verbrauch von Flüssigkeit vorhanden, so reguliert der Luftdruck den gleichmäßigen Zutritt derselben zu den Spannvorrichtungen. Diese ganze Einrichtung bedarf also auch keiner besonderen Wartung.

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Die Bestimmung der Mittelkraft.

In der nachsiehenden Erklärung wird vorausgesetzt, dar» die in den einzelnen Punkten a, h und c angenommenen Stülzkräfte lediglich diejenigen sind, welche [dem Winddruck des Druckkürpers das Gleichgewicht halten, daß also die Kräfte zur Ausbalancierung des Stabes mit dem Druckkörper bereits berücksichtigt sind.

I. Fjall: Die .Mittelkraft liegt wagerecht und in der Slabachse. Fig. Hl.

Der Druckmesser liefert bei a und b die beiden Kräfte p, und pr Man macht db=pt, ae=p,, verlängert de bis zum Schnitt f mit ab. In f wirkt die Mittelkraft P, die gleich p,—p, ist.

II. Fall: Die Miltelkraft liegt geneigt und in der Stabachse.

Fig. 32. Eine geneigt liegende Miltelkraft kann man sich in eine wagerechte und eine senkrechte Komponente zerlegt denken. Der Druckmesser liefert außer den Kräften p, und pt eine Kraft in der Längsachse. Aus p, und p, ergibt sich die wage-

rechte Komponente, tlie mit der Kraft in der Längsachse vereint die Mittelkraft P bestimmt.

III. Fall: Die Mittelkraft bat eine beliebige Lage. Fig. 33 Die Bestimmung einer beliebig gelegenen Mittelkraft wird am leichtesten verständlieh, wenn wir uns klar marhen. wie die einzelnen Federkräfte erzeugt werden. Wir denken uns zu diesem Zwecke den Druckmesser aus der Vogelschau gesehen und erkennen in den beiden umgrenzten Flächen die wagerechten F.benen bei a und b. Den Angriff der behellig gelegenen Mittelkraft P verlegen wir in die untere Ebene bei b. Zerlegen wir alsdann diese Kraft in eine solche, die in der Kbene b und eine zweite, die senkrecht zu ihr liegt, so erhalten wir die Kräfte P , und Pt. wie dies aus der Seitenansicht unten rechts ersichtlich ist. Die Einwirkung der Kraft Pt zeigt uns die Figur oben links. P, bringt bei a und b die Kräfte 2 und in der Längsachse die Kraft 1 hervor. Die Kraft 2 bei a ist stets gleich der Kraft 2 bei b, nur sind beide Kräfte entgegengesetzt gerichtet.

Die Kraft P, wirkt nur in der unleren Ebene. Wir finden ihre Gegenkräfte, indem wir ihre Bichlungslinie bis zum Schnitt mit derjenigen der Federn des Armes c verlängern. Verbinden wir diesen Schnittpunkt mit dem Achspunkt b, so linden wir in den beiden Komponenten •{ und 5 ihre tiegenkräftc. Die Kraft i liefert uns eine Spannvorrichliing des Punktes c. Die Kraft ö finden wir am Druckmesser mit der Kraft 2 vereint in der Kraft 3. Sie ist indessen aus beiden leicht zu bestimmen, wie dies aus der Figur hervorgeht.

Im die Mittelkraft des WMnddruckes festzustellen, sind also folgende Kräfte, die der Druckmesser liefert, in nachstehender Weise zu vereinigen.

Die Kräfte 2 und 3 zu ö

••

,.

 

+

, P,

••

 

1 V

2

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f.

 

2

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»t

p,

l\ \

. P

Der Schnittpunkt der Kraft 2 mit P, ist der Angriffspunkt der Kraft P in der wagerechten Ebene durch b. Sie liegl in der senkrechten Ebene durch die Bichlungs-linic von P,. Ihre Neigung zur wagerechten Ebene durch b liefert das Parallelogramm aus P( und Pr

Aeronautik.

Über die Notwendigkeit eines internationalen Verbandes zur Förderung und Verbreitung der wissenschaftlichen und sportlichen

Luftschiffahrt.

Der Anregung Comte Henry de la Vaulx in dem Julihefte der I. A. M. folgend, möchte ich auch meine wohl unmaf-gebende Meinung über obiges Thema zur Verfügung stellen.

1. Die bestehenden Vereine sollten vorerst dafür sorgen, daß selbe im eigenen Lande als Fachautoritäten gelten und von der Begierung als solche anerkannt werden.

Der Zeitpunkt, wo die bestehenden nationalen (»der. sagen wir, um niemanden wehr- zu tun. wo die bestehenden internationalen und interkonfessionellen Luftschiflerklubs auch von fremden Staaten anerkannt werden sollen, ist nach meinem Dafürhalten erst dann gekommen, wenn sie im Inlande respektiert werden.

2. Allen Staaten Europas sollte im diplomatischen Wege ein t."berein-

.♦>.> 289 €*5«m

kommen, die gegenseitigen Batlonlandungen betreffend, unterbreitet werden.

Und zwar ähnlich wie das Abkommen zwischen Deutschland und Österreich-Ungarn, welches seit dem Jahre 1H99 besteht:

Die Landung ist gestattet, jedoch dürfen fremde Ländergebiete nicht vom Ballon aus photographiert werden; mitgenommene Brieftauben dürfen auf fremdem Territorium nicht aufgelassen werden; der Führer des Ballons hat den Gemeindevorsteher des Ortes, wo er landet, von der Landung zu benachrichtigen und als Reisedokument seine Legitimation vorzuzeigen, wo die Zugehörigkeit des Ballonmaterials und der Insassen klar zum Ausdruck kommt

Das soll im allgemeinen genügen. De facto ergaben sich in den letzten Jahren bei den verschiedenen ziemlich häutigen Landungen deutscher Ballons in Österreich-Ungarn oder umgekehrt sowohl an der Landungsstelle als auch bei der Zollrevision an der Grenze keinerlei Anstände.

Alle anderen vom Grafen Henry de la Vaulx in Vorschlag gebrachten Anträge können sich nach meiner Meinung erst dann Geltung verschaffen, wenn die unter 1 und 2 genannten Hauptpunkte in Kraft bestehen, so wichtig und nützlich diese Anträge auch erscheinen mögen. Hintersloisser, Hauptmann.

<K

Aeronautische Photographie.

Lehrreiche Aeronautische Photographien.

Von ganz eigenartigem Heiz sind die Winterphotographien, die Hauptmann Wehrle in Graudenz bei seinen Ballonfahrten im Ostdeutsehen

Dl« Gardenga-Schlucht mit Schloß Roggenhausen östlich Graudenj, .».«tir......nim-it am 8. 2. tC> dunh llplm. Wehrle.

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Verein für Luftschiffahrt aufgenommen hat. Durchwegs hatten alle Winteraufnahmen die Eigentümlichkeit, dem Landkartenbilde am ähnlichsten zu sein, sobald die Erde mit der weißen Schneedecke bedeckt ist. Die Konturen von Ortschaften, Gehöften, Chausseen, Eisenbahnen, Flußläufen und Waldungen heben sich alsdann recht scharf ab. Seen dahingegen verlieren in ganz ebenen Gegenden bei hohem Schnee oft ihre charakteristischen Umrisse an den flachen Ufern.

Von den uns freundlichst zur Verfügung gestellten Aufnahmen des Hauptmann Wehrle stellt die erstere die Gardenga - Schlucht mit Schloß Roggenhausen östlich von Graudenz vor. Die Gardenga, ein Nebenfluß derOssa, hat sich hier durch den Lößboden ein wildromantisches

Winteraufnahme von Neumark In WettpreuBen. aufgenommen am 8. af. 05 durch Mptm. Wehrle.

tiefes Bett gebahnt, welches in seinen Linien mit der Generalstabskarte 1 : 100000, besser noch 1 : 25 000 verglichen werden muß, um für die vortreffliche Ähnlichkeit dieser Karte einen schlagenden Beweis zu erhalten. Von rechts unten zieht sich auf dem Bilde die Ossa mit dem als dunklen Fleck vorgelagerten Wäldchen von Neuberg nach links in zierlichen Windungen herüber. Rechts von dem an der Einmündung der Gardenga liegenden alten Ritterschloß Roggeiihausen laufen nach rechts (Osten) von unten nach oben genannt die Straßen nach Lenzwalde, die Chaussee nach Lessen mit der Gabelung nach Buczek und die Straße nach Klein-Schönbrück, das Gehöft links oben ist ein Abbau zu Roggenhausen.

Das zweite an dem gleichen Tage, dem 8. Februar 1905, aufgenom-

mene Bild zeigt uns das Städtchen Neu mark in Westpreußen, in dessen Nähe sich die Landung vollzog.

Der besondere Wert dieser Aufnahmen liegt in dem plastischen Hervortreten des schneebedeckten Hügellandes, welches allein dem Umstände zu verdanken ist, daß die tiefstehende Sonne Lieht und Schatten über die Schneelandschafl verbreitete. Derartige Aufnahmegelegenheiten bieten sich nicht häufig und es ist daher besonders dankbar zu begrüßen, daß Hauptmann Wehrle den schnellen Entschluß gefaßt hat, dieses für den Geographen ungemein lehrreiche Bild festzuhalten. Moedebeck.

3*

Kleinere Mitteilungen.

Eine Luftreise nach dem Pol wurde schon im Jahr 1800 in der Gazette de Pekin als möglich erörtert, davon ausgehend, daß von dem Punkt aus, an welchem das Eis dem Seefahrer ein «Halt» gebietet, nur im Mittel 400 Meilen bis zum Pol zurückzulegen seien, welche bei günstiger Luftströmung in etwa 2 Tagen zu durchfliegen wären. Man war ferner davon ausgegangen, daß ein oberer Luftstrom zum Pol (allerdings zum gegebenen Kälte-Pol) und ein unterer von dort zurück nach den niedereren Breiten bestehe und daß es möglich sein müsse, den oberen zur Hin-, den unteren zur Rückfahrt zu benützen. Welche Anzahl von Vorbeobachlungen und Erwägungen erforderlich werden, wenn man dieses scheinbar einfache Experiment in die Praxis überführen will, war damals noch nicht Gegenstand eingehender Erörterung. K. X.

Neuere Fahrten des Ballons Lebaudy. Lebaudys Lenkbarer bat seine vom französischen Kriegsminister angeordneten Fahrten am 3. Juli begonnen. Zwei Tage vorher hatte der Direktor des Parc aerostatupie de Ghalais. Kommandant Bouttieaux. das Gelände um Meaux besehen und den Offiziers-Bennplalz als Landungspunkt bezeichnet. Am 2. war der Abfahrtsbefehl erlassen. Arbeitsmannschaflen zum Landungsplatz entsendet und am 8. morgens 31» 48 erfolgte der Aufstieg in Moisson. In der Gondel war der vom Kriegsminister beorderte Kapitän Voyer. der Führer Juchmes und Mechaniker Hey. Der Ballast betrug 400 Kilo. Die Entfernung beider Orte beträgt in Luftlinie IIA km. Sie wurde außer einer kleinen Biegung beim Walde von Montmorency in fast gerader Bichtung in 2 Stunden 8f» Minuten zurückgelegt, und um <»''20 erfolgte die Landung genau am bezeichneten Punkt, wo M. Pierre Lebaudy mit Ingenieur Julliot den Ballon erwarteten. Während der Fahrt wehte leichter Südwind. Der Lenkbare wurde verankert und erwartete unter Bewachung neue Marschbefehle von Kommandant Bouttieaux. Die nächste Fahrt galt einem Versuch, gegen kräftigen Ostwind aufzukommen. Der Hallon erhob sich, nachdem einige Pilot-Ballons hochgelassen waren, mit Kommandant Bouttieaux, statt Voyer in der Gondel, in Meaux am 4. Juli um 41'38 morgens) mit stillstehenden Schrauben, wurde rasch gegen Südwest abgetrieben, machte dann nach Ingangsetzung der Schrauben eine Wendung gegen den Wind und erlangte eine Geschwindigkeit von 15—20 km per Stunde. Die Landung fand um 0 Uhr morgens bei Sept-Sorts. nahe La Ferte-sous-Jouarre statt, nachdem einige Wendungen über der Stadt und Umgebung ausgeführt waren. Kapitän Voyer und Ingenieur Julliot trafen am Landungsplatz mittels Automobil ein, und der Lenkbare wurde wieder verankert. Die zurückgelegte Entfernung betrug 20 km. Auf diesem Ankerplatz wurde er nachts von einem Gewitter mit heftigem Begensturm überfallen, erlitt jedoch keine ernstliche Beschädigungen, wie von den Offizieren des Luftscbitlerparks C.halais-Meudon bestätigt wurde. Er hatte hier zwei von Paris entsendete Gaswagen zur Xachfüllung zu erwarten. Niehl so glatt ging es nach der weiteren Fahrt vom Ankerplatz Sept-Sorts bei La Ferte-sous-Jouarre nach dem Lager von Chälons ab. Der Ballon flog am ä. Juli 7hö0 morgens mit gleicher Gondelbesetzung wie am 'S. Juli ab. Die Fahrt (ca. 00 km*i vollzog sich gegen «sehr heftigen» Ost-Wind in Zeit von 3 Stunden 37 Minuten nach Mourmelon. Ankunft 5. Juli

ll'';U) vormittag. Dieser angewiesene Landungsplatz erweckte hei Ingenieur Julhot Betlenken wegen vollkommener Deckungslosigkcit hei etwa einfallendem Sturm, worüber er auch Lebandy lelephonisch Nachricht gab. Ftald nachdem der Ballon gegen ein niederes Nadeigeholz transportiert und dorl fest verankert, auch Hie Bemannung durch drei Soldaten abgelöst worden war, brach plötzlich ein äußerst heftiger Regensturm mit Winddrehung los, der trotz versuchter (iegenhewegungen den Ballon von seitwärts faßte und unter Zerreißung der Verankerung über brechende Telegraphenstangen der Römerstraße hinweg gegen die Bäume schlug, so daß die Hülle zerriß und sich entleerte und die Gondel mit den lulllosen Soldaten zu Boden liel. Es war gegen 4" nachmittags. Die Leute erlitten leichte Kontusionen. Die Beschädigungen des Ballons erwiesen sich aber als sehr unbedeutende, indem die Maschinerie nicht gelitten hat und auch an der Hülle nur einige Teile zu erneuern sind, so daß die vom Kriegsminister vorgesehenen weiteren Fahrten bald erfolgen können. Der Ballon Lebaudy hat nun schon über 200 km Weg zum Zweck derartiger Erprobungen gefahren, und dabei trotz sehr hinderlichen Wetters seine Fahrten zu bestimmt vorgeschriebenen Tagen und Stunden und mit bestimmten Landung»- und Zwischenlandungspunkten ausgeführt.

Der hier erwähnte l'nfall ist der dritte ähnlicher Arl, der ihm während seiner erfolgreichen Versuche widerfuhr. Im November ltKW von Moisson nach Paris gelangt, hatte er eine Zwischenlandung im Park von C.halais gemacht, als ein Windstoß ihn gegen einen Baum schleuderte, wodurch die Hülle zerrissen und die Maschinerie beschädigt wurde. Im folgenden Frühjahr halten die Insassen bei den Vorversuchen den an Bäume verankerten Ballon verlassen, als dieser unter der Gewalt des Windes die Bäume brach und allein bis in ein (iehölz nahe bei F.vretix llng. aus dessen Geäste er ohne wesentlichen Schaden losgelöst wurde. Auch der jetzt eingetrelene Unfall spricht nicht gegen die im Bau und Ausstattung des Ballons erreichten Erfolge der Herren Juchnies und Juillot. Immerhin werden die bisher gemachten Erfahrungen dazu führen, an der vorläufig nur den Versuchszwecken angepaßten Konstruktion einige Einrichtungen anzubringen, die den Ballon für den praktischen Dienst handlicher machen sollen. Hierher gehört Trennung des (Jerippes und der Maschinerie in einzelne leicht zusammensetzbare Stücke, deren (iröße sich den Bahntransport-Anforderungen anpaßt, ferner die Einschaltung von Ösen. Zapfen und Federhaken pp. in die Aufhängungen der Gondel, um den von dieser getrennten Langballon nahe am Boden verankern zu können. Die Höhe des ganz montierten Lenkbaren beträgt 17 m. eine Höhe für die nicht immer Windschutz zu linden ist. K. N.

Der Aeroklub von Frankreich wird auf den 12.—15. Oktober eine internationale ac'ronautiM'he Konferenz berufen, zum Zweck der Gründung eines internationalen Lufl-schilTerverbandes. Das Verhandlungsprogramm entspricht den im Juliheft dieser Zeitschrift von («raf de la Vaulx gemachten Vorschlägen.

Der amerikanische Aflronaul Mnloney. der den neulich besprochenen großen Gleit-llug mit Montgomerys Flugmaschino ausgeführt hat. hat am 1H. Juli bei einem neuen Versuch das Gleichgewicht mit seinem Apparat verloren und ist aus 1000 m Höhe zu Tode gestürzt.

Aeronautische Vereine und Begebenheiten.

Niederrheinischer Verein für Luftschiffahrt.

Die .luni-Versammlung des Niederrheinischen Vereins für ^Luftschiffahrt fand auf Wunsch vieler auswärtiger Mitglieder am Samstag. 1. Juli, in den Räumen der Gesellschaft «l'nion» in Barmen statt. Herr Koinmer/.ienrat Molineus eröffnete die Sitzung, indem er die trotz der enormen Jnlihitze sehr zahlreich erschienenen Mitglieder begrüßte und für das dadurch bewiesene Interesse dankte. Es wurden 21 neu angemeldete Mitglieder aufgenommen und 10 Anteilscheine ausgelost. Alsdann erhielt Herr Dr.

29H

Bamler das Wort zu seinem Bericht über das «Hemscheider Ballonunglück».1) Er führte fclu'fndes ans :

< Seit der Gründung unseres Vereins hat wohl nichts die Gemüter unserer Vereinsmitglieder so tief bewegt wie das Bemscheider Ballonunglück. Mit tiefem Bedauern haben wir von der Katastrophe gebort, und besonders diejenigen unserer verehrten Mitglieder, die mit unserem «Barmen» eine der vielen herrlichen Fahrten ausgeführt haben, die er im Laufe seiner nunmehr 26 Monate währenden Lebensdauer geleistet hat. haben sich sicher vielfach gefragt: «Hätte uns das nicht auch so gehen können?» — Davon zeugen die zahlreichen Anfragen, die in dieser Angelegenheit an mich gerichtet worden sind, und da es mir nicht möglich war, alle diese Fragen zu beantworten, so habe ich mich entschlossen, den Fall vom Standpunkte des Luftschiffers aus in dieser Versammlung zu besprechen. — < De mortuis nil nisi bene ». das ist voll und ganz auch mein Standpunkt. Es liegt mir vollkommen fern, das Verhalten der Verunglückten kritisieren zu wollen, aber die Lebensinleressen unseres Vereins erfordern eine unbedingte Klarstellung der Verhältnisse und den Nachweis, daß sowohl die beiden Herren wie ihr Ballon auch nicht die geringsten Beziehungen zu uns hatten. Ich werde lediglich Tatsachen schildern, sollten dieselben in irgend einer Weise nicht stimmen, so sind meine Quellen daran schuld, ich habe mich aber bemüht, die besten Quellen in dieser Angelegenheil zu befragen. Sollten Sie ferner einige Härten in meiner Darstellung bemerken, so liegen diese eben in den Tatsachen und nicht an mir.

Ich möchte Ihnen zunächst in kurzen Zügen schildern, wie wir unsere Ballonführer ausbilden und wie Herr Volmer sich hat ausbilden lassen. Wenn man Ballonführer werden will, muß man einen Ballon zur Verfügung haben und einen Führer, der die nötigen Unterweisungen gibt. Unser Ballon stammt von August Biedinger in Augsburg, der altbewährten Firma, und unsere Führer sind Ofliziere, die im LuftschilTer-ßalaillon theoretisch und praktisch ausgebildet sind. Uber Ballon und Führer brauche ich kein Wort zu verlieren, ich will nur als Talsache anführen: Der Ballon hat bisher 70 Fahrten ausgeführt, daß er noch heute so gut wie neu ist, werden Sie aus den nachher folgenden Fahrtberichten entnehmen, unter denen 3 Nachtfahrten von 10 stündiger Dauer auffallen werden. Bei diesen 7t) Fahrten sind mitgefahren 11 Damen und 2445 Herren, und infolge der ausgezeichneten Führung sind alle Mitfahrenden wohlbehalten von ihren Luftreisen zurückgekehrt, obwohl zum Teil recht schwierige Verhältnisse zu überwinden waren, als da sind: Gewitterfahrten, Durchstoßen von Wolkenschichten bis zu 8000 Meter Mächtigkeit bei der Landung. Windgeschwindigkeiten von über 100 Kilometer pro Stunde im Mittel etc. Die mittlere Dauer aller Fahrten beträgt 5.65 Stunden, die mittlere Länge 160.5 Kilometer. Wir haben bisher im Verein 3 Führer ausgebildet, jeder der Herren hat 5 Fahrten gemacht, erst bei der sechsten durfte er seihständig führen. Darf ich Ihnen kurz die Fahrten schildern, die z. B. Herr Bechts-anwalt Dr. Niemeyer ausgeführt hat, um Führer zu werden, er ist der erste der von uns ausgebildeten Führer, der bereits eine Fahrt selbständig geführt hat. Seine erste Fahrt fand im Februar 15101 stalt unter Herrn Oberleutnant v. Klüber. Sie dauerte 5 Stunden und endigte mit glatter Landung bei Solingen. Zunächst war dtas Welter klar, dann traten Schneewolken auf. Unten war Ostwind, über 2000 Meter Höhe Westwind. In zweimaliger Zickzacklinie fuhr der Ballon zuerst zum Bhein und dann wieder in entgegengesetzter Bichtung. Also eine sehr komplizierte Fahrt, bei der Höben über 3000 Meter erreicht wurden. Die zweite Fahrt fand im April unter Hauptmann v. Abercron statt, dauerte 51/« Stunden und endete hei Winlerswyk in Holland, eine klare, sanfte Frühlingsfahrt. Die dritte Fahrt führte ebenfalls Herr v. Abercron, sie endete nach 6 '.'i stündiger Dauer bei Medebach, es herrschte ebenfalls klares Wetter, wobei die

') Wiewohl dies ITns>lüVk si hon iit «l«?r letzten Nummer besprochen worden i*t. halten wir doch den Abdruck der oben stehenden auffülirlk'hereji An-reinaiider^-et/ungen den Umstünden muh für angemessen.

Die Hed.

»*»» 294 «44«

intensive Sonnenwärme den Ballon in große Höhen trieb. Die vierte Fahrt im November 190t führte Hauptmann v. Rappard in ö Stunden bis nach Bebra. Her anfangs bewölkte Himmel klärte nachher auf und gestattete so, die Wirkung der Sonne auf den Leuchtgasballon zu studieren. Nach längerer Schleppfahrt über einem Walde fand die Landung im Windschatten des letzteren statt. Seine Führerfahrt machte Herr Nicmcyer im März d. Js. unter meiner Leitung. Ks war eine fünfstündige Wolkenfahrt, bei der eine Wolkenschicht von 220fJ Metern Mächtigkeit zur Landung durchstoßen werden mußte, es waren 6'/« Sack Ballast nötig, um den Ballon 50 Meter über der Erde abzufangen. Herr Niemeyer hat bei diesen 5 Fahrten in den verschiedenen Jahreszeiten und bei sehr verschiedener Witterung Gelegenheit gehabt, das Verhalten unseres Leuchtgasballons unter den wechselnden Einflüssen eingehend zu studieren, er ist mit lebhaftem Interesse den Maßnahmen der Führer gefolgt und hat sich über die tieferen Gründe dieser Maßnahmen unterrichtet, denn es kommt für den Ballonführer nicht nur darauf an, zu wissen, was er zu tun hat, wenn sich der Ballon so und so verhält, das kann von Fall zu Fall sehr verschieden sein. Er muß vielmehr wissen, warum verhält sich der Ballon so und so, er muß bis zum gewissen Grade Physiker und Meteorologe sein. Einen Schimmer davon hat ja jeder Gebildete von seiner Schulzeit her, den ergänzt der interessierte Führerkandidat durch das Studium der Fachliteratur, durch die Vorträge, die im Rahmen unseres Vereins gehalten werden, durch die Besprechung der ausgeführten Fahrten und vor allen Dingen durch die praktischen Erfahrungen während der Fahrten selbst. Herr Niemeyer hat auch mehrfach Gelegenheit gehabt, die Verwendung des Ventils und dessen Wirkung auf den Ballon kennen zu lernen und ebenso 5mal die Anwendung der Beißbahn. Er hat sich weiterhin in der Beobachtung der mitgenommenen Instrumente und im Karlenlesen geübt und ist imstande, auch aus der Höhe Entfernungen richtig abschätzen zu können und das mit dein Ballon Erreichbare richtig zu beurteilen. So hat er denn am 19. Mai seine erste Fahrt selbständig geführt und seine 3 Mitfahrenden unter nicht ganz leichten Witterungsverhältnissen in 5*/« Stunden aus 2500 Meter Höhe zu vollkommen glatter Landung von Essen nach Lüttich geführt. Damit noch nicht zufrieden, hat er zu seiner weiteren Ausbildung am 31. Mai unter meiner Führung eine Nachtfahrt ausgeführt, die in 10 Stunden von Godesberg bis Langensalza führte, wobei also eine Strecke von rund 400 Kilometern überflogen wurde. Sie werden mir zugeben, meine Damen und Herren, einem so ausgebildeten Führer kann man sich ruhig anvertrauen. Nunmehr zu Hern» Volmer, er hat sich Herrn Faul Wilson anvertraut, damit der ihn zum Ballonführer ausbilde. Wer ist Herr Wilson? In einer Zeitschrift für Artisten lese ich folgende Annonce: Miß Elvira und Paul Wilson, die wirklich besten Luitschiffer der Welt mit ihren 12 neuesten Attraktionen unter dem Ballon ohne Gondel. Preisgekrönt mit goldenen und silbernen Medaillen. Anfertigung von Ballons, Kallschirmen und Netzen verschiedener Konstruktionen. So viel ich gehört habe, ist Herr Wilson Gehilfe eines Seiltänzers gewesen, der sich zur Hebung seines Geschäftes auch einen Ballon anschaffte. Daher hat er seine Luftschifferkenntnisse! Später hat er sich einen alten Ballon verschafft und ist selbständiger Luftschiffer geworden. Als solcher hat er dann Miß Elvira ausgebildet und nun sind sie die besten Luftschiffcr der Welt und veranstalten für ein Spottgeld Konzertfahrten. Man hat mir erzählt, daß sie schon Fahrten für 140 Mk. übernehmen. Davon sollen sie leben und ihr Ballonmaterial amortisieren. Flurschäden, Ballontransporte etc. bezahlen. Das ist natürlich nur möglich, wenn es auf Kosten des Ballonmaterials geschieht, d. h. wenn dieses nichts kostet und durchaus minderwertig ist. Von welcher Güte es tatsächlich ist, lehrt die Tatsache, daß die Ballons der beiden Luftschiffcr vielfach überhaupt nicht hochgekommen sind, sie ließen bei der Füllung so viel Gas durch, daß sie keinen Auftrieb mehr halten. Wenn die beiden Luftschiffcr ihre Knochen solchen verbrauchten Ballons anvertrauen, kann man ihnen das nicht wehren, es gehörte sich aber nach meiner Ansicht, daß es polizeilich verboten werde, daß sie Passagiere mitnehmen.

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Es hat Berufsluftschiffer gegeben, welche die Lehrmeister von wissenschaftlichen und militärischen Luftsehiffern geworden sind. Warum auch nicht, es gibt in jedem Stande seif made men, welche das, was andere an theoretischer Bildung besitzen, durch praktische Erfahrung und scharfe Beobachtung lernen. Es gibt auch heute noch solche Luftschiffer, deren Namen einen durchaus guten Klang haben, ich erwähne nur Spelterini und Kätehen Paulus. Ersterer ist bekannt durch seine Alpenfahrten, und letztere ist dem Deutschen Luflschifferverbandc dadurch bekannt, daß sie dem oberrheinischen Vereine 2 Ballons gebaut hat, die sich tadellos bewährt haben. Aus diesen Angaben geht schon hervor, daß beide Luftschiffer ausgezeichnetes Ballonmaterial haben müssen und infolgedessen jedenfalls ihre Auffahrten auch ganz anders bezahlen lassen.

Mit Herrn Wilson und dessen Ballons hat nun Herr Volmer 3 Fahrten unternommen, die im Mittel je 2 Stunden gedauert haben. Die eine führte von Itemscheid bis Iserlohn (70 Kilometer), die zweite von Barmen bis Hagen (2t Kilometer!, die dritte von Remscheid bis Radevormwald (13 Kilometer). Herr Volmer ist also im ganzen ß Stunden in der Luft gewesen und hat dabei etwa 107 Kilometer überllogen. Das ist also zusammen etwa so viel, als wenn er mit unserem Ballon eine Fahrt bei mäßigem Winde gemacht hätte. Gelernt hätte er bei einer Fahrt in unserem Ballon entschieden mehr, denn das wirkliche Beobachten und Führen des Ballons fängt erst an, wenn der Ballon die Gleichgewichtslage erreicht hat. Die Kürze der drei Fahrten beweist aber, daß sie wesentlich aus dem Aufstieg, einer Gleichgewichtslage und dem Abstieg bestanden haben. Zum Ventil- und Reißbahnziehen wird er dabei wahrscheinlich überhaupt nicht gekommen sein, letzteres deshalb nicht, weil diese Ballons keine Reißbahn besitzen. Irgend eine erhebliche Windgeschwindigkeit hat er dabei auch nicht erlebt, denn die Strecke von 107 Kilometern hat unser Ballon schon mehrfach in 1 Stunde überflogen. Welche theoretischen Unterweisungen er dabei von seinem Führer erhalten hat, wage ich nicht zu entscheiden, da ich den Herrn nicht kenne. Auf diese Vorbildung hin hat nun Herr Wilson seinen Schüler als zum Ballonführer befähigt qualifiziert, denn diese (Qualifikation ist unter den Papieren des Toten gefunden worden. Er hat ihm dann selbst einen Ballon gebaut und mit diesem neuen Ballon hat dann Herr Volmer seine Todesfahrt unternommen. Wie ich über diese Qualifikation denke und die Berechtigung des Herrn Wilson, eine solche zu erteilen, brauche ich Ihnen nach den bisherigen Ausführungen nicht mehr zu sagen. Nach meiner Ansicht hat Herr Volmer diese Fahrt völlig unvorbereitet unternommen. Diese Ansicht muß wohl schließlich Herr Wilson auch gehabt haben, denn er soll Herrn Volmer nicht haben allein fahren lassen wollen, sie sollen im Zwist von einander geschieden sein. Die Unfähigkeit Volmers, die Situation beurteilen zu können, hat dann zu der Katastrophe geführt. Das Wetter an dem Uriglückslage war sehr durchsichtig, die Luftbewegung in den unleren Schichten schwach, wie ja auch aus den Brieftaubendepeschen hervorgeht. Die letzte ist abgelassen 3100 Meter über dem Waal im Anblicke der Zuider-See. Von dort sind es noch etwa 70 Kilometer bis zur See. Ich wäre in dieser Seenähe unter keinen Umständen in dieser Höhe geblieben, und zwar aus drei Gründen. Die Erfahrung zeigt, daß die Luftbewegung mit wachsender Höhe meistens ganz erheblich zunimmt, so daß die Strecke von 70 Kilometern in kurzer Zeit überllogen sein kann. Ausnahmen davon finden nur bei ganz bestimmten Wetterlagen statt. Dann aber ist zu berücksichtigen, daß, wenn ich den Ballon aus 3000 Meter Höhe im richtigen Tempo sinken lassen will, ich etwa '/» Stunde dazu brauche. Endlich muß ich in solcher Seenähe jeden Augenblick auf die Landung gefaßt sein, ich bin aber nicht imstande, mir aus 3000 Meter Höhe mit Sicherheil günstige Landungsplätze aussuchen zu können. Herr Volmer freut sich in seiner letzten Depesche darüber, daß sein Ballon noch 200 Meter gestiegen ist, und hofft, noch bis zur See zu kommen. Er kannte also die Gefahr nicht, die ihm drohte. Zu spät wird er dann Ventil gezogen haben und wahrscheinlich auch nicht genügend lange, bei einem neuen Ballon muß man manchmal Minuten lang Ventil ziehen, um ihn zum Sinken zu bringen, wenigstens kommt einem das so lange vor.

291 > «4m«

Vielleicht hat er auch die Erfahrung gemacht, die viele von uns schon gemacht haben, daß der in großer Höhe in praller Sonne hinfliegende Ballon statt auf das Ventilziehcn bin zu sinken noch weiter steigt. Es kommt das daher, daß das (las infolge der Erwärmung durch die Sonne unter l'berdruck ist, es entweicht demnach bei der Öffnung des Ventils zunächst die Gasmenge, welche den l'berdruck veranlaßt, während der Ballon prall bleibt. Er wird dadurch leichler und steigt infolgedessen, eine Tatsache, die den Neuling naturgemäß verwirrt. Erst erneutes kräftiges Ventilziehen bringt in solchen Fällen den Ballon zum Sinken. Die Erkenntnis, daß nur ein beschleunigter Abstieg sie hoch retten könne, hat Herrn Volmer dann jedenfalls veranlaßt, die Beißbahn zu ziehen und sich darauf zu verlassen, daß der Ballon als Fallschirm wirkt, daher das Zusammenklappen und schnelle Sinken, das der Haager Beobachter festgestellt hat. Trotzdem sind die beiden Luftschiffcr noch etwa 1 Kilometer weit in die See getrieben worden und dort unter den Augen der Zuschauer am Strande ertrunken. Eine Bettung war nicht möglich, da kein Bettungsboot vorhanden war. für ein Seebad allerdings eine aulTallende Tatsache. Herrn Flöge] ist es noch gelungen, in das Netz zu klettern und sich längere Zeit auf dem Ballon über Wasser zu halten, wie deutlich vom Ufer ans gesehen weiden konnte. Herr Volmer war derartig in die Seile zwischen Korb und Netz verstrickt, daß eine Fischerfloltille, die bald darauf aussegelte und den Ballon auffischte, die Leiche herausschneiden mußte. Korb und Leiche haben die Fischer nach Scheveningen zurückgeschickt, während sie den Ballon mitgenommen haben.

Meine Damen und Herren, ich hoffe, Sie überzeugt zu haben, daß unser Verein mit diesem traurigen Ereignis absolut nichts zu tun hat. Ich hoffe auch, Sie überzeugt zu haben, daß unsere Mitfahrenden nie derartigen Gefahren ausgesetzt sein werden. Unser Ballon ist bei Botterdam gelandet, also fast an derselben Stelle, er ist bei einer Tag- und bei einer Nachtfahrt bei Bremerhaven gelandet und zwar, wie sich das für vorsichtige Luftscbiffer gehört, in allen Fällen mehrere Kilometer vor dem Strande. Daß dieser Unglücksfall unseren Fahrtenbetrieb nicht beeinflußt, kann ich als Vorsitzender des Fahrtenausschusses am besten beurteilen, wir haben seitdem ö Fahrten ausgeführt, und die Zahl der noch angemeldeten Fahrten ist so groß, daß ich gut 2 Ballons beschäftigen könnte. leb hoffe vielmehr, daß dieser traurige Fall alle vorurteilsfreien Naturfreunde mehr und mehr davon überzeugen wird, daß sie sich unserem Ballon und unseren Führern ohne Sorge anvertrauen können, und daß unserem Verein und den befreundeten Vereinen des Deutschen Luftschifler-Verbandes dadurch noch neue Freunde zugeführt werden.

Bibliographie und Literaturbericht.

Buchend des Wiener Flwrtecliuisclien Vereins. (Wien, Verlag des Vereins.)

Hin Hf» Seiten umfassendes Uelleben in Groß-Oklav. Gegenwärtig gewiß die vollständigste flugtechnische Bibliographie. Umfaßt gegen Hol) verschiedene Nummern. Als besonderes Spezilikum des neuen Bücherverzeichnisses verdient hervorgehoben zu werden, daß die einzelnen Bücher und Schriften nicht bloß fortlaufend in alphabetischer Ordnung rubriziert sind, sondern auch nach Materien geordnet erscheinen.

Dadurch gewinnt das ganze Verzeichnis wesentlich an Übersichtlichkeit und Brauchbarkeil. Weiter sind auch alle selbständigen, teils als Sonderabdrücke, teils in Zeitschriften und Tagesblältern veröffentlichten Arbeiten oder Nachrichten über Geschehnisse auf aeronautischem und flugtechnischem Gebiete unter einer eigenen Nummer eingereihl, wobei Arbeiten, die von demselben Autor herrühren, in passender Weise zusammengestellt sind.

Diese Neuerungen scheinen geeignet, dem neuen Bücherverzeichnis des Wiener

t. Txhudi, Hauptmann und Lehrer im Luftschiffer-Dataillon. Der Unterricht des Luftschiffers. 8.J5 Seiten mit 50 Abbildungen im Text. 2. Aullage, Berlin 1JKJ5. Verlag R. Eisenschmidt, Berlin.

Mit diesem in allererster Linie für Unteroffiziere und Mannschaften geschriebenen Instruktionsbuch für unsere LuftschifTertruppen ist zum ersten Male eine Veröffentlichung in den Buchhandel gekommen, die gestattet, sich in eingehender Weise über unser vortreffliches Luftschiffermaterial zu orientieren. Das werden besonders diejenigen dankbar begrünen, welche für Vortragszweckc oder für Examina sich über Wresen und Wirken unserer Lurtschiffer unterrichten wollen, können ihnen doch die anderen Dienstvorschriften, welche von der Verwendung der Ballons im Kriege handeln, erst völlig verständlich werden, sobald sie eine Vorstellung über die Eigenheilen dieses Materials sich gebildet haben. Der Verfasser versteht es ausgezeichnet, kurz und klar zu schreiben. Dabei bat er durch gute, zumeist nach Photographien gemachte Bilder die Beschreibung unterstützt. Es sei bemerkt, daß die erste Aullage dem Militär-Dienstgebrauch vorbehalten blieb. Das wirklich praktische Buch kann auch den Luftschiffahrts-Vereinen bestens empfohlen werden. tj*

Arktik. Wie der Yojrel fliegt, und der Menseh fliesen wird. Mit H5 Figuren und Illustrationen. Von Ingenieur Wilhelm Kreß. Ehrenmitglied des Wiener Flugtechnischen Vereins. Wien 1.K15. Spielhagen & Schurich. 100 S. Gr. 8°.

Vorliegende Broschüre des wellbekannten Wiener Flugtechnikers W. Kreß ist. wie der Autor in der Vorrede ausführt, aus einem Artikel herausgewachsen, den er über den Einfluß und die Wirkung des Windes auf frei in der Luft (liegende Körper zu schreiben beabsichtigte. Infolge einer Krankheit, die ihm für längere Zeit jede physische Arbeil und Anstrengung verbietet, mußte Kreß seine «Lieblingsarbeilen, das Bauen von flugtechnischen Apparaten und die praktischen Experimente, für eine unbestimmte Zeit aufgeben». «So erweiterte sich denn der erste Artikel zur weiteren Definition der verschiedenen Flugarien großer Vögel, um dann zur Besprechung des dynamischen Flugproblems überzugehen und schließlich noch, um über die eigenen seit Jahrzehnten gemachten flugtechnischen Arbeiten, Leiden und Erfahrungen mein Herz auszuschütten.> Mehr als */j des Unifanges der Schrift sind der Entwicklungsgeschichte des Kreßschen Drachenfliegers gewidmet und der Schilderung der mit dem großen Modell angestellten Versuche. Da wiederholt ausführliche Berichte über den Bau des Kreßschen Drachenlliegers und die praktischen Versuche in den «Blustr. Aeron. Mitl.» veröffentlicht wurden,1) ist es wohl nicht nötig, auf diesen Teil der Schrift näher einzugehen. Es sei nur daran erinnert, daß die Versuche mit dem Kreßschen Drachenflieger auf dem Staubecken in Tullnerbach bei Wien mit dein Untergange und der fast völligen Zerstörung des Apparates (bis auf den Motor,) endigten. Der Drachenflieger verlor bei einer raschen Wendung das Gleichgewicht und kippte um; dabei füllten sich die beiden Tragboote rasch mit Wasser und der Apparat sank. Nach langem vergeblichen Suchen wurden die Überreste des Drachenfliegers als eine unkenntliche Masse von verbogenen Bohren. Drähten und zerrissenen Fetzen auf die Oberfläche geschafft. Der Apparat wurde rekonstruiert und die Versuche sollten auf dem Neusiedlersee fortgesetzt werden. Infolge mangelnder Üeld-

V Siehe Ollie-tr A'-ron. Mitteil.. Jahrgang 1sh>», S. j:t u.

flugtechnischen Vereins auch einen ehrenvollen Platz in der aeronautischen Bibliographie zu verschaffen.

Zusammengestellt wurde das Verzeichnis vom Bücherwart des Vereins, Herrn Karl Milla, der sich durch seine mühevolle und tüchtige Arbeit gewiß höchst schätzenswerte Verdienste zunächst um den Wiener Verein, dann aber auch um die Flugtechnik im allgemeinen erworben hat. R. N.

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mittel konnte dies Vorhaben jedoch nicht ausgeführt werden. Das Rohrgerüste des zweiten Drachenlliegers soll sich heute im Museum der militär-aeronautischen Anstalt befinden, wo dasselbe als interessantes Denkmal der Geschichte der Flugtechnik aufbewahrt wird.

Der Autor steht auch in seiner letzten Publikation noch immer auf dem Standpunkte, daß sein Drachenflieger sicher geflogen wäre, wenn der Motor nicht zu schwer gewesen wäre, wenn das Wasserbecken nicht zu klein gewesen wäre, wenn das Geld nicht zu knapp gewesen wäre und wenn von einem «sogenannten Flugtechniker, dessen konfuse flugtechnische Ideen von keinem klarblickenden Flugtechniker ernst genommen wurden, nicht öfters Flugblätter erschienen wären, in denen der Kreßsche Drachenflieger oft in beleidigender Weise angegriffen wurde». Der Autor ist überhaupt schlecht zu sprechen auf jene Fachgenossen, welche in der Kreßschen Ricsen-Drachenlliegerkonstruktion durchaus nicht das Ideal eines ballonfreien Fliegers sehen. 1)

Da der Autor persönlich ein ungemein liebenswürdiger und sympathischer alter Herr ist. wird man diese rein persönlichen Ausfälle nicht allzu tragiscli nehmen dürfen und sie dem sanguinischen Temperamente des Herrn Autors zugute rechnen

IllU-srli '

Ks sei hier einiges bemerkt, was beim Durchlesen der Broschüre auffällt. Zunächst ist es eine ziemliche Flüchtigkeit, die sich durch viele sinnstörende Rechenfehler und Druckfehler kennzeichnet, letzteres auch bei Eigennamen iStrinzfellow stall Stringfellow, Gerstel statt Gerstner usw.).

S. 88 steht eine zum Text gar nicht passende Zeichnung; die S. 89 entwickelten Gleichungen müssen jedem, der mit der Sache nicht wohl vertraut ist, ein Buch mit sieben Siegeln bleiben. S. 89 wird der cos von 0" gleich 0 gesetzt und in folgenderweise multipliziert: D — 179. lötj. '/»• (>,»». I) = 186(5 kg (!') S. 118 steht: «Heute sollen bereits Motoren zu haben sein, die bloß 1—ö kg per 1 PS wiegen.» S. t»(j heißt es. «. . . da wir bereits Motoren haben, die nur ö—f.? kg per 1 PS wiegen» ... S. KH wird geschrieben: «Wir wollen . . . unsere Rechnung auf einen Motor basieren, der I- kg per 1 BS wiegt und der heute sicher zu halten ist.» Solche Unstimmigkeiten waren doch wohl besser zu vermeiden. S. 59 lesen wir, der Motor sei viel zu schwer gewesen, und die «sicheren Hoffnungen» des Erlinders «auf einen endlichen Erfolg» seien «dadurch zerstört > worden; eine Seite später heißt es: «Das Wasser spritzte vorne hoch auf und das Schlitlenboot war bereits bedeutend aus dem Wasser getaucht. Da erblickte ich in bedrohlicher Nähe die steinerne Mauer der Wehr; ich mußte stoppen und rechts ablenken.» Wieder eine Seite später sieht: «. . . . zeigte die letzte Fahrt deutlich, daß ich auf dem Wasser die nölige Geschwindigkeit erzielen kann .... Ich habe mich bei der letzten unglücklichen Fahrt vollkommen überzeugen können, daß, wenn ich in gerader Dichtung meine Fahrt hätte fortsetzen und den Molor bis auf eine Leistung von .HO PS steigern können, dann hätte der Apparat schließlich sicher wie eine Ente

11 Auch Referent gchftrt gleich Ohanute u. a. zu jenen Andersgläubigen und hat seiner rberzengung wiederholt in einer Reihe \on Arbeiten Aufdruck gegeben, noch ehe mit dein Bau de» KrcUschen Drachenflieger« begonnen wurde; dieselbe geht dahin, dnO der hiitwickelungsprozei), welcher/ur Schaffung eine* wirklieh flugfähigen l.nttvrhikels führen wird, nicht über KiesenkonMruklinnen von Drachenfliegern a la Krefi und Maxitn geht, sondern über Lilicnthal und »eine Schiller, welche auf der Ba*is den persönlichen Kitnsttlugrr die Li'sunR de* dynamischen Flugprohlem* anstreben. Oas Grundprinzip der Schale Lilienthals ist: Oer Apparat coli so leicht wie möglich -ein. die Tragflächen seien nicht gröller, als gerade hinreichend ist, um da* Gewicht eine» Menschen hei entsprechend starkem Wind uder hei genügend rascher horizontaler Vorwärtsbewegung in der Luft in Schwelle zu ballen. Nach welchem System der Apparat gebaut ist. ob Krachen-, Schwingen-, Schrauben- oder XFlicger, oh er durch Molorkraft oder die l-.tgenkraft des Flieger» angetrieben wird, i^t gleichgültig.

Oer Autor nennt -ein'' Kritiker und alle jene, welche an die Flugfahigkeit seines Drachenflieger.« nicht wie an ein Dogina glauben, «unruhige nnd verstockte Gegner», er sieht in ihnen stets nur neidische und eifersüchtige • ICivciI• n», die -nach dem ersten scheinbaren Milierfolge — der nur ein Fnfall war —» diesen •Fufall- • sofort dazu h< nützten, jetzt mit dem groUt«-n Kifer und mit Schadenfreude» gegen ihn «zu agitieren..

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das Wasser verlassen müssen.» — Vergleicht man die drei zitierten Sätze, so lindet man. daß dieselben einander vollständig widersprechen.

Es sei nun noch auf einige Punkte hingewiesen, die in einem fluche von Kreß wohl nicht unwidersprochen bleiben dürfen.

Im Kapitel über die Kaptivschraube wird behauptet, die Kreß sehen Luftschrauben hätten im geschlossenen Raum einen Auftrieb von 26 kg per PS und in freier Luft über 3f> kg per 1 PS ergeben, «ein Nutzeffekt, der bis dahin von keiner Luftschraube erreicht wurde». Das ist unrichtig und irreführend! Es entspricht nämlich nicht den Tatsachen, daß die angegebenen Ziffern Ergebnisse von wirklichen «Messungen» sind. Die Zahlen, welche Herr Kreß für den Auftrieb per Pferdekraft Motorarbeit angibt, wurden nicht unmittelbar gemessen, sondern errechnet und zwar auf Grund keineswegs einwandfreier Annahmen; dies erhellt schon deutlich daraus, daß der Motor, wie ausdrücklich angegeben wird, bloß '/« bis '/* Pferdekraft zu leisten vermochte. Der wirklich gemessene Aullrieb wurde demnach einfach auf 1 PS -reduziert. Man darf deshalb die von Herrn Kreß gegebenen Zahlenwerte durchaus nicht als unumstößlich sicher stehende Daten hinnehmen, sondern dieselben sind vielmehr recht problematisch und bedürfen erst der Kontrolle durch die Erfahrung. Aus diesem Grunde sind auch alle Seite 90 u. ff. angestellten Berechnungen bloße Scheinrechnungen; sie basieren nämlich auf der Annahme, daß der «Nutzeffekt» der in Anwendung kommenden Luftschrauben gleich öO°/o sei bezw. daß der Schrauben-Auftrieb 37,5 kg per 1 PS betrage. Es ist freilich nicht unmöglich, daß eine Luftschraube bei zweckmäßiger Konstruktion per 1 PS einen Auftrieb von 37,5 kg und mehr ergibt: es bleibt aber erst noch zu beweisen, daß die Kreßschen Schrauben dies zu leisten vermögen.

Seite 31 schreibt Herr Kreß: «Es ist gar kein Zweifel, daß man mit den heutigen technischen Mitteln einen großen mechanischen Ruderflieger bauen kann, welcher mit verhältnismäßig geringer motorischer Kraft (2—3 PS) einen Menschen frei durch die Luft tragen könnte.» Wenn diese Äußerung ernst zu nehmen ist. dann muß man es gewiß recht unverständlich linden, warum Herr Kreß nicht lieber gleich einen 2—3-pferdigcn Ruderflieger gebaut hat statt des 000 kg (bezw. 850 kg) schweren Drachentliegers, der einen Motor von 20 i.bezw. 30) PS erforderte. Sicher ist. daß mit dem kleinen Ruderflieger wesentlich mehr zu erzielen gewesen wäre als mit dem Riesendrachenflieger. Em dasselbe Geld, das der große Drachenflieger verschlungen hat, hätte man wohl ein Dutzend kleiner Ruderflieger oder kleiner Drachenflieger zum Tragen bloß eines Menschen bauen und praktisch erproben können.

Das Kreßschc Buch, dessen Erscheinen namentlich von der Wiener Flugtechniker-Gemeinde mit einiger Spannung erwartet wurde, brachte wohl nicht bloß den «Andersgläubigen», sondern auch den Freunden des Herrn Erfinders eine gewisse Enttäuschung. Die Förderer des Kreßschen Drachenfliegers, namentlich die Herren Mitglieder des «Kreß-Komitees>, mögen überrascht gewesen sein, den Dank für ihre Opferwilligkeil und Mühe mit folgenden Worten quittiert zu erhalten: «Das sogenannte Kreß-Komitee hatte nur etwas über die Hälfte des präliminierten Fonds (20 000 Kr.) für den Bau des Drachenfliegers

aufbringen können, welcher nun verbraucht war.....> Wer weiß, daß das Kreß-Komitee

teils direkt, teils durch seine kräftige moralische Unterstützung es dem Herrn Autor ermöglichte, rund 80000 Kronen für die Durchführung seiner Versuche mit einem großen Drachenflieger aufzubringen, dem mag die immer wiederkehrende Klage des Herrn Erfinders wegen mangelnder finanzieller Förderung seiner Arbeiten vielleicht doch nicht recht motiviert erscheinen.

Es lag nahe, anzunehmen, daß Herr Kreß nach den traurigen Erfahrungen, welche er mit seinem ersten Riesen-Drachenllieger machte, von dieser Idee, gleich eine Flug-rnaschine in so kolossalen Dimensionen zu bauen, abgeben werde, um auf dem Wege, den Lilienthal und Chanute und deren Schüler eingeschlagen haben, weiter zu bauen. Weit gefehlt! Im Kapitel «Der Drachenllieger der Zukunft» bringt Herr Kreß ein neues Projekt eines Dracbenlliegers für 5 Personen. Angetrieben durch einen Motor

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von 100 (schreibe hundert) Pferdekräften, soll der neue Apparat 1850 kg wiegen und mit fi Tragflächen von zusammen 17i m* Inhalt und t Propulsionsschrauben, die zeitweilig auch auf Hub beansprucht werden können, ausgerüstet werden. Referent findet es recht bedauerlich. daß auf derlei phantastische Projekte, deren Realisierung in absehbarer Zukunft völlig ausgeschlossen erscheint, nutzlos Zeit und Arbeit verschwendet wird. Die theoretische Möglichkeit einer ballonfreien Flugmaschine von 1800 und mehr Kilogramm Gewicht soll nicht in Abrede gestellt werden. Theoretisch ist ja das Flugproblem gelöst, seitdem wir wissen, daß tlas Fliegen nicht auf irgend einer mystischen «Flugkraft» basiert und wir für gewisse Fälle sogar schon die Motorarbeit berechnen können, die zum Fliegen notwendig ist. Bei der praktischen Ausführung eines ballonfreien Fliegers kommen jedoch so viele Komponenten in Betracht, d. h. Umstände, welche auf die resultierende Flugfähigkeit von Hinfluß sind, daß es bloß eine außerordentliche Erschwerung der gestellten Aufgabe bedeutet, wenn man gleich den Bau von Riesenflugmaschinen ä la Kref» von 100 Pferdekräften anstrebt. Dadurch werden die Chancen eines Erfolges a priori sehr wesentlich vermindert, ganz abgesehen von den Biesensummen, welche der Bau und die Erprobung eines so kolossal großen Flugschiffes (100 PS, 1850 kg> erfordern würde. Aus allen diesen Gründen kann Referent in dem neuen vom Herrn Autor aufgestellten Drachenfliegerprojekt keinen Fortschritt sehen, er betrachtet denselben viel mehr entschieden als Rückschritt gegenüber dem ersten Kreßschen Drachenflieger. Nimführ.

Personalia.

Rertrand, Lieutenant colonel in der seetion techniipie du genie zum Directeur du laboratoire des recherehes bezüglich Militär-Luftschiffahrt ernannt.

Hirschnuor, Kommandant des Luftschiffer-Hataillons zum lieutenant-colonel befördert und am 2-1. Ii. für das 3. Gcnie-Bgt. als Chef de bataillon ernannt.

Aron am 21. f>. für das I. Genie-Rgt. (sapeurs-aerosticrsi als Ghef de bataillon ernannt.

Berichtigung.

Nach einer Mitteilung von Herrn L. Rotch ist die von ihm gefundene Minimaltemperatur von —85 ' C. auf Grund einer Nachprüfung auf —80« zu reduzieren. (Siehe Maiheft d. Js.)

-—*» --Die Redaktion hält sich nicht für verantwortlich für den wissenschaftlichen Inhalt der mit Namen versehenen Artikel.

j&tte Rechte vorbehalten; teilweise Auszüge nur mit Quellenangabe gestattet.

Die Redaktion.

illustrierte aeronautische Mitteilungen

IX. Jahrgang.

->* Oktober 1905. **

10. Heft.

Aeronautik.

Japanische Militärluftschiffahrt während der Belagerung

von Port-Arthur.

Von ('. v. U.

Im Aprilheft 1903 der Illustrierten Aeronautischen Mitteilungen hatte Herr Major Moedebeck einen längeren Aufsatz gebracht: «Die Luftschiff-

Japanlsoher Fesselballon vor Port-Arthur

(Abbildung! aus der ZciUchrirt (iunkoku (iaho.i

fahrt in Japan». Ich hätte gerne meinen hiesigen Aufenthalt dazu benutzt, um diesen Artikel zu ergänzen, sowie um über die Organisation der japanischen Militärluftschilfahrt und über ihre Verwendung im japanisch-russischen Kriege näheres zu erfahren. Ich stieß aber bei meinen Anfragen in den maßgebenden Kreisen japanischer Offiziere auf Stillschweigen, was durch die große Scheu der Offiziere, Fremden Mitteilungen über ihr Heerwesen während des Krieges zu machen, leicht erklärlich ist. l'm so dankbarer bin ich dem königlich bayrischen Leutnant Grafen Eberhard v. Wolffskeel. der die Belagerung und Einnahme von Port-Arthur bei der japanischen Armee mitgemacht hat, für die Überlassung seiner Notizen. Wenn auch mein

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Gewährsmann in aeronautischen Fragen nicht Fachmann ist, sich dadurch eine Menge Fräcken in der Berichterstattung erklären, so sind doch seine Beobachtungen von Interesse, besonders da über die Verwendung des Ballons bei dem langen und schwierigen Feslungskrieg vor Port-Arthur bis jetzt noch wenig bekannt geworden ist.

Die Luftschiflerabteilung der japanischen Belagerungsarmee vor Port-Arthur war eine selbständige Abteilung von etwa *>() Mann unter dem Kommando eines Stabsoffiziers. Sie stand unter dem direkten Befehl des Oberkommandos. Die Abteilung führte zwei Fesselballons von je 440 cbm Inhalt mit sich, beide Ballons gleichen Modells.

Der Ballon ist, wie aus der beigefügten Photographie ersichtlich, in seiner Konstruktion ähnlich der von Major Moedcbeek in Figur 8 und 9 des angezogenen Artikels gegebenen Abbildungen, doch fehlen an der vor Port-Arthur verwendeten Konstruktion die früher zur Stabilisierung seitlich angebracht gewesenen, mit Schnüren gefesselten Flügel. Der Ballon ist aus sehr leichter japanischer Rohseide gefertigt und durch einen ziemlich unempfindlichen Kautschukfirnis gedichtet. Der ganze Ballon mit Zubehör wiegt rund 100 Kilo.

Die Haltetaue, in welche das Drahtseil greift, sind am vorderen Teil des Ballons angebracht, in einem Winkel von ca. HO—Hb Grad. Der zwei Mann fassende Korb mit einer Bordhöhe von ca. 1,30 Meter ist an einem über den oberen Teil des Ballons gehenden Netze befestigt. Die Huden des Netzes sind an einem starken, um den Aequator laufenden Gurt vernäht, von dem auch die Korbtaue ausgehen.

An Ballast wurden 2—.'1 Sack zu 10—12 Kilo mitgeführt.

Im den Ballon gegen die durch den Wind hervorgebrachten Schwankungen stabiler zu machen, befindet sich unter dein hinteren Ende, bis zur Mitte laufend, ein dreieckiges Segel (auf dem Bilde noch zusammengerollt) sowie ein dreieckiger Windsack. Aulfallend stark sollen die Taue sein, die zum Korb führen.

Das Drahtseil ans Stahl, 1000 Meter lang von 11 > Ccntimeter Durchmesser, an dem auch die Telcphonleitung läuft, ist auf einer Handwinde aufgerollt. Der Ballon stieg aber nie höher als tiOO Meter. Bei der Handwinde befand sich ein Messer für die Zugkraft.

Zur Füllung wurde ein fahrbarer Wasserstoffgaserzeuger verwendet, in dem aus Zink und Schwefelsäure das Gas bereitet wurde. Nahtlose Gasbehälter, zur .Mitführung von komprimiertem Wasserstoff, wie sie in Deutschland verwendet weiden, sind in der Herstellung begriffen, waren aber bei Ausbruch des Krieges in nicht genügender Anzahl vorhanden, um das nötige Gas mitzuführeu. Durch eine Handpumpe wurde das Gas aus dem Erzeuger in den Ballon geleitet. Da der Ballon seinen Standort nur wenig veränderte, fand auf gleiche Weise auch die Nachfüllungen statt. Bei der Mitteilung, daß eine Nachfüllung nur etwa alle 1 i Tage vorgenommen wurde, erscheint mir der Zeitpunkt zu buch gegriffen zu sein, da ich mir nicht denken kann,

daß ein gefirnißter Ballon eine solche Dichtigkeit besitzt, um diesen langen Zeitraum ohne wesentlichen Gasverlust zu überdauern.

Außer den Fesselballons führte die Abteilung drei kleinere wurstförmige Ballons zu je 40 cbm mit sich, welche als Gasbehälter dienten. Diese waren aus gleichem Material hergestellt wie die Fesselballons.

Zur Beförderung des gesamten Ballonparks wurden keine besonderen Wagen verwendet, alles Nötige war auf 80 gewöhnlichen, einspännigen, zweirädrigen Karren verpackt.

Der Nutzen, den die Fesselballonaufstiege vor Port-Arthur der Beobachtung gebracht haben, soll sehr gering gewesen sein. Der Ballon kam nie näher heran als bis auf 8000 Meter, er konnte auf diese Entfernung nur

Oraf v. Wolffskeel photnpr. Nachilnirk verholen.

Japanischer Fettelballon kurz vor dem Aufstieg bei Port-Arthur.

Bewegungen der Flotte melden. Vorgänge in der Festung konnten nur wenige festgestellt werden, aber auch diese litten an Klarheit. Es scheint, daß auch in der Ausbildung der Beobachter nicht richtig verfahren worden ist, dazu kam noch, daß man von den verschiedenen Hügeln im Terrain, näher am Feinde heran, genauer beobachten konnte, als von dem immerhin sehr stark schwankenden Ballon.

Somit hat der Ballon als Beobachtungsstand in diesem neuesten Festungskrieg wenig Nutzen gebracht, was wohl an den Mängeln des Materials und an der Ausbildung geeigneter Beobachter gelegen haben wird. Ob sich die japanische Armee nach diesen Erfahrungen dazu entschließen wird, ihre eigene Konstruktion zu verlassen und sich zu dem erprobten Drachenballon System Parseval-Siegsfeld bekehren wird, wird wohl erst die Zeit nach dem Kriege lehren.

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Lustige und traurige Episoden aus den ersten Zeiten

der Luftschiff Ära 1784.

II. Das Jahr 1784.

Nach authentischen Berichten gesammelt von Max fU'her-Augsburg, ßahnhofstr.

Es ist als erfreuliche Tatsache zu betrachten, «laß mit Beginn des Jahres 1784 eine Dame in den Vordergrund tritt, um mit der neuen Erfindung einen wohlgelungenen Versuch anzustellen. Man berichtet hierüber: «Damit die Ehre, Luftkugeln zu verfertigen, dem männlichen Geschlechte allein nicht länger vorbehalten sein möchte, ließ man am 1. Januar 1784 Mme. de Charriere zu Lausanne eine Luftkugel aus Seidenpapier, im Durchmesser von 9 Schuh, mit erwünschtem Erfolg steigen.> — Überhaupt geben die Damen im Laufe des Jahres die beobachtende Stellung auf; zwar versuchen sie es zuerst mit kurzen harmlosen Auffahrten im Fesselballon, bis am 5. Juni eine Lyonerin, Mme. Tible, die erste Freifahrt wagte und ungeheuren Beifall erntete.

Im Monat Januar wußte man von den Luftmaschinen aus Paris nichts zu berichten; «die kalte Witterung erlaubte nicht, die oberen, noch kälteren Luftgegenden zu besuchen > allein desto tätiger arbeitete man an der Verbesserung und Vervollkommnung der Erfindung. In 5—0 Wochen sollte eine ungeheure Luflkugel fertig werden, die 10 oder noch mehr Personen tragen könnte. Um ihr eine bestimmte Bichtung zu geben und sogar gegen konträren Wind zu segeln, wollte man der Schiffahrt das Lavieren und andere Kunstgriffe abzugewinnen suchen. Inzwischen traf man in Lyon alle Vorbereitungen zur Luflreise mit einer gewalligen Montgolliere von 100 Schuh im Durchmesser. 150 Mann arbeiteten unter Leitung des älteren Montgoltier und Pilatres de Rozier an dieser Maschine, welche die Form eines abgestumpften Kegels bekam. Außer 0 Passagieren sollte sie noch eine Last von 50 Zentnern tragen. Die Galerie hatte 00' im'Umfang und 4' in der Breite. Der Naturforscher Saussure brachte aus Genf zwei Hygrometer seiner Erfindung. Zwei fremde Prinzen-, so heißt es im Bericht, «darunter der Prinz von Ligne (1735—1814), belinden sich wegen dieser Maschine hier und hellen wie gemeine Arbeiter in Kitteln mit. II. de Rozier ist einstimmig zum Kapitän ernannt worden, obschon er diese Ehre Monlgolfier überlassen zu müssen glaubte; doch dieser lehnte ab. Rozier nahm endlich an und machte sich anheischig, die Ehre der Flagge gewiß nicht sinken zu lassen.* Aber die Fahrt ging nicht so glücklich von statten, als man erwartete. Die Luflschilfer, welche innerhalb 0 Stunden in Paris einzutrelfen hofften, halten sich am 19. Januar, trotz Abrateiis Roziers, auf die Galerie des Ballons begeben, zur Vorsorge mit allerhand Mundvorräten reichlich versehen. Um lh mittags wurden alle Stricke abgeschnitten, alsdann schwang sich das Luft ungeheuer bis zu 400 Klafter in die Höhe. Aber zum Unglück zerplatzte dasselbe und bekam von allen Seiten Risse, worauf die Luftschiffer schneller herunter kamen, als es ihnen lieb war. Ihr Sturz hatte jedoch

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keine unangenehmen Folgen. Nur Montgolller ward etwas am Bein verletzt und der Fürst von Ligne verliel angesichts des vermeintlichen Todes in Ohnmacht. — Die Bewohner von Lyon waren wegen dieses Mißerfolges auf Monlgolfier und Rozier nicht gut zu sprechen und diese ihrerseits gerieten in so heftigen Streit, daß sie Pistolen miteinander wechseln wrol!ten.

Eine höchst zweifelhafte Nachricht kam um diese Zeit aus Avignon. Ein Herr Depres sei daselbst am 29. November 1783 mit einem Luflball aufs schönste in die Höhe gegangen, aber weder am Abend, noch am folgenden Tag wieder gekommen, worüber seine Freunde arg bestürzt waren. Endlich am VVeihnachtslage traf er wieder mit seiner Maschine in seiner Vaterstadt ein und wies Zeugnisse über Zeugnisse auf, daß er in Peking, in China gewesen, woselbst alles über sein unverhofftes Eintreffen in Staunen geraten sei. Er bewerkstelligte seine Reise auf folgende Weise: Ganz über den Dunstkreis, welcher unsere Erde umgibt, erhaben, verstand er es, seinen Ballon unbeweglich zu erhalten, bis nach seiner Berechnung, vermöge der Drehung der Erde, das Chinesenreich unter seinen Füßen zu liegen kam. Hierauf ließ er sich schnell nieder und fand, daß er es genau so getroffen habe, wie er wollte. Gerade so machte er es auch mit der Rückreise. «Wir geben unsern Lesern», so fügt der Berichterstatter hinzu, «dieses Luftmärchen zum besten, da wir es ihnen nicht vorenthalten zu dürfen glaubten».

Wir verlassen nun auf einige Wochen Frankreich, um uns nach Deutschland und zunächst ins Schwabenland zu verfügen. Den Schwaben gebührt ja der Ruhm, sich als die ersten an die neue Erlindung herangewagt und dieselbe in erfolgreichen Versuchen verwertet zu haben. Ein solcher Luftkünstler war Pater Walricus Schi egg,1) Professor der Philosophie im kaiserl. Reichsstift Ottobeuren bei Memmingen. Man schreibt hierüber: «Zur Ehre Schwabens ließ P. Walricus Schiegg am 22. Januar eine Luftkugel von 10O Würfelschuhen emporsteigen, nachdem er schon am 9. August vorher einen sehr glücklichen Versuch mit einer kleineren gemacht hatte. Der war aus Papier gemacht, hatte 14' in der Höhe und 12' im Durchmesser und stieg nach empfangener brennbarer Luft so schnell in die Höhe, daß sie schon nach 4 Minuten im Gewölke und außer aller Augen gewesen. Dieser Erfolg hat in der Tat die Erwartung aller zahlreich Anwesenden weit übertroffen und das richtige Zeugnis von der großen Geschicklichkeit des hochwürdigen Herrn Verfertigers abgelegt. Die Luftkugel kam nach einer halben Stunde unweit des Rcichsstiftes wieder herunter.» — Im Laufe des Jahres, am lf>. Mai, ließ Schiegg einen noch größeren Ballon zum allgemeinen Vergnügen der Bewohner von Ottobeuren und Umgebung steigen. Derselbe,

') Schiegir. l'lrich, geb. am 9. Mai 17.r>2 zu (itddbach an der Fils bei Wicensfeig (damals noch bairigeh). f am (. Mai 1810 zu München als Hat der K. Sleuerkatavterkommission daselbst, um welche er sich teils durch »eine genauen geodätisch-astronomischen Bestimmungen für die Landesvermessung, teils durch vorzügliche wirtschaftliche Arbeiten für die Entwertung der Grundslacke mich ihrer natürlichen Bodengüte (Bonitierung und Klassifikation) grolle Verdienste erworben hat. Kr trat 1771 im Iteiehsstift Ottobeureu als Religiöse des Benediktinerordens ein und verlieü dasselbe 1H03 nach erfolgter Säkularisation

Vidc: Bauernfeind. Allgemeine Dculschc Biographie, 31. Band.

»»» 30b' ««so«

mit einer von Schiegg verfaßten lateinischen, chronologischen Inschrift versehen, fiel 3 Weilen von Ottobeuren in dem reichsgräflich Truchseß'schen Gebiete nieder und wurde vom Grafen mit einem Glückwunsch und dem Anerbieten des Bürgerrechts von Wurzach an seinen Absender zurückgeschickt. Dieses bald darauf urkundlich verbriefte Hecht verschenkte Schiegg mit des Grafen Tuchseß Genehmigung an einen unbemittelten Einwohner des Ortes.

Ein Brief ans Stiftkempten de dato 27. Januar meldet, daß am 20. August nachmittags Punkt 3'' daselbst ein Luftball (der 2. in Schwaben) bei heller und stiller Witterung in die Höhe gelassen wurde. «Er erhob sich majestätisch, nahm seinen Flug gen Morgen, verlor sich nach 13 Minuten ganz aus den Augen der Zuschauer und wurde 2 Minuten von hier wieder gefunden. Er hatte 9 Schuh im Durchmesser und 12 in der Höhe. Die Menge der anwesenden Zuschauer aus allen Ständen war sehr groß und auf allen Gesichtern das lebhafteste Vergnügen sehr deutlich zu lesen. Ruhm und Ehre dem würdigen Gelehrten, der uns am Fuße der Alpen dieses festliche Schauspiel schuf. Der Verfertiger dieser Maschine war Se. Hochwürden und Gnaden Romanos Freiherr von Schönau, des Hochstifts Kempten Kapitularis, ein Herr, der die Hauptfächer der Mathematik schon lange zu seinem Lieblingsstudium gemacht und sich in diesen Wissenschaften die reichsten Kenntnisse erworben hat. > —

In der Reichsstadt Augsburg produzierten sich am 19. Februar um3h nachmittags die Gebrüder Bader aus Ottobeuren auf dem Frohnhof mit einer Luftkugel von 11 Schuh in der Höhe und 10 im Durchschnitt, aus starkem Papier mit grün-roten Streifen, den Augsburger Stadtfarben. Sie erhob sich majestätisch und ziemlich gerade, nahm hierauf ihren Flug über die Stadt und wurde bei den sogenannten «Sieben Tischen- gefunden. In Immenstadt im Allgäu wurde am 25. Februar ein gleichfalls gelungener Versuch gemacht. Zwei junge Herren, Johann Fink, ein geschickter Uhrmacher, und .loh. Georg Kennerknecht, ein braver Tonkünstler», beide aus dem Reichsgräflich Köuigseggschen Dorfe Kirchdorf gebürtig, erhielten die Erlaubnis, auf dem geräumigen Marktplatze, in («egenwart der Reichsgräflichen Herrschaften, einen Versuch mit einer Luftkugel von 15' in der Höbe und 12' im Durchmesser und mit dem Köuigseggschen Wappen geziert inachen zu dürfen. Die Füllung war ein Mittelding zwischen brennbarer und verdünnter Luft. (?) Bei ihrem Flug über die Hier sank sie bis auf 12 Klafter herab, erhob sich aber dann mit neuer Schwungkraft zu einer erstaunlichen Höbe.

Die Nürnberger fingen nunmehr an, mit kleinen Luftkugeln von 1 bis 2 Schuh im Durchmesser einen schwunghaften Handel zu betreiben. Das Dutzend kostete IS II,, dazu kam eine gedruckte Gratisanweisung. *wie solche mit leichter Mühe mit Gas ausgefüllt, zum Steigen gebracht werden könnten .

Auch die Regensburger ließen um diese Zeit von sich hören. «Bereits am ö. Februar*, so berichtet man. 'hatte Herr Laudier, der allhier am

Hochlürstlich Turn und Taxis'sehen Hole die Edelknaben in der Geometrie und französischen Sprache unterrichtet, die Gnade, in Gegenwart des Fürsten einen Luftball steigen lassen zu dürfen, dessen komisches Schicksal angemeldet zu werden verdient. Er war aus Goldsehlägerhäutehen, sphärisch gestaltet, mit einem Durchmesser von IVa Schuh und mit brennbarer Luft gefüllt. Sehlag 311 flog er vom Palais ab und ließ sich ungefähr 15 Minuten später, vom Ostwind geführt, zu Bilhofen, 3 starke Stunde von Regensburg, nieder. Einige Bauernbuben, die ihn kommen sahen, wollten ihn aufheben, aber er entwitschte ihnen sehr bald, da er seine vorige Leichtigkeit noch nicht verloren hatte. In einer kleinen Entfernung ließ er sich abermals nieder, schwang sich wieder empor und jagte den Buben, die etwas Lebendiges darin vermuteten, keinen geringen Schrecken ein. Sie liefen heim, brachten aber ihre mit Heugabeln bewaffneten Väter mit, welche sich aber zu einer Attacke; nicht eher entschlossen, als bis der Ball unbeweglich liegen blieb. Nun bekamen sie Courage und zerletzten den Ballon aufs jämmerlichste. In der nahe gelegenen Propstei Bilhofen wurde ihnen begreiflich gemacht, was sie angerichtet. Sie brachten hierauf den zerrissenen Ballon dem Eigentümer nach Regensburg, allwo sie ihren ausgestandenen Schrecken aufs umständlichste erzählten. •

In Mannheim ließ am 13. Februar Herr Professor Hemmer eine Mont-golfiere von 52i Kubikschuh angesichts vieler hoher Standespersonen im dortigen Schloßgarten mit großem Erfolg steigen. Dieselbe erhob sich über den Schloßturm weit empor, sank nach einiger Zeit wieder sanft herunter und blieb auf den Ästen eines Baumes im besagten Garten unbeschädigt bequem sitzen.

In der württembergischen Landeshauptstadt, in Stullgart, brachten am 11. Februar Herr Kirchenrat von Ilochstetter und Herr Hauptmann Bosch eine Montgolliere auf dem Akademiehof zum Steigen. «Sie hatte eine pyramidalische Form. Auf der Vorderseile war in durchsichtiger Malerei der herzogliche Name, von Genien nach dem Himmel getragen, angebracht, und zwar sah man hier den Nordpol abgebildet, als sinnige Anspielung auf die Gegend, wo sich Se. Herzogliche Durchlaucht gegenwärtig befanden.>

Am 21. Februar feierte Friedrich der Große seinen Geburtstag. Zur würdigen Begehung dieses Freudentages ließ der berühmte Apotheker Klaproth1) in Berlin, auf dem Küpenickerfelde, hinter dem Garten des Hofbuchdruckers Decker, einen mit brennbarer Luft gefüllten Ballon von 31/*' im Durchschnitt steigen. Aus Goldsehlägerhäutehen zusammengesetzt, enthielt die in vier Felder von weißem Atlas geteilte Peripherie Embleme und Inschriften, welche auf diesen Tag anspielten. Nach einem mit «Knalluft» gegebenen Signal wurde der Ballon losgeschnitten und hob sich unter allgemeinem Beifall

«) Manroth Martin Heinrich, berühmter Cln-ntiker. steh. 1. Dezember t7*3 zu Wi-rning'-rvide, gest. zu Uorlin 1*17. IM (irttndmig d>T Hcrliwr Universität erhielt er den Lehrstuhl filr Chemie. 1 Tt<2 wurde er Mitglied de* Sanitalsknllegiums. 17s; Mitglied der Akademie der Kdic-de und 17*H Mitglied der Akademie der WUserochaftcn. Er entdrekte .Ina l'ran, die Zirkon- u. Strontianerde, dns t>r, Titiin und Tellur.

Vide: Pöppendorf, ll'jmlwi'irtirliuch f. Iüim;.

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der Anwesenden anfangs langsam, bald aber mit schnellerem Fluge, nahm mit westlichem Winde seinen Weg über die Stralauer Vorstadt, bis er nach 3 Minuten dem besten Auge nicht mehr sichtbar in den Wolken verschwand. «Mit ihm stiegen die feurigsten Wünsche einer Anzahl patriotisch gesinnter Zuschauer für das teure Leben des groben Königs zum Himmel empor.» —

Auch in Rullland wurde um diese Zeit das Verlangen rege, die neue Erfindung kennen zu lernen, indem ein Grollfürst dem russischen Gesandten in Paris, dem Fürsten Raratinsky, den Auftrag gab, «ihm einen Luftball von einiger Größe zu schicken». Da dieser sonderbare Befehl nicht gut ausgeführt werden konnte, so bewog der Gesandte den Bruder Charles, nach Petersburg zu reisen, um daselbst aerostatische Versuche vorzunehmen.

In der Stadt Lemberg in Galizien interessierte sieh der Gelehrte Mönch Josef Ignaz Marlinovics (geboren zu Pest — Geburtsjahr unbekannt, enthauptet zu Ofen am 2o. Mai 1795) für den neuen Sport. Der -Fantasten-und Ketzer-Almanach - nennt ihn einen um das Jahr 1779 aus seinem Kloster von St. Paul zu Lepoglave in Kroatien verstoßenen und seitdem herumirrenden Mönch, der sich mit seinem schwärmerischen Geist, auf was immer für eine Art, einen Namen machen wollte. Als Kaiser Joseph II. die Reformen im Klosterwesen im Kaiserstaat durchführte, widmete sich Marlinovics dem Lehramt und wurde von seinen Obern nach Lemberg geschickt, um an der dortigen Hochschule Physik vorzutragen. Zur Zeit seines Aufenthalls daselbst verband er sich mit dem polnischen Hofrat und Besitzer des medizinischen Kollegiums, Hermann, zur Verfertigung einer Luftmaschine von 50' im Durchmesser, die fähig sein sollte, 2 Personen zu tragen. Ob das Projekt zur Ausführung kam, ist uns nicht verbürgt. — Kaiser Leopold II. berief ihn als Batgeber an seinen Hof. Als solcher lohnte er das Vertrauen schlecht; denn er stellte sich im Jahre 1794 an die Spitze eines Komplotts, das die Beseitigung der Beformen Josephs II. bezweckte. Dafür büßte er seine Untreue am 20. Mai 1895 zu Ofen mit dem Tode. Daß er sich auf seine Kenntnisse in der LuftschilTerkunst etwas zugute tat, mag aus folgendem hervorgehen: In seiner Todesangst stellte er an den Appellationsrat von Picheislein 5 Angebole, wenn ihm das Leben geschenkt würde. Das erste war: Eine jede Festung, sie mag noch so stark sein, in 4—5 Tagen zur Übergabe zu zwingen. ^Diese Erfindung», meint er, «ist nicht diejenige, wovon ich in Wien eine Meldung machte, ich brauche zu dieser kein Luftschill', sie ist ganz einfach und wird bei derselben nicht mehr Mannschaft als gewöhnlich zu einer Kanone gebraucht. Auf diesen Gedanken verfiel ich erst in meinem jetzigen Arrest und Kelten, welche mich Unglücklichen fesseln.* —

Aus Italien wird berichtet, daß Veneziani, Professor der Phvsik in Mailand, am 21. Januar eine Luftkugel von 13' Höhe und 7' Breite mit großem Erfolg habe steigen lassen. Er war damals mit dem Projekt beschäftigt, einen Luftball zu konstruieren, der mit mehr oder weniger Schnelligkeit, ganz nach dem Gutdünken des LufischifTers, zur größtmöglichen Höhe

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steigen sollte, ohne daß man vom Feuer Gebrauch gemacht, sondern nur von einer kleinen, beim Sitze des Reisenden angebrachten Maschine; ferner könne man mit dem neuen Ball langsam oder schnell herunterkommen, sich in jeder Höhe aufhalten und zur Erde kommen und gleich wieder hinaufgehen, ohne das geringste der Maschine zu nehmen, noch etwas hinzuzufügen. Die liUftreise könne sich auf 2 oder mehrere Tage, ja wochenlang ausdehnen, ohne zur Erde zu kommen, es wäre denn, um Speise einzunehmen.

Ein zu Venedig am 20. Februar angestellter Versuch mit einer Lult-kugel mißlang. Der Nobile Forsetti hatte eine solche auf seine Kosten anfertigen lassen, welche am genannten Tage bei San Georgio Maggiore in die Höhe steigen sollte. Der Zulauf des Volkes war ungeheuer, allein die Maschine wollte trotz aller Bemühungen den Boden nicht verlassen, und alle Zuschauer gingen mit hängenden Köpfen davon.

Großen Erfolg aber erzielte Graf Andriani (siehe oben), der am 5. Februar 1784 zu Mailand, in Begleitung der Gebrüder Agostino und Giuseppe Gerli, unter ungeheurem Beifall der Menge mit seinem mit brennbarer Luit gefüllten Ballon auffuhr. Die Dauer der Reise betrug 20 Minuten. Andriani war demnach der erste italienische Luftschiffer.

Am 13. März, als am Geburtstage Josefs II. (13. März 1741), wiederholte Andriani mit den erwähnten Brüdern Gerli seinen Versuch mit einem Ballon von 72' Höhe und 60' im Durchschnitt und landete 5 Meilen von Mailand in voller Sicherheit. Diese günstigen Erfolge ermutigten ihn, in verschiedenen italienischen Städten Luftreisen anzukündigen.

Vom Marchese Luigi Cagnola (geb. zu Mailand am 9. Juni 1702, gest. zu Inverigo bei Mailand am 14. August 1833, berühmter Architekt) wurde am 12. Februar ein mit brennbarer Luft gefüllter Ballon von 17' Höhe und 12' im Durchmesser in die Höhe gelassen. Unten hing ein Käfig, in den man eine Gans, einen Hahn und ein Lämmlein gesperrt hatte. Nach 4 Minuten verschwand er aus dem Gesichte und wurde nach einigen Stunden 8 Meilen von Pavia mit den noch lebenden Gefangenen wieder gefunden.

Ganz Paris erwartete nunmehr mit Sehnsucht den 28. Februar, «als den denkwürdigen Tag, an dem man noch größere Dinge zu sehen bekäme, als Montgollier und Charles gezeigt». — «Der berühmte Blanchard,» so erzählte man sich in Paris, «habe das Geheimnis gefunden, sein Luftschilf nach Gefallen dirigieren zu können. Er sei seiner Sache so gewiß, daß er durch öffentliche Bekanntmachung den 28. Februar als den Tag angesetzt habe, wo der Versuch im Jardin de Luxembourg vor sich gehen sollte.» Den Zeichnungen und der Beschreibung zufolge benutzte Blanchard für seinen Ballon die Kugelgestalt: die übrige Einrichtung war ganz verschieden von derjenigen Charles. Das Schiff bekam Segel, Ruder und Gewichtstangen. •Zwischen der Galerie und dem Ballon befand sich ein riesiger Schirm aus gewachstem Talfet, welcher genug Kraft besaß, das Schilf auf die Erde hinunter zu senken, im Falle der Globus einen Riß bekommen oder das Gas ausgehen sollte. Mit dem so pompös angekündigten Aufstieg am 28. Februar wurde

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es nichts und mufUen sich die Pariser bis zum 2. März vertrösten, au welchem Tage derselbe um 12h30 mittags erfolgte. In ungefähr 6 Minuten stieg der Hallon über 1500 Klafter hoch. Nachdem Mlanchard scheinbar 15 Minuten lang gegen den Wind gekämpft hatte und über dem Bois de Boulognc stehen blieb, nahm der Ballon plötzlich eine entgegengesetzte Richtung. Immer in ungeheurer Höhe dahinschwebend, ging er seitwärts gegen Süden und liel östlich zwischen den Glashütten und dem Dorfe Sevres. einen Klintenschuß von der Seine nieder. Zehn Minuten lang schwebte Blanchard in Gefahr, in den Fluß geschleudert zu werden, aber ein kräftiger Windstoß trieb den Ballon auf festen Boden und Blanchard konnte nun sicher landen. Nachdem er sich vom Maire des Ortes ein Protokoll hatte fertigen lassen, kehrte er nach Paris zurück.

«Man muß damals in Paris gewesen sein>, so erzählt ein Augenzeuge, «um sich eine Vorstellung von der Menge von Zuschauern zu Fuß, zu Pferd und zu Wagen zu machen. Alle Chaisen waren im Kreise um das große Marsfeld aufgestellt, welches, von unzähligen Menschen erfüllt, ein unbeschreibliches Schauspiel bot. Der König, die Königin und die ganze königliche Familie hatten sich auf das Schloß La Muette begeben und Tags vorher noch wurden die Botschafter der auswärtigen Staaten in Kenntnis gesetzt, sie seien von der gewöhnlichen Dienstag-Audienz und Aulfahrt in Versailles am 2. März entbunden, worüber letztere sehr zufrieden waren, da sie ungern von einem Versuche weggeblieben, worüber die Welt staunen sollte.»

Mit Beginn der Frühlingszeit häufen sich die Berichte von gelungenen und mißlungenen Versuchen. Am 19. April erlebte die Stadt Basel zum ersten Male das Schauspiel einer Ballonfahrt. Die von H. Anton Tschann aus Solothurn verfertigte große Luftinasclüne von 0195 Kubikschuh stieg um •7*3h in die Höhe und hielt sich immer schnurgerade, ohne die geringste Schwenkung. Ein junger Ziegenbock durfte in einem Kälig die Reise mitmachen. Der Ballon erreichte bald eine solche Höhe, daß er am hellen Himmel sogar kaum noch gesehen werden konnte. Er llog über Berge hinweg, ohne dieselben zu berühren, und liel um \ h eine halbe Stunde von Solothurn, der Vaterstadt des Künstlers, vor dein Landgut des Junkers von Montegg sanft und unversehrt nieder. Der Ziegenbock wurde sofort von seinen Banden befreit und sprang, trotz der ausgestandenen Gefahren und Strapazen, bald lustig auf einer Wiese herum. Man reichte ihm Milch, die er mit großer Gier aufsog.

Durch einen Luftball wäre bald großes Unglück über die Stadt Strasburg gekommen. Man berichtet hierüber: «Der Versuch mit einem großen Luft ball, den Herr Adorno am 15. Mai nachmittags ih bei der Zitadelle aufsteigen ließ, gelang anfangs prächtig, und die beiden Luflsehitfer Herren Adorno und Winter erreichten bald eine Höhe von 1000'. Als sich der Ballon gegen die Stadt drehte, bemerkten -ie an der unteren Hälfte eine Beschädigung, was sie bewog, denselben geschwind niedergehen zu lassen. Zum Unglück geriet er auf dem Platz zwischen der Zitadelle und der Stadt

auf Pallisadeu, welche ein großes fiskalisches Holzmagazin umfriedigten. Der Ballon zerriß von oben bis unten, die brennbare Luft, welche wie eine schwarze Rauchwolke herausfuhr, setzte die Pfähle und einen Teil des Gebäudes in Brand. Überall zog man die Sturmglocken. Die beiden Luft-schilfer wurden mit Mühe gerettet, desgleichen das Magazin, aber der prächtige Ballon ging in Flammen auf. So endigte das Schauspiel, das mit Trompetenschall eröffnet wurde, zum allgemeinen Schrecken der Stadt.»

Auch später waren die Straßburger Luftschiffer nicht glücklich: Am 22. Juni, morgens 8h, sollte ein ungeheurer Ballon steigen, bei welcher Gelegenheit sich sehr viele Fremde, ja sogar Se. Ilochfürsll. Durchlaucht der Markgraf von Baden, eingefunden hatten. Aber es regnete von Mitternacht an ununterbrochen, so daß alle Vorbereitungen eingestellt werden mußten. Da es am folgenden Tage nicht regnete, so wollte Herr Gabriel, um den vielen Fremden für die gestrige Enttäuschung Ersatz zu bieten, trotz des starken Windes aulfahren. Man gab durch etliche Kanonenschüsse das Zeichen, und im Nu waren 40000 Zuschauer am Platz. Die Luftschilfer bestiegen nun die Gondel, nahmen ernsthaft von ihren umstehenden Freunden Abschied, worauf die Seile gelöst wurden. Aber der Ballon stieg nur ,2—3 Schuh und legte sich dann schräg über den Boden.

Auch in Bordeaux fand im Mai ein mißglückter Versuch mit einem Luftball statt, der für manchen Zuschauer von den traurigsten Folgen begleitet war. «Am 3. Mai», so schreibt man, wollte man zu Bordeaux einen Luftball mit einer Gondole und 2 Personen aufsteigen lassen. Da aber heftiger Nordwind wehte, der denselben mit den Luftschiffern ins Meer getrieben hätte, so stellten diese ihre Beise ein. Während die Vornehmen wieder ruhig heimgingen, verlangte der Pöbel, daß die beiden Luftschiffer um jeden Preis aufstiegen, und erregte einen Aufruhr. Die Wache zu Fuß und zu Pferd konnte die wütenden Aufruhrer nicht bewältigen. Man zerriß und zerschlug den Luft ball, kurz alles, was in den Weg kam. Viele Soldaten der Wache wurden derart zu Boden geschleudert, daß sie auf der Stelle tot liegen blieben. Man wollte der beiden Luftschilfer habhaft werden; doch diese hatten schleunigst die Flucht ergriffen. Dadurch wurde der Pöbel so gereizt, daß zuletzt ein Bataillon vom Regiment «Champagne» ausrücken mußt<'. Acht von den Rädelsführern wurden herausgefangen und von den Geschworenen zum Galgen verurteilt. Am 8. Mai wurden 2 von den Hauptanführern an ebenderselben Türe des Gartens aufgeknüpft, wo der Ballon aufsteigen sollte. Einer derselben war der einzige Sohn eines reichen Bäckers, für dessen Leben 20000 livres, aber ohne Erfolg, geboten worden waren •>.

Die Bewohner von Bordeaux zeichneten sich noch einmal im gleichen Jahre bei Gelegenheit eines derartigen Experiments durch beispiellose Roheit aus. «Am 5. Dezember», so erzählt ein Augenzeuge, «hatten wir in unserer Stadt einen sehr unangenehmen Vorfall. Ein Kaffeewirt hatte eine Luftkugel aus Paris kommen lassen, um damit gegen Bezahlung auf einem großen

Platze ein Schauspiel zu geben. Der Hall stieg aber nicht höher als 25'. Mehr als 30000 Zuschauer waren anwesend, die immer den rechten Globus zu sehen wünschten; den wirklichen Ball hielten sie nur für eine Windblase. Man ward ungeduldig und einer der Zuschauer nahm ein Stück Erde und warf es mit den Worten: Voici un ballot! in die Luft. Zum Unglück liel es einem Irländer, der nicht weil davon saß, auf den Kopf. Er packle seinen Stuhl und schleuderte ihn nach der Stelle, woher der Wurf gekommen war. Darüber entstand in kurzer Zeit ein solcher Tumult, daß eine Unmasse von Stühlen zerbrochen wurde. Das Haus des Luftschifl'ers wurde bombardiert. 30 Mann Kavallerie und ebensoviele Stadtsoldaten, die herbeieilten, wurden mit Steinwürfen empfangen, einige getötet, verschiedene verwundet und aus dem Fostgclage, welches dem Schauspiel folgen sollte, wurde auch nichts*

Meine Luftreise.

Es war am 17. September 1908, wir saßen abends bei Meissl und Schadler, mein Mann, Herr von Palugyay mit einem Freunde und ich in anregendem Gespräche. Beim perlenden Schaumwein besprachen wir eine Ballonfahrt, die mein Mann mit Herrn von Palugyay am nächsten Tage unternehmen sollte, wobei es sich fügte, daß Herr von Palugyay an mich die Auübrdcrung richtete, mitzufahren.

Mein Mann lehnte natürlich ab. Mit überlegenem Lächeln wies er auf die Schwierigkeiten hin und meinte, es wäre platterdings unmöglich. Herr von Palugyay wußte jedoch alle Einwürfe zu besiegen und wurde von seinem Freunde darin kräftig unterstützt, so daß mein Gatte endlich gute Miene zum bösen Spiel machte und nachgab. Es war also beschlossen, morgen sollte ich mir den Himmel aus nächster Nähe ansehen, und ich freute mich schon kindisch auf diese himmlische Fahrt.

Trotzdem es spät wurde, ehe ich ins Bett kam, konnte ich doch nicht schlafen. Nicht etwa aus Furcht; die brauchte ich nicht zu baten, wenn mein Mann die Führung hatte, sondern vor freudiger Erwartung, endlich einmal meinen Wunsch, auf luftigem Fahrzeug über die Wolken zu segeln, erfüllt zu sehen. Der Morgen kam und brachte Begen. Schon fürchtete ich, daß die Fahrt unterbleiben könnte, als mein Mann meinte, die Wedken wären lief genug, um sie zu überlliegen. Wir waren also vom irdischen Wetter unabhängig, es stand in unserer Macht, die triefenden Wolken zu unseren Füßen, uns Sonnenschein zu erzwingen?!

Mit meinen Sorgen, was für Kostüm ich nehmen sollte, ließ mich mein Manu, wie gewöhnlich, allein: überdies hatte er mit den Vorbereitungen zur Fahrt zu tun. So nahm ich denn ein kurz geschürztes Straßenkleid und für alle Fälle einen Pelz mit. Über die Kopfbedeckung dachte ich so lange nach, bis ich richtig die Ungeschicklichkeit beging, einen breiten Hut zu wählen, der mit Nadeln befestigt werden mußte. Aber so geht es,

wenn sich die Männer so gar nicht um unsere Toilette kümmern wollen. Sie wissen nur zu tadeln, wenn etwas nicht paßt.

Am Platze des Aufstieges beim Arsenal war schon alles vorbereitet, als wir hinkamen. Eben erschien in der Ölfnung des Ballonhauses die majestätische Rundung des Ballons, den eine Anzahl Leute zur Mitte des Platzes trug. Als der Ballon etwas höher gelassen wurde, um die Gondel daran zu befestigen, besah ich mir das kolossale Fahrzeug, das uns der Erde entführen sollte, mit fremdartigen Gefühlen. Teils Befriedigung, daß ich etwas noch nie Erlebtem entgegenging, teils ein gewisses Zagen wegen der Wirkung, die der Aufstieg auf mich machen werde — ob ich den Herren bei der Fahrt nicht unbequem sein werde, endlich auch ein kleines Unbehagen infolge des schlechten Wetters. Während einiger geheimnisvoller Hantierungen mit den Ballastsäcken, zur Herstellung des Gleichgewichts, ermahnte mich der Kommandant, vor der Landung die Hutnadeln aus dem Haar zu nehmen, und brachte mir meine Ungeschicklichkeit in der Wahl des Hutes in peinliche Erinnerung. Dann hob mich mein Mann in den Korb, ließ mich auf die Sandsäeke niedersetzen und sprang mit Herrn von Palugyay nach.

Kurz darauf ertönte das Kommaudo «Los», der Ballon erhebt sich Frau Tonle Tauber. Oberleutnant Tauber.

langsam und alles scheint glatt gehen zu wollen. Plötzlich — wir waren kaum zwanzig Meter hoch — drückte ein Windstoß den Ballon wieder zu Boden und zwar so heftig, daß wir starke Schwankungen mitmachten und befürchten mußten, beim seitlichen Fluge angeschleudert zu werden. Ich sah auf meinen Mann, der rasch 3 Säcke Sand hinauswarf und dein ich es anmerkte, daß er besorgt war, was auch mich einen Moment ängstigte. Aber nur einen Moment lang, da ich sofort aus dem Gedanken, mit meinem Manne zusammen zu sein, Beruhigung schöpfte: was geschehen konnte, traf uns ja gemeinsam. Ich stand mutig auf und wagte es sogar hinabzusehen, wo die Zuschauer standen und herauferüßten. Auch ich grüßte, konnte aber nicht lange stehen bleiben, ein Gefühl des Schwindels zwang mich,

wieder zu sitzen. Mittlerweile war unser Ballon schon aus dem Bereiche des Arsenals in freier Luft, wo es keine gefährlichen Hindernisse mehr gab. Das ruhige Schweben des Luftschiffs gab mir meine Sicherheit.

Da lag das schöne Wien mit seinem Stephansturm, wohl etwas verschleiert von der regenschwangeren Luft, aber doch noch einige Minuten gut erkennbar. Seltsam, wie rund, wie reinlich alles aus dieser Höhe aussieht, die Häuser wie Spielzeug, die Parks wie zierliche Zeichnungen. Man traut seinen Augen nicht, man glaubt an ein Wunder. Erst die Töne, welche heraufdringen, bestätigen die Wirklichkeit des Liliputs da unten. Gleich darauf schwebten wir über Felder, über einen Friedhof, dann verloren wir die Aussicht auf die Erde durch eine Regenwolke, die alles in dichten Nebel hüllte. Da machte sich eine der mitgenommenen Brieftauben durch leises Gurren bemerkbar, ein Zeichen, daß wir steigen. Fritz nimmt sie aus dem Netzkorbe und gibt in den an ihrem linken Fuße angebrachten Aluminiumbehälter eine winzige Depesche hinein. Bedächtig steigt das reizende Tierchen vom Boden der Gondel auf den Rand, guckt sich nach allen Seilen um und läßt sich von uns ruhig streicheln. Dann hebt sie die Flügel und verläßt uns, erst kleine, dann immer größere Kreise um uns ziehend. Sie scheint sich zu orientieren. Lange sehen wir sie noch, bis sie endlich in die unter uns befindlichen Wolken taucht und verschwindet. Wird das liebe Tüubchen mit den klugen Augen sich heimfinden V

Rechts und links, ober und unter uns alles grau, undurchsichtig, aber nicht eintönig, denn an manchen Stellen in der grauen Umgebung ballte es sich zusammen zu merkwürdigen Formen, die wieder zerflossen wie Geistererscheinungen. Aus dieser Fülle von phantastischen Veränderungen konnte man einen ganzen Hexensabbat herauslesen.

Gegen Südosten fliegend, kamen wir über Schwechat, wo sich der Wind drehte und nach Süden führte, in dichte Wedken hinein. Vergebens suchten sich die Herren zu orientieren, noch immer sah man nichts als die gespenstischen Dunstmassen, wir wußten nur, daß wir dem die Wolken überragenden Schneeberg immer näher kamen. Seine streifigen Schneefelder glänzten in ganz anderen Nuancen zu uns herüber, als die Wolken ringsum, deren Ränder, von der Sonne beleuchtet, in allen Farben spielten. Durch eine kleine Lücke in der Wolkendecke sahen wir eine kleine Ortschaft, Straßen, die Eisenbahn und einen Gebirgsbach. Wir glaubten über Neunkirchen zu sein.

Herr von Palugyay warf Papierschnitzel aus, um zu sehen, ob wir fallen oder steigen, was sehr amüsant war. In der ersten Sekunde tanzten die Papierchen lustig an unserer Seite und ich glaubte schon, sie würden uns wie in Jules Vernes Reise zum Monde als Trabanten begleiten; bald aber sanken sie rapid, was von uns mit einem Hailoh begrüßt wurde: Es war ein Zeichen, daß wir stiegen. Um rascher über die Wolken zu kommen, die sich zwischen uns und der Sonne eingeschoben hatten, warf mein Mann etwas Ballast aus, was endlich Erfolg halte. Wir erblickten die Sonne

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wieder. Erst schwach, dann immer heller, bis wir im vollen strahlenden Lichte schwammen, über uns den blauen Himmel, zu unseren Füßen die Wolken, die jetzt nicht mehr grau erschienen, sondern sich wie blendend weißer Schnee präsentierten und eine großartige Fülle von Formen aufwiesen. Da waren mächtige Gebilde mit weichen Linien, die sich wie Schneewehen ausnahmen, dort Gletscher, zackige Eisspitzen und gähnende Abgründe, dort wieder Schneeberge mit Seen in sinnverwirrender Mannigfaltigkeit, getaucht in eine überirdische Ruhe, die wir auf Erden gar nicht kennen.

Durch die heftigen Erschütterungen beim Aufstieg waren verschiedene Vorrichtungen in Unordnung gekommen, an denen mein Mann die ganze Zeit mit ernster Miene herumbastelte, .letzt sah ich ihn auf einmal ein zufriedenes Gesicht aufsetzen und bald darauf sagte er mit einem Seufzer der Erleichterung, daß endlich alles Tauwerk in Ordnung sei. Das erhöhte noch unsere prächtige Stimmung — nun konnten wir mit mehr Ruhe die unsagbare Schönheit der Szenerie auf uns einwirken lassen. Meine Em-pfinduugen dabei zu schildern, wäre vergebliche Mühe. Herr v. Palugyay traf das Richtige, indem er ausrief, hier fühle man sich der Gottheit näher. Aber gerade in diesem Augenblicke, das war gegen 11 Uhr, das Aneroid zeigte 1800 Meter Höhe und wir erblickten durch das lichter werdende Gewölk Raden, fühlte ich deutlich meine Abhängigkeit von der irdischen Welt, ich spürte lebhaften Appetit, was ich zaghaft wohl, aber verständlich äußerte. Darob großes Hailoh der Herren! Lachend holte der immer dienstbereite Palugyay unsere irdischen Schätze hervor — lauter sehr nützliche eßbare Sachen, die ich mir wohlschmecken ließ. Daß es hier oben nebst himmlischen Gefühlen auch Gänseleberpastete und Champagner gab, war für mich ein neuer Reiz der Luftreise. Der Mangel eines gedeckten Tisches und die damit verbundenen Unbequemlichkeiten erhöhte nur unsere ausgelassene Lustigkeit. Es wurden Karten an unsere Lieben geschrieben und einfach über Bord geworfen. Solche Karten gehen seilen verloren, sie werden in der Regel von den Findern zur nächsten Post gebracht.

Um 12 Uhr mittags befanden wir uns bei 2100 Meter Höhe in der Nähe von St. Pölten, hatten also wegen wechselnder Luftströmungen folgenden Weg hinter uns:

Erst gings nach Schweebat, dann südlich bis gegen Neunkirchen, von wo wir uns wieder nach Norden wandten bis Baden. Dort drehte sich der Wind wieder und trug uns nach Westen. Nun aber zu Beginn der vierten Fahrlstunde trieben wir einer Wolkenwand zu, die uns die Sonne verdeckte. Dadurch wurde es unheimlich kühl. Bisher hatten wir nicht nur die Annehmlichkeit der direkten Sonnenstrahlen gehabt, auch der Reflex der weißen Wolken unter uns spendete uns angenehme Wärme. Jetzt schwammen wir wieder im gespensterhaften Nebel — eisig kalt überlief es uns. Gut, daß ich meinen Pelz mit hatte. Vergeblich warf mein Mann Ballast aus, was er noch opfern konnte, es brachte uns wohl auf 21<K> m

Höhe, aber nicht über die Wolken hinaus, was mir recht leid tat. Ich wäre gar zu gerne wieder in sonniger reiner Luft, in der von den schneeigen Wolken unter mir reflektierten Wärme dahingesegelt und dachte überhaupt gar nicht ans «zurück». Das fand mein Mann sehr unbescheiden und machte mich auf den Zustand des Ballons aufmerksam, der jetzt ganz anders aussah, als bei der Auffahrt. Er war schlaffer, runzelig, anscheinend kraftloser geworden, es mußte also an die Landung geschritten werden, wozu es nach Kritzens Ausspruch die höchste Zeit war.

Tatsächlich ging es auch furchtbar rasch abwärts, was zur Folge hatte, daß sich bei mir wegen der rapiden Zunahme des Luftdrucks eine kleine Unbehaglichkeit einstellte, meine Ohren waren verlegt und ich mußte auf Fritzens Befehl fortgesetzt schlucken. Trotzdem verlor ich keinen Augenblick meine gute Laune und fand es ganz lustig, als ich mich, um den ersten Anprall des Korbes auszuhalten, an das Netzwerk klammern und Klimmzug machen mußte. So heftig auch der Sturz war, es ging ganz glimpflich ab. Wir landeten bei regnerischem Welter in Spielberg bei Ottenschlag. Nach dein ersten heftigen Aulfallen kam noch ein unsanftes, doch weniger heftiges Aufschlagen des Korbes — dann halfen uns herbeigerufene Bauern, die die Seile festhielten, während ich ausstieg. Um meine Last erleichtert, strebte der Ballon wieder in die Höhe, weshalb die Bauern mit aller Kraft festhalten mußten. Auch ich half mit, indem ich ein Seil mit dein Aufgebote aller meiner Kräfte niederhielt, und wurde sogar mit in die Höhe gerissen, als ein Bauer plötzlich losließ. Als aber mein Mann durch Ziehen der Beißleine die Ballonhülle öffnete, sank die grolle Kugel unter mächtigein Brausen in sich zusammen. Bewundernd sah ich zu, wie sich die kolossale Hülle in schön geschwungene Falten auflöste und zu Boden liel. Ks wundert mich nur, daß ich noch nirgends von dem schönen Schauspiel des sterbenden Ballons etwas hörte.

Nun war also mein sehnlicher Wunsch, eine Luftfahrt mitzumachen, erfüllt. — Wenn ich noch etwas wünschen darf, so wäre es — noch eine Fahrt zu machen. Frau Tonie Tauber.

M

Aeronautische Meteorologie und Physik der Atmosphäre.

Internationale Kommission für wissenschaftliche Luftschiffahrt.

( berdelit Uber «He liclcilisrunir nu den internationalen Atifctleiri-n im Januar, Februar.

Miirz und April VMK>.

't. Januar.

Trappes. Papicrballon 11-SOI) m. — Itterille. Papierballon Ii 510 m. — Oxsholt. Drachenaulsl. l'.HO m. — (omrialajara. l'apierballon; noch nicht gefunden. — Rom. Fcssuibalhin SOO m. — l'avia. imuimibnllon 12 0(10 tu. — Ziirieli. Aufstieg niebt möglich. — Ntraßbiinr. UummibalNm I3 7S0 m. — München. M. '/.. Ai Kein Aufstieg. — München

817 «944«

iv. Passus) Kein Aufstieg. — Berlin. iA. 0.) Drachenaufst. 1750 m. — Berlin. (L. B> Bemannter Ballon 050 m. — Hamburg. Drachenaufst. 1820 m. — Wien. Aufstiege nicht möglich. — Pawlowsk. Drachenaufst. 3080 m; Begistrierballon, verloren. — Kasan. Drachenaufst. 718 m. — Blue Hill. (6. Jan.) Drachenaufst. 1250 m.

Wetterlage. Eine umfangreiche und tiefe Depression liegt seit einigen Tagen über Nord- und Nordosteuropa (Mesen 725). eine tiefe Depression über dem südlichen Skandinavien. Hoher, an Intensität abnehmender Luftdruck bedeckt den Südwesten des Kontinents

9. Februar.

Trappes. Papierballon 13 010 m. — Oxshott. Drachenaufst. 2510 m. — Aldershot. (Military Seclion); Aufstiege 8 Tage zu früh (2. Febr.), Drachenaufst. 2000 m: Bemannter Ballon 1-Wi0 m. — Guadalajara. Papierballon 5710 m. — Rom. Bemannter Ballon 2700 m.

— Paria. Begistrierballon 13 IM«) m. — ZUrieh. Gummiballon 9500 m. — Straßburg. Gummiballon 15020 m. — München. (M. Z. A.) Kein xVufstieg. — München, tv. Bassus) Gummiballon 13 1(50 in. — Berlin. i'A. 0.) Drachenaufst. 2000 m: Gummiballon 11780 m; Bern. B. 7010 m. — Berlin. (L. B.) Bemannter Ballon 1100 m. — Hamburg. Drachenaufst. 1030 m. — Wien. Reg.-Ballon 9000 m; Bemannter Ballon 1740 m. — Pawlowsk. Drachenaufst. 2750 m: Beg.-Ballon 11850 m. Kasan. Kein Aufstieg möglich. — Blue Hill. Drachenaufst. 885 m. — St. Louis. (F.S.A.) (10. Febr.) Gummiballon, Bcgistrierauf-zeichn. fehlen.

Wetterluge. Den größten Teil des europäischen Kontinents bedeckt ein Hochdruckgebiet, dessen Maximum 779) über dem östlichen Zentraleuropa lagert: über dem mittleren Skandinavien hat sich eine Depression (750) eingestellt.

2. Marz.

Trappes. Papierballon 12 070 m. — Paris. (Aeroclub.) Bemannter Ballon 3780 m.

— Oxshott. Drachenaufst. 1580 m. — Aldershot. >Military Balloon Section), Drachenaufst. 1000 m. — Guadnlajura. P.ipierballon 13 730 in. — Rom. Bemannter Ballon 1290 m.

— Paria. Begistrierballon 5200 in. - Zürich. Aufstieg nicht möglich. — Strasburg-, (iummiballon 11120 m. — München. (M. Z. A.) Kein Aufstieg. — München, (v. Bassus.) Gutnuuballon 10 570 m. — Barnten. Bemannter Ballon 2330 m. — Berlin. (A. O.i Drachenaufst. 1200 m. Gummiballon 21 733 m. — Berlin. (L. B.i Bemannter Ballon 730 m. — Hamburg. Drachenaufst. 3020 m. — Wien. Beg.-Ballon 13 000 m; Bemannter Ballon 900 m. — Pawlowsk. Drachenaufst. 2020 in; Beg.-Ballon, noch nicht gefunden. — Koutehino b. Moskau (Direktor Biaboucliinsky). Drachenaufst. 2120 m. — Kasan. Kein Aufstieg möglich. — Blue Hill. Drachenaufst 1900 m. — St. Louis, (f. S. A.) Beg.-Ballon, noch nicht gefunden.

Wetterlage. Ein barometrisches Minimum ist von England her nach dem Mittel-meergebiel gezogen <7I8\ wählend im Norden und Nordwesten des Kontinents der Druck ziemlich rasch zugenommen hat. Den Osten des russischen Kontinents bedeckt ein großes Hochdruckgebiet i.Ostrufdand 7S0 mini.

4., 5., tt. April.

Trappes. 1. April, Papierballon 13 510 m; 5. April, Papierballon 5510 in; 6. April, Papierballon, noch nicht gefunden. — Ittevllle. 1. April, Papierballon 12 050 m: 5. April, Papierballon 11 (570 m; 0. April. Papierballon 12 300 m. — Paris. (Aeroclub.) 5. April, Bemannter Ballon 11 HO m. — Oxshott. 1. April, Drachenaufst. 1850 m; 7. April, Drachenaufst. 2100 m. — Guadalajara. 5. April, Papierballon 11 790 m. — Rom. 1. April, Drachenballon 1080 m; 5. April, Bemannter Ballon 1300 m; 0. April, Bemannter Ballon 2300 m. -- Paria. 1. April, Beg.-Ballon 17 000 m; 5. April, Beg.-Ballon oOOoO m; 0. April. Beg.-Ballon 10 000 m. — FUrd. von Monaco. Aufstiege auf dem Mittelmeer mit Begistrier-ballons und Drachen. 1. April, Gummiballon 9000 in; Drachenaufst. 2(100 m; 0. April, Drachenaufst. 1200 m: 7. April, (iummiballon 0870 m; Drachenaufst. 800 m. Es sind

»*!>^ 318 «3444

dieses die ersten Aufstiege mit Registrierballons über dem freien Meere. Die von Drofessnr Hcrgesell vorgeschlagene und ausgeführte Methode hat sich in jeder Beziehung vorteilhaft und nützlich erwiesen, sodaß die Benutzung von Ballons-sondes auch über den Ozeanen zur Erforschung der freien Atmosphäre in Aussicht zu nehmen ist. - Zürich. •1. April. Fesselballon 3200 m: 5. April, (iuminiballon 7500 tu; 0. April. Aufstieg nicht möglich. — Strafiburjr. 4. April. Gummiballon 0100 m; 5. April. Gummiballon Iii 120 in; 6. April, Gummiballon 2300 m: 7. April, Gummiballon Dl 1(0 m. — Straßbunr. (Oberih. Ver. f. Luftseh.') 4. April, Bern. Rallon. — München. iM.Z.A.) 4., 5., Ii. April, Reg.-Ballon, noch nicht aufgefunden. • Milnchen. (v. Bassus.i 5. April. Bemannter Ballon 1890 in; O.April, Gummiballon 10 990 m. — Barmen. 4. April, Bemannter Ballon 1820 m; 5. April, kein Aufstieg möglich; 0. Drachenaufst. 1000 m. — Lliidenbenr. iKgl. Aeron. Observ.i 4. April, Drachenaufst. 755 m; (iuminiballon 1 f 020 in: 5. April. Drachenaufst. 1295 m: 0. April, Drachenaufst. 500 m. — Berlin. (A. O.j 1. April, Drachenaufst. 1775 m; 5. April, Drachenaufst. 1975 m: Ii. April. Drachenaufst. 815 m. — Berlin. L. B.i Kein Aufstieg.

— Hamburg. I. April, Drachenaufst. 37iK) m; 5. April, Drachenaufst. 3500 m; 0. April. Drachenaufst. 2280 in. — Wien. I. April, Gummiballon 12 900 rn: 5. April, Bemannter Ballon 1000 m: Gummiballon 58»0 m: Ii. April, kein Aufstieg möglich. — Wien. •Aeroklub.) Kein Aufstieg möglich. — I'ctcrsburir. 0. April. Bemannter Ballon 1710 m. — l'awlowsk. 1. April, Drachenaufst. 2790 m; Reg.-Rallon 15 000 m: 5. April, Drachenaufst. 770 m; Reg.-Ballon verloren; 0. April. Drachenaufst. 3050 in; Reg.-Ballon, Instrument zerstört worden. — Dorpat. (Jurjew. Prof. Sresnewsky.) 4. April. Drachenaufst. 5x7 in.

— Kontcliiiio. iM. Riaboucbinsky.i 5. April, Drachenaufst. 1330 m: 0. April. Drachenaufst. 2250 m; Reg,-Ballon 1201)0 m. — Kasan. 4. April, Drachenaufst. 1001 in; 5. und 0. April, kein Aufstieg möglich. — lllue Hill. I. April, Drachenaufst. 1021 m; 0. April. Drachenaufst. 2455 m; 7. April, Drachenaufst. 2782 m.

Welterlasre. Iber Zenlraleuropa ist der Luftdruck am Morgen des 1. April in Zunahme begriffen, im Nordwesten taucht aber ein barometrisches Minimum auf. währen«! das am Vortag über dem östlichen Mitteleuropa gelegene Minimum nach dem Schwarzen Meere zu abgezogen ist. Eine fernere Depression liegt über dem russischen Kontinent, langsam nach Nordosten wandernd. Das am 1. April im Nordwesten Europas erwähnte Minimum Ih-gl nun über dem mittleren Skandinavien (735), Es hat seine Wirkung unter rascher Zunahme seiner Tiefe bis über Mitteleuropa ausgedehnt. Am 6. April morgens findet sich das Hauptminimum im Norden der Oslsee l'leaborg 730.!; ein Tedminimurn liegt über der südlichen Ostsee, ein anderes Teilminimum südwärts der Alpen. Von Westen her ist der Luftdruck in raschem Zunehmen begriffen.

Flugtechnik und Aeronautische Maschinen. Das Prinzip und die Zukunft der Flugmaschine.

Von A. M. Herrin?.

Angesichts der Tatsache, daß ein Entwicklungsprozeß allmählich die Erzielung mechanischen Flugs bis in einen meßbaren Abstand vom Erfolg gebracht hat, dürfte es hier vielleicht am Platze sein, die Prinzipien, welche einem jeden der verschiedenen Typen von Flugmaschinen zugrunde liegen, einmal möglichst einlach zum Ausdruck zu Idingen.

Die erfolgreiche Maschine, was ihr Typus auch immer sein mag, wird

sicherlich den Benzinmotor als bewegende Kraft besitzen. Auf den ersten Blick scheinen vier verschiedene Methoden gleich gute Resultate zu versprechen. Zuerst der lenkbare Ballon: Da ein jeder Kubikfuß Luft ungefähr ein fdnfzehntel Pfund wiegt und da einige Gase weniger wiegen als dies, so ist es klar, daß ein luftdichter Sack oder Ballon, wenn irgend mit einem leichten Gas gefüllt, die Tendenz hat, aufzusteigen. Wasserstoff ist das leichteste bekannte Gas — soviel leichter als die Luft, daß seine Anwendung einen Trageeffekt von gegen 70 Pfund per 1000 Kubikfuß ergibt. Das bedeutet, daß, wenn wir einen Ballon hätten von angenommen 80 Fuß Länge und 20 Fuß Durchmesser, eine Tragewirkung von 70 Pfund von jedem tausend Kubikfuß Wasserstoff, das er enthält, zu erlangen wäre. Ein solcher Ballon mit zugespitzten Enden könnte etwa 17 000 Kubikfuß Wasserstoff einschließen und würde eine Gesamthebekraft von 1190 Pfund ausüben. Die bloße Hülle würde 90 bis 290 Pfund wiegen, je nach ihrem Material. So folgt, daß der Trageeffekt netto, sagen wir gegen 1000 Pfund ausmachen würde.*)

Von diesen 1000 Pfund müßten von 50 zu 150 Pfund für den nötigen Ballast abgerechnet werden, gegen 200 bis 250 Pfund für Gondel, Steuer und Propeller, so daß, sagen wir 650 Pfund für Passagier, Belriebsmaterial und Maschine zur Verfügung blieben. In den Grenzen dieses Gewichtsbetrags können wir uns vielleicht 100 Pferdestärken mit Betriebsmaterial für eine Stunde, oder 50 Pferdestärken mit Material für, sagen wir 6 Stunden beschaffen; d. h. mit Motoren von extrem leichtem Gewicht.

Die nächste Frage ist die: Welche Geschwindigkeit ist mit solch einer Maschine möglich? Und läßt sich dieselbe im voraus berechnen?

Eine Maschine, die nur eine Stunde lang Iiiegen kann, würde natürlich geringen praktischen Nutzen besitzen, darum wollen wir annehmen, daß der Motor 50 gebremste Pferdestärken entwickelt, denn, alles in Betracht gezogen, ist das entsprechende Gewicht ungefähr das Maximum, welches diese Musehine in der Praxis tragen könnte.

Wenn wir jetzt annehmen, daß der Ballon die bestmöglichen Stromlinien hat, und daß alle erdenklichen Anstrengungen gemacht wurden, um den Reibungswiderstand der Hülle, der Aufhängung und der Gondel auf das kleinstmögliche Maß zurückzuführen, so dürfen wir einen Reduktionsfaktor von einem Siebtel des größten Querschnitts erwarten; das heißt: der Widerstand des Flugschiffs von 20 Fuß Durchmesser des Querschnitts gegen seine Bewegung durch die Luft würde ein siebtel soviel betragen als jener, der von einer kreisrunden Seheibe von 20 Fuß Durchmesser dargeboten wird. Solch eine Seheibe enthält 311 Quadrat fuß, so daß das Äquivalent der

314

Widerstandstläche — — = 44,9 — sagen wir 50 Quadratfuß betragen würde.

') Anm. d. Reil. Die leidigen englischen res|>. amerikanischen MatSe in metrische Maße umzurechnen, ging leider nicht mehr an. Doch sei wenigstens angegeben, daß 1 I'fund - 451,0 gr. ein Fuß — 30.5 cm und eine Meile — lUO'JJJ m ist.

320 «<*<h

Da nun der Luftwiderstand sieh wie das Quadrat der Geschwindigkeit vergrößert, so würden die 50 Quadratfuß, die hei 10 Meilen Fahrt die Stunde nur 25 Pfund Widerstand verursachen, bei 20 Meilen 100 und bei 40 Meilen 400 Pfund Widerstand darbieten. (Hieran läßt sich leicht der Widerstand für jede andere gegebene Geschwindigkeit abschätzen.)

Als nächstes hätten wir dann in Erwägung zu ziehen, welche Schraubengröße und welche Motorleistung dazu erforderlich wäre, um einen Vortrieb zu liefern, der diesen Widerstand zu überwinden vermag. Nehmen wir an. die größte Schraube, die wir beschauen können, sei von 15 Fuß Durchmesser. (Solch eine Schraube würde übrigens mehr wiegen, als wir veranschlagt haben.) Die beste Flächenabmessung der Schraubenflügel wäre etwa 35 Quadratfuß — eine Tatsache, die durch zahlreiche Experimente festgestellt wurde. D. h. die Schraubenfläche, welche am meisten Druck bei dem geringsten Kraftaufwand zu geben vermag, soll ungefähr 20°/o des von der Schraube beschriebenen Kreises einnehmen, .letzt können wir ausrechnen, wieviel Druck 50 Pferdestärken, auf diese Schraube aufgewendet, wohl einbringen würden.

Die Leistung einer Pferdekraft repräsentiert per Stunde einen Druck von einein Pfund auf eine Strecke von 375 Meilen ausgeübt, oder den äquivalentan Druck von 10 Pfund über eine Strecke von 37,5 Meilen per Stunde — so repräsentieren die 50 Pferdestärken (ungerechnet alle Verl listet 18750 Meilenpfunde. (D. h. 1 Pfund Druck auf eine Strecke von 18750 oder 10 Pfund Druck auf eine Strecke von 1875 oder 100 Pfund Druck auf eine Strecke von 187,5 oder 1000 Pfund Druck auf eine Strecke von 18,75 Meilen in einer Stunde ausgeübt. D. Ebers.)

Die von der Schraube verbrauchte Arbeit ist gleich dem Betrag der Flügelflächen in Quadratfuß, multipliziert mit dem Kubus der Steigungsgeschwindigkeit in Meilen per Stunde, geteilt durch 200.J)

In der Form einer Gleichung lautet das: Meilen die Stunde X Meilen die

Stunde X Meilen die Stunde X 35 geteilt durch 200 = 18 750, d. h.: der

r , , Gl ■ » , . , 200X18 750 200 X18 750 Kubus der Steigungsgeschwindigkeit = - = M3 =-------

— M3 — 107 430 — M = 47,5 nahezu. <M steht für die Unbekannte der Gleichung: Steigimgsgeschwindigkeit in Meilen per Stunde. D. Übers.) Und

M Nicht allo l.pspr «im! gewohnt die I>enkproze**e in suhhem Hravourslil vorzunehmen wie die Amerikaner ialle> IW'l ). bei denen Kürze und Schnelligkeit vor allein verlauft werden, auch sind die Meilen- und Kuümalie ihnen nii-ht so gcliitilig. Zum lieferen Verständnis fühlt tirh der I.'liersel/er versucht, in den Erwägungen ein«' « Zwi.«ehetistatimi - einzuschalten. Diese wurde tauten: . I>ie von der Schraube verbraucht* Arleit int gleich dem De trag d-r Flügelflächen in Otiadratful), multipliziert mit dem Druck in Pfund auf den Oiiadratfull wiederum multipliziert mit der Sleigiingngi seh«indigkeit Weil aber der Druck in Prund auf den OuadratfnÜ gleich dem Himdrat der Slciguugsgesrhwindigkcil. multiplizier! mit dem wohlbekannten Lnftwiderhlaiii|>k'."fli.'i.nl'n fi.iH'fi. i^t, und Weil e» wiederum dasselbe ist. ob man mit 0,005 multipliziert oder durch 2(X» dividiert, durum lautet der Oedankengang, wie von Herring gegeben. Man wird bemerken, dati dien., netra.-titungawew- vor.iu«>et/t daü der Schraulendruck gleich ist dem Druck, der von einem Wind ausglüht wird, der ciie ganze Flitehe der S, hraubeiitlugrl normal mit der Sleigungxgeechwindigkeit IrifTt; Bchun Maxim hat auf Seite 4:1 de- . Aeron. Anuual» Nr. in klassisch zu nennender Weise diese Annahme begründe!

der Druck der Schraube in Pfund würde folglich betragen:

*-f 3° (= 47,5» X 35 X 0,005) = 394,8 Pfund:

das ist also das Maß von Druck, das von einer Zwölffußschraube mit 50 Pferdestärken erhältlich ist.

Dieser Druck nun. oder vielmehr eigentlich der Maximaldruck, der möglich ist, wird darauf verwendet, das Äquivalent von 44,9 Quadratfuß mit der Geschwindigkeit des Flugschiffs gegen die Luft zu treiben. Das Problem ist jetzt, zu finden, bei welcher Geschwindigkeit 44,9 oder sagen wir 50 Quadratfuß einen Gesamtwiderstand von 394,8 Pfund oder 7,9 Pfund per Quadratfuß darbieten wrerden. Wenn wir 7,9 mit 200 1) multiplizieren und dann die Quadratwurzel dieser Zahl ausziehen, so erhalten wir erst 1580 und dann 39,5. Das bedeutet, daß 39,5 Meilen die Stunde die mögliche Maximumgeschwindigkeit ist, mit welcher unser Ballon unter den aller-günstigslen Umständen getrieben werden könnte. Da gibt es indessen verschiedene Umstände, welche diese Geschwindigkeit unmöglich machen. Von ihnen ist der nächste die Tatsache, daß der Luftdruck den Ballon zerquetschen würde, wofern er nicht durch einen inneren Druck, der etwas größer als der vom Fahrwind verursachte ist, aufgewogen wird. Da dieser Fahrwinddruck 7,9 Pfund beträgt, sollte der innere Kompensationsdruck nicht weniger als 8 Pfund ausmachen, und wenn wir die Unregelmäßigkeiten des natürlichen Windes in Rechnung ziehen, so würde es viel sicherer erscheinen, einen Innendruck von 10 Pfund per Quadratfuß zur Anwendung zu bringen. Doch dieser Druck würde wiederum eine zum Zerplatzen drängende Spannung (bursting strain) des Ballons, die gleich 100 Pfund per laufenden Fuß der Hülle ist (d. i. 10 X 20 X 0,5), herbeiführen und die Anwendung eines sehr derben Gewebes, um sie ertragen zu können, bedingen. Dieses derbe Gewebe besitzt mehr Gewicht und läßt daher weniger Gewicht für Maschine und Betriebsmaterial zur Verfügung. Außerdem vergrößert der Extradruck die Dichte des Gases im Ballon und dies nimmt einen weiteren kleinen Betrag von dem Nettoauftrieb weg, auf den für Maschinen etc. gerechnet wurde. Es ist kaum nötig, auf alle Einzelheiten der Berechnung einzugehen, um dennoch zu zeigen, daß, wenn alle verschiedenen Umstände gebührend in Betracht gezogen wurden und Motoren gebraucht wurden, deren Gewicht zusammen mit jenem vom Betriebsmaterial für zwei Stunden vier Pfund per Pferdestärke nicht überschreitet, die mögliche Maximalgeschwindigkeit eines Ballons unter 200 Fuß Länge wenig mehr als 35 Meilen per Stunde beträgt, und daß mit einem Luftschiff, das nur einen Mann trägt und nicht über 100 Fuß lang ist, die mögliche Maximalgeschwindigkeit nahe 33 Meilen die Stunde bei 50 Pferdestärken liegt. Bis dato indessen sind gegen 20 Meilen die Stunde das beste erreichte Resultat (ca. 9 m pro Sek.). Es stellt sich daher die Frage ein: bedeutet eine solche Maschine eine praktische Lösung

') Siehe vorherpfh'iitle KuUnotc.

des Flugproblems? Es gibt vier Einwendungen. Erstens, die Maschine setzt große Baukosten und ebenso große Betriebskosten voraus, denn noch keine Methode hat sich gefunden, auf welche man den Wasserstoir verhindern könnte, in einigen Tagen auszurinnen1) (leaking away.i. Der zweite Einwand betrifft die enorme Größe der Maschine und die damit verbundene l'nhand-üchkeit. Der dritte die Feuersgefahr; denn das Gas, mit welchem sie gefüllt werden muß, ist sehr leicht entzündlich. Der vierte und vielleicht schwerwiegendste Einwand betrifft die extreme Zerbrechlichkeit — der enorme Umfang und das geringe Gewicht machen angemessene Festigkeit fast unmöglich.

Alles in allem — die Grenze der erreichbaren Geschwindigkeit für einen lenkbaren Ballon liegt unter 40 Meilen die Stunde und es gehört eine schwache Hülle von enormer Größe dazu, um einen Passagier zu befördern, und es nimmt nahezu 50 Pferdestärken per Mann bei 35 Meilen die Stunde.

[Bis hierher hielt der Übersetzer des aktuellen Gegenstands und seiner charakteristischen Behandlung wegen eine fast wörtliche Übertragung für geboten; für das Nachfolgende scheint eine zusammengedrängte Wiedergabe erlaubt.]

Von den anfangs erwähnten vier Lösungsmöglichkeiten des Flugmaschinenproblems sind nach dem lenkbaren Luftballon nun noch zu besprechen die Konstruktion mit schlagenden Flügeln (entsprechend dem Vogelllug), ferner die Tragschraubenmaschine und last not leasl die Acroplanmaschine.

Von den Flugmaschinen mit schlagenden Flügeln haben es bis jetzt nur kleine Modelle zum freien, jedoch recht erratischen Flug gebracht. (Das beste von Pichaucourt, nächstdem eines von Penaud, eines von Breary etc.) Mit einer Flächenbelastung von einem Pfund auf 6 Quadratfuß trug das beste dieser Modelle weniger als 15 Pfund per Pferdestärke. Die Vermehrung von Kraft und Geschwindigkeit, die dazu erforderlich wäre, um ein solches Modell ein Pfund per Quadratfuß tragen zu lassen, würde dann

2,45 X X 6 betragen, so daß dann eine solche Maschine kaum noch 6,6 Pfund

per Pferdestärke tragen könnte. Es liegt eine günstigere Verwendung schlagender Flügel zwar im Bereich der Möglichkeit, aber das obige umfaßt alles bis jetzt Geleistete.

Die wünschenswertesten Elemente in einer Flugmaschine sind jene von Sicherheit, kleinem Umfang, hoher Tragkraft per Pferdestärke und die Möglichkeit, von überall abfliegen und unter allen erdenklichen Umständen von Wind und Wetter sicher landen zu können. Anscheinend würde dies alles von einer Tragschraubenmaschine geleistet. Es wurde übrigens noch nicht erwähnt, daß wir am besten vorläufig jene Schwierigkeiten, mit welchen wir bei allen Arten von Flugmaschinen uns abfinden müssen,

j .in einigen Tufii- ist dv Ii wohl ein zu kleine» Mail für die L'ndnn Massigkeit der neuenling* verwendeten Hüllen. I). Red.

unberücksichtigt lassen — die Folgen jener Tatsache, daß die Luft ein Ozean mit gewaltigen, unregelmäßigen Wogen ist, die gebändigt und beherrscht werden müssen, che der Flug, wenigstens einer dynamischen Maschine, erfolgreich vonstatten geht; nämlich solange es sich darum handelt, die im Konstruktionsprinzip gegebenen Aussichten auf Erfolg zu prüfen. Bei der Tragschraubenmaschinc hängt alles von zweierlei Umständen ab: Der Gewichtsbetrag der von einer Pferdestärke getragen werden kann und der < begrenzende Größenläktor > («limiting factor of size»). Als Beispiel wollen wir eine Maschine betrachten, die eine Hubschraube von 20 Fuß Durchmesser hat. Mit 2—4 Flügeln, welche zusammen gegen 2/io des Umdrehungskreises einnehmen, trägt sie am besten. Ein Umkreis von 20 Fuß Durchmesser hat eine Oberfläche von 311 Quadrat fuß, also bekommen wir eine Schraubenfläche von 02,8 Quadratfuß. Eine Schraube von 2 Fuß Durchmesser kann so gebaut werden, daß sie nur ein Gewicht von 2/io Pfund besitzt, eine von 20 Fuß Durchmesser würde dann 10 X 10 X 10 X 0,2 = 200 Pfund wiegen. Das übrige Gerüst einer Tragschraubenmaschine kann kaum unter 50 Pfund wiegen. 25—30 Pfund müssen dann für seitliche Stützen, Bäder u. dergl. zugerechnet werden. So würde, auch bei einer möglichen Gewichtsreduktion der Schraube selber auf 147 Pfund, das Gesamtgewicht mit Passagier, aber ohne Motor, etwa 375 Pfund betragen. Fügen wir jetzt einen 50 Pferdestärken-Motor zu 5 Pfund per Pferdestärke hinzu, so bekämen wir die Summe 375 + 250 = 625 Gesamtgewicht bei 10 Pfund per Quadratfuß Tragflächenbelastung. Dann müßte die Schraube so gedreht werden, daß die Luft, die von ihr nach unten fließt, eine Geschwindigkeit von (repräsentiert durch die Quadratwurzel aus 10 X 200) 44,72 Meilen die Stunde (ca. 20 m per Sek.) hätte, um den Apparat schwebend zu erhalten. 50 Pferdestärken repräsentieren indessen nur 18 750 Meilenpfunde Energie und es erfordert 41,72 X ß25 — 27 910 Meilenpfunde oder über 74 Pferdestärken, eine solche Maschine im Schweben zu erhalten.11 Der Flug wäre daher nur mit solch extrem leichten Motoren möglich, daß dieselben mit allem Zubehör nur 31.'« Pfund per Pferdestärke wiegen würden (250 Pfund für 74 Pferdestärken). Dies bringt die Tragschraubenmaschine gerade an die Grenzen des Möglichen. Und sollte sich eine bauen lassen, so wäre ihr Nutzen sehr gering wegen der minimalen Tragfähigkeit. Wenn der Leser der Beweisführung bis hierher genau gefolgt ist, so wird es ihm nicht entgangen sein, daß der kritische Punkt des ganzen Problems darin liegt, den höchsten Grad von Schraubendruck im Verhältnis zum Kraftverbrauch und dem Gesamtgewicht der Maschine zu erzielen. Wenn die Schraube von großem Umfang ist, so darf ihre Steigungsgeschwindigkeit für einen gegebenen verlangten Druck gering sein, aber — wenn die Schraube so groß ist, wiegt sie unverhältnismäßig viel mehr. Die kleine Schraube wiegt viel weniger, aber sie muß schneller gedreht werden und hat dann

') Man vergleiche dagOjirn die Erjebnis^o *. U. hei den Versuchen von Le?er, S. :VM unten. Ü. H.

einen geringeren Nutzeffekt, so daß sie dann wiederum größeres Mötorgewicht benötigt. Natürlich gibt es einen Punkt, wo das Verhältnis von Schraubengröße und -gewicht und Motorstärke und -gewicht das günstigste ist. Wenn wir das Gewicht des Motors per Pferdestärke kennen und ebenso das Gewicht einer Schraube im Verhältnis zur Größe, so ist es für einen jeden, der mit der höheren Mathematik vertraut ist, ein leichtes, die Schraubengröße und das Motorgewicht so zu kombinieren, daß der verlangte Druck unter dem bestmöglichen Nutzeffekt hervorgebracht wird.

Gegründete Aussichten nicht nur auf die Verwirklichung von Flügen, sondern auch auf einen Überschuß an Tragfähigkeit, welcher praktischen Nutzen verbürgt, besitzen nach allem obigen nur die Aeroplan- und Aerokurvmaschinen. Wie gezeigt, besieht bei allen Flugmaschinen die Schwierigkeit darin, zu gleicher Zeit genug Sehraubendruck und genug Tragkraft zu erhalten. Wir haben die Schraube so eingehend diskutiert, weil wir kaum hoffen können, daß etwas anderes einen besseren Nutzeffekt als die Schraube ergibt, bei der man darauf rechnen kann, daß sie Nutzeffekte von 85—95 Prozent der an sie abgegebenen Arbeit zurückgibt. Wenn uns ein Druck von nur einem Pfund zur Verlügung stände und wir diesen auf einem Wagen, der auf einem vollkommen wagrechten und glatten Gleise läuft, zur Wirkung brächten, so könnten wir damit ein Gewicht von 400 bis 500 Pfund transportieren. Wiederum, wenn dieses Gleise unter einer Neigung von. sagen wir, 1 zu 20 anstiege, so würde ein stetiger Druck von knapp ein wenig mehr als einem Pfund den Wagen die Steigung hinaufbefördern. Wenn wir uns nun an Stelle von Gleise und Wagen eine Flugmasehine mit unbewegten Flügeln vorstellen, so haben wir die Fundamentalidee der Aeroplanmaschinen dargestellt. Wenn die Flügel bloß llach und horizontal wären, so wrürde die Maschine natürlich allmählich niedersinken, einerlei wie schnell sie sich bewegte; wenn aber die Flächen in der Richtung einer ansteigenden Bahn gesetzt wären, so würde die Maschine bei hoher Geschwindigkeit nicht nur schweben bleiben, sondern auch allmählich aufsteigen, tatsächlich — es würde nur eine Frage von Neigung und Geschwindigkeit sein, irgend eine gegebene Maschine von beliebigem Gewicht im Flug zu erhallen. Zum Beispiel: wäre die Maschine mit nicht mehr als etwa I1/* Pfund per Quadratfuß belastet, so könnte ein Druck von einem Pfund auf eine Strecke von 30 Meilen die Stunde ein Gewicht von 4 zu 12 Pfund schwebend erhalten ije nach der Beschaffenheit der Tragflächen), das heißt, die Tragkraft der Schraube würde von vier- bis zwölfmal multipliziert werden. Dies bringt die Möglichkeit der Flugmasehine näher, denn das Gewicht einer Aeroplanmaschine braucht nur wenig mehr als das Doppelte von jenem von Motoren, Sehrauben etc. zu betragen. Bei 30 Meilen die Stunde Geschwindigkeit läßt sich in der Praxis mit jeder Pferdestärke ein Schraubendruck von 10—101/* Pfund erzielen. Auf dem Aeroplan würde sich dieser in eine Tragkraft von 40—■12fi Pfund verwandeln. Während das nötige Gewicht des Apparats mit einem Passagier an Bord 20 Pfund per Pferde-

325 ««««

starke nicht zu überschreiten braucht, könnten größere Maschinen, jene, welche eine Last von einem Dutzend und mehr Passagieren zu tragen vermöchten, sich selbst 60 Pfund Apparalgewieht per Pferdestärke erlauben. Dies bedeutet die Möglichkeit, daß die nahe Zukunft Maschinen zu sehen bekommt, welche nicht nur Passagiere, sondern auch Hrennstoif mit hoher Geschwindigkeit über weite Entfernungen befördern.

Übersetzt aus «Gas Power» von C. Dienslbach.

Der Kusnetzowsche Drache.

Gelegentlich der 4. Konferenz der internationalen Kommission lür wissenschaftliche Luftschiffahrt im vorigen Herbst in St. Petersburg zog der in Rußland gebräuchliche Drache System Kusnetzow die Aufmerksamkeit der Teilnehmer auf sich. Daher dürfte die genauere Beschreibung') dieses Drachen auch weitere Kreise interessieren. Es handelt sich um einen leichten Hargrave-Drachen. dessen Querschnitt aber nicht viereckig, sondern halbkreisförmig ist. Die erforderliche Krümmung der Stäbe wird leicht in der Weise erhalten, daß man die fertig zugeschnittenen Stäbe aus astfreiem Fichtenholz von 5 mm Dicke und 12 mm Breite etwa 2 Tage in Wasser einweicht. Dann spannt man sie auf eine tonnenförmige Form und läßt sie auf derselben vollkommen trocken werden, was in einem trockenen Räume 3—4 Tage erfordert. Sic behalten dann ihre Krümmung und es kann der den

Halbkreis schließende Durchmesser mit Hilfe von Winkelstücken aus Messingblech angebracht werden. Der Durchmesset1

erhält gewöhnlich eine Länge von 1 m, sodaß der halbkreisförmige Rogen 157 cm lang wird. Je 2 dieser Ilaihkreise bilden in einem Abstände von 47 cm eine Abteilung des Drachen. Der Abstand der beiden Abteilungen beträgt f>i» cm. sodaß der Drache im gan- Fig. 1. - Kuinatzowicher Drache,

zen 150 cm hoch wird. Zur Zusammensetzung des Gerüstes dienen <i Längsstäbe: 2 in den Schnittpunkten der Halbkreise mit den Durchmessern, 3 in gleichen Abständen von einander über den Halbkreis verteilt und einer in der Mitte des Durchmessers. Ks ist vorteilhaft, diese Län^s-stäbe nicht dauernd zu befestigen, sondern nur auf passend angebrachte hülsen-förmige Ansatzstücke mit starker Reihung aufzustecken. Mau kann sie dann leicht

•) Rull. v>ni Kon«truktvur im «Mrniatl. Rull.» de« Physikalischen Zentratob-orvtitoriuma in St. l'cters-bürg. Juli i'jos. Auch in f ran/ • ^ i - ■ h,r CbWMtXtmg, Abbildungen siehe die -e M it teil, p. SS8-8S8 Nov. 1904.

32«') «3<4«

herausziehen und so den Drachen zusammenlegbar herstellen; sehr bequem zum Transport ist nach meiner Erfahrung aber auch die unter Figur 2 abgebildete Ineinander-schachtclung. Zur weiteren Verfestigung dienen dünne (.O.B mm) Eisen- oder Stahldrähte.

Je drei sind in den Ebenen der Halbkreise angeordnet und verbinden die Mitte jedes Halbkreises mit der Mute und den Enden des zugehörigen Durchmessen. Weder werden noch die 4 Durchmesserenden der beiden äußersten Halbkreise durch diagonale Drähte mit den Mitten der entgegengesetzten äußersten Halbkreise sowie unter sich kreuzweise verbunden. Die beiden Abteilungen des so ei balleueti licstclls werden dann mit Seidenzeug oder mit Nanzuk benäht. Die Drachenleinc resp. der Draht wird in gewöhnlicher Weise mit Hilfe der elastischen Ducht an der oberen Abteilung des Draches befestigt.

Zu den Vorzügen des Kusnet-kow schen Diachen gehört vor allem seine große Stabilität, welche eben zum großen Teile durch seine nach unten bezw. gegen den Wind konvexe Form bedingt wird. li Er verbindet, wie man sieht, durch seine Form die Vorzüge des Malay-Dracben mit denen des llar-grave-Drachen. Mit dem ersteren hat er auch das geringe Gewicht gemein, welches bei Bespannung mit Seidenzeug etwa 300 bis 400 g per 1 qm Tragfläche beträgt, bei Bespannung mit Nanzuk auf 400—500 g steigt. Dagegen wogen von den Drachen der Deutschen Seewarte mit Nanzuk-Bespannungdie Malay-Drachen 500—600 g und die Treppendrachen (Modell lilCll > sogar N00—IHK) g. Beiden oben angeführten Dimensionen wiegt der Kusnet-zow-Drachen etwa 1 kg und bat etwa 211 qm Ober-lläche. Das Auflassen des Drachens ist sehr leicht und gelang es z. B. gelegentlich der erwähnten Konferenz aus freier Hand vom fahrenden Schiff aus inmitten von Takelwerk und anderen Hindernissen. Im Observatorium zu I'awlowsk werden gewöhnlich Drachen der angegebenen (iröße in Gespannen von 4,öund mehr Drachen verwendet. Gelegentlich eines solchen Auf-1 -'ig. 3. — Fesselung des Kuinetzowschon Drachens. stieges wurden z. ß. bei

Fig. 2. — Inelnandertchachtelung verschieden großer Drachen zum Transport

i[)ic Spumxlrahtc »iml dazu aua/uhiinpon.)

M Man .«ehe die Sta»>ilitiil»l»-.line;uiig<n des Dra. hrnfluges bei Koppen, .trfornohung der freien Atmosphäre mit Hilfe von Drachen- p. :J0. Arrh. d. deatsek Scwarte 1901, Nr. 1. »j Kuppin I. e. p. IN—55.

327 «4m«

7 m p. S. Wind an der Erdoberfläche allmählich 6 Drachen in Abstünden von 500—1000 m

an der Leine hochgelassen. Sie trugen den Meteorographen etwa 1300 m hoch, wobei

3500 m Draht abliefen. Der maximale Zug an der Drachenwinde erreichte dabei 14 kg.

Der Drache steigt schon bei 4—5 m p. S. Wind an der Erdoberfläche.

Elmar Rosenthal, St. Petersburg.

Anmerkung der Red. Nach den uns von Herrn Prof HcrgeM'll gemachten Mitteilungen haben »ich diese Drachen auch bei »einen Drachenaufsliegen auf dem Mittelnieer und uuf dem atlantischen Ozean, wo die im Frühjahr und Sommer dieacs Jahre* zur Verwendung kumen. sehr gut bewährt Sowohl ihre Verwendbarkeit bei relativ achwachem Wind wie ihre große Stabilität wird hervorgehoben.

„Zur Stabilitätstheorie der Drachen."1)

Die Kritik, welche meine Arbeit, „('her Draehenverwendun? zur See*4, im Maiheft dieser Zeitschrift gefunden hat. wobei besonders an meinem Vergleich des Kräftezentrums der Drachen resp. ballonfreien Flugwerke und Vogel mit dem Melazentrum der Schiffe Anstoß genommen wird, zwingt mich zu folgender Entgegnung:

Meine Studie war für Seeleule geschrieben und erschien in den «Mitteilungen aus dem Gebiete des Seewesens» 1904, Heft \ und 5. Für den Leserkreis, für den sie in erster Linie bestimmt war, schienen mir die vorhandenen Analogien zwischen Schiff und Drachen von einigem Interesse und dürften auch dort meine Ausführungen vollkommen verstanden worden sein.

Im Nachstehenden will ich es versuchen, von dem Bestehen dieser Analogien auch einen weiteren Leserkreis zu überzeugen. Bei Schiffen hat man es stets mit fünf Kräften zu tun. und zwar: t. der Schwerkraft.

2. dem Auftrieb des Wassers,

3. dem Winddruck, +. der Triebkraft,

5. dem lateralen Wasserwiderstand.

Die ersten beiden, nämlich die Schwerkraft und der Auftrieb, sind stets gleich groß, parallel und entgegengesetzt gerichtet und bilden das sogenannte «aufrichtende Kräftepaar» (Fig. L>.

Ist P das Schiffsgewicht oder Deplacement,

a der Neigungswinkel, um den das Schiff aus der aufrechten Schwimmlage herausgedreht wurde, p die Höhe des Metazentrums über dem Deplacementsschwerpunkt, a der Abstand des Schiffsschwerpunktes vom Deplacementsschwerpunkt, der Abstand des Metazentrums vom Scbiffsschwerpunkt,

Moment des aufrichtenden Kräftepaares, das sogenannte «Stabilitätsbestimmt durch die Gleichung St = P(p + a)sin a, wobei das erste Glied Pp sin a nur von der Schiffsform abhängt und «Stabilität der Form» genannt wird, während das zweite Glied + Pasina von der Schwerpunktslage abhängt und «Stabilität

P + a

so ist das in o m e n t »,

Fig. I.

') Erwiderung auf die üusprerhnng der Arbeit «Clier Drachenverivendting /ur se<?i Maiheft dieser Zeitschrift.

enthalten im

t*»9> 328 «j«m«

der Gewichte» heißt. Lelzere ist hei SchilTen in der Regel negativ, d. h. der Schiffsschwerpunkt liegt meistens üher dem Deplacementsschwerpunkt. Dagegen liegt das Metazentrum, definiert als der Schnittpunkt der Resultierenden des Auftriebs in geneigter Schwimmlage mit jener des Auftriebs in aufrechter Schwimmlage, bei stabilem Gleichgewicht stets ober, bei labilem Gleichgewicht stets unter, bei indifferentem Gleichgewicht stets i m Systemschwerpunkt.

Die drei anderen Kräfte, welche auf das SchilT wirken, nämlich der Winddruck, die Triebkraft und der laterale Wasserwiderstand, können sodann auch auf ein Kräftepaar und eine resultierende Einzelkraft reduziert werden, und besteht Gleichgewicht, d. h. Ruhe oder gleichförmige Bewegung nur dann, wenn sowohl die beiden Kräftepaare, nämlich das aufrichtende und das neigende, sich das Gleichgewicht halten, als auch die resultierende Einzelkraft Null geworden ist.

Dagegen wirken beim ballonfreien Flugwerk, Drachen, Vogel, nur drei Kräfte, und zwar:

1. die Schwerkraft.

2. der Luftwiderstand.

3. der Seilzug oder die Triebkraft.

Im Zustand des Gleichgewichts wirken diese drei Kräfte in einer Ebene, schneiden

sich in einem Punkte, dem Kräftezentrum K. und lassen sich zu einem Kräfledreieck zusammen setzen.

Der Schwerkraft steht hier keine gleich große, parallele und entgegengesetzt gerichtete Kraft entgegen, mit welcher sie ein reelles Kräftepaar bilden könnte, jedoch lassen sich hier die drei Kräfte stets auf ein Kräftepaar und eine resultierende Einzelkraft zurückführen.

Sobald die Richtung des Seilzuges oder der Triebkraft nicht durch das als Schnittpunkt der Wirkungslinien der Schwerkraft S und des Luftwiderstandes W definierte Kräftezentrum geht, ist das Gleichgewicht gestört. Es tritt ein Drehmoment auf. dessen Größe und Richtung durch das Produkt aus der Größe des Seilzuges bezw. der Triebkraft in den senkrechten Abstand des Kräftezentrums von der Richtung des Seilzuges bezw. der Triebkraft gemessen wird.

Nennt man wieder (Fi;:. 2.): St dieses Drehmoment. P den Seilzug bezw. die Triebkraft,

D den Abstand des Kriiftezenlrums vom Angriffspunkte des Seilzuges bezw. der Triebkraft und

et den Winkel, um welchen das Flugwerk aus seiner Gleichgewichtslage herausgedreht wurde,

so gilt für das .Stabilitätsmoment des Flugwerkes die Formel St = PDsina von ganz analogem Bau wie beim Schiffe.

»fr» 329 «44*

Außerdem ergibt sich eine Einzelkraft gleich der Resultierenden R aus Schwerkraft, Winddruck und Seilzug resp. Triebkraft, deren Richtung durch das Kräftezentrum geht.

Bei rohen Schätzungen geht man wenig fehl, wenn man das Stabililätsmoment dem Abstand des Kräftezentrums vorn Schwerpunkte proportional annimmt. — Dabei darf aber nicht außer acht gelassen werden, daß das Kräftezentrum in den Grenzlagen des Flugwerkes die Tendenz zeigt, sich ganz unvermittelt von oben nach unten zu verlegen, was leicht zu einem Kentern des Luftfahrzeuges führen kann. Dieses Drehmoment hat bei stabilem Fluge die Tendenz, sich selbsttätig auf Null zu reduzieren, und entspricht völlig dem Stabilitätsmomcnt eines Schiffes St = P(p + a) sin ct. Hat das Drehmoment nicht das Bestreben, sich auf Null zu reduzieren, sondern im Gegenteil, zu wachsen, so liegt ein Fall labilen Gleichgewichtes vor. In der Regel ist, wenn das Kräftezentrum über dem Schwerpunkt liegt, das erstere, wenn es unter dem Schwerpunkt liegt, das letztere der Fall. Fällt das Kräftezentrum in den Schwerpunkt, so besteht indifferentes Gleichgewicht. Alles in vollkommener Analogie mit dem Schiffe.

Aus meinen Ausführungen geht hervor, daß, wenn die drei auf ballonfreie Flugwerke wirkenden Kräfte in einer Ebene wirken, durch das Kräflezentrum gehen und sich zu einem Kräftedreieck vereinigen lassen, Gleichgewicht besteht und keine Drehmomente vorhanden sind; im Falle aber, als das Gleichgewicht gestört ist, das auftretende Drehmoment und die resultierende Einzelkraft nach obigem leicht bestimmbar sind. Ich glaube damit gezeigt zu haben, daß der Begriff des Kräftezentrums zur Betrachtung der Drehmomente eines Flugwerkes durchaus nicht überflüssig und ohne jede praktische Bedeutung sei, sondern ganz im Gegenteil die quantitative Beschreibung der Stabilitätsverhältnisse eines Drachen oder sonstigen ballonfreien Flugwerkes ganz besonders erleichtere. Tb. S ehe im pflüg.

Anm. Zu obigen Ausführungen möchte ich noch einmal wiederholen, was ich dem Herrn Autor gelegentlich einer sehr anregenden mündlichen Diskussion über vorliegende Fragen gegen die Zulässigkeit seines Vergleiches des «Kräftezentrums der Drachen mit dem Metazentrum «1er Schiffe eingewendet halte. Ich sagte: Ich halte derartige Vergleiche, welche auf scheinbaren Analogien basieren und mehr verwirrend als klärend wirken, nicht bloß für überflüssig, sondern meine, daß man sie direkt vermeiden sollte. Warum denn einen Begriff, der an sich doch völlig klar definiert ist und keinerlei weilerer Versinnlichung bedarf, durch etwas Unklareres versländlich machen wollen? «Kriiftezentruin> und Metazentrum sind nun einmal zwei prinzipiell verschiedene Begriffe, wenn auch gewisse scheinbare Analogien zwischen der Bedeutung des Kräftezentrums und des Metazenlrums bestehen mögen. Beim Drachen gibt es tatsächlich kein wirkliches mechanisches Analogon des Metazentrums. Es fördert auch keineswegs die Durchsichtigkeit des Problems, wenn man erst über den Umweg der scheinbaren Analogie mit dem Metazentrum der Schilfe zum Verständnis der Slabilitätsbedingungen der Drachen vordringen will.

Ich habe dann bewiesen, daß man auch ganz ohne Verwendung des Begriffes des Kräftezentrums ohne Schwierigkeiten eine quantitative Beschreibung der Stabilitätsbedingungen der Drachen geben kann. Für gewisse einfache Fälle mag durcli Zuhilfenahme des Kräftezentruins auf graphischem Wege die Lösung vielleicht einfacher scheinen als die übliche Komponentenzerlegung. Das ist Geschmacksache und Sache der Gewohnheit. Geht man von dein Drachen auf frei (liegende Apparate über (Drachen-, Schwingen-, Schrauben-llieger usw.), so versagt die vom Autor propagierte Methode jedoch vollkommen, sie gibt ja selbst für den Drachen keine ganz exakte Lösung. Bei freilliegenden Systemen, wo man den Bumpfwiderstand des Apparates nicht so ohne weiteres vernachlässigen darf, kommt man auch mit dein «Kräftezentrum» als «Schnittpunkt der Wirkungslinierl der Schwerkraft und des Luftwiderstandes» definiert nicht weiter. Man hat dann zu unterscheiden zwischen dem Luftwiderstand gegen die Tragllächen und Propeller und dem Luftwiderstand gegen den Rumpf. Ohne Kenntnis des Angriffspunktes, der Richtung und Größe jeder einzelnen dieser Kräfte ist eine quantitative Beschreibung der Stabilitätsverhältnisse von freilliegenden Apparaten nicht möglich. Bei ballonfreien Flugmaschinen, also auch bei

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Drachen gibt es strenge genommen eigentlich gar kein «Kräftezentrum» in dem vom Autor definierten Sinne, flas «Kräflezenlrum» besteht bloß für einen idealen Drachen, bei dem der Stirnwiderstand als verschwindend klein angenommen werden darf. Bei jedem realen Drachen hat man jedoch zu trennen zwischen dem Luftwiderstand gegen die Tragfläche und dem Stirnwidersland. Es geht also nicht an. einfach vom «Luftwiderstand» kot' «-Eoxnv zu sprechen.

Die vom Autor gegebene Methode zur Bestimmung des Stabili'.älsmomentes eines Drachen stellt sonach bloß eine rohe Faustregel dar, die für gewisse Fälle wohl recht nützlich und brauchbar sein kann, wenn sie auch keine völlig exakte Lösung des Stabilitätsproblems gibt. Ich behalte jedoch meine schon in der ersten Besprechung der fraglichen Arbeit gemachte Bemerkung, daß das «Kräftezentrum» zur quantitativen Beschreibung der Slabilitätsverh.'iltnisse von ballonfreien Flugmaschinen nicht ausreichend sei, auch heute vollkommen aufrecht.

Mögen meine Ausführungen dazu beitragen, den wahren Wert und die Bedeutung des «Kräftezentrums» für die Behandlung des Stabilitätsproblems der Drachen und der ballonfreicn Flugmaschinen ins rechte Licht zu setzen. Nimführ.

Kleinere Mitteilungen.

Das Luftschiff des Grafen Almerlco da Schio. Der Italiener Graf A. da Scbio hat ein neues Luftschiff fertig gestellt, mit dem in den Monaten Juni und Juli einige vorläufige Versuche angestellt worden sind. Die Dimensionen dieses neuen Lenkbaren, der « Ifalia >, sind folgende: Länge 39 m. größter Durchmesser 8 m, Oberlläche 71tim2, Kubikinhalt 1201) in«. Die Hülle besteht aus gefirnißter Seide; ihr Gewicht ist 200 kg; eine zweite Hülle aus gefirnißtem Baumwollstoff, 55 kg wiegend, deckt die obere Hälfte der Seidenhülle und trägt an 175 Aufhängestricken die 4 m unter der Hülle schwebende Gondel. Neu und bemerkenswert ist bei der Konstruktion der Hülle, daß auf deren Unterseite auf einer Längsbahn der Seidenstoff durch eine Einlage von elastischem Paragummi ersetzt ist; die Oberfläche dieses Gummikiels beträgt ohne Dehnung 40 m2. Der Erlinder will mit diesem Gummiband das Ballonnet überflüssig machen. Bei einer Ausdehnung des Ballongases infolge einer Druckänderung oder einer Höhenänderung soll sich diese elastische Bahn mehr oder weniger dehnen, wobei Deformationen des Ballonkörpers vermieden bleiben. Natürlich ist ein automatisches Sicherheitsventil angebracht. Bei der bekannten Eigenschaft der elastischen Gummimemhranen, einer anfänglichen Dehnung den größten (in diesem Fall durch den inneren Überdruck zu überwindenden) Widersland entgegenzusetzen, und diesen während der Ausdehnung abnehmenden Widersland erst an der Grenze der Elastizität, kurz vor dem Zerplatzen, wieder etwas ansteigen zu lassen, ist aber nicht leicht einzusehen, wie und wann da ein Sicherheitsventil funktionieren soll. Jedenfalls ist abzuwarten, wie sich diese originelle Idee praktisch bewährt.

Die Gondel besteht aus einem sich beidseitig zuspitzenden 18 m langen aus Aluminiumrohren gefügten Gestell von viereckigem Querschnitt. Am Vorderende trägt die Gondel die Schraube, System Tat in, 4,5 m hoch. Hinten befindet sich ein Horizontalstcuer von 5.5 m2; überdies ist über dem vordem und dem hintern Drillel der Gondel je eine Vertikalstetierfläche von 10 ma angebracht. Die Gondel hat 3 Hader, die beim Manövrieren auf dem Boden von Vorteil sein sollen.

Als treibende Kraft diente bei den ersten Versuchen ein Motor Buchet von 12 Pferdekräften. Über die damit erzielten Geschwindigkeiten verlautet nichts. Jedoch scheinen sie nicht befriedigt zu haben, da weitere Flüge erst nach Installierung eines neuern, stärkeren Motors versucht werden sollen.— Die Kosten des Baus und der Versuche

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wurden durch eine Subskription gedeckt, an der sich der König und die Königin von Italien, Kriegs- und Marineministerien etc., verschiedene Banken und Handelskammern, Gelehrte. Ofliziere und viele italienische Mutabilitäten beteiligten. — — Q,

Die Erforschung der freien Atmosphäre über dein Atlautisehen Ozean. In den Monaten Juli und August dieses .lahres ist vom Fürsten von Monaco in Gemeinschaft mit Prof. Hergesell die im letzten Jahr begonnene Erforschung der Passatregionen des nordatlantischen Ozeans aufs neue in Angrifl genommen worden. Es wurden diesmal nicht mehr allein Drachenaufstiege ausgeführt, sondern es konnten auch eine Anzahl von Aufstiegen mit Registrierballons erfolgreich durchgeführt werden. Diesbezügliche im Frühjahr auf dem Mittelmeer unternommene Versuche hatten gezeigt, daß auch auf dem freien Meer bei Verwendung eines schneilfahrenden Schills die Registrierballons verfolgt und bei Anwendung geeigneter Methoden an einem Schwimmkörper über dem Meer schwebend wiedergefunden werden können. Die Methode, die auch die Flughahn des Ballons mit hinreichender Genauigkeit festzulegen gestattet, hat sich denn auch auf dem offenen Ozean gut bewährt und hat aus Höhen bis zu 14 000 m nicht nur Teinperalurangaben, sondern auch wertvolle, zum Teil überraschende Resultate über die Zirkulationsverhältnisse über dem Atlantik nördlich des Wendekreises ergeben.

Gleichzeitig sind, in der Hauptsache in der Gegend der Azoren und der Kanarischen und Kap-Verdischen Inseln, von einem von L. Rotch und L. Teisserenc de Bort ausgerüsteten Schiffe durch II. Clayton und H. Maurice ebenfalls Drachenversuche, sowie von den Inseln aus auch Bahnbcstimrnungen großer, bis 11000 rn steigender Pilotballons gemacht worden. — Nach den bisher bekannten Besultaten dieser beiden Expeditionen zu schließen, scheint es, daß die Verhältnisse der atmosphärischen Zirkulation in einem Passatgebiet in größeren Höhen nicht ganz so einfach seien, wie man bisher meislens schematisch angenommen hatte. Q.

Der Schruubenfllegcr von Ingenieur M. Iberer. Mit Unterstützung des Fürsten von Monaco hat der Ingenieur M. Leger ein großes Schraubenlliegermodell gebaut, das bei den angestellten Versuchen sehr bemerkenswerte Leistungen ergab. Das Modell ist halb so groß ausgeführt wie der Apparat, der eine Person tragen soll. Es handelt sich, wie bei dem früher besprochenen Modell der Gehrüder Dufaux, um die Anwendung von Hubschrauben. Die beiden Hubschrauben, aus Aluminium bestehend und jede 21 kg wiegend, sind coaxial und drehen sich in entgegengesetztem Sinn. Der Durchmesser der Schrauben ist 0,25 m, ihre größte Breite 1,75 m. Der ganze Apparat ohne Motor wiegt 85 kg; dazu wurden 25 kg weitere Gewichte gefügt. Es wurden nun Versuche unternommen, wobei eine Dynamomaschine als Energiequelle diente. Die Schrauben machten dabei etwa 40 Umdrehungen pro Minute. Bei einem Aufwand von 0,1 Pferdekräften vermochte der Apparat eben sich seihst und die 25 kg zu tragen. Von diesen 25 kg rechnet nun Leger 15 kg auf einen Motor von 7.5 HP. (Er nimmt also an, daß man mit Motoren von 2 kg pro Pferdekraft rechnen darf.) Die übrig bleibenden 10 kg entsprechen einem Passagier von 80 kg, auf den gewünschten Maßstab '/» reduziert. Bei dem genannten Versuch hat jede Pferdekraft 1H kg gehoben. Mit einem Motor von 10 statt von 0 Pferdekräflen »etrieben, hätte also auch das vorliegende Modell 4X(18—2t = <>4 kg mehr Auftrieb zur Verfügung gehabt, also einen Menschen heben können. Bei weiteren Versuchen, wobei der Apparat im ganzen mit 100 kg belastet war, wurde das ganze in der Tat, bei einem Aufwand von etwa 12 HP, ohne weiteres gehohen. Dabei wurde allerdings die Festigkeit der Konstruktion überansprucht. so daß Deformierungen der Schrauben und der aus Stahlrohr von 5—6 cm Durchmesser und 1,5 mm Wanddicke bestehenden Schraubenaxen und der Getriebe eintraten. Leger erwartet, daß der in normalem Maßstab zu bauende Apparat, wenn er einen Motor von 100 HP erhält (dessen Gewicht wird zu 200 kg angenommen), eine nützliche Last von 000 kg

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tragen kann, hie Schraubenaxo will Leger nicht vertikal, sondern mit verstellbarer Neigung anordnen, so daß eine Komponente in horizontaler Richtung wirkt. Damit soll die Frage der horizontalen Fortbewegung ohne Zuhilfenahme von Gleitflächen odtir besonderen Propellern ohne weiteres erledigt worden. Das Verzichten auf Schwebeflächen setzt aber unter anderm das unbedingte Zutrauen voraus, daß der Motor niemals versagt, bei Todesstrafe, während beim Vorhandensein von Tragflächen der Flug dann immer noch ohne Katastrophe mit einem Gleitflug beendet werden konnte. Doch dies nur nebenbei. Sicher bedeuten die Versuche von Leger einen guten praktischen Fortschritt. Q.

SC

Aeronautische Vereine und Begebenheiten.

Niederrheinischer Verein für Luftschiffahrt.

SHziniir vom 1. Juli MMlT».

Iber die seil der letzten Versammlung ausgeführten 8 Ballonfahrten berichtete zunächst Herr Hauptmann v. Abercron: Am 25. Mai fuhren von Godesberg aus mit: Prinz v. Hcnthcim und Steinfurt, Herr v. Wesendouck und Herr v. Prittwitz und Gaffron. F.s herrschte fast Windstille, so daß der Ballon nach 2 Stunden erst über Rolandseck schwebte. Da sich zudem Gewitterhildungen bemerkbar machten, so wurde hier die Landung beschlossen und sehr glatt durchgeführt. Die Fahrt vom t. Juni, bei der die Herren Thieme und Maler Pohle von Düsseldorf aus mitfuhren, war eine Nachtfahrt und endete nach 10stündiger Dauer und vielfach wechselnder Windrichtung bei Ilelmond in Holland. Nach Westen führte gleichfalls die Fahrt vom 1H. Juni, bei der die Herren Ingenieur Küderliug und Maler Mora aus Düsseldorf mitfuhren. Die Landung erfolgte nach 5'/« Stunden bei Diest in Belgien.

Über 4 weitere Fahrten berichtete Herr Dr. Bamler: Am Hl. Mai hat eine Nachtfahrt von Godesberg aus stallgefunden. Führer: Dr. Bainler. Mitfahrende: Dr. Gümmer! und Rechtsanwalt Dr. Niemeyer aus Essen. Landung nach 10 Stunden bei Langensalza. Die Fahrt verlief so wunderbar schön, daß sich Herr Dr. Niemeyer einen eingehenden Bericht darüber vorbehalten hat. Da er leider verhindert ist, der heuligen Versammlung beizuwohnen, wird dieser Bericht bis zur nächsten Sitzung verschoben. Am 5). Juni iuhron Herr Oberlehrer Milarch (Bonn) und Herr Sulpiz Traine (Bannen) unter Führung von Herrn Leutnant Benecke von Godesberg auf. Da fast Windstille herrschte, wurde nach 3 Stunden bei Sieglar gelandet. Am 17. Juni fuhren Herr Fabrikant Schubert aus Zittau in Sachsen, Herr Kemna (Barmen > und Herr Dr. Göbel (Elberfeldi unter Führung von Herrn Leutnant Benecke von Barmen aus auf. Zwischenlandung nach 3Stunden nördlich Essen, Ausselzen von Herrn Kemna, Weilerfahrt bis zur Höhe von 31100 Meiern und Landung nach 5 V* Stunden bei Schermbeck. Am 27. Juni fuhren die Herren Karl Nauen und Otto Pastor aus Krefeld mit Herrn Leutnant Davids von Essen ab. mußten aber nach l3,« Stunden eines Gewitters wegen mit !• Sack Ballast nördlich Dortmund laihk-n.

Die Redaktion hält sich nicht für verantwortlich für den zvissenschafflicken Inhalt der mit Namen versehenen Artikel, j&lte Hechte vorbehalten; teilweise j&uszüge nur mit Quellenangabe gestattet.

Die Redaktion.

illustrierte aeronautische Mitteilungen.

IX. Jahrgang. -» November 1905. ** 11. Heft.

Aeronautik.

Die Begründung des „Internationalen Aeronautischen

Verbandes" zu Paris

am 14. Oktober 1905.

Ein Beschluß von noch unabsehbarer Tragweite für die zukünftige Entwicklung der Luftschiffahrt ist, nach dreitägiger Beratung zu Paris, auf der internationalen Konferenz der Delegierten der verschiedenen Luftschiffervereine gefaßt worden, die Begründung eines Internationalen Aeronautischen Verhau des Feierlich ernst, und hoffnungsvoll freudig klangen am 14. Oktober mittags 12 Uhr die Worte des Grafen de La Vaulx, der die letzte Konferenzsitzling präsidierte: «Messieurs, la Föderation Aeronautique Internationale est fondec!»

Wer die zahlreichen, nationalen, sozialen und technischen Schwierigkeiten kannte, die sich dieser in ihren Folgen weitsichtigen Gründung entgegenstellten, dem rang sich unwillkürlich ein * Gott sei Dank!» aus der Brust.

Bekanntlich ist es niemals leicht, Viele unter einen Hut zu bringen, und es gab auch luer auf der Konferenz manche Meinungsverschiedenheiten, aber zu Ehren unserer Luftschiffervereine kann es nur anerkannt werden, daß sie alle von der Erkenntnis der Notwendigkeit der Gründung dieser internationalen Vereinigung überzeugt waren, und daher jeden Vorschlag, jeden Wunsch anderer mit großem Entgegenkommen geprüft haben.

So wurden alle Hindernisse überwunden. Nach den im Juni 1905 zu Brüssel stattgefundenen Vorberalungen zwischen den Vertretern von Belgien, Deutschland, Frankreich und Schweden, den Herren Comte d'Oultrernont, Major Moedebeck, Comte de La Vaulx und Ingenieur Holmberger (vgl. Heft 7, S. 219 und 225) hatte der Aeroclub de France den Auftrag erhalten, die Berufung und damit die Vorarbeit für die internationale Konferenz zu übernehmen. In mustergültiger Weise hatte dieser Klub durch den Entwurf von Statuten und Reglements dafür gesorgt, daß die kurze Sitzungszeit am 12., 13. und 14, September auch zu einer erfolgreichen Arbeit führen konnte. Sein Vorschlag, die Wertigkeit der verschiedenen Vereine und damit deren Stimmenzahl nach deren Gasverbrauch zu bemessen, und zwar für die Konferenz für den Verbrauch vom 1. August 1904 bis 31. Juli 1905, wurde allgemein angenommen. Es wurde festgesetzt, daß 25 000 cbm Gasverbrauch das Recht einer Stimme gewähren sollten. Hierdurch wurde auch die Zahl der zur Konferenz zu sendenden Delegierten bestimmt.

»fr» 335- 444«

Bei der feierliehen Eröffnung am 12. Oktober, vormittags 10 Uhr, im Saale des Automobilklubs von Frankreich (6 place de la Concorde) sprach zunächst M. Caillelet, membre de l'Institut, als Präsident des Aeroclub de France einige Worte über den geschichtlichen Hergang des Zustandekommens der Konferenz und schloß mit dem Wunsche einer erfolgreichen Durchführung der Arbeiten.

Darauf sprach der Vertreter des Ministers des Innern M. Buy et, Direktor der höheren Bildungsansialten. Er gab dem Aeroclub die Versicherung, daß seine wissenschaftliche Arbeit an hoher Stelle sehr geschätzt werde, und dankte sodann für das zahlreiche Erscheinen der auswärtigen Delegierten zu einem Werke von hoher Bedeutung für die Verbindung der Nationen unter einander. «Unser Land, sagte er, befindet sich in dem Hufe ganz besonderen Entgegenkommens für Gelehrte, für Poeten und Künstler; Sie meine Herren, vereinigen in sich alle dieser drei kostbaren Eigenschaften. Ich rufe Ihnen in diesem Sinne im Namen des Ministers des Unterrichtswesens ein Willkommen zu!»

Die dann folgende oflizielle Feststellung der anwesenden Delegierten und der Stimmenzahl der verschiedenen Nationen ergab folgendes Resultat :

Frankreich. Delegierte: MM. Leon Barthou, C. F. Baudry, Georges Besancon, Prinz Roland Bonaparte, Graf de Castillon de Saiut-Victor, Emile Janets, Graf de La Vaulx, Major Paul Benard, Paul Rousseau, Ed. Surcouf, Paul Tissandier, sämtlich vom Aeroclub de France. Beigesellt waren außerdem Hauptmann Ferber und M. Jacques Faure. Gasverbrauch: 310 171 ebrn. Die Zahl von 12 Stimmen wurde von den Franzosen hier als Maximum vorgeschlagen, um ein gewisses Gleichgewicht zwischen den Nationen möglich zu machen.

Deutschland. Delegierte: Dr. Bamler, Geh. Reg.-Rat Prof. Busley, Prof.

Dr. Hergesell, Frhr. v. Hewald, Major Moedebeck, Rechtsanwalt Dr. V. Nicmeyer, Major Frhr. v. Parseval vom Deutschen Luftschiffer-Verb and. Gasverbrauch: 202 200 ehm. Demnach 9 Stimmen.

Belgien. Delegierte: Ed. Heirmann und Ferdinand Jacobs vom Aeroclub de Belgique. Gasverbrauch: (57 000 ehm. Demnach 3 Stimmen.

Italien. Delegierter: Ingenieur Chevalier Pesce von der Societä Aero-nautica Italiana. Gasverbrauch: 33 001t <bm. Demnach 2 Stimmen.

England. Delegierter: Prof. Huntington vom Aeroclub of the United Kingdom.

Gasverbrauch: 20 230 ehm. Demnach 1 Stimme. Spanien. Delegierter: Oberst Echagiie vom Real Aereoclub de Espana. Gasverbrauch: 20 0(10 <bm. 1 Stimme.

t+fr» 335 €44«

Schweiz. Delegierter: Oberst Schaeck vom Schweizer Aeroclub.

Gasverbrauch: 7000 cbm. 1 Stimme. Vereinigte Staaten von Nordamerika. Delegierter: Mr. Lawrence Rotch vom Aeroclub of America.

Gasverbrauch: unbekannt. 1 Stimme.

Im ganzen hatten die anwesenden Vertreter der Vereine somit über 30 Stimmen zu verfügen.

Für Deutschland insbesondere brachte der Gasverbrauch die Verbandsvereine in nachfolgende Rangordnung:

1. Berliner V. f. L. «5 000 cbm Leuchtgas bei 50 Ballonfahrten

9 000 » WasserstofTgas » 15

2. Niederrhein. V. f. L. 50 290 » Leuchtgas * 35

3. Augsburger V. f. L. 18 200 > • Ii

4. Posener V. f. L. 12 970 * » > 9

5. Münchener V. f. L. 12 240 > 7 «. Oberrhein. V. f. L. 11 700 * 9

7. Coblenzer V. f. L. 9 100 • . .7

8. Ostdeutscher V. f. L. 7 2(10 , > 5

9. Fränkischer V. f. L. 0 500 » > 5

Summa 202 200 cbm Gas bei 156 Ballonfahrten.

Für das Bureau wurden folgende Herren vorgeschlagen und gewählt:

*• Ehrenpräsident: M. L. T. Ca Mietet vom Institut. Präsident: Prinz Roland Bonaparte.

Vize-Präsidenten: Geh. Reg-Rat Prof. Busley,

Fernand Jacobs.

Graf de La Vaulx, Schriftführer: Georges Besancon. Berichterstatter: Ed. Surcouf. Schatzmeister: Paul Tissandier.

Die Beratung der Satzungen nahm die drei Arbeitstage der Konferenz in vollstem Maße in Anspruch. Für die Reglements über die aeronautischen Wettflüge, über die Wettbewerbe mit Flugmaschinen und über die Ernennung von Startern zur Zeitbestimmung und die zahlreichen Anhänge reichte die Zeit nicht mehr aus. Bei der überaus gründlichen und verständigen Bearbeitung des Entwurfs der Reglements, von denen die beiden ersteren allein zusammen 234 Paragraphen umfassen, wurde der Vorschlag gemacht, dieselben fakultativ anzunehmen und gelegentlich der nächsten Konferenz, nach welcher mehr Erfahrungen vorliegen werden, an ihre endgültige Festsetzung zu schreiten. Die fleißige Arbeit des Aeroclub de France fand im übrigen allgemeine Anerkennung. Hervorgehoben sei, daß in derselben die gelegentlich der Vorberatung in Brüssel von deutscher Seite ausgesprochenen Wünsche volle Berücksichtigung gefunden hatten.

Satzungen

des Internationalen Aeronautischen Verbandes. {Föderation Aeraaautique Internationale}

Artikel I. Unter dem Namen < Internationaler Aeronautischer Verband » ist eine internationale Vereinigung zwischen den Verbänden oder Klubs, die den Luft-schilTahrtssport bei den verschiedenen Nationen betreiben, begründet worden. Für jedes Land wird nur eine einzige Sporlmacht anerkannt. Diese Verbände oder Klubs erklären sich bereit zur Annahme der nachfolgenden Satzungen. Die Grundlagen des I. A. V. sind folgende:

A) Anerkennung der nationalen Reglements und persönlichen Satzungen

jedes einzelnen zugehörigen Verbandes oder Klubs. II) Reglementierung der Wettbewerbe durch zwei Arten von Satzungen 1. Persönliche Satzungen. 2. Sachliche Satzungen. 1. Persönliche Satzungen. Artikel 2. Du- Ausbildung und die Fähigkeiten jedes einzelnen LuftschifTers oder Führers der verbündeten Nationen werden durch nationale, gesetzliche Vorschriften oder in deren Ermangelung durch die in Brauch befindlichen Anordnungen in allen Ländern, die dem 1. A. V. angehören, festgesetzt.

2. Sachliche Satzungen.

Artikel 3. Die Reglements für die Weltbewerbe und Rekorde sind in jedem Land des 1. A. V. vorschriftlich für jeden Luftschiffer ohne Rücksicht auf seine Nationalität.

Zweck de« i. A. V.

Artikel 4. Der I. A. V. soll sich mit der Luftschiffahrt beschäftigen, mit ihrer internationalen Reglementierung und, unter Zustimmung des Verbandes oder des aufgenommenen Klubs der daran interessierten Nation mit gelegentlich stattfindenden internationalen Wettbewerben.

Der I. A. V. soll auch Meinungsverschiedenheiten, die zwischen einer oder der anderen der föderierten Nationen eintreten könnten, ohne Berufung entscheiden.

Der I. A. V. kann Spc/.ialkommissi<men ernennen zum Studium besonderer Fragen.

Artikel 5. Die Verwaltung des I. A. V. übernimmt der Vorstand, der sich zusammensetzt aus einem Präsidenten, drei Vizepräsidenten, einem Schriftführer, einem Berichterstatter und einem Schatzmeister.

Der Vorstand wird jedes Jahr während des Kongresses neu erwählt werden.

Im Verlaufe des Jahres eintretende Lücken auszufüllen, bleibt Sache des Vorstandes.

Sitz.

Artikel ö. Der Sitz des I. A. V. beiludet sich in derjenigen Stadt, in welcher der Schriftführer des 1. A. V. wohnt.

Kongreß.

Artikel 7. Alle Jahre findet ein Kongreß der Delegierten der verschiedenen Nationen statt, die den I. A. V. bilden.

Artikel 8. Die Gegenwart des Schriftführers des I. A. V. bei allen Kongressen ist obligatorisch.

Die ihm erwachsenden Unkosten werden aus der Kasse des 1. A. V. bezahlt.

Artikel 9. Auf Verlangen von 4 Nationen kann durch den Vorstand des I. A. V. ein außergewöhnlicher Kongreß zusammenberufen werden, jedoch erst in der Zeit von einem Monat nach Eingang des Gesuchs an.

Artikel 10. Auf die Tagesordnung der gewöhnlichen Kongresse des I. A. V. werden alle diejenigen Fragen gebracht, welche dem Schriftführer bis einen Monat vor dem Datum des Kongresses eingesandt worden sind.

Alle in Vorschlag gebrachten Änderungen oder Bemerkungen, die nicht auf die Tagesordnung gesetzt sind, können nur unter der Bedingung zur Besprechung gelangen, daß sie von den Delegierten von wenigstens 2 Nationen vorgebracht werden.

337 «44«

Artikel 11. Die Zulassungsgesuche zum I. A. V. sind an den leitenden Vorstand zu richten, der sie dem nächsten Kongreß unterbreiten wird. Die vorläufige Zulassung kann bis zur Bestätigung durch den Kongreß vom Vorstande ausgesprochen werden.

Artikel 12. Jeder Delegierte kann nur einen einzigen Verband vertreten.

Artikel 13. Der Ausschluß aus dem I. A. V. kann gegen einen Verband oder einen angegliederten Klub nur mit •■• Stimmenmehrheit der auf der Konferenz vertretenen Stimmen stattlinden.

Beitrag.

Artikel 14. Der Beitrag, der jedes Jahr durch die Konferenz festgesetzt wird, ist Tür das Sportjahr 1905/06 auf 100 Eres, bestimmt. Die Verbände oder Klubs, welche über mehr als 3 Stimmen verfügen, bezahlen einen Beilragszuschuß von je 50 Frcs. für je 3 weitere Stimmen oder für darüber hinausgehende Bruchteile von 3 Stimmen. Der Beitrag ist im voraus zahlbar.

Stimmen.

Artikel 15. Jedes auf dem Kongreß vertretene Land hat, je nach seiner Bedeutung, die bestimmt wird nach dem jährlich in seinem Lande verbrauchten Gasvolumen in der Zeit vom 1. Januar bis 31. Dezember des vorhergehenden Jahres, das Recht auf eine gewisse Anzahl von Stimmen, die zugleich entschieden wird, sobald seine endgültige Aufnahme beschlossen ist. Dieses Stimmenverhältnis ist gegenwärtig festgesetzt auf 1 Stimme für 25 000 cbm Gas, das verbraucht wurde seitens der Mitglieder des Verbandes oder Klubs jeder zugehörenden Nation.

Die Stimmenzahl, die einer Nation zusteht, einschließlich ihrer Kolonien oder Depen-denzen, soll die Ziffer 12 im ganzen niemals überschreiten.

Artikel 1«. Am 11. Oktober 1905 war die Liste der zum Internationalen Aeronau-

tischen Verband gehörenden Verbände nachfolgende:

Namen Stimmen

Aeroclub de France............... 12

Deutscher Luftschiffer-Verband.......... 9

Aeroclub de Belgique . . . . •......... 3

Societa Aeronautica Italiana........... 2

Beal Aereoclub de Espaüa............ 1

Aeroclub of the United Kingdom......... 1

Schweizer Aeroclub............... 1

Aeroclub of Amerika............. 1

Sa. . . . 30

Artikel 17. Die Stimmenverteilung kann jedes Jahr beim Kongreß revidiert werden.

Artikel 18. Jede Nation kann beim Kongreß durch ebenso viele Delegierte vertreten werden, als sie Stimmen hat. Ein Delegierter kann mehrere Stimmen für denselben Verband oder Klub haben.

Artikel 19. Als Land, das auf dem I. A. V. vertreten werden kann, versteht man eine Nation im eigentlichen Sinne, inbegriffen ihrer Dependenzen und Kolonien.

Beitritt

Artikel 20. Um dem I. A. V. beizutreten, ist es erforderlich, ein bezügliches Gesuch an den Schriftführer des I. A. V. zu richten unter Beifügung von 2 Exemplaren der Salzungen, 2 Exemplaren des Reglements für Wettbewerbe und Rekorde und, wenn vorhanden, von Modellen von Medaillen und Führerpatenten.

Wettbewerbe.

Artikel 21. Alljährlich wird durch den I. A. V. in derjenigen Stadt, die durch den vorhergehenden Kongreß bestimmt worden ist, ein Wettfliegen organisiert, unter Berücksichtigung von Artikel -1, erster Absatz.

Verordnungen.

Artikel 22. Die durch die zuständige Autorität eines der Verbände oder Klubs, die dem 1. A. V. angehören, gegen einen seiner Luftschiffer oder einen seiner Führer oder gegen einen Luftschiffer oder Führer eines fremden Landes, die teilnehmen an

♦t»* 338 «44«

einem Wettbewerb in seinem Lande, ausgesprochenen Strafen werden als verbindlich anerkannt von allen Verbänden und Klubs des I. A. V.

Artikel 23. Jeder Luitschiffer oder Führer, welcher distpjalifiziert oder des Amtes enthoben ist. wird das in vollstem Maße sein von dem Tage ab, wo die Strafe bekannt gemacht sein wird, und alle Abmachungen, auch die früheren, welche er eingegangeil ist, werden rechtlich für null und nichtig erklärt.

Artikel 2i. Alle Verbände oder Klubs, welche Strafen zu verzeichnen haben, sind verpflichtet, letztere unmittelbar dem Schriftführer des I. A. V. mitzuteilen, der sie den Verbänden oder Klubs bekanntgeben wird, welche sie ihrerseits möglichst bald ihren angegliederten Vereinen und allen ihren Verwaltungsmitgliedern anzeigen.

Lizenzen und Patente.

Artikel 2ö. Die Eigenschaft als Führer wird anerkannt durch Lizenzen oder Diplome.

Artikel 2ö. Die Führer müssen ihre Lizenz stets in dem Verbände oder Klub nehmen, welchem sie angehören.

Artikel 27. Kein Verband oder Klub darf einem Führer erlauben, verschiedene Pseudonyme anzunehmen.

Artikel 2X. Jeder Verband oder Klub kann gelegentlich eines Wettbewerbes oder irgend eines Versuchs eine Führerlizenz für bestimmte Zeit ausstellen, jedoch nur für diesen einzelnen Versuch, und das an jedermann, dessen aeronautische Fachkenntnisse er für ausreichend hält.

Rekorde.

Artikel 21). Der Schriftführer des I. A. V. hält die Liste der nationalen Rekorde auf dem Laufenden gemäß den Dokumenten, welche ihm von jedem Verbände oder Klub zu liefern sind.

Artikel 30, Die Weltrekorde müssen anerkannt werden übereinstimmend mit den internationalen Reglements für die Weltllüge, Wettbewerbe und Rekorde, die den vorliegenden Satzungen angegliedert sind.'i

Satzungsänderung.

Artikel 31. Änderungen vorstehender Satzungen sind nur möglich, wenn zwei Verbände oder Klubs sie wenigstens einen Monat vor der Konferenz vorbringen, damit sie auf die Tagesordnung gesetzt werden können.

Zur Annahme dieser Änderungen sind ein Drittel der auf der Konferenz vertretenen Stimmen erforderlich.

Das während der Konferenz gewählte Bureau wurde durch Akklamation zum Vorstande des I. A. V. während des Jahres 1905/1906 erwählt.

Nach der Gründung des 1. A. V. lud der Geheime Regierungsrat Herr Professor Busley, als Vorsitzender des Deutsehen Luftschiffer-Verbandes, den I. A. V. ein, den nächsten Kongrell im Jahre 19015 im Oktober in Berlin abzuhalten gelegentlich des 25jährigen Gründungsfestes des Berliner Vereins für Luftschiffahrt. Das Datum solle noch später genauer bestimmt werden. Zu dem Feste wurden auch die Damen mit eingeladen.

Die Einladung wurde von allen Seiten mit Beifall aufgenommen und eine reiche Beteiligung zugesagt. Von französischer Seite wurde scherzweise der Vorschlag laut, bei dein nächstjährigen Wettbewerb um den Grand Prix de lAero-Club, wTelcher gleichfalls im Oktober von statten geht, die beste Zielfahrt nach Berlin im Ballon als Bedingung für den Gewinner des Preises aufzustellen, ein Vorschlag, der von Paris aus bei geeignetem Winde sicherlich Aussichten auf Erfolg haben könnte.

■j Im Kniwurf des A/riirlul» iUt France r<>lv*''»i vorliegenden Satzungen die umfangreichen Ut-glemenls. F.ine iltMiUt-he "flio' ll(> Atn-gaht: wir<l erfolgen. ><diuld die fraiun.iivche herausgegeben ist.

Die Nachmittage waren für die ausländischen Delegierten in angenehmster uud lehrreicher Weise ausgefüllt durch den Besuch des Park des Aeroelub de France am 12. Oktober, und der bekannten Aeronautischen Etablissements von Mallet, von Surcouf und von Lachambre am 13. Oktober. Überall wurden sie in gastfreundlicher Weise aufgenommen und bewirtet.

Die Konferenz fand ihren feierlichen offiziellen Abschluß in einem vom Aero-Club de France den ausländischen Delegierten gegebenen Festessen am 14. Oktober im Hause des Automobile-Club de France, 6 place de la Concorde, an welchem auch der Vertreter des Ministre de l'Instruction publique, M. Bayet, teilnahm.

Nach dem Essen führte M. Archdeacon an der Hand von kine-matographischen Lichtbildern seine überaus interessanten Versuche im Kunstfluge vor. Der Experimentator hatte die Liebenswürdigkeit, seinen Vortrag für die «Illustrierten Aeronautischen Mitteilungen» zur Verfügung zu stellen, wofür ihm alle Leser derselben dankbar sein werden.

Anschließend hieran sprach Herr Hauptmann Ferber über seine Versuche im Kunstfluge Lilienthals.

Beide Herren bedauerten auf das lebhafteste, daß Lilienthal in Deutschland selbst keinen Nachfolger gefunden hätte.

Zum Schluß wurden noch lehrreiche kinematographische Lichtbilder von Flugversuchen mit dem Luftschiff von San los Dum ont und von den Gebrüdern Lebaudy vorgeführt.

Den Delegierten war es auch noch vergönnt, dem großen Ballon-Wettfahren am Sonntag, den 15. Oktober um den Grand Prix de 1'Aeroelub de France beiwohnen zu können. Der Wettbewerb war international, der I. Preis fiel demjenigen Führer zu, welcher die größte Entfernung mit dem Ballon zurücklegte.

Die Fahrt fand vom Tuileriengarten aus statt. Der Eintritt war zum besten der Notleidenden bei dem Erdbeben in Calabrien auf 2 Frs. für die Person festgesetzt. Die Füllung der 20 angemeldeten Ballons begann am frühen Morgen unter Aufsicht des Luftschiffers Maurice Mallet, dem der Gouverneur von Paris, General Dessirier, noch etwa 100 Mann der ersten Luftschiffer-Kompagnic zur Verfügung gestellt halte. Die Füllung der 20 Ballons erforderte 30 000 cbm Gas. Das Wetter war durchaus nicht günstig, häufig brachten plötzliche Windstöße die schon gefüllten Ballons in bedenkliche Schwankungen. Aber bei der guten Verankerung mit Ballastsäcken und der verhältnismäßig geschützten Lage des Tuileriengartens verlief das Wettfahren ohne Störungen.

Als Preise waren ausgesetzt:

1. Preis — 1000 Pres, von der Stadt Paris; eine Sevres-Vase vom Ministcre de llnstruction

publique; ein Diplom des Aeroelub de France; eine goldene Medaille vom Munizipalrat von Paris; eine Medaille in Vermeil von der Zeitschrift «lAerophile».

2. Preis — 500 Frcs. vom Aeroelub de France; ein Pegistrierapparat, Geschenk des

Prinzen Unland f»nnaparte; eine Medaille in Vermeil vom Automobileclub de France.

»»fr» 3*0 «44*

3. Preis — 300 Frcs. von M. Henry Deutsch de la Meurthe; eine Medaille in Vermeil,

gesliftet vom Touringclub de France. •1. Preis — 200 Frcs.; eine Plaquette in Silber, gesliftet vom Syndikat «1er periodischen

Zeitschriften und Publikationen.

5. Preis — 100 Frcs.; eine Bronzemedaille, gesliftet vom «Le nouveau Paris».

6. Preis — 100 Frcs., gestiftet von Sir David Salomons.

7. Preis — 50 Frcs.

Außer diesen Preisen stiftet die Zeitung «L'Auto» eine silberne Medaille dem ersten der auländisehen Konkurrenten und das Journal «Les Sports» eine silberne Medaille dem ersten französischen Konkurrenten.

Zugelassen wurden nur Ballons bis zu 1600 cbm Größe. Die Eintrilts-gebübr betrug 100 Frcs., das Füllgas wurde gratis geliefert. Die Reihenfolge der Abfahrt war durch das Los bestimmt worden.

Folgende 20 Ballons waren angemeldet und am Füllorte ausgelegt:

1. La «Belgi«|ue» i comte Hadelin d'Oultrcmont, Belgier); 2. «F.den» (M. Kdouard Boulenger, Franzosei; 3. le «Radio-Solaire (M. Paul Borde, Franzose); -t. «Archimede» (M. Georges Blanche!, Franzose); 5. la «Kabylie» (M. Jacque Faure, Franzose); 6. la «Concorde» (M. Leon Maison, Franzose); 7. «Kl Gierzo» <M. J.-F. Duro, Spanier); 8. «Phu'be» (M. Kdouard Bachelard, Franzose); 9. la «Belle Helene» (M. Alfred Dnpral, Franzose); 10. «Katherine-Hamilton» (M. Frank Lahm, Amerikaner); 11. «Moriciana» (comte Arnold de Oonlades. Franzose); 12. «Role* (M. Ren«'' Gasnier, Franzose); 13. le «Mistral» (M. Krnesl Barbotte. Franzose); Ii. la «Finlande (M. Krik Tollander de Balsch. Russe); 15. «Albatros» (M. Alfred Leblanc, Franzosen lö. «Vivienne-III» (M. Leslie Bucknall, Engländer): 17. le «Oentaure» (M. Alfred Vonviller, Italiener); 18. «Aeademie-Aeronauli«pie» (M. Justin Balzon. Franzose); 19. le «Gambronne» (M. Kdmond David, Franzose): 20. «Aeroclub Mr. 3» (M. Auguste Nicolleau, Franzose).

Die Fahrten begannen gegen 3 Uhr nachmittags, nachdem zuvor zahlreiche Brieftauben und Pilotenballons aufgelassen worden waren; bei dem frühen Dunkelwerden infolge eines immer beständiger werdenden Regenwetters konnten bis gegen 7 Uhr abends bedauerlicherweise nur nachfolgende 15 Ballons starten:

I'lir

 

Ihr

 

3 h —

L'Eden (M. Boulenger).

5h-

L'Kole (M. Gasnier).

3 38 —

L'Arrhiiiicde t.M. Blanchel).

f, o _

L'Acadeini«'-A6ronauti«]ue (M. Balzon).

3** —

Le Radio-Solaire (M. Borde).

5 « —

La Belle hi'lene iM. Duprat).

4 04 —

La Belgi«jue iM. d'Oultrcmont!.

 

L'Albatros (M. Leblanc).

.{. 20 —

La Concorde (M. Maison).

6 18 —

Le Genlaure (M. Vonvillen.

.{24 _

La Kabylie (M. Jacques Faure).

(ph —

La Finlande (M. de Balsclo.

i :« _

Fl Gierzo (M. Duro).

7 06 —

Le Gambronnc (M. David).

.{. m)—

Phfi-be uM. Bachelard).

   

Über den Ausfall des Wettbewerbes wurde folgendes im Aeroclub de France bekannt gegeben :

1. Preis, M. Jacques Faure, der zusammen mit Comte Rozan im Ballon

Kabylie f'lu'OO cbm) in 18 Stunden 0 Minuten etwa 1350 km zurücklegte und gegen 1O30 Uhr vormittags am 16. Oktober bei Kirchdrauf bei Leustchau in Ungarn (Kreis Zips) landete.

2. Preis, M. J. F. Duro, Begründer des Königl. spanischen Aeroclub, fuhr

zusammen mit Leutnant Herrera von der spanischen Luftschilfertruppe im Ballon Gierzo und landete am 16. Oktober gegen 630 Uhr vormittags bei Neutitseliein in Mähren, nahe der Grenze von österreichisch Schlesien.

*+*» 311 «<m«

3. Preis, AI. Edouard Boulenger aus Roubaix, fuhr allein im Ballon Edem (800 cbm) und landete liß vormittags zu Annaberg in Sachsen. Beinahe ebensoweit kam M. Edmund David mit dem Ballon Cambronne (800 cbm), er landete um 7 Uhr vormittags in Plaltling (Bayern) und legte in 11 Stunden 50 Minuten 780 km zurück.

Von den andern Führern wurden folgende Resultate bekannt gegeben : Leon Maison, Ballon La Concorde 1550 cbm. Landung 123Ü nachts bei Neustadt a. d. Saale in Bayern, etwa 680 km.

Von vi Her, Ballon Centaure. Landung 1221! nachts, 3 Kilometer von Darmstadt, Entfernung 480 km. Fahrtdauer etwa 61/« Stunden. Mitfahrender M. Charles Levee.

Comte dOultremont, Ballon La Belgique, Landung nach Ballastverbrauch um 91ü abends bei Zirn a. d. Nahe im Birkenfeldsehen (Oldenburg). Fahrtdauer etwa 5'/a Stunden.

Alfred Leblanc, Ballon Albatros, landete in Schneesturm um 1 Uhr morgens zu Densborg bei Trier. Entfernung 340 km. Fahrtdauer (> Stunden 4(i Minuten. Mitfahrender M. Martin.

Bachelard, Ballon Plurbe, landete bei Eegreuv bei Basbogne in belgisch Luxemburg. 290 km.

Tollander de Bai seh, Ballon Finnland, landete bei Luxemburg.

Gasnier, Ballon L'Eole, landete bei Rulles in belgisch Luxemburg.

Blanchet, Ballon L'Archimcde, landete bei Beaufort in belgisch Luxemburg.

Duprat, Ballon La Belle Helene, landete zwischen Carignon und der belgischen Grenze.

Justin Balzon, Ballon L'Academie Aeronautique, landete bei Vouziers in den Ardennen.

Die genaue Festlegung der erreichten Resultate kann erst später nach Rückkehr der Führer erfolgen.

Man kann das Wettiiiegen im ganzen genommen als einen schönen Schlußstein der internationalen Aeronautischen Konferenz betrachten. Der Besuch der Tuilerien seitens des Publikums war ein außerordentlich starker, trotz des unfreundlichen, regnerischen Wetters. Unter den Zuschauern befanden sich unter andern auch der deutsche Botschafter Fürst Radolin, der bayrische Gesandte, die italienische Gesandtschaft und die Königin von Madagaskar. Viele Tausende standen außerhalb der Umzäunung und sahen dem imposanten Schauspiel zu.

Jeder mußte die Empfindung haben, daß der Tag zugleich der Einweihung eines neuen großartigen Sports gilt, daß er einen Markstein bildet in der Geschichte der Luftschiffahrt.

H. W. L. Moedebeck, Schriftführer des deutschen Luftschiffer-Verbandes.

Vortrag von E. Archdeacon über den Schwebeflug,

gehalten im Automobilklub de France vor den Delegierten der internationalen aeronautischen Konferenz, 14. Oktober 1905.

(Übersetzt durch A. de Quervain.) Meine Herren!

Morgen werden Sie einer wirklichen Apotheose der Luftschiffahrt beiwohnen, einer Apotheose, über die ich mich als erster herzlich freue, da die Luftschiffahrt mit Ballons jedenfalls eine der verschiedenen Arten darstellt, wie man sich im Luftmeer bewegen kann; so kann denn diese Verherrlichung auch für die Schwester der Luftschiffahrt, für die Fliegekunst, für die ich immer eine besondere Vorliebe besessen, von Nutzen sein. Da aber die Fliegekunst noch zu jung ist, um sich morgen vor unserer Versammlung präsentieren zu dürfen, habe ich gedacht, es würde immerhin erlaubt sein, wenn in Ermanglung eines besseren, wenigstens heute einer ihrer begeistertsten Anhänger einige Worte zu ihren Gunsten spricht.

Ich bin glücklich, in der Gegenwart der geehrten Vertreter von Deutschland, hier öffentlich und mit Nachdruck als genialen Vorläufer in der Aviatik den unvergeßlichen Lilienthal anzuerkennen. Seine letzten Versuche, seine Schwebellüge von 300 m Länge sind bis zu diesem Tage von niemand übertrolfen worden: er ist ohne alle Frage unser aller Meister und der Vater aller vergangenen, gegenwärtigen und zukünftigen Flugtechniker. Doch kann ich neben dieser warmen Anerkennung dessen, was von deutscher Seite hier geleistet worden ist, nichl umhin, mein Bedauern auszudrücken, daß ein Genie wie Lilienthal in seiner Heimat keine Nachfolger gefunden hat, die das von ihm unternommene glänzende Werk fortgesetzt hätten. Ich spreche jedoch die Hoffnung aus, meine Herren Delegierten aus Deutschland, daß doch eines Tages sich unter Ihnen solche Leute finden werden. Denn um diese so schwierige Flugfrage zu einer glücklichen Lösung zu bringen, dazu bedarf es einer vereinten Anstrengung der Fachleute aller zivilisierten Nationen.1)

Bis zu diesen letzten Jahren haben sich'die Arbeiten, die sich mit der Lenkbarkeit eines Luftfahrzeugs befassen, fast ausschließlich dem lenkbaren Luftschiff zugewandt. Einige Anhänger der Flugmaschinc, vor allen Nadar, haben darum den auf diesem Gebiete Arbeilenden Parteilichkeit zugunsten des Luftschilfs vorgeworfen und haben geradezu dem Gedanken Ausdruck gegeben, daß die Realisierung des lenkbaren Ballons beträchtlich

') Herr A r■' h U <• ;i <• <• ii, der die LkdieiMwurdigkril hatte uns obige Hede auf meine Uitle hin für <1ie . Illustrierten Aermauli. leu .Mitteilungen- /nr Verlüsrung zu stellen, schrieb mir auf feine nebenstehend wied. r^vgelcne I'holographie die Worte Ii» lervent admiratetir de Lilunthal, iiui vondrait etre uu Lilienlhal dans m'ii pay». «-u ■)"' euntenterait ein i.re .1 .Ire un demi Lilienihal.

Dan- :t ans. vnus »ere/ ob Ii de iui el \<t ime hlatne.

Hoffen wir und wütts. In n wir, daii Herr Arehdeaeou Hecht behalt' Hoffen wir auch, dali die -|,;irlitii<-n S. hiller Lilienthal- 1 ei uns ui< IM ermatten, sondern in dieser Aufforderung neue Anregung linden zur l-'nrl-> Uung ihrer -o i:it-r --anten iuhI lehrreichen Ver-uicne, Moedebeck.

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diejenige der Flugmaschine verzögert habe. Allerdings muß ich gleich beifügen, daß meiner Ansicht nach diese Auffassung durchaus falsch ist.

Der lenkbare Ballon hat mit Grund die Krlinder angezogen, weil sie im voraus wußten, daß mit einem genügend großen Ballon sie sich immer schwebend erhalten konnten, wie groß auch im übrigen das Gewicht ihres Motors sein mochte. Das Schlimmste, was ihnen passieren konnte, war, daß die Lenkbarkeit nur in geringem Maße oder gar nicht erreicht wurde; aber daraus folgte kein weiterer Übelstand, wenn etwa der Motor versagte. Ganz anders der Flugschüler: Wenn dessen Motor unzulänglich sich gezeigt hätte, wäre auch nicht der geringste Anfang eines Versuchs möglich gewesen. Für den Fall, daß er hätte vom Erdboden aus auflliegen wollen, wäre er einfach jämmerlich sitzen geblieben, und wenn er von irgend einem erhöhten Punkt aus hätte auffahren wollen, so würde er sich wahrscheinlich den Hals gebrochen haben. Das Experiment war also recht wenig verlockend.

Immerhin haben uns schon vor 18 Monaten die amerikanischen Zeitungen verkündigt, daß, zum erstenmal, die Gebrüder Wright eine Strecke von i(K) m in freiem Flug mit einem mit Motor angetriebenen Flugapparat zurückgelegt hätten. Wenn ich nun auch große Achtung habe vor den Gebrüdern Wright, deren erste Versuche ohne Motor nicht abzustreiten und von größtem Interesse sind, so ist KijI 1 - ErnMl Arcndaacon.

es mir doch unmöglich, die Berichte über die letzten Versuche als historische Wahrheit anzunehmen, Versuche, die ohne Zeugen geblieben sind, und die von ihren Veranstaltern absichtlich in völligem Dunkel gehalten worden sind. Vielleicht ist unter den hochgeschätzten Delegierten aus Amerika, die wir hier begrüßen durften, einer, der uns noch unbekannte und zuverlässige Einzelheiten über jene Aufsehen erregenden Versuche mitteilen könnte.1)

Ich sagte eben, daß die Ballons die Entwicklung der Flugtechnik keineswegs zurückgehalten haben. Denn folgendes gehl, aus den Versuchen von Chanute, der Gebrüder Wright und auch aus den bedeutsamen Berechnungen des Obersten Benard hervor, und zwar in recht gut überein-

'i Drr anw<-.-< nilf niinTikuiiisoho Delegierte M. Lawrence Itoleh teilte hierauf mit, «lall er »elbst Näheres nicht erfahren hatte umi 'lall wohl UrClnde rOfÜtgen müßten, dir Dekanntgebung zurürk/uhalten. Wir werden aber Bichl U BS ttbi-r einen Ilcsmh tin-ir<.> ü'-'hat/t. n Knrr--*|>i>iiden(rn H.rrn K. I) i <• n » 11> u o h bei den Gebr. Wru'lit lurichteri künnen. Die Redl

»frt>9» 341 «44«

stimmenden Zahlen: Damit eine Schwebellugmaschine vom Typus Wright aus eigener Kraft den Boden verlassen kann, ist es erforderlieh, daß das Gesamtgewicht von Motor, Schrauben und Transmissionen 7 kg Pferdekrafl nicht übersteige; und davon bleibt höchstens 5 kg pro Pferdekraft für den kompletten Motor selbst übrig. Nun ist aber diese untere Gewichtsgrenze von 5 kg pro Pferdekraft heutzutage eben erst mit knapper Not erreicht: besonders bei Motoren von nicht über 25 Pferdekräften. Darum ist die Flugmaschine sozusagen erst seit gestern überhaupt materiell möglich geworden und es ist nicht viel Zeit verloren. Hingegen ist allerdings jetzt der Augenblick gekommen, vorzugehen: wir stehen an einem Wendepunkt unserer Wissenschaft, und das Ziel liegt klar vor Augen. So müssen wir denn im kritischen Augenblick alles aulbieten, damit wir womöglich die ersten am Ziel sind.

Es scheint übrigens eine historische Talsache zu sein, daß mehrere Flugmaschinen tatsächlich den Boden ans eigener Kraft etwas verlassen haben, aber nur um einen Luftsprung zu machen und dann in tausend Stücke zu gehen. So war es mit den bekannten Flugmaschinen von Ader und Maxim, deren Erfinder Hundertlausende ausgegeben hatten, nur um damals außerordentlich leichte Motoren herzustellen, wie wir sie heutzutage ohne weiteres im Handel finden.

Wenn heute die Motorfrage als gelöst zu betrachten ist, so ist dies doch sicher mit der Frage der Stabilität noch nicht der Fall. Man muß also vor allein diese Stabilitätsfrage untersuchen und dabei ein Mittel linden, wie der Experimentator und Steuermann seine Lehre machen kann, ohne dabei Arme und Beine zu brechen. Denn abgesehen von den objektiven Folgen wird eine solche betrübliche Aussicht ihm kaum jene Sicherheit und Kaltblütigkeit geben, die zur Lenkung seines widerspenstigen und kapriziösen Gefährts erwünscht ist. Ich habe ferner gedacht, daß es erforderlich ist, zunächst genau die Leistung in Pferdekräften zu bestimmen, durch die ein gewisser Flugapparat schwebend erhalten werden kann.

Zu diesem Zweck habe ich eine Versuchsanordnung gewählt, die diese verschiedenen Anforderungen zu befriedigen scheint. Anstalt wie Maxim und Ader meinen Flugapparat auf ein mit Bädern versehenes Geslell aufzubauen, habe ich vorgezogen, meinen Gleilllieger auf 2 nebeneinander gekoppelte Schilfe (in der Nautik < Kataraman» genannt) aufzustellen. Diese < VVassermonlierung. ist nicht merklich schwerer als die erslgenannte und sie hat den ungeheuren Vorteil, daß die Versuche über dem Wasser stalt-tinden können, d. h. über einem Körper, dessen Moleküle die so sehr erwünschte Verschiebbarkeit besitzen.1) So werden unvorhergesehene Zusammenstöße unsäglich viel weniger verhängnisvoll als auf dem Erdboden, so sandig dieser auch sein möge. Aus demselben Grund ist es auch möglich, alle Teile des Apparates auf ein Minimum von Gewicht zu redu-

Ui r li.it I uiiiri. Ii di" vi r.li-'ti-t\ü!t A»i'T-.limnp cW • '■ -1 ■ - r r •_- i. hi-i-Ih-ji Fluptc"huik«T.-* W. Krcß i'ilv m1- Vft-.i p. miii'it; „■• 1 ii :i 11 ■• »i. >J k.

eieren. Mein Gleitflieger, wie er auf diesen Bildern sich zeigt, unterscheidet sich bedeutend vom ursprünglichen Typus von Wright, den ich glaubte, bei meinem ersten Apparat kopieren zu sollen, um mich zum Flugtechniker zu schulen. Mein Gleitflieger gleicht nun vielmehr einem Hargravescheu Drachen, immerhin mit bedeutenden Verschiedenheiten. Seine Flächen sind gewölbt; der

Flg. 1 — Archdeacons Flugapparat nach System Wright.

hintere Teil ist mit Rücksicht auf die Verteilung des Gewichts viel kleiner als der vordere Teil. Endlich habe ich die Zahl der vertikalen Scheidewände vermehrt, weil sie den Widerstand beim Fliegen nur wenig vermehren, aber die transversale Stabilität ganz bedeutend vergrößern. Das

Fig. :t. — Aufflug von Archdeacons Flugapparat, System Wright, gezogen durch ein Automobil auf dem

Exerzierplatz von Issy.

Vertikalsteuer (gouvernail de profondeun der Gebrüder Wright habe ich beibehalten, doch bin ich davon überzeugt, daß man diese Steuer ebenso gul hinten anbringen und mit dem Schwanzstück vereinigen könnte.

Ich bin noch einem anderen Grundsatz gefolgt, den ich für richtig halte. Anstalt auf einmal auch noch an die grollen Schwierigkeiten der

»•» 34t) «4«

Anbringung des Motors und der Schrauben heranzugehen, habe ich vorgezogen, sie zunächst außerhalb des Apparats unterzubringen, und zwar ganz einfach dadurch, daß ich den Gleitflieger an einem sehr langen Tau von einem jener schnellen Motorboote schleppen ließ, welche durch die letzten Fortschritte der Motorfabrikationen möglich geworden sind. Bei meinen Versuchen habe ich ein Boot von 100 Pferdekräften verwendet, welches die völlig genügende Geschwindigkeit von 40 km in der Stunde leisten konnte. Sobald mein Apparat in bezug auf die Luft eine Eigengeschwindigkeit von etwa 36 km in der Stunde (10 m i. d. Sekunde) erreichte, löste er sich vom Wasser ab und begann zu (liegen. Durch meinen jungen und mutigen Mitarbeiter Voisin mit Geschick gesteuert, machte er mehrere Schwebellüge mit einer Stabilität, die in den meisten Fällen so befriedigend wie nur

Fig. i. — Archdeacons Flugapparat auf der Seine.

möglich war. Er gehorchte mit einer hervorragenden Empfindlichkeit allen Bewegungen mit dem Vertikalsteuer. Doch sah ich mich genötigt, zu gestehen, daß auch zwei Purzelbäume vorgekommen sind, namentlich mit dem Gleitllicger meines Freundes Bleriot, der analog dem meinigen konstruiert war. Diese kinematographische Vorführung1) veranschaulicht Ihnen den Hergang. Dieser Unfall, der im wesentlichen darauf zurückzuführen ist, dall einer der Schwimmer allein sich mit Wasser gefüllt hatte, kann die Tatsache nicht beeinträchtigen, daß die Flugapparate dieser Form sieh im allgemeinen sehr gut gehalten haben. Die Bilder, die ich Ihnen noch vorführe, sind leider an einem Tage aufgenommen worden, wo die Gleitflieger sich nicht so sehr stabil verhielten, infolge eines heftigen Windes mit Wirbel»» An einer lünem*togra.pllia< Inn Projektion wurde der interessante Fall vorgeführt, bei dem die 1 1m,mii.i. hin. w>m Motorboo! gesogen! stell i" die Luft erhob und plötzlich in der Luft umkippte und mit Herrn üleriol ins W.is-cr hei.

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bildung. Diese Flugapparate benehmen sieh, wie Sie sehen, keineswegs wie ein Drache, wie solche, die mit der Sache nicht vertraut sind, denken könnten, sondern wirklich als Gleitllicger, mit einem ziemlich kleinen Angriffswinkel. Mein Apparat wurde also durch das Boot in ganz gleicher Weise gezogen, wie er bei dem endgültigen Modell gezogen werden wird, an dem wir die Schrauben vorn, also mit Zugwirkung, anzubringen uns entschlossen haben. Es wird sich aber ein gewisser Unterschied doch geltend machen, und ich bin der Meinung, wie auch mein erfahrener Freund, der Hauptmann Ferber, daß die Stabilität hinter dem Boot schwieriger zu erreichen ist, als mit einem Gleitflieger, der seinen eigenen Motor hat. In der Tat kann ein Gleitflieger, der vom Boot geschleppt wird, nur unvollkommen abtreiben, wenn er von einem seitlichen Windstoß getroffen wird; denn er

Fig. 6. — Archdeacons Flugapparat auf der Seine.

ist eben durch das Haltekabel in einer fast unveränderlichen Richtung festgehalten. Wenn er hingegen seinen eigenen Motor trägt, wird er nur ein wenig abtreiben, wie ein fahrendes Schilf, das in eine starke seitliche Strömung gerät. Die gute Stabilität, die die Versuche schon beim Schleppen mit einem Boot gezeigt haben, lassen mich noch bessere Resultate erwarten bei einem Flugapparat in seiner definitiven Form mit eigenem Motor. Es steht mir aber völlig fest, daß ich mich nicht an diesen delinitiven Apparat heranwagen werde, bevor ich nicht aus den Schleppversuchen alle Lehren gezogen habe, die man daraus menschenmöglich ziehen kann; und damit bin ich vorläufig noch nicht zu Ende.

Um die für meinen Flieger erforderlichen Pferdekräfte festzustellen, habe ich, wie ich eben sagte, verschiedene Meßapparate erproben müssen: 1. Einen registrierenden Dynamometer, der im Schlepptau selbst zwischen dem Boot und dem Gleitllicger eingeschaltet war: dieser

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Dynamometer war speziell zu diesem Zwecke von dein bedeutenden Konstrukteur Jules Richard angefertigt. 2. Ein Anemometer, auf dessen Beschreibung ich hier nicht weiter eingehen kann, der aber gegenüber den sonst gebräuchlichen Anemometern die Eigentümlichkeit besitzt, daß seine Angaben augenblickliche sind und die Geschwindigkeit der Bewegung während aller Phasen des Versuchs zu kontrollieren gestatten. Diese Apparate kaben erlaubt, festzustellen, dal!, zu meiner Verwunderung, die zu leistende Arbeit viel größer war, bevor sich der Apparat vom Wasser erhoben hatte, als nachher. Denn man konnte nachher die Geschwindigkeit des Bootes bedeutend vermindern, ohne daß der Gleitllieger wieder gesunken wäre. Ich schreibe die merkwürdige Tatsache dem Um-

l'ig. <",. — Archdeacons Flugapparat auf der Seine.

stand zu, daß die unleren Flächen sich ziemlich nahe über dem Wasser befanden, so dal! die Luft nur schlecht darunter durchlließen konnte, und diese Flächen, solange sich der Apparat noch nicht erhoben hatte, nichts zu dessen Unterstützung beitrugen. Meine Versuche haben bis jetzt auf der Seine stattgefunden unter laichst unbequemen und schwierigen Umständen, beeinträchtigt, wie ich war, durch die geringe Breite des Stroms, durch die Unmöglichkeit, genau gegen den Wind zu fahren usw. Darum ist denn auch die Genauigkeit meiner Messungen heute nur eine annähernde und sie konnten nicht so entscheidend sein, wie bei den Versuchen, die bevorstehen. Wenn ich sage morgen, so ist es keine Übertreibung, denn ich werde morgen an den Genfersee fahren, wo mein Gleitllieger und ein Motorboot von 1<h> Pferdekräften, der llotchkiß und mein getrauet Pilot Voisin mich erwarten. Bei der großen Oberfläche und der ungehinderten Bewegung, die ich auf drin Genfersee habe, hoffe ich. diesmal längere Versuche von

10 bis 15 Minuten oder mehr ausführen zu können, und hoffe, ganz genaue Zahlen über die zum Schweben meines Gleitlliegers nötige Arbeit zurückzubringen. Ich werde mich beeilen, diese Zahlen zu Nutz und Frommen künftiger Flugtechniker zu veröffentlichen. Es ist auch zu erwarten, dafl

1 i,-. 7. - Archdeacons Flugapparat auf der Seine von vorn gesehen.

nach diesen Versuchen mein Pilot sich gründlich in seine Vogelexistenz eingelebt hat.

Ich will nun auf die Messungen, die ich auf der Seine schon angestellt habe, zurückkommen: Der Apparat samt seinem Steuermann Voisin wog

Fig. B, — Archdeacons Flugapparat vom Motorboot gezogen.

300 kg. Kr hielt sich mit Leichtigkeit schwebend bei einem Zug von 60kg am Dynamometer und bei einer mittleren Geschwindigkeit von 1«> m in der Sekunde. Die entsprechende Knergie war also t! > '10 = (>oo kgm. Dies gibt, durch Division mit 75 auf Pferdekräfte reduziert, genau 8 Pferdekräfte.

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Diese Zahlen sind sicher ZU hoch, aber ich habe absichtlich die obere Grenze gewählt, um mich sicherlich nicht nach der anderen Seite zu täuschen. Ich habe noch nicht Zeit gefunden, den zweiten Teil des Versuchs auszuführen, der darin bestanden hätte, den Apparat mit weiteren 160 kg zu belasten und dann dieselben Messungen vorzunehmen. Da ich also keine experimentellen Angaben darüber habe, will ich lieber wieder an die obere Grenze der berechneten Werte gehen und annehmen, daß das Tragen dieser weiteren 150 kg weitere 4 Pferdekräfte erfordert hätte. Dann hätte ich für meinen Gleitllicger einen Motor von 12 Pferdekräften nötig. Aber es handelt sich um 12 Pferdekräfte wirklicher Nutzleistung, während man im allgemeinen annimmt, daß die Schraube und die Übertragungen 50°,n von der Kraft des Motors absorbieren: also muß ich einen Motor von 12X2

Fif. 9. — Archdeacons Flugapparat erhebt sich von der Wasserflache.

= 24 Pfcrdekräflen haben. Dividiert man 150 kg durch 24, so kommt 6,3 kg pro Pferdekraft heraus, eine Zahl, die den 7 kg pro Pferdekraft sehr nahe kommt, die von Kommandant Renard berechnet worden sind. Diese Zahlen sind, wie ich wiederholen möchte, durchaus in ungünstigem Sinne hoch gewählt: Wer morgen einen stabilen Gleitllicger baut, der diesen Angaben entspricht, und der von einem dazu fähigen Führer gelenkt wird, der ist sicher, ihn auf den ersten Schlag fort Iiiegen zu sehen. Ich kann noch hinzufügen, daß bei ruhigem Wetter bei einem Apparat mit vertikalen Seheidewänden die transversale Stabilität sicher ist. Bei unregelmäßigen Winden oder bei Wirbelbildung scheint mir allerdings die Frage einer völligen Stabilität last unlösbar. Jedenfalls ist dies das schlimmste Problem für den Flugschiller der Zukunft und darum habe ich mich auch bis auf weiteres zu den Versuchen über einer Wasserfläche entschlossen.

Man wird mir vielleicht vorwerfen, daß ich bei meiner Unterhaltung

351 «44«

den Scbraubenflieger vernachlässigt habe. Das stimmt. Aber ich nehme Sie schon eine Weile in Anspruch und muß mich einschränken; und wenn ich etwas absichtlich den Schraubenflieger beiseite gelassen habe, so ist es deshalb, weil meine bestimmte Ansicht, um die Wahrheit zu sagen, die ist, daß der von Menschen gelenkte Schraubenllieger, wenn er überhaupt zu verwirklichen ist, doch sicher nur in einer sehr entfernten Zukunft verwirklicht werden kann. Bei dem Schraubenllieger verlangt man von der Schraube, einem Hilfsmittel von sehr mittelmäßigem Nutzeffekt, daß sie ganz allein das Gewicht des Apparates trage. Beim Gleitflieger behält man zwar die Schraube bei, weil man sie nicht entbehren kann, aber man verwendet sie mit einem viel weniger starken Motor; denn anstatt daß man das Gesamtgewicht direkt durch die Schraube tragen läßt, läßt man es nur

Fig. 10. — Im Vordergrunde Bleriots, Im Hintergrunde Archdeaoans Flugapparat.

indirekt tragen, vermittelst einer Art von Hebelsystem, das aus nichts anderem besteht, als eben aus den Tragflächen des Gleitfliegers. Und dieses Hebelsystem gibt unter gewissen Bedingungen einen vorzüglichen Nutzeffekt.

Der Hauptmann Ferber stellt auf Grund einer Beihe von Versuchen, die er mit seinein eigenen Apparat angestellt hat, die Theorie auf, daß der Widerstand der Luft für sehr wenig geneigte Flächen achtmal so groß ist, als bei normal zu ihrer Bahn fortbewegten Flächen. Der Oberst Benard hat in einer bemerkenswerten Mitteilung an die Akademie der Wissenschaften schlagend gezeigt, daß ein Schraubenllieger, um das gleiche Gewicht zu tragen, wie ein Gleitllieger, eine unverhältnismäßig viel größere Kraft-leislung und einen unverhältnismäßig viel kleineren Motor in Verhältnis zu dessen Leistung verlangt. Ks genügt übrigens nicht, daß der Schraubenllieger sich in der Luft schwebend erhalte: er muß auch gelenkt weiden können, und da scheint es bei der ersten Überlegung, daß diese Lenkung

wesentlich viel komplizierter sein müsse, wie bei dorn (ileitflieger, bei welch letzterem ein einfaches Verlikalsteuer völlig genügen muH.

leb glaubte Ihnen hier, zugleich mit meinem llugtechnischen (»lauben.— bekennt Iiis, wenn auch schüchtern, von meinen bescheidenen Versuchen sprechen zu sollen; das, was ich heule weih, genügt gerade, um den langen Weg beurteilen zu können, der mir noch zu gehen bleibt, um zu einem praktischen Resultat zu gelangen: der Zweck dessen, was ich Ihnen vorgetragen, ist also nicht nur der. andere an dem wenigen, was ich mitteilen kann, teilnehmen zu lassen, sondern besonders der Wissenschaft, für die ich mich begeistere, weitere .lüuger zuzuführen. In Frankreich kenne ich zum mindesten einen, «ler ebenso begeistert ist wie ich. und den ich nicht

Fig. II. Bierlots Flugapparat auf dem Wasser mit dem Motorboot von 100 Pferdestärken.

bekehrt habe, das isl unser vorzüglicher Hauptmann Ferber, den die ganze aeronautische Welt jetzt als groben französischen Vorkämpfer der Aviatik kennt. Er bat seinerseits auch sehr inleressanle Versuche angestellt und namentlich eine wohldurchdachte Art, die (Üeilllieger hochzulasseii, erdacht, welche er selbst erprobt und deren kineinatographische Wiedergabe Sie zu sehen bekommen. Seine neulicheu Versuche haben nicht völlig das Echo gefunden, das sie sicher gehabt hätten, wenn durch die Anordnungen der militärischen Hierarchie die Versuche nicht fern von allen Zuschauern hinter den bergenden Mauern des Parks von Chalais-.Meiidon hätten stattfinden müssen. Doch wird nicht alles von diesen interessanten Versuchen unzugänglich bleiben. Der frühere Direktor von Chalais-Meudon, der ver-Murbene ()hersl Kenard, hat über die Aviatik eine lleibe von theoretischen Untersuchungen veröffentlicht, die das große Verdienst haben, denen, die auf diesem Gebiet arbeiten, die wahre Richtung zu zeigen, in welcher ihre

>»fr» HöB «8«t«w

Untersuchung«'ii und Versuche nngestellt werden müssen. Wenn sie dieser Richtung folgen, ohne durch die Hindernisse aufgehalten zu werden, oder unterwegs irre zu werden, müssen sie sicher am Ziel ankommen. Das Problem ist jetzt in so klarer Form gestellt, daß es mehr als zur Hälfte gelöst ist. Möchten nur 2 oder 3 Männer von der nötigen Begabung sich ernstlieh damit befassen, und die definitive Lösung wird vielleicht nicht mehr eine Frage von Monaten, sondern von Tagen sein.

Was mich betrilft, so bin ich auf wissenschaftlichem Gebiet entschieden für das Prinzip der Internationalität, von woher auch die endgültige Lösung kommen möge, ich werde ihr mit der gleichen Begeisterung zujubeln. Das aber ist sieher: Das Land, woher diese Lösung kommen wird, wird für alle Zeiten seinen Namen in diamantener Schrift auf die Tafeln der Weltgeschichte geschrieben sehen.

Das Ballonet von Meusnier.

Von Vojer, ('.apitainc du genic. Mit Genehmigung dos Verfassers übersetzt von H. W. L. Moedebeck. Wir haben dargelegt, wie General Meusnier schon 1783—178 f-1) die Gesetze der Luftschiffahrt mit dem Freiballon entdeckt hatte. Gleichzeitig leitete er aus diesen folgende Nachteile ab:

Schneller Ballastverbrauch: fort gesetzte Steigerung der Höhe der Gleichgewichtslage des Prallballons: Unmöglichkeit für die Praxis, unterhalb dieser Gleichgewichtslage zu fahren, und demnach Unmöglichkeit, seine Höhenlage zu wählen.

Der Hauptzweck der Denkschrift vom 3. Dezember 1783 war in der Tat «lie Beseitigung dieser Nachteile. Hierfür hatte Meusnier das Luft-Ballonet'i erfunden. Diese Krlindung, die lange Zeit hindurch der Vergessenheit anheimgefallen war, wird heute wieder angewendet bei Luftschilfen, bei gewissen Arten von Fesselballons und selbst bei einigen Freiballons. Sie ist also durchaus modern und es ist «laher nicht uninteressant, zu prüfen, wie ihr Erlinder sie beim Aufkommen der Luftschilfahrt beschrieben hatte, zumal da in dieser Beziehung Meusnier ziemlich schlecht von seinen Geschichtsschreibern verstanden zu sein scheint.

I. Konstruktion des Bailonets.

In seiner Denkschrift schlägt General Meusnier drei verschiedene Arten «les Bailonets vor.

Erste Form. — «Man kann den einen der beiden Bäume (Ballon und Ballonet) von einander trennen durch eine Art dehnbaren Diaphragmas, der Form nach gleich einer der Hälften der Ballonhülle» . . .

') Memoire »ur I ''*i|iiilil>rp de* machines n.to«latiqucs, eingereicht der Akademie am 3. Dezember 17x3 mit einem Beiheft, enthaltend die Anwendung der Theorie un einem besonderen Beispiel, alle« zusammen veröflcnllichl im Journal de nhysiiiue de« Abbe Ho/ier i.luli 1 7h; i.

«*) Da* Wort •Ballone!., heute durch den Gebrauch eingeführt, findet «ich nichl in Meusnier* Denk-nehriften; der Autor hc/piehrict es mit dein Namen .besonderer Baum, bestimmt zum Kinsohlieilen von atmosphärischer Luft- icapacite particuliere destim-e ii renfermer de l'nir alinospheriqn«).

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«Die entzündbare Luft nimmt den oberen Teil ein, indem der untere für die atmosphärische Luft bleibt, und das Diaphragma, das beide trennt, muß für gewöhnlich schlaff sein, ausgenommen im Falle des höchsten Aufstiegs, wo die entzündbare Lull den ganzen Leerraum der atmosphärischen Luft einnimmt und letztere vollständig entwichen ist, dieses Diaphragma würde sich genau gegen die untere Hälfte der Kugel anlegen.»

Diese Konstruktionsart, die in der Verdoppelung des Stoffes des Ballons in seiner unteren Hälfte besteht, wurde später wieder aufgenommen von Dupuy de Lome mit dem einzigen Unterschiede, daß Meusnier vorschlug, den gesamten Unterteil des Ballons zu verdoppeln, während Dupuy de Lome die Verdoppelung begrenzte auf eine Horizontalebene unterhalb des Äquators.

Zweite Form. — <Man könnte auch die atmosphärische Luft einrichten in einem Raum, der ganz von dem Ballon mit der entzündbaren Luft umschlossen ist, indem man hierzu einen zweiten kleineren Ballon als den ersteren einrichtet > . . .

«Der Inhalt des inneren Ballons darf nicht viel größer sein als das Maß, um welches die entzündbare Luft sich ausdehnen würde in der höchsten erreichbaren Höhe, für welche man die Maschine geeignet machen möchte; daraus folgt, daß diese Methode die am meisten ökonomische wäre in Anbetracht der erforderlichen Stoffmasse und des daraus sich ergebenden Stoffgewichtos. >

Diese zweite Form wurde von den Brüdern Robert angenommen bei der Konstruktion des Ballons, den Meusnier eingehend studiert hatte in dem Anhang seiner Denkschrift und der zu St. (lloud am lö. Juli 1784 versucht wurde.

Dritte Form. — In der Absicht, seinem Ballon einen bestimmten Innendruck zu geben aus Gründen, die wir später erklären wollen, und in Anbetracht der Gasverluste, die hierdurch eintreten würden, schlügt Meusnier endlich vor, »den Ballon mit entzündbarer Lufl einzuschließen in einen anderen*. Die atmosphärische Luft würde im Zwischenraum der beiden Hüllen untergebracht und würde von allen Seilen diejenige mit der entzündbaren Luft unigeben. Diese Methode erfordert in Wahrheit die Verwendung einer viel größeren Stolfmenge als die beiden ersteren, von denen ich gesprochen habe, zudem steht es außer Frage, daß er sich nur auf kleine Höhen erhoben kann; aber sie birgt einen sehr wertvollen Vorteil und der ist. daß der Innendruck nicht mehr das Bestreben hat, die entzündbare Luft heraus zu treiben, da der Stoff, welcher sie einschließt, diesen Druck gleichmäßig auf seine beiden Oberflächen verbleitet; die äußere Hülle ist allein durch diesen Druck gespannt, aber sie läßt nur atmosphärische Lufl. entweichen und dieser Verlust ist leicht zu ersetzen..

Diese letzte vom Autor bevorzugte Form ist diejenige, welche in seinem großen Projekt einer aerostatischen Maschine zum Ausdruck gelangt. Sie ist auch in den Augen der Öffentlichkeit als Typ des Ballonels von Meusnier geblieben und man hat vergessen, daß dieser Gelehrte gleichfalls zwei

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andere noch heule in Gebrauch befindliche Formen vorgeschlagen halte: Die Verdoppelung der unleren Ballonfläche und das innere Kugelballonet.

II. Funktionen des Ballonets.

Bei Erfindung des Luftballoneis teilte General Meusnier ihm mehrere unterschiedene Aufgaben zu:

1. Die Erhaltung der Form. — «Dem Ballon eine unveränderliche Form zu erhalten', das gibt noch heutzutage dem Ballone! seine Daseinsberechtigung für die lenkbaren Ballons und für Fesselballons.

Sobald der Ballon einer Fallbewegung unterliegt, zieht sein Gas sich zusammen: er hört auf, prall zu sein, es bilden sich Falten und Taschen in der Hülle. Will man diese Formenveränderung verhüten, so muß man atmosphärische Luft hineinblasen.

2. Die vertikale Stabilität. — Meusnier dachte, daß das Ballonet in einem gewissen Maße wenigstens die Instabilität des Ballons beseitigen könnte, auf Grund eines gewissen inneren Druckes.

«Man sieht leicht ein, sagt er in seiner Denkschrift, daß es in der Gleichheit des Druckes zwischen der inneren Luft des Ballons und derjenigen der Atmosphäre begründet ist, und in dem beständigen Wechsel, den ihr Volumen erleidet durch die plötzliche Ausdehnung oder Zusamnienpressung, die der geringste Aufstieg oder Abslieg auf die brennbare Luft, mit der sie gefüllt sind, ausübt, dein man diesen Mangel an Beständigkeil zuschreiben muß, und es folgt daraus, daß es zur Erhaltung der aerostatischen Maschine in einer bestimmten Höhe notwendig wird, entweder ihre Hülle nicht ausdehnbar zu fertigen oder das Fluid, mit dem sie gefüllt ist, darin derart zu komprimieren, daß es eine höhere elastische Kraft erhält, als diejenige der sie umgebenden Luft ist. Wenn in der Tat in diesen beiden Fällen irgend ein Grund die Maschine oberhalb oder unterhalb des Punktes, au welchem sie im Gleichgewicht sein muß, bringen sollte, so würde ihr Volumen sich nicht verändern können, während die Schwere der sie umgebenden Luft sich verändert haben würde: diese Maschine würde demnach in der Atmosphäre nicht mehr ein Gewicht verdrängen, das seinem Eigengewicht gleich wäre, und würde daher gezwungen sein, auf seine erste Stellung zurückzugehen.»

In anderen Worten: sobald der Ballon seine Gestalt unverändert hielte, wäre er nach zwei Richtungen hin stabil; und, um ihm diese Eigentümlichkeit zu geben, schlägt der Autor vor, die Luft in dem Ballon zu komprimieren.

Man hat Meusnier diese Kompression zum Vorwurf gemacht. Man hat entgegnet, daß kein StolT einein Drucküberschuß widerstehen würde, der nötig wäre, um erfolgreich die Gleichgewichtsstörungen des Ballons zu bekämpfen und, andererseits, daß die Arbeit, die zu solcher Kompression erforderlich ist, zu groß sein würde. Alles das ist klar und diese Vorwürfe würden begründet sein, wenn der Autor in der Tat sich angemaßt hätte,

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unter allen Umständen die Gleichgewichtslage des Ballons mittels dieser Luftkompression zu erhalten und das Ballastmanöver ganz zu unterdrücken. Aber dies ist nicht der Fall.

Meusnier, der den Widersland der Stoffe und die infolge des inneren Überdrucks eintretenden Spannungen studiert halte, wullle, bis zu welcher Grenze man ohne Gefahr diesen Überdruck treiben konnte. So fügt er hinzu:

«Man braucht nicht zu glauben, daß dieses Übermaß an innerem Druck, der notwendig ist, um die Ballonform zu erhalten, sehr beträchtlich sein muß; es würde genügen, daß er (der Ballon) einige Linien (Quecksilber an Druck aushallen könnte.«1)

In dem Anhang seiner Denkschrift, in dem er ein besonderes Beispiel behandelt, bestimmt er den inneren Überdruck auf zwei Linien (Quecksilber (öl mm Wasser). Und um ganz sicher zu sein, daß dieser Druck nicht überschritten werde, schlägt er vor, den Ballon mit einem automatischen unteren Ventil zu versehen, das sich unter dem Druck von 07 mm öffnet, ein Ventil, dessen Abmessungen er mit Sorgfalt berechnet. Der so auf einige Zentimeter Wasser begrenzte Überdruck hatte durchaus nichts Utopistisches.

Aber dann, wird man sagen, mußte es sehr wenig wirksam sein, um die Gleichgewichtsstörungen zu bekämpfen. Und führwahr, Meusnier selbst berechnet, daß für seinen Ballon, dessen Größe 970 ebm beträgt, lö Pfund (7,4 kg) wenigstens hinreichen, um in der Maschine einen Innendruck von zwei Linien (Quecksilber hervorzurufen, und daß, angenommen, das Ventil, um hieraus Vorteil zu ziehen, sei nicht vorhanden und nicht konstruiert, wenn man ein noch größeres Gewicht auswürfe, man eine Knileerung von entzündlicher Luft veranlassen würde. Umgekehrt, wenn der Ballon unter Druck ist und eine Belastung von mehr als 7,4 kg hinzukommt, so würde der innere Überdruck nicht ausreichen, um das Niedersinken aufzuhallen: Der Ballon würde sehlall' werden, bevor die Gleichgewichtsstörung aufgehoben wäre.

Auch Meusnier sieht es voraus, daß man oft genötigt sein wird, Ballast zu werfen.

<Wenn nun ein kleiner Verlust an brennbarer Luft eintritt oder wenn die Maschine irgend eine Abkühlung erleidet, so folgt daraus notgedrungen eine allmähliche Verminderung im inneren Druck, den die Lufl-schiffer leicht bemerken werden und der bald eine wirkliche Verringerung des Bullonvoliimeus herbeiführen und der Vorbote eines demnächstigen Sinkens werden wird, wenn man die Spannung der Hülle nicht wiederherstellt, indem man etwas unnötiges Gewicht hinauswirft>.

Fassen wir das Ergebnis zusammen. Das Ballone! mit dem auf einige Zentimeter Wasser begrenzten Uberdruck würde den Gleichgewichtsstörungen eines Ballons gegenüber ziemlich geringe Wirkung gehabt haben, und wenn hierin seine einzige Holle bei Freiballons läge, wäre seine Ver-

Kiin' l.ini'' »'nUprii-bt 'l'2fi nun: rii>- l.ini'' OiiockiillHT ist ploii-li .'}">,7 mm Wa**er.

Wendung ohne Zweifel wenig gerechtfertigt. Das war aber auch durchaus nicht die Hauptfunktion des Ballonels nach der Anschauung von Meusnier.1)

3. Wahl der Fahrzone. — Für ihn war die wichtigste Aufgabe des Ballonets die, daß es den Luftschiflern gestattete, ihre Fahrzonen zu wählen. Das setzt er sehr klar in seiner Denkschrift von 1783 auseinander.

«Wie auch immer ein Ballon gebaut sein mag, ganz gleichgültig, wie seine Form sein mag, ist er mit zwei unterschiedenen Behältnissen versehen, deren eines dazu bestimmt ist, eine gewisse immer konstante Masse brennbarer Luft einzuschließen, und das andere für ein variables Volumen atmosphärischer Luft, so wird er geeignet sein, alle Höhen Wechsel, um die es sich handelt«!, zu erreichen.

Und im Anhang von 1784:

Diese Methode, die acrostalische Maschine zu fertigen, hat zum Hauptzwecke, sie zu allen Arten Bewegungen geeignet zu machen und sie durch alle möglichen Zustände in sehr verschiedene Höhen zu bringen, ohne daß dabei irgend eine Veränderung an ihr eintritt.-

Weilerhin selzl Meusnier diese Eigentümlichkeit des Ballonets auseinander:

-Betrachten wir die Maschine in irgend einer Stellung, wo sie eine bestimmte Masse gewöhnlicher Luft einschließt, die ich eingeschlossen annehme in dem für sie bestimmten Ballon (Ballone!), und unter Spannung infolge des inneren Druckes, dessen Grüße das (automatische} Ventil bestimmt. Die Maschine ist alsdann befähigt, sich zu erheben, indem sie einen Teil der atmosphärischen Luft hinausläßt, oder sich zu senken, sobald man von neuem solche hineinbringt: und die Ausdehnung dieser Bewegungen, bestimmt durch die Größe des inneren Ballons, ist begrenzt an jenen beiden Punkten, wo dieser Ballon ganz geleert oder ganz gefüllt sein wird. Es hat also jeder Zustand dieser Maschine zwei sehr bemerkenswerte Punkte im Baume, weil diese die Grenzen bedeuten, über welche das spontane Gleichgewicht nicht hinausgeht. Wir werden es deshalb benennen: obere und untere Gleichgewichtsgrenze».

Diese beiden Grenzen sind um so viel weiter von einander entfernt, je größer das Fassungsvermögen des Ballonets ist. In dem vom Autor durchgearbeiteten Beispiel waren sie 5(i0 Toisen ictwa 11(X) in) von einander, derart, daß die Luflschiffer mit diesem Ballon nach ihrem Belieben ihre Gleichgewichtslage innerhalb eines vertikalen Raumes von 1100 m verlegen konnten. (Ohne Ballast oder Gasverlust. Der Ibers.)

So bestand die hauptsächliche Wirkung des Ballonets von Meusnier darin, die Fahrzone des Aerostaten innerhalb gewisser Grenzen dem freien Belieben anheimzustellen.

Aber diese Verwendung des Ballonets wird noch heutzutage als das praktischste Mittel betrachtet, um den Luftschilfern zu gestatten, ihre Höhe

*) Wir befinden uns hier in Widerspruch mit den meisten Autoren, die über McuMiier geschrieben und seinem Halbir.it allein diew Holle /m-rtiilt haben. Die run lifol«euden Auszüge werden den Le*er vom Gegenteil üb. r/mg. n.

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sich auszuwählen. Es wurde erneut angepriesen im Jahre 1881 durch den Kapitän Ch. Renard (als Oberst 1905 gestorben) in seiner bemerkenswerten Arbeit * Etüde sur les aerostals ä voluine maximum variable»l) und wenn es bis jetzt in der Praxis wenig gebräuchlich ist. so kann man doch glauben, daß sich seine Nützlichkeit bei der schnellen Entwicklung der Aeronautik bald fühlbar machen wird. Bei einer weiten Dauerfahrt wird es unvermeidlich sein, daß der Luftschiffer Herr seiner Fahrzone wird, daß er jeden Augenblick die günstigste Höhenlage sich wählen kann, sei es vom Gesichtspunkte der Windrichtung, der Geschwindigkeit oder der Stabilität des Aerostaten aus. Man würde also dazu geführt werden, das Ballonet in dieser so wichtigen Rolle anzuwenden, welche der General Meusnier vor 120 Jahren erfunden halte.

III. Art der Anwendung des Ballonets.

Untersuchen wir zum Schluß, in welcher Art der Erfinder sich seines Ballonets zu bedienen gedachte. Dank dem geringen inneren Überdruck ist sein Funktionieren eine sehr einfache Sache:

«• Es genügt, um die Maschine steigen zu lassen, der inneren atmosphärischen Luft einen Ausgang zu schallen mittels eines einfachen Hahnes. Der Druck, unter welchem jene Luft sich befindet, bestimmt die Masse ihres Ausflusses, das Gewicht der Maschine vermindert sich, sie erhebt sich, und dieser Aufstieg dauert ebenso lange wie der Ausfluß der inneren Luft. Also, sobald der Hahn, durch welchen sie ausfließt, von innen geschlossen wird, wird der Ballon stehen bleiben und die Dichte der ihn umgebenden Luft wird dann in dem Verhältnis des Gewichtsverlustes, der durch die Maschine veranlaßt worden ist, vermindert sein.»...........

»Es leuchtet von selbst ein, daß zum Niedersinken es genügen wird, gewöhnliche Luft in den Raum, um welchen es sich handelt, hineinzuschalfen mit dem einfachsten Blasebalg. Das Gewicht der Maschine, hierdurch erhöht, wird seine Gleichgewichtslage erst wiederlinden in einer Schicht, wo die spezifische Schwere der äußeren Luft in gleichem Verhältnis wird größer geworden sein. *

Meusnier kommt sofort einem Einwand zuvor, welchen diese gewaltsame Einführung von Luft in das Ballonet hervorruft:

«Noch eine sehr wichtige Bemerkung ist die, daß trotz des sich natürlich darbietenden Gedankens, daß man die innere Luft durch Zuführung neuer Luft komprimiert, um den Ballon zum Sinken zu bringen, derselbe immer den gleichen inneren Druck zeigt, in welcher Höhe man ihn auch immer ins Gleichgewicht bringt. Diese wertvolle Eigentümlichkeit der hier behandelten Anordnung kommt daher, daß der Aerostat im Sinken Luftschichten mit größerer Elastizität vorfindet, die gleichzeitig ein beträchtlicheres spezifisches Gewicht haben, und indem der äußere Druck sich somit

'• 1« Aerimaulo 1**1. — Das • eii>ÜU: vftründrrlkbe Volumen» i^t ila« Gasvolumen des Ballon«, n.vh nvliduii bi'-t hrimkl liunii lüulilhruni! von Luf( in das Itu1l<iii«l.

vermehrt, zerstört derselbe den inneren, der ohne ihn vorhanden sein müßte infolge der viel größeren Luftmasse, die in demselben Räume untergebracht worden ist.1) Es ergibt sich aus dieser, durch analytische Lösung gegenwärtiger Frage bestätigten Beobachtung, daß das Übermaß art Elastizität des inneren Fluidums, gegenüber dem der äußeren Luft, immer dasselbe bleibt, der Stoff demnach durchaus nicht einem Wechsel an Spannung unterworfen ist, und daß es folglich für die Benutzung dieses von uns empfohlenen Mittels keine Grenze gibt. >

So ist die durch den Blasebalg hervorgebrachte Kompression nur eine scheinbare und der Ballon befindet sich unler konstantem inneren Druck. Dieser Druck beträgt einige Zentimeter Wasser; und das automatische Ventil wird im übrigen verhindern, daß er die vorgesteckte Grenze überschreitet.

Man darf nicht glauben, daß Meusnier den inneren Überdruck für unbedingt notwendig hielt; er selbst prüft gegen Ende des Anhangs seiner Denkschrift, wie man sich noch des Ballonets bedienen kann, wenn der Ballon mit der umgebenden Luft durch einen Füllansatzschlauch in Verbindung steht, durch den das Gas unter einem inneren Druck von nur wenigen Millimetern Wasser ausfließen kann (es ist das derjenige Fall, den viel später der Kapitän Gh. Benard sehr eingehend bearbeitet hat):

«Wenn man entgegen den vorstehenden Versuchen nur von einem Appendix Gebrauch macht, der unten an der Maschine angebracht zwischen ihr und der Atmosphäre eine freie Verbindung schafft und die nur unterbunden würde, wenn die Luftschiffer ihre ÖlTnung sehließen würden, so würden die in der von uns gegebenen Tabelle2) aufgezeichneten Daten dessen ungeachtet nicht weniger genaue sein......

Man kann also das Ventil, welches wir vorgeschlagen haben, entbehren, aber alsdann würde der innere Ballon nutzlos sein, um die Maschine steigen zu lassen; keine Kraft würde dann den Auslluß der atmosphärischen Luft verhindern und der Ballast, den man auswerfen müßte um diese Bewegung zu veranlassen, würde genau so wirken, als ob dieser Ballon (gemeint ist das Ballonet. D. Übers.) gar nicht existierte. Dieser Mechanismus könnte alsdann nur noch dazu dienen, den Aerostaten zum Sinken zu veranlassen......

Wie dem nun sein möge, der Ballon, mit dem wir uns beschäftigen, wird stets die Fähigkeit besitzen, sich in einem Spielraum von 566 Toisen'nach Belieben zu bewegen und innerhalb dieses Inter-valles diejenige Windrichtung zu suchen, die für ihn die günstigste sein wird. Sache des Versuchs ist es, zu zeigen, ob diese Breite genügend

') F.a »ei V. da* Geaamtfassnngsvcrmügcn de* Ballons und «le» Hallonct*. a0 das >-pr?-ilis< hf» Gewicht der Luft beim Dnu-k t: um im Innern einen rberdruck b (b «ei ausgedruckt ah» ein Bruchteil der Atmosphäre! zu erhalten, muü man ein Luftgewicht einfuhren, da« gleich ist Ca^h'. Dieses ergänzende Gewicht wird den Aerostaten tum Sinken bringen, bis dal) das Gewicht der verdrängten Lnft »ich um dieselbe .Maine vermehrt hat. d. h. bis daß der umgebende Uruck sich um b vermehrt hat. Die Vermehrung des atmosphärischen Druckes wird daher genau den im Innern des Ballons gegebenen Lberdruck aufheben.

*) Eine Tabelle, die Tür verschiedene Ballaatab würfe die Höhen der oberen und unteren Gleich-gewichtvgrenze anzeigt.

«*<h

ist und im Verhältnis steht zu den Absländen, welche die Xatur zwischen die verschiedenen Windschichten gesetzt hat.1)

Gesamtüberblick.

Noch einmal kurz zusammengefaßt, hat der General Meusnier schon 1783 das Luftbullonet erfunden.

Er hat es sich in drei unterschiedenen Formen gedacht, nämlich:

1. Verdoppelung des unteren Teiles des Gasballons;

2. Inneres Kugelballonet;

3. Äußere, den Gasballon umgebende Hülle.

Die beiden ersten Formen sind noch heute in Gebrauch. Er schrieb diesem Organ dreierlei Funktionen zu:

1. Erhaltung der Form;

2. Vertikale Stabilität:

3. Wahl der Fahrzone.

Die erste dieser drei Funktionen ist diejenige, welche man heute vom Hallonet in lenkbaren Ballons und Fesselballons verlangt. Die zweite, in einer brauchbaren Art und Weise kaum zu verwirklichen, hat keine praktische Anwendung erlangt. Aber die dritte, vom Erlinder in richtiger Weise als wichtigste betrachtet, wird noch heutzutage anempfohlen und wird in Zukunft bei Freifahrten das Ballone! zu wirklich großer Bedeutung bringen.3)

General Meusnier kommt demnach die Ehre zu, zuerst dieses so einfache und so praktische Organ erfunden und dessen richtige Verwendung bei Freiballons und Luftschiffen begriffen zu haben. Was die diesem Gelehrten so oft vorgeworfene innere Kompression anlangt, so überschritt sie in der Weise, wie er sie auffaßte, nicht die mit der Widerstandsfähigkeit der Ballonstoffe zu vereinbarenden Grenzen; er selbst gab übrigens zu, daß man sie entbehren könnte, auf jeden Fall aber würde sie nicht imstande sein, weder seine Erfindung zu entstellen noch sein Verdienst herabzusetzen.

Auszug aus den Registern der Kgl. Akademie der Wissenschaften

vom 3. Juli 178i. Die Kommissare der Akademie, die ernannt sind, um eine Denkschrift des M. Meusnier zu prüfen über -das Gleichgewicht der aerostatischen Maschine mit brennbarer Luft, über die verschiedenen Mittel, sie steigen und fallen zu lassen, und besonders über dasjenige der Ausführung dieser Manöver ohne Ballastwurf und ohne Verlust an brennbarer Luft, indem man in dem Ballon einen besonderen Baum anbringt, bestimmt zur Aufnahme von atmosphärischer Luft und die M. Meusnier gebeten hat. zu drucken, machen über dieselbe folgenden Bericht:

■> MriiMit. r hat neu U.illim. w.-li-hen die (iehrllder Hubert konstruiert halten, studiert, aber er schien /ti hedam-rn d.iLi man dem l'.ali.'tie! sii-n gre.£i-rrii Fa«-uii^«rat.ini E'V'l"*n hatte.

»i Wir betrachten hier mir a.l-in das HatI<Mir-| für kalte Luft, da« allein von Meusnier bearbeitet wurde. Wenn man dagegen warme Luft ui das Halhwl pumpte, wurde er geeignet werden, mit Krfulp die zweite Funktion •/« erfüllen. ,l. h. dein Al-rostaten die v-rtikate Stabiiitat zu geben, dank dem Aullrieh der einführten warne n Lull.

In dieser Denkschrift setzt M. Meusnier die Prinzipien auseinander, auf denen das Gleichgewicht der Aerostaten mit brennbarer Luft in der Atmosphäre sich aufbaut, und er zeigt in sehr klarer Weise, daß die Mittel, die man bisher angewendet hat zum Steigen und Fallen, ihnen nicht die Eigenschaft verschaffen können, in den Höhenschichten der Atmosphäre unentwegt zu verharren, wo man es beabsichtigt hat, zu bleiben.

Nachdem er in bezug hierauf die Cnvollkommenheit dieser Mittel nachgewiesen hat, setzt er mit derselben Klarheit diejenigen auseinander, welche im Titel seiner Denkschrift als ein Ersatz angeführt sind, und er beweist überzeugend, daß man durch diese Mittel, nachdem man einmal die größte Höhe, bis zu welcher man aufsteigen will, bestimmt hat, genau in derjenigen Schicht bleiben kann, die man sich auswählt, und daß man in eine andere herabsteigen kann und, wenn man will, auch in letzlerer bleiben und daß man nochmals wieder aufsteigen kann usw.

Diese Manöver sind um so bedeutsamer, als sie eine Art Lavieren zulassen, von oben nach unten und von unten nach oben, und zu verbleiben in derjenigen Windschicht, deren Richtung als die günstigste erscheint für den Weg, welchen man verfolgen möchte.

Nach diesem Auszuge, glauben wir, wird die Akademie sich einen Begriff von der Denkschrift des M. Meusnier machen können und den Gründen, aus welchen wir dieselbe für sehr würdig erachten für eine Drucklegung.»

Geschehen in der Akademie der Wissenschaften am 3. .Juli 1784.

gez.: Le chevalier de Burda, Leroy. (Forut-unnp rotgt.i

„Aviatik. Wie der Vogel fliegt und wie der Mensch fliegen wird."

Krwiderung.

Iber das unter obigem Titel erschienene Werkchen enthält das September-Heft der «III. Aeronautischen .Mitteilungen' ein Heferat von Herrn Ntmfiihr, welches mich zu der hier folgenden Krwiderung zwingt.

Sachliches, scheint mir, ist in dein Heferate trotz seines 1,'mfangcs sehr wenig zu linden, (ierade von dem wichtigsten Teile des Werkes, welcher jeden Flugtechniker interessieren könnte, ist nichts gesagt. Der Heferent hüll sich besonders an die Druckfehler. Kr schreibt: «SHU wird der cos II" gleich 0 gesetzt und in folgender Weise multipliziert: D = ITH • I5(i ■ '/. ■ 0,05 • U = 18K(i kg i!!)».

Der Heferent macht hier gleich selbst einen Felder, indem er statt, wie bei mir angegeben 17 t. einen falschen Werl 170 einsetzt und dann mich für ein bloßes Versehen kritisiert, das ihm selbst auch widerfahrt! Daß der eosU" — 1 bei mir tatsächlich angenommen wurde, zeigt schon das Produkt 1SU6 kg. und daf> 0 ein Druckfehler ist, zeigt auch die nächste Gleichung auf derselben Seile, wo cos 11° mit 0,98t angegeben ist; folglich konnte ich doch für cosO" nicht den Wert 0 annehmen. Abgesehen davon, daß ich die meisten Weile von cos und sin annähernd auswendig kenne, gewiß aber von 0° und von im)0, so hat man auch, wenn man diese Werte schreibt, gewöhnlich die Tabelle vor sich liegen.

Fbrigens ist mir bekannt, daß die meisten von den Lesern, die Techniker sind, den Druckfehler — was ja selbstverständlich ist — sofort erkannten. Nur dem Herrn Referenten blieb es vorbehalten, diesem Druckfehler eine andere Deutung zu geben, was er noch mit dem doppelten Ausrufungszeichen «füi» bekräftigt.

362 «44«

Was das Kapitel über meine Kaptivscbraube anbetrifft, so wiederhole ich, daß die Prüfungen und Messungen des Auftriebes im milit.-techn. Komitee durch den techn. Referenten Herrn Dr. Wächter gemacht wurden und zeitweise auch der Herr Prof. Hofr. Roltzmann hierbei anwesend war. Die unmittelbaren Messungen und Rechnungen ergaben, daß bei einer motorischen Leistung von 0.0 Pferdestärke meine Luftschrauben 16'/* kg im ireschlossenen Saale hoben.1) Die genauen, von Dr. Wächter angegebenen Daten, sind in der «Zeitschrift für Luftschiffahrt^ Juni 1900, angegeben.

Ob die Ausdrücke «irreführend>, 'Scheinrechnungen» usw., die der Referent gebraucht, am Platze sind, überlasse ich dem geehrten Leser zur Rcurteilung.

Auf Seite i»0 meines Werkes handelt es sich um Antriebs-, nicht um Auftriebsschrauben. Ein einfacher Kalkül sowie das Experiment beweisen aber, daß die An-triebssebrauben. bei denen die Winkelslellungen der Schraubenflügel, entsprechend dem Wege, den der angetriebene Apparat pro Zeiteinheit zurücklegt, richtig eingestellt sind, einen viel größeren Nutzeffekt ergeben, als die Auftriebsschrauben, die auf Schwebearbeit berechnet sind.

Der Referent macht mir auch den Vorwurf der Undankbarkeit gegen das gewesene Kreß-Kornitee. Das gehört doch schon garnicht zur sachlichen Besprechung, um so weniger als der Referent nur nach Hörensagen urteilt, und auch die ca. OOOOn Kr. auf 80 Ol» hinaufschraubt.

Das gewesene Kreß-Komitee, bestand aus Professoren und Technikern, lauter hochachtbaren Herren, die auch ein jeder nach seinen Kräften, selbst zu dem Experimentierfond beitrugen. Daß diese Herren nicht geneigt waren, von anderen Geld für den Fond zu beschallen, das kann ihnen niemand verargen Wenn ich aber wahrheitsgetreu berichtete, daß das Kreß-Komitee die präliminierte Stimme nicht aufbringen konnte und infolgedessen die Arbeiten ein ganzes Jahr ruhen mußten, bis von einer ganz anderen Seite Hilfe kam, st» liegt darin gewiß keine Undankbarkeit gegen das Komitee. Unsere tüchtigsten und erfahrensten Klugtechniker zählten zu dem Kreß-Komitee, die ein ganz anderes Urleil als der Herr Referent über meine flugtechnischen Arbeilen haben und die, soviel ich weiß, noch heule bedauern, daß meine Versuche mit meinem großen Drachenflieger wegen Geldmangels nicht fortgesetzt werden können. Das gereicht mir zur besonderen Ehre; gerade auch gegenüber den Ausführungen des Herrn Referenten. Was der Referent über meine Skizze eines Drachenfliegers der Zukunft sagt, ist vielleicht der einzige Punkt, in dem er wenigstens scheinbar eine sachliche Meinung ausspricht. Aber auch hier bringt er eine falsche Deutung hinein. Jeder Leser wird sofort erkennen, «laß ich von einem «Drachenflieger der Zukunft» spreche. Ich wollte nur den Zweiflern zeigen, daß. sobald wir Motore haben, die pro 1 H* nur 4 kg wiegen, es auch möglich sein wird, große Drachenflieger zu erbauen, welche t bis » Personen mit großer Geschwindigkeit durch die Luit tragen werden. Der Referent widerlegt meine Angaben nicht: im Gegenteil, er gibt die Möglichkeit zu. Was tut er aber? Während ich eine «Skizze» eines «Drachenfliegers der Zukunft» gebe, stellt er die Sache so dar, als ob ich <gleich den Hau einer Riesenllugmaschine» anstrebe, und bringt dann kränkende Ausdrücke wie «phantastische Projekte», «Rückschritt» usw., an.

Wenn ich beim Hau meines ersten großen Drachenfliegers einen Motor hätte haben können, der per 1 Pferdestärke nur -1 kg gewogen hätte, so hätte ich einen Motor von 10 Pferdestärken im Gewichte von 40 kg genommen, und der ganze Apparat hätte ca. 200 kg gewogen. Wenn man aber, wie zu jener Zeit, noch wenigstens mit 10 bis lö kg per 1 Pferdestärke Molorgewicht rechnen mußte, so ist man durch die einfachste Rechnung zu viel größeren Dimensionen gezwungen gewesen.

In einer Fußnote stellt sich der Referent neben Chanute und schiebt Lilicnthal als Reipiel für leichte Konstruktionen vor. Der von mir hochgeschätzte Lilienthal hat

Atitti. (I. itod. Von dem Herrn Referenten waren nieht dies-e Vertsuihe an sich, sondern nur die Zulä-tMKkeit ihrer Verall^meinenni« für grultarc Kräfte bezweifelt; dorl i-t allerdings von 0.3 ytatl tf.6 fp die Kode.

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aber niemals einen Drachenflieger zu bauen versucht; sein Ideal war bekanntlich der persönliche Gleitflug; er war sogar ein Gegner des mechanischen Drachenfliegers Chanute kam aber vor ein paar Jahren nach Wien, um mich und meinen Apparat kennen zu lernen. Derselbe hat in Gegenwart der hier versammelten Wiener Flugtechniker und auch später in seinen Briefen ein ganz anderes Urteil über meine flugtechnischen Arbeiten ausgesprochen, als der Herr Referent es tut: der somit gar keine Ursache hat, sich mit Herrn Chanute zu identifizieren.

Ob der Herr Referent für die Praxis der Flugtechnik dereinst etwas Tüchtiges leisten wird, wird uns erst die Zukunft enthüllen. Bis dahin wenigstens dürfte eine größere Rücksicht und Zurückhaltung seinerseits wohl am Platze sein. Eine sachliche Kritik muß sich selbstverständlich ein jeder gefallen lassen, nicht aber eine über das Maß gehende Herabsetzung. W KrelV

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Kleinere Mitteilungen.

Le Lebaady h Toul. A la suite de son beau voyage de Paris au camp de Chä-luns, interrompu malencontreusement par l'accident <]iie Ton connait, le ballon dirigeable «Lebaudy» au lieu de revenir au parc de Moisson, a ete dirige sur Toul pour y effec-tuer une nouvelle serie d'experiences.

II s'agissait tout d'abord de l'abriter, car un dirigeable qui reste gonfle pendant des mois entiers ne saurait s"accommoder de camper indeliniment en plein air, expose ä tous les temps. On a dispose ä cet etTet un manege du 39<" d'artillerie oü l'on a pratique une vaste ouvcrture capahle de lui donner acces. Malgr£ la grande hauteur du bätimcnt, eile n'aurait pas ete süffisante pour que le dirigeable avec sa nacelle y püt trouver place. 11 a donc fallu abaisser le sol dans la partie centrale et y creuser une tranchee analogue ä celle du hangar de Moisson. Ces travaux faits et apres qu'on cüt installe » proximite une petile- usine d'hydrogene, le ballon a pu elre gonfle.

Le 8 octobre, il a etTectu«'" sa premiere sortie ä 9 heures et demie, ayant ä son bord. outre son pilote Juchmes et son mecanicien Rey. le commandant du Genie Bout-tieaux et le capitaine Voyer, chef et sous-chef de l"Ktablissement central de Chalais-Meudon.

Malgrc un tres mauvais temps et la pluie, le ballon a evolue au-dcssus de la ville de Toul et est venu saluer M. Berteaux, minislre de la guerre, qui se trouvait ä l'höpital militaire, apres quoi le »Lebaudy» est revenu avec son habituelle facilite de manceuvre. au manege du 39p d'artillerie, sur le plateau de la Justice. G. F..

Im Anschluß an vorstehende Notiz sei noch über weitere Versuche in Toul berichtet. — Kriegsministcr Rerteaux's Luftschiffahrt. Aus Toul wird vom 12. Oktober mitgeteilt, daß das Luftschiff an diesem Vormittag eine große Erkundung der militärischen Verteidigungsanlagen zwischen Toul und Nancy ausgeführt habe. An Bord befand sich u. a. der Ingenieur-Offizier vom Platz von Toul.

Das Luftschiff flog vom Luflschifferpark um 6 Uhr ö5 Vorm. ab und wandte sich auf das Fort von Gondreville. überflog den Wald von Haye, den es erkundete, indem es über die Försterposten fortging, und besichtigte dann alle Festungswerke auf dem Wege nach Nancy. Bei letzterem angelangt, drehte das Luftschiff über der Kaserne ßlandon und fuhr direkt nach Toul zurück. Hier landete es vor dem Hangar inmitten der Sappeure gegen 9 Uhr öO Minuten. Die Geschwindigkeit auf der Fahrt Nancy—Toul betrug 38 km in der Stunde.

An Bord befanden sich Major Jullien, Ingenieur-Offizier vom Platz, Hauptmann Voyer, Luftschifführer Juchmes und Mechaniker Rey.

Nach der Ansicht französischer Zeitungen hätte diese Fahrt im Belagerungsfalle ' der Verteidigung von Toul in 2 Stunden sehr wertvolle Nachrichten über die Belagerer geliefert, man hätte Pläne und Photographien von allen Werken aufnehmen können.

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Arn 17. Oktober wurde eine weitere Erkundung inittels des Lcbaudy-LuflsclulTcs mit gleichem Erfolge als die erste von Toul aus unternommen, hierbei soll auch eine mit Sand gefüllte Keldgranate aus der Höhe auf eine Halteric herabgeworfen worden sein.

Von Bedeutung bleibt, daß hier der ersle militärische Erkundungsversuch mittels Luftschiffs für den Festungskrieg vorliegt. Der Erfolg ist vorhanden, wenngleich in noch nicht ganz kriegsmäßiger Form, weil die Fahrhöhe des Luftschiffes eine noch zu niedrige ist. Ohne Zweifel wird aber auch diese Anforderung noch gelöst werden, sobald man über die Anfänge der vorliegenden Versuche weiter hinaus gekommen sein wird.

Ein weiterer Beweis des völligen Erfolgrs des Luftschiffes der Gebrüder Lebaudy muß in der Tatsache gefunden werden, daß der französische Kricgsminislcr am 21 Oktober persönlich eine Bundfahrt mit dem Luftschiff unternommen hat.

Er traf mit dem Orienl-Kxpreßzug, der im allgemeinen nicht in Toul hall, daselbst früh morgens ein. In seiner Begleitung befanden sich General Brun. Chef des Generalstabes der Armee, General Jollre. Direktor des Geniewesens. General Oudard, Direktor des Arlilleriewesens und sein Ordonnanz-Offizier, Major Gossard. Nachdem er zunächst mit der Festungseisenbahn eine Bundfahrt gemacht hatte nach dem Fort bei Brulcy und nach Fori Saint-Michel in Begleitung der obersten Militärs der Festung Toul und von Nancy, fand im Foyer des Theaters von Toul ein Frühstück zu 42 Gedecken statt, zu dem unter anderen auch der Erbauer des Lebaudy-LuftschifTes, Ingenieur Julliot, geladen war. mit dem der Kriegsminister sich angelegentlich unterhielt. Etwas vor 3 Ihr nachmittags begab sich Bcrteaux sodann nach dem Plateau de la Justice, westlich der Stadl Toul, wo die Herren Lebaudy, Major Houtlieaux und Kapitän Voyer mit dem zur Abfahrt fertigen Luftschiff den Minister bereits erwarteten. Die Herren Lebaudy dankten dem Minister für die große Ehre, die er ihnen durch diesen Besuch erwies und luden ihn zu einer Ballonfahrt ein.

M. Bcrteaux nahm die Einladung an und bestieg sofort mit seinem Ordonnanzoffizier, Major Gossard, die Gondel. Außerdem nahmen neben der Bemannung des Ballons (M. Juchmcs und Maschinist Hey) noch Major Boutticaux und Kapitän Voyer in derselben Platz.

Gegen 3 Fhr fuhr das Luftschiff ab unter lauten Beifallsrufen der Zuschauer. Der Wind kam von Nordosten. Nachdem das Luftschiff über Toul hinaus mit einer Geschwindigkeit von 20 km in der Stunde, in etwa 2ö0 m Höhe gefahren war, kam es mit der Geschwindigkeit von ö.'i km in der Stunde nach seinem Aulfahl Isort zurück, wo es mit großer Geschicklichkeit, die Spit/.e gegen den Wind gerichtet, landete.

Der Minister verließ unter stürmischem Jubel der anwesenden Menge mit großer Befriedigung die Gondel, indem er mehrfach «merveille' • ausrief, beglückwünschte die Herren Lebaudy und Herrn Julliot zu ihrem bedeutsamen Erfolge und dankte M. Juchmes.

Diese Fahrt, die <>5. des Lebaudy-Luftschiffes, wird für die Entwicklung der Luftschiffahrt insofern von außergewöhnlicher Bedeutung werden, als e.s von nun an feststeht, daß die militärischen Behörden das Luftschiff als ein wichtiges Mittel der Landesverteidigung betrachten und seine weitere Verbesserung auf Staatskosten in die Hand nehmen werden.

Wenn damit zunächst Frankreich allen anderen Nationen einen bedeutenden Schritt voraus ist. so hat das nicht viel zu sagen, sobald man ernsten Willens ist. gleiches zu wollen. Insere I berzeugung geht dahin, daß das Luftschiff des Grafen von Zeppelin, wenn es erst seine C>5. Fahrt gemacht haben wird, vermöge seiner eigenartigen, vielfach besseren Kunst ruktionsprinzipien. das jetzige Lcbaudy-Luftschiff bei weitem übertreffen wird. Aber dazu gehört in erster Linie eine tatsächliche F n t e rs t ii t zu ng in Geld und nirht »-ine in Sympathien und schönen Worten.

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Fankeureleirophle-Yersuelie zwischen Paris und Beifort, Im vergangenen Jahre wurden derartige Versiahe mit Kugelballons vorgenommen. In diesem Jahre finden wir letztere durch Drachenballons, System Parseval-Sigsfeld, ersetzt, welche in bezug auf ihre größere Stabilität bei Wind viel vorteilhafter sind.

In Paris finden die Versuche in Chalais-Meudnn statt, in Beifort auf dem Champ-de-Mars. Sie dauerten bis zum 27. Oktober und sollen zu guten Resultaten geführt haben. Q

Aeronautische Vereine und Begebenheiten.

Berliner Verein für Luftschiffahrt.

In der 249. Versammlung des Herl in er Vereins für Luftschiffahrt am 25. September wurden zunächst 19 neu angemeldete Mitglieder in den satzungsgemäßen Formen aufgenommen und im Anschluß hieran vom Vorsitzenden, Geheimrat Rusley mitgeteilt, daß sich auch außerhalb Berlins das Interesse an der Luftschiffahrt erfreulich mehre. So habe sich vor kurzem in Würzburg ein Verein gebildet, seine Aufnahme in den Verband der deutschen LuftschilTervereine nachgesucht und bereits erhalten. Ebenso sei in der letzten Woche erst unter guter Beteiligung in Coblenz ein Luftschifferverein ins Leben gerufen worden. Ein zur Mitteilung gelangendes Zirkular des «Club aeronautique de France* ladet zu einem in den Tagen des 12.—14. Oktober in Paris staltfindenden internationalen Kongreß ein. Nach der der Einladung beigefügten Tagesordnung, die 14 Punkte enthält, wird in Anregung gebracht, daß sich in allen Ländern, wie es in Deutschland bereits geschehen ist, Landesverbände der LuftschilTervereine bilden und diese sich zu einem internationalen Verbände zusammenschließen sollen. Letzterem würde es obliegen, die allen Landesverbänden gemeinsamen Angelegenheiten zu fördern, wobei mit Recht vorausgesetzt wird. daß. wo immer mit Behörden zu verkehren ist, der internationale Verband größere Autorität genießen würde, als die einzelnen Landesverbände. Zu den gemeinsamen Angelegenheiten zählen an erster Stelle Zollerleichterungen für die Luftschifler beim Überschreiten der Grenze. Nicht alle Länder sind in dem Punkte so entgegenkommend gegen Wie Luitschiffer, wie Frankreich und die Schweiz, wo niemals auch nur die geringsten Schwierigkeiten bezüglich vom Auslande zugellogener Ballons und ihres Inhaltes gemacht worden sind. Gemeint ist bei den beabsichtigten Maßnahmen vor allem Rußland, was die deutsche Luftschiffahrt ja besonders interessiert. Eine zweite dem Kongreß zu unterbreitende Angelegenheit ist die Herstellung eines internationalen Wörterbuches, auch ein Fortschritt, mit dem der Berliner Verein schon den Anfang gemacht hat. Der Vorsitzende ist, gleich dem Gesamlvorstand, der Ansicht, daß diese Bestrebungen des Club de Krance der Unterstützung sehr wert seien und daß der Kongreß von Deutschland aus beschickt werden müsse. Die Pariser Veranstalter bringen einen eigenartigen Modus für Bestimmung der Zahl der Delegierten in Vorschlag, nämlich nach der Menge der Kubikmeter Gas. die im letzten Jahre in dem betreffenden Lande für Zwecke der Luftschiffahrt verwendet worden sind. Auf je 25000 cbm Gasverbrauch soll ein Delegierter entsandt werden. Deutschland1) steht bei Anwendung dieses Maßstabes mit verbrauchten 105 000 cbm an zweiter. Frankreich an erster Stelle. (Vom deutschen Verbrauch kommen schätzungsweise auf Berlin allein 68 000 cbm Leucht-und 0000 cbm Wasserstoffgas. auf den Niederrheinischen Verein 50 000 cbm, auf Augsburg 18 000 cbm. Straßburg und München 12 000 cbm. die übrigen Vereine zusammen 6—80tX) cbm.) Danach würde Deutschland ♦> Delegierte entsenden können, die bei der Finanzlage des Verbandes allerdings ein Opfer an Zeit und Geld bringen müssen. Ks haben sich bisher bereit erklärt die Herren Major Moedeheck-Straßburg. Dr. Bamler-Barmen und Geheimrat Busley-Berlin, es fehlen somit noch H, die möglichst aus den

'> .Siehe genau« ru Angilben im t'rMvn Artikel diese* Heft*. Ked.

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noch unverlrotcnen Stadien und vielleicht einer noch aus Berlin zu wählen wären. Der Schlußtag des Kongresses ist zugleich der Tag des Wettbewerbes um den Prix de France, der interessant zu werden verspricht. Der Vorsitzende hofft, in nächster Sitzung des diesseitigen Vereins am 23. Oktober bereits über das Ergebnis des internationalen Kongresses berichten zu können. — Es folgte der von Oberleutnant Geerdtz erstattete Bericht über die im Monat September ausgeführten vier Freifahrten. Davon gingen 2 mit dem dabin geliehenen Ballon »llclmholz» von Coblenz, einer mit dem WasserstofTballon von Bilterfehl, einer von der Charlottenburger Gasanstalt aus. Die Bittcrfelder Fahrt ging am 15. September unter Führung von Leutnant v. Ilolthoff vor sich. Begleiter waren die Leutnants v. Auer und v. Wallenberg. Man stieg, mit 12 Sack Ballast ausgerüstet, um 71'» Ihr abends auf. gelangte noch in der Nacht über die Wolkendecke und genoß einen herrlichen Sonnenaufgang und bei später sich klärendem Himmel auch den Anblick der Erde, sodaß Kissingen und Aschallenhurg gesichtet werden konnten. Die höchst erreichte Höhe war 3000 m. Der Ballon landete sehr glatt nach einer Reise von 500 km. und nachdem der Ballast bis auf einen halben Sack verbraucht war, nahe Poggenbausen bei Willinghausen im Großherzogtum Baden. Die zweite am 23, September von Charlottenburg aus mit dem Ballon - Süring • unternommene Fahrt war geführt von Oberleutnant Geerdtz und begleitet von den Herren Dr. Hoffinann. Legationssekretär v. Herder und Redakteur Dr. Ziemssen. Der Aufstieg erfolgte urn 3,48 Uhr morgens. Bei 200 ni war die Gleichgewichtslage des Ballons erreicht und konnte so während der ganzen Fahrt erhalten werden. Ein Versuch, die Wolkendecke zu durchbrechen, mißlang anfangs, zumal über der unteren Decke sich noch eine zweite, beträchtlich höhere zeigte. Bei dem Versuch waren 71/* Sack Ballast verbraucht worden. Da eine weitere Entlastung des Ballons sich als notwendig erwies, wurde unter den drei Begleitern das Los gezogen, wer den Ballon zu verlassen habe. Es traf Dr. Hoffinann, der bei Pritzerbe an der Havel ausgesetzt wurde, wo man als Ersatz für denselben neue 8 Sack Ballast einnahm. Nunmehr gelang eine hübsche zweistündige Fahrt über den Wolken. Der Ballon stieg bis 3400 m und landete bald nachher glatt kurz hinter Stendal nach Zurücklegung von 125 km. Von besonderem Interesse war gerade über Döberitz die Beobachtung'einer Eberjagd. Da man dem Verlauf der .lagd sicherer folgte als die Jäger, hätte man diesen gern Bat erteilt, sie waren aber für Zurufe unerreichbar! A. F.

Aufforderung zur Beschickung der Ausstellung

in Mailand 1906.1)

Unter dem Hohen Patronate S. M. des Königs von Italien.

Ks ist eine Pflicht gegenüber unserem Schwesterverein in Italien, der Societa Aeronautica Italiana, daß wir ihn in der Ausgestaltung des Aeronautischen Teils obiger Ausstellung nach Möglichkeit unterstützen.

Deshalb folgen wir gern dem Wunsche einiger Herren der Ausstellungs-leilung der Luftschiflahrtsklasse, indem wir unseren Vereinen und den geschätzten Lesern dieser Zeitschrift die geplante Einteilung der aeronautischen Abteilung näher bekannt geben und ihnen die Wege weisen, wie sie zum Ausstellen gelangen.

Im Programm der Ausstellung für Landtransportwesen, Luftschiffahrt und Mellkunde enthält Abteilung VIII:

i) Dil' tU'-jirccliinie iI>t Spe/ialrrj'l'-infnte .i«_-r u.-ronauli-i'tirit Wettbewerbe wir«) in «len IVdg.-ndrti ll.-tti 11 dieKer Zi-iUi-hrifl .i-brnebt \vi rden. Den Anfang bildet die uiiM'hlieUende Hesprerhung der allgemeinen Aii-^lellilii^sbedinguii^i'li. IV Heil.

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Luftschiffahrt.

I. Kategorie. Baumaterial für Luftschiffahrt.

1. Klasse. Gewebe, Firnisse. Netze und Seilerwaren.

2. Klasse. Metalle von hoher spezifischer Widerstandsfähigkeit für leichte Konstruk-

tionen (llolzgattungen. Bambus. Röhren usw.).

II. Kategorie. Gewöhnliche Luftballons.

1. Klasse. Montgollieren und dazu gehörige Apparate. Fallschirme.

2. Klasse. Mit Gas, Dampl usw. aufgeblasene, gewöhnliche Luftballons, Freiballons:

mittels Schleppseil und dergleichen dirigierte Luftballon*. Apparate zur Kegclung der Gleichgewichtslage und zur Veränderung der Richtung.

3. Klasse. Gewöhnliche, regulierbare Ballons; Drachenballoiis und zugehörige Apparate

und Mechanismen; Drachen.

III. Kategorie. Lenkbare Luftschiffe.

1. Klasse. Studien; F.xperimentierapparalc zur Lösung des Problems; Projekte; Luft-

schiffmodelle und Modelle von Rallonliallen: LuftschitTerparks.

2. Klasse. Komplette Luftschiffe.

IV. Kat egorie. Flugapparate.

1. Klasse. Studien: Experimentierapparate behufs Lösung des Problems; Projekte:

Modelle.

2. Klasse. Aeroplane; Helicopteren; Maschinen mit schwingenden Flügeln; verschiedene

Apparate.

V. Kategorie. Motoren.

1. Klasse. Krafterzeugung (Dampfkessel. Akkumulatoren).

2. Klasse. Leichte Motoren jeder Art; leichte Kraftübertragungen (Transmission; Propeller).

VI. Kategorie. Wasserstoff und Sauerstoff.

1. Klasse. F.rzeujiung des Wasserstoffs.

2. Klasse. WasserstoiTverdichtung; llüssiger Wasserstoff.

3. Klasse. Sauerstoff, Luft- und Sauerstoff in flüssigem Zustande.

VII. Kategorie. YTitterunipdehre (Meteorologie).

1. Klasse. Meteorologische Instrumente.

2. Klasse. Registrierballons.

3. Klasse. Luftdrachen und zugehörige Apparate, i. Klasse. Für große Höhen ausgestattete Ballons.

5. Klasse. Resultate der atmosphärischen Forschungen in böhern Beginnen; Windstudien.

VIII. Kategorie. Verschiedenes.

1. Klasse. Ballons für Signale und andere Zwecke.

2. Klasse. Luftdrachen für Personenaufslieg.

3. Klasse. Pholographisehe Apparate für Aufnahmen von den Ballons- und Luftdrachen aus. i. Klasse. Studien und verschiedene Anwendungen.

Wegen der drängenden Zeit bittet man, die Anmeldungen baldmöglichst an das Ausstellungskomitee in Mailand zu richten. Ausstellungsformulare

zur Anmeldung mit Auszug aus den allgemeinen Bestimmungen sind von Herrn Dr. Heibig vom Istituto Glümico della R. Fniversitä di Roma in genügender Anzahl bei mir in Strasburg i. K., Silbermannstraße Ii, niedergelegt worden, und ich bin gern bereit, jedem, der darum ersucht, die nötigen Exemplare franko zuzusenden. Den Vereiusvorslünden sind die Prospekte und die Bedingungen für Wettbewerbe bereits zugesandt worden.

Die Platzmiete ist sehr niedrig bemessen. Es kostet Bodenfläche ") Lires pro Quadratmeter, Wandlläehe 10 Li res pro Quadratmeter. Die Aussteller der Sektion der Retrospektive des Transportwesens sind von einer Platzmiete befreit. Das Auspacken und Aufstellen der Ausstellungsgegenstände muß von den Ausstellern oder deren Vertretern besorgt werden. Gewiß läßt sich aber hier eine Vereinigung mehrerer aeronautischer Aussteller organisieren, zumal da eine aeronautische Ausstellung selten sehr umfangreich zu sein pflegt. Vielleicht ist Aussicht vorhanden, dali auch hier der deutsche Luftschifferverband, wie in St. Louis, geschlossen auftritt.

Ich bitte in meiner Vertrauensstellung als korrespondierendes Mitglied des aeronautischen Ausstellungskomitees, der Einladung der Societa Aeronautica italiana nach Kräften Folge geben zu wollen.

Moedebeck, Schriftführer des deutschen Luftschilferverbandes.

Weltausstellung und Luftschiffer-Wettbewerb in Mailand 1906.

Fnter den Veranstaltungen, welche zur Feier der Vollendung des Simplon-Tunmls geplant sind, nehmen das Interesse der Luflschiffcrkreise zunächst zwei in Anspruch.

Die vom April bis November 190t» im Park und auf der Piazza d'armi in Mailand stattlindendc internationale Weltausstellung und der während derselben sich vollziehende L u f t s c h i f f e r - W e 11 b e w e r b.

Die Weltausstellung wird in ihrem internationalen Teil Sektionen für Land-und See-Transportwesen, Retrospektive des Transportwesens. Luftschiffahrt, Metrologie, Dekorationskunst, Arbeitshalle für Kunstgewerbe, Ackerbau, Fischerei, Fiirsorge-einrichtungen, öffentliche allgemeine Gesundheitseinrichtungen, Hygiene und sanitäre Hilfe bei Transporten umfassen. An sie schließt sich eine nationale Abteilung für Kunst.

Gesonderte Programme für die einzelnen Sektionen geben deren Unterabteilungen, Kategorien und Klassen usw. Ein Generalkomitee leitet durch ein Exekutivkomitee das Ganze und steht hierzu mit in- und ausländischen Lokalkomitees in Verbindung.

Die « Allgemeinen Bestimmungen > sind der Redaktion der «III. Aftr. Mittig. > und den Vereinen nebst Einladungsschreiben gegen Ende Juli 1905 zugegangen, womit schon eine Ausnahmestellung zugestanden ist. indem Artikel 0 für jene Sektionen, unter welchen auch die Luftschiffahrt steht, den 31. Mai als Anmeldetermin aufstellt. (Wünsche bezüglich besonderer Lokale, Pavillons usw. wären bis 15. Februar zu äußern gewesen.) Die «Allgemeinen Bestimmungen» mußten eben der im allgemeinen zutreffenden Annahme angepaßt werden, daß es sich um Aussteller handelt, denen Gelegenheit geboten wird, sich und ihre Erzeugnisse bekannt zu machen und so Vorteil aus der ganzen Veranstaltung zu ziehen, während dies auf dem Gebiet der Luftschiffahrt vorläufig nur für einzelne Etablissements zutrifft. Mit dieser Sachlage stellen besondere Bestimmungen über Kiuschreibegebühr, Platzmiele für Boden- und Wandtlächen, Fenster oder sonst

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günstige Plätze, über Vorausbezahlungen usw. in Zusammenhang. F.benso erklaren sich hieraus eine Reihe von Bestimmungen, durch welche sich das Exekutivkomitee gegen mancherlei erfahrungsgemäß bei Ausstellungen eintretende unliebsame Zwischenfälle, Störungen und besondere Anforderungen sicherstellt. So ist z. B. Schadenersatzansprüchen bei Irrungen bezüglich gemieteter Bäume vorgebeugt, anderweitige Vergebung nicht benutzten gemieteten Baumes unter Einbehaltung des halben Mietbetrages vorbehalten, jedem Anmelder die bindende Verpflichtung zur Einhaltung der allgemeinen und besonderen Bestimmungen und der wahrend der Ausstellung noch vom Exekutivkomitee zu treffenden auferlegt, den Ausstellern, welche nicht innerhalb der bestimmten Zeit (nämlich bis 20. März 190P>) ihre Gegenstände liefern, das Hecht auf die Plätze, wie auch auf spätere Aufstellung abgesprochen und der Mietbetrag in Verfall erklärt.

Bei Verzug im Auspacken und Aufstellen verfährt das Komitee mit eigenen Kräften auf Rechnung und Gefahr des Ausstellers. Das Komitee kann Gegenstände, die es für ungeeignet hält, bei deren Ankunft zurückweisen, wobei die Wiederentfernung dem Aussteller ohne Schadenersatz obliegt Ebenso verhält es sich bei verfügter Wiederentfernung bereits aufgestellter Gegenstände. Das Komitee kann alle angefangenen Einrichtungen, die bis zum 20. März nicht fertig sind, auf Kosten der säumigen Aussteller entfernen lassen.

Während kein Ausstellungsgegenstand vor Schluß der Ausstellung entfernt werden darf, auch wenn er verkauft ist, muß nach dem Schluß diese Wegschafl'ung innerhalb eines Monats vollzogen sein. Wenn nicht, so verfährt das Komitee auf Rechnung und tiefahr des Ausstellers, es kann auch Gegenstände als Pfand für Erfüllung noch ungetilgter Obliegenheiten derselben zurückhalten.

Besondere Anordnungen betreffen Vertreter von Ausstellern und deren freien Eintritt gegen die entsprechend sichergestellte Verpachtung zur Einhaltung aller Bestimmungen-

Die ausgegebenen Formulare für die Zulassungsgesuche enthalten Auszüge aus den «Allgemeinen Bestimmungen» und verlangen sehr ins einzelne gehende Angaben. (Außer der Sektion, Abteilung, Kategorie, Klasse, Gruppe nebst Datum. Personalien usw. Nennung der Gegenstände. Raum-, Kraft-, Anlage-Anfragen, wobei alle nur irgend voraussehbaren Einzelheiten auch wirklich vorausgesehen sind; auch nach etwa in anderen Ausstellungen erhaltenen Preisen, sowie nach Namen von Mitarbeitern jeder Art, die bei Erfindung oder Verfahren mitwirkten, ist gefragt.i

Die Einsendung der angemeldeten und laut Schein zugelassenen Gegenstände hat zwischen 15. Dezember 1905 und 1. Februar 1906 unter genauer Einhaltung besonderer Anordnungen über Versandscheinc und deren Abschriften mit Gewicht-, Wert-, Matrikelnummer-Angaben (im allgemeinen unter Wiederholungen aus dem Zulassungsgesuch), dann über genaue Bezeichnung des Kollis. Verpackungsart. Aussteller oder Vertreter usw. stattzufinden, soweit nicht Ausnahmen zugestanden werden. Prüfung der Kollis, Auspackung und Aufstellung sind genau geregelt als Tätigkeiten eines Spezialbureaus.

Dekorationen, Firmenschilder, Drucksachen, Beschreibungen, Reklamen usw. unterliegen der Genehmigung des Komitees, ebenso die Aufnahme von Zeichnungen, Photographien oder anderen Wiedergaben.

Das Komilee übernimmt gegen Taxe auf Wunsch eine Reihe von Besorgungen, wie Ahnahme und Transport der Kullis, Miete oder Ankauf von Ausstattungs- oder Auf-stellungshcdarf, Lagerung, Bewachung. Versicherung der Kisten usw.. Einpackung und Transport zur Balm. Zoll- und andere Formalitäten-Erledigung und ähnliches. Auf alle im Ausstellungsgebict erfolgenden Verkäufe behält es sich eine Taxe von 10" - des Wertes vor.

Der technische Dienst für Triebkraft. Beleuchtung usw. ist derart geregelt, daß das Komitee alle Hauptleitungen für Dampf. Elektrizität, Gas. Wasser, eventuell komprimierte Luft (Dampf mit ca. 12 Kilo qcm) liefert, auch die Anschlüsse auf Rechnung der Aussteller ausführen darf. Dampfkessel-Speisewasser-Anschlüsse haben Aussteller selbst zu besorgen, ebenso Fundamentierung in Betrieb kommender Maschinen

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und Maurerarbeiten für Kessel. Ofen usw. Für alle solche Anlagen pellen die italienischen gesetzlichen Bestimmungen. Kin Spezialtarif setzt die Kosten für Kraft- und Belcuchtungslieferung in entsprechenden Abstufungen, auch für trinkbares Wasser, fest. Steuern für Kraftverbranch zahlt das Komitee.

Genaue Vcrhrauehsmessung und Buchung ist vorgesehen, ebenso Regelung vorkommender Differenzen.

Auch eigene Triebkraft ist nach genehmigtem Anlageplan zugelassen. Die Inbetriebsetzung aller Maschinen ist von der Genehmigung des Komitees abhängig. Alle Maschinen müssen die gesetzlich vorgeschriebenen Schutzvorrichtungen haben, doch verbleibt die Verantwortung bei den Ausstellern, welche übrigens auch für alle durch den Gang der Maschinen an Gebäuden, Fußböden usw. entstehenden Schilden haften. Dagegen kann das Komitee jederzeit den Gang von Maschinen untersagen. Das von den Ausstellern mit der Führung der Maschinen betraute Personal hat den Beamten der Ausstellung unbedingt Folge zu leisten und darf sich nie ohne Vertretung entfernen: dafür obliegt aber die Versicherung dieser Leute den Ausstellern.

Ein besonderes Kapitel ist noch der Bewachung und Verantwortlichkeit gewidmet. Das Komitee sorgt für die Bewachung und Erhaltung der ausgestellten Gegenstände, doch ohne Verantwortung zu übernehmen. Auch Unterbrechungen der gelieferten Kraft berechtigen die Aussteller zu keinen Entschädigungsansprüchen. Nur für die retrospektive Ausstellung des Transportwesens und der Landwirtschaft ist Verantwortung bis zu vereinbartem Werl zugestanden. Die Aussteller dürfen aber für Bewachung selbst sorgen, unter Beachtung der Dispositionen des Komitees. Feuerversicherung übernimmt das Komitee für die eigenen Baulichkeiten, für jene der Aussteller und für deren Erzengnisse obliegt sie diesen.

Außer dem hier im Auszuj Zusammengefaßten behält sich das Komitee noch besondere Anordnungen vor.

Wer schon bei größeren Ausstellungen beteiligt war und das Mißverhältnis beobachten konnte, welches zwischen den Ansprüchen mancher Aussteller und dem geringen Grad ihrer Pünktlichkeit, ihres Ordnungssinnes und ihres Verpllichtungsbewuülseins herrscht, ein Mißverhältnis, das ohne Gegengewicht das Zustandekommen eines ganzen derartigen Unternehmens gefährden kann, der wird die erwähnten scheinbar rigorosen Festsetzungen nur als voll berechtigt anerkennen.

Das Programm der Ausstellung für Landtransport wesen, Luftsehiff-fahrt und Meßkunde umfaßt 11 Abteilungen, nämlich: Gewöhnliche Straßen: Wagentransport für Personen und Waren: Zyklismus; Motorwagen; Eisenbahnen: elektrische Landtransporte; Koffer, Reisegepäck und Verpackung; Luftschiffahrt: der Simplon; Metrologie, welche wieder in Kategorien (diese je nach Bedarf in Klassen) zerfallen.

Der Simplon. Abteilung X, vom geographisch-Wissenschaft liehen, historischen, touristischen, verkehrstechnischen Standpunkt beleuchtet, nimmt unter Vorführung von Studien. Projekten, der bezüglichen Literatur, der genauen Darlegung der Durchführung mit sämtlichen Vorarbeiten, der Maschinen, Materialien, der Transport-, Unterkunfts-, Verpllegungs- und Fürsorge-Einrichtungen usw. den Ehrenplatz in der Ausstellung ein.

Doch nimmt das Programm auch für alle anderen Abteilungen eine alle denkbaren Beziehungen zum Gegenstand bis ins einzelne umfassende Beschickung in Aussicht. F.s werden die verschiedenen Systeme. Materialien. Anwendungsarten, wo einschlägig die Ausstattungen der Benutzer, die Organisationen von Unternehmungen, die bezügliche Literatur, Sichcrheitsanordmmgen, Kosten. Verwaltungseinrichtungen usw. beigezogen.

Die Abteilung Luftschiffahrt umfaßt die im vorhergehenden Artikel schon einzeln aufgeführten H Kategorien mrt deren verschiedenen Klassen, sodaß hier eine Aufzählung überflüssig wird

Sollte jede der dort aufgeführten Klassen der acht Kategonen der Abteilung Luftschiffahrt auch wirklich beschickt werden, so wird diese nicht nur ein Zeugnis regster

»♦*&• 371 «4«

Tätigkeit auf einem an Schwierigkeilen überreichen Schaffensgebiel vor Augen führen, sondern auch Belehrung und Anregung mannigfaltigster Art bieten. K. N.

Sportnachrichten.

At'ro-Automobil-Wettfahrt zu Madrid. Wie L'Aerophile {Nr. 10) erfahren, findet ein Wettbewerb zwischen Ballons und Automobilen am 2(5. Oktober zu Madrid statt zu Ehren des Präsidenten Loubet in Gegenwart S. M. des Königs von Spanien.

Der große Ehrenpreis besteht aus 2 Kunstgegenständen, der eine gestiflet von S. M. dem Könige von Spanien, der andere von dem Präsidenten der Kcpublik F.. Loubet. Die Correspondeneia de Espana, die den Wettbewerb organisiert hat, stiftet einen Preis von 3000 Pesetas. Verschiedene andere Preise sind vom Deal Aereo Club de Fspaüa und vom Automovil Club de F.spana.

Aus Frankreich beteiligten sich Comte de La Vaulx und Paul Tissandier mit dem Hallon L'Elfe (1800 cbm, Besitzer M. Vonviller, Konstrukteur M. Mallet) und M. Emile Gar Ion, der Geschäftsleiter der Firma Lachambre mit einem neuen Ballon von 800 cbm.

M. J. F. Duro, der Gewinner des zweiten großen Preises in Paris am 15. Oktober, ist im Aero Club III (1200 cbm) gefahren. $

Aeronautischer Preis für die Ballonfahrt von Bordeaux nach Pau. Der Aeroklub des Südwestens (Frankreich) organisiert für den 1. November eine Wettfahrt zwischen Bordeaux und Pau am nördlichen Fuße der Pyrenäen, elwa 150 km Luftlinie. Derjenige Führer, welcher zuerst und möglichst nahe bei Pau landet, erhält den Preis, eine Bronze «La Source» von Rosetti im Werte von -100 Frs„ die M. F. Boudry, der Präsident des obigen Klubs, gestiftet hat Der Preis geht erst in das Eigentum des Gewinners über, nachdem er 12 Monate nach der Landung von ihm behauptet worden ist.

Zum Weltbewerbe werden zugelassen die Führer, Ehrenmitglieder, Mitglieder und Korrespondenten des Klubs. *j*

Bibliographie.

Königlich Prenfllsclie Luftschiflcrabteilunir Berlin. Denkschrift, verfaßt von Hauptmann Harck und Hauptmann Hildebrandt. Gr.8". 48 S. Albumformat. Preis 1,50 Mk. Wird uns als Neuerscheinung vom Verlag E.S. Mittler&Sohn in Berlin zugeschickt.«) Das mit vielen Illustrationen ausgestattete hübsch eingebundene Schriftchen schildert die interessante Entwicklung der Luftschiflerabteilung seit ihrer Gründung 188-1 bis 1901. Q.

Instruktion filr den Ballonführer. Herausgegeben von v. Tschudi, Hauptmann im Luftschifferbataillon, auf Veranlassung des Berliner Vereins Tür Luftschiffahrt. Berlin 1905. 2. Auflage. 8«. 125 S. Taschenformat.

Die neu erschienene 2. Autlage des beliebten Vademecums des praktischen Lufl-schiffers hat keine wesentlichen Veränderungen erfahren. Von den nützlichen Zusätzen sei die Instruktion für die internationalen wissenschaftlichen Ballonfahrten genannt. Der weitere Inhalt wird gebildet durch eine eingehende allgemeine und fahrlechnische Instruktion für den Führer, Anweisungen für das Verhalten bei Landungen im Ausland. Fahrlberichtschetnas, Notizblätter und eine Übersetzung der nötigsten Fragen bei der Landung, in 9 Sprachen, wie sie bei Fahrten von Norddcutschland aus in Frage kommen können. O.

«) Wird gleich/eilig den Mitgliedern des Deutschen LuftsehilTervertmnde« von der Firmu Mcisenbach-itiftarlh & Co., Berlin-Soiiüueberg /um Vorzugspreis von tiO I'ftf. augeboten.

Institut Acrodyiumii<|ue de Knutehino. Gr. 8<>. SS, 17 Tafeln St. Pelersbourg 1H05.

Die Broschüre beschreibt die Hinrichtungen und das Programm eines von 1). Riaboucbinsky gegründeten Instituts, in der Nähe von Moskau, das sich die wissenschaftliche Untersuchung von Kragen, die die Bewegung in der Luft, die Luftschrauben und überhaupt lluchtechnische Probleme betreffen, zur Aufgabe macht. Das genauere Arbeitsprogramm ist folgendes:

1. Untersuchung über den Luft widerst and. Ermittlung der Widerslandskoeffizienten. Bestimmung des Druckmittelpunktes; Untersuchung über den Auftrieb und den Nutzeffekt von Luftschrauben: Studien über die Propulsion mit Flügeln. Untersuchung über die Stabilität der Körper wahrend ihrer Bewegung in der Luft.

2. Praktische Anwendungen der Widerstandsgesetze der Luft. Konstruktion vonSchrauhenilicgern; Konstruktion und Untersuchung von Drachen verschiedener Typen; Konstruktion und Untersuchung von Gleitlliegern; liebung größerer Lasten durch Drachen: Sigiialdienst mit Hilfe von Drachen: photographische Aufnahmen mit Hilfe von Drachen.

.H. Wissenschaftliche Erforschung der verschiedenen Schichten der Atmosphäre. —Zu Verwirklichung dieses reichhaltigen Programms scheinen große Mittel zur Verfugung zu stehen. Bisher sind 100000 Rubel für die Einrichtung ausgegeben worden. Verschiedene Gebäude, z. B. mit großen technischen Einrichtungen, sind schon fertiggestellt. Herr Biabouchinsky selbst ist Direktor, Herr Kusnetzow ist Directeur-adjoinl des Etablissements. Außerdem ist ein technisches Personal von 15 Köpfen vorbanden. Vorläufig ist ein Jahresbudget von 3<>000 Rubeln vorgesehen. Wir wünschen, daß der Erfolg dem Aufwand entsprechen wird. O.

Personalia.

Prinz Roland Boimparte, der Vorsitzende des Internationalen Aeronautischen Verbandes, verlor am 14. Oktober durch den Tod unerwartet seine Mutter, die Prinzessin Bonaparte. Die Delegierten der Konferenz in Paris brachten ihre Anteilnahme an diesem schmerzlichen Trauerfall ihres Präsidenten durch eine würdige Kranzspende für die hohe Dahingeschiedene zum Ausdruck.

Fräulein Ann! Riedinger, die Tochter des bekannten Ballonfahrikanten in Augsburg, hat sich am 17. Oktober mit Herrn Kail Lochmüller, Leutnant im Kgl. 3. Inf.-Bgt. Prinz Karl von Baiern, verheiratet.

Oberst v. Hihl-. Chef des Generalstabes des 1. bayrischen Armeekorps, der ehemalige erste Kommandeur der Kgl. bayrischen Luftsehilferabteilung. ist durch A. K. O. vom 17. Oktober zum Regimentskommandeur des bayrischen Infanterie-Regiments Nr. 1 ernannt worden.

Die Redaktion hält sich nicht für verantwortlich für den wissenschaftlichen Inhalt der mit Namen versehenen Artikel.

j&lfe Hechte vorbehalten: teilweise Auszüge nur mit Quellenangabe gestattet.

Die Redaktion.

illustrierte aeronautische JÄitteilungen.

IX. Jahrgang. Dezember 1905. 12. Heft.

Aöronautik.

General Meusnier und die lenkbaren Ballons.

Von Vojcr, Hauptmann im Geniekorps, l'nterdirektor im Militär-Aeronautischen Zentraletablissement von Gbalais-Memlon, übersetzt von II. W. I,. Moedebeck.

Wir haben gesehen, mit welcher Klarheit General Meusnier in seinen ersten Denkschriften (1783—84) die Gesetze der Luftschiffahrt beim Freiballon entwickelt hatte, und wie er das Luftballone! erfand, damit die Luft-sehiller ihre Fahrzone sich wählen könnten. Aber man befaßte sich auch schon damals in jener Zeitepoche mit der Lenkung der Aerostaten; zahlreiche Erlinder unterbreiteten bereits ihre Projekte dem Urteile der Akademie.

Meusnier am 31. Januar 1781 selbst zum Akademiker ernannt und von seinen Kollegen damit beauftragt, die Versuche mit den aeroslatischen Maschinen im Auge zu behalten, wurde naturgemäß dahin geführt, sich auch mil dieser interessanten Frage zu beschäftigen. Er brachte, wie überall, auch hier hinein eine Klarheit, wie man sie nur von einem außergewöhnlichen Geiste erwarten darf. Er gab sich darüber Rechenschaft, wie unvollkommen die Mittel waren, über die man damals verfügte, um gegen die Luftströmungen anzukämpfen, aber er hielt es darum doch für nützlich, sie bei den Aerostaten anzuwenden. Er begriff die Schwierigkeilen, die sich der Verwendung länglicher Ballons entgegenstellten und bestimmte die Bedingungen ihrer Stabilität.

Schließlich erfand er selbst ein Projekt einer «aeroslatischen Maschine», die man sehr wohl als lenkbare bezeichnen kann, aber er rechnete bei derselben auf die Ausnutzung menschlicher Kraft, wie Dupuy de Lome sie sehr viel später anwendete, um ihr eine gewisse Eigengeschwindigkeit zu geben und um sie von der Windrichtung abzudrängen.

Wir wollen nacheinander prüfen:

1. die allgemeinen Gedanken Meusniers über die Luftschiffahrt, so wie man sie zu jener Epoche begreifen konnte;

2. seine Theorie über die Stabilität des länglichen Ballons;

3. die großen Gedanken sowie die interessanten Einzelheiten der Projekte, welche ihn beschäftigt hatten.

1. Allgemeine Gedanken über die Lenkbarkeit des Ballons.

Der «Abriß der Arbeiten der Akademie der Wissenschaften zu Paris zur Verbesserung der aeroslatischen Maschinen, redigiert

♦*>e> 374

von Meusnier, v) enthüll die kurze Darstellung der Resultate, die zu erreichen ihm möglich erschienen.

♦ Man hat geprüft, welchen Ellekt viele der vorgeschlagenen Maschinen für die Lenkung der Aerostaten haben könnten: Diese Maschinen müssen durch Menschen bewegt werden, deren Gewicht im Verhältnis zu ihrer Kraft groß ist: es folgt daraus, dali sie wenig Effekt haben werden, um die. Widerstände zu überwinden, welche die Luft den Ballons entgegenstellt infolge ihrer grollen Oberfläche. Die in be/.ug auf die LenkungsmitteL welcher Art sie auch sein mögen, angewandte Rechnung zeigt im allgemeinen, daß sie den aerostatisehen Maschinen keine größere Geschwindigkeit als eine Eieu in der Stunde, unabhängig von den Winden, erteilen können.-

Wir haben in Meusniers Denkschriften die Elemente dieser Berechnung, von der er sich darauf beschränkt, hier das Resultat wiederzugeben, linden können. Aber wir sehen, wie weit er davon entfernt war, sich über die Macht der Mittel, über die mau zu jener Zeit verlügte, zu täuschen: Eine Eigengeschwindigkeit von 4 km in der Stunde war alles, was er den Erfindern von lenkbaren Ballons bei Anwendung von Menschenkraft zu hoffen gab.

Diese Veranschlagung der möglichen Geschwindigkeit ist sogar zu geling, denn Dupuy de Lome hat im Jahre 1S72 bei seinem Schraubeu-aerostat eine Eigengeschwindigkeit von 10 km per Stunde erreicht. Es ist richtig, daß er diese; Geschwindigkeit nur einige Minuten lang erhalten konnte, indem er gleichzeitig die 8 Leute der Ballonbesatzung arbeiten ließ, während Dupuy de Lome in seinem Projekt zwei Gruppen von 4 Leuten vorgesehen halte, die sich stündlich ablösen sollten. Aber selbst mit dieser letzteren Anordnung konnte er berechtigterweise auf eine Geschwindigkeit von 8 km rechnen.2)

Wozu braucht man bei einem Aerostaten eine so schwache Eigenbewegung (sie sei 4 oder 8 km in der Stunde), die doch derjenigen der ruhigen Luftströmungen noch unterlegen ist? Auf diese Frage antwortet Meusnier, daß «nichtsdestoweniger die Mittel der Lenkung sehr nützlich sein werden; sie werden dazu dienen, sich einen passenden Landungsplatz zu wählen. Hierauf, sagt er, muß man ihre Anwendung beschränken*.

Nach ihm «liegt der wahre Geist der Luftschiffahrt in der geschickten Ausnutzung der Winde, in dem Studium ihrer Aufeinanderfolge nach den Beobachtungstabellen •.

■) Nach «Iimi Protokollen der Akademie scheint Jie«cr llerieht iu der Sil/unjj am IS November ITH!

vorgelcsi ii zu sein. Als MunuAript aufbewahrt im nepot der l-'nrtifikntioii (beute Technische Sektion dc.->

Ocnicwesen*!, wurde er ve.r>>fTentli> |,t un Januar JH51 im Conscrvutoire und reproduziert im Jahre 1H.V. in

der L'lltsliiire des principales deconvrtes von L. Kipuier (Hand III).

In der Tut warlot die tlefcliwindijtki-il wie die. Kuhikwur/.ol der Molorkraft: Wenn er mit

in

s [.nuten eine <;e<»-hwiiidij.'keil von I« km erreicht hat. konnte er mit + Leuten etwa = 8 km erreichen.

\1

Ii.is wir ihi jeiiife C. •schuitidiy.kcit die er in -'inen Itere. bium^en voraushej-limint hatte.

375 «44*

l'nd etwas weiter fügt er hinzu:

«Die Lenkungsmittel können indessen auch noch von großem Vorteil sein für physikalische Beobachtungen, die man mit aerostatischen Maschinen wird machen können: die Wolken und alle Meteore sind von demselben Wind fortgetrieben, dem die Maschine anheim gegeben ist, sie befinden sich zu einander in einer tatsächlichen Windstille, und das geringste Lenkungs-miltel genügt, um denjenigen Punkt in der Atmosphäre zu erreichen, wohin ein Beobachter ein Interesse hat, sich hinzubegeben.1)

Also, Unmöglichkeit der Lenkbarkeit im eigentlichen Sinne, Nützlichkeit einer schwachen Eigengeschwindigkeit, um von der Windrichtung abzuweichen, seinen Landungsplatz zu wählen oder besser, um sich einem bestimmten Punkt der Atmosphäre zu nähern und dort meteorologische Beobachtungen zu machen, das sind die Betrachtungen von Meusnier, und seine Betrachtungen waren verständig damals, zu einer Zeit, als man nicht daran denken konnte, an Bord einen anderen Motor als den Menschen selbst verwenden zu können.

II. Die Stabilität des länglichen Ballons.

Die longitudinale Stabilität des länglichen Ballons, deren Bedeutung gleich groß ist sowohl für eine regelrechte Fahrt als wie für die Sicherheit der Luftschiffer, und die trotzdem noch gewisse moderne Erlinder außer Acht lassen, war der Gegenstand besonderer Arbeiten von Meusnier. Er hatte erforscht, welche Bedingungen ein Aerostat erfüllen muß, damit die Bewegungen des Stampfens keine allzugroße Amplitude bekämen, und er leitete hieraus eine praktische Grenze für die Verlängerung des Ballons ab. Die Resultate dieser Studie (aber nicht die Studie selbst) sind in dem Abriß aufgezeichnet, von dem wir bereits einige Auszüge gebracht haben:

Der Wunsch, sagt der Autor, die Lenkungsmittel möglichst vorteilhaft zu gestalten, hat auf den Gedanken geführt, die Form der aerostatischen Maschinen sehr zu verlängern, um den Widerstand zu verringern, den die Luft ihnen entgegensetzt; man hat geprüft, ob nach andern Gesichtspunkten diese Form ihnen nicht nachteilig sein könnte. In der Tat fand man, daß die Stabilität dieser Maschine bei einer zu großen Verlängerung sehr beeinträchtigt würde; sobald der Wind böig weht, nimmt der Ballon eine andere Geschwindigkeit an als sie die an ihm angehängten Gewichte haben, und daraus entstehen Schwankungen, die verglichen werden können mit dem Stampfen und Schlingern der Schiffe. Wenn die Maschine sich neigt, Hießt die entzündbare Luft, da sie viel leichter ist, nach der äußersten höchsten Spitze hin. Diese Bewegung ist um so beträchtlicher, je länger der Ballon ist, und sie würde ihn tatsächlich umdrehen, wenn nicht das Gewicht, das er trägt, ihn immer wieder in seine natürliche Lage zurückbrächte.

') Dil ^t-r sonderbare Paragraph hat Ähnlichkeit mit der Theorie vom erstarrten Ozean tOccan ligei, die der Ober-t Kenard so v«rtrefllicli entwickelt hat, gelegentlich Beines Vortrage» über die LufUchilt-fahrt am 8. April l?»8o' (Pari*. (iauthier-Villarn, und wiedergegeben in der Uevuc du ginie 18*7, Bd. I, S. 7 n.

►»»8» 376

Diese Betrachtungen haben zur Kenntnis des Metazentrums geführt und zur Grenze für die Verlängerung, die bei aerostatischen Maschinen anwendbar ist; ihre große Achse soll das Maß der kleinen Durchmesser nicht um das doppelte oder dreifache überschreiten.»

Das ist ein sehr wichtiger Schluß, und es wird interessant sein, die Berechnungen kennen zu lernen, die Meusnier zu diesem Resultat geführt haben, ebenso wie seine Theorie vom Metazentrum. Der Begriff des Metazentrums ist bei Schiffskonstruktionen sehr geläufig, aber in welcher Weise hat der Autor ihn auf die Luftschiffahrt übertragen?

In den Denkschriften, die seinem Projekt einer aerostatischen Maschine beigegeben sind, von der wir nachher sprechen werden, findet man ohne Definition und Erklärung eine Formel, die den Abstand des Metazentrums vom Zentrum des Ballons angibt. Es ist diese folgende:

/P + K\ 3 /!■— h«\ fh — i)«

«P bedeutet das Gesamtgewicht der im Zentrum der Gondel vereinigten Gegenstände; E dasjenige, der im Zentrum des Ballons als vereinigt gedachten Gegenstände; 1 die große Ballonaxe; h die kleine Achse: x die von der entzündbaren Luft angenommene Höhe, wenn der Ballon sich am Erdboden befindet; endlich n der Abstand des Metazentrums vom Zentrum des Ballons. >

Nachdem der Autor mittels dieser Formel die Lage des Metazentrums berechnet hatte, leitete er davon sofort das Stabilitätsmoment ab, indem er den Abstand des Metazentrums vom Zentrum der Gondel mit P multiplizierte.

Dieses sind die einzigen Aufzeichnungen, welche uns die Denkschriften geliefert haben und die wir zu Bat ziehen können. Ihnen verdanken wir es, wenn der Reserveleutnant Caquot vom Luftschifferbataillon daraus die Meusniersche Theorie ableiten konnte, und diese Theorie ist interessant genug, um hier wiedergegeben zu werden.

P+E Wie man an den Begriffen der

^—---—-Formel erkennt, teilt Meusnier das Ge-

\ wicht des Aerostaten in zwei Teile / c \ (Fig. 1):

<' 0 y 1. das Gewicht P derjenigen Gegen-

\ / stände, die man sich im Zentrum G der

—--^y Gondel als vereinigt vorstellen kann: - / 2. das Gewicht E derjenigen Ge-

\ / genstände, die man sich im Zentrum

/ 0 des Ballons vereinigt denken kann.

)------ ——( Nimmt man den Aerostaten als

__j

im Gleichgewicht befindlich an, so ist

Kig. 1

,p sein Auftrieb gleich (P + E), und diese

Kraft geht durch den Schwerpunkt C des im Ballon enthaltenen Gasvolumens (nach Abzug des Raumes, der vom

377 «<ao«

Fi?. 2

Luftballon eingenommen wird): Der Punkt C befindet sieh daher über der Längsachse des Ballons.

Nehmen wir nun an, der Aörostat sei einer Stampfbewegung ausgesetzt (Fig. 2), die Luft im Ballonet verschiebt sich (mehr oder weniger nach den besonderen Eigenheiten der Konstruktion) und will die tiefste Stelle der Hülle erreichen. Daraus folgt auch eine Verschiebung des Schwerpunktes des Gases G, der nach C' verlegt wird. Der Auftrieb, vertikal durch C' gehend, hat als Einhüllungslinie eine Kurve, deren Schnittpunkt mit der Linie 0 G aus Gründen der Symmetrie ein Rückkehrpunkt ist. Daher kann man bei den Bewegungen mit schwachem Ausschlag vom Auftrieb annehmen, dall er die Linie 0 G in einem festen Funkte M schneidet, der dieser Rückkehrpunkt ist. Bringen wir diese Kraft (P 4- E) zusammen mit dem Gewicht E, das im Zentrum des Ballons 0 als parallele Kraft in entgegengesetztem Sinne wirkt. Die Resultante, gleich der DilTerenz P der beiden Kräfte, wird die Linie 0 G in einem Punkte N schneiden, der innerhalb gewisser Neigungsgrenzen gleichfalls fest ist: Diesen Punkt nennt Meusnier das Metazentrum.

Die Kraft P, deren Angriffspunkt im Metazentrum N liegt, und das Gewicht P mit seinem Angriffspunkt im Zentrum G der Gondel bilden ein Kräftepaar, das bestrebt ist, den Ballon in seine normale Lage zurückzubringen. Man begreift daher die Bedeutung der Lage des Punktes N: Das Kräftepaar ist proportional dem Abstände N G des Metazentrums vom Zentrum der Gondel. Je gröller dieser Abstand sein wird, um so besser wird der Acrostat den Stampfbewegungen Widerstand leisten. Aber wenn durch Zufall der Punkt N bis unter die Gondel herabgeht, so wird das Kräftepaar ein Überschlagen herbeiführen: Die Stampfbewegung wird mehr und mehr zunehmen und nach Meusniers Ausdruck ___g_

< würde in der Tat der Acrostat umschlagen». Ein derartiger Fall passierte Gilfard im Jahre 1855'), und man muß zweifellos denselben / Grund annehmen bei den Abstürzen von Sanlos Dumont bei Passy im Jahre 1901 und in Monte Carlo 1902.

Nachfolgend die von M. Caqtiot Fig. j

') Giffarcl hatte kein Ballonet. es war damals die Dalle, welche »ich vorschob, aU der Ballon schlaff wurde und die. immer tiefer herahgehend. dem Acroslaten jegliche Stabilität nahm.

gegebene Erklärung tler Formel v«»n Meusnier; sie beweist klar, daß das Metazentrum allerdings der Punkt ist, welcher bestimmt worden ist.

Betrachten wir einen Ballon in der Form eines länglichen Rotationsellipsoids (Fig. 3) und nehmen wir an. daß seine große Achse unter einem unendlich kleinen Winkel h geneigt sei. Das Niveau der Luft im Rallonet bildet eine horizontale Kbene A' R' und der Schwerpunkt des Gasvolumens C betindet sich in der konjugierten Durchmesserebene A'R'. Der vertikale Auftrieb ist normal zu A' R': er trifft die kleine Ballonachse im Punkte M. Zu bemerken ist, daß der unendlich kleine Ausschlag G' C des Punktes C. aus Gründen der Symmetrie normal zur kleinen Achse ist. Man erhält dann

C ('.' — MG X h.

Nennen wir b' den Winkel G O ('.'. so ergibt sich

C C = 0 C X b'

also

M C « (I C X

b

Da aber die beiden Richtungen O G' und ,V R' konjugiert sind, besteht die Gleichung V 1*

— > wenn 1 die große, h die kleine Achse der Fllipse sind b h *

und /]* v I» — h«

M 0 = M C — O C = I — 1 I X 0 G = - X 0 G.

\ h* ) h*

Was die Lange 0 C anlangt, so ist sie der Absland des Mittelpunktes O des

Rlliphoiils vom Schwerpunkt des Segments A Q B. Aber man kann, ohne die Stellung

dieses Schwerpunktes zu ändern, das Fllipsoid durch eine eingeschriebene Kugel vom

Durchmesser h ersetzen. Nennt man dann x die Höhe des Segments und wende! man

eine bekannte Formel an, so erhält man

3 ih — x)* OC = X

2 3h — 2x

woraus sich ergibt

3 I«— h» (h— x-

M O = X----X ---—

2 h» 3h — 2x

Zuletzt muß man den Auftrieb (P + F.), der in M angreift, mit dem Gewicht E einer

parallelen Kraft, die im entgegengesetzten Sinne im Punkte O wirkt, zusammensetzen.

Der Punkt N. wo die Resultante die Achse O O schneidet, wird bestimmt durch die

Gleichung

NO X P = MO X (P + E)

demnach ist

P + E

NO — MO X--

P

N O ist nichts anderes als der Abstand n des Metazentrums vom Mittelpunkt des Ballons. Ersetzt man MO durch den oben berechneten Wert, so ergibt sich daraus genau die Formel von Meusnier:

V P / 2 \ h" / 31. — 2x

Wie ersichtlich, ist diese Forniel dem Ellipsoid eigen und sie setzt voraus, daß die Luit im Ballonet sieh frei verschieben kann, wenigstens bei einer schwachen Neigung, derart, daß sie die tiefste Stelle der Hülle einnehmen kann. Man wird sie daher nicht über Gebühr verallgemeinern und ohne weiteres auf alle länglichen Ballons anwenden dürfen.

Man darf selbst den Schluß Meusniers über die Grenze der Verlängerung nicht allzu wörtlich nehmen. In dem Spezialfall, welchen er bearbeitet hat, wächst der Abstand des Metazentrums vom Ballonmittelpunkt mit der

379 «44«

Verlängerung sehr schnell. Der Ausdruck dieses Abstandes n enthält in der l*_j,*

Tat den Faktor , für den man schreiben kann A*—1, indem man

A = ---- setzt. Wenn man die Verlängerung A wachsen läßt, vermehrt

sich der Abstand n sehr schnell und würde bald größer werden als der Abstand der Gondel vom Mittelpunkt des Ballons, was mit der Stabilität unvereinbar wäre. Ks würde sogar nicht zutreffen bei einem Aerostaten, dessen Konstrukteur sich bemüht haben würde, die Verschiebungen der Luft des Ballons zu beseitigen.1)

Die Theorie Meusniers setzt dessen ungeachtet einen der Ilauptnach-teile der großen Verlängerungen, die darin liegen, daß sie die longitudinale Stabilität beeinträchtigen, in das rechte Licht; sie zeigt, daß es nötig ist, die peinlichsten Vorkehrungen für die Begrenzung der möglichen inneren Verschiebungen der Luft und des Gases zu treffen, und daß bei jedem Projekt eines länglichen Ballons die Lage des Mctazentrums, oder wenn man will, das Moment der Stabilität, das von demselben abhängt, mit der allergrößten Sorgfalt bestimmt werden muß.

III. Projekt einer aerostatischen Maschine.

Der General Meusnier beschließt seinen Precis des travaux faits ä l'Academie folgendermaßen:

«Man hat zwei Konstruktionsprojekte aufgestellt: das eine bezweckt sehr lange Reisen zu machen, seihst über Meere hinweg und in wenig bekannte Klimate. Dieses Projekt ist ein Bild dessen, was dereinst die Luftschiffahrt werden kann. Diese Maschine würde 30 Menschen mit Lebensmitteln für HO Tage tragen können und seine Ausführung würde mehr als 3 Millionen kosten.

Das zweite Projekt, für nur ö Menschen bestimmt, und nur als ein Beweis für die neuen Mittel, auf welche die Untersuchungen geführt haben, könnte während eines Feldzuges dazu dienen, für den Kontinent eine Art Kreuzer darzustellen für Beobachtungen und Versuche; außer dem Vorteil eines Frieds darüber, was man von der Luftschiffahrt, um die es sich hier handelt, erwarten darf, würde die Ausführung eines solchen Projektes die interessantesten Beobachtungen für die Wissenschuft ergeben, denen vollkommene Daten über den Zustand der Atmosphäre fehlen. >

Die beschreibenden Denkschriften dieser Projekte fehlen und sind wahrscheinlich niemals gefertigt worden.*) Man besitzt nur in den Archiven der technischen Sektion des Geniewesens:

') Oer Ausdruck v»n n mithält auch den Faktor *^ , der zeigt, datf das Meta/cntrnm um so

Mi — zx

höher licet, je weniger J.uft sich im Uatlonet I.duldet. Aber wenn auch der Ballon hei der Abfahrt ganz mit Oa* gefüllt sein kann, so wird er es nicht mehr hei di<r Landung sein; man mul» daher immer mit der Einführung einer gewissen Luflmassc rechnen.

*) «MeiisiiiiT hatte sieh lange Zeit v»r£eiiftiH!ucii. si>'h in dieser HiiiMi lit nirht auf die Zeichnungen zu beschränken und auch den Text des Projekte* abzufassen. Wrsi hiedene Arbeilen haben ihn daran behindert. Ol" Wissenschaften haben dadurch einen grellen Verlust erlitten nicht bloLi wegen der It'-sultate,

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1 /!

 

Fig. t.

1. ein Album mit Zeichnungen, die alle Details der großen Maschine1) enthalten, von der man hier einige Verkleinerungen beigefügt findet;*)

2. für jede Maschine eine allgemeine Nachweisung der Gewichte, eine Berechnung der Stabilität und eine

allgemeine Nachweisung der Ausgaben. In Wirklichkeit sind Projekte sozu-

Seitenuttickl von General Meusnlen i.ufischiiiprojekt it*s mit den Auf- beide

huni'ebandern niul ilrn (lurten. »Ii«- da» Net* ersetzen.

sagen nur ein einziges,

das zweite ist eine einfache Verkleinerung des ersteren. Die Abmessungen der großen Maschine sind ungewöhnliche: ihr Volumen beträgt etwa 79000 cbm; die kleine von achtmal geringerem Volumen (9900 cbm) würde für einen sehr großen Aerostaten noch angehen. Wie dem nun auch sein mag. so wollen wir doch die vollständige Beschreibung dieses doppellen Projektes geben und deren bemerkenswerte Eigenheiten hervorheben.

Der Ballon (Fig. i, 5 u. ö). Der Ballon hatte die Form eines länglichen Umdrehungsellip-soids, dessen große Achse doppell so lang war als die kleine: Meusnier hielt sich so innerhalb der Verlängerungsgrenzen, die er selbst festgesetzt hatte.

Dieser Ballon bestand aus zwei gefirnißten Hüllen, die sich Vig 3 genau eine gegen die an-

L)a« Inner).' den Italiun* im Läni^-chnitt mit der Anordnung der verücMe* ,

.tenen (ias- und Lufthüllen und ihren Füllan-älzen. dd'e legten'. die iniltTC

die dieses Werk enthalten hatte, sondern auch weil es in äußerst seltener Weise Mut, (i.s.hickliehkeit und C.eduld mit dem Genie vereinigt gezeigt haben würde» (Bemerkung von Monge, Revue retrospektive oclobre |s:i:.).

') Hin zweite-* Fx«mplar dieses Albums befindet sieh im F.lablissement von Chnlaix ; der Oberst Renard, der Verstorbene Iiirektor dieses Etablissements, hat eine photoprapliische Iteprodtiktion von dem-►ellien für dio Uibliothek des Instituts unfertigen laxsen.

') Wir verdanken die die Originaltafeln wiedergebenden Ghliches der Freundlichkeit de« bekannten In i;r II - ; i r ■, II r'. e in Fan und • r/r.-ii. i. n,i< Vri «den di. G«leg1 i.l.eil. u Dul ihm h:. rmit

öffentlich zum Ausdruck /.u bringen. I>. Übersetzer.

►»Ö> 381 €«««

Hülle war für die Aufnahme des Wasserstolfes bestimmt; zwischen beiden Hüllen sollte atmosphärische Luft geblasen werden. (Fig. 5.) Das war die

Fi|f. «.

Vorderansicht von Mi'iimmts Luits« hi(T|iroj.kt mit (ioiidi-iaurhiingiiuir, Si hrauhonanhriiiiruii,: und <l- r daNetz iTüi-t/cndi-n Gurtkonstruktion. (Faksimile der Origi&ttark htiung.)

3. Form des Ballonets, die Meusnier in seiner Denkschrift vom 3. Dezember 1783 vorgeschlagen hatte, eine Form, die er den beiden anderen gegenüber vorzog (s. Illustr. Aer. Mitt. lieft XI Seite 3ö3).

Uber diesen beiden Hüllen befand sich eine dritte, genannt Widerstandshülle (enveloppe de foree), aus Rohseide, die berechnet war, um dem Innendrucke Widerstand leisten zu können: diese letztere allein sollte gespannt werden, die beiden anderen legten sieh gegen sie an und waren ein wenig größer. Die beiden Funktionen, die gewöhnlieh die Ballonhülle erfüllt, Widerstand und Gasdichtigkeit, waren somit gesichert durch zwei verschiedene Organe.')

Aufhängung 1 Fig. 4, 0, 7 und H). Die Widerstandshüllc war mit einer Art Netz bedeckt, das aus einem Gellecht von «Gurten» bestand. An diese Gurte wurden die « Aufhüugebänder> (haubans de Suspension^ welche die Gondel hielten, aufgehängt.

Seitlich von den Bändern herab, die direkt die Gondel mit dem Netz verbanden, liefen andere Stricke zusammen nach Punkten, die über der Gondel lagen (Aufhängcpunklc der Schrauben), welche mit den ersteren ein trianguläres System, analog demjenigen, was Dupuy de Lome sehr viel später bei seinem Aerostaten anwendete, bildeten. Wie bekannt, war der Zweck dieses Systems, die Aufhängung unverschiebbar zu machen durch eine starre Verbindung von Gondel und Ballon: Das ist eine der von der Stabilität untrennbaren Bedingungen.

Das Schiffchen (Fig. 7 und 8). Das Schiffchen oder die Gondel, wie man sie damals bezeichnete, hatte eine längliche Form und erinnert sehr an diejenige eines Bootes. Sie war übrigens derart konstruiert, daß man sich über Wasser halten und sogar schüfen konnte in dem Falle, daß ein unvorherzusehender Zufall eine Landung auf dem Meere hätte eintreten lassen.

Die Gondel enthielt zwei große Blasebälge zum Auffüllen des Ballonets und ferner die Wellen, welche bei Handhabung seitens der Mannschaft zum Betrieb des Propellers dienten. Hin Ruder war hinten angeordnet.

Propeller (Fig. 7 u. Hl. Der Propeller bestand aus drei Paar «sich drehender Ruder* («rames tournantes*) wie Meusnier sie nannte. Die sich drehenden Ruder waren aber nichts anderes als Schrauben, und wir linden so diese Propellerart (die beste der bekannten Propeller) bereits zur Verwendung für ilie Luftschiffahrt vorgeschlagen, lange Zeit bevor sie für die maritime SchilTuhrt in Betracht kam.

Die Schrauben waren zwischen der Gondel und dem Ballon angeordnet, eine für die Stabilität des Aerostaten günstige Lage.

Der Anker (Fig. ',)). Die Maschine war mit einem Anker versehen, von dem Meusnier folgende Beschreibung gibt:

«Der Anker in Form einer Harpune derart konstruiert, daß er beim

') I iii'1 Konstruktion, u ie pcs>-invürlig auvh am Iruktarvn -I.u Villc «Je Paris» von Tatin zur AnwiKinn; / hingt- |nr M. U-hIm-Ii.

HK'i ««««

Fall seine vertikale Stellung beibehält, um sich i Fuß tief in gewöhnliche Erde einzubohren, ist aus einer Höhe von 50 Toisen herabzuwerfen.»

Dieser Anker war also eine Art eiserner Wurfspieß, der von oben aus der Gondel herausgeworfen und, an der Erde mit großer Geschwindigkeit anlangend, tief in den Boden eindringen mußte. Das Ankertau war mittels eines Binges am Ende des Teiles angebracht, der in die Erde eindringen mußte.

Wir glauben nicht, daß man jemals euren aeronautischen Anker dieser Art versucht hat; der Gedanken ist aber nicht allein originell, er ist vielleicht auch einer praktischen Verwertung fähig.

Kurz gefaßt, in diesen wenigen Bemerkungen zum Projekt der aero-statischen Masehine von Meusnier linden wir wenigstens drei interessante Erlindungen (ausschließlich des Bailonets):

die trianguläre Netzaufhängung,

die sich drehenden Ruder, die nichts anderes als Sehrauben sind, den Wurfanker.

Dieses Projekt, mit großer Vollendung in allen Teilen durchgearbeitet,

Ansicht der Gondel und de» unteren Ballon teile« von vorn, um zu reiben, wie die Drehruder angeordnet sind.

(Faksimile der Originalzeirhnung.)

ist nichtsdestoweniger bemerkenswert in seiner Gesamtheit und gibt eine gute Vorstellung von einem wirkliehen Luftschiff. Nach Monge «hätte

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Fig. 9.

Meusnier« Anker in Form eine-. WurfVuieUe* derart konstruiert, daß er beim Fall in vertikaler Stellung bleibt und von .">o '1-■ i—n aus ausgeworfen, in gewöhnlichen Erdboden 4 Fuß lief eindringen kann.

(Faksimile der Original/t i. hming.)

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Ludwig XVI. es ausführen lassen, wenn er nicht abgehalten worden wäre durch die damit zusammenhängenden enormen Ausgaben».

Schlußbetrachtung.

Wir haben uns bemüht, in diesen flüchtigen Studien in grollen Linien die aerostatische Arbeit des Generals Meusnier wiederzugeben:

die Fundamentalgesetze des Gleichgewichts des Ballons in der Vertikalen und die daraus sich ergebenden Kegeln für seine Handhabung;

Eigentümlichkeiten, verschiedene Formen und Art der Anwendung; des Luftballons;

Gebrauch eines automatischen unteren Ventils;

Bestimmung der Eigengeschwindigkeit des Aerostaten bei Anwendung von Menschenkraft;

Theorie der longitudinalen Stabilität des länglichen Ballons und die praktische Grenze ihrer Verlängerung:

vollständige Ausarbeitung einer aerostatischen Maschine mit besonderen Anordnungen für die Aufhängung, den Propeller, den Anker usw.

Das ist dasjenige, was wir in diesem bemerkenswerten Werke gefunden haben, was leider selbst dem aufgeklärten Publikum so wenig und so schlecht bekannt ist und dennoch, von allen Seiten her betrachtet, so wichtig ist.

Trotz alledem sind wir noch weit entfernt davon, die Arbeit erschöpfend behandelt zu haben. Eine vollständige Behandlung müßte auch enthalten : die Untersuchungen von Meusnier über die Firnisse, um die Ballons

gasdicht zu machen: seine zahlreichen Versuche über die Haltbarkeit der Ballonstoffe, der Netzleinen usw., die er für sein Prospekt ausführte. Er mußte alle Spannungen kennen, sagt Monge,1) die in bezug auf ihre Gewichte alle Materialien, die er anwenden konnte, wie Seide. Baumwolle, Leinen, Hanf, Häute, Membranen, und selbst die Metalle aushalten konnten. Er ließ eine ingenieuse Maschine fertigen, auf welcher sich die Spannungen genau messen ließen, er probierte darauf diese Materialien nacheinander, und erhielt so die für ihn notwendigen Ergebnisse.>

Ist es nicht auch noch seine Idee, die Hüllen undurchsichtig zu machen und ihnen eine weiße Farbe zu geben, um zu verltüten, daß das innen befindliche Gas sich unter der Wirkung der Sonnenstrahlen erwärme?

Schließlich kennen wir nicht einmal jedes Werk von Meusnier. Außer den schon oben hervorgehobenen Lücken, ist es uns bisher unmöglich gewesen, den Text von mehreren Mitteilungen wieder zu linden, die in den Sitzungsberichten der Akademie der Wissenschaften erwähnt sind,2) als dasind: eine Denkschrift über das Verhältnis zwischen den Luitrudern und den Wasserrudern, gelesen am Ii. Januar 178i:

') Hevue retrospektive, oelobre 1K:l"i

■> I)i.-s<- Sit/.um:*beo. htf wurden vom tieni...Hauptmann l.et»in»e n-hr »orgfullig gestinntelt in hezug auf alles dM-jeniff, was Meu-ni-t betrifft.

eine Denkschrift über die Ballons, gelesen am 3. März 1784; eine Denkschrift, gelesen am 19. und 23. Juni 1784, über einige

vorgelegte Mittel zur Lenkung des Aerostaten; eine Denkschrift über den Druck, welchen die Hüllen erleiden, die

elastische Flüssigkeiten enthalten, gelesen am 2., 9. und 16. Juli 1785. Was ist aus diesen Denkschriften geworden?

Wird man sie eines Tages wiederfinden oder sind sie unwiederbringlich für die Wissenschaft verloren?

Wie dem nun sein mag, wir glauben gezeigt zu haben, daß die Arbeiten des Generals Meusnier, Arbeiten die aus der Epoche der Erfindung von Montgollier selber stammen, nicht allein die Grundprinzipien der Luftschilfahrt enthalten, sondern auch ergiebig sind in bezug auf interessante Resultate, auf praktische Erfindungen, auf angewandte und noch heute anwendbare Theorien und anregend zum Nachdenken selbst noch für unsere modernen Luftschilfer.

Meusnier ist ein großer Vorläufer gewesen; sein aerostatisches Werk, welches nicht den einzigen Titel seines Ruhmes vorstellt, macht dem Geniekorps sowohl wie Frankreich selbst alle Ehre.

Lustige und traurige Episoden aus den ersten Zeiten

der Luftschiff-Ära.

Nach authentischen Berichten gesammelt von Max Leher-Augsburg.

(Schluß.)')

Aus Paris wird unterm 25. Mai 1781 von der ersten Auffahrt von Damen berichtet. Montgollier hatte für den König einen Ballon anfertigen müssen, der alle übrigen au Größe und Stärke übertraf. Damit stellte er in einem Garten Versuche an. Bei dieser Gelegenheit wagten nun die beiden Schwestern Montalembert, ferner der Slaatsminister Malesherbes und Herr Robert eine kleine Auffahrt. Man ließ den Ballon 200 Schuh in die Höhe und zog ihn dann an Seilen wieder zurück. — Einige Tage später fuhr Herr Rozier mit 4 Damen in einem Ballon auf, der gleichfalls an Stricken hing, damit er nicht mit dieser leichten Ladung Reißaus nehme. Die erreichte Höhe betrug 600', und dies war für einen ersten Versuch mit schwindeligen Damen genug.

Eine Dame aus Lyon, namens Mme Tible, wagte es zuerst, eine Freifahrt zu machen. Am 5. Juni traf König Gustav III. von Schweden auf seiner Rückreise aus Italien in Lyon ein. Zu Ehren des hohen Gastes hatte man an einem abgegrenzten Platze, der von vielen prächtigen Damen besetzt war, einen großen Ballon in Bereitschaft gestellt. Nach 6h abends war derselbe gefüllt. Nun bestieg Herr Fleurant mit der in Mannskleidern auftretenden Mme Tible die Galerie, und der Ballon schwang sich majestätisch

') Wes^n Uaummuiigel« konnte dieser Schluß de» im Oktoberheft beginnenden Artikels leider vtxl hier gebracht werden. Dm Ucd.

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empor. Der König hatte es sich nicht nehmen lassen, mit eigener Hand das letzte Seil zu lösen. Unaufhörlich schwenkte die beherzte Dame ein Fähnlein, das mit dem französischen und schwedischen Wappen geschmückt war. Als der Ballon eine gewisse Höhe erreicht halte, warf Mrne Tible ein weißes Taschentuch mit eingesticktem schwedischen Wappen herunter. Es vergingen fast 5 Minuten, bis es auf die Erde kam, und wurde dann dem König überreicht, der es als Andenken aufzubewahren versprach. Der Ballon, welcher viel höher stieg als die verunglückte Montgolliere vom 19. Januar, kam zuerst in einen Luftstrom, der ihn oberhalb der Rhone, der Stadt und der Saone nach der Pariser Landstrabe trieb. Im Niedersinken stieb er an die Mauer einer Ferme und kippte um. Die Luftschiffer sprangen heraus, wobei sich Mine Tible ein wenig den Fuß verstauchte. Inzwischen bat man den König, er möchte sieh ins Schauspielhaus verfügen, wo alles seiner harre. Aber er wich nichl eher, bis er den Ballon aus den Augen verloren hatte. Die Fahrt dauerte 40 Minuten, und 3 Minuten nach dem Fall ging der Ballon in Feuer auf. Die Luftschiffer wurden in einer Prachtkutsche nach dem Schauspielhaus gebracht, woselbst die mutige Dame der hohen Ehre teilhaftig wurde, an der Seite des Königs sitzen zu dürfen.

Als der Schwedenkönig nach Paris kam, veranstalteten zwei Abbes ihm zu Ehren am 13. Juni eine Ballonfahrt. Sie erzielten zwar eine riesige Einnahme, aber der Erfolg und Ausgang war gleich demjenigen von Bordeaux. In 3 Stunden konnten die Luftkünstler den Ballon nicht füllen, geschweige denn in die Höhe bringen. Das Volk, das an den Toren des .lardin du Luxembourg stand, wo die Auffahrt erfolgen sollte, verlor endlich die Geduld und geriet in Wut, dali es, der Anwesenheit gekrönter Häupter vergessend, in hellen Haufen in den Garten eindrang und den störrischen Luftball in tausend Stücke zerriß.

Einen großartigen Erfolg hingegen erzielten am 15. Juli die Gebrüder Robert in Sainl-Cloud mit dem von ihnen für den Herzog von Chartres konstruierten Ballon. Derselbe halte Zylinderform und war mit brennbarer Luft gefüllt. Seine Höhe betrug 52', sein Durchschnitt 32. Die Künstler wollten mit demselben die erste öffentliche Probe in bezug auf die Lenkbarkeit machen, weswegen sie den Ballon mit Steuerruder und Flügeln aus Talfei versahen. Der Ruf, der den beiden Brüdern vorausging, hatte eine ungeheuere Menschenmenge herbeigelockt. Mehr denn 20 000 Menschen lagerten sich schon während der Nacht um den Platz herum, wo der Ballon aufsteigen sollte. Was die Szene besonders rührend gestaltete, war, daß die beideu Frauen der Brüder selbst die letzten Stricke abschnitten, an denen der Ballon hing. Um 8h morgens bestiegen die beiden Robert mit dem Herzog von Chartres. der sich als einer der tollkünsten Luftschiffer erwies, die Gondel. Die hinterslehenden Zuschauer baten die vorderen mit lautem Geschrei, sie möchten sich niederknieen, damit man mehr sehe. Niemand weigerte sich dessen. Männer und Weiber, groß und klein, alle knieten nieder, was das Bild um so interessanter machte. Endlich erhob sich

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der Ballon aus der Menge und verschwand nach einigen Minuten in den Wolken. Nach 45 Minuten ließ er sich eine halbe Meile vom AufTahrtsorte, im Tale des Champ Fleuri, unweit des großen Sumpfes von Chalais nieder. Der Herzog von Chartres stieg sogleich aus und ritt spornstreichs nach dem königlichen Paläste, um seine Gemahlin, welche bei der Aulfahrt zugegen war, zu beruhigen. Der Ballon war über 2300 Klafter hoch gestiegen. Als die Luflschiffer in dieser schauerlichen Höhe unter Schnee, Hagel und Wirbelwinden zu leiden anlingen und sie den Ballon nicht so geschwinde, als sie wünschten zum Sinken bringen konnten, schwang sich der Herzog von Chartres auf den Hand der Gondel, klammerte sich mit der einen Hand an einen Strick, während er in der anderen seinen Degen hielt, mit dem er eine Öffnung in den Ballon stieß, worauf dieser plötzlich zu sinken begann. Der Fall erfolgte gleichwohl ganz sanft; aber die Reisenden wären beinahe in den großen Sumpf geraten, wo es für sie keine Rettung mehr gab. Verschiedene englische Lords hatten mit dem Herzog von Chartres um hohe Summen gewettet, er werde die Luftreise nicht wagen. Der glückliche Ausgang der ersten Fahrt ermutigte ihn, sogleich wieder eine neue Wette einzugehen, welche in der Zeit zwischen 15. und 18. August zum Austrag kommen sollte.

Blanchard zog sich nach seiner ersten, mit so großem Erfolge begleiteten Luftreise (am 2. März) aus Paris zurück, wo Pilätre de Rozier und die Gebrüder Robert unter der Ägide des Herzogs von Chartres das Feld behaupteten. Am 19. September, vormittags II1', stiegen die Gebrüder Robert und Herr Hullie mit ihrem neuen, mit brennbarer Luft gefüllten Ballon aus dem Tuilleriengarten auf und landeten, ohne den geringsten Unfall zu erleiden, erst abends um 61' 40' zu Beuvry, nahe bei Bethune in der Grafschaft Artois, 50 französische Meilen von Paris. Dies war die größte Reise seil Erfindung des Luftballons. Die Füllung des Ballons soll über 20000 livres gekostet haben, mit welcher Summe man schon damals, zwar weniger schnell, aber auch weniger halsbrechend, auf gewöhnlichen Wegen rund um die Erde hätte fahren können.

Bei unserer Rückkehr nach Deutschland gelangten wir zunächst nach dem damaligen Dorfe Zernow, 8 Meilen von Berlin. Dort war anfangs März ein < vierfüßiger Luftball' niedergegangen, welchen der bereits erwähnte Direktor Achard im Garten des Grafen Reuß zu Berlin hatte steigen lassen. Der Schulze von Zernow fand ihn zuerst und hielt ihn in der Entfernung für ein halb verendetes Pferd, das Berliner Fuhrleute ausgespannt hätten, um es seinem Schicksale zu überlassen. Das Luftroß», aus dem die end-zündbare Luit noch nicht ganz verflogen war, erhob sich beim geringsten anfliegenden Lüftchen, sodaß der Schulze nur noch mehr im Wahn bestärkt wurde, das Tier sei noch am Leben. Er dachte daher, das arme Geschöpf wieder aufzurichten und nach seinem eigenen Stalle zu schleppen, indem er dessen Wiederherstellung hoffte. Da er aber bei der Annäherung statt eines Pferdes eine Kreatur (wie er es nannte) von ungewöhnlicher Gestalt und

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Größe erblickte, die sieb bewegte, so nahm er wie beim Anblick eines höllischen Dämons schnell die Flucht. Aber nach einigen Tagen hatten zwei Bauern von der Gemeinde ebendieses Schulzen den heldenmütigen Entschluß gefaßt, unter seinem Oberbefehl und wohlbewalfnet dieses Ungeheuer anzugreifen. Der Schulze eröffnete den Kampf und war so glücklich, seinem Gegner, der sich noch immer auf und nieder bewegte, einen so heftigen Schlag zu versetzen, daß jener sich nicht mehr rührte. Allein, wie groß war des Schulzen Schreck, als ihm ein unausstehlicher Gestank aus dem Bauche des Ungetüms entgegenkam. Denn nun hatte ihm der Dämon seinen höllischen Gifthauch entgegengeblasen. Da er Übligkeit verspürte, so eilte er nach dem Dorfe, um das Universalmittel der Bauern zu gebrauchen. Diese Wundergeschichte bildete einige Tage hindurch das Gespräch der Bauern von Zernow, bis den Leuten von einem durchreisenden Offizier aus Berlin das Bätsei gelöst wurde. Nun kehrte der Schulze mit seinen Gefährten nach dem Kampfplatz zurück und entdeckte an der Maschine einen Zettel, der dem Wiederbringer 2 Friedrichsdor versprach. Hierdurch bestärkt, stellte er den erlegten Feind seinem Eigentümer zurück.

Zu Elchingen, der ehemaligen Beichsprälatur (Württemberg), ließ man am 17. April eine mit Montgolliergas gelullte Luflkugel von 12' im Durchmesser steigen. Sie wurde lange in der Luft in der Größe einer Schneegans (!) gesehen. Einige Klosterbrüder hatten sie zu Ehren eines hohen Gastes des Hochw. Herrn Prälaten aus Papier verfertigt. 3/* Stunden vom Kloster ließ sie sich nieder und wurde von einigen Bauernmädchen, die ein lebendes Wundertier dahinter vermuteten, mit Heugabeln gar übel zugerichtet.

Zwei erfolgreiche Versuche wurden im Monat Mai zu Allshausen (Württemberg, Donaukreis, A.-G. Saidgau) und zu Oberfahlheim a. d. Donau im Beichsslift Elchingischen Gebiet, nunmehr R.-B. Schwaben, Bez.-A. Neuulm, angestellt.

Herr Dr. med. Ganter, praktischer Arzt zu Allshausen, ließ am 23. Mai vor dem dortigen Schlosse in Gegenwart einer großen Menge von Zuschauern um 3'1 einen selbst gefertigten Ballon von 11' Durchmesser steigen. Der Ball, welcher mit einem unten angebrachten Kaninchen 20 Pfund wog, fiel nach einer halben Stunde in den nächst Altshausen gelegenen sogenannten «Altweiher•, «aus welchem er sogleich durch ein Schilf mit dem annoch lebenden Kaninchen abgeholt wurde*.

■ Noch nie wohl seit dem Bestehen unseres Ortes.» so schreibt ein Bürger aus Oberfahlheim d. d. 31. Mai, «ward eine so große Menge vornehmer und minderer Gäste, aber auch ein reizenderes Schauspiel gesehen. Wir zählten an 80 Kutschen und noch mehr Reiter, überhaupt gen 1000 Köpfe. Man ließ eine acrostatische Maschine, welche aus zwei verkehrten Pyramiden zusammengesetzt war. bei 13l>0 Kubikfuß Inhalt, ungeachtet des starken Windes, sieigen, Sie erreichte, wie man genau auf dem Elchinger Observatorium abgemessen, eine Höhe von 2öS() Schuh und sank zu Holz-

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heim nieder, wo sie von Bauern nach dem gemeinen Schicksal in Stücke zerrissen wurde.»

Am 14. Juni fand um 7h morgens die Frau eines auf der Holzelinger Markung (3 Stunden von Urach und 1 Stunde von Pfullingen, hütenden Schäfers einen Luftball. Voll Verwunderung über diesen seltsamen Fund machte sie sogleich dem Dorfpfarrer Anzeige. Als dieser herbeikam, fand er zwar den Ball ziemlich zerrissen und eingeschrumpft, an dessen Mündung aber eine Messingbüchse, worin sich auf einem Zettel folgende Mitteilung befand: Die Gebrüder Enslin von Straßburg haben am 13. Juni diesen Ballon zu Colmar im Garten des Herrn Pfeffel um */27h abends aufsteigen lassen. Diejenigen, welche ihn finden, werden sehr höflich gebeten, dem Herrn Hold, Doyen du Conseil, Nachricht vom Orte und der Stunde der Auffindung zu geben.

Der Ballon selbst war aus Rindsblasen in einer Länge von 4 Schuh zusammengesetzt. Sein größter Umfang ließ sich nicht mehr bestimmen, da er vor Nässe ganz zusammengeschrumpft war.

Am 12. Juli bereitete ein Herr Enslin den Straßburgern ein harmloses und ungefährliches Vergnügen, indem er eine Frauengestalt aus bemalten Goldsehlägerhäutehen, mit einer Luftkugel auf dem Kopf, mit dieser 8 Pariser Schuh hoch steigen ließ. Die artige Form des Ganzen übte auf die Zusehauer eine vortreffliche Wirkung aus. Die Luftdame stieg von der Zitadelle aus auf, sank in den c kleinen Rhein * nieder und schwamm denselben in ebenderselben Stellung hinunter, in der sie durch die Luft gegangen war. Als Schiffer auf sie losruderten, um sie ans Land zu bringen, entwischte sie ihnen einige Male. Bei diesem Kampf um die Freiheit erhielt sie durch die unzarten Hände der Retler einige Blessuren am Leibe, doch blieb der edlere Teil, der Kopf, unversehrt, so daß man am folgenden Tage bei der Wachparade auf dem ölTentlichen Markte das Luftgebilde wieder in die Höhe fahren lassen konnte.

In Mainz wurde am 11. Juni, nachmittags öh, unter ungeheurem Zulauf von Schaulustigen der erste Versuch mit einem Luftball gemacht. Die Füllung war in 10 Minuten vollendet und der Ball so ausgedehnt, daß die vielen Menschen, welche an den Seilen festhielten, kaum imstande waren, ihn zu bändigen. Kaum losgelassen, zerriß er von oben bis unten und im nächsten Augenblick stand er auch schon in hellen Flammen. Die «iselbstwirkenden» Ruder wurden halbverbrannt zum Andenken an diesen teuren Spaß gesammelt. So wurde in einigen Minuten die mühsame Arbeit von 5 Monaten vernichtet.

Mehr Glück hatte am 11. September Herr Hauptmann Ciosmann zu Mannheim mit seinem ganz kugelförmigen Luftball von 20 Schuh im Durchmesser, mit angehängter Kohlenpfänne. Der Aufstieg erfolgte unweit Friesenheim -in Höchster Gegenwart der Durchlauchtigsten Frau Churfürstin». Man konstatierte von der Sternwarte aus eine Höhe von 1(>793'. Nach Aussage eines Landmanns schwebte der Ballon einige Zeit, kaum vier Schuh vom

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Hoden entfernt, in horizontaler Richtung fort, bis die Ofenpfanne sich an einer flecke verfing, und so der Ball gefangen wurde. Am 20. November wiederholte Herr Hauptmann Closmann seinen Versuch mit einem Ballon von 06 Schuh Länge auf der Mundenheimer Wiese, dem kurfürstlichen Schlosse gegenüber. Der Kurfürst sah dein Schauspiel mit großem Vergnügen zu. Der Ballon, wohl der größte aller anderen in Deutschland, nahm verschiedene Richtungen, vorwärts und rückwärts und halte vor dem Sinken die Größe des Vollmondes. Closmann ließ bald darauf noch einen Ballon mit Feuerwerk steigen.

Am Sonntag den 12. September erlebten auch die Bewohner der Stadt Heidelberg das Schauspiel, einen Luftball steigen zu sehen. Kr halle eine Höhe von 56 Schuh und einen Durchmesser von 31 und war Eigentum des Herrn Administrationsrats Traiteur. In 7 Minuten ward er durch eine besondere Erfindung gefüllt, hielt sich mit seiner 28 Pfund schweren Kohlenpfanne 10 Minuten in der Luft und erreichte eine Höhe von 9600'. Auf 4 Stunden im Umkreise war er sichtbar, weil das Feuer ganz hell brannte. Zwei Dragoneroffiziere, die den Ballon mit außerordentlicher Schnelligkeit, immer auf freiem Felde, zu Pferde verfolgten, bemerkten, daß er sieh bei Leinen, 2 Stunden vom Füllungsorte, niederließ. Die Einwohner des Dorfes trugen ihn unter Jubel und Jauchzen in den Ort. hielten daselbst bei Nacht Wache, daß er ihnen nicht entschlüpfe, und machten es sich dabei lustig.

Am 17. September fiel im Darmstädtischen, bei Oberroth, 4 Stunden von Frankfurt, eine weibliche Figur nieder, welche, ganz ähnlich derjenigen von Straßburg vom 12. Juli, Herr Enslin bei Stuttgart hatte steigen lassen. Die Bauern schlössen um die Frauengestalt einen Kreis, aber keiner von ihnen hatte den Mut, sich ihr zu nähern. Endlich faßte sich ein Bäcker, die Dame auf ihre Echtheit zu prüfen. Als die Bauern dies sahen, glaubten sie, der Bäcker paktiere mit einer Hexe, und behandelten beide gar übel, beraubten letztere aller Zieraten und hätten sie in Stücke zerrissen, wenn nicht der Gutsherr der dortigen Gegend, der eben vorbeifuhr, sich ins Mittel gelegt und die Dame dem Bäcker als Eigentum zugesprochen hätte.

Auch aus Schwaben werden im Laufe des Jahres noch 2 gelungene Versuche mit Luftmaschinen gemeldet. So ließ am 8. Oktober nachmittags 2h, in dem zum Hochstift Augsburg gehörigen Dorfe Schönegg der dortige Flieger, unter der Direktion des Herrn Alois von Pllummern, cand. phil., mit Zuziehung des Herrn Jos. Anton Sauler einen Luftball von 60 Schuh im Umkreis steigen. Derselbe fiel erst nach 3 Stunden, unbeschädigt, unweit des Dorfes nieder. Dieser Ballon, welcher mit passenden Sinnsprüchen und Malereien geziert war, erweckte in jedermann die größte Zufriedenheit und gab auch dem schwäbischen Landmann ein in diesen Gegenden noch nie gesehenes Schauspiel ».

Am 17. November ließ in der Reichsstadt Memmingen Herr Fabrikant Job. Beruh. Hupprecht, unter Mitwirkung des Herrn Math. Hummel, Buchhändlers daselbst, bei starkem Westwind einen Luftball von 14' im Durch-

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schnitt und 20' in der Höhe zum größten Vergnügen vieler Hunderte von Zuschauern steigen. «Derselbe nahm seinen Weg gegen Osten und blieb bei reinem, hciterm Himmel 23 Minuten lang als ein Stern 5. Größe dem schärfsten Auge sichtbar: dann flog er über das 6 Stunden von Memmingen entfernte Städtchen Mindelheim hinweg und ließ sich unweit davon, beim Dorfe Nassenbeuren, unbeschädigt nieder».

In der Hauptstadt Bayerns, in München, ließen am 21. Juni Herr geistlicher Bat Danzer und Herr Frey, Pfleger vom Josefsspital am sogenannten Rennweg, 2 Luftkugeln steigen. Die erste, aus Papier, war weiß und blau gestreift, ihr wurde ein aus Eisendraht verfertigtes Körbchen angehängt, welches in Öl getränktes Papier enthielt, das man entzündete. Sie stieg anfangs ganz langsam in nordwestlicher Richtung, blieb dann eine W7eile unbeweglich und fiel dann schier senkrecht auf den Boden und zwar auf die Öffnung herab, so daß die zusammengepreßte Luft die Kugel in 1 Stücke zerriß. Die größte Höhe war nach dem sichersten Anschlag auf 5000' berechnet. Der zweite Ballon war wie der erste mit Strohfeuerluft gefüllt, jedoch ohne angehängtes Feuer. Er erhob sich fast dreimal so hoch wie die Frauentürme.

Eine neue Ballonform tritt uns in dem am 11. November zu Hamburg veranstalteten Versuche des Herrn Fabrikanten Kampel entgegen. Die Luftmaschine, die er in der Vorstadt St. Georg auf seiner Bleiche steigen ließ, hatte die Gestalt eines 12 Schuh langen Fisches. Der heftige Südwestwind verhinderte die vollständige Füllung des Fisches mit brennbarer Luft. «Er stieg in schräger Richtung aufwärts, und es war angenehm anzusehen, wie dieser künstliche Fisch fast die gleichen Bewegungen wie ein natürlicher Fisch im Wasser machte».

Auch die Türken und Spanier hatten ihr Vergnügen am neuen Sport. So wird erzählt, daß der Prinz von Nassau-Siegen in Konstantinopel vom Sultan mit großer Distinktion empfangen und zur Tafel eingeladen wurde. Nach derselben ließ der Prinz einen Luftball steigen, welchen der Graf de la E'orte-Fonlaine, einer der Teilnehmer an der verunglückten Ballonfahrt zu Lyon (1U. Januar a. c.) besorgt hatte. Das ungewohnte Schauspiel machte dem Türken großen Spaß.

Aus der spanischen Hauptstadt, aus Madrid, ist auf aeronautischem Gebiete ein schweres Unglück zu verzeichnen. Ein junger französischer Maler, M. Beuche, hatte auf Befehl des Infanten Don Gabriel einen Luftball verfertigt. Er bestieg denselben am 5. Juni ohne Vorsicht und gegen den Willen des Infanten. Der Schrecken, welchen ihm das Feuer einjagte, das ein Stück Zeug ergriffen hatte, war die Ursache, daß er sich von der Galerie herabstürzte und halbtot vom Platze getragen werden mußte.

Nach seiner ersten Auffahrt zu Paris hatte sich Blanchard von dort zurückgezogen. Er suchte sich für die Ausführung seines kühnen Planes vorzubereiten, von der englischen Küste mit seiner Luftuiasihinc nach Frankreich zu segeln. Bekanntlich gelang ihm dieses tollkühne Unternehmen am 7. Januar 1785 in glänzendster Weise.

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Am 23. Mai unternahm er zu Reuen seine 2. Auffahrt um 7 h 20 morgens: die Landung erfolgte eine Stunde später. Am 18. Juli erfolgte ebendaselbst seine 3. Luftreise mit einer Reisedauer von fast 3 Stunden. Kin junger Lord wollte um jeden Preis mitfahren, aber da Blanchard zu dreien nicht auffahren wollte, so veranlalHo er den Lord, mit ihm nach London zu gehen, woselbst er den Versuch machen wollte, über den Kanal nach Frankreich durch die Luft zu segeln. Am Iii. Oktober unternahm er auch mit ihm eine Luflreise, zwar nicht über den Kanal, da starker Ostwind wehte, sondern von London 73 englische Meilen westwärts, die der Rallon in 4 Stunden zurücklegte. Bei seiner Rückkehr nach London wurde Blanchard unter ungeheurem Jubel des Volkes empfangen, eine Auszeichnung, welche nicht gering anzusehlagen war, da der Italiener Lunardi das Londoner Publikum durch seine 23 meist gelungenen Luftreisen verwöhnt hatte: doch gelang es Blanchard bald, seinen Gegner aus der Volksgunst zu verdrängen und in den Schatten zu stellen.

Lunardi verstand es übrigens, seineu materiellen Vorteil bei jeder Gelegenheit zu wahren. So stellte er seinen Luftball gegen Entree zur Besichtigung in dem Zustande aus, wie er zu Ware in Hcrlfordshire zu Boden gekommen. Auch der Hund und die Katze, welche ihn begleitet hatten, waren in einer Extraausstellung für l sh. zu sehen. Der Rücken dieser armen Tierchen war bald ganz kahl geworden unter den Liebkosungen, welche ihnen von den Kindern und Damen gespendet wurden. Für den I.Oktober kündigle Lunardi ein«! Beschreibung seiner Luftreisen mit seinem Bildnis um den Preis von 5 sh. an. Aber schon am 23. September onerierte ein Londoner Buchhändler hinler seinem Rücken eine ausführliche Beschreibung derselben mit dem leibhaftigen Lunardi ganz sauber in Kupfer gestochen als Titelblatt. Voll Arger hierüber wandle er sich nach Schottland, wo er durch seine Fahrten allgemeines Staunen erregte.

Wie er nun einmal bei den Hochländern vom Himmel herunterkam, da drängte sich alles um ihn herum und unter andern auch eine sehr alte Frau, die nicht glauben wollle, einen leibhaftigen Menschen vor sich zu haben. Als sie sich endlich durch Betasten der Kleider und Hände davon überzeugt hatte, rief sie aus: Wahrlich, es ist ein Mann, aber schade, daü er, wie man mir sagt, ein Katholik ist!> Ein sehr alter Mann, der über diese einfällige Rede unwillig ward, antwortete herzhalt: < Er mag Katholik oder Protestant sein, ich wünscht! ihm aufrichtig Wohlergehen, und selbst wenn auch unsere ganze Geistlichkeit hier wäre, so will ich doch auf seine Gesundheit trinken; ich habe vieles erlebt und mit angesehen, aber dergleichen noch nie.»

Mit der Geschichte der Stadt Wien im 18. Jahrhundert steht der Name Stuwer in inniger Verbindung. Es war in der Hauptstadl die Phrase gang und gäbe geworden: «Wenn Stuwer sein Feuerwerk ankündigt, dann regnet es sicher..* Stuwer ist der Name der Feuerwerker-Familie, dereu jeweiligen Häuptern die Wiener Bevölkerung manche Feste verdankte. Der erste

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Stuwer, der nach Wien kam, war Johann Georg Stuwer. Er kam zu Anfang der 70er Jahre des 18. Jahrhunderts aus seiner Heimat Ingolstadt in Rayern und brannte am 27. Mai 1771 sein erstes Feuerwerk unter dem Titel -des Gonfucius Luftgebäu- im Wiener Prater ab. Wenige Wochen nachher wurde sein Laboratorium im Prater ein Raub der Flammen. Gleichwohl brannte der Unternehmer im gleichen Jahre noch 1 Feuerwerke ab, deren eines den Titel < Werthers Leiden. Frei nach Goethe» führte, da zu jener Zeit der «Werther-Kultus> in Deutschland Mode war. Um in diesem Feuerwerk den Werther als verliebten Schwärmer zu kennzeichnen, gingen hinter ihm fortwährend feurige «Schwärmer» empor. Im Jahre 1799 verabschiedete sich der alte Stuwer von den Wienern. Sein Nachfolger war sein Sohn Kaspar, der nun 20 Jahre lang das Wiener Feuerwerk besorgte. Er machte die Napoleonschen Invasionen und den Wiener Kongreß mit. Dieser letztere brachte ihm eine goldene Ernte und einigen Ersatz für die empfindlichen Einbußen in den vergangenen Kriegsjahren. Er starb am 19. Februar 1819.

Am 25. Juni 1781 machte nun der alte Stuwer im Prater in Gegenwart der k. k. Polizei-Oberdirektion und vieler hoher Standespersonen den ersten Versuch mit der von ihm selbst verfertigten aerostatischen Maschine, welche hinsichtlich der Geslalt von allen bisher bekannten abwich. Sie hatte die Form eines liegenden Zylinders, der auf eine ganz neue Art durch 2 Feuer die verdünnte Luft erhielt und an Größe und Stärke alle übrigen Maschinen übertraf. Denn obschon sie nur 13 000 Wiener Kubikschuh Luft enthielt, so hob sie doch eine Last von 2ö0() Pfund. Die damit angestellten Versuche wurden dreimal mit bestem Erfolg wiederholt. Das daran angebrachte hölzerne Schiff von 39' Länge und 13' Breite bestiegen der Sohn, Kaspar Stuwer und einer der Gehilfen. Statt mehrerer Personen nahmen sie eine Last von 4 Zentnern mit sich in das Schilf. Die Maschine stieg herrlich und mit solcher Gewalt, daß 12 Mann Mühe hatten, sie an Stricken zurückzuhalten.

Am 6. Juli wiederholte Stuwer bei Gelegenheit seines diesjährigen Feuerwerks seinen zweiten Versuch mit seiner zylindrischen Luftmasehine. Dieses Mal bestiegen Kaspar Stuwer, ein Architekt, Michael Schmalz und Job. Hiller, beide Schreinergehilfen bei Herrn Stuwer, die Gondel. Nachdem sie ihr Feuer vermehrt hatten, bemerkte man ein allmähliches Steigen der Maschine, welche durch Seile in die Mitte des Platzes gezogen wurde. Von hier aus erhob sie sich vollkommen senkrecht, sank und stieg, je nachdem die LuftschilTcr ihr Feuer verminderten oder vergrößerten. Sie erreichten jedesmal eine ansehnliche Höhe, so weit die Stricke reichten. Endlich kam die Maschine genau wieder an derselben Stelle zu Boden. Das Publikum äußerte sich ungemein befriedigt über den wohlgelungenen Versuch, den ersten, bei welchem Deutsche eine Luflreise gemacht. Den Schluß des großartigen Schauspiels bildete ein brillantes Feuerwerk.

Am 25. August machte Stuwer zum dritten und letzten Male in diesem

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Jahre einen öffentlichen Versuch mit seinem Luftschifl', wobei der Wunsch des Publikums, dasselbe frei fliegen zu lassen, erfüllt wurde. Von seinen Randen befreit, erhob sieh die Maschine mit außerordentlicher Schnelligkeit, unter vollkommener Beobachtung des Gleichgewichts in diagonaler Richtung gegen Norden, zu einer beträchtlichen Höhe. Als hierauf 3 Böller losgebrannt wurden, als verabredetes Zeichen zur Dämpfung des Feuers uud zum Herablassen, befolgten die Luftschiffer allsogleich das Signal und man sah sie bald, nachdem sie eine ziemliche Strecke wagerecht über die Stadtgut-Au dahingefahren, sinken. Bald aber bemerkten sie, daß kein anderer von Bäumen freier Platz in der Nähe sei, als das jenseitige Ufer des großen Tabor-Donauarmes, und versuchten nun dort zu landen. Sie waren aber schon zu tief gesunken und ungeachtet der stärksten Feuerung gelang es ihnen nicht, sogleich ihr Ziel zu erreichen, bis ihnen ein starker Windstoß zu Hilfe kam. Die Geistesgegenwart des jungen Herrn Stuwcr und seiner Gefährten bei diesem Versuche, womit sie ihren Ballon im vollständigen Gleichgewicht erhielten, gereichte ihnen zur größten Khrc. Sobald sie gelandet waren, eilten sie nach dem Prater zurück, wo sie das Publikum mit lautem Freudengeschrei empfing.

Sluwer erzielte bei dieser ersten Luftreise eine sehr bedeutende Einnahme von Üf>8() ß., bei einem Eintrittsgeld von 20 Kr. pro Kopf; dazu kamen noch 100 Dukaten als Präsent des Kaisers.

Dies sind der Hauptsache nach die wichtigsten und bekanntesten aeronautischen Unternehmungen des Jahres 1781, wobei jedoch trotz aller Bemühungen das Problem, dem Ballon durch irgend eine Vorrichtung eine beliebige Richtung zu geben, ungelöst blieb.

Die Bekämpfung von Fesselballons durch Artilleriefeuer.

Unter diesem Titel erschien in der «Vedette», einem dem Fremden-blalt beiliegenden österreichisch-ungarischen Militärblättehen, ein Aufsatz, der auch für die Leser der • Illuslr. Acron. Mitt. > von besonderem Interesse sein dürfte.

Der Verfasser dieses Artikels ist der k. und k. Hauptmann Wilhelm Knobloch des Festungs-Artillerie-Regiments 5, der als vieljähriger Lehrer in der Schießschule der Festungsartillerie und als Fachschriftsteller auf dein Gebiete des Artilleriewesens sich besondere Verdienste und einen auch außerhalb der schwarzgelben Grenzpfähle bekannten Namen erworben hat.

Wir entnehmen dem interessanten Aufsatze die Besprechung des Vorgangs bei der Bekämpfung von Ballons durch die Artillerie und des hierbei zu erwartenden Effektes.

'Diesbezüglich liest man selbst in militärischen Blättern und Zeit-schrillen ganz unglaubliche Ansichten, welche davon zeugen, daß das Wesen dieser Schießart in nichtartilleristischen Kreisen noch sehr wenig bekannt ist. und daß diesbezüglich noch ganz falsche Anschauungen herrschen. Meist

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wird die Möglichkeit bezweifelt, den so weit entfernten und hoch schwebenden Fesselballon wirksam bekämpfen zu können.

Es dürfte demnach nicht ganz überflüssig erscheinen, diese Schußart und ihre Ausführung an dieser Stelle in gemeinfaßlicher Weise zu besprechen, um die Auffassungen darüber zu klären.

Die gewöhnlich zur Verwendung gelangenden Kugelballons bieten der Artillerie bei einem durchschnittlichen Durchmesser von 8 m eine treffbare Zielfläche von zirka 50 m2, was ungefähr jener eines Kavalleriezuges in entwickelter Linie entspricht, demnach ein verhältnismäßig leicht treffbares Ziel mit Rücksicht auf die Präzision der Geschütze. Trotzdem würde aber die Beschießung des Ballons mit Granaten, welche nur Aufschlagzünder besitzen, nur in den seltensten Fällen, und zwar nur rein zufällig von Erfolg begleitet sein können, da ein Einschießcn gegen den Ballon mit dieser Geschoßgattung ausgeschlossen erscheint. Auch die Verwendung der Brisanzgranaten mit Zeitzündern würden wegen der sehr lokalen Wirkung, welches ein genaues Einschieben bedingt, nicht rasch zum Ziele führen.

Es können daher aus diesen Gründen nur Schrapnells zur Bekämpfung des Fesselballons in Frage kommen, deren Explosionswolken das Beobachten der Schüsse und das Emschießen ermöglichen und deren große Füllkugelzahl eine rasche Wirkung in der Ballonhülle erwarten läßt. Es sind hauptsächlich die Treffer in der oberen Halbkugel des Ballons, welche durch Zerreißen der Hülle und Ausströmen des Gases ein rapides Sinken des Ballons hervorrufen können.

Der feindliche Fesselballon wird, in dem Bestreben, sich unserem Feuer tunlichst zu entziehen, nur so nahe an unsere Geschützstellungen herangehen, als es die Rücksicht auf eine für den jeweiligen speziellen Zweck erforderliche genügende Verläßlichkeit der Beobachtung notwendig macht. Ein Herangehen auf Dislanzen unter 5000 m dürfte bei einer tüchtigen Artillerie zu einem baldigen Herunterschießen des Ballons führen. Ein Abbleiben auf Distanzen über 8000 m erschwert anderseits schon sehr erheblich die Tätigkeit des Ballonbeobachters. Daraus folgt, daß die günstigste Zone für den Aufstiegort des Ballons, mit Rücksicht auf das zu erwartende Geschützfeuer und auf die eigene Beobachtungstätigkeit, zwischen 5000 und 8000 m liegt.

So vorteilhaft es wäre, die Bekämpfung der feindlichen Fesselballons unserer Feldbatterie, beziehungsweise den leichten Batterien der Festungsarmierung zu übertragen, dürfte dies doch nur selten angängig sein, da die Schrapnells der Geschütze dieser Batterien, auch jene der Schnellfeuerbatterien, eine Portee von höchstens 5000 m besitzen und, wie schon oben gesagt, der Ballon in der Regel hiermit nicht erreicht werden kann.

So paradox dies auch klingen mag, so ist es demnach doch Tatsache, daß zur Beschießung eines so luftigen Zieles, wie es ein Fesselballon ist, nicht die Feldartillerie, sondern hauptsächlich die schwere (Belagerungs-,

beziehungsweise Festungs-) Artillerie, und zwar mit ihren schweren, weittragenden Kanonen berufen sein wird.

Die Schrapnellportee unserer — auch in die Festungsausrüstung eingestellten — 12 cm- und 15 cm-Belagerungskanonen M. 80 reicht bis 8000 m, beziehungsweise 8500 m. Diese Geschütze sind demnach unsere eigentlichen * Ballongeschütze», welche allerdings nicht annähernd die Feuersehnellig-keit der Feldartillerie entwickeln können, dafür aber mit ihrer grollen Füllkugelzahl des einzelnen Schrapnells eine mächtige Wirkung entfallen.

Wir wollen nun sehen, wieder Vorgang beschaffen ist, nach welchem bisher unsere Festungsartillerie, namentlich die Schießschule, das Beschießen von Fesselballons am Schießplatz übte, sowie die Vorbereitungen, welche erforderlich sind, um einen nahezu sicheren Schießerfolg zu garantieren.

Von der gemessenen oder geschätzten Distanz ausgehend, wird je nach der Beobachtung der Schüsse, durch eventuell wiederholte Vermehrung oder Verminderung der Aufsatzhöhe und Tempierung, der Ballon möglichst rasch in eine Gabel > von 44 H) m (bei Feldgeschützen 100 Schrill) eingeschlossen und hierbei getrachtet, die Geschoßexplosionen in der Sehlinie nach dem Ballon oder etwas höher zu erhallen. Sobald das gelungen, was bei gemessener Distanz höchstens 3 Schüsse erfordert, wird der durch die Gabel angezeigte Baum, in welchem sich also das Ziel belindel, unter sogenanntes * Streufeuer > genommen. Dieses beginnt an der unteren Gabelgrenze, das heißt mit jener Aufsatzdistanz und Zündertempierung, bei welchen der Kurzschuß erhalten wurde. Von hier aus wird mit Sprüngen von 100 in (Schritt) vorgegangen und jedesmal die ganze Batterie ausgefeuert, so lange, bis die Geschoßexplo.sionen hinter dem Ballon erfolgen oder sich beiderseits desselben verteilen. Eine gute Wirkung ist zu erwarten, wenn die Schrapnells nahe vor dem Ballon und etwas über demselben explodieren.

Außer der korrekten Durchführung des Schießens seitens des Balterie-kommandanten sind zur Sicherung eines raschen Erfolges noch drei wesentliche Vorbedingungen zu erfüllen, und zwar 1. die vorherige Bestimmung der Batterie als <Ballonbatlerie , 2. tunlichst richtige Messung der Ballondistanz, 3. Organisierung einer verläßlichen Schußbeobachtung.

Wir haben früher gesehen, daß zur Bekämpfung des meist weitableitenden Ballons eigentlich nur 12- cm und 15 cm-Belagerungskanonen M. 80 in Betracht kommen können. Von diesen beiden erscheint die 12 cm-Kanone trotz ihrer um einige hundert Meter kürzeren Schrapnellportee besser geeignet, weil sie eine größere Feuerschnelligkeit bei noch innner großer Geschoßwirkung besitzt.

Da nun die Bekämpfung eines Fesselballons meist eine viel wichtigere Aufgabe ist, als die Beschießung anderer Ziele, anderseits gewisse Vorbereitungen hierzu nötig nnd, so muß beim Kampfe um Feslungen sowohl der Angreifer als auch der Verteidiger eine gewisse Zahl von 12 cm-Kanonen-battcrien schon im vorhinein als Ballonbatterien > in entsprechender

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•Aufstellung etablieren, deren Hauptaufgabe es sein wird, jeden in ihrem Schußbereiche auftauchenden feindlichen Ballon, ohne hierzu einen speziellen Feuerbefehl abzuwarten, sofort unter Feuer zu nehmen, um ihn möglichst rasch und bevor der Ballonbeachter in der Lage ist, eine verläßliche Aufklärung oder Beobachtung zu bewirken, herunterzuschießen.

Der Kommandant einer solchen «Ballonbatlerie>, welcher natürlich auch anderweitige Aufgaben zugewiesen werden können, hat also dann genügend Zeit und Gelegenheit, sowohl das Messen der Ballondistanz als auch die Schußbeobachtung gründlich vorzubereiten, bevor ein feindlicher Ballon erscheint.

Der Kommandant entsendet zwei stabile Beobachter beiderseits der Batterie auf entsprechende Entfernung nach seit- und vorwärts. Diese wählen ihre Standorte derart, daß ihre gegenseitige seitliche Entfernung mindestens 300 rn beträgt, und daß die Verbindungslinie (Basis) der Standorte ungefähr senkrecht zur Hauplschußrichtung der Batterie liegt. Jeder Beobachter stellt dort einen Richtapparat M. 99') auf und orientiert ihn sofort derart, wie es für das Distanzmessen nach Vorschrift erforderlich ist.

Sobald in der Richtung des der eigenen Batterie zugewiesenen feindlichen Abschnittes ein Fesselballon auftaucht, stellen die Beobachter auf ein gegebenes Zeichen gleichzeitig ihre Diopter auf die Ballonmitte ein. lesen die Strichzahl an der Richtscheibe (Limbus) ab und melden sie dem Batleriekommandauteu. welcher durch eine sehr einfache, auch im Kopfe durchführbare Rechnung die gemessene Ballondistanz bestimmt und sofort das Feuer eröffnen läßt. Diese Art der Distanzmessung mit 2 Richtapparaten hat sich in der Schießschule vorzüglich bewährt. Die Zeitdauer der Messung samt Rechnung betrug höchstens 2 Minuten, der Genauigkeitsgrad im Mittel 5°/o der Distanz.

Vom Beginne des Schießens an übernehmen die beiden Beobachter von ihren Standplätzen aus die Schußbeobachtung. Wie erwähnt, stehen dieselben beiderseits der Batterie und etwas vorgeschoben. Ihre Aufgabe ist eine verhältnismäßig leichte. Sie haben nur zu beurteilen, ob die Explosionswolke des Schrapnells in bezug auf ihre Schlinie zur Mitte des Ballons 'links- oder rechts- erscheint und dies durch ein Armsignal dem Batteriekommandanten zu avisieren, welcher aus den beiden Beobachtungen die Lage der Explosion bezvv. der Flugbahn auf «kurz» oder »weit> kombiniert. Diese Art indirekter Beobachtung ist beim Ballonschießen durchaus notwendig, weil nur seilen die Explosionswolke den Ballon oder umgekehrt deckt. Die Sprenghöhen und Seitenabweichungen beobachtet der Kommandant selbst.

Mancherseits wird die Ansicht vertreten, daß es dem Ballon durch Stellungswechsel nach vor-, rück- und seitwärts oder durch Senken und

«) Diese« bei 'irr |-'estun?»artillerie »eil einigen Jahren eingeführte WinkolnieUiii»truitienl imit Fernrohr oder gewohnliehen» Diopter und einer Krci**cheibe) dient für da" indirekt« Kiehtcn uu* verdeckten Stellungen, dann am h für das Missen von Schuüdistan/en. Terrainwinkeln, Seitenabweichungen, Sprenghohen n»w.

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Heben des Ballons leicht sei, sich dem Feuer der Batterie zu entziehen. Dem ist jedoch nicht so. Der Marsch mit der Fesselstation bei hochgelassenem Ballon kann nur langsam erfolgen. Diese geringe Schnelligkeit, welche überdies noch sehr durch die Terrainverhältnisse eingeschränkt sein kann, bringt den Ballon nicht aus dem ihn verfolgenden Streufeuer der Batterie. Das Heben und Senken des Ballons sowie der Seitenmarsch desselben kann ebenfalls nur langsam geschehen und kann leicht durch entsprechendes Richten der Geschütze paralysiert werden.»

Diese Daten über das Schieben gegen Ballons dürften auch in den Dienstvorschriften der meisten Staaten — allerdings hier und dort sekret behandelt — mehr oder weniger ausführlich aufgenommen sein. Das Beste aus dem Aufsalze Knoblochs ist jedenfalls die vollkommen plausible und eingehend begründete Ansicht, daß Fesselballons vornehmlich durch Be-lagerungs- beziehungsweise Festungsartillerie, und zwar mit ihren schweren Kanonen, zu bekämpfen wären.

.1 aroslau, im September 1905.

Hinterstoisser, Hauptmann.

Aeronautische Photographie.

Nähere Bestimmungen für den aeronautisch-meteorologischen photographischen Wettbewerb Mailand 1906.

Reglement special des Coneours photographiques.

I.

Les coneours photo"rap)iiques seronl les suivanls:

1° Coneours pour la meilleure Serie de pholographies prises des aerüstats ou des ccrls-volants alin d'obtenir des rcliefs du terra in.

2° Coneours pour la meilleure Serie de plioto»rapides de phenomenes meteoro-

louiipi,.^.

2,

Conditions des Coneours. Les Concurreiils devront presenler non moins de & pholographies dun format pas Interieur, pour le Coneours X. 1 a ß" " ß cm., pour le Coneours X. 2 a l.'l IH cm.

Le prime sera altribue ä la Serie qui, ii jugement dune Commission expressement designee, sera jugee la meilleure pour qualitcs iutrinseques et pour l'interet scientifique des sujels.

8.

Conditions diverses. Les photogtaphies devront etre numerotees, reunies par groupes et par plis separes conespoiidanls a chaque coneours; et chaque paquet devra porter li'-nuiin ratioii des pholoorapides y contenues avec la description des sujets.

Les [»liotiiyrapliies devront parvenir au Comite des Coneours conjointement ä la demande d'admission.

I

Deiuandes dadmission. Les demandes d'admission distinetes par chaque Coneours devront parvenir au Comite des Coneours avaiit le 'M mars MUß.

»*>9> 401 €44«

Lea dcmandes devront elre accompagnccs de:

1° Fne note identiquc ä eelle dont il est mention au § 3.

2° I'ne nolc dans laipielle scront parliculierement precisees les conditions dans esquellcs on a execulees les photographies (chambre, objectif, diagrammc, longueur focale, exposition, lastre, heure, lumiere, proces de developpement et de copic).

Si les coneurrents auront employe des appareils diffexents des ordinaires, ou des disposilifs speciaux, ils devront les decrire aver detail* et aeeompagner la descriptiun. de desseins et de photugraphies.

3° Pour le Coneours N. 1, une note avec description de l'Aerostat ou cerf-volant employe pour le soulevement de la machine, avec description de celle-ci, indication de la hauteur au dessus du sol, les conditions de vent, etc.

5.

Droit d'inscript ion. Le droit d'inseription pour chaque Concours est de L. 5.

C.

Frais denvoi. Les frais d'cnvoi et de retour des photographies seront ä la charge du coneurrent, meme s'il aura ete rejeie par le Comite.

r-

t ■

Repioductions. Pendant la durce de l'Kxposition <>n ne pourra pas executer des reproduclioiis des photographies admises aux Coneours, ni pour le comple du Comite, ni pour le compte des coneurrents saus un aeeord prealable entre les deux parties.

Milan. 1" aöut 1905.

Zu diesen Bestimmungen seien die folgenden Bemerkungen gestattet: Ziffer 2. Hier ist deutlich gesagt, daß nur Serien von Aufnahmen, nicht einzelne Aufnahmen, zum Wettbewerb zugelassen sind. Diese Bestimmung bringt für die eiste Gruppe (Aufnahmen der Erdoberflächei den Vorteil, daß einzelne gute Aufnahmen, die ja oft nur Zufallsprodukle sind, nicht in den Wettbewerb treten können, mithin nur derjenige ausstellen kann, der auf dem schwierigen Gebiet der Ballon- und Drachenphoto-graphie tatsächlich Erfahrung und Fertigkeit besitzt. Dagegen erscheint die Anwendung dieser Bestimmung auch auf die zweite Gruppe (Aufnahmen meteorologischer Phänomene) für Ballonaufnahmen unzweckmäßig. Denn Aufnahmen meteorologischer Phänomene vom Ballon aus sind vorerst noch äußerst selten, einmal weil solche Phänomene nur selten angetrollen werden, und dann weil gerade diese Erscheinungen mit den beschränkten photographischen Mitteln, die dem Luftschiffer zur Verfügung stehen, sehr schwer aufzunehmen sind. Aeronautische Photographen, die über H solcher Aufnahmen verfügen, dürften nicht sehr zahlreich sein. — Inzweckmäßig erscheint auch die Abgrenzung des Formats. Nach dieser Bestimmung ist der Konkurrent z. B. auch dann gezwungen, von Wolkenaufnahmen, die er im Format 9: 12 cm gemacht hat, Vergrößerungen einzusenden, wenn ihm Kontaktkopien zweckmäßiger erscheinen würden. — Was unter ..le prime-> zu verstehen ist. wird wohl noch an anderer Stelle bekanntgegeben werden.

Ziffer 1. Im letzten Absatz wird die Angahe der Höhe gefordert, aus der die Aufnahmen gemacht wurden. Die Höhe ist für die Bewertung einer Ballon-oder Drachen-photograpüie von untergeordneter Bedeutung; ausschlaggebend ist vielmehr die Entfernung zwischen dem Objekt und dem Ballon oder Drachen, die bei schrägen Aufnahmen bekanntlich das Drei- und Vierfache der Höhe betragen kann. Auch dürfte die Einforderung von Belegen für solche Angaben nicht unnötig sein. Solche Belege wären z. B. eine einfache photogrammetrische Entfernungsbestimmung, die als Voraussetzung nur die Kenntnis der Ohjeklivbrennweite und der Maße des Objekts hat, oder die Horizontalprojektion der Ballonfahrt mit Zeilangaben, bezw. die Angabe des Orts der Drachenwinde. der Kabellänge und des Diachenwinkels

K. v. B.

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Flugtechnik und Aeronautische Maschinen.

Wettbewerb für ballonfreie Flugmaschinen in Mailand 1906.

Der Wettbewerb für die erste Gruppe ist offen für alte ballonfreien Apparate, die mit Motor und Propeller ausgerüstet und imstande sind, wenigstens eine Person zu tragen. Ks sind sowohl Drachenflieger, wie auch Schwingen- und Schraubenflieger zugelassen. Ausgeschlossen sind die Apparate des gemischten Typus (type mixte), welche mit einem Ballon ausgerüstet sind für die vollständige oder teilweise F.ntlastung des Klugfahrzeuges.1)

Zwischen den angemeldeten Apparaten finden zunächst nach den drei Klassen: Drachen-. Schwingen- und Schraubenllieger Auswahllhige statt. Als alleiniges Kriterium für diese Auswahl gilt die längste Klugdatier der Apparate jeder Klasse. Iiier verfällt auch das Mailänder Programm in den vorausgehend besprochenen Fehler, verschiedene Flieger-Konstruktionen in ihrer Leistungsfähigkeit bh»f> nach der Flugdauer, der Flugstrecke usw. gegenseitig abschätzen zu Wullen. Jener Flugapparat, der imstande ist, sich am längsten in der Luft zu erhallen, muß ja deshalb noch keineswegs auch der rationellste, vollkommenste und beste sein. Kür die Beurteilung der Güte eines Flugfahrzeuges und seiner praktischen Brauchbarkeit kommen außer der Schwebedauer noch ganz andere unter t'mständen weit ausschlaggebendere Momente in Hetracht. Würde man die Güte eines Fliegers hlof? nach seiner Schwebedauer beurteilen, dann müßte man ja (wenn Ballons nicht prinzipiell ausgeschlossen wären) dem gewöhnlichen Kugelballon den ersten Preis zuerkennen. Das Krgebiiis eines Wettbewerbes, bei dem prinzipiell so verschiedene Fliegerlypeu wie Schrauben- Drachen- und Schwingenflieger nach der gleichen Schablone behandelt werden, hat darum weder theoretisches Interesse noch irgend welche praktische Bedeutung. Ks wäre im Interesse der Sache deshalb wünschenswert, wenn das Komitee diese Auswahlflüge zwischen den Apparaten gleicher Type ganz aus dem Programm eliminieren würde. Ks isl freilich kaum wahrscheinlich, daß im kommenden Jahre in Mailand gleich ein paar Dutzend Flieger jeder Klasse ausgestellt weiden und deshalb Auswahlflüge überhaupt tatsächlich notwendig sein könnten. Wenn ich trotzdem auf diesen Mangel des Programms hinweise, so geschieht dies im Interesse der Klarlegnng einer prinzipiellen Krage, damit ähnliche Kehler bei der Ausarbeitung von Programmen für aeronautische Wettbewerbe wo möglich vermieden werden können.

Zwischen den drei „besten" Apparaten jeder Klasse linden dann die Kntscheidnngs-llüge statt. An diesen können bloß solche Flugvehikel teilnehmen, deren Schwebedauer bei den Auswahlllügen nicht kleiner als fünf Minuten war.

..Die definitive Klassifikation zwischen dem besten Drachenflieger, dem besten Schwingenflieger und dem besten Schraubenflieger bleibt der Entscheidung des Komitees der Wellbewerber vorbehalten und zwar wegen der außerordentlichen Schwierigkeit und t'nsicherheit, a priori feste Normen in Übereinstimmung mit dem gegenwärtigen Stande des Problems aufzustellen."

,,lu jedem Falle wird das Komitee der Weltbewerbe*) seine Knischeidung nicht

') Ks i-l 'Ii- - i'ine rollt vernünftige Hcstimmtitig. durch welche «ich das lleglenient der Mailänder Aufteilung vorteilhaft vi) der auf Molle* Tam-Tam hinauszielenden St. Louiser Ausstellung unterscheidet, wo die .in-i prinzipiell verschiedenen Grmidty|ien von MotorlnfttuhilTen, nämlich die hallonfreien Flug-maschiion, die 1 11 onlnfl-<■ tiiITt- und die Flugschiifo mit tollweii-pr Entlastung durch einen Traghallon sozusagen in einen Topf geworfen wurden. Sowohl vorn wissenschaftlichen wie auch vom praktischen Stand-(.unkte aus betrachte!, isl es ja widersinnig, die Leitungen eines IJalloiilufUchifTes durch einen Wettbewerb Jiei dem Mut) Flugstrecke und Flug d a u •■ r gemessen werden) mit einem hallonfreien FlugsebifTe quantitativ bestimmen zu wollen. Ihe praktische Wertigkeit eines hallonfreien Flaggschiffe« ist ja selbst hei gleicher LcUtungsiiihigkcil <bi-ines>eii bb.Q nach Flugstre« ke und Flug datier) außerordentlich viel großer al? jen* eim-> llallonluflschiffes. Man darf deshalb verschiedene Flieder-Typen nicht ohne weiteres bezüglich ihrer Leistung miteinander vergleichen.

'i In welcher Weis« dieses Komitee zusammengesetzt sein soll, wird nicht angegeben. Man darf natürlich voran -<i I ai ti. daß da.---l|ic ■lern ( bar.lkl.r eines inleniaUonaU n Wettbewerbes entsprechend durch 111*-lindis.'he Fachleute ergan/t werde.

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bloß auf die effektive Dauer des Fluges, sondern auch auf seine Länge und weilerauf die praktische Brauchbarkeit und Sicherheit der vorgeführten Apparate basieren.

Die unteren Grenzen für die Zuerkennung der Prämien sind: fün f Minuten für die Flugdauer und vier Kilometer für die Flugstrecke (in ruhiger Luft). Vier Kilometer in 5 Minuten entspricht einer Minimalgeschwiudigkcit von 13,8 Meter in der Sekunde. In der Aufstellung dieser Bedingung hat das Komitee bewiesen, daß es ihm wirklich um die Förderung der Acronautik und nicht (wie in St. Louis) um ein bloßes Reklamemittel zu tun ist. Fünf Kilometer Flugstrecke bei vier Minuten Flugdauer stellt heute eine, ich möchte sagen, spielend leicht erfüllbare Leistung für eine ballonfreie Flugmaschine (Drachen-, Schwingen-Flieger. System Lilienthal) dar, vorausgesetzt, daß das nötige Geld vorhanden ist. Beschränkt man die Flugdauer auf bloß fünf Minuten, so spielt nämlich auch die mißliche MolotTrage keine Bolle mehr, man langt dann mit einem Torpedomotor, der durch komprimierte Lufl oder überhitzten Dampf getrieben wird, vollkommen aus. Ist einmal der Anfang gemacht, d. h. existiert ein flugfähiger Apparat (nicht bloß auf dem Papier und in der Einbildung, sondern in natura!1, der imstande ist, vier Kilometer während fünf Minuten zu durchfliegen, dann wiid es in Kürze auch an zweckmäßigeren und ökonomischeren Moloren gewiß nicht fehlen. Von diesem Gesichtspunkte aus betrachtet, könnte der Mailänder Wettbewerb von gutem Nutzen für die Entwicklung der Aviatik sein.

Die Finschreibegebühr beträgt f»0 Lire.

Die Anmeldungen müssen vor dem 31. Dezember 1905 an das Komitee der Wettbewerbe gelangen: sie sind mit den nötigen Zeichnungen und Beschreibungen zu versehen, die zum Versländnisse der Konstruktion des Apparates und seiner Funkiionierungs-weise erforderlich sind.

Für die Auswahlflüge wird nach Übereinkunft zwischen dem Komitee und den Konkurrenten ein Termin zwischen 1. bis 20. September 1900 festgesetzt werden ; als Termin der Fntscheiduniisllüge wird durch das Komitee die Zeit vom 20. bis 30. September 1900 bestimmt.

Die Teilnehmer an den Wettbewerben sind verpllichlet, ihre Apparate vom Tage der Preiszuerkennung an während der Dauer eines Monates in der aeronautischen Sektion zur Ausstellung zu bringen.

An dem Wettbewerbe der zweiten Klasse können alle Flugmaschinenmodelle teilnehmen, die durch Motorkraft betrieben werden. Das Gewicht der Apparate muß wenigstens fünf Kilogramm betragen und sie müssen imstande sein, sich selbsttätig in einer Höhe von fünfzehn Metern übtr dem Niveau eines Sees zu hallen, über dem die Versuche stattfinden

Bemannte Gleitapparate (ohne Motor) fallen in die dritte Klasse. Die Versuche müssen von einem geeigneten Abllugplatze aus erfolgen, für dessen Herstellung das Komilee Hinter Berücksichtigung der Wünsche der Konkurrenten) Sorge tragen wird.

Als Maßstab für die Klassitikation der Apparate gilt der kleinste Gleitwinkel bezw. dessen trigonometrische Tangente, d. i. Verhältnis der Abtlughöhe zur zurückgelegten Strecke. Die Wertigkeit eines Gleitapparates wird ferner verkehrt proportional gesetzt dem Quadrate «ler Gleitdauer. Die in einem Anbang zum Reglement gegebenen theoretischen Erläuterungen erscheinen mir nicht ganz einwandfrei. Es dürfte wohl zweckmäßiger sein, statt des »Quadrates der Gleitdauer die Gleitgeseh \v indigkei t und die Gleitweite neben dem Gleitwinkel in den Ausdruck für die Wertigkeit einzuführen.1)

An dem Wettbewerbe der Klasse IV können alle Modelle von Dracheniiiegern teilnehmen, deren Gewicht wenigstens zwei Kilogramm beträgt und welche von einer vier Meter hohen Plattform aus lan/.iert werden. Die Abstoßvorrichtungen, welche den Apparaten die nötigen Anfangsgeschwindigkeiten erteilen sollen, müssen die Aufspeicherung einer Gesamtarbeit von 00 Kilogramm-Meter pro ein Kilogramm des Apparates ermöglichen. Die Klassifikation erfolgt in genau derselben Weise wie bei den bemannten Gleitniaschinen.

Zum Schlüsse des Reglements folgen no"h einige allgemeine Bestimmungen, die für alle Wettbewerbe Geltung haben.

• •• Ol«' Gleichungen, welche zur gc-nnuereii quantitativen Hexcnrritraiiff der l.ei-dung-sfätiigkeit v«n Oleitma-chiiien un.) Dru. tu-uf I i >• fi-r ti n-'-tig sind, hat»'1 ich in der Arbeit • IMV |>hy*ikali-»chen Grundlagen d-* ballniifrebn Fing«« aufgehellt. iSiehe Hl. Aeronaut, Mitteil. i*.hu. in». ;!»«—:>».)

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Bei jedem Wettbewerbe können die Teilnehmer bis zu fünf einzelne Versuche ausführen. Für die Klassilikalion wird jener Versuch ausgewählt, der die besten Resultate ergeben hat.

Die Anmeldungen müssen vor 1. März 11100 an das Komitee der Wettbewerbe gelangen.

Die Einschreibegebühr beträgt 10 Lire für jede Klasse der Wettbewerbe. (Obige Daten stehen im Widerspruche mit den S. ö des Programme* gemachten Angaben!)

Im Vorausgehenden wurden bloß die wichtigsten auf den Wettbewerb Bezug habenden Daten zusammengestellt. Wer beabsichtigt, an den Wettbewerben teilzunehmen, möge sich das Programm zusenden lassen; dasselbe führt den Titel: ..Reglement special des concours pour appareils de navigation aerienne plus pesants (!!) de Fair". Nmfr.

Kleinere Mitteilungen.

Einweihung des neuen Aeronautischen Observatoriums in Lindenbertr. Am

16. Oktober fand in Gegenwart S. M. des Kaisers die feierliche Einweihung des Aeronautischen Observatoriums in Lindenberg bei Beeskow statt. Von auswärtigen Vertretern der Wissenschaft waren dabei anwesend der Fürst von Monaco, dem vom Kaiser bei diesem Anlaß die goldene Medaille für Kunst und Wissenschaft verliehen wurde, ferner Prof. Itergescll, Prof. Koppen. L. Teisserenc de Bort, L A. Rotch. Wir gedenken in nächster Zeit den Lesern über die Tätigkeit des neuen Ohservatoriums,der Schöpfung von Herrn Geheimrat Prof. Aßmann, eingehender berichten zu können. n.

Aeronautische Vereine und Begebenheiten.

Berliner Verein für Luftschiffahrt.

Die 250. Versammlung des Berliner Vereins für Luftschiffahrt am 23. Oktober wurde vom Vorsitzenden, Geheimrat Busley, durch den Hinweis auf das erreichte erste Viertellausend der Versammlungszahl eröffnet, und hieran anknüpfend der berechtigten Genugtuung über geleistete tüchtige Arbeit mit dem Wunsche Ausdruck gegeben, der Verein möge nach Erreichung des halben und im weiteren des ganzen Versammlungstausends mit gleicher Befriedigung zurückblicken und vorwärtsschauen können. Nach Verlesung der Protokolle letzter beiden Versammlungen wurden die Namen von 17 neuangemeldeten Mitgliedern verlesen; ihre Aufnahme erfolgte satzungsgemäß am Schluß der Sitzung. Mitgeteilt wurde ferner, daß an Oberleutnant von Zastrow durch den Vereinsvorstand die Führerqualiiikation verliehen worden ist. Es folgte ein Vortrag von Geheimrat Busley über «Die vermeintliche Gefährlichkeit des Ballonfahrens und die damit verknüpfte Versicherungsfrage». Das Referat hierüber wird in ausführlichster Form an anderer Stelle dieser Zeitschrift erscheinen. Es schloß sich hieran von demselben Herrn Vortragenden ein «Bericht über die internationale Konferenz für Luftschiffahrt in Paris vom 12.—15. Okiober und über die Auffahrt der 20 um den Coup de France konkurrierenden Ballons am 15. Oktober«. Wegen Behinderung der Herren Hauptmann von Kehler und GraJenwitz, die anfänglich teilzunehmen beabsichtigt, waren nur 7 Delegierte deutscher Luftschiffei vereine in Paris anwesend, von Berlin Geheimrat Busley und Baron von Urwald, von Barmen Dr. Bamler und Dr. Niemeyer, von Straßburg Major Moedcbeek und Professor Dr. Hergesell, von Augsburg Hauptmann von Parseval. Die Sitzung wurde am 12. im Sitzungssaale des Automobilklubs, in der Rue royale, in Gegenwart einer großen Zahl von Deputierten eröffnet. In geistreicher, die Bedeutung der Luft-

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Schiffahrt würdigender Rede, begrüßte Herr Devillc vom französischen Kultusministerium die Versammlung. Den Vorsitz übernahm zunächst als Alterspräsident Professor Gailletet, worauf von Vertretern jeder an der Versammlung beteiligten Nation — Franzosen, Deutsche. Engländer, Belgier, Spanier, Italiener, Schweizer und Amerikaner - Ansprachen gehalten, die beträchtliche Anzahl der Vollmachten geprüft und beschlossen wurde, keine Nation solle mehr als 12 stimmberechtigte Delegierte haben und auf 25000 cbm im letzten Jahre für Zwecke der Luftschiffahrt verwendetes Gas je einen Delegierten erwählen dürfen. Bei 310471 cbm. die in Frankreich verbraucht worden, entfielen hiernach 12 Delegierte auf Frankreich, bei einem Verbrauch von 202200 cbm in Deutschland 9 auf Deutschland, auf Belgien (B7000 cbm) 3, auf Italien (33000 cbm) 2, auf England, Spanien, die Schweiz, die Vereinigten Staaten je 1 stimmberechtigter Delegierter. Bei der nun folgenden Wahl des Bureaus wurden zum ersten Präsidenten Prinz Roland Bonaparte, zu Vizepräsidenten Geheimrat Busley, der Belgier Herr Jacobs und Graf de Lavaulx, zum Sekretär bezw. Schatzmeister die Herren Besancon und Tissandier berufen. Mit diesem Organisationswerk schlössen die Verhandlungen des ersten Tages. Der Nachmittag war Automobilfahrten nach dem Bureau des Aeroclubs und der großen Ballonhalle in Suresnes gewidmet. Der zweite Verhandlungstag galt der Beratung des Statuts der zu begründenden Föderation aeronautique internationale. Unter zuweilen recht lebhaften Debatten wurde diese Aufgabe glücklich zu Ende geführt und gegen eine beträchtliche Minorität auch die Abänderungsfähigkeit des Statuts mit *js Mehrheit der jeweilig anwesenden Delegierten beschlossen. Von hohem Interesse war die am Nachmittag in ausgedehnten Automobilfahrten vorgenommene Besichtigung der drei großen Ballonfabriken, derjenigen von Mallet in Puteaux, deren Ballonstoff-Fabrikation besonders interessiert — eine Probe des sehr leichten, aber festen Stoffes wurde vorgelegt —. der von Surcouf bei Suresnes, die besonders für Militärzwecke arbeitet, und der von Lachambre, wo die (liegenden Ballons aus Goldschlägerhaut in großen Mengen hergestellt werden. Außer diesen 3 Pariser Ballonfabriken besitzt Frankreich deren noch 2, eine in Lyon und eine in Bordeaux. Den Vorsitz am dritten Verhandlungstagc führte Graf de Lavaulx, weil Prinz Roland Bonaparte am Abend vorher seine Mutter durch den Tod verloren hatte. Auf der Tagesordnung stand Beratung und Beschlußfassung über Beglements für Wettfahrten sowohl mit freifliegenden Ballons, als mit lenkbaren Ballons. Für den zweiten Teil der Vorschläge erklärten sich die nichtfranzösischen Delegierten mangels Erfahrung als nicht kompetent. Man einigte sich schließlich dahin, das Reglement für freilliegende Ballons nach dem Vorschlage der Franzosen als bindend anzuerkennen, dagegen dem zweiten Reglement nur fakultative Geltung zuzugestehen. Die deutsche Uebcrsetzung von Statut und Reglements übernahm Major Moedebeck. Die Frage der Kosten bezw. der Beiträge zum Verbände wurde dahin geregelt, daß jede Nation einen Grundstock von 100 Frs. jährlich zu entrichten hat und für ihre die Zahl drei übersteigenden Delegierten noch für je drei 50 Frs. Die drei noch auf der Tagesordnung stehenden Fragen des internationalen Wörterbuches, der wünschenswerten Ermäßigungen im Frachtverkehr und der Zollerleichterungen wurden zurückgestellt. Als erstrebenswert wurde mit Nachdruck geltend gemacht die Erziehung des Publikums zu richtigerer Schätzung und minder ängstlicher Betrachtung des Ballonsports und die angemessene Behandlung der Angehörigen fremder Nationalitäten bei Landungen im Auslande. Zum Schluß wurden die Vollmachten des jetzt gewählten Bureaus bis zum Herbst 190(1 verlängert; die gegenwärtige Versammlung gilt als konstituierende, die erste ordentliche Jahresversammlung der Föderation soll nächstes Jahr um dieselbe Zeit in Berlin stattfinden. Am Abend vereinigte ein fürstliches Diner im Automobilclub die Dejegierten; es war am Schluß ausgezeichnet durch wundervolle kirieinatographi.sche Vorführungen, drei Aufstiege lenkbarer Luftschiffe, u. a. des Lebaudyschen darstellend, sowie den bemerkenswerten, aber verunglückten Versuch, ein Aeroplan sich von einer Wasserfläche erheben zu lassen. Besonders dieser letztere Vorgang war in der kinemato-graphischen Darstellung von dramatischer Wirkung. Man sah den Aeroplan sich über das Wasser erheben, in der Luft schweben und war Zeuge der al>hald durch rmkippen

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tles Fahrzeuges eintretenden Katastrophe, sah den Luftschiffer in die Seine stürzen, aber schnell wieder auftauchen und dem Ufer zuschwimmen Der am Sonntag Nachmittag stattfindende Wettbewerb frei fliegender Ballons, um den Coup de France, gestaltete sich durch Teilnahme von 20 Ballons zu einem großartigen Schauspiel. Als die Delegierten anlangten, war die Hälfte der Ballons bereits gefüllt, einer besonders glänzend verziert, durch auf die Ballonhülle aufgestreutes Aluminiumpulver. Unter den Ballons waren 14franzö-sisebe, je ein belgische, amerikanischer, italienischer, russischer, spanischer und englischer. Von 4 Uhr ab sollte alle 5 Minuten ein Ballon aufsteigen; doch konnte diese Anordnung nicht eingehalten werden. Der letzte Ballon gelangle erst abends 'f*8 Uhr zum Aufstieg. Die drei unter den 20 am weitesten gelangten Ballons waren ein französischer, der Montag vormittag in Ungarn, ein spanischer, der in Österreichisch Schlesien und ein «Bonlanger» genannter Ballon, der in Bayern landete. Das interessante Schauspiel des Aufstiegs wurde mit großer Aufmerksamkeil von einer ungeheueren Menschenmenge beoliachtet. Ks waren für die bevorzugten Plätze recht hohe Eintrittsgelder gefordert worden, weil die Nettoeinahmen für die Opfer der Erdbeben in Calabiien bestimmt waren: jeder Mitfahrende mußle die ihm gewährte Gunst mit 50 Kranes bezahlen. Das Gas war umsonst geliefert worden. Geheimrat Busley schloß seinen Bericht mit dem Ausdruck großer Befriedigung sowohl über die Ergebnisse der Versammlung als über die außerordentliche Herzlichkeit und Liebenswürdigkeit, die seitens der Kranzosen allen Delegierten entgegengebracht wurde. Es bereitete beiderseitig Genugtuung, daß die deutschen Delegierten fast in allen Fragen mit den Franzosen stimmen konnten. Für das nächste Jahr ist allseilig die Teilnahme an der Berliner Versammlung zugesagt worden. In der sich anschließenden Diskussion geschah der interessanten Tatsache Erwähnung, daß die Franzosen dem Sigsfeld-Parsevalschen Drachenballon Aufmerksamkeit zuzuwenden beginnen und daß in der Ballonfabrik Surcouf besondere, sinnreiche Maschinen für das Zuschneiden und Nähen des Ballonstoffes im Betriebe sind.

Der Bericht über die seit letzter Versammlung erfolgten Vereinsfreifahrlen, von Hauptmann von Kehler und den Oberleutnants Geerdtz und von Zastrow erstattet, umfaßte B Fahrten, nämlich :

1. Am 2H. September unter Führung von Oberleutnant Geerdtz und Begleitung der Herren Müller-Neu-Buppin, Gollchhalk-Breslau und Schubert-Berlin von Gharlottenburg aus. Fahrtdauer 2'/» Stunden, höchst erreichte Höhe 1100 m, Ende der Fahrt in Hugers-mühle bei Eberswalde, 42 km vom Abfahrtsort, in der Stunde zurückgelegt 172 km. Die tief herabhängende Wolkenscbicht wurde gleich nach dem Aufstieg bei 500 m durchbrochen, doch die Fahrt oberhalb der Wolken nur etwa eine Stunde lang fortgesetzt. Die Landung erfolgte glatt.

2. Am 3. Oktober, Fahrt mit WasserstofTballon von Bitterfeld aus. Führer Oberleutnant Slelling in Begleitung von Leutnant Grüner. Fahrtdaucr lh* Stunden, Distanz 540 krn. Stundenleistung 3-1 km. erreichte Maximalhöhe 1500 m. Landung am nächsten Tage in Teplitz (Ungarn).

3. Am 4. Oktober von C.harlottenburg aus. Führer Oberleutnant von Frankenberg, Begleiter Graf Beventlow, Dr. Krauß. Leutnant Knelsch. Fahrtdauer 2 Stunden 20 Minuten, Distanz HS» km. Stundenleistung 37,1 km, erreichte Maximalhöhe DiOO m. Laudung in Bacrwalde.

4. Am 7. Oktober von Gharlottenburg aus. Führer Oberleutnant Geerdtz. Begleiter Professor Poeschel und Dr. Peill. Fahrtdauer 3 Stunden 10 Minuten. Distanz 105km, Stundenleistung 55 km, erreichte Maximalhöhe 2900 m. Landung bei Lindrode, nahe Sorau. Die Fahrt war eine ausgesprochene Wolkenfahrt und deshalb für den mit Photographieren beschäftigten Professor Poeschel nicht so ergiebig, als gehofft. Nichtsdestoweniger scheinen ihm gute Aufnahmen geglückt, weil sich hüuiig Durchblicke zur Erde zwischen den Wolken öffneten. Es wurden nur I! Säcke Ballast verbraucht. Die Landung ging glatt vor sich, während ein gleichzeitig von Berlin aufgelassener Dienstballon, der in der Nahe niederging, bei weitem nicht so glatt zu landen vermochte.

5. Am 12. Oktober von Charlottenburg aus. Führer Oberleutnant Ribbentrop, Begleiter die Herren Henneberg. Gelbice und v. Timmen. Fahrtdauer 4 Stunden 19 Minuten, Distanz 181/» km, Stundenleistung 4,3 km, erreichte Maximalhöhe 1730 m. Landung in Radeland bei Spandau.

6. Am 19. Oktober von Charlottenburg aus. Führer Oberleutnants Gecrdtz und von Zaslrow, welcher letztere hiermit seine Prüfungsfahrt machte, Begleiter die Herren Klotz und Andreack. Fahrtdauer 3 Stunden 50 Minuten, Distanz fiö km, Stundenleistung 1(5 km, höchst erreichte Höhe 1700 m. Die Fahrt begann um 9 Uhr 45 Minuten und brachte bei der über Berlin lagernden Dunstschicht den Ballon nur langsam hoch. Auch nach Durchbrechung der Wolkenschicht schien die Sonne auf den Ballon nicht recht zu wirken, der sich träge nach Südost bewegte. Bei der Dicke der VVolkenschicht ging die F.rde etwa oberhalb von Köpenik ganz verloren. Als man nach reichlich drei Stunden absteigen wollte, ergab sich die Merkwürdigkeit, daß der Ballon, an der oberen Grenze der Wolkenschicht angelangt, nicht weiter fallen wollte, vermutlich weil die von den Wolken reflektierten Sonnenstrahlen ihn stärker erwärmten und somit dem Fallen entgegenwirkten. Erst als allmählich der Ballon in die Wolkenschicht hineingesunken war und sich entsprechend abgekühlt hatte, ging der Abstieg Holter von satten. Die Landung erfolgte ganz glatt, jenseits eines Waldes, den man im Suchen nach einer geeigneten Landungsstelle überflogen hatte. Es war noch viel Ballast zur Verfügung. Man befand sich in der Nähe von Fürstenwalde. — Über die Verwendung eines zu Freifahrten dem Coblenzer Verein geliehenen Ballons ist noch nichts in Erfahrung gebracht worden. A. F.

Münchener Verein für Luftschiffahrt.

!n der Versammlung, die am Dienstag den 11. November 1905, abends 8 Uhr, im Vereinslokal «Hotel Stachus» staltfand, gab zunächst der erste Vorsitzende, Herr Generalmajor K. Neureuther, einige geschäftliche Mitteilungen. Kr erwähnte kurz die wichtigsten anläßlich der Ausstellung in Lütt ich stattgefundenen aeronautischen Veranstaltungen, besprach die Teilnahme des Vereins an der kommenden Weltausstellung in Mailand und legte die Satzungen') des am Ii. Oktober d. J. in Paris begründeten «Internationalen aeronautischen Verbandes» vor. Nachdem er dann noch Herrn Major K. Weber, der infolge ehrenvoller Beförderung das Kommandoder königl. bayerischen Militär-Luftschifferabteilung niedergelegt hat, den herzlichen Dank des Vereins Tür das stets bewiesene liebenswürdige Entgegenkommen ausgesprochen hatte, übergab er Herrn K. v. Bassus das Wort zu seinem angekündigten vorläufigen Bericht Uber die Hochfahrt am 31. August d. J. von Straßburg aus.

Es war diese die letzte der 3 wissenschaftlichen Fahrten, die der meteorologische Landesdienst in Straßburg am 29., 30. und 31. August veranstaltete, um die Atmosphäre sowohl am Tage der Sonnenfinsternis als auch an dem Tage vorher und dem nacher zu sondieren. Der Münchener Verein hatte für diese letzte Fahrt seinen Ballon «Sohncke» (1438 cbm) zur Verfügung gestellt. Herr Dr. de Quervain aus Straßburg war Leiter der Fahrt. Der Aufstieg des mit 900 cbm Wasscrstoffgaa gefüllten Ballons erfolgte morgens 72« bei günstiger Witterung und sehr schwachem Bodenwind. Es wurde ein Auftrieb von 2 Sack ä 15 kg gegeben. Der mitgenommene Baiast betrug 15 Sack ü 15 kg.

An Instrumenten wurden mitgeführl ein Aneroid, ein Fahr-Barograph, ein Aspirationspsychrometer mit Fernrohrablesung nach der Methode1) von K. v. Bassus, ein Aktinometer zur Messung der Sonnenstrahlung, ein Statoskop und schließlich ein selbstregistricrender Barothermohygrograph. Letzteren Apparat zeigte der Vortragende der Versammlung vor. Bei diesem Instrument sind

•> Vgl. I. «V M. (iwi5). 333—so. *) Vgl. I. A. M. (I9(H>. 3W-34-9.

ein Aneroid, ein Metall-Thermometer RourJon-Röhre) und ein Haarhygrometer in einem Melallrahmen vereinigt und zeichnen gemeinsam auf einem berußten Aluminiumblech, das auf einer rotierenden Walze angebracht ist. Die für exakte Temperaturmessungen notwendige Ventilation wird durch einen kleinen ebenfalls im Rahmen befindlichen Elektromotor besorgt, für den als Kraftquelle Akkumulatoren in der Gondel sind. Das ganze registrierende Instrument wird am Äquator des Ballons aufgehängt und befindet sich also außerhalb der für exakte Temperaturmessungen schädlichen Sphäre von Ballon und Gondel

Der Vorzug dieses Instrumentes ist ein doppelter. Erstens gibt es fortlaufende Messungen, die bei persönlicher Ablesung ausgeschlossen, aber zur Feststellung des oft raschen Wechsels im Zustand der Atmosphäre doch erwünscht sind. Zweitens verringert es die notwendige Anzahl der mühsamen persönlichen Ablesungen am Aspirations-psychrometer, die früher zur Erlangung guter Resultate möglichst häufig ausgeführt werden mußten, jetzt aber bei Mitnahme des eben beschriebenen registrierenden Apparates nur in größeren Pausen zu Kontrollbeobachtungen erforderlich sind. Der Arbeitsaufwand der Luftschiffer wird also verringert und für andere Aufgaben frei gemacht. Zum Reweis der guten Wirkungsweise des Instrumentes legte der Vortragende das während der Fahrt aufgezeichnete Originaldiagramm vor.

Zur Ausrüstung gehörte ferner selbstverständlich ein mit Sauerstoff gefüllter Zylinder mit Reduzierventil und 2 Schläuchen.

Beim Aufstieg bot sich den Luftschiffern ein schöner Blick auf die Stadt Straßburg, der namentlich den Vortragenden interessierte, der hier zum ersten Male auffuhr.

Schon in geringer Höhe ging der schwache Bodenwind in eine sehr lebhafte Luftströmung über, die dem Ballon mit einer Geschwindigkeit von 23 m/Sek. in 4 Minuten dem Rhein zutrieb. Bei etwa 800 m Höhe geriet der Ballon in eine Wolkendecke. Die Hoffnung der Luftschiffer. nach Durchdringung dieser Wolkenlage schon die Sonne zu erblicken, erfüllte sich nicht; denn 000 m über dieser ersten Wolkenschicht befand sich noch eine zweite. Alsdann der «Sohncke» auch diese siegreich durchbrochen hatte, kamen die Aeronauten in strahlenden Sonnenschein ; über ihnen wölbte sich ein prachtvoll wolkenloser blauer Himmel. Der Rhein zeigte sich bemerkenswerterweise in der oberen Wolkendecke in Gestalt einer Furche, trotzdem sich, wie erwähnt, dazwischen noch eine Wolkendecke befand. Bis zum Ende der Fahrt blieb nun die Erde verborgen, sodaß eine Orientierung über den Kurs und die Fahrgeschwindigkeit unmöglich war. Nur im fernen Süden ragten die stolzen Gipfel des Bern er Oberlandes und der Monarch der Alpen, der Montblanc, aus dem Wolkenmeer hervor. — In 4210m gelangte der Ballon in seine Prallhöhe und nach '/* Stunde hatte er in ca. 5300 m seine erste Gleichgewichtslage erreicht, wo — 18,2° gemessen wurden, während bei der Abfahrt am Boden eine Temperatur von -f- 13° geherrscht hatte. In öt!00 m Höhe wurde mit der Einatmung von Sauerstoff begonnen. Die Maximalhöhe während dieser Fahrt betrug 7090 in, ist also etwa gleich der des Aconcaguagipfels in den Anden, liier herrschte eine Kälte von — 30,6°, während das Aklinometer die ganz behagliche Temperatur -f- 15" anzeigte. Die infolge der Höbe und Kälte auftretenden Beschwerden waren bei beiden Herren nur geringfügig, aber doch fühlbar. Sie äußerten sich bei Dr. de Quervain nur in vorübergehend erhöhter Pulsfrequenz und bei dem Vortragenden in Gedächtnisschwäche, die sich namentlich bei den Ablesungen fühlbar machte.

Als der Sauerstoffvorrat sich seinem Ende zuneigte, mußte der Abslieg angetreten werden, der den Ballon in 10 Minuten ruhigen Falls auf etwa 5000 m hinunterbrachte. Hier verschwanden wieder alle Beschwerden. Bei Erreichung der oberen Wolkendecke wurden 2 Sack Ballast ausgegeben, um den Fall zu bremsen. In 800 m Höhe war man wieder in der unteren Wolkendecke, Die Erde wurde erst kurz vor der Landung sichtbar, die 10ic bei strömenden Regen unweit einer kleinen Lichtung in den Wäldern des Schwarzwaldes glücklich von statten ging. Nachdem der Ballon von den beiden Herren allein mit viel Geschick, aber auch großer Mühe bis zu der nahen Waldlichtung

transportiert war, wurde er dort durch Aufreißen entleert. Während v. Bassus bei dem Ballon blieb, ging Dr. de Quervain auf die Suche nach Hilfskräften. Nach etwa 3 Stunden traf er dann mit einem Förster und 6 Holzknechten wieder an der Landungsstelle ein. Wie sich herausstellte, lag diese in der Nähe von Nordrach bei Offenburg. Die Luftströmung war also während der Fahrt in den oberen Regionen recht schwach gewesen. Aus der zurückgelegten Strecke und Fahrdaucr berechnet sich eine mittlere Geschwindigkeit von 13,0 m'Sek. bezw. 10,9 Stundenkilometer. Abends 11 Uhr trafen die beiden Herren wieder wohlbehalten in Straßburg ein. Die anschauliche Schilderung, namentlich der interessanten Landungs- und Hergungsmanöver, fand lebhaften Beifall. Dr. Otto Rabe.

Aeronautique-Club de France.

As.seu.blee generale du 26 Octohre 1905.

L'assembh?e generale annuelle de L'Aeronautique-Club de France a et6 tenue ä la Mann- du 10« arr. sous la presidence de M. le L. Colonel du Genie Kspitallier remplacant M. le Commandant Renard retenu dans les Vosges. Apres avoir lu sa lettre d'excuses dans laquellc il exprime son regret de ne pouvoir presider et ses voaux les plus ardents pour la prosperile toujours croissante de la Societe, le President fait ratifier les 77 ad-missions de lann^e.

Dans un remarquable rapport le Tresorier demontre l'etat florissant de la Caisse qui represente un budjet de plus de 20(100 fr. Puis M. Sauniere donne le compte rendu moral de lannce-ecoulee, il remereie les Conferenciers: M. M. le L. Colonel Kspitallier, le Commandant Renard, Surcouf, Jaubert et Pietri pour le concours d^voue apporte h 1'uMivre de vulgarisation scientifique entreprise et qui se continuera en 1906 par des Conferences sur la Navigation aerienne ä ITniversite populaire du F. S. Antoine.

L'Ecole preparaloire a donne les meilleurs resultats en envoyant 21 eleves aux Aerostiers du Genie.

Les Groupes et Comites ont aussi obtenus un grand suceös, nolamment, Ic Comite d'Etudes pour la Photographie aerienne qui a organise le premier grand Concours international de Photographie aerienne donl le succes est considörable.

Les Ascensions des Alembres du Club sont en progression sur 1904 leur nomine a ete de Kl au lieu de 41. pour 165 voyageurs au lieu de 11t et 55000 metres eubes de gaz au lieu de 38000. Parmi ces ascensions il convient de signaler parliculierement Celles de M. M. J. Halsan, Decugis, Hibeyre, Maison, Pietri, Cormier etc. Quelques uns de ces pilotes ont remporte des prix aux Concours et fetes de Liege et Bruxelles, il adresse ses remerciements ä l'Aero-Club de Belgique pour le hon accueil reserve aux membres du Club lors de ces fetes.

M. Sauniere rappelle les dernieres experiences du «Lebaudy» auqucl la consecration officielle vient d'etre donnee par l'ascension de AI. le Alinistre de la Guerre, il envoie ä M. AI. Julliot et Juchmes, membres du Club le tribu d'admiration que leurs travaux meritent.

11 presente ensuite les atneliorations apportees ä la revue PAeronautique, le succes des diners trimestriels et il termine en remerciant AI. le L. Colonel Fspitallier d'avoir bien voulu remplacer At. le Commandant Renard ä la Presidence.

Apres avoir presente ses hommages aux Dames Alembres du Club, il remereie ses Collaborateurs de leur travail gräce auquel l'Association occupe une place si consi-derable dans le Monde Aeronautique.

Dans une allocution tres llatletise pour le Club et son o*uvre, AI. le President felicitc P Association du travail considerable qu'elle a fourni pour le plus grand succes de la Vulgarisation aeronautique.

En reinercument des Services rendus des pla<|uettes artistiques sont remises ä AI. AI. le L. C. Kspitallier, le C. Ilenard, Surcouf, Jaubert et Pietri. Le Diplome de la

Ligue Franchise tlc l'Enseignement est confere ä M. M. Sauniere. Bacon, Pietri. Grille cl Motlart.

Des m6dailles d'argcnt sont remises ä M. M. Gormier et Seront et des medailles de bronze ä M. M. Savereau et Vighat.

M. Surcouf remcrcie le Goniite dans une Improvisation cbarmanle et lies eloquente qui oblient le plus grand sueees.

La Scance se termine par la reeleclion au Comite de M. M. Aubry, Gormier, Maison. Pietri et Sauniere.

Das Komitee des obigen Klubs hat für 1906 sich folgendermaßen gebildet: Sauniere, Vorsitzender; Bacon, Pietri und Lachambre, stellvertretende Vorsitzende; Roger Aubry, Generalsekretär; Bibeyre, Schriftführer; Grittc, Allgemeiner Schatzmeister; Gormier, Schatzmeister: Brett, Maison. Mottarl und Selber. Beisitzer.

Fräulein Marguerite Roulade, die Tochter des Präsidenten der Sektion des Aeronautique-Glub de France zu Lyon, welche im Alter von K Jahren am 20. Oktober zu Lyon ihre ersle Ballonfahrt gemacht hat, wurde lebhaft beglückwünscht.

Das Komi ee beschloß, daß auf Ansuchen des Ballonführers Belohnungen an solche Personen ausgeteilt werden sollen, welche sich, bei Landungen ganz besonders um die gute Aufnahme der LuflschifTer verdient gemacht haben.

Die erste Belohnung dieser Art wurde M. Ghivot B. von S. Valery zuerkannt in Geslult einer silbernen Medaille für so hingebende und selbstlose Sorgen um M.dc Brouckere und seinein Reisegefährten bei ihrem Schiffbruch in der Bai de Soinme.

Patent- und (iebrauchsmusterschau in der Luftschiffahrt.

In der Zeit vom I. April bis 15. August 1905. Erteilt«- Patent e.

1). R. P. 160742. Vorrichtung, um in der Luft schwebenden Gegenständen eine lotrechte

oder wagerechte Bewegung zu erteilen. Gustav Knapper, Dortmund. Patentiert

vom 29. Dezember 1903 ab. D. R. I*. 1(51 '.VXi. Vorrichtung zur lösbaren Verbindung des Korbes mit dem Luftballon.

Ewald Menge), Bannen. Patentiert vom 27. April 1904 ab. D. R. P. 101490. Vorrichtung zum Regeln des Absturzes von in die Luft getriebenen

Gegenständen in verschieden" schneller Folge. Alfred Maul, Dresden. Patentiert

vom 4. Juni 1903 ab.

Gelöschte Patente. D. R. P. 139H54. Flugvorrichtung mit Tragschienen. Johann Gütz, Rohr. D. R. P. J407OT». Steuervorrichtung für durch Schrauben bewegte Luftfabrzeuge. Josef

Szlberl, Bremen. D. IL P. 141019. Flugvorrichtung. Maurire Leger, Monaco.

D. R. P. 142701. Einstellvorrichtung für unter dem Fahrzeugboden angeordnete Segelflächen von Luftfahrzeugen. Josef Selber!, Bremen.

D. R. P. 155OS0. Luftfahrzeug mit mehreren gleichmäßig verteilten Steuern. L. H. de Waiden, 1/ondon, und II. Knudsen, Boston.

D. R. P. 1572J99. Schlagllügelanordnung für Flugmaschinen. George Me. Mollen, Perth.

Eingetragene Gebrauchsmuster.

D. R. G. M. 2400$!. Propeller für Luftfahrzeuge, Wagen, Boote oder dergl., bestehend aus Flügeln, die sich nach der äußeren Peripherie hin schmal und schwer gestalten und in stumpfem Winkel zur Welle stehen. Guido Sdineider, Roehlitz. Angemeldet 2. April 1904. Aktenzeichen Sch. IS354.

D. R. G. M. 24S707. Schraube für Luft- oder Wasserfahrzeuge und Ventilatoren bei der die äußeren Ränder der Flügel umgebogen sind. Carl Jlerrmaun, Dresden. Angemeldet 11. April 1904, Aktenzeichen H. 2141G.

411 «944*

Einspruchsfrist bis 30. Dezember 1905. Kl. 42 c. Dr. Lnijri Cerebozanl, München, Capcllenstr. 3. Entfernungsmesser mit zwei an den Enden einer Basis angeordneten festen Spiegeln und zwei denselben gegenüberliegenden, unter einem unveränderlichen Winkel miteinander verbundenen Spiegeln sowie einem gemeinsamen Okular.

Patentbericht aus Österreich und Ungarn,

mitgeteilt vom Patentanwalt Dr. Fuchs, dipl. Chemiker und Ingenieur Alfred Hamburger, Wien VII, Siebensterngasse l.1)

Österreich:

Angemeldete Patente:

Kl. 77d. Bootete Malejrot & de. in Paris. Luftschiff, gekennzeichnet durch einen armierten Träger von dreieckigem Ouerschnitt mit seitlichen Tragllächen, in dessen Mitte sich ein Baum zur Aufnahme der Antriebsmaschine, der* Steuervorrichtung und der Fortbewegungsorgane befindet, während dieser Flugkörper durch zwei Ballons mit konstantem Auftrieb gelragen wird; ferner gekennzeichnet durch eine belastete Gondel, welche mittels eines über Rollen geführten endlosen Seiles derart herabhängt, daß, je nachdem man das Seil im vorderen oder hinteren Schiffsteil mittels einer Winde anzieht, der Flugkörper in verschiedene Schräglage gebracht wird.

Kl. 77d. WriphtOrTllleÄ:WrIirhtW|lbur,Fabrikanten inDayton.V.S.of Am. Flugmaschine mit übereinander angeordneten Tragflächen, dadurch gekennzeichnet, daß an der vorderen Längsseite der an entgegengesetzten Enden unter verschiedenen Winkeln zum Winde einstellbaren Tragllächen ein wagrecht angeordnetes Vorder- oder Kopfruder, das durch seine Einstellung eine dem Winde zugekehrte Hohlkrümmung erfahrt und an der rückwärtigen Längsseite ein vertikal gestelltes und mit der Verstellvorriehlung für die Tragflächen derart verbundenes Endruder vorgesehen ist, daß es dem Winde jeweilig diejenige Seite darbietet, welche dem unter dem kleineren Winkel eingestellten Tragllächenende zugekehrt ist. Die Ansprüche 2 bis 4 kennzeichnen Ausführungsformen.

Nachrichten.

Bericht über die Ausfahrt meines Flugschiffs am 30. November T905.

Für das Herausbringen aus der Halle und das Auflassen des FlngschifTs war ein zweiteiliger Floß vorgesehen, zwischen dessen beiden Hälften ein Kanal für die Durchfahrt der Gondeln des FlngschifTs freigelassen ist.

An diesem Floß fest verankert, sollte das Fahrzeug weit in den See hinaus geschleimt und dort mit der Spitze gegen den Wind eingestellt werden, um von da aus den Aufstieg zu heginnen.

Der rasch eingetretene niedere Wasserstand des Sees hat den Gehrauch des Floßes am 31). November verhindert. Die zu seinem Ersatz getroffenen Einrichtungen haben sich nicht ausreichend zum sicheren Aus- und Einfahren des FltigschilTs erwiesen.

Pontonpaare, welche an auf item Seegrund liegenden Schienen liefen, hielten zwar die beiden Gondeln und das ganze Luftschiff in der geraden Verlängerung der Bauhalle, bis es diese verlassen hatte, fest ; dann aber sollte es nur noch durch ein Motorboot in den See hinaus geschleppt werden. Der vom Lande kommende Wind trieb nun sogleich das Flugschi ff schneller vorwärts, als das Schleppboot lief, so daß dieses sich eiligst frei machen mußte. Dabei blieb das doppelte Schleppseil eines Knotens wegen am FlugschifT

') Auskünfte in Pateiilaiifelegenheileii werden Abonnenten diesen Mittles unentgeltlich erteilt. Gegen <lie Erteilung oben angerührter l'uteiitunmeMungcn kann binnen zweier .Moiialu fciin>|>ruch erhoben werden. AuazOge aus den l'atenth«hreilmngen worden von dem angeführten l'atontunwaltbureau angefertigt.

hängen und wirkte an dessen Spitze herabziehend und aufhallend. Zugleich hob der Wind das hintere Ende und dann auch das vordere hoch, trotz einer Überlastung von etwa 155 kg. Da es noch keine Eigenbewegung hatte, so war es nicht steuerbar und schoß, als das hinten- Sehrauhenpaar in Vorwärlsgang gesetzt wurde, mit der nach unten gerichteten Spitze in das Wasser, wobei das vordere Höhensteuer bis zur Unbraurhharkeit zerstört wurde.

Hin das hintere Ende auf das Wasser herunter zu bekommen, mußten nun bedeutende Mengen (ias ausgelassen werden.

Nach diesen Vorgängen — man trieb auch sehr schnell dem Schweizer l'fer zu — hielt ich einen Flugversuch nicht mehr für ausführbar. Das herangerufene Schleppboot brachte das FlugschifT bis zur Halle zurück, in welche die Einfahrt in ähnlicher Weise, wie die Ausfahrt, aber in Ermangelung des Floßes mit noch größeren Schwierigkeiten bewerkstelligt wurde.

Bei allen diesen Vorgängen erwies das Fahrzeug seine außerordentliche Festigkeit. Selbst während des Schleppens auf dem Wasser folgte es willig seinem Steuer.

Durch das Anziehen der Schlepplaue bei dein starken Winde wurden die vorderen Steuer abgerissen und der vorderen Gondel einige unerhebliche Beschädigungen zugefügt.

Die Wiederherstellung dieser Schaden und die Arbeilen, um den Floß auch bei niederein Wasserstand benützen zu können, nehmen zu lange Zeit in Anspruch, als daß es vorteilhaft erscheinen könnte, die vorhandene Gasfüllung durch Nachfüllen bis zum nächsten Fahrversuch brauchbar zu erhalten. Da aber die Beischaffung des für eine Neufüllung erforderlichen Gases mindestens drei Wochen dauert, so kann auch vor dieser Zeit ein neuer Versuch nicht stattlinden.

Friedrichshafen. 2. Dezember 1!M)5. Graf F. v. Zeppelin.

Anmerkung der Hedaklion. Wir sind der Ansicht, daß dir eine nähere Besprechung de» neuen Ze )i pe I i tischen Unternehmens weitere Versuche abzuwarten .«ind, und daß ein Eingehen auf den ersten Vorversuch ganz verfrüht wäre, liier mochten wir nur betonen, daß unsere Überzeugung vom endlichen Krfolg durch Zwischenfalle, wie der oben beschriebene, die nicht« mit dem Wesen der Sache zu tun haben nnd (Iber welche die Verständigen hinweggehen, in keiner Weise berührt wird.

An die Leser!

Aus Rücksicht auf Berufspflichten sehe ich mich genötigt, die Chef-Redaktinn unserer Zeitschrift niederzulegen; ich kann dies um so leichler tun, als die Frage der Nachfolgerschaft durch die Bereitwilligkeit des bisherigen Mitarbeiters der Zeitschrift, Herrn Dr. A. Stolberg in Straßburg, aufs beste gelöst ist.

Den geehrten Mitarbeitern, in deren Reihen ich hiermit zurücktrete, sage ich für ihre eifrige und wertvolle Unterstützung noch meinen besten Dank. Dank sage ich auch den verehrten Lesern für das Interesse an einem so eigenartig anziehenden Gebiet, worin sich gerade jetzt, trotz allen Kleinmütigen und Ungläubigen, immer bedeutendere Ausblicke erölfnen.


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